Emile Zola
Nana
Emile Zola

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Siebentes Kapitel

Drei Monate später ging der Graf Muffat an einem Dezemberabend in der Panoramapassage spazieren. Der Abend war außerordentlich mild, und ein Platzregen hatte eine Menge Menschen in die Passage getrieben. Es war ein solches Gedränge, daß man nur mit Mühe langsam zwischen den Läden durchkommen konnte. Unter den vom Reflex erglänzenden Schaufenstern herrschte eine grelle Beleuchtung, eine endlose Reihe von Lichtern, weißen Glasglocken, roten Laternen, blauen Transparenten, Gaslampen, riesigen erleuchteten Fächern und Uhren; das bunte Farbengemisch der Schaufenster, die Goldwaren der Juweliere, die Kristallschüsseln der Konditoreien, die hellen Seidenwaren der Modistinnen erglänzten hinter den spiegelblanken Scheiben im grellen Lichtschein der Reflektoren, während unter dem Gewirr von buntbemalten Aushängeschildern ein ungeheurer roter Handschuh wie eine blutende, abgeschnittene Hand mit einer gelben Manschette wirkte.

Allmählich war der Graf bis an den Boulevard gelangt. Er warf einen Blick auf die Straße, dann kam er langsam zurück und ging vor den Schaufenstern hin und her.

Die feuchte, warme Luft verbreitete in der engen Passage einen lichtdurchschimmerten Nebel. Auf den durch das Abträufeln der Regenschirme feucht gewordenen Steinplatten ertönten beständig Schritte, ohne daß man lautes Stimmengeräusch vernahm. Die Spaziergänger stießen immerfort an ihn an und musterten ihn, wie er mit unbeweglichem Gesichtsausdruck promenierte. Um diesen neugierigen Leuten zu entgehen, blieb der Graf vor einer Papierhandlung stehen und betrachtete hier mit scheinbarer Aufmerksamkeit ein Sortiment von Papierwaren.

Er sah jedoch eigentlich nichts, sondern dachte einzig an Nana. Warum hatte sie ihm soeben wieder etwas vorgelogen? Am Morgen hatte sie ihm geschrieben, er möge sich diesen Abend nicht zu ihr bemühen, da Louis krank sei und sie die Nacht bei ihrer Tante zubringen werde, um bei dem Kinde zu wachen. Er aber hatte, Verdacht schöpfend, bei ihr vorgesprochen und von der Hausmeisterin erfahren, Madame gehe eben ins Theater. Dies überraschte ihn, da sie in dem neuen Stück nicht auftrat. Warum also diese Lüge? Und was wollte sie an diesem Abend im Varietétheater?

Von einem Vorübergehenden gestoßen, verließ der Graf in Gedanken die Papierhandlung und blieb vor dem Schaufenster eines Spielwarenladens stehen, wo er, in sich versunken, eine Ausstellung von Schreibtafeln und Zigarrenetuis betrachtete. Sicherlich, er war wie umgewandelt. In der ersten Zeit der Rückkehr vom Lande machte sie ihn ganz toll, wenn sie ihn küßte und ihm beteuerte, er sei ihr Liebling, der einzige Mann, den sie verehre. Auch Georges störte ihn nicht mehr, da er von seiner Mutter in Les Fondettes zurückgehalten wurde. Es blieb also nur der dicke Steiner übrig, den er zu verdrängen gedachte, gegen den er sich aber nicht vorzugehen getraute. Er wußte, daß sich Steiner wieder einmal in besonders kritischen Geldverhältnissen befand und von der Börse beinahe ausgeschlossen worden wäre; er hielt sich jetzt an die Salinenaktionäre des Landes, aus denen er eine nochmalige Teilzahlung herauszupressen versuchte. Wenn er ihn bei Nana traf, erklärte ihm diese, nachdem Steiner so viel Geld für sie ausgegeben habe, wolle sie ihn nicht gerade wie einen Hund zur Tür hinauswerfen. Übrigens lebte der Graf seit drei Monaten in einem solchen Sinnenrausch, daß er außer dem Bedürfnis, sie zu besitzen, nichts für wünschenswert hielt. Bei dem späten Erwachen seiner Sinnenlust herrschte eine jugendliche Gier vor, die weder Eitelkeit noch Eifersucht in ihm aufkommen ließ. Nur eines schien ihn bestürzt zu machen. Nana zeigte sich von Tag zu Tag weniger liebevoll und küßte seinen Bart nicht mehr. Dies beunruhigte ihn, und er sann hin und her, was sie ihm wohl vorzuwerfen habe; denn er kannte die Frauenherzen nicht. Er war sich doch bewußt, alle ihre Wünsche zu befriedigen. So kamen seine Gedanken wieder auf den Brief von heute morgen und auf das Lügengewebe zurück, das keinen anderen Zweck hatte, als zum Vorwand für den Besuch des Theaters zu dienen. Mit einem neuen Menschenknäuel hatte er die Passage überschritten und blieb sinnend vor einem Restaurant stehen, während er seine Blicke auf ein Schaufenster richtete, wo gerupfte Wachteln und ein großer Lachs ausgestellt waren. Endlich schien er sich von diesem Bilde loszureißen; er raffte sich auf, blickte empor und bemerkte, daß es beinahe neun Uhr war. Nana mußte bald kommen; er mußte die Wahrheit erfahren! So ging er weiter und dachte über die Abende nach, die er schon hier zugebracht hatte, wenn er sie am Bühnenausgang erwartete.

Vor dem Theater erhellte eine einzige Gasflamme in einer schmutzigen Glasglocke die Tür. Muffat dachte erst daran, Madame Bron zu fragen; allein er fürchtete wieder, Nana könne schon etwas erfahren haben und sich über den Boulevard hinweg aus dem Staube machen. So beschloß er zu warten, bis jemand die Türen schließen werde; denn der Gedanke, allein wieder nach Hause gehen zu müssen, schnürte ihm fast das Herz zu. Sobald ein verdächtig aufgeputztes Mädchen oder ein unsauber gekleideter Mensch herauskam und ihn mit großen Augen anblickte, trat er wieder vor das Lesekabinett, wo er zwischen zwei an der Fensterscheibe befestigten Annoncen immer das gleiche Schauspiel genoß: ein altes Männchen, steif und einsam an dem gewaltigen Tisch und in dem grünen Schimmer einer Lampe ein grünes Journal in den Händen. Plötzlich, einige Minuten vor zehn Uhr, sah er, wie ein großer, feingekleideter Herr mit blondem Haar ebenfalls vor dem Theater auf und ab ging. Beide warfen jetzt einander einen schielenden, mißtrauischen Blick zu. Der Graf ging bis in die mit einer hohen Spiegelfüllung verzierte Ecke der beiden Galerien, und als er sich hier in seiner ernsten und korrekten Haltung im Spiegel sah, empfand er teils Furcht, teils Scham.

Es schlug zehn Uhr, Nana mußte ja bald herabkommen. Er nahm zugleich mit dem blonden Herrn vor dem Theater selbst Stellung, und beide wechselten einen vertraulich schüchternen Blick, in dem jedoch, da beide ineinander einen möglichen Nebenbuhler argwöhnten, etwas Mißtrauen lag.

