Friedrich Theodor Vischer
Auch Einer
Friedrich Theodor Vischer

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Der Zug laugte am Opferplatz an; ein Flüstern des Staunens ging durch die Reihen, je die Vorderen, am Dolmen Angelangten, deuteten, rückgewendet zu den Folgenden, auf einen Gegenstand hin, der sich auf dem Steintisch befand. Es war vielen aufgefallen, daß der heilige Metzger heute nicht wie sonst den Kübel trug, der das Opferblut aufzunehmen bestimmt war. Nun sah man auf dem Altar einen Topf stehen, zum Verwechseln ähnlich dem Coridwenhafen, dem Gegenstande scheuer Ehrfurcht nicht eben für alle, doch für die meisten in der Gemeinde. Der Priester hat, wie sich der Leser erinnert, die Zerstörung dieses geheimnisvollen Gefäßes »durch Frevlerhand« öffentlich in der Versammlung beklagt. Unter den Vorbereitungen zum Festzuge hatten sich nun verschiedene Stimmen vernehmen lassen, man werde ein Wunder vorfinden, wenn man am Steinmal anlange. Sie gingen von einigen alten Männern aus, Mitgliedern des Gemeinderats, und diese beriefen sich wieder auf ein paar alte Weiber und Kinder. Eine weiße Gestalt, hieß es, sei wie ein Nebelstreif aus dem heiligen Haine her zum Dolmen geschwebt und habe ein undeutliches Etwas auf ihn niedergesetzt, das man, nachdem sie verschwunden, als Coridwentopf erkannte. Eine Frau habe es gewagt, ihr hinkendes Kind näher zu führen, und ihm erlaubt, den Finger an die Wand des Gefäßes zu legen; kaum getan, sei das Kind fröhlich aufgesprungen, das lahme Bein sei geheilt. Man zeigte das Kind, es war dem wirklich so. Und nun denn sah man wirklich den Topf da stehen! Als der Druide bei dem Altar anlangte, schien er zu stutzen, hemmte einen Augenblick seinen Schritt, betrachtete mit weit offenen Augen das Geräte, ging dann vorwärts und trat, nachdem der ganze Zug in der Ordnung eines Halbkreises aufgestellt war, feierlich vor den Pfeiler mit dem Steinbilde der Selinur. Er sprach ein uraltes Bittgebet an die Weltmutter, sie möge sich das Opfer gnädig gefallen lassen, und fügte mit tiefbewegter Stimme Dankesworte für das Wunder bei, das hier sichtbarlich den Augen des Volkes erscheine. »Du hast,« sprach er, »o Göttin, das Gefäß neu geschaffen, in welchem einst jener geisterfüllte Brei gekocht wurde, durch dessen Genuß nach wunderbaren Wandlungen der Zwerg Gwyon zum Taliesin wurde, der unsern heiligen Orden gestiftet. Du selbst hast uns gewürdigt, in Lichtwolkengestalt diese Neuschöpfung als Göttergabe herbeizubringen und hier auf deinen Altar zu stellen, ja noch mehr, du hast seine Wunderkraft an einem unglücklichen Erdenwurm betätigt!«

In diesem Augenblick führte die Mutter das geheilte Kind hervor.

»Tanze und springe, du beglücktes Wesen!« rief der Priester, und das Mädchen umtanzte in rhythmischen Galoppsprüngen den Altar.

Er vollendete sein Gebet, und jetzt führte Urhixidur das Lamm vor, es wurde am Altare festgebunden und fiel unter dem sicheren Hiebe des Schlächters, der sodann das abfließende Blut in dem Coridwentopf auffing. Als das Tier ausgezuckt hatte, öffnete er mit dem Nephritmeißel seinen Bauch, zog die Eingeweide heraus, der Druide prüfte sie mit strengem Einblick, nickte dann mit froher Miene und besagte dadurch, daß das Opfer tadellos glückverkündend und der Göttin willkommen sei. »Nimm es gnädig hin,« rief er, »dies zarte, gesunde Lammesherz! In ihm sind dir geweihet alle frommen Herzen dieser Gemeinde!« Jetzt wurden die Eingeweide auf das Holz gelegt, das auf der Dolmenplatte gehäuft war, und das Feuer angezündet. Als es prasselte, hob der Schlächter den Topf auf und überreichte ihn feierlich dem Druiden. Langsam schritt dieser mit seiner heiligen Last hinweg dem Haine zu und verschwand in dessen Dunkel. Lautloses Schweigen herrschte im Kreise. Alles Volk wußte, daß jetzt im Heiligsten des Waldes der Baum der Selinur mit dem Opferblute begossen wurde. Nach kurzer Zeit kam der Priester zurück, das Feuer brannte noch und jetzt begann der Gesang des neuen Hymnus. Zur Begleitung hatte Kullur nur die Pfeifer und Blättler und für einige Stellen das Hirtenhorn beigezogen. Anfangs schüchtern, dann voller und freier folgte die Gemeinde der führenden Musik, den tragenden Stimmen der Knaben und älteren Männer, denen die Weise noch in Erinnerung war, das Gefühl des Ahnungsvollen in den traumhaft tiefen Worten ergriff sie stärker und stärker, und bald schwoll ein Massengesang heran, so mächtig wogend, wie er aus Stimmen der heutigen Menschenwelt nimmermehr zu erzeugen wäre.

Als der Gesang ausgeklungen, trat der Druide vor und begann: »Ich erlaube mir nun, hochgeachtete Gäste und achtbare Gemeinde, euch den bescheidenen Versuch vorzuführen, dessen ich vorgestern Erwähnung zu tun mir die Ehre gab. Der Urheber eines Werkes ist ein parteiischer Zeuge für seinen Wert. Hört an, urteilt, ich unterwerfe mich eurem Ausspruch! Nur die kurze Bemerkung schicke ich der Produktion noch voraus, daß mir wohl bewußt ist, wie dieselbe vielleicht etwas länglich erscheinen dürfte. Dies rührt daher, daß ich glaubte, ein Ganzes zunächst aus zwei Gliedern bilden und bauen zu müssen: das erste mehr lehrhaft, um dem Inhalt unsers heiligen Glaubens klaren, verständigen und verständlichen Ausdruck zu geben, das zweite Glied aber echt lyrisch, um dann auch der Empfindung ihr volles Recht zu gönnen, denn das erste ist, daß die Religion als strenge und deutliche Wahrheit feststehe, das zweite, daß diese Wahrheit, nachdem sie den Menschen ganz durchdrungen, nun auch ganz in Gefühlsleben sich umsetze und verwandle. Uebrigens erwartet, wenn jemals, so gewiß auch diesmal, der große, furchtbare Grippo seinen besonderen Fest- und Lobgesang. Dieser Pflicht wird mein Hymnus entsprechen und sich so zu einem dreigliedrigen gestalten. Noch bemerke ich, daß ich die achtbare Gemeinde für jetzt noch nicht zum Mitsingen aufzufordern für passend halte. Dem ersten Glied meiner Dichtung zwar ist eine alte strenge Weise zugrunde gelegt, in welche die ehrenwerten älteren Bürger schnell sich wieder einfinden werden; anders aber verhält es sich mit den folgenden Gliedern, wo Dicht- und Tonkunst zu ungewohnten Höhen kunstreicherer Bewegung sich aufschwingt und unter dem Mitgesang Ungeübter leicht die Feinheiten, insbesondere der Instrumentalbegleitung, leiden könnten. Ich schlage vor, ich rate: singen wir gemeinschaftlich das erste, größere, einfachere Glied meiner Trilogie heute abend zum Beginn des Festschmauses, und überlassen wir es der Zukunft, ob nach öfterem Vernehmen das Gehör der Gemeinde auch in die schwierigeren, kunstvoller wechselnden Weisen der folgenden zwei Glieder sich so eingewöhne, daß sie zum Volksgesange werden können.«

