Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Die Kriegsgefahr

Die französische Kriegsdrohung 1840 und die nationale Gegenbewegung in Deutschland

Wunderbar stark und von nachhaltigem Segen war die Rückwirkung dieser Ereignisse auf das deutsche Volksleben. Die Deutschen hatten von den verwickelten Londoner Unterhandlungen nur wenig erfahren und an die Möglichkeit eines europäischen Krieges kaum gedacht. Es traf sie wie ein Blitz vom hellen Himmel, als plötzlich bei der Einweihung der Julisäule auf dem Bastilleplatze die Marseillaise, diesmal in drohendem Ernst, erklang und alle französischen Blätter den Feldzug an den Rhein forderten. Daß Frankreich wegen einiger syrischen Paschaliks die deutsche Westmark bedrohen wollte, erschien allen als ein Beweis rasenden Übermuts, und sofort antwortete dem gallischen Kriegsgeschrei aus allen Gauen Deutschlands der alte Schlachtruf der Germanen: Her, her! Deutschland war einig in dem Entschlusse, sein altes, so glorreich wiedergewonnenes Erbteil ritterlich zu behaupten. Die welschen Ideale des vergangenen Jahrzehnts schienen wie weggeblasen, die Heldengestalten von Dennewitz und Leipzig traten den Deutschen wieder leuchtend vor die Augen; auch die ästhetische Begeisterung für das schöne Rheinland wirkte mit, die sich während der jüngsten Jahre durch die Bilder der Düsseldorfer und die Lieder der letzten Romantiker in weiten Kreisen verbreitet hatte. In jedem andern Volke hätte sich ein solcher Entschluß von selbst verstanden; den Deutschen aber traute das Ausland nationalen Stolz nicht zu, und ungeheuer war der Eindruck, als hier plötzlich, ganz frei und naturwüchsig, an hundert Stellen zugleich der Volkszorn seine mächtige Stimme erhob. Man fühlte überall: diese Empfindung war tiefer, mächtiger als die Kriegsbegeisterung der Franzosen, die freilich auch aus dem Herzen kam, aber von der Pariser Presse künstlich gefördert und geleitet wurde. Sogar die allezeit streitlustigen Elsasser erschraken; die Straßburger Zeitungen sagten kleinmütig, auf das preußische Rheinland müsse Frankreich wohl für immer verzichten, nur die Pfalz sei noch zu gewinnen.

Sofort stand außer Zweifel, daß die Deutschen diesen Krieg, wenn er kam, sogar noch einträchtiger führen würden als den Feldzug von Belle-Alliance; denn gerade in den Landschaften, welche bisher für französische Ideen eine besondere Vorliebe gezeigt hatten, flammte das kriegerische Feuer am hellsten. Wie oft hatten die preußischen Rheinländer beim Schoppen über den Ehrenbreitstein und die andern »Zwing-Uris« ihres Königs gespottet; jetzt fühlten sie alle dankbar, daß sie hinter diesen Bollwerken deutscher Freiheit so wohlgeborgen saßen. Den Süddeutschen aber fiel es schwer aufs herz, wie gröblich ihre Regierungen und Landtage sich durch falsche Sparsamkeit an dem großen Vaterlande versündigt hatten; sie sahen sich wehrlos, und alle wendeten ihre Blicke hilfesuchend auf den neuen König von Preußen. Recht aus dem herzen der verständigen Süddeutschen heraus sagte Nebenius in einer anonymen Flugschrift über »das südwestliche Deutschland und seine Stimmungen«: Unser Süden bedürfe vor allem einer Landwehr nach preußischem Muster, damit er sich endlich aus eigener Kraft zu verteidigen lerne. Auch die bayrische Pfalz, vor acht Jahren noch die Heimstätte des wüsten Radikalismus, hielt sich so musterhaft, daß der Regierungspräsident Fürst Wrede den Pfälzern mit vollem Rechte sagen konnte, ihr Nationalsinn hätte ihn »mit wahrer Bewunderung erfüllt«. Die tollen Reden des Hambacher Festes waren ja doch nur der unbestimmten Sehnsucht nach einem großen Vaterlande entsprungen; seitdem hatte die Langeweile des Bourgeoisregiments die französischen Sympathien sehr abgekühlt, die unwiderstehliche Interessengemeinschaft des Zollvereins das deutsche Nationalgefühl mächtig gefördert; und sobald Not an Mann kam, zeigte sich sogleich, daß der Pfälzer ebensogut ein Deutscher war wie der Märker oder der Pommer. In schönem Einmut hielten alle Stämme zusammen; höchstens im Königreich Sachsen und den andern Kleinstaaten des Ostens, die sich nicht unmittelbar bedroht fühlten, erklang noch zuweilen schüchtern eine Stimme philisterhafter Friedensseligkeit.

