Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Allgemeines

Bei einer Festlichkeit machte man den Altmeister Goethe mit einer blendend schönen jungen Dame bekannt, die in dem Rufe stand, sehr geistreich zu sein. Man war daher recht erstaunt, als sich Goethe nach kurzer Unterhaltung von der jungen Dame verabschiedete und nicht mehr um sie bekümmerte. Bei einer späteren Anfrage nach dem Grunde seines eigenartigen Verhaltens, gab er die Antwort: mich störte der Fleck, den ich immer wieder, obwohl ich nicht wollte, auf ihrem Kleide sah.

Altmeister Goethe hat wahr gesprochen. Nichts ruft einen so ungünstigen Eindruck hervor, als wenn sich auf irgendeinem Kleidungsstück ein Fleck zeigt. Mit geradezu magnetischer Kraft zieht er die Blicke auf sich, und manch ein hartes Wort fällt später über die Betreffende, die es versäumte, den Fleck rechtzeitig zu beseitigen.

Ein beflecktes Kleid ruft stets den Eindruck von Unsauberkeit hervor und läßt manchen Schluß auf seine Trägerin zu. Darum ist es das Bestreben jedes ordnungsliebenden Menschen, solch einen Fleck möglichst rasch zu beseitigen.

Das ist aber in vielen Fällen leichter gesagt als getan. Es kann vorkommen, daß man in der Absicht, den kleinen Schaden zu beheben, das Gewebe zerstört oder den Fleck noch mehr hervortreten läßt. Darum gehört, will man Flecke beseitigen, eine ganze Menge Wissen dazu, um das rechte Mittel zu finden. Es wäre natürlich sehr einfach, wenn es ein Allgemein-Mittel gäbe, das jeden Fleck zum Schwinden bringt. Aber dergleichen hat man bisher noch nicht gefunden. Jeder Fleck will besonders behandelt sein. Man muß ihm mit Giften, Säuren und Laugen aller Art zu Leibe gehen, damit er weicht. Die Fleckentfernungsmittel sind zum Teil so scharf, daß sie das Gewebe zerstören, und darum darf man niemals sogleich mit einem der später genannten Fleckentfernungsmittel kommen. Man würde dadurch mitunter einen nie wieder gut zu machenden Schaden anrichten, denn ist das Gewebe erst einmal durch Säure zerstört, hilft nichts mehr.

Jedermann, der an die Beseitigung irgendeines Fleckes herangeht, hat erst an einem entsprechenden Stückchen Stoff zu probieren, ob das zur Anwendung gelangende Entfleckungsmittel der Farbe oder der Gewebefaser nichts schadet. Dieser Versuch behütet vor Ärger. Man entfernt einen Fleck auch nicht immer sogleich mit dem kräftigsten der genannten Mittel. Man wählt zunächst diejenigen Ratschläge, von denen man annehmen muß, daß sie dem Stoff am wenigsten schaden. Erst langsam geht man, wenn der Fleck nicht weichen will, zu schärferen Mitteln über.

Wichtig für jede Hausfrau ist es, daß sie bemüht bleibt, jeglichen Fleck möglichst rasch nach seiner Entstehung zu beseitigen. Je frischer der Fleck ist, um so leichter wird er zum Schwinden gebracht werden. Geht man sofort ans Werk, so ist reines, heißes Wasser in den meisten Fällen das allerrichtigste Entfernungsmittel, das auch niemals Schaden anrichtet. Selbstverständlich darf man den frischen Fleck nicht »hineinwaschen«, also vielleicht nur mit einem angefeuchteten Läppchen verreiben. Man muß eine ziemliche Portion Wasser auf den Fleck bringen, um ihn, um im Bilde zu sprechen, aus dem Stoff hinauszuschleudern. Gegen die zahlreich auftretenden Staub- und Schmutzflecke schützt man sich am besten durch öfteres Klopfen der Kleider und Möbel, weil dann eine etwa hinaufkommende Feuchtigkeit keinen allzugroßen Nährboden findet.

Niemals verreibe man den Fleck, ganz einerlei, welcher Art er auch sei. Durch das Reiben wird der ungebetene Geselle nicht nur vergrößert, sondern auch in den Stoff, aus dem er entfernt werden soll, noch fester eingedrückt. Jede Flüssigkeit wird zunächst sofort wieder aufgetupft. In allen Fällen ist hier Löschpapier zu empfehlen, damit man möglichst viel von Farbe, Tinte, Säure, Fett usw. aufsaugt.