Es erfolgte ein beifälliges Nicken, er hob die Hand wie ein Kapellmeister, gab mit den ersten Worten den Ton an, die Knabenstimmen setzten hell und sicher ein, nur die Krottler begleiteten die ersten drei Strophen, bei der vierten und fünften wirkten die Trommler, der Pauker und der Rätscher mit, bei der letzten fielen die Blättler ein, und ein Finale von Pfeifern und Hornbläsern setzte das Punktum. Da wir noch ganz andre Leistungen zu erwarten haben, so genüge es, zu bemerken, daß ohne Fehl und Mangel der Strom des Hochgesangs in Ohr und Gemüt der andächtig lauschenden Gemeinde sich ergoß.

Niemand soll die Nase rümpfen,
Daß wir zwischen Moor und Sümpfen,
Zwischen Schilf und Weidenstümpfen
    Auf den Seen seßhaft sind!
Die du webst in Nebelhüllen,
Sanft erhaben in dem stillen
Mondschein thronest, deinem Willen
    Folget fromm das Menschenkind.

Doch du hast uns auch belehret,
Deinen Willen uns erkläret,
Deine Gnade sei verehret,
    Große Weltenspinnerin!
Du erlaubst, daß in die Zwecke
Unsre Einsicht sich erstrecke,
Zeigst uns, wo verborgen stecke
    Deiner Vorschrift tiefer Sinn.

Menschen pfleget zu befallen
Oft ein Uebel, das vor allen
Sie erfaßt mit scharfen Krallen,
    Welches Pfnüssel ist benannt;
Kommt und wächst es ohne Regel,
Uebersteiget es den Pegel,
So wird davon Kind und Kegel
    Bitterbös und wutentbrannt.

Wenn es schleichet durch die Glieder,
Beißt und kitzelt hin und wieder,
Wenn es von der Nase nieder
    Steigt bis in des Magens Schacht,
Aufwärts wieder dann erbrauset
Zum Gehirn, das gärt und sauset,
Dann im ganzen Menschen hauset
    Grippos finstre Herrschermacht.

Es erwachen, es entzünden
Sich dann in der Seele Schlünden
Alle Tücke, alle Sünden,
    Bös Gelüste, dumpf und taub,
Wollust toll und ohne Schranken,
Zorn und Lust zu wüstem Zanken,
Mörderische Haßgedanken,
    Diebstahl, Lug und Trug und Raub.

Diesem Uebel nun gebietet
Selinur, die uns behütet,
Die im grauen Seedunst brütet,
    Ordnung, Ziel und Mäßigung;
Regelmäßig soll es kommen
Und, ist es einmal entglommen,
Klar verlaufen und uns frommen
    So sogar zur Läuterung.

Die Gemeinde hatte sich doch nicht ganz nur lauschend verhalten; einige gesetzte ältere Bürger und sogar einige alte Frauen hatten es sich nicht nehmen lassen, nachdem sie sich in die altertümliche Choralmelodie wieder eingehört, bei der zweiten Strophe einzufallen, die Weiber nicht ohne den gewissen Näselton, der didaktischen Kirchenliedern im musikalischen Vortrag so gut ansteht, auch nicht ohne das Wagnis, bei gewissen Uebergängen angenehme Koloraturen anzubringen. Die übrige Gesellschaft aber verharrte allerdings in der Rolle des bloßen Zuhörers, der gesetztere Teil mit Gebärden und Mienen, die eine große Genugtuung kundgaben, ganz das Gefühl, wie wir es dem höchst einleuchtend Klaren gegenüber empfinden. Ans den jüngeren Gesichtern dagegen erschien ein gewisser Ausdruck, den man in Süddeutschland mit dem Worte zu bezeichnen pflegt: er hat den Glotzer. Dieser Ausdruck war so weit als möglich entfernt von irgend einem Zeichen des Urteils, wir würden sagen: unbeschreiblich dumm, wenn wir geneigt wären, über gewisse Zustände, worin wir unfähig sind, zu irgend einem Gegenstand in ein inneres Verhältnis zu treten, ein herbes Gericht zu halten. Der Druide hatte unausgesetzt die zwei Barden fixiert; sie kamen ihm jetzt entgegen mit sehr aufgeweckten Gesichtern, in denen sich zwar einige Verlegenheit spiegelte, wie sie zwischen Wahrheit und Höflichkeit durchkommen sollten, ohne doch allzu ironisch zu werden. Er ersparte ihnen die Schwierigkeit, indem er leuchtenden Auges bat, sie möchten ihr Urteil noch zurückhalten und vorerst auch den poetischeren, lyrisch und musikalisch bewegteren Nachsatz hören, oder sozusagen den feineren Oberstock seines Aufbaus betrachten.

Er wandte sich, gab wieder sein Zeichen. Ein Teil der Musiker war inzwischen beschäftigt gewesen, aus den mitgebrachten Säcken auf eine Schranne, die sie sich hatten hinstellen lassen, kleinere und größere Körper, Artefakte ganz unbekannter Art, sorgsam und geordnet hinzulegen. Wir geben zuerst den Text:

Sende, o Neblige,
Mondenscheinschweblige!
    Sende das kitzlige,
    Prickelnde, bitzlige,
    Kratzende, kritzlige
        Uebel uns nur!
        O Selinur!
Pfisala, Pfnisala, Pfeia!

*

Gleitende, Wehende!
Spindelumdrehende!
    Hüte vor Stopfungen,
    Stockungen, Pfropfungen,
    Nasigen Knopsungen
        Gnädig uns nur!
        O Selinur!
Pfuisala, Pfuiala, Pfuia!

*

Schenke, o Schimmernde,
Röhrichtdurchflimmernde!
    Lästigen Fließungen,
    Hustigen Niesungen
    Läuternde Schließungen,
        Schenke sie nur!
        O Selinur!
Leiala, Fleiala, Fleia!