Und wie das Volk, so seine Fürsten. Von jener rheinbündischen Gesinnung, die noch im Jahre 1815 zu Stuttgart und Karlsruhe so dreist herausgetreten war, fand sich nirgends mehr eine Spur. Der gesamte hohe Adel der Nation scharte sich ehrenhaft um das Banner des Vaterlandes: von dem alten Welfen an, der als grimmiger Reaktionär den Vernichtungskampf wider die Revolution ersehnte, bis hinüber zu dem Teutschesten der Teutschen, König Ludwig von Bayern, der seine Vaterstadt Straßburg noch als die starke Bundesfestung unseres Südens zu begrüßen hoffte. Die französischen Gesandten in Deutschland fühlten sich wie verraten und verkauft, als sie in diesem gutherzigen, gastfreundlichen Volke auf einmal den Haß auflodern sahen. Graf Bresson in Berlin, ein bekannter Heißsporn, gebärdete sich wie ein Unsinniger; er klagte, Frankreich sei erniedrigt, entehrt, von Europa geächtet, und verkroch sich bei dem nächsten Hoffeste, um nur den König nicht sprechen zu müssen, hinter einem Fenstervorhang, wo man ihn ruhig stecken ließ. Der Gesandte in München wollte gar nicht verstehen, was man gegen ihn habe, da doch Frankreich immer das deutsche Gleichgewicht verteidigte; der in Darmstadt bat um Schutz für sein Haus, weil er sich durch den Lärm der Presse persönlich bedroht glaubte. Offenbar kam es den Franzosen ganz unerwartet, daß die Deutschen sich als eine Nation fühlten.

Die öffentliche Meinung hielt sich ganz frei von dem fratzenhaften Franzosenhasse der Zeiten der alten Burschenschaft. Man wagte nicht einmal die Wiedereroberung des Elsasses zu fordern, sondern wollte nur tapfer das deutsche Hausrecht wahren. Major Moltke erwies freilich in einem beredten Aufsatze über die westliche Grenzfrage, »daß, wenn Frankreich und Deutschland je miteinander abrechnen, alles Soll auf seiner, alles Haben auf unserer Seite steht«, und sprach die Erwartung aus, in diesem Falle würde Deutschland »das Schwert nicht eher in die Scheide stecken, bis Frankreich seine ganze Schuld an uns bezahlt« hätte. Solche Hoffnungen mochten in der Stille von vielen, zumal von preußischen Offizieren, gehegt werden; in der Presse fanden sie nur sehr selten einen Widerhall. Mitten während des Kriegslärms wurden in Deutschland Sammlungen für die Überschwemmten zu Lyon veranstaltet, und weil die Empfindung der Nation so einfach war, darum fand sie auch ihren natürlichen Ausdruck in den schlichten Worten eines Mannes aus dem Volke. Niklas Becker, ein junger Gerichtsschreiber im preußischen Rheinlande, dichtete in guter Stunde das Lied:

Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein,
Ob sie wie gier'ge Raben sich heiser darnach schrein,
So lang er ruhig wallend sein grünes Kleid noch trägt,
So lang ein Ruder schallend in seine Wogen schlägt.