Es ist ratsam, wenn jede Hausfrau dafür sorgt, daß sie in einem gesonderten Schränkchen dies oder jenes der erprobten Fleckentfernungsmittel hat, damit sie rasch zur Hand ist, wenn ein Unglück geschieht. Es gibt sehr verschiedenartige Fleckentfernungsmittel in den einschlägigen Geschäften zu kaufen, und manche Hausfrau wird sich nicht erst die Mühe machen, die später angegebenen Bestandteile zum Entfernen dieses oder jenes Fleckes zusammenzurühren. Sie wird aber gut daran tun, bei Gelegenheit ein oder das andere der erprobten Mittel zusammenstellen zu lasten, damit es in ihrem Fleckwasser-Schränkchen Aufnahme findet und im Notfälle rasch zur Hand ist. Aber keine Verwechslungen! Was sich für Seide schickt, paßt nicht für Wolle und Tuch und umgekehrt. Es werden daher verschiedene Fläschchen vorhanden sein müssen, um den lästigen Eindringling zu verscheuchen. Die einfachen Fleckentfernungsmittel, Benzin, Salmiakgeist, Quillayarinde, Salz, Zitronensaft und viele andere werden ja meistens in einem geordneten Haushalt anzutreffen sein, und damit ist schon viel gedient.

Wenn nun auch die nachstehenden Fleckentfernungsmittel sämtlich mehrfach erprobt und in langjähriger Arbeit zusammengestellt worden sind, wird es doch immer wieder einmal vorkommen, daß ein Fleck nicht völlig weicht, selbst wenn man zwei, auch drei der angeführten Mittel nacheinander zur Anwendung bringt. In solchen Fällen ist die Gewebefaser schon durch und durch von dem fremden Einfluß gesättigt, und man würde zerstörend wirken, wollte man mit Gewalt den Fleck zum Weichen bringen. Es ist in den nachstehenden Rezepten aber auch großer Wert darauf gelegt worden, möglichst schonend vorzugehen, und absichtlich wurde es vermieden, zu starke Lösungen zu nennen, denn das Büchlein soll der Hausfrau ein Freund werden und ihr nicht durch seine Ratschläge Schaden zufügen.

Ferner ist bei Anwendung der Mittel zu denken, daß manche von ihnen feuergefährlich sind. So ist denn jede Fleckreinigung nach Möglichkeit bei Tageslicht vorzunehmen. Ebenso gehe man niemals in die Nähe offenen Feuers. Manch ein Unbedachtsamer hat die Benzin- oder Ätherflasche auf den Herd gestellt und dadurch das denkbar größte Unglück hervorgerufen.

Wieder andere Mittel enthalten Gifte. Man denke nur an Chlorwasser, Kleesalz, Zinnlösung, Oxalsäure usw. Da achte man darauf, daß sich an den Händen keine offenen Wunden befinden. Selbst mit gut verbundenen Wundstellen sollte man nicht an die Beseitigung derartiger Flecke gehen, weil zu leicht eines der Gifte in das den Finger umhüllende Leinenläppchen eindringt und eine Blutvergiftung hervorrufen kann.

Wieder andere der zur Anwendung kommenden Säuren und Laugen greifen die Haut an, und man muß hierbei Vorsicht walten lasten und die Hände nicht zu lange in Chlorkalklösung, Salmiakgeist, Pottaschelösung oder dergleichen halten.

Man bedenke auch, daß Polituren und gestrichenes Holz durch die verschiedenartigen Säuren angegriffen werden. Man muß also bei Anwendung solcher Mittel größte Vorsicht walten lasten und niemals ein Nachreiben und Nachpolieren vergessen. Das Spülen, Nachreiben, Nachbürsten usw. ist überhaupt bei der Fleckentfernung eine sehr wichtige Arbeit. Es ist auch nötig, daß man nach Beendigung der Arbeit nicht nur die eigenen Hände, sondern auch alle Gefäße, die man benutzt hat, sorgfältig reinigt. Man sehr sich auch die angewandten Bürsten an. Sollten auch sie unsauber geworden sein, so sind auch sie einer sofortigen gründlichen Reinigung zu unterziehen, damit man sie stets sauber vorfindet, falls man gezwungen ist, wieder einen Fleck zu beseitigen.