Die Musik begann je bei den zwei ersten Zeilen dieser drei Strophen mit einigen stimmungsreichen melodischen Sätzen, wobei die Blättler ihr Bestes taten und nur von den Pfeifern unterstützt wurden. Das gewisse Helldunkle, Schwebende, Flüsternde, zart Geisterhafte in diesen Stellen kam wirklich zu gefühlter musikalischer Geltung. Bei den folgenden Zeilen aber sprang die Musik in ein Element über, welches die Welt bis dahin noch nicht gekannt hatte. Statt sich im Melodischen gedankenlos zu wiegen, wurde sie ganz nur ausdrucksvoll. Nicht nur, was jedes Wort, nein, was jede einzelne Silbe, ja jeder Buchstab sagte, kam in Tönen, Tonbewegungen, Klangfarben zu unnachahmlich charakteristischer Offenbarung. Zu diesem Zweck nun bedurfte es auch neuer instrumentaler Mittel; in einer Reihe geheimgehaltener Beratungen mit dem Druiden hatte der Geißbub unter seiner Anleitung und inspiriert von seinem eignen eminenten Talent eine Anzahl ungekannter Zutaten zu den Tonwerkzeugen, kleine Kunstwerke für sich, geschaffen; für die Trommler hatte er verschiedene, feinere und gröbere, rund- und ovalköpfige Schlegelpaare zierlich hergestellt, die Syrinxpfeifen hatten Ansatzstücke nach Höhe und Tiefe aus Schilfrohr erhalten, die mittels seiner Hornhaften schnell angefügt werden konnten; die Löcher der Schwegeln waren vermehrt. Jede hatte zum Abwechseln drei neue Einsatzstücke bekommen; da es noch keine Drehbank, also auch keine Schrauben gab, so hatte es keine kleine Mühe gekostet, es zu bewerkstelligen, daß diese neuen Teile durch fein geschnitzte, wohl gerundete und geglättete Nüsse und Zapfen dem schnellen Wechsel mitten in der Produktion bequem und handlich dienten; so hatten ferner die Dudelsackpfeifen, das Stierhorn und die Ledertrompete verschiedene Mundstücke von breiterer oder schmälerer Oeffnung erhalten; die größte Sorgfalt aber hatte der junge Tausendkünstler auf sein eignes Instrument, das lange Kuhreigenhorn verwendet; hier waren die Zutaten am reichsten und die Arbeit die feinste, nicht nur verschiedene Mundstücke von ungleicher Weite der becherförmigen Oeffnung, sondern auch Endstücke von verschiedenem Durchmesser der Mündung waren bestimmt, als Mittel zu vielsagenden Tonschattierungen zu dienen. Nun begann diese Wunderwelt von neuen Bereicherungen der Mechanismen ihre ganze Kraft und Fülle zu entwickeln bei den drei gleichreimigen Zeilen in der Mitte der Strophen, und noch unendlich mehr bei den aus der Tiefe des Wesens der Sache und der Sprache mit dunkelgewisser Symbolik des Klanggefühls geholten Lautfiguren je in der letzten Zeile. Diesem Schlusse ging aber in jeder Strophe wieder eine Leistung der sanften Blättler voraus, denn ihnen war vorherrschend die Begleitung der Anrufungen der Göttin in der dritt- und vorletzten Zeile übergeben, schön lösten sie die Aufgabe, an dieser Stelle in die weichen Modulationen der Versanfänge zurückzulenken, und so bewegte sich denn die volle, mächtige Orchesterentfaltung zweimal in jeder Strophe durch eine Welt lebendiger Kontraste zum seelenvollen Schluß. Wie sollte man nun mit den Mitteln der Sprache sagen können, welchen Ausdruck das gewisse Spitzscharfe der I und Z in dem: »kitzlige, bitzlige, kritzlige« durch die neuen Tonmittel fand! Mehrere Zuhörer mußten unmittelbar niesen und husten, es fuhr ihnen, wie vom Ohr in die Seele, so von der Seele flugs in die Nase. Bekannt ist, daß bei den schnuppigen Vorgängen in Nase, Rachen und Lippen neben andern akuteren auch gewisse blasende Töne erscheinen; diese höchst feine Nuance kam in der Exekution des »Pfisala, Pfnisala, Pfeia« zu ungeahnter, geradezu hinreißender Geltung. Im folgenden Vers das dumpf Verschlossene, Luftsuchende in den Reimen »Stopfungen, Pfropfungen, Knopfungen« – es erdrückte den Hörern fast den Atem, der horn- und lederdunkle Ton des Stierhorns und der Trompete versetzte das Gemüt mitten in den Engpaß der bang versperrten Nasenhöhle, und wohlangebrachte Paukenschläge mit den größeren Schlegeln vermehrten die finsteren Schrecken dieser Gefangenschaft; knarrende Ratschenlaute, schrille Pfeifentöne, scharfe Fiedelbogenrisse, näselnde Dudelsackschnarrungen dazwischen gaben den momentanen Oeffnungen der Einpressung, diesen kargen Befreiungen ihr wohlverdientes Recht. Jetzt folgte das mächtig beredte: »Pfuisala, Pfuiala, Pfuia!« Hier tat das lange Hirtenhorn sein Bestes, nicht ohne daß Stierhorn und Trommel wieder großartig mitgewirkt hätten; breite, fagottartige Klänge zogen sich mit gehaltener Energie zu gestreckter Dehnung aus, die Krottler gingen von ihren kurzen Rupfen zu lang getragenen Strichen über, Paukenschläge besagten ein Etwas wie verwerfenden Abscheu, aber gleichsam mit geistreicher Frivolität wurde dieses Pathos umspielt von kurzen, neckisch tanzenden Blatt- und Pfeifentönen. Dann nahmen diese weicheren Tonwerkzeuge einen Uebergang ins Schmelzende und Rührende, womit sie die letzte Strophe, diesen stimmungsvollen Ausdruck der Lösung, der Befreiung einleiteten. Zwar nicht sogleich erfolgte dieser Uebergang, gewisse rinnende und rieselnde Töne, bei den »lästigen Fließungen« hervorschlüpfend, hatten noch etwas Gehemmtes, Stockendes, Aengstliches, dann wieder Heftiges; als die »hustigen Niesungen« folgten, wurde mit kurzen Paukenwirbeln, Knarrgeräuschen, punktuellem Pizzikatospiele aus den Fiedeln, mit einzelnen Hornschmetterungen noch einmal das nun fernab schwebende Uebel angedeutet, aber bei den »Schließungen« begann nach einer Ruhepause ein himmlisch sanftes Adagio flötenartiger Mollklänge, das für seine völlige Entwicklung sich an den finalen Silbenausklang: »Leiala, Fleiala, Fleia« wundermild anlehnte; jetzt wurden ja nicht nur die hellen Vokale ei und a, sondern auch die weichen Konsonanten L und F aus Buchstaben zu musikalischen Tönen und offenbarten erst so den geheimnistiefen Sinn ihrer Wahl; innige, seligmüde Auflösung, das war das Grundgefühl; die Mehrheit der Zuhörer, der Frauen insbesondere, ergossen sich in wehmütig sanfte Tränen, ein kurzer Paukenschlag – und die Aufführung war geschlossen.

