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XVII.

Worin die wunderbare Feuerkugel und ein Passagier des »Mozik«, dieser mit einem Passagier des »Oregon« und jene mit der Erde zusammentreffen.

 

Grönland bedeutet »Grünes Land«. »Weißes Land« wäre richtiger gewesen für das mit Schnee bedeckte Land. Es kann seinen Namen nur durch eine leise Ironie seines Taufpaten, Erik des Roten, eines Seefahrers im 10. Jahrhundert, erhalten haben, der wahrscheinlich ebensowenig rot war, wie Grönland grün ist. Jedenfalls hoffte dieser Skandinave durch jene Namensgebung seine Landsleute nach der »grünen« hochnördlichen Gegend anzulocken. Gelungen ist ihm das freilich kaum. Kolonisten haben sich nicht viele durch den verlockenden Namen bestechen lassen; auch heute übersteigt die Bevölkerung, alle Eingebornen mitgerechnet, noch nicht zehntausend Seelen.

Man wird zugeben müssen, daß, wenn irgend ein Land ungeeignet erschien, die Feuerkugel im Werte von fünftausendsiebenhundertachtundachtzig Milliarden geschenkt zu bekommen, so war das Grönland, und dieser Gedanke mochte wohl mehr als einem von den vielen Passagieren kommen, die reine Neugier jetzt nach Upernivik getrieben hatte. Wäre es diesem Meteor nicht ebenso bequem gewesen, ein paar hundert Lieues weiter südlich auf die großen Ebenen der Dominion oder der Vereinigten Staaten zu fallen, wo man es hätte viel leichter finden können? Nein, es mußte gerade im unwegsamsten und ungastlichsten Lande der Erde sein, wo dieses denkwürdige Ereignis eintreten sollte!

Übrigens ließen sich hierfür mehrere Präzedenzfälle anführen, denn in Grönland sind schon wiederholt Meteore niedergefallen. Auf der Insel Disko z. B. hat Nordenfkjöld drei Eisenblöcke gefunden, die jeder vierundzwanzig Tonnen wogen, unzweifelhaft Meteoriten, die jetzt in einem Stockholmer Museum aufbewahrt werden.

Ein Glück war es nur – wenn I. B. K. Lowenthal sich nicht geirrt hatte – daß die Feuerkugel eine halbwegs zugängliche Gegend für ihren Fall gewählt hatte, und das obendrein im Monat August, wo die Temperatur hier den Gefrierpunkt überschreitet. Zu dieser Jahreszeit rechtfertigt die Natur, wenigstens an manchen Stellen, die ironische Bezeichnung »Grünes Land«, die diesem Teile der Neuen Welt gegeben worden war. In den Gärten wachsen dann einige Gemüsearten neben gewissen Gramineen, während der Botaniker im Innern nur Moose und Flechtenarten sammeln kann. Die Schneeschmelze legt an manchen Uferstrecken auch Weideflächen bloß, was wenigstens eine geringfügige Viehzucht ermöglicht. Von hundertköpfigen Ochsen- und Kuhherden ist dabei natürlich keine Rede, dagegen sieht man mehr recht gut gediehene Hühnervölker und Ziegen und außerdem viele Renntiere und ganze Herden von Hunden.

Nach zwei bis drei Sommermonaten stellt sich aber plötzlich der Winter wieder ein, der Winter mit seinen endlosen Nächten, seinen rauhen, aus dem Polargebiete herunterfegenden atmosphärischen Strömungen und mit seinen furchtbaren Schneestürmen. Über den Panzer, der den Erdboden bedeckt, wirbelt dann eine Art grauer Staub, Eisstaub genannt, dahin, jener Kryokonit voller mikroskopischer Pflanzengebilde, wovon Nordenskjöld die ersten Proben sammeln konnte.

Daraus, daß das Meteor nicht im Innern des großen Landes niederfallen sollte, folgte jedoch nicht, daß sein Besitz Grönland gesichert wäre. Upernivik liegt nicht nur am Rande des Meeres, sondern ist an allen Seiten vom Meere umgeben. Es bildet eine Insel inmitten eines Archipels mit zahlreichen Eilanden, die längs der Küste verstreut sind, und diese Insel von kaum zehn Lieues Umfang bildete für ein Geschoß aus dem Luftmeere doch wahrlich nur eine sehr kleine Scheibe. Traf es diese nicht mit mathematischer Genauigkeit, so verfehlte es das Ziel und die Wasser der Baffinsbai würden sich über ihm schließen. In dieser hochnördlichen Gegend ist das Meer aber sehr tief; erst bei zwei- bis dreitausend Metern erreichte die Sonde dessen Grund. Nun versuche man einmal, aus einem solchen Abgrunde eine fast neunhunderttausend Tonnen schwere Masse aufzufischen!

