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XVI

Die französischen Herren zu Koblenz langweilten sich. Sie hatten zwar ihr Theater, aber erste Kräfte waren daran nicht tätig; man war von Paris her Besseres gewohnt. Zudem hatte man es satt: den ganzen Winter immer dieselben Frauenzimmer. Das Theater fing an leer zu sein. Dem Präfekten lag daran, seine Herren zu amüsieren. Die Pariser Tänzerin, die beliebte Cecilie Vestris, gastierte seit Monaten in der Provinz herum – jetzt war sie in Metz –, das wäre eine Idee, die nun hierherkommen zu lassen. Seine Herren würden begeistert sein!

Die Tänzerin war nicht gerade sehr erbaut von der Bitte des Präfekten, nunmehr die Stadt Koblenz auch zu beehren. Diese Bitte war, wenn auch verblümt, ein Befehl: als gute Republikanerin hatte sie einfach die Pflicht, ihn in der Ausübung seines Amtes zu unterstützen. Als Bonbon war eine große Gage in Aussicht gestellt. Zudem lockte es sie, zu den schon im Besitz befindlichen Juwelen sich noch einige neue hinzu zu erwerben. Die Tänzerin machte sich auf die Reise. –

Die schöne Vestris lehnte bequem in den Polstern einer geräumigen Reisekutsche. Sie hatte den Reiseschleier, der sie bis an die Augen verhüllte, abgenommen; unterm Bandeau hing das rötlich gefärbte Haar in gedrehten kleinen Löckchen in Stirn und Schläfen, und eine große Locke ringelte sich aus dem griechischen Knoten am Hinterhaupt. Die Tänzerin schaute gleichgültig durchs Fenster und betrachtete aus lauter Langeweile die Mosellandschaft.

Die war selbst bei dieser unfreundlichen Witterung schön. Rechts der Fluß – breite Wellen in einem glatten Stahlgrau dahingleitend –, links schroffe Berge, unten nackt-felsig, oben von dichtem Wald bekrönt. Ab und zu eine Burgruine, kühn und verwegen über einem sich duckenden Dörfchen; weiße Kapellchen zwischen schwarzen Tannen, steile Stationswege, mehr für schwindelfreie Ziegen geeignet als für betende Waller.

Die Tänzerin gähnte: ach, immer dasselbe! Schon Tage und Tage unterwegs, bei Nacht schlechte aubergen mit harten Betten und ungeheizten Stuben und dazu diese ewige, eintönige Fahrt! » Mon Dieu, hätte ich doch diese verwünschte invitation nicht angenommen!« Sie stieß mit den atlasbeschuhten Füßchen ihrer Kammerfrau, die ihr gegenübersaß, in die Schienbeine.

Diese gähnte auch: Madame hatte ganz recht, man hätte diese Fahrt nicht unternehmen sollen. Die Anstrengungen solcher Reise waren das Geringste, dafür war man ja jung, die Jugend spottet aller Anstrengungen! Die Kammerfrau, eine schon recht reife Person, warf sich in die Brust. Aber die Langeweile, oh, diese Langeweile, die war nicht zu ertragen!

Sie gähnten beide um die Wette. Und nicht einmal ein kleines Abenteuer, nicht eine émotion, die zerstreute, kein Kavalier! Auf der ganzen Reise kein Mannsbild, dem es sich verlohnt hätte, auch nur einen Blick zuzuwerfen.

Die schöne Cecilie zog den pelzgefütterten Reisemantel, der ihr von den Schultern geglitten war, fröstelnd über ihrem Busen zusammen, von dem, der Mode gemäß, ziemlich viel unbedeckt war. Ein Schauer lief über ihre samtige Haut. »Wie schön muß es jetzt bei uns in Paris sein, viel wärmer, viel sonniger! Oh, ich Unglückselige!« Sie klagte laut und begann die Hände zu ringen, deren Finger von Ringen funkelten. Jeder Liebhaber hatte das Recht und – die Pflicht, einen Finger mit einem Ring zu schmücken; und da es der Liebhaber viele waren, waren es auch der Ringe viele, sie hatten kaum Platz mehr an den zehn Fingern.

Herrin und Dienerin erschöpften sich in Lamentationen. Fern von Paris zu sein, war schon ein Unglück, aber nun gar hier im Land dieser Barbaren, einem Land, in dem es nur Mannsbilder gab, aber keine Kavaliere – da, ein Ruck. Der Wagen hielt plötzlich an. Lauter Wortwechsel.

Der Kutscher auf dem Bock schrie und peitschte auf die Pferde, der kleine Diener, der neben ihm saß, schrie auch: sie scheinen Streit mit jemand zu haben. Da – ein Knall! Man schoß! Was war das?! Aufkreischend verbarg die Kammerfrau ihr Gesicht mit dem Mantelzipfel.