Langes Stillschweigen. dann ein gezogenes, tiefgeholtes »Ah!«, und hierauf brach ein Jubelstrom los ohnegleichen, – zwar nicht allseitig; einige Zuhörer verharrten in Schweigen, andre brummten, etliche wenige grunzten, aber diese Verstockten wurden überflutet vom Stimmengewoge der jauchzenden Menge. Man eilte auf den Schöpfer des Wunderwerks zu; man umarmte ihn, man rief: »Ueberweltlich!« Aber er erwehrte sich; als er zu Worte gekommen, sagte er sehr ernst: »Wir haben des ernsten Gottes Grippo noch nicht gedacht! Zuerst das Opfer! Dann das letzte Glied des Hymnus, den Schluß der poetisch-musikalischen Triade!«

Er trat vor den Pfeiler mit dem Molchbild. Er schaute lange die rohe Steingestalt an mit bedenklich ernsten Blicken. Er sprach feierlich das Gebet an den Gott und rief dann Urhixidur zu: »Führe das Opfer vor!« Sie stand bei dem Böcklein und schien es mitleidig anzusehen, denn es lag matt am Boden. Sie zog es in die Höhe, es stand schwank auf den Füßen, der heilige Metzger tat wieder seine Pflicht, dann ward der Bauch des getöteten Tierchens aufgeschnitten, der Druide sah hinein und schüttelte bedeutungsvoll trüb den Kopf. »Der Magen entzündet! Milz und Leber geschwollen!« sagte er in dumpfem Tone und erklärte: »Grippo verschmäht das Opfer, das Opferholz wird nicht angezündet! Der heilige Baum muß unbegossen bleiben!«

Eine bange Stille lag über allem Volk. »Seinen Hymnus aber wird er nicht verschmähen, tretet abermals vor, ihr Sänger und Musiker!« Sie folgten, sichtbar erschöpft, am meisten der Geißbub. Ehe sie begannen, sprach der Druide: »Ich ersuche die hochachtbare und achtbare Gesellschaft, zu bemerken, daß ich für angemessen erachtet habe, bei diesem dritten Gliede meines Dreigesangs, das ebensosehr auch als selbständiger Hochgesang zu gelten hat, die uralt gewichtige Form des Stabreims anzuwenden, und zwar, was ich nicht zu übersehen bitte und was nicht sehr leicht war, in dreizeiliger, zum Teil selbst vierzeiliger Durchführung. Was ihre Klangverhältnisse ausdrücken, werdet ihr fühlen, wenn ihr mit offnen Sinnen hören wollt. Hebet an!«

»Du aber, Grippo!
Grimmiger Greifer,
Grunzender Lindwurm,
Dräuender Drache!
Jegliche Dumpfheit,
Dickung und Dämmung,
Die das Gehirn drückt,
Wenn sich der Pfnüssel
Sperret und pferchet,
Spare den Pfahlmann,
Pfropfe dem Feind ein,
Daß er in Stumpfsinn
Stocke und starre,
Sticke und stiere!
Uns aber lasse,
Liegen im Krieg wir,
Lästigen Uebels
Einziges Gute,
Glühenden Wutbrand,
Grinsende Zornwut!
Laß von dem Schnupfen
Uns nur das Schnauben,
Schäumende Toben,
Daß unter Streichen,
Stichen und Stößen
Sterbe der Feind! –
Wähle dein Opfer!
Wir bringend willig!
Wär' es das Höchste:
Heiß schlagend Manns Herz,
Heische es immer!
Wir zucken Messer
Zwischen die Rippen,
Ziehen es zerrend
Rasch aus des Feinds Brust,
Wildfrechen Frevlers;
Feuer soll flammen,
Blutrote Zacken
Hoch aus der Beuge
Brennender Scheiter!
Und in die Lohe
Werfen das leckre
Liebliche Mahl wir,
Loblieder singend.

Grissolo, Griolo, Grio!
Grusfulu, Grugulu, Gruffu!«

Wir müssen hier jeden Versuch aufgeben, in Worten zum Ausdruck zu bringen, was bei dieser dritten Leistung nun noch den Singstimmen zugemutet war und welches schäumende Meer von dumpfen, drohenden, murrenden, aufzischenden, schrillen, zum Teil auch vermittelst grellen Pfeifens durch die Finger hervorgebrachten, dann donnernden, brüllenden, wirbelnden, dann gedehnt anschwellenden oder wellig geschlängelten, dann wieder aufschreienden, bellenden, grell-rätschenden Instrumentaltönen losgelassen wurde. Es war dem Dichter und Komponisten gelungen, ein höllisches Konzert, einen Hexensabbat zu entfesseln, dem in jetziger Zeit kaum der Gehörsnerv eines Ochsen gewachsen wäre. Das Unmögliche war wirklich gemacht: diese Musik erst war ganz und wahrhaft nicht nur entwickelter Vokal, sondern – wie es der Stabreim mit sich brachte – sogar entwickelter Konsonant. Die G, die D, die Pf, die St, die L, wieder die G, die Sch, von neuem die St, die W, die H, die Z, die F, die B, die abermaligen L, endlich noch einmal die G als Gr wurden – weiß der Himmel, vermöge welcherlei unaussprechlicher Verwendung der aufgeführten Instrumente, mit ihren neuen Zusätzen, wozu noch klappernde Büschel von Hölzchen, Säckchen voll kleiner Steine und aus dem Reiche der Fauna getrocknete Gansgurgeln mitwirken mußten, – alle diese Laute wurden bis zu vollendeter Charakteristik ihres tiefen Sinnausdrucks reproduziert. Die wilde Musik der ungarischen Zigeuner sei, sagt man, in Noten nicht darzustellen – von solcher Schwierigkeit war der große Künstler Angus durch den Umstand befreit, daß es damals noch keine gab; – sagen wir aber nicht: Noten, sondern: Gesetz –: nur ein Prophet, der das Senkblei seines Geistes in den Abgrund noch verhüllter Weltordnungen niederzulassen vermag, wäre fähig gewesen, dieser ungeheuren Tonwelt in die Tiefen ihres verborgenen Melodie- und Harmoniegesetzes nachzutauchen. Das Höchste war nun aber auch hier wieder in den Ausklangsilben geleistet. Die Musik war wilder und wilder geworden, als sich der Text zu der Stelle vom Menschenopfer fortbewegte, das dem Grippo, wenn er es verlange, bereitwillig geweiht sein solle. Dumpfe Trommelwirbel kündigten das Schreckliche an, ein plötzlicher Schlag schien zu sagen: jetzt wird dem Feind das Herz aus dem zerschlitzten Leibe geschnitten! Dann meinte man ein zischendes Reißen zu hören, tief, dunkel, todesbang klang es hervor, wo die Worte »wildfrechen Frevlers« betont wurden, – dann fing es an zu lohen, zu prasseln, es war, als würden Töne zu leckenden Flammenzacken, zu wirbelndem Rauch, plötzlich bei den Worten: »Das leckere liebliche Mahl wir, Loblieder singend« drang, von den Blättlern und Schweglern vorgetragen, eine weiche Melodie dazwischen, doch nur um dem Grausen Platz zu machen, das nun eben bei den so bedeutungsvoll unsprachlichen Schlußlauten in die Seele des Hörers gepreßt wurde. In der ersten Reihe derselben, wo der Vokal I herrscht, sprangen aus dem schwarzen Hintergrunde der geblasenen Tieftöne der zweierlei Hörner und der Trompete noch eigentümlich scharfspitze Klänge der höchsten Pfeifenregister hervor, stärker und schwerer intonierten diese Blaswerkzeuge, als in der zweiten Reihe (Gruffulu u. ff.) nun das U in seine tiefsinnige Rolle eintrat. Schauriger und schauriger wuchsen diese Töne, jetzt mischten sich in anschwellenden Wirbeln wieder die Trommeln ein, dann furchtbar knarrend und schnarrend die Rätsche, nach und nach alle Instrumente, und endlich schien der Höllenschlund selbst – »besinnungraubend, herzbetörend, des Hörers Mark verzehrend« – alle seine Schrecken, seine Dämonen, seine Furien auszuspeien. Der Barritus, das Kriegsgeheul der Cimbern und Teutonen, vor dem die Legionen des Marius bebten, war ein Spaß dagegen. Ein langer, zentnerschwer ahnungsvoller Stierhornton ließ als Finale alle Welt der Todesbangigkeit, die in diesen musikalischen Schrecknissen zum Durchbruch gekommen, zukunftdrohend ins Unendliche hinüberdröhnen.