Diese Möglichkeit machte Herrn von Schnack auch recht ernste Sorge und er hatte seine Unruhe wiederholt gegen Seth Stanfort ausgesprochen, zu dem er während der Reise in etwas nähere Beziehung getreten war. Gegen jene Gefahr ließ sich nun leider nichts tun, man hatte sich nur einfach auf die Berechnungen des gelehrten I. B. K. Lowenthal zu verlassen.

Das Unglück, das Herr von Schnack befürchtete, erschien Francis Gordon und Jenny Hudelson im Gegenteil als die beste Lösung. Nach dem Verschwinden der Feuerkugel hatten die beiden Männer, von denen ihr Glück abhing, alle Ansprüche, selbst den, dieser ihren Namen zu geben, unwiderruflich verloren. Das wäre ein großer Schritt zu der so ersehnten Aussöhnung gewesen.

Daß diese Weise der zwei jungen Leute, die Sache anzusehen, von den vielen Passagieren des »Mozik« und auf dem Dutzend von Schiffen anderer Nationen, die jetzt vor Upernivik vor Anker lagen, geteilt würde, möchte wohl anzuzweifeln sein. Diesen kam es ja darauf an, etwas zu sehen, nur deshalb waren sie hierhergekommen.

Nächtliches Dunkel war es auf jeden Fall nicht, das die Erfüllung ihres Wunsches vereiteln könnte. Vierundzwanzig Tage lang, zur Hälfte vor und zur Hälfte nach dem Sommersolstitium, geht die Sonne in dieser Breite weder auf noch unter. Das versprach also die besten Aussichten, bei der Erscheinung des Meteors alles klar und deutlich beobachten zu können, wenn dieses, entsprechend den Versicherungen I. B. K. Lowenthals, wirklich in der Umgebung der Station niederfiel.

Gleich am Tage nach der Ankunft verstreute sich eine aus sehr verschiedenen Elementen bestehende Menge zwischen den wenigen Holzhäuschen Uperniviks, auf deren größtem Grönlands weiße Flagge mit dem roten Kreuz im Winde flatterte. Noch nie hatten die Grönländer und die Grönländerinnen eine solche Menschenmenge auf ihrer weltfernen Insel zusammenströmen sehen.

Die Grönländer, vorzüglich die der Westküste, zeigen einen recht merkwürdigen Typus: klein, höchstens mittelgroß, untersetzt, kräftig gebaut, mit kurzen Beinen und feinen Händen und Gelenken, gelblicher Haut, einem breiten, platten Gesicht, dem die Nase fast zu fehlen scheint, mit braunen, schmal geschlitzten Augen und schwarzen, groben, über das Gesicht hereinfallenden Haaren ähneln sie einigermaßen den Robben, deren sanften Gesichtsausdruck sie ebenso haben wie ihr nützliches Fettpolster, das sie gegen die Kälte schützt. Die Kleidung ist für beide Geschlechter die gleiche: Stiefel, Beinkleider und »Amaout« oder Kapuze. Die in ihrer Jugend nicht ungraziösen und etwas lachlustigen Frauen binden die Haare zu einem hohen Schopfe auf, behängen sich mit modernen Stoffen und putzen sich mit vielfarbigen Bändern. Die früher sehr beliebte Mode der Tätowierung ist unter dem Einfluß der Missionare abgekommen, dagegen haben diese Volksstämme ihre große Vorliebe für Gesang und Tanz, ihre einzigen Zerstreuungen, unvermindert bewahrt. Als Getränk dient ihnen nur Wasser, als Nahrung das Fleisch von Robben oder wilden Hunden, ferner Fische und Beeren mancher Algen. Im ganzen ein trauriges Leben, das diese Grönländer führen.