In diesem Augenblick kam Nana herab und wurde leichenblaß, als sie Muffat sah.

»Ah! Sie hier?« stammelte sie.

Der große, blonde Herr hatte sich ruhig, aber traurig entfernt.

»Nun, so reichen Sie mir Ihren Arm!« versetzte Nana ungeduldig.

Und langsam gingen sie fort, aber obgleich sich der Graf einige Fragen zurechtgelegt hatte, fand er doch nicht die passenden Worte. Daher begann Nana mit erregter Stimme ihm zu erzählen, sie sei noch um acht bei ihrer Tante gewesen, habe aber dann den kleinen Louis bedeutend besser gefunden und deshalb beschlossen, einen Augenblick ins Theater zu gehen.

»Irgendein wichtiger Grund?« fragte er.

»Jawohl, wegen eines neuen Stückes«, antwortete sie nach einigem Zögern. »Man wollte mein Urteil darüber hören.« Er merkte wohl, daß es eine Lüge war. Aber die milde Wärme ihres Armes, der sich fest an ihn drückte, nahm ihm alle Energie. Er empfand weder Zorn noch Groll wegen seines langen Wartens; seine einzige Sorge war ihr Besitz. Am nächsten Tag, dachte er, werde er zu erfahren suchen, was sie in ihrer Garderobe gewollt hatte. Nana zögerte immer noch wie eine Person, die sich zu beruhigen und einen Entschluß zu fassen sucht, und blieb an der Ecke der Varietégalerie vor einem Fächerladen stehen.

»Sieh«, murmelte sie, »wie schön jene Perlmuttergarnitur mit den Federn aussieht!« Darauf fuhr sie gleichgültig fort:

»Also du willst mich nach Hause begleiten?«

»Gewiß», sagte er erstaunt, »da es deinem Kinde besser geht.« Jetzt bedauerte sie ihre Erzählung. Vielleicht sei es mit Louis wieder schlimmer geworden, meinte sie und sprach davon, nach der Rue des Batignolles zurückzukehren. Als sich aber der Graf anbot, auch dorthin mitzugehen, gab sie diesen Plan auf. Einen Augenblick lang faßte sie die kalte Wut einer Frau, die sich ertappt sieht und dennoch gute Miene machen muß. Endlich aber beruhigte sie sich und beschloß, Zeit zu gewinnen; vorausgesetzt, daß sie sich des Grafen spätestens vor Mitternacht entledigen könne, dachte sie, werde alles noch nach Wunsch gehen.

»Wirklich, du bist ja heute abend Strohwitwer?« bemerkte sie.

»Deine Frau kommt erst morgen früh zurück, nicht wahr?«

»Ja«, antwortete Muffat, etwas übelgelaunt, als er sie so vertraut von der Gräfin sprechen hörte.

Sie aber ließ sich nicht stören, fragte nach der Ankunft des Zuges und wollte wissen, ob er seine Gemahlin vom Bahnhof abholen werde. Indes waren ihre Schritte noch langsamer geworden, sie schien sich für die Läden ungemein zu interessieren.

»Schau einmal«, sagte sie und blieb vor einem Bijouteriegeschäft stehen, »welch nettes Armband!«

In ihrem Innern ärgerte sie sich wütend darüber, daß sie nicht frei war, und allmählich stieg in ihr das brennende Verlangen nach irgendeinem dummen Streich auf. Den Prinzen und Steiner hatte sie durch ihre kindische Launenhaftigkeit völlig ausgebeutet, freilich ohne daß sie wußte, wohin all das Geld gekommen war. Ihre Wohnung am Boulevard Haussmann war nicht einmal vollständig möbliert; nur der gänzlich mit rotem Atlas ausgeschlagene Salon machte eine Ausnahme. Gegenwärtig wurde sie von ihren Gläubigern mehr geplagt als ehedem, wo sie keinen Sou besaß; ein Umstand, der ihr selbst sonderbar vorkam, da sie sich stets als ein Muster von Sparsamkeit ansah. Seit einem Monat hatte dieser Steiner mit Mühe tausend Franken zusammengebracht, und zwar immer nur dann, wenn sie ihn zur Tür hinauszuwerfen drohte, sobald er kein Geld bringe. Muffat aber war ein Dummkopf und mit den gewöhnlichen Preisen noch nicht vertraut, so daß sie ihm wegen seines Geizes nicht zürnen konnte. Ach, wie gerne hätte sie alle diese Leute laufen lassen, wenn sie sich nicht täglich zwanzigmal ein gutes Betragen vorgenommen hätte! Zoé sagte jeden Morgen, man müsse vernünftig leben, und auch sie selbst hegte immer eine Art religiöser Erinnerungen an jene erhebende Vision von Chamont. Und deshalb schmiegte sie sich, obwohl sie vor Zorn immer noch zitterte, ergeben an den Arm des Grafen und ging mitten unter den vereinzelten Passanten von einem Schaufenster zum andern... Endlich verließen sie die Passage; Nana wünschte keinen Wagen. Das Wetter sei so schön, sagte sie; übrigens hätten sie ja keine Eile und es gefalle ihr ausnehmend, zu Fuß zurückzukehren. Als sie dann vor dem »Café Anglais« ankamen, bekam sie plötzlich Appetit auf Austern und erzählte, sie habe wegen der Erkrankung Louis' seit dem Morgen noch nichts gegessen. Muffat wagte nicht, ihr zu widersprechen. Er wollte sich mit ihr aber nicht sehen lassen, bat um ein Kabinett und eilte schnell die Korridore entlang. Sie folgte ihm, da sie mit dem Hause bekannt war, und so betraten sie ein Chambre séparée, zu dem ein Kellner die Tür geöffnet hielt, als plötzlich aus einem benachbarten Salon, in dem sich lautes Lachen und Reden hören ließ, ein Herr trat. Es war Daguenet.

»Ah! Nana!« rief er aus.

Schnell war der Graf in das Kabinett geschlüpft, dessen Tür halb offen blieb. In dem Augenblick, als sein breiter Rücken verschwand, blinzelte Daguenet mit den Augen und fügte belustigt hinzu:

»Teufel auch, dir geht es ja gut! Jetzt holst du sie schon aus den Tuilerien!«

Lächelnd legte sie einen Finger an den Mund, ihn um Stillschweigen zu bitten. Sie sah ihn in eleganter Kleidung und war erfreut, ihn hier zu treffen, da sie ihm noch einen Funken von Zärtlichkeit bewahrt hatte, obwohl er damals, als er sich bei jenen ehrbaren Damen in Les Fondettes befand, die Unverschämtheit besessen hatte, sie nicht kennen zu wollen.

»Was machst du denn, Mimi?« fragte sie freundlich.

»Ich werde jetzt wieder solide! Denke dir, ich will mich verheiraten.«

Mitleidig zuckte sie die Achseln. Er aber fuhr scherzend fort: ein Leben, das nur auf Börsengewinn basiere, werfe kaum soviel ab, um Damenbuketts zu kaufen und dabei ein ehrlicher Kerl zu bleiben. Seine dreihunderttausend Franken hätten nur anderthalb Jahre gereicht. Er wolle jetzt aber praktisch denken, eine reiche Braut heimführen und schließlich vielleicht gar Präfekt werden wie sein Vater. Noch immer lächelte Nana ungläubig und deutete mit einer Kopfbewegung nach dem Salon.

