Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

III. Die holzgedeckten Kirchen in Umbrien und Toskana

Der im Jahre 1228 begonnene Bau von S. Francesco in Assisi, den wir ausführlicher schon betrachtet haben, gab das erste Zeichen für die Errichtung zahlreicher anderer Kirchen in ganz Italien. Daß er gleichwohl nur für wenige vorbildlich geworden ist, mag seinen Grund darin haben, daß der kapellenlose einfache Raum den Bedürfnissen der mönchischen Religionsübungen nicht entsprach, daneben auch darin, daß eine noch größere Einfachheit angestrebt wurde, die vielleicht durch bestimmtere Vorschriften geboten wurde. Jedenfalls scheinen nur zwei oder drei Kirchen in Umbrien jenem Hauptbau des Ordens nachgebildet worden zu sein, am unzweifelhaftesten jene der geliebten Schülerin des Franz: der heiligen Chiara in Assisi geweihte Vgl. Wadding, Bd. IV, z. J. 1260, S. 146. – Bruschelli (Bini) S. 37 ff., wo auch Abb. der Fassade Taf. IV. – Laspeyres in Erbkams Bauschrift a. a. O. S. 292. – Schnaase VII, S. 113. – Cristofani: Guida, S. 30. – Cristofani: Storia di S. Damiano, S. 109 ff. – Derselbe: Storie di Assisi, S. 171. – Mothes, S. 454. – Guardabassi: Indice guida, S. 14.. Seit 1212 hatte diese mit ihren Nonnen in San Damiano gewohnt. Dann, als der Raum daselbst bei deren rasch sich mehrenden Anzahl viel zu klein wurde, erbaten die Schwestern sich die dem Kapitel gehörige Kirche S. Giorgio, die ihnen durch Vermittlung des Kaplans Alexanders IV., Giovanni Compatre, späteren Bischofs von Anagni, 1257 überlassen wurde Instrument wiedergegeben in einer Bulle Alexanders IV. im Kloster von S. Chiara, angefertigt in Gegenwart des Bischofs von Assisi: Niccolò di Carbio oder Calvi.. Filippo da Campello wird beauftragt – demnach 1257, nicht 1253, wie Schnaase und Mothes wollen – die neue Kirche zu bauen, die 1260 so weit vollendet war, daß in diesem Jahre Alexander IV. in einem an die Bischöfe von Assisi, Perugia und Spoleto gerichteten, von Subiaco am 9. September datierten Breve die Übertragung des Leichnams der 1255 heiliggesprochenen Chiara anordnen konnte, welcher Akt am 3. Oktober unter großer Beteiligung der Bevölkerung stattfand. Fünf Jahre später weihte Clemens V. die Kirche. Erst damals dürfte der Bau also wohl wirklich beendigt gewesen sein. Urkundlich ist, so viel ich weiß, Filippo de Campello als Urheber desselben nicht nachgewiesen; noch der ›Collis Paradisi‹ nennt anstatt seiner Jacopo Alemanno (Tit. LI, S. 104), doch erscheint es sehr wahrscheinlich, daß der Vollender von S. Francesco, der, wie wir sahen, 1253 dort noch tätig war, auch diese der Oberkirche des Heiligen treu nachgebildete Kirche baute. Sie ist wie jene einschiffig mit Querschiff und polygonem Chor und zeigt dieselbe Bildung der Gurte, Leisten und Gewölbe. Die am Ende des Längsschiffes links angebaute Kapelle der heiligen Agnes verrät den später ausgebildeten Stil der Kapellen an der Unterkirche, dieselben antikisierenden Kapitäle der Gewölbeträger, ähnliche inkrustierte Marmorbekleidung. Auch die Fassade (Abb. S. 559) wiederholt diejenige von S. Francesco, nur daß hier das Portal einfach und rundbogig, das gotische Radfenster im Detail etwas verschieden ist. Mit Schnaase kann ich in den mächtigen auf der Erde aufsitzenden Strebebögen nur eine sklavische Nachahmung der dort richtiger motivierten erblicken, da das abfallende Terrain, das Burckhardt zur Erklärung nimmt, auf der Nordseite gar nicht, auf der Südseite nur wenig in Betracht kommt.

.