Draußen plumpten die großen Koffer vom Verdeck der Reisechaise. Die Vestris riß das Fenster hinunter: ihre Koffer, ihre Koffer, was ging mit ihren Koffern vor? Sie reiste mit besonderen französischen Ausweisen und Empfehlungsbriefen, es hatte kein Mensch das Recht, Hand an ihre Koffer zu legen! Sie schrie es in die leere Luft, kein Mensch nahm Notiz von ihrer Entrüstung. Sie sah ein paar Männergestalten, die sich mit ihrem Kutscher herumbalgten. Nun hatten sie den überwältigt. Der Diener stand auch schon da, die Hände zusammengebunden und machte ein weinerliches Gesicht.

» Des brigants, des brigants!« kreischte die Dame.

Da trat ein schlanker Mensch an den Wagenschlag und zog den Hut: » Mille fois pardon, Madame, exkusört! Steigt nur aus, Euch geschieht eweil nix. Mir han gehört, dat Ihr nach Koblenz fahrt – wollt die Freundlichkeit haben, bei uns eso lang zu verweilen, bis dat Euer Kutscher zu Koblenz hinterbracht hat, dat mir Lösegeld verlangen. Zweitausend Franken. Hm« – er betrachtete sie bewundernd – »Ihr wärt auch zwanzigtausend wert. Sitzt wieder auf,« schrie er dann den Kutscher an, »fahrt zu und sagt: zweitausend Franken sind, von heut ab in vier Tagen, zu bringen nach der Kapelle auf dem Reiler Hals, über Dorf Reil. Da legt sie hinters Altärchen. Wird dat Geld aber nit hinterlegt, oder kömmt Polizei, oder wird sonst mit Gewalt wat gegen uns unternommen, so muß die hier dat büßen. Sie stirbt zur nämlichen Stund.« Er legte die Hand auf die Vestris: »Ich schwör et! Hat Er verstanden, wat Er ausrichten soll?«

Der Kutscher hatte verstanden; er hieb voller Angst auf die Pferde.

»Haalt, noch 'n Momang!« Der Bückler warf einen Blick in den Wagen. Da saß noch eine drin, die Kammerfrau, und zitterte. Sie hatte den Mantelzipfel fallen lassen und lächelte süß – es war am besten, sich mit diesem Räuber gut zu stellen – sie machte Miene, herauszukrabbeln. »Bleibt nur sitzen,« sagte der Bückler trocken und schob sie wieder zurück, »Euch brauchen mir hier nit. Der Kleine da, der kann sich noch bei sie setzen.« Er schubste den Diener zu ihr hinein. Und dann: » Allez wit, abgefahren!«

Der Wagen rollte davon.

»Erlaubt, schöne Dame!« Sorgsam legte Johannes Bückler der Vestris den Reisemantel, der ihr herabgeglitten war, fester um ihre Blöße. »Dat Ihr Euch nit verkühlt!« Galant bot er ihr den Arm.

Sie nahm den, sie sagte kein Wort. Das war doch die werkwürdigste von all den merkwürdigen Situationen, in denen sie sich schon befunden hatte! Ihr war gar nicht so angst, wie es vielleicht anderen Frauen in gleicher Lage gewesen wäre. Der Mensch sah durchaus nicht übel aus! Sie warf einen schnellen Blick auf ihn von der Seite, dann vertieften sich Grübchen in ihren zart gepuderten und getuschten Wangen. Ein bildhübscher Mann! Nun hatte sie die Abwechslung, nach der sie sich gesehnt hatte, ein Abenteuer, aber ein gar nicht so kleines. Ihr Herz klopfte nun doch. Ihr Gesicht rötete sich von der frischen Luft, sie setzte tapfer die Füße.

Aber sehr bald wurde sie müde. Ihre Atlasschuhe hielten dem Weg nicht stand. Ein Gehen auf einem Weg war es ohnedies nicht, es war nur ein Klettern über Wurzeln und Felsenschotter. Sie stiegen geradauf einen Berg hinan. Weit unten verschwand die Straße. Wald, Felsen und wieder Wald und weiter gar nichts.

»Wohin führen Sie mich?« Sie sagte es auf französisch.

Er verstand sie nicht ganz, aber er drückte ihren Arm: »Et geschieht Euch nix.«

Hinter ihnen keuchten die beiden anderen, sie hatten die Koffer sich aufgeladen.

Es wurde noch rauher und steiler, für die zarten Schuhe noch unwegsamer. Die Vestris strauchelte, sie konnte nicht mehr, obgleich sie die Zähne zusammenbiß; sie stieß einen tiefen Seufzer aus und blieb stehen. Da hob der Räuber sie auf und trug sie. Leicht legte sie den Arm um seinen Nacken und ließ, lächelnd, sich tragen: oh, es gab doch Kavaliere hier!

