Ludwig Tieck
Denkwürdige Geschichtschronik der Schildbürger
Ludwig Tieck

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Caput XIX.

Berathschlagung und Entschluß.

Als sie nun wieder in ihrer Stadt waren und sahen, daß sie vom Feinde nicht verfolgt wurden, kamen sie Alle zusammen, um zu berathschlagen, was nunmehr zu thun sey.

Meine Freunde, fing ein bejahrter Einwohner an, 80 ich sehe jetzt ein, daß wir bei weitem größere Staatsmänner als Soldaten sind. Wenn wir daher unsern großen, schönen, zum Wohl der ganzen Menschheit abzweckenden Entschluß durchsetzen wollen, so müssen wir einen andern Weg einschlagen. Hier sind wir nun nicht mehr sicher, auch scheint es mir nach diesem ersten Versuche nicht rathsam, die Welt durch die Gewalt unsrer Waffen zu bekehren, aber es ist gut, daß uns noch mehrere Wege offen bleiben. Wir waren schon ehemals weit umher zerstreut und verbreitet, indem uns Fürsten und Herren als nützliche Staatsmänner zu sich riefen, ohne daß irgend Jemand uns rufte; wollen wir uns jetzt eben so in der Welt ausstreuen, und wo einer von uns hinfällt, da wird er bald wuchern und Früchte tragen und ringsum seine Weisheit und Tugend verbreiten. So können wir nützen, ohne jene gewaltsame Mittel zu ergreifen, und so kann sich füglich die Welt am Ende nach uns bequemen, so daß dann unsere Verfassung und unsere Lehren, so wie unsere Geschichte, die Verfassung, Lehre und Geschichte der Menschheit wird.

Man fiel ihm bei; die Schildbürger nahmen Abschied von einander und Jeder suchte sich eine Stadt oder Gegend aus, in die er wanderte, um dort zu wirken.

Schilda ist seitdem verfallen und auch keine Ruinen sagen uns mehr, wo es gestanden hat. So vergänglich ist die menschliche Größe und Alles erreicht sein Ende, so geht es auch Dir, geliebter Leser, wie mir mit dieser Geschichte, und darum wende ich mich schnell zum letzten, oder zwanzigsten Kapitel. 81



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