Die Kirche S. Francesco zu Perugia

Früher als S. Chiara aber entstand ein anderer Bau, der, wie mir scheint, zweifellos die Hauptkirche in Assisi zum Vorbild nahm, es ist die Kirche S. Francesco in Perugia, deren ursprüngliche Gestalt selbst unter dem 1748 nach Zeichnungen des Pietro Carattoli aufgeführten Neubau erkennbar, aber soviel ich weiß, noch nie berücksichtigt worden ist Vgl. Guida al forestiere per la città di Perugia. 1784 (Constantini) S. 299. – Guida di Perugia von Raffaele Gambini 1826. – Mariotti, lettere pittoriche perugine, erwähnt S. 59 eine ›descrizione della chiesa di S. Francesco‹, die ich nicht eingesehen habe. – Guardabassi: Indice guida S. 175. – Auf meinem Grundrisse gebe ich die modernen Anbauten in punktierten Linien an.. Über die Entstehungszeit ist nichts Genaueres bekannt, ein Guida von 1784 sagt: um 1230. Jedenfalls fällt sie vor 1286, da eine ihrer Glocken mit: ›1286 Magister Joannes pisani me fecit‹, bezeichnet ist Guardabassi a. a. O. Eine andere bez.: 1352 Magister Angelus et filii ejus Nicolaus et Joannes de Urbe veteri me fecerunt. Eine dritte: 1405 Magistri Joannes et Andreas Pisani me fecerunt.. Der moderne Bau folgt dem alten Grundriß und ist nur über die alte Fassade, von welcher der untere Teil noch innerhalb des Neubaues erhalten, um ein Stück verlängert. Es war eine einschiffige Kirche mit drei Kreuzgewölben, deren Spannung sich noch aus den alten, wenig vortretenden Strebepfeilern entnehmen läßt (drei auf jeder Seite), mit einfachem Querschiffe und einem in ⅝ geschlossenen polygonen Chor, der, wie in Assisi, unmittelbar auf das Querschiff folgt. Außen sind in die Ecken desselben zwei halbrunde turmartige, jenen in Assisi ähnliche Strebepfeiler gestellt. Die Fenster waren einfach spitzbogig. An der Südseite des Längsschiffes befindet sich, an das Querschiff anstoßend, eine mit roten und weißen Steinen inkrustierte gotische Kapelle mit rundbogig geschlossenen Doppelfenstern, die etwa aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts stammt. Am nördlichen Querschiffe ist das Gewölbe des abfallenden Terrains wegen durch zwei Strebebögen gestützt. – Die im Innern nicht in völliger Breite erhaltene untere Hälfte der alten Fassade zeigt eine ganz ungewöhnliche Inkrustierung in weißem und rotem Stein. In der Mitte befindet sich unter einer von gotischen Halbsäulchen getragenen rundbogigen Blendarkade ein rundbogiges Portal, über dem ein kleines Radfenster angebracht ist, links und rechts davon waren innerhalb eines viereckigen einrahmenden, mit runden Medaillons geschmückten Streifen, der die ganze Wandfläche umspannt, je zwei rundbogige Nischen, unter denselben eine Reihe von vertieften fensterartigen, im Kleeblattbogen geschlossenen Feldern – das Ganze also ein wunderliches ornamentales Gebilde.

Von anderen Kirchen, die vielleicht auf S. Francesco in Assisi zurückgehen, möchte ich vermutungsweise die gleichnamige in Terni erwähnen, die jetzt ganz modernisiert dreischiffig ist, jedenfalls aber früher, wie die mit ihren Tragleisten erhaltenen alten Gewölbe beweisen, ein aus drei Jochen bestehendes, einfaches Hauptschiff, ein Querschiff und eine an ein Chorgewölbe sich schließende Apsis hatte. Sie soll 1265 gebaut, 1445 durch die Seitenschiffe vergrößert worden sein, nach Guardabassi (S. 314), der seinerseits auch die Verwandtschaft mit dem Bau in Assisi betont.

Ferner die aus dem 13. Jahrhundert stammende S. Francesco in Gualdo Tadino, die später verändert wurde und eine Kuppel erhielt, ursprünglich aber zwei Gewölbe im einfachen Längsschiffe, Gewölbe an der Vierung, rechts eine Art Kreuzarm mit zwei hintereinander geordneten Kreuzgewölben, und einen siebenseitigen Chor besaß. Guardabassi (S. 95) vermutet, wohl auf diese entschiedene Verwandtschaft mit den Bauten in Assisi hin, in dem Architekten den Philippus de Campello.

Ob die dem Niccolò Pisano zugeschriebene Dominikanerkirche in Viterbo, S. Maria della verità, Beziehungen zu S. Francesco hat, muß ich dahingestellt sein lassen, da ich leider keine Notizen über sie besitze und nur durch die Beschreibung bei Mothes (S. 749) veranlaßt werde, sie hier zu erwähnen. – Vermutlich lehnt sich auch S. Francesco in Cascia, die gewölbt ist, die Kreuzform und eine Fassade von 1428 hat, an den Hauptbau des Ordens an Guardabassi: Indice S. 40..

Die wenigen, bisher erwähnten Bauten stehen inmitten der großen Anzahl der sonstigen Franziskaner- und Dominikanerkirchen vereinzelt da: während noch an S. Francesco in Assisi gebaut ward, vielleicht schon vorher entstand ein anderer, der für Mittelitalien eigentlich charakteristische Typus, den wir jetzt zu betrachten haben.