*

Das Sommerhaus des Edinger war auch jetzt schon behaglich, obgleich es noch nicht einmal Frühling war. Placken-Klas hatte mit Buchenkloben den Kamin vollgestopft, es war so warm im Raum, daß Cecilie Vestris das Schaudern verging. Das hatte sie doch angeweht beim Eintritt in dies einsame Haus, in dem außer ihr keine Frau war. Nur lauter Männer. Außer dem hübschen Schlanken gingen noch zweie ab und zu, die sahen aus wie borstige Eber, die die Zähne fletschten. Ihre Augen schielten sie an aus verwüsteten, lange nicht vom Barthaar befreiten Gesichtern. Und da war auch noch ein Dritter, der sah nicht so schlimm aus, obgleich er noch armseligere Kleidung trug als die anderen zwei. Er hatte sogar ein gutmütiges Gesicht, mit den Augen eines verdutzten Hammels.

Die Tänzerin war sich vollkommen ihrer Lage bewußt. Was würden ihre Verehrer in Paris sagen, wenn sie dieses Abenteuer zum besten gab! Es gehörte wirklich Mut dazu, hier nicht zu klagen und zu weinen. Die Vestris war ein Kind der Pariser Gosse, sie erinnerte sich auch als große Dame sehr gut daran, wie man mit dergleichen Leuten umgeht. Sie zeigte ihr gefälliges Lächeln und wußte es dem Anführer bald klarzumachen, daß sie nicht von den borstigen Ebern bedient sein wollte, sondern den verdutzten Hammel vorzöge. Und siehe da, der sprach besser Französisch als Deutsch.

Dieser Junge mit der dumm-verwunderten, geduckten Miene war der Bursche Jean-Claude, der damals den Kapitän d'Aubry begleitet hatte auf seinem Ritt über den Reiler Hals. Er hatte seinen Herrn fortschleppen sehen und konnte ihm nicht helfen, selbst wenn er's gewollt hätte. Aber er wollte es gar nicht; d'Aubry war ihm kein guter Herr gewesen, und der Räuber waren sehr viele. Ihm taten sie weiter nichts, sie nahmen ihn aber in ihre Mitte, und er mußte mit, obgleich er ihnen weinend erzählte, daß er zu seiner Mutter nach Hause wollte. Sie lachten ihn aus. Sie dachten gar nicht daran, ihn laufen zu lassen: der könnte sie ja verraten. Und dann: ein gelernter Schneider, ei, den konnten sie gut gebrauchen! Selbst als die anfangs ständige Bewachung sich gelockert hatte, kam Jean-Claude nicht der Gedanke an Flucht. Wohin sollte er auch bei diesem grausamen Winterwetter? Verschneit und verfroren würde er sich verirren auf unbekannten Wegen. Entweder der Bückler fing ihn wieder ein, und er mußte dann schreckliche Martern erdulden, oder er fiel streifenden Gendarmen in die Hände. Und davor hatte er die größte Angst: die würden ihn der französischen Militärbehörde ausliefern. Er hatte einmal einen Deserteur erschießen sehen – ach, er kam dann nimmermehr heim zur Mutter! So flickte er denn Wämser und Hosen und war der geduldige Prügeljunge.

Hier spielte er aber auf einmal eine Rolle. Bückler bediente sich seiner als Dolmetsch, denn es haperte mit seinem Französisch ebensosehr wie mit dem Deutsch der Französin. Nur beider Augen sprachen verständlich, und als die Dame ihn ums Kinn streichelte und mißbilligend dabei den Kopf schüttelte und das Näschen rümpfte, beorderte er sofort Jean-Claude, ihm den Bart ratzekahl abzuscheren. Als er dann mit seinem glatten hübschen Gesicht vor die Dame trat, spitzte sie die Lippen; er erlaubte sich's, einen Kuß daraus zu drücken.

Des Hannes leicht entzündliches Herz brannte lichterloh; so ein Püppchen hatte er noch niemals unter den Fingern gehabt. Noch war er behutsam, solch eine, schön wie ein gemaltes Altarbild, mußte man mit Vorsicht anfassen. Er tat sich an, so fein er konnte; der hellblaue Rock hatte zwar Flecken, und die gestreifte seidene Weste schlotterte ihm ein wenig – die merkte den hungrigen Winter –, aber die schmiegsame gelbe Hose saß ihm noch um die Beine wie eine Haut. Er betrachtete sich wohlgefällig. Den Brillantring des d'Aubry konnte er leider nicht mehr an den Finger stecken, den hatte er verkaufen müssen, als die Julie niederkam, aber er hatte noch eine Châtelaine, die bammelte ihm jetzt auf dem Bauch, und so konnte er sich wohl sehen lassen als Kavalier. Er machte lange Toilette in der Schlafkammer, die einen Spiegel am Mauerpfeiler enthielt und das Ehebett, in dem der Edinger, trotzdem es sehr weich und bequem war, wohl nicht allzu angenehme Stunden hinter dem rosengeblümten Vorhang verleben mochte.