Als die Zuhörer nach und nach zu sich kamen, war es, als ob man auf ein Schlachtfeld sähe. Die Sänger und Musiker lagen halb ohnmächtig am Boden, der Rätscher wirbelte taumelnd im Kreis, der Geißbub wälzte sich, mit Todesschweiß bedeckt, in epileptischen Krämpfen, der Arme hatte sich des Guten zu viel zugemutet. In ähnlichem Zustand befanden sich die Hörer und noch mehr die Hörerinnen. Nur ganz wenige unter den Männern waren ruhig geblieben und schienen einfach zu denken, was denn eigentlich das nun sei, was sie gehört hatten. Weit die Mehrzahl war außer sich. Von den Weibern lag ein Teil von Weh und Entzücken geschüttelt halbtot zappelnd an der Erde. Andre, im Verein mit der empfänglichen Mehrzahl der Männer, jubelten, jauchzten, klatschten sich die Hände fast blutig, schrien, tobten, weinten. Einige waren vom St. Veitstanz ergriffen, andre tanzten Figuren, die mehr dem Saltarello und der Tarantella glichen, die Mehrzahl stürzte, von heiliger Wut ergriffen, auf den Meister zu, ihn zu umarmen. Er aber stand ruhig, hielt sie ab, und als er sich notdürftig Stille geschafft, sprach er: »Ihr habt nun gehört, was wir können! An euch liegt es, ob es künftig eine Pfahlvolkmusik geben soll!«

Dieses große Wort brachte die Nerven zur Ruhe, indem es vor das innere Auge ein Zukunftsbild hinstellte, an welchem die Geister still hinaufstaunten. Als sie, so beschwichtigt, nach Möglichkeit zu sich gekommen waren, stieg in der Gemeinde die Erinnerung an das von Grippo verschmähte Opfer und hiemit die Frage auf, was nun in dieser Rücksicht geschehen solle. Die Frage wurde laut, durchlief die Reihen und gelangte durch einen Gemeindeältesten an den Priester. Er schwieg mit geheimnisvollem Ausdruck im Blick und, als hätte er gar nicht gehört, rief er dann in ganz gemütlichem Tone: »Wir haben unsre Seelen zu tiefem, andachtsvollem Ernste gesammelt, haben sie hoch, höchst, zum höchsten empor angespannt, laßt sie uns nunmehr abspannen! Laßt uns Kinder sein, uns wie Kinder freuen! Dem Erhabenen folge das heitere Spiel. Auf zum Haine!«

Gern begleitete ihn die Schar in eine Lichtung des Haines, wo sie eine einfache Bühne aufgeschlagen fand. Die Einfassung war aus Laubwerk, einem Geflechte blattreicher Zweige, hergestellt. Ueber das wenig erhöhte Podion weg sah man in den natürlichen Wald, dessen Boden hier etwas aufstieg, so daß sich der künstliche der Bühne an ihn anlehnte und das Waldstück bequem für die Handlung verwendet werden konnte. Ein paar Felsblöcke zwischen den Bäumen konnten dabei so oder so ganz gut mitbenützt werden. Was von Musikanten sich wieder emporgerafft hatte, war vor der Bühne als Orchester aufgepflanzt. Es war gut, daß eine Trauerkunde, die langsam sich verbreitete, erst gegen Ende der Aufführung das Ohr der Künstler erreichte: der Geißbub war gerettet, hatte aber einen Leibschaden genommen. – Ein Hornsignal gab das Zeichen zum Anfang. Ein Herold trat auf die Bühne, lebendiger Theaterzettel; er blies auf seiner Ledertrompete eine Fanfare und ließ sechs sonderbare Töne folgen, zwei spitze und einen starkdumpfen, dann wiederholte er solche in umgekehrter Ordnung: ein Vorbild dessen, was der folgende Titel mit Worten besagte; er setzte ab und rief: »Wir werden heute die Ehre haben, unsern hochachtbaren und biederen Gönnern vorzuführen das Tanzspiel:

Hu – hu -– brum – brum – hu – hu!

oder

Entbehrung ist Entbärung,

erfunden und in Szene gesetzt
von
Tanzmeister und Tanzdichter Hopp-Hoppodur

Das Spiel begann. Ein mächtig großer Bär trat auf, in jeder Bewegung noch plumper, als Bären sonst sind. Er setzt sich auf einen Felsblock, streckt die Vorderfüße sehnsuchtsvoll in die Luft, drückt auf jede Weise das schmerzliche Gefühl des Alleinseins aus und ergießt sich in Tränen. In Ermanglung eines Sacktuchs wischt er sich die Augen und sofort auch die vom Weinen hörbar affizierte Nase mit den Tatzen, welche er hierauf an seinem Pelz abreibt. Heftiger wird das Weinen, es geht in Gebrüll über, heftiger werden die genannten Wischbewegungen. Plötzlich hält er inne, starrt ins Weite und verschwindet mit schwerfälligen Sprüngen von der Bühne.

Nach kurzer Zeit erscheint eine Bärin, ungewöhnlich glatt von Pelz, von rundlicher Hüftbildung und weich von Bewegungen. Hinter ihr Petz. Sie setzt sich mit vornehmem Anstand auf den Felsblock. Petz wartet vor ihr auf, ringt die Vorderfüße, fällt dabei ungeschickt um und wälzt sich wild brummend am Boden, die Bärin lacht. – Es war wie im italienischen Maskenspiel erlaubt, mit einzelnen Lauten die Stummheit der Pantomime zu unterbrechen. – Petz richtet sich auf, bricht in Tränen aus, wiederholt die unanständige Art des Abwischens und will die so gebrauchte Pfote der Bärin reichen. Er erhält eine große Ohrfeige. Geht ab mit traurigem Grunzen.