Welcherart die erste, später durch Arnolfos Bau verdrängte, 1221 gegründete Kirche in Florenz gewesen, wissen wir nicht, ebensowenig wie die 1228 zuerst in neue Form gebrachte Ordenskirche in Siena oder die 1228 geweihte in Spello beschaffen gewesen. Da die meisten Bauten schon im 13. Jahrhundert eine einmalige oder zweimalige Umgestaltung erfuhren, ist es bis jetzt unmöglich, sie chronologisch zu betrachten – sicher steht fest, daß bereits in der ersten Hälfte desselben Jahrhunderts der Typus ausgebildet war und später mit den zunehmenden Größenverhältnissen die einmal feststehende Anlage nur reicher ausgestattet wurde. Die ursprüngliche Form zeigt ein einfaches oblonges Schiff mit hölzernem Dachstuhl und mit einer viereckigen, von einem Kreuzgewölbe bedeckten Apsis, die meist von zwei kleineren, ebenso gewölbten und gradlinig geschlossenen Kapellen flankiert ist. Die einfachste Form ohne Kapellen, die hier nur flache Altarnischen sind, zeigt S. Francesco in Arezzo, die später an der linken Wand einen aus zwei Jochen bestehenden Kapellenausbau erhalten hat, und S. Francesco in Montefalco, deren Apsis allerdings, wohl in Nachahmung von Assisi, wie jene in S. Francesco zu Montone und Piediluco fünfseitig geschlossen ist, deren einem Schiff aber bei einem Neubau im 14. Jahrhundert das eine Seitenschiff rechts hinzugefügt wurde. Die entwickeltere Form mit zwei Kapellen hat die Kirche in Cortona, die 1230, nach Mothes' Ansicht vielleicht von Jacobus, auf Anlaß des Elias, der hier 1253 bestattet wurde, begonnen wurde Mothes S. 74. Vgl. Ricci: Storia dell' Arch. II, 58. Nach Inschrift erst am 4. April 1374 geweiht., die Niccolò Pisano zugeschriebene S. Domenico, die von den Herren von Pietramala um die Mitte des 13. Jahrhunderts gestiftet ward, die gleichnamige Kirche in Città di Castello, deren jetzige Gestalt freilich von dem Umbau im Jahre 1395 stammt Erbkam. A. a. O. S. 73. 1395 Umbau beschlossen, Bau 24. Dez. 1400 begonnen, 1424 vollendet, 1426 geweiht. Guardabassi S. 50: 1269 begonnen, 1724 modernisiert. Mancini: Istruzione storico pittorica per visitare le chiese e palazzi di Città di Castello. Perugia 1832. Muzi: Memorie ecclesiastiche e civili di Città di Castello 1842-44., die jetzt ganz barocke S. Francesco ebendaselbst Ebds. Im 18. Jahrhundert umgebaut. Die angeblich 1213 von Franz selbst gegründete Kirche S. Croce außerhalb der Stadt ist ganz umgebaut., S. Francesco in Prato, in Volterra und andere mehr Vgl. dazu noch Guardabassi: Aquasparta (1290); Deruta: S. Francesco; Foligno: S. Francesco und S. Domenico; Nocera: S. Francesco; Trevi: S. Francesco und andere kleinere.. Die Dominikanerkirche S. Catharina in Pisa, ein Bau von größeren Dimensionen, der um 1253 nach Zeichnung von Guglielmo Agnelli vollendet war, zeigt den gleichen Typus und erhielt wohl erst später den kreuzschiffigen, aus vier Kapellen bestehenden Ausbau rechts Vgl. Morrona: Pisa illustrata 1792 II, S. 105. Der Platz vor der Kirche 1274 geweiht, 1366 erweitert. Der Vergrößerungsbau wurde 1348 durch die Pest unterbrochen. – Guida di Pisa von Giuseppe Nistri 1852. S. 214. – Marchese: Memorie dei più insigni etc. Domenicani I, S. 81. – Ricci II, 60. – Mothes S. 749. Fassade 1262 von Niccolò Pisano und Guglielmo. –. Ob auch S. Francesco in Lucca, die 1435 von Paolo Guinigi neu gebaut wurde, vermag ich nicht zu sagen, da ich das Innere nicht gesehen. Die Chorapsis ist modern. Von norditalienischen Kirchen ist hier S. Fermo in Verona zu erwähnen, welche alte, aus dem 8. Jahrhundert stammende Kirche die Franziskaner 1265 (nach anderen Angaben 1261) erhielten. In den Jahren 1312 und 1313 auf Kosten des Guglielmo di Castelbarco neu gebaut, erhielt sie durch den Prior Daniele Gomario 1319 die herrliche Holzdecke und die äußere Gestaltung Vgl. Ricreazione pittorica di Verona, 1720. – Descrizione di Verona von J. B. da Persico 1820. – Gius. M. Rossi: Nuova Guida di Verona 1854. – Lübke: G. d. A. S. 629. – Mothes S. 483. – Kugler II, 72. – Abb. der Decke Semper Stil II, Taf. 22. – Fassade bei Nohl: Tagebuch einer ital. Reise. Stuttgart 1866. I, S. 67.. Der Chor ist fünfseitig, die Kapellen sind rechtwinklig, zwei an das Schiff gelegte Kapellen mit Kreuzgewölben bilden eine Art Querschiff, das namentlich im Äußeren als solches charakterisiert ist durch eine mit einem Spitzgiebel versehene Fassade. Die Hauptfassade hat drei Stockwerke, deren unterstes mit dem rundbogigen Portal, mit einer in Kleeblattbogen verbundenen Lisenengliederung und einer kleinen Galerie von Spitzarkaden auf gekuppelten Säulchen geschmückt ist, deren zweites vier hohe schmale gotische Fenster enthält und deren drittes mit einem dreigeteilten modernen Fenster durch einen Spitzgiebel abgeschlossen ist. An der Nordseite ein Portal mit einer auf zwei Säulen ruhenden Vorhalle. Die fünf Seiten des Chores sind mit Spitzgiebeln und Fialentürmchen reich geschmückt. Der bis zur Höhe des Daches aus Steinen, darüber aus Ziegeln gebaute Turm mit hohem Dache hat dreigeteilte rundbogige Fenster. – Daneben zu erwähnen ist S. Eufemia in Verona mit ihrem holzgedeckten Riesenlangschiff, einem wenig ausladenden Querschiffe, einem großen Chor und zwei kleinen, diesen begleitenden vierseitig geschlossenen Kapellen. Über der Vierung jetzt eine moderne Flachkuppel. Die Seitenfassade hat Lisenen und Spitzbogenfries, die Hauptfassade Spitzgiebel, gotisches Portal und zwei jetzt zugemauerte hohe Renaissancefenster. Ferner S. Bernardino ebendaselbst, ein einschiffiger flach gedeckter Bau mit einer ans Chorquadrat anschließenden fünfseitigen Apsis. An der rechten Wand zunächst der Fassade sind vier Joche mit Kreuzgewölben angebaut, mit ebensovielen daran sich schließenden Kapellen, von denen zwei fünfseitig geschlossene gotisch, die anderen später sind. Am Ende der rechten Wand öffnet sich die vielbewunderte, reizvolle, von Sanmichele erbaute Capella dei Pellegrini. Die Fassade hat Spitzgiebel, Renaissanceportal und zwei schmale hohe spitzbogige Fenster Verglichen muß auch die Kirche der Eremitani in Padua werden, die 1260 neu gebaut wurde, 1264 den jetzigen Chor erhielt und 1309 abermals von dem Augustinereremiten Fra Giovanni neu gestaltet wurde. Vgl. Moschini: Guida di Padua. 1817. – Brandolese: Pitture Sculture Architetture di Padova. 1795. – Rossetti: Descrizione etc. 1776. – Selvatico: Guida 1869. – Mothes ausführlich S. 432 f. –.