»Mit wem bist du dort zusammen?«

»Oh, mit einer ganzen Gesellschaft«, sagte er und vergaß im Rausch des Wiedersehens alle seine Pläne. »Denke dir, Léa erzählt von ihrer Reise nach Ägypten. Es ist zu drollig! Es kommt dabei auch eine Badegeschichte vor.«

Und er erzählte ihr die Geschichte, während Nana interessiert zuhörte. Endlich waren beide einander ganz nahe gekommen... Unter der niedrigen Decke brannten Gasflammen, und hinter den Portieren drang ein flüchtiger Küchengeruch hervor. Bisweilen, wenn der Lärm im Salon stärker wurde, mußten sie die Gesichter einander nähern, um sich zu verstehen, aber alle Augenblicke störte sie ein Kellner. Trotzdem ließen sie sich nicht unterbrechen, sondern traten ruhig an die Wand zurück und unterhielten sich, als ob sie zu Hause wären, mitten unter dem Lärm der Gäste und dem Gedränge des Personals.

»Sieh einmal«, murmelte der junge Mann und deutete nach der Tür des Chambre séparée, in dem Muffat verschwunden war.

Beide blickten hin. Die Tür zitterte leise, ein Hauch schien sie zu bewegen.

Endlich schloß sie sich ganz langsam und geräuschlos. Beide lächelten und schwiegen.

»Hast du Faucherys Artikel gelesen?« fragte Nana.

»Ja, ,Die Goldene Fliege'«, erwiderte Daguenet, »ich wollte dir nichts davon sagen, um dir nicht Ärger zu bereiten.«

«Ärger, warum? Sein Artikel ist sehr lang.«

Sie fühlte sich geschmeichelt, daß man sie im »Figaro« behandelte. Ohne die Erklärungen ihres Friseurs Francis, der ihr die Zeitung gebracht hatte, hätte sie aber nicht begriffen, daß der Artikel sie selbst betraf. Daguenet fragte sie boshaft noch weiter darüber aus.

»Entschuldigen Sie!« rief ein Kellner und schritt mit einer riesigen Eisportion zwischen ihnen durch.

Nana hatte einen Schritt in der Richtung nach dem kleinen Salon getan, in dem Muffat wartete.

»Nun, lebe wohl!« verabschiedete sich Daguenet. »Geh wieder zu deinem Hahnrei.«

Sie blieb stehen.

»Warum nennst du ihn so?«

»Nun, weil er es ist!«

Sie trat zurück und lehnte sich höchst erstaunt wieder an die Wand. »Ah!« sagte sie betroffen.

»Wie? Du weißt das noch nicht? Seine Gemahlin läßt sich von Fauchery besuchen, meine Liebe... Es scheint das bei der Landpartie neulich begonnen zu haben. Soeben verließ mich Fauchery, als ich hierherkam, und ich vermute für heute abend ein Rendezvous bei ihm. Ich glaube, sie haben eine Reise vorgeschützt.«

Nana konnte vor Erregung zuerst kein Wort sprechen.

»Ich ahnte es!« sagte sie endlich und klatschte in die Hände.

»Als ich sie neulich auf der Landstraße sah, habe ich es gleich erraten... Man sollte es nicht für möglich halten, daß eine so geachtete Frau ihren Ehemann hintergehen könnte, und noch dazu mit diesem elenden Fauchery! Er wird ihr nette Dinge beibringen.«

»Oh«, murmelte Daguenet boshaft, »das ist bei ihr nicht das erstemal! Sie versteht vielleicht ebenso viel wie er.«

Hierauf machte Nana eine Gebärde des tiefsten Abscheus. »In der Tat! Eine tolle Welt!... Es ist zu gemein!« rief sie.

»Entschuldigen Sie!« unterbrach sie ein mit Weinflaschen beladener Kellner und drängte sich zwischen ihnen durch.

Daguenet führte sie jetzt zurück und hielt sie noch einen Augenblick an der Hand fest, wobei er seine melodische Stimme hören ließ, die ihm seine ganzen Erfolge bei diesen Damen erreichen half:

»Adieu, meine Liebe ... Du weißt, ich liebe dich immer noch!« Sie wand sich los und sagte lächelnd, während ihre Worte von lauten Rufen und Beifallsstürmen übertönt wurden, daß die Salontür erzitterte:

»Dummkopf! Das ist aus... Aber es tut nichts. Besuche mich in den nächsten Tagen einmal!«

Darauf wurde sie wieder sehr ernst und sagte im Ton lebhafter Entrüstung:

»Also ein hintergangener Ehemann? Pfui, pfui, Graf, das trifft sich schlimm! Ein Hahnrei hat mir immer Verachtung eingeflößt.«

Als sie endlich in das Kabinett trat, saß Muffat mit bleichem Gesicht und zitternden Händen auf einem Diwan. Er machte ihr keinen Vorwurf; sie aber, noch in voller Erregung, schwankte zwischen Mitleid und Verachtung. Dieser arme Mann, den eine boshafte Frau betrog! Sie wollte ihn beinahe umarmen und trösten. Aber immerhin geschah ihm recht, da er sich den Frauen gegenüber als ein zu großer Dummkopf zeigte; ein solcher Fall mußte ihn ja klug machen. Trotzdem siegte das Mitleid. Nachdem sie ihre Austern verzehrt hatte, versetzte sie ihn nicht, wie es anfänglich ihr Plan gewesen war... Sie verweilten kaum eine Stunde im »Café Anglais« und gingen zusammen nach dem Boulevard Haussmann. Es war elf Uhr; bis Mitternacht hoffte sie noch immer Mittel und Wege zu finden, seiner ledig zu werden. Vorsichtshalber gab sie im Vorzimmer Zoé folgenden Auftrag:

»Du wirst ihn erwarten und ihn bitten, kein Geräusch zu machen, wenn der Graf noch bei mir ist.«

»Aber wohin soll ich ihn führen, Madame?«

»Bewache ihn in der Küche! Das ist sicherer.«

Muffat zog unterdessen im Zimmer seinen Überrock aus. Ein großes Feuer brannte im Kamin. Es war noch immer dasselbe Zimmer mit den Palisandermöbeln, seinen Portieren und Sesseln, mit Damast bezogen, der große blaue Blumen auf grauem Grunde zeigte. Zweimal hatte Nana beabsichtigt, das Zimmer tapezieren zu lassen, das erstemal ganz in schwarzem Samt, das zweitemal in weißem Atlas mit roten Punkten; allein sooft auch Steiner seine Einwilligung und das dazu erforderliche Geld gegeben hatte, ebenso oft hatte sie es vernascht und vertändelt. Neu waren bloß ein Tigerfell vor dem Kamin und ein Kristallüster an der Decke.

»Ich kann nicht schlafen und werde gar nicht zu Bett gehen«, sagte sie, als sie allein waren.

Der Graf gehorchte ihr mit der Unterwürfigkeit eines Menschen, der jeden Respekt vor sich selbst verloren hat. Sein einziger Wunsch war, sie nicht zu erzürnen.