Die Ankunft einer solchen Zahl von Fremden auf der Insel Upernivik erregte bei den wenigen hundert Eingebornen, die sie ständig bewohnen, die größte Verwunderung, und als sie die Ursache dieses Andrangs erfuhren, erhöhte das natürlich nur ihr Erstaunen. Die armen Leute wußten den Wert des Goldes recht gut zu schätzen. Das unvermutete reiche Geschenk sollte nur leider nicht ihnen gehören. Wenn die Milliarden auf den Erdboden niederfielen, würden sie ja nicht ihre Taschen füllen, und der grönländischen Tracht, die aus begreiflichen Gründen nicht dieselbe wie die der Polynesier ist, fehlt es daran keineswegs. Diese Milliarden würden in den Tresoren der Regierung verschwinden, woraus sie doch kein Mensch wieder hervorkommen sah. Immerhin durften sie der »Geschichte« nicht gleichgültig gegenüberstehen, es konnte doch niemand wissen, ob dabei nicht auch etwas für das Wohlergehen der armen Grönländer heraussprang.

Wie dem aber auch sein mochte, es wurde nun schon hohe Zeit, daß es zur Abwicklung dieses »Geschäftes« kam.

Wenn jetzt noch weitre Dampfer eintrafen, würde der Hafen von Upernivik sie nicht mehr aufnehmen können. Anderseits ging es schon stark auf den August, und die Schiffe konnten sich in der hiesigen so hohen Breite nicht mehr lange aufhalten. Mit dem September hält schon der Winter damit seinen Einzug, daß er Eismassen aus den Meerengen und Kanälen des Nordens herabflößt, und die Baffinsbai wird dann sehr bald unwegsam. Da heißt es flüchten, sich aus diesen Gegenden entfernen und das Kap Farewel hinter sich bringen, wenn man sich nicht für sieben bis acht bitterkalte Wintermonate hier einschließen lassen will.

In der Wartezeit machten die unternehmenden Touristen lange Spaziergänge über die Insel. Ihr felsiger, fast ebener Boden, der nur in der Mitte einige unbedeutende Erhöhungen aufweist, ist für Wanderungen wie geschaffen. Da und dort hat er Ebenen, wo sich über einem Teppich von mehr gelben als grünen Moosen und Gräsern dürftige Büsche erheben, die niemals zu Bäumen werden, einzelne jener verkrüppelten Birken, die noch über dem 72. Breitengrade vorkommen.

Der Himmel war im allgemeinen dunstig und häufig zogen schwere, niedrige Wolken vor auffrischenden östlichen Winden hin. Die Luftwärme überstieg niemals zehn Grad über Null. Die Passagiere fühlten sich auch sehr glücklich, an Bord ihrer Schiffe den Komfort, den ihnen das Dorf nicht hätte bieten können, und ebenso eine Nahrung zu finden, die weder in Godhavn noch an einer andern Küstenstation zu erhalten gewesen wäre.

Fünf Tage waren seit der Ankunft des »Mozik« vergangen, als am Morgen des 16. August noch ein letztes Schiff unweit von Upernivik bemerkt wurde. Es war ein Dampfer, der zwischen den Inseln und Eilanden des Archipels hinglitt und offenbar an der Station vor Anker gehen wollte. Am Top seines Vordermastes flatterte die Flagge mit den einundfünfzig Sternen der Vereinigten Staaten von Amerika.

Ohne Zweifel brachte dieser Dampfer eine weitere Menge Neugieriger nach dem Schauplatze des großartigen meteorologischen Ereignisses. Nachzügler, die immerhin nicht zu spät eintrafen, da die Goldkugel noch immer in der Atmosphäre schwebte.

Gegen neun Uhr des Morgens ließ der Dampfer »Oregon« seine Anker inmitten der Flottille fallen. Von ihm stieß sofort ein Boot ab und setzte einen Passagier ans Land, der offenbar mehr Eile hatte als seine Reisegenossen.

Wie es ein schnell auftauchendes Gerücht verbreitete, war es einer der Astronomen von der Sternwarte in Boston, ein gewisser Mr. Wharf, der sich auf der Stelle zum Vorsteher der Regierung begab. Dieser meldete das wieder ohne Zögern dem Herrn von Schnack, und der begab sich sogleich nach dem kleinen Hause, auf dessen Dache die Nationalflagge wehte.

Allgemeine Spannung. Sollte die Feuerkugel sich vielleicht von der Zuschauermenge wegschleichen, sich, dem Wunsche Francis Gordons entsprechend, »französisch drücken« und nach andern Himmelsräumen entweichen?