Jean-Claude half jetzt diesem Herrn, wie ehedem dem Kapitän d'Aubry, sein Gesicht war traurig dabei: der hatte gut lachen und vergnügt pfeifen, der hatte ein schönes Kleid und eine schöne Dame – aber was hatte er? Ach, heim, nur heim zur Mutter! Er stieß einen tiefen Seufzer aus.

Der Bückler wurde aufmerksam, und als er Tränen in des Burschen Augen, den er jetzt so notwendig brauchte, sah, legte er, fast zärtlich, ihm den Arm um den Hals: »Bist en guter Jung, sollste alleweil bei mir bleiben, Schankelod! Solang als ich leb. Wenn ich erst en Schlößche han, wirst du Schloßverwalter!«

Das Herz fiel dem Jean-Claude in die Hosen – alleweil bei dem bleiben, solang der lebte?! Oh, da sei Gott vor! Er betete ein heimliches Stoßgebet.

Johannes Bückler hatte mit dem feinen Gewand, das er lange nicht Gelegenheit gehabt hatte zu tragen, auch wieder all seine Kallenfelser gute Laune angezogen und den alten Übermut. Ha, wenn jetzt der Frühling kam und die Wälder dicht wurden, dann gab's Beute genug, dann blühte sein Weizen wiederum auf der Straße! Und sie hatten gut suchen nach ihm, sie fanden ihn nicht. Bis dahin saß er beim Edinger sicher. Alle Sorgen waren auf einmal wie weggewischt von seiner Stirn; selbst die Gedanken an seine Julie, aus deren Armen er noch vor wenigen Tagen sich so schwer gerissen hatte, waren ausgelöscht. Die saß ganz gut bei der Alten, die sollte nur fein sein Hänneschen hüten; er saß jetzt bei einer so Schönen und Feinen, daß all sein Sinnen und Bemühen darauf gerichtet sein mußte, der zu gefallen.

Er wußte, was sich ziemte für einen Galan. Er schickte Jean-Claude zu ihr hinein und ließ anfragen, ob es ihr genehm sei, wenn er ihr seine Aufwartung mache und ein wenig schwätze mit ihr am Kamin. –

Der Edinger hatte seinen Schützling wohl versehen. Er hatte den vor drei Tagen im Haus empfangen und ihm gezeigt, wo das Weinfaß im Keller lag, und was er ihm alles zugetragen hatte an Brot, Würsten, Speck und sonstigen Vorräten. Ein paar Butteln Schnaps fanden sich auch noch, die gut versteckt waren, aber Placken-Klas hatte sie doch aufgespürt. Backenbart-Toni hatte gestern ein Reh abgeknallt; die Leber, mit Tannennadeln gespickt, hatten sie gleich gegessen, nun sollte heute der Ziemer dran.

Jean-Claude hantierte in der Küche als Kochfrau; angestrengt dachte er nach, wie seine Mutter das Kochen gemacht hatte. Backenbart-Toni schnitt Speck in Streifen, der Rehrücken mußte gespickt werden; mit seinem Messer bohrte er die Speckstückchen ins Fleisch und leckte sich dabei jedesmal über die Finger. Placken-Klas kniete vorm Ofenloch und pustete mit aufgeblasenen Backen. Draußen im Freien ein Feuerchen anzumachen, das verstanden sie besser, hier innen mit dem Herd zurechtzukommen, das fiel ihnen schwer. Endlich brannte der Küchenofen, und nun schmorgelten und brieten sie und leckten und versuchten, nicht nur wie drei, nein, wie sechs Köche. Jeder wußte es besser, und zuletzt geriet Placken-Klas so in Wut, daß er dem Toni den Eierfladen mitsamt der Pfanne in den Backenbart schmiß.

Es war ein sehr leckeres Mahl, das sie auftischten. Die beiden nun wieder Versöhnten schmausten in der Küche, Jean-Claude aber bediente die beiden drinnen.

Mit ernsthaft unbeweglicher Miene, so wie er es bei feinen Dienern gesehen hatte, servierte er; und wenn die Herrschaften zugelangt hatten, dann stand er hinterm Stuhl und wartete stumm.

Bückler ließ einen Krug Wein nach dem anderen aus dem Faß holen. Die Französin war an süßeren Wein gewöhnt, aber nun nahm sie auch mit diesem fürlieb. Sie tat wacker Bescheid. Ihre Augen, die doch ein bißchen unsicher geblickt hatten, verloren jetzt alles Scheue. Als Hannes seinen Teller an die Lippen führte und mit Genuß die Soße schlürfte, tat sie desgleichen. Und als er mit zwei Fingern einen besonders guten Happen aus der Schüssel fischte und ihr den in den Mund steckte, schnappte sie zu und hielt Bissen und Finger fest mit scharfen Zähnchen.

Jean-Claude staunte: waren die schon gut Freund!