»Wie du willst«, murmelte er.

Trotzdem zog er noch seine Stiefel aus, ehe er sich an den Kamin setzte. Besonderes Vergnügen machte es Nana, wenn sie sich vor ihrem Spiegelschrank auskleiden und so sich vom Kopf bis zu Fuß sehen konnte. Diese Lieblingspassion, ihre reizende seidenweiche Haut und die sanften Umrisse ihrer Taille zu betrachten, erweckte bei ihr eine ernste Aufmerksamkeit und ein tiefes Versunkensein. Oft traf sie ihr Friseur bei den Vorbereitungen hierzu, ohne daß sie sich umdrehte. Sie staunte, daß sich Muffat darüber ärgerte. Was kümmerte das ihn? Es geschah doch nicht für andere, sondern nur für sie selbst.

Um sich an diesem Abend besser betrachten zu können, zündete sie sechs Kerzen an. Allein ehe sie ihre Reize vollständig enthüllte, fragte sie den Grafen: »Hast du auch den Artikel im ,Figaro' gelesen?... Die Zeitung liegt auf dem Tisch.«

Da kam ihr Daguenets Lachen ins Gedächtnis, und es stiegen leise Zweifel in ihr auf. Wenn dieser Fauchery sie etwa angeschwärzt hatte, so sollte er es büßen!

»Man behauptet, es handle sich darin um mich«, versetzte sie anscheinend gleichgültig. »Sage doch, mein Lieber, was denkst du darüber?«

Während sie wartete, bis Muffat seine Lektüre beendet hatte, begann sie sich zu entkleiden. Muffat las langsam. Der Bericht Faucherys, betitelt »Die goldene Fliege«, war die Geschichte eines Mädchens, das aus einer Familie von Trunkenbolden stammte, deren Blut seit vier bis fünf Generationen durch vererbtes Elend und durch Trunksucht verdorben war, was sich bei ihr in einer nervösen Störung der Geschlechtsfunktionen äußerte. Groß, schön gewachsen und prächtig ausgebildet wie eine gutgedüngte Pflanze, rächte sie sich bitter für das Elend und die Verlassenheit, denen sie entsprossen war. Mit ihr stieg die gärende Fäulnis der niedrigsten Klassen empor und verseuchte die Aristokratie. Am Ende des Artikels fand sich der Vergleich mit einer Fliege, einer goldschimmernden Fliege, die aus den am Wege faulenden Kadavern tödliches Gift aufsaugt und dann, in ihrem Glanze summend und tanzend, in den Palästen und überall, wohin sie durch ein Fenster fliegt, die Menschen durch bloße Berührung vergiftet. Muffat erhob den Kopf und betrachtete mit ernsten Blicken das Feuer.

»Nun?« fragte Nana.

Aber er antwortete nicht. Er schien den Bericht noch einmal lesen zu wollen. Ein Schauer überlief ihn. Dieser Artikel war pikant geschrieben, in flüchtig hingeworfenen Sätzen, einer Überfülle ungewöhnlicher Ausdrücke und sonderbarer Vergleiche. Indessen war er durch die Lektüre wie versteinert; der Artikel hat in ihm all das wiedererweckt, woran er seit einigen Monaten nicht mehr dachte. Nach einiger Zeit blickte er auf. Nana war ganz in ihre Reize vertieft.

Muffat betrachtete sie. Sie flößte ihm Furcht ein, und die Zeitung war ihm aus den Händen geglitten. In diesem Augenblick verachtete er sich selbst. Während dreier Monate, in denen er mit Nana verkehrte, hatte sie seine Lebenskraft verdorben, er fühlte sich schon durch und durch vergiftet. Alles gärte in ihm zu dieser Stunde. Einen Augenblick lang fühlte er sogar schon die Krankheit, er sah die von dem bösen Keim bewirkte Zerstörung im Geiste, sich selbst vergiftet, seine Familie zugrunde gerichtet und eine Klasse der Gesellschaft krachend zusammenbrechen. Und doch konnte er die Blicke nicht von ihr wenden, betrachtete sie stieren Auges, sog sich voll mit dem Ekel an ihrer Nacktheit...

Nana rührte sich nicht mehr. Einen Arm hinter den Nacken und die Hände ineinander gelegt, stand sie mit zurückgeneigtem Haupte und ausgespreizten Ellenbogen da. Er sah ihre halbgeschlossenen Augen, ihren leicht geöffneten Mund, ihr von einem liebenswürdigen Lächeln umspieltes Gesicht; das braune Haar bedeckte ihren Rücken wie eine Löwenmähne. In ihrer zurückgebeugten Stellung zeigte sie den kühnen Hals mit seinen unter der weichen Haut verborgenen zarten Muskeln. Eine feine, von Schultern und Hüfte kaum gebogene Linie erstreckte sich von ihren Ellenbogen bis hinab zu den Füßen. Muffat verfolgte ihr feines Profil, die von goldigem Lichte umflossene Gestalt, jene Rundungen, denen das Kerzenlicht einen seidigen Glanz verlieh. Er dachte an seine frühere Abneigung gegen das Weib, das ruchlose Monstrum der Schrift, das den Menschen im Banne der Sünde hält... Dennoch betrachtete er sie immerfort, und wenn er die Augen schloß, um nichts mehr zu sehen, sah er doch in der Finsternis ihre ins Unermeßliche wachsende Gestalt.

Indes krümmte sich Nana immer mehr zusammen. Ein zärtlicher Schauer schien durch ihre Glieder zu rieseln. Mit trunkenen Blicken beugte sie sich immer tiefer, als wolle sie sich gleichsam besser genießen. Dann löste sie die Hände und ließ sie leise herabgleiten. Muffat stieß einen langen Seufzer aus. Dieses einsame Vergnügen des sinnlichen Weibes brachte ihn ganz außer Fassung, und plötzlich, wie vom Sturmwind verjagt, waren alle guten Vorsätze verschwunden. Er stürzte auf Nana zu und riß sie an sich.

»Laß mich los«, rief sie, »du tust mir weh!«

Er war sich seiner Brutalität bewußt, er kannte Nana als ungebildet, schmutzig und lügenhaft; aber es verlangte ihn nach ihr wie nach einem tödlichen Gift.

»Geh, das ist ja albern!« rief sie ärgerlich, als er sie losließ.

Trotzdem beruhigte sie sich und glaubte, er werde sich jetzt entfernen. Nachdem sie sich mit einem Nachthemd bekleidet hatte, nahm sie auf dem Boden am Kamin Platz. Dies war ihr Lieblingssitz. Als sie Muffat jetzt wieder über den Bericht Faucherys fragte, gab er eine flüchtige Antwort, um einen unliebsamen Diskurs zu vermeiden. Übrigens, erklärte sie, habe sie Fauchery in der Gewalt! Darauf verfiel sie in langes Schweigen und dachte über ein Mittel nach, wie sie den Grafen fortbringen könnte.

Gern hätte sie dies auf liebenswürdige Weise getan, da es ihr unklug erschien, den Leuten Kummer zu machen, um so mehr, als der Graf ein betrogener Ehemann war, was sie endlich sogar zärtlich gestimmt hatte.