In dieser Beziehung sollte man bald beruhigt werden. Die Berechnungen I. B. K. Lowenthals hatten diesem zuverlässige Schlüsse erlaubt, und Mr. Wharf hatte die lange Fahrt nur unternommen, um als Vertreter seines hierarchischen Vorgesetzten dem Falle der Feuerkugel beizuwohnen.

Jetzt war der 16. August. Nur noch dreimal vierundzwanzig Stunden, dann mußte die Feuerkugel auf dem Boden Grönlands liegen.

»Wenn sie nicht im Wasser versunken ist!« murmelte Francis Gordon, der übrigens mit diesem Gedanken allein stand und auch allein dieser Hoffnung Ausdruck gab.

Doch ob die Angelegenheit nun in der oder jener Weise endigte, das konnte vor Ablauf von drei Tagen niemand wissen. Drei Tage sind ja nur wenige, und unter Umständen doch recht viele, vorzüglich hier in Grönland, wo es gewagt wäre zu behaupten, daß man von Zerstreuungen übersättigt würde. Alle langweilten sich also und die müßigen Touristen steckten mit ihrem Gähnen einander an.

Einer von ihnen, dem die Zeit nicht so lang vorkam, war jedenfalls Seth Stanfort. Als entschiedener Globetrotter, der gern dahin ging, wo es etwas Besondres zu sehen gab, war er an Einsamkeit gewöhnt und wußte, wie man sagt, »sich selbst Gesellschaft zu leisten«.

Doch gerade nur zu seinen Gunsten – so ungerecht ist nun einmal das Schicksal – sollte die Eintönigkeit der letzten Wartetage unterbrochen werden.

Mr. Seth Stanfort schlenderte am Ufer hin, um der Ausschiffung der Passagiere des »Oregon« zuzusehen, als er plötzlich beim Anblick einer Dame, die eines der Boote an den Strand setzte, verwundert stehen blieb.

Seth Stanfort traute zwar seinen Augen kaum, er näherte sich dann aber der Dame und sagte in einem Ton, der nur Verwunderung, doch kein Mißvergnügen verriet:

»Mistreß Arcadia Walker, wenn ich mich nicht täusche?

– Ah, Mister Stanfort, antwortete die Reisende.

– Ich hätte wahrlich nicht erwartet, Mistreß Arcadia, Sie auf dieser entlegenen Insel wiederzusehen.

– Und ich Sie ebensowenig, Mr. Stanfort.

– Wie befinden Sie sich denn, Mistreß Arcadia?

– O, ganz ausgezeichnet wohl, Mister Stanfort. Und Sie?

– Sehr gut, vollkommen gut.«

Ohne jede Förmlichkeit begannen sie weiter zu plaudern, wie zwei alte Bekannte, die sich durch einen seltenen Zufall wiederfanden.

Mrs. Arcadia fragte zuerst, während sie die Hand zum Himmel emporstreckte:

»Heruntergefallen ist sie also noch nicht?

– Nein, beruhigen Sie sich, bis jetzt nicht; lange wird's aber nicht mehr dauern.

– Dann werd' ich also doch dabei sein! sagte Mrs. Arcadia Walker sehr befriedigt.

– Ebenso wie ich,« antworte Mr. Seth Stanfort.

Offenbar waren das zwei vornehme Personen, zwei Leute aus der guten Gesellschaft, um nicht zu sagen zwei alte Freunde, die hier die Neugier am Strande von Upernivik zusammengeführt hatte.

Warum hätte es auch anders sein sollen? Mrs. Arcadia Walker hatte in Seth Stanfort zwar nicht ihr Ideal gefunden, vielleicht aber nur, weil dieses Ideal nirgends existierte, da sie ihm ja nirgends begegnet war. Niemals hatte sie der Funke, den man in Romanen »den Blitzschlag« nennt, getroffen, und mangels dieses sagenhaften Funkens war in ihrem Herzen auch nie das Gefühl der Dankbarkeit aufgekeimt, die man etwa für erwiesene Dienste schuldet. Nach einem loyal unternommenen Versuche hatte sie ihre Verehelichung ebenso als einen Mißgriff erkannt wie Mr. Seth Stanfort, und während sie viel Sympathie für einen Mann bewahrte, der zartfühlend genug darauf verzichtete, ihr Gatte zu sein, lebte in diesem die Erinnerung an seine Exgattin fort als an ein intelligentes, originelles weibliches Wesen, das durch den Verzicht, seine Frau zu sein, wirklich vollkommen geworden war.