Als die Kölner im Oktober ihrem neuen Könige huldigten, wurde dies Lied zum ersten Male gesungen, und feurige rheinische Patrioten, die noch halb unbewußt unter dem Einflusse der französischen Verbildung des letzten Jahrzehntes standen, schlugen vor, das Gedicht, als ein Gegenstück der Marseillaise, die Colognaise zu nennen. Gewaltig war die Wirkung. Mehr als zweihundertmal wurde das Rheinlied in Musik gesetzt; und eben wegen dieser überschwenglichen Begeisterung konnte es nicht im Gedächtnis des Volkes dauern, da keine der unzähligen Melodien die andern aus dem Felde zu schlagen vermochte. Ein Heer von Nachahmern stimmte in Beckers Weisen ein, unter ihnen auch ein unbekannter junger Schwabe Schneckenburger. Der dichtete in der Schweiz ein Lied »Die Wacht am Rhein«, das als Dichtung dem Vorbilde weit nachstand. Doch bei einem Volksliede bedeutet die Melodie fast alles, der Text wenig; dank der kräftigen, volkstümlichen Komposition Wilhelms sollte Schneckenburgers Lied nach einem Menschenalter der rauschende Kriegsgesang der deutschen Sieger werden. Damals sprach niemand davon; alles schwärmte für Niklas Becker, dessen poetische Kraft freilich mit diesem einen glücklichen Wurfe erschöpft war. König Friedrich Wilhelm bewies ihm in Wort und Tat seine Anerkennung; Ludwig von Bayern sendete ihm als Pfalzgraf bei Rhein einen Ehrenbecher und schrieb: »Aus diesem vergoldeten, silbernen, von mir angegeben wordenen Pokal trinken Sie oft, das singend: Sie sollen ihn nicht haben!«

Von französischer Seite antwortete zuerst Lamartine mit einer »Marseillaise des Friedens«, die in den Träumen allgemeiner Menschenliebe schwelgte:

Der Haß und Neid allein besitzt ein Vaterland,
Die Bruderliebe kennt es nicht.

Mit solcher Gefühlsseligkeit konnte der französische Übermut sich unmöglich zufrieden geben. Erst Alfred de Musset fand das rechte Wort für die nationale Empfindung, als er den Deutschen zurief:

Wir hatten ihn schon, euern deutschen Fluß,
er fühlte im Nacken des Siegers Fuß –

und sie höhnend aufforderte, im freien Rheine ihre Bedientenjacke zu waschen. In ähnlichem Tone pries Victor Hugo den Kyklopen Frankreich und sein eines Auge, Paris; ein anderer Poet sang gar: Nous l'aurons quand nous le voudrons – und mußte sich von den Deutschen an den Fuchs, dem die Trauben zu sauer schienen, erinnern lassen. Mehrere Monate hindurch währte dieser poetische Wettstreit, in dem die Deutschen entschieden die Oberhand behielten; von allen den drohenden und prahlenden Gesängen der Franzosen hielt keiner den Vergleich aus mit dem frischen Rheinweinliede Georg Herweghs:

Wo solch ein Feuer noch gedeiht,
Wo solch ein Wein noch Flammen speit,
Da lassen wir in Ewigkeit
Uns nimmermehr vertreiben!
Stoßt an, stoßt an: der Rhein,
Und wär's nur um den Wein,
Der Rhein soll deutsch verbleiben!

Die Gesinnung der Nation sprach sich so unwiderstehlich aus, daß selbst Jakob Venedey, der Häuptling der Pariser »Geächteten«, der abgesagte Feind Preußens, nicht umhin konnte, in seinem phrasenreichen Buche »Der Rhein« ehrlich einzugestehen, die Rheinfrage dürfe für deutsche Männer keine Frage sein. Sogar in Österreich regte sich zuweilen das deutsche Blut. Auf den Straßen Wiens wurde das Rheinlied gesungen, und für den »Österreichischen Beobachter«, der vor kurzem noch die höchst gefährliche Idee der deutschen Einheit so ingrimmig verfolgt hatte, schrieb jetzt der junge Liberale Franz Schuselka die »Deutschen Worte eines Österreichers«. Von den Gegnern wagten sich nur einzelne mit der Sprache heraus; so W. Cornelius, der Demagog aus den Hambacher Zeiten, der ließ in einem bissigen Gedichte den Vater Rhein seinen Sängern antworten: »Nennt mich weder deutsch noch frei.« Heinrich Heine fühlte sich wie betäubt, als der kunstvolle Prachtbau der welschen Phrasen des letzten Jahrzehntes so jählings zusammenbrach und die verhaßten Teutonen sich so ungebärdig wider sein geliebtes Frankreich erhoben; indessen zog er vor, für jetzt noch klüglich zu schweigen.