»Also«, sagte sie, »morgen früh erwartest du deine Gemahlin?«

Mit matten Blicken und erschlafften Gliedern hatte sich Muffat in einen Lehnstuhl geworfen und nickte bejahend. Nana beobachtete ihn ernst; ihr Geist arbeitete an einem Plane. Im Nachthemd dasitzend, hielt sie einen ihrer nackten Füße mit beiden Händen und drehte ihn mechanisch hin und her.

»Bist du schon lange verheiratet?« fragte sie.

»Neunzehn Jahre«, versetzte der Graf.

»Ach!... Und ist deine Frau liebenswert? Lebt ihr friedlich zusammen?«

Er schwieg, dann erwiderte er etwas verlegen:

»Du weißt, daß ich dich gebeten habe, nie hierüber zu sprechen!«

»Nun, warum denn nicht?« rief sie ärgerlich. »Ich werde deiner Frau sicher keinen Schaden tun, wenn ich von ihr spreche... Mein Lieber, wir Frauen sind von Mutter Natur alle gleich ausgestattet...«

Aber sie stockte jetzt, aus Furcht, ein Wort zuviel zu sagen, und nahm nur eine überlegene Miene an. Nein, diesen armen Mann mußte sie schonen! Übrigens war ihr plötzlich ein lustiger Gedanke gekommen; lächelnd beobachtete sie den Grafen und fuhr fort:

»Sage mir doch, ich habe dir wohl die Geschichte noch nicht erzählt, die Fauchery über dich aussprengt... Das ist ein gefährlicher Mensch! Ich bin ihm zwar deswegen nicht böse, da seine Erzählung ja wahr sein kann; aber trotzdem bleibt er eine Schlange.« Und noch stärker lachend, ließ sie ihren Fuß los, näherte sich dem Grafen und stützte ihren Hals an sein Knie.

»Denke dir, er versichert, du seist noch ein richtiger Junggeselle gewesen, als du deine Frau geheiratet hast... Sprich, ist das wahr?«

Sie blickte ihn fest an, während sie ihre Hände bis an seine Schultern geschoben hatte und ihn schüttelte, um ihm das Geheimnis zu entlocken.

»Nun ja doch!« antwortete er endlich in ernstem Tone.

Hierauf warf sie sich wieder zu seinen Füßen nieder, lachte wie toll und stammelte, indem sie ihn leise stieß:

»Nein, das ist unbezahlbar, du bist einzig, du bist ein Wundermensch... Aber, mein armer Bursche, da mußt du dich ja fürchterlich albern angestellt haben! Wenn ein Mann nicht genau Bescheid weiß, das ist doch zu spaßig! Ei, das hätte ich auch sehen mögen. Erzähle mir doch ein wenig davon, oh, ich bitte dich, erzähle!«

Sie bestürmte ihn mit Fragen und wollte über alle Einzelheiten unterrichtet sein. Dabei schien sie vor Lachen bersten zu wollen, so daß ihr Nachtgewand herabglitt... Und der Graf schilderte ihr seine erste Begegnung mit seiner Frau.

Er fand dabei kein Bedenken mehr, denn schließlich ergötzte es ihn selbst. Er war nur in der Wahl der Worte vorsichtig, da er noch einen Rest von Scham verspürte. Nana fragte ihn auch über die Gräfin. Diese sei, meinte er, wundervoll gebaut, aber kalt wie Eis.

»Oh, geh doch«, murmelte er befangen, »du hast keine Ursache, eifersüchtig zu sein.«

Nana lachte nicht mehr, sondern nahm ihren alten Platz am Kaminfeuer wieder ein, indem sie das Kinn auf ihre Knie stützte. Mit ernster Miene erklärte sie:

»Mein Lieber, es ist nicht gut, sich seiner Frau gegenüber in der ersten Zeit linkisch zu zeigen.«

»Weshalb?« fragte der Graf erstaunt.

»Hm«, erwiderte sie langsam mit einer Art Doktormiene.

Sie wollte nicht weitersprechen und schüttelte nur den Kopf. Indessen bequemte sie sich bald zu einer deutlicheren Ausdrucksweise.

»Glaube mir, ich weiß, wie das ist... Glaub' mir, mein Kleiner, die Frauen lieben es nicht, wenn man nicht Bescheid weiß. Sie sagen allerdings nichts, das verbietet ihnen das weibliche Schamgefühl, du begreifst doch ... Aber sei versichert, sie denken lange, lange daran, und früher oder später suchen sie sich anderswo Entschädigung. Das ist nun einmal nicht anders, mein Lieber.«

Er schien sie nicht zu verstehen, und deshalb drückte sie sich deutlicher aus. Sie sprach wie eine Mutter und gab ihm diese Lehren aus lauter Wohlwollen, wie es schien. Seitdem sie wußte, daß er ein betrogener Ehemann war, wollte sie durchaus mit ihm darüber sprechen. Wenn sie ein Geheimnis kannte, so drückte es ihr völlig das Herz ab.

»Mein Gott, ich spreche ja von Dingen, die mich nichts angehen... Was ich darüber sage, geschieht nur deshalb, weil ich gern jedermann glücklich sehe... Wir plaudern ja nur, nicht wahr? Sieh, dann kannst du eigentlich auch ganz offen antworten.«

Aber sie unterbrach sich, um ihre Stellung zu verändern, so daß sie dem Feuer etwas zu nahe kam.

»Verdammt, es ist anständig warm! Mein Rücken ist wie gebraten... Warte, ich will mir auch das Gesicht etwas wärmen.«

Und nachdem sie sich umgedreht und die Beine nach Türkenart unter den Leib geschoben hatte, fuhr sie fort:

»Du lebst nicht mehr mit deiner Frau?«

»Nein, ich versichere es dir«, sagte Muffat. Er fürchtete einen unliebsamen Auftritt.

»Und du glaubst also, deine Frau sei ein richtiges Stück Holz?« Mit gesenkten Blicken gab er dies zu.

»Und deshalb liebst du mich?... Antworte doch, ich werde nicht böse.«

Er wiederholte dieselbe Bewegung.

»Sehr gut«, schloß sie. »Ich ahnte es. Ach, dieser arme Kerl... Kennst du meine Tante Lerat? Wenn sie kommt, so laß dir einmal die Geschichte von dem Fruchthändler erzählen, der ihr gegenüber wohnt. Denke dir, dieser Fruchthändler war... Herrgott, ist das hier warm! Ich muß mich umdrehen und will mir jetzt die linke Seite braten.«

Während sie ihre Hüfte dem Feuer zuwendete, kam ihr ein drolliger Gedanke – sie schwatzte Unsinn zu sich selbst:

»Hm, ich sehe doch jetzt aus wie eine gebratene Gans ... Oh, richtig wie eine Gans am Bratspieß ... Jetzt wende ich mich! Wahrlich, ich brate in meinem Fett.«

Wieder lachte sie laut auf, als man ein Geräusch von Stimmen und zugeschlagenen Türen vernahm. Muffat sah sie fragend an. Es sei, meinte sie, wahrscheinlich Zoés Katze, ein verwünschtes Tier, das alles zerbreche. Es schlug halb eins. Wo war denn ihr Plan hingeraten? Jetzt mußte sie den Grafen hinausbringen, und zwar schnell.