Für alle die, die sich eine derartige kleine Apotheke einrichten wollen, werden hier einige sehr bewährte allgemeine Mittel zur Fleckentfernung zur Kenntnis gebracht.

Eine Mischung, bestehend aus 30 Gramm Salmiak, 30 Gramm Terpentinöl, 30 Gramm Äther und 300 Gramm reinem Spiritus beseitigt die verschiedensten Flecke aus Leinen, Baumwolle und Wolle.

Ebenso gute Dienste leistet weiße Ölseife, von der man 50 Gramm in 350 Gramm kochendem Wasser löst, und auf einen Liter der Flüssigkeit 25 Gramm Ammoniakwasser, 10 Gramm flüssigen Äther und 15 Gramm Alkohol zusetzt.

Für Wollkleider und Möbelstoffe genügt in den meisten Fällen zur Reinigung Terpentin und Äther, die man zu gleichen Teilen mengt.

Für Seiden- und Baumwollstoffe ist vor allem Bohnenwasser zu empfehlen. Die weißen Bohnen werden ohne Salz gut ausgekocht; die sich ergebende Brühe beseitigt die verschiedenartigsten Flecke.

Für Wolle ist nachstehende Mischung, die die verschiedensten Flecke entfernt, ratsam. Man mischt flüssigen Ammoniak, Schwefeläther und Lavendelspiritus zu gleichen Teilen, träufelt die Mischung auf ein Leinenläppchen und bearbeitet damit den Fleck.

Wollstoffe werden auch bei folgender Mischung nicht angegriffen: 30 Gramm Salmiakgeist, 70 Gramm weiche grüne Seife, 5 Gramm Soda, 5 Gramm Borax, 30 Gramm Äther, 30 Gramm Alkohol. Alles wird in 2 Liter Wasser gut vermischt, wobei zuerst die Salze im Wasser gelöst werden, dann wird die Seife mit dem Salmiak hinzugefügt und zum Schluß Äther und Alkohol hineingeschüttet.

Bei Seide wird folgende Mischung mit einer Bürste aufgetragen: 50 Gramm Honig werden mit 50 Gramm weißer Seife und 12 Deziliter starkem Branntwein gemengt. Nach dem Bürsten muß gut nachgespült und von links gebügelt werden.

Eine Mischung von Äther und Alkohol zu gleichen Teilen kann man auch bei zartfarbigen Seidenstoffen anwenden. Ein stets zu erneuerndes reines Leinenläppchen wird in die Flüssigkeit getaucht.

Es sei noch auf eine gute Fleckenseife hingewiesen, die für Wolle und Seide in Anwendung kommen kann. Man benötigt dazu 40 Gramm geriebene venezianische Seife, 40 Gramm reines Terpentinöl, 20 Gramm Rindergalle, 5 Gramm destillierten Grünspan und 3/5 Liter Wasser. Alles wird (ohne Terpentinöl) unter stetem Rühren gekocht, dann erst gießt man das Terpentinöl hinzu, verrührt es gut, streicht die Masse auf einen Teller und läßt sie erkalten. Später wird sie in Stücke geschnitten. Benutzt man die Seife, so sind die Flecke vorher mit kaltem Wasser anzufeuchten.

Eine andere Fleckenseife wird hergestellt, indem man einen Löffel Ochsengalle mit einem Eidotter gut vermengt. Dann setzt man der Flüssigkeit ein Pfund zerriebene venezianische Seife zu und läßt die teigige Masse trocknen. Auch daraus schneidet man Stücke und reibt später die vorher mit kaltem Wasser angefeuchteten Flecke ein.

Jede gewandte und umsichtige Hausfrau wird schon beim Lesen der nachstehend angeführten Rezepte erkennen, welches der vielen Mittel am zweckmäßigsten zur Anwendung kommen muß. Sie wird es sicher mit Freude begrüßen, daß sie mit ihnen einen Berater ins Haus genommen hat, der ihr zu jeder Zeit den unliebsamen Gesellen, den Fleck, vertreiben kann, wo er auch sei.

Schon ein Studium der nachstehenden Mittel wird ihr dienlich sein, und sie wird mancher lieben Mitschwester mit Rat und Tat zur Seite stehen können.


 << zurück weiter >>