Hermine Villinger
Schulmädelgeschichten
Hermine Villinger

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Vorwort.

Stelle Dir, mein lieber Leser, eine alte Dame vor, die vierzig Jahre lang die Freuden und Leiden einer Institutsvorsteherin durchgekostet und sich endlich in den Ruhestand zurückgezogen.

Da sitzt sie nun in ihrem traulichen Heim, rings um sie her, die Wände voll Kinderbilder, dazwischen, da und dort das Bildnis erwachsener Mädchen – Bräute im weißen Schleier – blutjunge Mütter mit ihrem ersten Kind – reifere Frauengestalten im Kreise ihrer erwachsenen Nachkommenschaft – sogar ein Großmütterchen hängt da, freilich ein noch recht jugendlich drein schauendes, den kugelrunden Enkel auf den Knieen.

Und unter all' diesen Bildern, in allen möglichen Schriften, die immer gleiche Versicherung treuer Liebe und warmer Anhänglichkeit für die ehemalige Lehrerin.

Sie war auch die meinige – und so geschah es nicht selten, daß ich bei meinen Besuchen in dem reizenden Raum, bald vor dieser, bald vor jener der Schülerinnen an der Wand stehen blieb und gar zu gerne mehr von ihr gewußt hätte.

Da schritt die alte Dame eines Tages zu ihrem Sekretär hin, in dessen tiefem mittlern Fache sich ein stattlicher Stoß von Heften befand – die Lebensläufe ihrer sämtlichen Schülerinnen – und die als Schulaufgabe verfaßten Arbeiten wurden mir mit der größten Bereitwilligkeit zur Verfügung gestellt.

Nun aber saß ich nicht so bald über diesen jugendlichen Bekenntnissen, als ich auch unwillkürlich zu sichten begann, um aus der Masse von Spreu die wenigen Waizenkörner herauszuschälen. Und als ich endlich neben dem großen Berg von Durchschnittsarbeiten, das kleine Häuflein von »Ausnahmen« glücklich beisammen hatte, da konnte ich nicht umhin, die Frage an mich zu stellen: »Wie wär's, wenn ich aus der Schule plauderte? wenn ich mir erlaubte, diese, obgleich nur unvollkommen zur Darstellung gebrachten Jugenderlebnisse, einem weitern Leserkreis zum Besten zu geben? War nicht jeder einmal jung, daß er an den Leiden und Freuden der Unerwachsenen ohne Interesse vorüber zu gehen vermöchte?«

Genug, ich unternahm's, die teils schon vergilbten, teils noch frischen Blätter zu einem Bändchen zu ordnen; es sei mit herzlichem Gruß der Jugend und ihren Freunden in die Hände gelegt,

Die Verfasserin.

 


 


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