.

Die Kirche S. Francesco in Pistoja

Eine weitere Entwicklung des umbrisch-toskanischen Typus begegnet uns an S. Francesco in Pistoja. Diese Kirche, ehemals S. Maria Maddalena geweiht, wurde 1250 vom Bischof Graziadio Berlinghieri (nach andern 1265) den etwa 1220 nach Pistoja gekommenen Mönchen überlassen. 1289 dann beschloß man den alten Bau zu zerstören und einen neuen zu errichten, der 1294 begonnen und erst 1512 (9./5.) von Fra Raimondo Graziani da Cotignola geweiht worden ist Nach Tolomei: Guida di Pistoja 1821, S. 130. Vgl. V. Papinii Etruria francescana II. Bd. (Bei Mothes nicht ganz genaue Datierung) S. 751.. Der Tradition nach soll ein deutscher Architekt tätig gewesen sein. Die Fassade ist vom Jahre 1717. Der Bau besteht aus einem einschiffigen Langhause mit Holzdecke, quadratischen gewölbten Kreuzarmen, einer in weitgespanntem Rundbogen sich öffnenden oblongen Vierung mit Kreuzgewölbe und einem viereckigen Chor mit je zwei Kapellen zur Seite, deren erste links nach Inschrift 1314 von Nikolaus Merghuliesi gestiftet wurde. Das Kreuzschiff und die vermehrte Anzahl der Kapellen finden wir in Pistoja auch bei S. Domenico, deren Entstehungszeit unbekannt ist. Nach Vasari ward sie von Giovanni Pisano im Auftrage des Niccolò da Prato 1303 restauriert, 1380 vom Monsignor Bartolommeo Franchi vergrößert Vasari I, 313. – Tolomei S. 108. – Mothes S. 780, der, ohne ihre Quelle zu nennen, eine Version angibt, nach welcher Sisto und Ristoro sie 1280 gebaut.. Den Giovanni läßt Vasari auch die Kirche S. Domenico in Prato bauen, die 1281 unter Leitung des Fra Paolo Pilustri begonnen, später von 1300 an durch Fra Mazzetto gefördert wurde Vasari I, 313. – Marchese I, 93. – Schnaase S. 144. – Mothes S. 756. Falscher Grundriß bei Wiebeking: Bürgerliche Baukunde S. 73. – Runge: Beiträge I, 26. 37..