Beide hatten sich ohne Vorwürfe, ohne Bitterkeit getrennt. Mr. Seth Stanfort war nach seiner, Mistreß Arcadia nach ihrer Seite abgereist. Jetzt hatte sie ihre Laune auf dieser grönländischen Insel wieder zusammengeführt. Warum hätten sie sich da stellen sollen, als ob sie einander nicht kennten? Gibt es etwas Vulgäreres, als sich als Gefangene von Vorurteilen, von törichten Gesellschaftssitten zu betrachten? Nach Austausch der wenigen ersten Worte, stellte sich Mister Seth Stanfort der Mrs. Arcadia Walker, die seine Dienste gern annahm, völlig zur Verfügung, und später war zwischen ihnen von nichts anderem die Rede, als von dem meteorologischen Ereignis, das so bald stattfinden sollte.

Je mehr die Zeit verstrich, desto mehr bemächtigte sich eine Erschlaffung der auf der entlegenen Küste versammelten Neugierigen und vor allem der Hauptinteressierten, zu denen man, außer Grönland selbst, Mister Dean Forsyth und den Doktor Hudelson wenigstens deshalb zählen mußte, weil sie darauf verrannt waren, sich diese Eigenschaft anzudichten.

»Vorausgesetzt, daß er auf die Insel niederfällt!« dachten die Herren Forsyth und Hudelson.

»Und nicht etwa seitwärts von ihr!« dachte der Gouverneur von Grönland.

»Doch nur nicht uns auf den Kopf!« setzten für sich einige Hasenfüße hinzu.

Der 16. und der 17. August verliefen ohne jeden Zwischenfall. Leider wurde das Wetter recht schlecht und die Temperatur sank ganz beträchtlich. Vielleicht das Zeichen eines vorzeitigen Winters. Schon deckte eine Schneehülle die dem Ufer näheren Berge, und wenn der Wind von dieser Seite wehte, war er schneidend kalt und so durchdringend, daß man sich in den Schutz der Schiffsalons zurückziehen mußte. An einen längeren Aufenthalt in diesen Breiten war also nicht zu denken, und nach Befriedigung ihrer Neugier schlugen gewiß alle gern wieder den Weg nach Süden ein.

Vielleicht wollten da die beiden Rivalen, die nun einmal darauf versessen waren, geltend zu machen, was sie ihre Rechte nannten, allein in der Nähe des Schatzes zurückbleiben. Von den beiden Tollköpfen ließ sich ja alles erwarten, und wenn Francis Gordon an seine geliebte Jenny dachte, sah er einem Winteraufenthalte hier mit begreiflicher Angst entgegen.

In der Nacht vom 17. zum 18. August brach ein wirklicher Sturm über den Archipel herein. Zwanzig Stunden vorher war dem Bostoner Astronomen noch eine Beobachtung gelungen, wonach die Geschwindigkeit der Feuerkugel fortwährend abnahm. Die Gewalt des Sturmes war aber jetzt so groß geworden, daß man sich wohl fragen konnte, ob dieser die Feuerkugel nicht aus ihrer Richtung verschlagen würde.

Im Laufe des 18. August trat keine Abnahme der Windstärke ein und die ersten Stunden der darauffolgenden Nacht waren so unruhig, daß die Kapitäne der Schiffe auf der Reede sich ernstlichen Besorgnissen hingaben.

In der Mitte dieser Nacht vom 18. zum 19. August flaute der Sturm jedoch merkbar ab. Das benützten die Passagiere, sich schon des Morgens um fünf Uhr ans Land setzen zu lassen. Der 19. August war ja der für den Fall der Feuerkugel berechnete Tag.

Und richtig: um sieben Uhr vernahm man einen dumpfen, aber so heftigen Krach, daß die Insel davon bis in ihre Grundfesten erzitterte.

Kurz darauf stürzte ein Eingeborner nach dem von Herrn v. Schnack bewohnten Hause. Er brachte die große Nachricht ...

Die Feuerkugel war auf der Nordwestspitze der Insel Upernivik niedergefallen.


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