Die Bärin drückt durch Gebärden aus, daß dieser Verehrer denn doch an sich eine brave, künftiger Tröstung nicht unwerte Natur, vielleicht ein nur noch ungeschliffener Edelstein sein dürfte. Langsam, schüchtern, ganz niedergedrückt erscheint Petz wieder vor dem süßen Bilde. Sie fordert ihn auf, zu tanzen. Er versucht ein Solo auf den Hinterbeinen. Fällt wieder öfters und überkugelt sich mehrmals, läßt sich durch das Lachen der Dulzinea nicht verstimmen und versucht eine neue Methode. Er fängt an, sich wie in einem Menuett einfach, aber in durchaus reizender Weise nach der Angebeteten vorwärts und zurück zu bewegen und bei jeder Annäherung aufgerichtet eine zierliche Verbeugung zu machen. Wir müssen hier einschalten, daß der darstellende Künstler diese Weise, den Hof zu machen, gründlich der Bärennatur abgesehen hatte und mit vollendeter Virtuosität wiedergab. Petz war unermüdlich in diesen Pas, wohl fünfzigmal bewegte er sich auf seinen rutschenden Sohlen hin und wieder. Endlich spiegelt sich Erweichung in den Zügen des so schmelzend angeschmachteten Weibs. Aber jetzt ereignet sich leider eine Ungebührlichkeit. Der Bär muß vor Rührung niesen. Er fällt in seine Unbildung zurück und gebraucht wie vorhin die Pfoten. Petzin will zu einer zweiten unsanften Behandlung ausholen, besinnt sich aber, trabt plötzlich hinweg und erscheint nach einer Pause, in welcher sich der Verlassene trostloser Verzweiflung hingegeben, unter dem Jubel der Zuschauer mit einem schneeweißen, rotgesäumten Tüchlein. Mit Grazie zeigt sie ihm den Gebrauch, mit Grazie reicht sie es hin, sinnend betrachtet es Petz, man sieht, daß ein radikaler Prozeß in seinem Geist und Gemüt vor sich geht, und – zum erstenmal im Leben – schneuzt er sich – kräftig, vernehmlich, laut!

Lebhafter Beifall. Der erste Akt ist vorüber. Mit kühnem Geistesfluge nimmt der Tanzdichter an, eine geraume Zeit, Monate, Jahre, seien in der kaum viertelstündigen Pause verstrichen. Hornstöße verkünden den Anfang des zweiten Aktes; ihnen folgt eine lustige Melodie von Pfeifen und Blättlein, unter deren Klängen eine glückliche Bärenfamilie auf die Bühne tritt. Vier muntere Kinder folgen dem zärtlichen Elternpaar. Der kleine Bruder und das Schwesterchen Sigunens mit zwei Nachbarkindern staken in den Pelzen. Wer je den Galopp von Bärenjungen gesehen und bemerkt hat, wie drollig sie dabei mit dem rechten Hinterbein nachschieben, der mußte staunen, mit welcher Meisterschaft die klugen Kinder das vorstellten; schon in ihrem Alter zeigte sich die Schärfe der Beobachtung, die Geschicklichkeit der Nachahmung charakteristischer Tiertypen, wie sie Naturvölkern eigen ist; man weiß, mit welch treffender Wahrheit die Indianer in ihren Tänzen diese naive Kunst üben; kein moderner Pantomime, der den Joko spielt, wird diese Kinder erreichen. Nun entwickelte sich im gemütlichen Familienkreise ein herzgewinnendes Bild von sorgsamer Erziehung. Die Jungen wurden von Vater und Mutter gelehrt, das Tüchlein richtig zu brauchen, einer der Söhne, als er ein Schwesterchen zauste, vom Papa mit einer Rute gestrichen, wobei er ihn elegant zwischen die Beine nahm und ihm hinten aufmaß; ein Sturm von Gelächter brach im Publikum, namentlich unter den Frauen und Mädchen los, als in einem kritischen Moment die Mama hinaustrabte, mit einem Topfe wiederkam und die kleinere Tochter zierlich daraufsetzte. Nach solchen Handlungen erziehender Tätigkeit erfolgte orchestischer Unterricht, der nach einigen drolligen Vorübungen so beschleunigte Früchte trug, daß die Familie zu einem ordentlichen Tanze schreiten konnte. Es war ein Landler, was sie aufführten, das heißt jener Tanz, wovon unser Walzer nur ein geistlos weggebrochenes Stück ist: zuerst walzte Papa mit Mama, dann je ein Brüderchen mit einem Schwesterchen, hierauf lösten sich die Paare, jeder Tänzer schien sich mit der Tänzerin zu entzweien, eilte ihr nach, fing sie, faßte sie an beiden Händen, hielt ihr die eine hoch und sie schlüpfte, während beide sich zugleich drehten, unter den gehobenen Armen durch, dann ließ er sie wieder los, Tänzer und Tänzerin kreisten, jetzt jedes selbst wieder wirbelnd, umeinander, dazwischen machten die Tänzer allerhand Kunststücke, sprangen hoch, patschten sich in der Luft mit den Händen auf die Fußsohlen, jauchzten dazu, ergriffen ihr Dirndl wieder, und endlich wurde die allgemeine Wiederfindung und Beglückung mit einem rasenden Schlußwalzer besiegelt. Inzwischen hatten sich aber nach und nach auf der Bühne selbst Zuschauer eingefunden: ein Wolf, ein Fuchs, ein Dachs, ein Füllen, ein Wildschwein, eine Gemse, ein Steinbock, ein wilder Kater, ein Murmeltier, ein Auerhahn und noch mehreres Waldvolk; sie schienen die Feindschaft unter sich zu vergessen, fingen an, das Tanzen nachzuahmen, anfangs täppisch, unglücklich, dann geschickter, behender, die Musiker waren längst wieder erwarmt, bliesen und schlugen, was das Zeug hielt, die Tiere wurden sämtlich so charaktertreu gespielt wie die Bären und fügten sich unbeschadet dieser Besonderheit immer glatter in das Gesetz, das die Tanzverschlingungen beherrschte. Endlich vereinigte sich alles zu einem großen – Kotillon würden wir sagen, Volltanz sagten die Pfahlleute, und dieser Volltanz schloß mit einer höchst korrekt und zierlich durchgeführten Schnupftuchtour.