.

S. Francesco in Pisa

.

S. Domenico in Siena. (Nach Lübke)

Derselben Stufe der Entwicklung wie die Bauten in Pistoja gehört auch S. Francesco in Pescia an, die ein Querschiff, aber nur zwei Kapellen neben dem Chor hat und im 16. Jahrhundert eine Umwandlung erfuhr, nachdem schon im 14. Jahrhundert das Längsschiff links durch drei Kapellen erweitert worden war, deren erste ganz im Stile der Schule Brunellescos inschriftlich 1451 von Johannes und Antonius Cardinius, höchst wahrscheinlicherweise, wie ich glaube, durch Andrea di Lazzaro Cavalcante aus Buggiano errichtet wurde, der in Pescia die Kirche S. Maria in Piazza gebaut hat. An der modernisierten Fassade ist noch ein romanischer Bogenfries, unter dem abenteuerliche, phantastische Tiere in Relief angebracht sind, sowie ein rundbogiges romanisches Portal erhalten Vgl. die Kreuzschiffanlage auch bei S. Domenico zu Spoleto und S. Francesco in Tarano. S. Guardabassis Indice..

Ein weiterer Schritt vorwärts geschieht mit S. Francesco in Pisa, S. Domenico und S. Francesco in Siena. Die Verhältnisse wachsen ins Gewaltige, das weiter ausladende Querschiff verliert seine Gewölbe und erhält offnen Dachstuhl, die Zahl der vier Kapellen steigt in den ersten beiden Kirchen auf sechs, in der letzterwähnten auf acht. Im Jahre 1221 waren die ersten Franziskaner nach Pisa gekommen, und ihre erste Kirche wäre nach Morrona auf das Querschiff der jetzigen beschränkt gewesen. 1278 predigte in ihr nach einer urkundlichen Notiz der Erzbischof von Pisa Federigo Visconti, im Jahre 1300 wurde der Neubau inschriftlich vollendet Lange Militairmagazin. Morrona: Pisa ill. III, S. 47. Die Inschrift lautet: Anno domini 1300 nobiles de domo Gualandorum concesserunt liberalit. fratribus S. Francisci pro remedio animar. suar. parentumque suor. ut precidi faciant marmora de monte ipsor. pro consumanda Ecclesia Patrum. – 1342 erhalten die Gambacorti die Haupttribune zugestanden. 1431 wird als primo operajo Piero di Franchino erwähnt. – Vgl. auch Nistri: Nuova Guida di Pisa 1852. S. 219.. Die Kreuzarme öffnen sich hier in je zwei Spitzbögen, die in der Mitte auf einem achteckigen Pilaster ruhen, nach der Vierung zu. Im Chor ist ein viergeteiltes, mit bunten Glasscheiben geschmücktes Fenster. Die zugemauerten Lichter im Langschiff sind zweigeteilt. Die Fassade ist modern, der viereckige, frei über der Ecke des linken Querschiffes aufsetzende schlanke Turm erhebt sich in drei Stockwerken mit zwei- und dreigeteilten Fenstern.

.

S. Francesco in Siena. (Nach Lübke)

S. Domenico in Siena gehörte seit 1225 den Predigermönchen an und ward schon vor 1293 vergrößert, da in diesem Jahre die Kommune das Holz für das Dach bewilligte. Nach einem Beschluß von 1361 (25./4.) wurde der Chor für 5000 Fiorini neu gebaut. 1445 und 1531 brannte das Dach ab. 1490 erbaut Pietro di Sacco Tancredi den Campanile Guida di Siena 1832 (Ferri) – Siena e il suo territorio, Siena 1862 (Sordimuti). – Lübke, Mitt. der k. k. C. C. 1860 S. 195. (Grundriß.) – Mothes S. 759 (nennt 1492 als Datum des Turmbaues)., der nach dem Guida von 1862 aber schon 1340 errichtet worden war. In weit gespannten Rundbogen öffnet sich das Langhaus nach dem Querschiff. Die Kapellen nehmen mit der Entfernung vom Chor an Breite ab. Die hohen spitzbogigen Fenster sind jetzt zugemauert, vom alten Klosterhof sind noch einige achtseitige Pfeiler erhalten.