»Was sagst du?« fragte der Graf liebenswürdig, den ihr zutunliches Wesen entzückte.

Aber in ihrem Wunsche, ihn hinauszubringen, änderte sich ihre Laune. Sie wurde barsch und wählte ihre Worte nicht mehr:

»Ach ja, der Fruchthändler und seine Frau... Nun, mein Lieber, sie haben einander nie berührt! Sie war darüber sehr aufgebracht, du verstehst mich! Er aber verstand es in seiner Unbeholfenheit nicht. So kam es, daß er sie für kalt hielt und zu anderen ging, die ihn eine saubere Schule lehrten, während sie ihrerseits sich auch bezahlt machte... Und so geht es immer, wenn man sich nicht versteht! Ich kenne das!«

Muffat erbleichte, denn er verstand endlich die Anspielungen und wollte sie zum Schweigen bringen. Aber sie ließ sich nicht stören.

»Nein, laß mich in Frieden! Wenn ihr keine Tölpel wäret, würdet ihr bei euren Frauen ebenso verständig sein wie bei uns; und wenn eure Frauen keine Gänse wären, so würden sie sich, um euch zu behalten, dieselbe Mühe geben wie wir für euren Besitz. Das hängt alles bloß von den Manieren ab... Also, mein Kleiner, merke dir das hübsch!«

»Sprich nicht von ehrbaren Frauen!« sagte er hart. »Die kennst du gar nicht.«

Da erhob sich Nana plötzlich auf die Knie.

»Ich kenne sie nicht?... Aber sie sind nicht einmal besonders sauber, deine ehrbaren Frauen! Nein, durchaus nicht! Suche mir eine, die sich so zu zeigen wagt, wie ich hier bin!... Tatsächlich, es ist zum Lachen mit deinen ehrbaren Frauen! Reize mich nicht zum Äußersten und zwinge mich nicht, Dinge zu erzählen, die ich vielleicht bereuen könnte.«

Statt einer Antwort murmelte der Graf eine beleidigende Redensart. Bleich betrachtete ihn Nana einige Augenblicke, dann fragte sie mit scharfer Stimme:

»Was würdest du denn tun, wenn dich deine Frau hinterginge?«

Er machte eine drohende Bewegung.

»Nun, und wenn ich dich hinterginge?« bohrte sie weiter.

»Oh, du«, murmelte er und zuckte die Achseln.

Nana war im Grunde nicht boshaft. Sie hatte ihm seine Hahnreischaft nicht ins Gesicht schleudern wollen, aber jetzt hatte er sie in Zorn gebracht, jetzt konnte sie nicht mehr an sich halten.

»Nun, Kleiner«, fuhr sie fort, »ich weiß gar nicht, was du noch bei mir willst... Seit zwei Stunden quälst du mich... Geh doch und hole deine Frau bei Fauchery ab! Ja, ganz recht, Rue Taibout, an der Ecke der Rue de Provence... Ich sage dir sogar die Adresse, wo sie ist!«

Jetzt sah sie triumphierend, wie Muffat aufstand und wankte wie ein geschlagener Stier.

»Was bleibt uns denn übrig, wenn eure ehrbaren Frauen uns unsere Liebhaber wegkapern! Wirklich, es wird nett mit den ehrbaren Frauen!«

Aber sie konnte nicht fortfahren. Mit einer schrecklichen Bewegung hatte er sie zu Boden geschleudert und erhob den Fuß, als wolle er ihr den Schädel zertreten, um sie zum Schweigen zu bringen. Einen Augenblick lang erfaßte sie tödliche Angst. Wie ein Rasender jagte er im Zimmer herum. Ein furchtbarer Kampf tobte in ihm. Tränen standen ihm in den Augen... Sie verspürte Mitleid und versuchte ihn zu trösten:

»Ich schwöre dir, mein Lieber, ich dachte, du wüßtest es; sonst hätte ich sicherlich nicht davon gesprochen... Hm, vielleicht ist es nicht wahr? Ich wenigstens behaupte nichts. Man hat es mir gesagt; die Leute sprechen davon – aber was beweist dies? ... Ach, geh doch, du tust nicht recht daran, dir den Kopf zu zerbrechen. Wenn ich ein Mann wäre, würde ich mich über die Frauen nicht grämen! Die Frauen, siehst du, ob hoch oder niedrig, sind alle gleich: alle sind sie leichtfertig und so weiter.«

Aber er hörte sie nicht, und er verstand sie nicht. Während er wütend mit den Füßen stampfte, hatte er seine Stiefel und seinen Überrock wieder angezogen. Noch einen Augenblick ging er zornig auf und ab, und als er an die Tür kam, verschwand er. Nana rief ihm ärgerlich nach:

»Nun, glückliche Reise!... Ein höflicher Mensch, wenn man mit ihm spricht! Und ich gab mir so viel Mühe ihm zu schonen! Ich schlug zuerst den freundschaftlichen Ton wieder an, ich habe mich zur Genüge entschuldigt, glaube ich!... Warum kam er aber auch, mich zu reizen!«

Trotzdem blieb sie verdrießlich und kratzte sich mit beiden Händen die Beine; dann fand sie sich schnell mit der Lage der Dinge zurecht. »Ach was, meine Schuld ist es nicht, wenn ihn seine Frau betrügt!« Und von allen Seiten fast gebraten, stand sie auf und wollte sich zu Bett legen. Zuvor klingelte sie Zoé, damit der andere eintreten solle, der in der Küche wartete...

Draußen ging Muffat mit eiligen Schritten fort. Eben war wieder heftiger Regen gefallen. Als er einen Blick nach oben warf, sah er zerrissene dunkle Wolken vor dem Mond vorübereilen.

»Mein Gott«, stammelte er, »es ist vorbei, zu Ende ... nichts, nichts gibt es mehr für mich!«

Über die Boulevards eilten flüchtigen Fußes verspätete Passanten. Er suchte sich zu beruhigen. Die Geschichte, die diese Person ihm erzählt, tauchte immer wieder in seinem erhitzten Hirn auf; er versuchte, einen Zusammenhang in die Tatsachen zu bringen. Am nächsten Morgen sollte die Gräfin von dem Schlosse der Madame de Chezelles zurückkehren. In der Tat hätte sie nichts gehindert, schon am Abend vorher wieder nach Paris zu kommen und die Nacht bei jenem Menschen zu verbringen. Er dachte jetzt an verschiedene Einzelheiten während ihres Aufenthaltes in Les Fondettes. Eines Abends hatte er Sabine im Park in so erregtem Zustand getroffen, daß sie gar nicht antworten konnte, und jener Mensch war in ihrer Nähe gewesen. Warum sollte sie jetzt nicht bei ihm sein? Je mehr er darüber nachdachte, desto wahrscheinlicher wurde ihm die Geschichte, und endlich fand er sie natürlich und notwendig.