Der fremdbrüderliche Liberalismus der dreißiger Jahre war mit einem Schlage vernichtet. Niemand empfand dies schwerer als Rotteck, den die tragische Gerechtigkeit des Schicksals eben jetzt, im November 1840, inmitten der Lärmrufe der teutonischen Kriegsbegeisterung aus dem Leben abberief. Auf seine Weise hatte der ehrliche Doktrinär sein Vaterland immer geliebt; aber die Möglichkeit eines Krieges gegen das liberale Frankreich war ihm während der letzten Jahre ganz unfaßbar geworden. In der verwandelten Zeit fand er sich nicht mehr zurecht, und noch auf seinem Sterbebette fragte er traurig: in welche Hände wird nun das Vernunftrecht kommen? Er ahnte nicht, daß diese Hände sich niemals finden sollten. Die schöpferische Wissenschaft war über die Träume des Vernunftrechts längst hinweggeschritten, die verständigen Liberalen begannen schon, nach Dahlmanns Vorgang, ihre Ideale den gegebenen Zuständen anzupassen; die jungen Schwarmgeister aber, die noch an das Wahnbild eines unwandelbaren, in den Sternen geschriebenen Rechtes glaubten, gingen weit über Rotteck hinaus, sie hofften auf ein Reich der unbedingten Freiheit und Gleichheit. So starb der Führer des badischen Liberalismus zur rechten Zeit für seinen Ruhm, in einem Augenblicke, da er den Deutschen nichts mehr sein konnte. Zum ersten Male seit unvordenklichen Zeiten war die deutsche Nation mit ihren Fürsten ganz einig, und Metternich, der jetzt im Alter die Dinge bequem zu nehmen liebte, meinte zufrieden, diese nationale Bewegung sei ganz unberührt von den revolutionären Gedanken der Befreiungskriege. Zar Nikolaus dagegen sagte besorgt zu dem preußischen Gesandten, es scheine ratsam, die stürmische nationale Gesinnung der Deutschen zu überwachen, denn sie äußere sich am lautesten in den Kreisen der Männer, welche bisher die Regierungen bekämpft hätten. Der Russe sah schärfer als der Österreicher. Es war in der Tat der Geist von 1813, der aus allen diesen Gedichten, Reden und Zeitungsartikeln sprach; es war der Stolz einer endlich erwachenden starken Nation, der, zum vollen Selbstbewußtsein gereift, der Fremdherrschaft Österreichs ebenso verderblich werden mußte, wie den hohlen Formen der Bundesverfassung. Die Kugel stand auf scharfer Kante; ein leichter Stoß genügte, sie ins Rollen zu bringen. Der Krieg war erklärt, sobald Preußen eine ernste Anfrage wegen der französischen Rüstungen nach Paris ergehen ließ und sie veröffentlichte.

Ein König von friderizianischer Kühnheit hätte dieser Versuchung schwerlich widerstanden. Alle die tapferen Männer des preußischen Heeres, welche seit Jahren schon den Dritten Punischen Krieg für unvermeidlich hielten, vereinigten sich in der Meinung, jetzt sei die rechte Zeit zum schlagen. Der Prinz von Preußen lebte und webte in dem Gedanken des rheinischen Feldzugs. In ernster Rede mahnte er die Offiziere der Garde, den vaterländischen Sinn wachzuhalten in dem Heere, »der Schöpfung des seligen Königs«, die sich mehr denn je das Vertrauen des befreundeten Auslands erworben habe. Er schrieb sich das Rheinlied eigenhändig ab, und unter die Schlußworte:

Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein,
Bis – seine Flut begraben des letzten Manns Gebein!

setzte er jenen kühnen Federzug, der späterhin aus der Namensunterschrift des Sedansiegers der weiten Welt bekannt werden sollte. Auch Radowitz riet seinem geliebten Könige, sich jetzt durch einen verwegenen Entschluß eine Stellung ohnegleichen zu gewinnen. Die Tage schien für Preußen wunderbar günstig. Thiers hoffte zwar den Krieg in Italien zu beginnen, um dadurch Deutschland neutral zu halten; er war aber ganz außerstande, die gallische Kriegsbegier, sobald sie einmal entfesselt wurde, von ihrem eigentlichen Ziele, dem Rheinlande, abzulenken, und mit vollem Rechte ließ daher die preußische Regierung in Paris erklären, sie müsse jeden Angriff auf Italien als einen Kriegsfall betrachten. Wenn Frankreich also gezwungen wurde, seine Streitkräfte zu teilen, so konnte nach menschlichem Ermessen den preußischen Waffen der Sieg nicht entgehen, trotz der voraussichtlich elenden Beihilfe der kleinen deutschen Bundesgenossen. Aber so wahrscheinlich der kriegerische Erfolg, ebenso gewiß war schließlich die diplomatische, Niederlage; denn auch dieser Krieg hätte, wie der Feldzug von Belle-Alliance, unter dem Neide und der Halbheit aller Koalitionskriege verkümmern müssen; er konnte nach aller Wahrscheinlichkeit nur damit enden, daß Preußen mit ungeheuren Opfern die persönliche Rachsucht des Zaren befriedigt, Englands mediterranische Herrschaft befestigt und für sich selbst nichts davongetragen hätte als einige wertlose Grenzplätze in Elsaß-Lothringen.

König Friedrich Wilhelm ließ solche Erwägungen gar nicht an sich herankommen; für ihn hatte der Gedanke eines dritten Pariser Einzugs keinen Reiz. Er wollte den Frieden, nichts als den Frieden. Erst als die französischen Drohungen unsere Westgrenze gefährdeten, rüstete er sich zur Abwehr, und für diesen bescheidenen Zweck der Verteidigung Deutschlands arbeitete die preußische Politik, die sich in den internationalen Londoner Verhandlungen so schwächlich, so widerspruchsvoll gezeigt hatte, mit ehrenwerter Umsicht und Beharrlichkeit. Der König dachte die Gelegenheit zu benutzen und mit dem Bundesheerwesen zugleich die gesamte deutsche Bundespolitik, die seinem Herzen so teuer blieb, neu zu beleben. »Zu Frankfurt«, so gestand er einem Vertrauten, »brau' ich mein eigenstes; zu keiner Gesandtschaft steh' ich in so unmittelbarem Verhältnis als zu dieser.« Er wußte, wie eifrig sein Vater sich während der letzten Jahre bemüht hatte, in Frankfurt durch Radowitz eine Verbesserung der elenden Bundeskriegsverfassung zu bewirken, und wie kläglich alle diese Bemühungen an der Gleichgültigkeit Österreichs gescheitert waren. Gerade in den Tagen des Thronwechsels berichtete Radowitz hoffnungslos über die Haltung der Hofburg: »Bei völliger Kenntnis und Einsicht in die vorhandenen Gebrechen ist dennoch das Interesse an deren Heilung nicht groß genug oder die Berücksichtigung anderweiter Motive zu vorwiegend.« Durch den Zauber seiner Beredsamkeit hoffte der neue König diesen Widerstand zu überwinden; schon auf der Pillnitzer Zusammenkunft sagte er zu Metternich tiefbewegt, fortan müsse eine neue Zeit auch für die Bundespolitik kommen. Der Österreicher wich aber aus und vermied auch fernerhin ängstlich jedes Gespräch über den Deutschen Bund. (84–90.)


 << zurück weiter >>