S. Francesco in Siena, eine ehemals dem heiligen Pietro geweihte Parochie, wurde 1236 vom Bischof Buonfiglio den Franziskanern überlassen, welche die Kirche 1246 erweiterten. Schon 1249 (24./4.) beschloß man sie neu zu bauen. 1250 ward der Chor, 1289 die Fassade, um deren Fertigstellung 1268 (16./11.) die Mönche die Signoria angehen, errichtet, und in demselben Jahre die Konsekration vorgenommen. Am 13. März 1336 wurde nach Vasari (I, 433) vom Kardinal Gaëtano Orsini der erste Stein zu einer neuen Kirche gelegt, die angeblich Agostino und Agnolo bauten. Milanesi wie Mothes nehmen mit Recht an, daß dies wahrscheinlich irrtümlich und der Kardinal von Gaëta 1326 die Kirche vielmehr geweiht habe. 1336 baut Niccolaccio Petroni den ersten Kreuzgang Nach Inschrift über dem erhaltenen gotischen Portal: S. Niccholacii de Petronibus et heredum anno domini 1336., 1475–1484 (2./9.) fertigte Francesco di Giorgio eine neue Decke, 1476 der uns bereits von Assisi her bekannte Frate Francesco Nani genannt Sansone Bresciano nach Zeichnung von Francesco di Giorgio die zwei kleinen Höfe, 1517 entsteht auf Kosten des Girolamo Piccolomini der erste große Kreuzgang, 1639 die Infermeria. Am 23. August 1655 zerstört eine Feuersbrunst das Dach der Kirche und viele Bilder. 1765 wird der Kampanile neu gebaut Vgl. die obenerwähnten Guiden. Lübke a. a. O. – Mothes S. 759. – Wadding II, S. 129 z. J. 1226, läßt das Kloster von Bonaventura bauen.. Die Kirche ist wie die letzterwähnten ein riesiger Backsteinbau mit acht Kapellen neben dem Chor und außerdem zwei später hinzugefügten an der Westseite des linken Kreuzarmes. Die Fassade, deren Steininkrustierung nur im untersten Teile angefangen erscheint, hat ein aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts stammendes Portal. Die Höfe zeigen zierliche toskanische Kompositsäulen.

In den eben besprochenen einfachen, aber durch mächtige Raumwirkung höchst ausgezeichneten Bauten haben wir gewissermaßen die letzte Vorstufe zu der gewaltigsten Bettelmönchkirche in Mittelitalien, zu S. Croce in Florenz Im Gegensatz zu Lübke, der die Kirchen zu Siena von S. Croce beeinflußt glaubt: Gesch. d. Arch. S. Francesco in Siena ist wohl jedenfalls früher als S. Croce.. Wohl mag der Mangel an hinreichenden Geldern mit der Grund davon gewesen sein, weshalb eine Wölbung, wie S. Maria novella sie erhalten, hier nicht zur Ausführung gelangte, doch wäre S. Croce selbst gewölbt, so müßte doch immer ihre nahe Verwandtschaft mit Kirchen wie S. Francesco in Siena hervorgehoben werden, da gerade die reiche Anlage von Kapellen neben dem Chor – es sind hier zehn – das eigentlich Charakteristische bleibt. Aus den Riesenverhältnissen des Baues ergab sich von selbst die Notwendigkeit, von einem einfachen Längsschiffe abzusehen und eine Dreiteilung vorzunehmen. Die Freiheit, die Arnolfo di Cambio dadurch für die Dachkonstruktion erhielt, benutzte er dazu, einzelne Dächer über jedem Kompartiment der Seitenschiffe anzubringen. Auch dürfte er nur dadurch, daß er von vornherein auf Gewölbe verzichtete, auf die Anlage eines so breiten, imposanten Mittelschiffes geraten sein. Die sieben weitgespannten Spitzbögen, über denen eine schlichte auf Konsolen ruhende Galerie von Holz entlang läuft, werden von schlanken achteckigen Pfeilern getragen, deren Kapitäle, dem ganz auf das Große, Einfache gehenden Stile entsprechend, ein zweireihig geordnetes einfaches, fast rohes Blattwerk zeigen. Die dreiseitig geschlossene Hauptapsis, die mit den zwei zunächst liegenden Kapellen der Breite des Mittelschiffes entspricht, öffnet sich in der Höhe des Dachstuhls, während die Kapellen daneben, niedriger, nur die halbe Höhe der Seitenschiffe haben. Die Fenster des Längsschiffes, Querschiffes und Chores sind hoch, schlank und zweigeteilt. An die Querarme ist im Norden und Süden je eine aus zwei Jochen bestehende Kapelle gelegt, je eine andere an ihre Westseite. Die Anlage der Sakristei (mit polygoner Apsis) am rechten Querarm in einer Achse mit den Chorkapellen, sowie des großen Hofes an der Südseite der Kirche, der mit seinen Rundbögen auf achteckigen Pfeilern wohl auch auf Arnolfo zurückgeht, erinnert entschieden an Zisterzienserbauten – man vergleiche damit z. B. die durchaus ähnliche Disposition der Klosterräume in Chiaravalle bei Mailand! Ausführlicher von dem großartigen Werke, seinen späteren Anbauten, Brunellescos Kapelle der Pazzi, desselben großem Hof und Michelozzos am Ende des neben der Sakristei vorbeiführenden Korridors errichteten Kapelle der Medici zu reden, hieße den Rahmen dieser Arbeit überschreiten. Der schlanke Turm trägt über der Glockenstube, deren Spitzbogenöffnungen von Spitzgiebeln überragt werden, einen hohen vierseitigen Helm mit einer auf Konsolen ausladenden Galerie und darüber einen achtseitigen Aufsatz mit Spitzgiebeln. Nach Villani und Vasari begann Arnolfo di Cambio im Jahre 1294 den mächtigen Bau, der in einem Dekret der Kommune von 1295 (8./4.) erwähnt wird, nachdem am 5. Mai der erste Stein gelegt worden war an Stelle der älteren Kirche, welche die 1221 hier angesiedelten Franziskaner im April 1252 errichtet hatten. Daß schon um 1300 der Chor, die Kapellen und das Querschiff fertig waren, geht aus den Fresken des Cimabue in der Kapelle des heiligen Michael hervor. Auch bemerkt Villani, daß der Bau mit Chor und Kapellen begonnen wurde. 1320 begann der Dienst, doch war die Kirche noch nicht vollendet, da 1332 darüber geklagt wird, daß die Stadt die Mittel zum Bau entzogen habe. 1341 und 1383 scheint dann, wie Frey nach Inschriften an Balken konstatiert hat, eine Ausbesserung des Daches oder Neubedachung vorgenommen worden zu sein. Erst 1383 wird eine Kommission für den Weiterbau ernannt und nicht eher als 1442 erfolgte die Weihe, 1566 eine Restauration durch Vasari. Die unausgeführte Fassade wurde 1857 bis 1863 von Cos. Matras und Duprès ausgeführt Vgl. Vasari I, 285. Villani VIII, 7. Gaye: Carteggio I, 428. Moisè: S. Croce. Firenze 1845. Fantozzi: Nuova Guida 1842. Lübke: M. d. C. C. 1860, S. 172 (Durchschnitt). Kugler III, S. 547. Schnaase VII, S. 147. Mothes S. 761. Frey: Die Loggia dei Lanzi in Florenz. S. 70 ff..

