Abraham a Sancta Clara
Fabeln und Parabeln
Abraham a Sancta Clara

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Schuldeneintreiber und Teufel

Eine Fabel; aber doch steckt darunter die Wahrheit: es ist ein Bote gewest, der ist geschickt worden zu einem Herrn über Land mit einem Schreiben und Quittung, um alldort Schulden abzufordern. Wie der Bot eine Weil geht, so kommt der Teufel zu ihm. Der Bot fragt ihn: »Wer bist?« – »Ich bin der Meister Teufel.« – »So, bist du? Was tust?« – »Möcht gern einen hinwegführen, wenn man mir's schafft und besorgt.« – »O«, sagt der Bot, »wenn's an dem gelegen ist, so will ich dir bald Gelegenheit machen. Geh nur mit mir.« Der Bot wußte schon ein böses Weib, das fast zu einem jeden Ding pflegte zu schwören: »Daß euch der Teufel hol!« Sie gehen miteinander und kommen grad ins Haus des Weibs. Das Weib täte gleich damalen waschen (wenn die Weiber waschen, sind's ohnedas schwierig; der Teufel regiert dort!). Da ist der große Bub, der besudelt ein wenig die Wäsch. Wie sie es sieht: »Daß dich der Deiffl holl!« Der Bot stoßt den Teufel: »Nun hol diesen; sie hat dir's geschafft.« Der exkusiert sich, sagt, es sei nur ein Mutterfluch und geh nit von Herzen. Sie gehn weiter, kommen in ein Wirtshaus. Da waren etlich Bauern, schon ziemlich beweint. Sie gehn hin, setzen sich dazu nieder. Da schreit's: »Kellner, wo gehst hin? Daß dich der Teiffl holl!« Der Bot: »Hol sie!« – »Ei«, sagt der Teufel, »es geht den vollen Bauern nit von Herzen; es sind die Narren alle bezecht.« – »Ja«, sagt der Bot, »mit der Weis wirst du nichts bekommen, wenn du willst ihrer verschonen. Ich kan's nit erdulden.« – Der Teufel: »Ich erwähl die Geduld.« – Sie kommen ins Schloß des Edelmanns. Der Bot läßt sich anmelden: daß er Brief bringe, um Schulden einzufordern von Ihren Gnaden. Der Diener richt's aus. Da ist der Herr ganz erzürnt: »Ay, grober Bauernsimpel! So hol der Teufel den Boten mitsamt seinen Briefen!« Da ist der Teufel da, will den Boten geschwind nehmen. »Warum grad mich und die andern nit?« – »Ei«, sagt der Teufel, »diesem Edelmann ist's Ernst; es ist ihm ums Herz, als wollt er sprechen: ›Er ist ein so geiziger Gesell; er gibt nit gern.‹ Darum will er lieber mich bitten, daß ich dich hol, als du sein Geld!«

Der Geiz ist so verblendet, daß er einen Menschen, ja, Gott selbst weniger achtet als sein Geld, so daß, wenn göttliche Gnad auf einer Seit steht, das Geld auf der andern, er eher greift nach dem Geld als nach Gott. Es ist nichts Lasterhafters als ein geiziger Mensch . . .

 


 


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