Der dritte Akt trat ein ohne eigentliche Pause, doch nicht ohne nachdrücklichen Einschnitt. Man vernahm plötzlich ein furchtbares Grunzen, ein eigentümliches Schnarchen, Speien, Prusten. Der Tanz stand augenblicklich still. Aufgerichtet horchten die sämtlichen Tiere. Ein Drachenungetüm wackelte auf die Bühne, es spie Feuer, glutrot funkelten seine Augen, ein roter Kamm bekrönte schrecklich seinen krokodilähnlichen Kopf, kurze Flügel schwankten auf seinem Rücken, lang hin starrte sein schuppiger Schwanz. Die Tiere stieben auseinander, der Drache wirbelt auf der leeren Bühne um seine Achse, zuerst die Bären sind es, die vorsichtig wieder den Kopf hereinstrecken, sie wagen sich herbei, der Petz wirft sich dem Ungetüm rittlings auf den Hals und bearbeitet seinen Kopf mit den Tatzen, die Bärin, ermutigt, steigt auf seinen stacheligen Rücken, die Jungen setzen sich auf seinen Schwanz, in wilderen und wilderen Kreisen wirbelt das Scheusal. Jetzt geschieht ein kleiner Unschick. Die Drachenmaske war mühsam und sinnreich genug, doch eben nicht allzu haltbar aus Leinwand und Bast zusammengestoppelt und mit dem Nötigen ausgestattet, um Feuer zu speien, – der Künstler war derselbe Bappabuk, der die Festscheibe erbildet hatte. Bis dahin war es nun ganz ordentlich gegangen, jetzt aber fing der Drache auf einmal an, ganz menschlich zu husten, gleichzeitig fiel ein Kohlenbecken aus seinem Rachen, dann fuhr eine Hand heraus und griff danach. Dank der Höhe, auf welcher die Bildung der Pfahlbewohner angekommen war, hatten sie bereits das Bärlappenmehl erfunden; der eine der zwei in dem Balg verborgenen Burschen, dessen Beine in den Vorderfüßen staken, hatte neben dem Prusten, Brüllen, Grunzen, das er im Verein mit seinem Hintermann besorgte, das Feuerspeien ins Werk zu setzen; er blies den genannten Staub auf einem Federkiel über die Kohlen; jetzt verschluckte er sich im Einatmen des Rauchs und stieß den schwach befestigten Kohlentopf hinaus. Der hintere Bursche, unbequem auf dem Bauch liegend, um dem Rumpfe des Untiers mit seinem Leib eine Füllung zu geben, hatte überdies zwischen seinen Füßen hindurch, welche die Hinterbeine vorstellten, nach rückwärts ein schwankes, schlankes Weidenstämmchen zu regieren, das den Grat des Schwanzes bildete; es war keine Kleinigkeit, diese Stange festzuhalten, als die Bärchen sich daransetzten, sie entfiel ihm, zerriß die Wandung der künstlichen Form, der Schwanz brach ab, die kleinen Petze kugelten um. »Tut nichts, tut nichts!« schrien ein paar muntere Bursche aus der Mitte der Zuschauer, hemdärmelig, die Wämser resolut über die linke Schulter geworfen; »nur lustig weiter, kleiner Meilyr, kleiner Cynddelw!« Man ordnete den Schaden mit Schnüren, so gut es ging, die zwei munteren Grippospieler halfen sich weiter, so gut sie konnten, die übrigen Tiere erschienen, nun ebenfalls ermutigt, wieder auf der Bühne, und es erfolgte ein rasendes Zausen zwischen dem Drachen und der ganzen Gesellschaft, dem jedoch gewisse Töne ein so plötzliches Ende setzten, wie vorhin die Erscheinung des Drachen dem Rundtanz. Die Töne waren nicht stark, es war ein feines, hochstimmiges Wimmern; man erkannte den klagenden, weichen Laut des Kiebitzes. Ein paar erlegte Exemplare der Gattung wurden über die Bühne so geworfen, daß sie fliegend scheinen konnten; das Wimmern wußte ein Meister im Nachahmen aller Vogelstimmen, wie Hopp-Hoppodur, hinter der Szene täuschend genug hervorzubringen. Jetzt aber läßt sich ein Ton ganz andrer Art vernehmen, ein Ton, der schwer zu beschreiben ist. War es ein Heulen, ein Schnarren, Bellen, ein Brüllen? Gewiß war nur, daß der Ton eine Stärke hatte, als käme er aus dem Hals eines großen Vierfüßlers. Die Laute waren, in Silben dargestellt: »Hu! Hu! Brum!« Dann folgte zuerst »Brum« und die »Hu, hu« wurden jetzt zum aus- und nachtönenden Schlußklang. Das waren denn die Töne, welche den Titel des Tanzspiels bildeten, wo sie nur zugleich nebenher dem Brummen des Bären galten. Die Tiere standen wie versteinert, der Drache saß aufrecht auf der Wurzel seines notdürftig wieder befestigten Schwanzes, der vordere Insasse hatte sich auf die Schultern des hinteren gesetzt, die Knochen und Muskel des letzteren trugen und hielten mühsam das Ganze, und der Schweif legte sich wie ein langer Frack über die Bühne. Im damaligen Publikum gab es keinen Zuschauer, der den Ton nicht ganz gut kannte; von unsern heutigen Lesern kennen wohl nur wenige den Ruf der Rohrdommel so gut, sie hätten erst warten müssen, bis dieser Wasservogel, der Selinur heilig, nun in Person auf der Bühne erschien und seinen unheimlichen Geisterruf wiederholte, nicht in einem nur, sondern in sechs Exemplaren, die gravitätisch wie Soldaten eintraten, sich in drei und drei teilten und nun wie beorderte Leibwachen freien Raum für eine noch unsichtbare, ehrfurchtsvoll erwartete Persönlichkeit herstellten. Die übrigen Tiere drängten sich willig hinter diesen lebendigen Spalieren zusammen. Die gelben, schwarzgefleckten Bewohner des Röhrichts ließen hierauf wieder ihren seltsamen Brüll- und Klageruf vernehmen, reckten dabei die dicken Hälse lang vorwärts, zogen sie dann ein und stellten die Köpfe, die jetzt halslos auf dem Rumpfe zu ruhen schienen, steil aufwärts, daß der Schnabel zum Himmel sah, und so standen sie nun als unbewegte Schildwachen, allerdings nur auf einem Bein oder vielmehr »Ständer«, wie der schulgerechte Jäger sagt. – Stumme, erwartungsvolle Pause. Da wandelt aus dem Wald eine schneeweiße Kuh hervor und stellt sich mitten in die Oeffnung der zwei von hier in die Breite der Bühne auslaufenden Spalierradien. Sie blickt sanft und groß. Alle Tiere stehen jetzt tief gebückt, der Drache kriecht vor sie hin und winselt. Sie brüllt weich, lieblich, mit mütterlichem Tone. Auf einmal erscheint ein munteres Kalb, ein Scheck; es vergnügt sich in schwerfälligen, ungeregelten Sprüngen. Das wurde wiederum ganz meisterlich agiert; der Künstler wußte sich mit ganzer Seele in das gründlich Unvermittelte, jedes runden Uebergangs Entbehrende der Scherzbewegungen des Kuhsöhnchens zu versetzen; bei der Herstellung der Maske hatte Bappabuk sogar nicht vergessen, in der Mitte des Schwanzes jenen knopfigen Bug anzubringen, vermöge dessen dies Organ des jungen Rinds wie halbgebrochen aussieht. Wie ward der Sinn dieser Erscheinung von den Zuschauern verstanden! Da war keiner so gedankenlos, daß er nicht begriffen hätte, der Scheck sei die Welt und die plumpen Sprünge seien die noch bildungslosen Urzustände der Menschheit. Nun aber richtete sich die Kuh auf, trat auf den Hintersüßen hervor, faßte mit dem einen Vorderhuf ihr Kind am Ohr, mit dem andern den Drachen am Kamm, stellte sie in die Mitte, bedeutete ihnen, wohl aufzumerken, holte dann zwei der jungen Bären hervor und forderte sie auf, eine Galoppade zu beginnen, indem sie ihnen die Tanzschritte vormachte. Die Bärchen machten ihre Sache so hübsch ordentlich, daß nun die Kuh sie dem Drachen und Kalb als Muster empfehlen durfte. Das neue Paar umfing sich mit den Vorderfüßen, trat an und versuchte seine Kunst. Es ging zuerst holperig, das Paar fiel sogar zu Boden, aber es raffte sich auf, schliff glatter und glatter, ging in einen Hopswalzer über, jetzt begannen die übrigen Tiere mit den Beinen zu zappeln, konnten sich nicht länger halten, faßten sich zum Tanz an, und die ganze Gesellschaft umkreiste nun die aufrecht thronende Kuh; rascher und feuriger erscholl die Musik, die Tiere fingen an, den Tanz mit den verschiedenen Rufen ihrer Gattung zu begleiten: der Wolf heulte, der Fuchs ließ sein heiseres Bellen hören, der Dachs knurrte, das Füllen wieherte, das Wildschwein grunzte, Gemse und Steinbock mischten zwischen Meckern ihren pfeifenden Warnlaut, der Kater rallte, das Murmeltier pfiff ganz fein, der Auerhahn gab gestoßene, tiefe Krächztöne von sich wie beim Balzen, die Rohrdommeln blieben nicht zurück, tanzten mit und ließen ihre durchdringenden U-Laute wieder vernehmen, die Bären brummten, der Drache fauchte, das Kalb muhte, und selbst die ehrwürdige Mutter stimmte anmutvoll in das allgemeine Konzert mit ein; die Jugend unter den Zuhörern sang Schnaderhüpferl dazu – es war lustig. Es war nun aber auch genug. Bis zur Sättigung der Geister war es begriffen, daß hier die Unbildung, ja das Böse dargestellt war, zuerst als Störenfried der in schöner Entwicklung begriffenen Humanität, dann überwunden, ja zum dienenden Moment herabgesetzt von der Weltordnung selbst, die schon durch ihre Inkarnation als Kuh es erklärt hat, daß sie mit der Grundlage aller Gesittung, dem Ackerbau, auch die Bildung, die sanfte, schöne Menschlichkeit gewollt hat. Ein Paukenschlag bezeichnete wiederum das Finale, alle Tiere standen plötzlich still, jedes, die heilige Kuh voran, schlug zuerst eine Pirouette und ließ dieser Kreiselbewegung eine rein wagrechte Ausstreckung des einen Beines folgen. Ungeheurer Jubel, als das eigentliche Punktum der Handlung, erlöste nun die Müden aus dieser Stellung. Stürmisch wurde der sinnreiche, liebenswürdige Urheber der Schöpfung, der Tanzdichter Hopp-Hoppodur gerufen. Mit ein paar lustigen Tanzsprüngen hüpfte der philosophische und doch so heitere Künstler aus den Büschen des Hintergrundes auf die Bühne, ließ sich hochpreisen, war mit einem Satz unter den Zuschauern, ergriff die hübsche Gwennywar, die wir schon kennen als die Schelmin, welche Alpin das schweißaustreibende Wort Sigunens von Arthurs schönem Nacken hinterbracht hatte; er zog die gern Folgende auf die Bühne, führte sie zu einem Landler auf, das schlanke Fratzenmädel war die erste Tänzerin des Dorfes und entsprach den Künsten des Meisters mit reizenden Wendungen, Schritten und Beugungen, alles folgte, was junge Beine hatte, ja selbst ein paar Graubärte konnten nicht widerstehen, ein Tanzlebtag ging los, wie ihn Dorf Robanus noch selten gesehen, die müden Tiere wurden jetzt aus Spielern Zuschauer, und unter behaglichem Gucken erlabten sie mit kräftigen Metzügen die durstige Kehle und die vielgebrauchten Glieder; der Drache soff beträchtlich.