.

S. Croce in Florenz

Mit S. Croce, könnte man glauben, sei das letzte Wort gesprochen worden, mit ihr habe die von der kleinsten einfachsten Kapellenform ausgehende Entwicklung ihren Höhepunkt erreicht! Was die räumliche Ausdehnung und den eigentlichen Typus betrifft, ist dies sicher richtig – daß aber gerade die von uns betrachtete Reihe von Bauten mit ihrem einfachen Prinzipe eine weitere Bauentwicklung im 15. und 16. Jahrhundert, jene von Toskana ausgehende so bedeutungsvolle Form der einschiffigen Renaissancekirche vorbereitet, erscheint mir nicht minder überzeugend. Dieser Punkt wird weiter unten seine genügende Berücksichtigung finden, betont aber muß schon hier werden, daß mit der Ausbildung des Typus, mit der allmählichen Erweiterung der Verhältnisse auch die künstlerische Bedeutung der Kirchen gewachsen war. Das Problem ist das denkbar einfachste, zugleich aber das fruchtbarste, die Renaissance des spätern 15. Jahrhunderts am entschiedensten vorbereitende. Es ist die von allen Nebenrücksichten freie, idealste Ausbildung der Raumverhältnisse, die in diesen Kirchen eine so gewaltige Wirkung erzielt, daß man sich anfangs verwundert fragt, worin denn ihr Zauber beruhen möge. Aus diesen schmucklosen Bauten scheint mir ein größeres künstlerisches Können zu sprechen, als wohl aus den meisten norditalienischen Gewölbebauten: freier und in ganz modernem Geiste schafft der toskanische frisch erwachende Kunstsinn Neues nach neuen, klar empfundenen Prinzipien, die eine grundlegende Bedeutung für das Quattrocento gewinnen, in dem dann für den fertigen Gedanken die entsprechende Formsprache in dem antiken Elemente gefunden wird. Da verschwindet auch noch, was für den Gesamteindruck kleinlich und störend war: das Zisterziensersystem der östlichen Kapellen. Indem diese nun ihren Platz an den Seiten des Langhauses erhalten, gewinnt man die Möglichkeit, dasselbe harmonisch reizvoll zu gliedern, ohne der eigentlichen Idee des einheitlichen ungeteilten Raumes zu nahe zu treten. Nicht bloßer Zufall ist es, daß L. B. Alberti für seinen Ruhmestempel des Sigismondo Malatesta, für S. Francesco in Rimini die alte Form der Franziskanerkirche beibehält, in der, wie es scheint, jene Kapellenanlage in überraschendem Gegensatze zu den sonstigen uns bekannten Bettelmönchbauten bereits als ursprüngliche Anlage vorhanden gewesen ist. Ein Analogon dazu bietet, soweit ich zu urteilen vermag, nur die Kirche der S. Chiara in Neapel, die gleichfalls einschiffig ist, je zehn Seitenkapellen und ein Querschiff hat. Sie wurde 1310 gegründet, 1328 vollendet, 1552 von Giovanni di Gaiso im Innern umgewandelt Ältere Schriftsteller wollten sie Masuccio II. geben, nachdem ein Deutscher angeblich sich unfähig bewiesen. Mothes S. 647 neigt dazu, sie von Johann von Olivola und Paulus Olerius oder von Pancius von Toulon bauen zu lassen. Französische Elemente machen sich entschieden geltend.. – Fast noch deutlicher aber tritt uns die Beziehung der einschiffigen Renaissancekirchen zu den Bettelmönchkirchen in Cronacas S. Francesco al monte zu Florenz, jener lieblichen Kirche der padri riformati, die an Stelle der älteren nach 1417 begonnenen, von Cosimo und Lorenzo Medici dotierten, aber bis 1490 unvollendet gebliebenen um 1500 entstand, entgegen. ›La bella villanella‹ pflegte sie mit treffendem Ausdruck Michelangelo zu nennen, er, der in späteren Jahren den Auftrag erhielt, eine ähnliche Kirche der padri riformati, die sie 1472 empfangen und um 1500 von Baccio Pintelli(?) neu hatten bauen lassen: S. Pietro in montorio in Rom, mit Fresken zu schmücken. Endlich wird derselbe echt florentinische Baugedanke von Jacopo Sansovino 1534 nach Venedig verpflanzt, als er den Franziskanern die Zeichnung für den Neubau von S. Francesco della vigna, eine einschiffige Kirche mit fünf von toskanischen Pilastern gerahmten Kapellen, einem nicht ausladenden Querschiff und tiefem viereckigem Chor, entwarf Die Fassade ward 1562 von Palladio hinzugefügt. Es war dort nach 1253, in welchem Jahre (am 8./6.) Marco Ziani testamentarisch den Grund und Boden hinterlassen, eine Kirche gebaut worden, die im 14. Jahrhundert durch einen auf Kosten der Familie Marcimana nach Zeichnung eines Marino da Pisa errichteten Neubau ersetzt wurde. Aus gotischer Zeit erhalten ist noch der hübsche Klosterhof mit rundbogigen, weitgespannten Arkaden auf zierlichen Säulchen. Vgl. die gelegentlich der ›Frari‹ w. u. zitierten Guiden. – S. Giobbe, gleichfalls dem Orden gehörig, ward in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gegründet, aber nicht von Cristoforo Moro, wie Sansovino will, da dieser nur das Kloster erweiterte und die Kirche, namentlich die Kapelle des h. Bernhardin, ausschmückte. Vgl. Moschini, Guida, 1815.. So haben wir also in Franziskanerkirchen selbst die bindenden Glieder zwischen der einen großen Richtung der Renaissancebaukunst, deren Ideal die einschiffige Kirche ist, und dem älteren Typus der umbrisch-toskanischen Bettelmönchkirchen erhalten. Wir werden auf diesen Zusammenhang noch einmal zu sprechen kommen, wenn wir erst die norditalienischen Gewölbebauten, welche die andere große Gruppe der Bettelmönchkirchen ausmachen, kennengelernt haben.