»Es ist vorbei«, sagte er mit dumpfer Stimme. »Nichts gibt es mehr für mich, kein Glück!«

Er weinte so heftig, daß er sich an eine Tür lehnte und das Gesicht in seine Hände vergrub. Aber ein Geräusch von Schritten jagte ihn wieder auf. Scham und Furcht ließen ihn mit dem unruhigen Schritt eines Nachtschwärmers vor den Leuten fliehen. Als ihm auf dem Trottoir einige Personen begegneten, suchte er eine ungezwungene Ruhe anzunehmen. Er hatte ohne Zweifel ein Ziel, nach dem ihn seine Füße unaufhörlich trugen, auf einer beständig von Querwegen durchkreuzten Bahn. Endlich blickte er an einer Straßenecke empor. Er war an der Ecke der Rue Taibout und der Rue de Provence angekommen, also am Ziel! In seine grollenden Gedanken verloren, hatte er eine ganze Stunde gebraucht, um hierher zu gelangen, während er eigentlich nur fünf Minuten benötigt hätte. Er erinnerte sich, im vergangenen Monat eines Morgens zu Fauchery gegangen zu sein, um ihm wegen eines Berichtes über den Tuilerienball seinen Dank abzustatten, da ihn der Journalist darin besonders erwähnt hatte. Die Wohnung befand sich im Zwischenstock, und ihre kleinen, viereckigen Fenster waren halb hinter dem riesigen Aushängeschild eines Ladens verborgen. Das letzte Fenster zur Linken war hell erleuchtet, und der Graf blieb in Gedanken versunken, die Augen starr auf dieses Licht gerichtet, stehen, als ob er etwas erwartete.

Er faßte einen Entschluß: er wollte klingeln, die Tür, ohne sich um die bestürzte Hausmeisterin zu bekümmern, mit seinen riesigen Schultern sprengen und über die beiden herstürzen, ohne ihnen Zeit zu lassen, ihre Umarmung zu lösen. Einen Augenblick hielt ihn der Gedanke zurück, daß er keine Waffe bei sich hatte; dann nahm er sich vor, sie zu erwürgen. Mit diesem Plan beschäftigt, wartete er nur noch auf ein Verdachtszeichen, um sicher zu gehen. Wenn sich jetzt auch nur der Schatten einer Frau gezeigt hätte, würde er geklingelt haben.

Es begann in Strömen zu regnen. Schutzleute näherten sich, und er mußte seine Türnische, in die er sich geflüchtet, verlassen. Als sie in der Rue de Provence verschwunden waren, kam er zurück, durchnäßt und zitternd. Noch immer strömte der gleiche Lichtschein aus dem Fenster. Diesmal wollte er fortgehen, als sich ein Schatten zeigte. Dies geschah so schnell, daß er sich getäuscht zu haben glaubte. Aber nach und nach zeigten sich andere dunkle Silhouetten, kurz, im Zimmer schien eine lebhafte Bewegung zu herrschen. Die Schatten von Armen und Beinen huschten vorbei. Er konnte nichts deutlich erkennen; indes schien es ihm, als habe er den Kopf einer Frau gesehen. Aber die Schatten waren verschwunden, ohne Zweifel war man wieder zu Bett gegangen. Er beobachtete immer noch, er wartete noch immer. Es schlug drei, es schlug vier Uhr. Er konnte nicht fortgehen. Wegen des strömenden Regens hatte er sich tief in die Türnische gedrückt, während der Schmutz an seinen Beinkleidern emporspritzte.

Plötzlich erlosch das Licht. Dieser einfache Vorgang war für ihn ein unerwartetes Ereignis, etwas Unangenehmes und Verwirrendes. Augenscheinlich hatten sie soeben die Lampe ausgelöscht, um zu schlafen. Zu dieser Stunde war das begreiflich. Ihn aber störte es, weil ihm das nunmehr dunkle Fenster kein Interesse mehr bot. Noch eine Viertelstunde betrachtete er es, dann verließ er, der Sache überdrüssig, die Tür und ging einige Schritte auf dem Trottoir hin. Bis fünf Uhr ging er so auf und ab und warf von Zeit zu Zeit einen Blick hinauf. Das Fenster blieb tot; zuweilen schwebte ihm sogar die Frage vor, ob er nicht bloß geträumt hatte, daß sich dort Schatten bewegten. Die Kälte nahm zu, und es wurde ihm unerträglich auf der Straße; zweimal entfernte er sich, zweimal kam er mit wankenden Schritten zurück, um jedesmal noch weiter zu gehen. Es war vorbei, es gab nichts mehr für ihn. Er ging bis zum Boulevard hinab und kam nicht mehr zurück.

Endlich brach der Tag an mit jenem trüben Schimmer, wie er auf Winternächte in den schmutzigen Straßen von Paris zu folgen pflegt. Muffat war wieder in die Nähe der Bauhöfe des Opernhauses gelangt. Vom Regen durchnäßt und von den Wagen durchfurcht, war der Boden in eine Art Tümpel verwandelt. Ohne darauf zu achten, wohin er trat, ging der Graf immer weiter.

Unwillkürlich kehrten seine Gedanken zu Nana zurück. Er war wirklich zu müde, zu sehr vom Regen durchnäßt und litt zu sehr durch die Kälte. Der Gedanke, in sein düsteres Haus nach der Rue Miromesnil zurückzukehren, war ihm zuwider. Bei Nana war die Haustür noch verschlossen, und er mußte warten, bis der Hausmeister erschien. Als er hinaufstieg, lächelte er und fühlte sich schon von der behaglichen Wärme dieses Nestes durchdrungen, wo er sich ausstrecken und schlafen wollte.

Zoé öffnete ihm voll Bestürzung und Unruhe. Madame, von schrecklichen Kopfschmerzen gequält, habe kein Auge geschlossen. Sie ging leise nach dem Zimmer, während er auf einen Lehnstuhl im Salon niedersank. Aber fast im selben Augenblick erschien Nana. Mit bloßen Füßen, aufgelöstem Haar, im Nachtgewand, kurz in der ganzen Unordnung einer Liebesnacht war sie aus dem Bett gesprungen und hatte sich nicht die Zeit genommen, einen Rock umzuwerfen.

»Wie! Du wieder hier?« rief sie zornig erregt.

Sie war in der ersten Wut nach dem Vorzimmer gerannt, um ihn selbst zur Tür hinauszuwerfen. Als sie ihn aber in diesem kläglichen Zustand erblickte, empfand sie noch einmal Mitleid.

»Nun, du siehst nett aus, armer Bursche!« fuhr sie etwas milder fort. »Was ist dir denn? Ah, du hast sie wohl überrascht und dich so sehr gegrämt?«

Er antwortete nicht und saß da wie zu Boden geschmettert. Indessen begriff sie, daß es ihm noch immer an Beweisen fehlte, und um ihn zu beruhigen, sagte sie:

»Du siehst also, daß ich mich täuschte. Deine Frau ist ehrbar, auf mein Wort!... Jetzt aber, mein Kleiner, mußt du auch nach Hause gehen und dich zu Bett legen. Du hast das nötig.«

Er rührte sich nicht.

»Vorwärts, geh! Ich kann dich doch nicht etwa hierbehalten ...

Oder meinst du das?«

»Ja, wir wollen zu Bett gehen«, stammelte er.

Sie unterdrückte eine heftige Bewegung. Ihre Geduld war zu Ende. War er etwa wahnsinnig geworden?

»Nun, so geh doch!« wiederholte sie.