Die Tänzerin bemerkte sein Erstaunen, sie lachte hell, und dann zog sie den verdutzten Hammel am Ohr. Der Bursche grinste. Nun lachten sie alle drei, und zwar so schallend, daß sie nicht hörten, wie draußen am Haus einer die Nässe sich von den Schuhen stampfte.

Der Edinger war es; er war in der Dämmerung heimlich heraufgewandert, um einmal nach seinem Schützling zu sehen. Er hatte sich vorbereitet auf ein eingehendes Gespräch und sich einen passenden Text zurechtgelegt: den von dem reuigen Sünder, der eher in den Himmel kommt als der Reiche, dem das so schwer wird, wie es einem Kamel schwer wird, durch ein Nadelöhr zu spazieren. Nun wollte er dem Bückler, um den es ihm wirklich leid war, lange und eindringlich ins Gewissen reden. Schon außen unterm Zimmerfenster hörte er das schallende Lachen. Er traute seinen Ohren nicht: kann einer so vergnügt sein, der wie ein Einsiedler in Reue und Zerknirschung sitzt? Als er in den dunklen Flur tappte, hörte er auch in der Küche Lachen und Singen. Was ging hier vor?

Er öffnete jetzt fast ängstlich und ganz leise die Tür zum Sälchen. Was, sah er recht?! Da saß der Bückler, fein angetan im hellblauen Rock wie ein Edelmann, und hatte ein Weibsbild auf seinem Schoß. Das hatte ihm den Arm um den Hals geschlungen und hatte ein Gewand an von so dünnem Stoff, daß es gleichsam war, als deckten Busen und Beine nur durchsichtiger Flor. Und jeder von den zweien hielt ein Glas in die Höhe, und sie klingelten damit aneinander, und gerade, als er über die Schwelle trat, tranken sie's aus auf einen Guß und schmissen die Gläser über den Kopf weg, hinter sich, so daß die klirrenden Splitter die Mäuse schreckten. Und dann küßten sie sich.

»Bückler, Johannes!« Es war wie ein Schreckensschrei.

Aber der Hannes war kein bißchen erschrocken und kein bißchen verlegen. Er winkte dem Jean-Claude, der wie ein Ölgötze, die Augen rund und das Maul offen, in einem Winkel stand: »Bring neue Gläser! Für den Edinger auch 'n Glas. Und dann wat zu trinken!« Voller Eifer zerrte er seinen Gönner heran an den Tisch. Er zerdrückte ihm schier die Hände. »Dat is recht, dat Ihr nach mir kucken kommt!« Er war wirklich herzlich erfreut. Und nun sollte der gute Mann, der das garstige Weib hatte, sich's auch einmal recht pläsierlich ergehen lasten.

Der Edinger kam gar nicht zu Wort. Als sei alles so in der Ordnung, so erzählte ihm der Bückler den ganzen Spaß; er lachte sich halbtot dabei, verhaspelte sich vor Lachen und Eifer und lachte wieder, nicht ganz nüchtern mehr. Und die Schöne, die von seinem Schoß geglitten war und sich setzt dicht neben den Edinger setzte, hatte auch einen Schwips.

So rot dem Bückler Stirn und Wangen glühten, so blaß wurde der Edinger. Maria hilf! Heiliger Joseph! Was hatte er sich da für eine Suppe eingebrockt. Seine Frau prügelte ihn, wenn die das hörte. Und, o weh, die Gendarmen, wenn die nun kamen und ihn als Mitschuldigen aufgriffen! Schon sah er sich gefesselt und abgeführt.

»Du Satansbraten, du Höllenbrut,« erhob er die Stimme gegen den Hannes, »schämst du dich nit, hei in meinem Haus mit deinen Menscher?! Ich will nix mehr von dir wissen, mach, dat du –«

Da legte sich eine zarte Hand auf seinen eifernden Mund, und die Schöne, die ihm so dicht saß, daß er's durch den Flor ihres Gewandes warm und weich verspürte, sagte schmollend: »Nix bös, immer lustick!« und fuhr ihm schmeichelnd mit ihren Fingerchen dann ums stoppelige Kinn. So hatte ihn noch keine gestreichelt. »Eia, eia«, machte die lächelnde Schöne und ließ nicht ab. Und von der anderen Seite rückte der Hannes nah und fing auch an zu streicheln: »Seid doch nit eso bös!«

Sie schmeichelten dem Alten. Und da die Gläser entzwei waren und andere nicht mehr vorhanden, so brachte Jean-Claude steinerne Krüglein, wie man sie sonst hat, um Sauerwasser zu trinken, und schenkte gehorsam in die ein. Da dachte der Edinger: die sollen doch meinen Wein nit all' allein aussaufen, und trank deshalb wacker mit.