Ehe wir aber zu der Betrachtung derselben übergehen, möchte ich einer kleinen, dem Franz geweihten Kirche in Gravedona am Comer See gedenken, die von Lübke zuerst bemerkt und beschrieben wurde M. der C. C. 1866, S. 118.. Es ist ein einschiffiger Bau ohne Querschiff, wohl aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts, mit dreiseitig geschlossener Haupttribüne und zwei rechtwinkligen Kapellen daneben. Was ihn merkwürdig macht, ist die Anordnung von fünf Spitzbögen, über denen das Holzdach ruht, und die ihrerseits über Pfeilern aufsteigen, die von den Mauern nach innen vortreten. Lübke findet diese Konstruktion zuerst in S. Prassede in Rom und in S. Miniato bei Florenz angewandt, wozu sich noch S. Niccolò in Bari fügen ließe. Doch sind es dort überall Rundbögen, die auf freistehenden Pfeilern des Mittelschiffes ruhen und über denen das Holzdach hinweggeht. S. Maria bei Rezzonico, in der er genau dieselbe Anlage als ehemals vorhanden annimmt, kenne ich nicht, wohl aber einige andere genau mit dem in Gravedona übereinstimmende Bauten, die ich bisher als charakteristisch für Gubbio angesehen. Es ist zunächst der Dom daselbst, der ein Schiff mit zehn derartigen Spitzgurten und, wie jene Kirche, einen fünfseitigen, außen dreiseitig geschlossenen Chor hat. Die zwischen den Pfeilern entstandenen Nischen sind jetzt als Kapellen benutzt und halbrund innerhalb der geraden Längsmauer abgeschlossen. Der Turm erhebt sich über der Vierung. Ferner S. Agostino, wo sich sieben solche Gurtbogen befinden, die Apsis aber einfach viereckig ist. Dazu dürfte wohl auch S. Francesco in S. Gemini zu rechnen sein Ich kenne diese Kirche nur aus Guardabassis Indice S. 91.. Eine ähnliche Anlage wie in Gravedona fand ich neuerdings aber auch in Norditalien: in S. Bernardino zu Salò am Gardasee.


 << zurück weiter >>