»Nein.«

Jetzt konnte sie ihren Zorn nicht mehr bändigen.

»Aber es ist doch abscheulich! Verstehe mich doch, ich habe es satt mit dir, geh und hole deine Frau, die dir Hörner aufsetzt ... Ja, sie tut es; ich sage es dir jetzt... So, nun weißt du, was ich dir zu sagen hatte. Willst du mich nun endlich in Ruhe lassen?«

Muffats Augen füllten sich mit Tränen. Er faltete die Hände.

»Laß mich bei dir bleiben!«

Nana verlor den Kopf, obwohl sie selbst einen Weinkrampfanfall bekam... Aber wer konnte sich auch erdreisten, sie so zu überfallen? Was gingen sie jene Geschichten an? Gewiß hatte sie ihn möglichst schonend davon unterrichtet. Und sie wollte man jetzt dafür verantwortlich machen! Nein, danke bestens! Sie besaß wohl ein gutes Herz, doch so weit ging ihr Mitleid nicht.

»Verwünscht, ich habe jetzt genug!« rief sie zornig und schlug mit der Faust auf ein Möbelstück. »Ach, ich, die alles mögliche tut, ich, die ich treu sein wollte... Weißt du, mein Lieber, morgen könnte ich reich sein, wenn ich nur ein Wort sagte.«

Erstaunt blickte er auf. Niemals hatte er an Geld gedacht. Wenn sie einen Wunsch hege, so wolle er ihn sofort verwirklichen, sagte er; sein ganzes Vermögen solle ihr gehören.

»Nein, jetzt ist's zu spät«, erwiderte sie zornig. »Ich liebe die Herren, die bezahlen, ohne daß man etwas verlangt... Nein, siehst du, ein für allemal, ich danke! Es ist vorbei, ich habe jetzt etwas anderes... Geh, oder ich bürge für nichts mehr. Es geschieht sonst ein Unglück.«

Drohend ging sie auf ihn zu. Und während sie sich aufgeregt mit überlegener Haltung ihm näherte, öffnete sich mit einem Mal rasch die Tür und Steiner trat ein. Das war ihr zu stark, und wütend schrie sie: »Was? Nun auch der noch?«

Steiner war bei diesem Ausruf erschreckt stehengeblieben. Die unvorhergesehene Anwesenheit Muffats machte ihn verwirrt, denn er fürchtete eine Auseinandersetzung, der er schon seit drei Wochen ausgewichen war. Mit blinzelnden Augen wiegte er sich verlegen hin und her und vermied, den Grafen anzusehen. Keuchend, mit gerötetem und verstörtem Gesicht, stand er da, wie ein Mensch, der durch ganz Paris gelaufen ist, um jemandem eine angenehme Neuigkeit zu bringen, und der sich plötzlich einer unerwarteten Katastrophe gegenübersieht.

»Was willst du?« fragte ihn Nana grob, indem sie den Grafen mit einem höhnischen Blick betrachtete.

»Ich... ich...« stotterte er. »Ich wollte Ihnen das Bewußte überbringen.«

»Was denn?«

Er zögerte. An einem der vergangenen Abende hatte sie ihm zu verstehen gegeben, daß sie, wenn er ihr nicht tausend Franken zur Bezahlung eines Wechsels verschaffe, ihn nicht mehr vorlassen werde. Nun war er seit zwei Tagen in Paris herumgelaufen und hatte soeben erst die Summe aufgetrieben.

»Die tausend Franken«, sagte er endlich und zog ein Kuvert aus der Tasche.

Nana hatte nicht mehr daran gedacht.

»Die tausend Franken!« rief sie. »Verlange ich denn dein Almosen? Sieh, das will ich mit deinen tausend Franken tun!«

Sie ergriff das Kuvert und warf es ihm ins Gesicht. Als kluger Jude hob er es ächzend wieder auf und sah das junge Frauenzimmer mit dummem Gesicht an. Muffat tauschte mit ihm einen verzweiflungsvollen Blick, während Nana die Hände in die Hüften stützte und noch lauter rief:

»Ah, ihr habt mich nun genug beleidigt!... Es ist mir ganz recht, daß du auch noch gekommen bist, denn siehst du, so wird das Auskehren auf einmal besorgt... Vorwärts, marsch, hinaus!«

Da sie sich aber nicht sonderlich beeilten, fuhr sie fort:

»Nun, ihr denkt wohl, daß ich eine Dummheit begehe? Kann sein, aber ihr habt mich zu sehr gereizt! Ich habe es satt jetzt... Hol der Teufel euer Geld! Ich pfeife drauf! Wenn ich dabei zugrunde gehe, so ist's meine Sache.«

Sie wollten sie mit Bitten beruhigen.

»Eins, zwei, ihr wollt noch immer nicht gehen!... Nun, seht hier! Ich habe Gesellschaft.«

Rasch öffnete sie die Tür ihres Zimmers, und die beiden Männer bemerkten in dem zerwühlten Bett Fontan. Er hatte nicht vermutet, in diesem Zustande gezeigt zu werden; seine Beine ragten in die Luft, und er wälzte sich in den Kissen umher. Allein als Schauspieler, der an das Publikum gewöhnt ist, machte er sich nicht viel aus der Situation. Nach dem ersten Schrecken faßte er sich und grinste die Herren mit seiner gemeinen Faunenfratze an: ein getreues Konterfei des Lasters! Nana war dem häßlichen Komiker seit acht Tagen ins Varietétheater nachgelaufen, und nun hatte sie ihn bei sich.

»Da, seht nur!« sagte sie mit theatralischem Pathos und deutete auf den Komödianten.

Muffat, der vorher alles ruhig hingenommen hatte, war über diese schmähliche Szene empört.

»Dirne!« stammelte er.

Aber Nana, die bereits in ihr Zimmer zurückgetreten war, kam heraus, um das letzte Wort zu behalten:

»Wieso Dirne? Und was ist mit deiner reizenden Frau Gemahlin?«

Dann verschwand sie und warf die Tür hastig ins Schloß. Die beiden Männer, jetzt allein, sahen einander schweigend an. Zoé war soeben eingetreten und begann ein sehr vernünftiges Gespräch mit ihnen. Als kluge Person fand sie die Torheit ihrer Herrin ein wenig stark. Dennoch nahm sie sie in Schutz: mit jenem Schminkfritzen werde es ja nicht lange dauern und man müsse diese Laune vorübergehen lassen.

Ohne ein Wort zu sprechen, entfernten sich die beiden Männer. Auf dem Trottoir reichten sie einander die Hände und gingen nach entgegengesetzten Richtungen davon.

Als Muffat endlich sein Haus in der Rue Miromesnil betrat, kam seine Gemahlin gerade nach Hause. Beide trafen sich auf der breiten Treppe, deren düsteren Wänden eisige Kälte entströmte. Sie blickten auf und schauten sich an. Der Graf trug noch seine vom Straßenschmutz bespritzte Kleidung und sah blaß und verstört aus wie ein Mann, der von einer Orgie zurückkommt. Die Gräfin, von einer nächtlichen Eisenbahnfahrt total erschöpft, schlief fast im Stehen ein, ihr Haar war nachlässig frisiert, ihre Augen waren umflort.


 << zurück weiter >>