Er war rasch aufwärts gestiegen und von der Märzluft trocken im Halse geworden, hastig schüttete er das erste Krüglein hinunter, und sieh da, es dünkte ihm auf einmal alles so seltsam nicht mehr und auch nicht mehr sündhaft. Er zog den Mund in dem Ledergesicht in freundliche Falten. Kaum sah das die Schlaue, so klatschte sie in die Hände: »Er lustick, er lustick!« Und, wutsch, ehe er entsetzt aufspringen konnte und abwehren mit beiden Händen, stand sie auf seinen Knien und von da auf dem Tisch.

»Trallala, trallala!« Die Tänzerin hob die Füße und trällerte sich was, sie stellte sich ganz auf die Spitzen, und dann gab es einen Wirbel, nur auf dem rechten Bein sich stützend und das linke um sich herum schlenkernd, als wäre das gar nicht festgewachsen, sondern hinge lose in einem lockeren Scharnier.

Dem Edinger blieb der Atem weg. So etwas hatte er noch niemals gesehen. Und Beine hatte das Frauensmensch, gerade wie Kerzen und biegsam wie Weidenruten und wie Marmel so weiß!

Der Hannes war auch begeistert: das erinnerte ihn an seines Julchens allerbeste Zeit. Aber die hier konnte es noch tausendmal besser, und sie war auch tausendmal schöner. Beifalljubelnd klatschte er in die Hände. Wenn man nur Musik dazu hätte! »Muhsik, Muhsik!«

Vom Beifallsgeschrei angelockt, kamen die zwei aus der Küche: der Hauptmann war wohl ganz toll geworden? Sie streckten ihre rotgedunsenen Gesichter zum Türspalt herein und grinsten: Kreizknippchen noch emal, die hatte ja eigentlich gar nichts an, aber es stand ihr gut!

Die auf dem Tisch war wie ein Irrwisch, bald hoch in der Luft, bald zwischen Schüsseln und Krügen, und immer so zierlich, ohne etwas herunterzuwerfen oder nur anzustoßen.

»Muhsik, Muhsik!« Nun schrie es auch der Edinger mit, die Augen quollen ihm aus dem Kopf, das Wasser lief ihm im Munde zusammen.

Da rannte Placken-Klas und holte zwei kupferne Deckel, mit denen klapperte es sich recht hübsch, und Backenbart-Toni pustete seine Backen auf und parpte und posaunte wie ein ganzes Orchester. Der Bückler pfiff und klatschte in die Hände dazu, und der Edinger, der auch nicht zurückbleiben wollte, hatte seinen Stuhl hoch gehoben und stieß den nun immer taktmäßig auf den Boden mit aller Kraft. Es war ein Höllenspektakel.

Die auf dem Tisch schien Atemlosigkeit nicht zu kennen und auch nicht zu wissen, was Müdigkeit ist. Sie war ein Vogel, der fliegt, eine Schlange, die windet, ein Schwärmer, der schwirrt, ein Ball, ein Kreisel; sie gab eine Probe ihrer Kunst, wie sie sie nie besser gegeben hatte vor Tausenden auf dem Theater. Hier tanzte sie freiwillig, hier war sie wie losgelassen, hier hatte sie auf nichts anderes zu achten, hier suchte ihr Blick nur den jungen Schlanken. Der streckte die Arme nach ihr. Und mit einem Schrei – halb in Triumph und halb in Verlangen – sprang sie herab, ihm gerad in die Arme hinein.

Der Edinger stieß sein Musikinstrument so heftig auf, daß die Beine zusammenkrachten; die Trümmer des Stuhls lagen am Boden. Das war ihm doch außerm Spaß, daß die zwei da sich jetzt so umhalsten, als wäre kein anderer Mensch noch dabei. Eine gottlose Frechheit! »Sodom und Gomorra« wollte er schreien; da war's auch so gewesen. Aber es wurde ihm grün und gelb vor den Augen, übel vor lauter Neid – oder hatte er zu hastig getrunken? Ihm schwindelte, er brachte kein Wörtchen heraus, er sank auf den nächsten Stuhl, und Jean-Claude mußte ihn stützen.

Als der Edinger wieder klar blickte, waren die beiden verschwunden; bei ihm am Tisch aber saßen zwei ruppige Gesellen, die ihm einschenkten und ihn trösteten: »Trink, Bruder, trink!« Und er trank aus lauter Zorn über den Bückler, der sich mit der Schönen davongemacht hatte, und aus Kummer, daß er nun seine Rede vom Armen und Reichen und dem Kamel und dem Nadelöhr nicht halten konnte. Aber vielleicht war die auch hier angebracht? Er besah sich die ruppigen Tischgenossen, da überlief ihn ein Schaudern: wenn die ihn nun hier abmurksen würden?

Er brauchte keine Angst zu haben, die beiden waren ganz friedlich. Sie sagten immerfort »Prost« und fühlten sich stolz wie Könige in dem warmen Sälchen und an der besetzten Tafel. Der Wein ging zur Neige. Jean-Claude stieg in den Keller, aber das Fäßchen war geleert und auch schon die verborgenen Schnapsbutteln. Die beiden Genossen bedrängten den Edinger: er hatte gewiß noch etwas versteckt, heraus damit!