»Wo steckt denn Alpin?« fragte ein Bursche Sigunen, die teilnahmlos, gedankenvoll unter den Mädchen stand. – »Weiß nicht,« versetzte sie, »er wird beim Tischzurichten helfen.« – »Nun, komm her, so tanz mit mir,« sagte der Frager und bot ihr den Arm, bekam aber einen Korb, und unter dem Vorwand, nach dem kleinen Schwesterchen sehen zu müssen, ging sie nach Hause. Auch Gwennywar hatte lange nach dem Vermißten umgeschaut, jetzt aber vergaß das junge Quecksilber alles im Arm ihres bewunderten Tänzers.

Die Greise, mit Ausnahme der erwähnten paar lustigen alten Knaben, auch die Mehrzahl der Männer hatten sich nach dem Ende der Aufführung verlaufen, und diesen Müßigen fiel nun doch auch der Gefangene wieder ein, den man unter Schützenfest, Morgenimbiß und Tanzspiel fast vergessen hatte. Der Druide, der sonst an Festen beim Schaustück auf seinem Ehrensitze so behaglich lachend bis zum Schluß verweilte, wie wohl einst der Hohepriester des Dionysos auf seiner Marmorbank im Theater zu Athen, er war diesmal bald nach Beginn verschwunden. Heimgekehrte fanden sein Haus geschlossen. Es hieß, man habe die Gemeindeältesten hineingehen sehen. Man munkelte von einem unbekannten Etwas, das gegen den Erzketzer im Werk sein müsse. Was sollte es mit ihm werden? Strafen bis zu einer gewissen Höhe zu verfügen, lag in der Macht des Oberhirten. Sollte aber – weitergegangen werden, so war, wenn es sich nicht um Kriegsgefangene handelte, aus denen das Los die Opfer für Grippo bestimmte, die Gemeinde zu befragen. Nun – es war Festtag; man schlug sich's aus dem Kopfe; es hatte ja weiter keine Eile, auf alle Fälle konnte es um den Sünder nicht viel schade sein, wenn er in seinem Käfig einige Tage oder Wochen tüchtig brummte.

Inzwischen waren vereinigte Kräfte längst beschäftigt, den Festschmaus vorzubereiten. Tische und Bänke waren im nahen Haine schon aufgeschlagen, Köche und Köchinnen an einer Reihe von Feuern in voller Tätigkeit. Wir glauben uns verpflichtet, den Speiszettel zu geben; menu dürfen wir ja nicht sagen, die Pfahlmänner hätten sich geschämt, das welsche Wort zu gebrauchen, wenn sie es gekannt hätten, sie verabscheuten alle unnötige Entlehnung aus fremden Sprachen. »Speiszettel« ist natürlich auch nur poetische Lizenz; das Kunstwerk der Komposition dieses Schmauses stand klar entfaltet nur vor dem Geiste des Oberkochs Sidutop, minder klar, in gewissem Helldunkel vor dem Innern seines Gefolges von Köchen und Köchinnen, und das Publikum befand sich in blindem Autoritätsglauben, man wartete, man vertraute unbedingt und dachte, es werde schon recht werden; nur Angus, der Druide, hatte durch Hilfe Urhixidurs einen hellen Einblick in das wohlgegliederte Ganze gewonnen. Dieses Ganze überblicke man nun, und man wird nicht mehr glauben, daß die Pfahlbewohner schlecht gegessen haben! Diese irrige Vorstellung zu widerlegen, das ist es, was wir für Pflicht halten, darum geben wir in formell präzisierter Ordnung hiemit die Gedankenreihe Sidutops, wie sich solche an jenem Abend in der Körperwelt verwirklichte. Um diesen logischen Zusammenhang nicht zu unterbrechen, lassen wir die Erläuterung einzelner Punkte, die vielleicht dem Leser dunkel sein dürften, in Anmerkungen folgen.

Zuvor ist nur noch von der Beleuchtung zu melden. In dieser Festnacht sollte es nicht an den Pechfackeln genügen, die rings um die Tische, in hohe Pfähle eingelassen, ihr rötliches Licht verbreiteten; zwischen je zweien derselben loderte in irdenem Becken eine zartere Flamme von Kienholz, und an den Stämmen der nächsten Eichen hingen Kränze von Schüsselchen, worin ölgetränkte Dochte brannten. Knaben waren aufgestellt, sorgsam diese dreierlei Lichtquellen zu unterhalten, deren Harzgerüche sich angenehm mit dem Dufte mischten, der aus den Kochkesseln emporstieg. – Und nun mag denn die Beschreibung ihres reichen Inhalts folgen.


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