Es blieb ihm nichts anderes übrig, er ließ sich hinab in den Keller führen; alle drei begleiteten ihn. Da zeigte er ihnen denn die Stelle an der Wand, dahinter er seine köstlichste Kreszenz, aus Angst vor den Franzosen, eingemauert hatte wie eine Nonne. Placken-Klas donnerte gegen die Wand mit einer Axt, daß die Brocken flogen, Mörtel und Sand spritzten. Bald gähnte die Höhlung, das Fäßchen lächelte die Gierigen an.

Und nun gaben sie sich der Köstlichen hin mit einer Inbrunst, die ihresgleichen suchte. Aus der Verzweiflung, mit der Joseph Edinger trank – alles wollte er doch anderen nicht lassen –, war bald eitel Verzückung geworden. Er spitzte die Lippen, schlürfte mit seligem Augenverdrehen und hatte binnen kurzem ganz vergessen, wo und mit wem er trank. Er hatte zwar in einem lichten Augenblick noch einmal an seine Rede gedacht und versucht, die an den Mann zu bringen, mit Stottern und Schlucken gelang es ihm aber nur bis: »Es ist leichter, daß ein Kamel« – da hielten Placken-Klas und Backenbart-Toni ihm grölend den Mund zu und huben mit Liedern an, die er sonst mit Entsetzen von sich gewiesen hätte. Heute stimmte er mit ein, und da er den unflätigen Text nicht wußte, sang er immer: »Lala – lalala.« Und wurde so gerührt über den schönen Gesang, daß er unter Schluchzen erst den einen, dann den anderen umarmte. Es dauerte nicht lange, so lagen sie alle drei freundschaftlich umschlungen unter dem Tisch und schnarchten.

Längst war die Talgkerze auf der Tafel zum niedergebrannten Stummel geworden, der stinkend verlosch; dann hatte der Mond Licht durchs Fenster gegeben, bis auch er schlafen gegangen war. Jean-Claude hockte auf einem Schemel beim ausgebrannten Kamin, den Kopf auf der Brust, und druselte. Plötzlich schlug er die Augen auf – ein rosiger Finger hob sich hinter dem Fenster, pochte da und rührte ihn an die Schläfen: »Wach auf!« Strahlende Morgenröte. Und draußen begann ein Schilpen und Zwitschern, als grüßte das ganze Vogelheer einen Vorfrühling.

Jean-Claude hatte nur wenig zu trinken bekommen, ein einziges Krüglein; er war gleich hell-wach, und sein Kopf war ganz klar. Leise stand er auf. Er hätte nicht so vorsichtig zu treten brauchen, selbst ein Donnern hätte die drei nicht erweckt. Auch niemand anders hörte ihn. Er ging in den Flur und trat vor die Haustür.

Welch ein Morgen! Über Nacht war der Winter davongeschlichen, Wind wehte aus Süden, Eiskristalle waren fließende Tränen geworden, und allen Schnee, der noch herumgelegen, hatte die Erde verschluckt. Nach dem Dunst des Trinkzimmers erquickte ihn sanft-frische, erdduftende Luft. Die Vögel des Waldes lärmten, sie schrien laut: »Jetzt kommt der Frühling!«

War das wirklich so? Jean-Claude hob die Augen. Waldtauben, Spatzen und Häher, Meisen, Kreuzschnäbel und rotbrüstige Finken saßen überall auf den Zweigen herum, und da, hinter den Tannen, tauchte jetzt ein lang nicht gesehenes und doch altvertrautes Gesicht freundlich und hell auf: die liebe Sonne.

Es war dem Burschen, als stieße ihn etwas vorwärts und zöge ihn schnell. Und nun wußte er auf einmal: jetzt war's an der Zeit, sich davonzumachen, seine Stunde, die war nun gekommen. Heim zur Mutter, zur Mutter! Und er rannte blindlings, ohne noch etwas zu überlegen, ohne sich Wegzehrung mitzunehmen, wie ein Toller davon – der Straße, der Straße zu!

*

Jean-Claude war noch nicht lange nach rechts gelaufen, als von links her eine Frau dem Hause zustrebte. Sie ging langsam und müde, aber doch war Ungeduld in ihrem Schritt.

Um drei Uhr morgens war Julie Blasius aufgebrochen, sie hatte erst noch einmal das Hänneschen getränkt, alles Weitere würde die alte Frau schon besorgen. Von dem letzten Zusammensein mit ihrem Krämer-Jakob hatte sie nicht die Freude gehabt, die sie sich versprochen hatte, auch war eine große Unruhe in ihr zurückgeblieben: liebte er sie auch wirklich noch so? Es war ihr gleich hernach in den Sinn gekommen, als sie faul und verdrossen bei der Wiege saß: nun ist er dir so nah, daß du ihn doch bald einmal besuchen könntest, das Haus im Wald findest du schon. Er hatte es ihr beschrieben. Wenn sie mit dem Morgenrot auszog, konnte sie mit dem Abendrot wieder beim Hänneschen sein.

Wenn sie es sich nicht so herrlich ausgemalt hätte, ihren Hannes noch im Morgenschlummer zu überraschen, so wäre es ihr doch nicht geglückt, den Weg in den paar Stunden zurückzulegen. Aber wenn sie nun an sein Bett trat – er hatte da gewiß ein warmes und weiches –, sich über ihn beugen konnte: »Hannes, ich bin's, dein Julchen«, dann war alle Anstrengung vergessen. Placken-Klas und Backenbart-Toni, die er hatte mit sich nehmen wollen, die kannten sie gut, denen würde sie gebieten: »Pst, still!«

Sie verwunderte sich, daß niemand sie aufhielt. Das war doch mehr als leichtsinnig, wenn auch niemand den Bückler im verlassenen Sommerhaus glaubte, so ohne jede Wache zu schlafen.

Der Eingang stand sperrangelweit offen, Totenstille im Haus. Sie lief geradezu, klinkte auf – nun war sie im Saal. Da lagen dreie am Boden. Erst kriegte sie einen großen Schreck, dann sah sie: die waren betrunken.

Aber wo war der Hannes, ihr Hannes? Das Herz klopfte ihr voll heißer Ungeduld, sie konnte es gar nicht erwarten. Vielleicht nebenan! Sie klinkte auch diese Tür auf. Halbdämmer im Zimmer.

»Hannes?« sie sagte es zärtlich fragend. Ein großes Bett, ein rosageblümter Vorhang – und jetzt ein gellender Aufschrei der Überraschung und Wut. Sie sprang auf das Bett zu, unbezähmt wie eine wilde Katze – was, den Bart hatte er sich nun doch abgeschoren, gewiß der da zuliebe?! – sie riß den fest Schlafenden von der Seite der anderen weg und bearbeitete ihn mit ihren Fäusten.

*

Den Tag hatte sich die Julie anders gedacht und auch ihren Heimweg. Finster, das Gesicht hart und blaß, trieb sie den Mann vor sich her. Der mußte mit. Sie hatte ihm nur so viel Zeit gelassen, wieder das Wams des Krämer-Jakobs anzuziehen und das Tabulett umzuhängen. Die wilde Wut, in der sie ihn geprügelt und das Weibsbild an seiner Seite gekratzt hatte und gerauft, daß ihr die Locken flogen, war umgeschlagen in eine eisige Entschlossenheit. So etwas kam ihr nicht noch einmal vor. Jetzt blieb sie bei ihm, überall und immer und ewig!

Er wagte gar nicht, sich zu wehren: ja, er sah es ein, die Julie war die beste, die einzige. Nur, als sie ihn aufforderte, der »Französ'schen« die Ringe abzuziehen, die ihr an den Fingern funkelten, erlaubte er sich einen Widerspruch. Aber der half ihm nichts, die Julie blieb dabei.

Wenn Hannes nun unterwegs ein Wort versuchte, so warf sie ihm nur einen Blick zu, der ihn wieder völlig einschüchterte. Er, der sonst so Kecke, der Sieger bei allen Weibern, war heute, der Julie gegenüber, ein erbärmlicher Wicht. Er boste sich selber darüber, und er überlegte im stillen, wie er es nur anfangen sollte, sie zu versöhnen. Das war ihm augenblicklich das wichtigste und dringender zu bedenken, als was aus denen da oben wurde, die er zurückließ. Placken-Klas und Backenbart-Toni würden sich, wenn sie ihren Rausch ausgeschlafen hatten, schon mit dem Schankelod verziehen, und was dann aus dem schönen Weibsbild wurde, das ihm nach dieser gewaltsamen Ernüchterung übrigens nur halb so schön mehr erschien, das würde sich finden. Er selber durfte sich ja nicht mehr vor der sehen lassen. Nun galt es nur noch, die 2000 Franken aus der Reiler-Hals-Kapelle zu holen. Und das würde am sichersten und am schlausten die Julie tun. Wenn sie nur wieder gut sein wollte mit ihm!

Er wälzte unlustige Gedanken. Stumm und mißmutig zogen sie ihre Straße dahin, die Vorsicht, nicht gesehen zu werden, ganz außer acht lassend. Erst, als sie unweit von sich auf der Straße einen Trupp Reiter bemerkten, der sich auf sie zu bewegte, Uniformen im Sonnenschein blinkern sahen und Flintenläufe, wurden sie aufmerksam.

» Halte-là!« Galt das ihnen? Ein Schuß fiel.

Wie gejagte Tiere setzten sie ins Gebüsch. Unwillkürlich griff Julie nach der Hand des Hannes. Und nun liefen sie wieder vereint.


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