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II. Die Baugeschichte nach den älteren Quellen

Zwei Jahre waren vergangen, seit Franz gestorben und in der alten Kirche S. Giorgio bestattet worden war, da kam Papst Gregor IX. selbst nach Assisi, auf Grund der Zeugnisse und Wunder, die von allen Seiten her gesammelt und berichtet wurden, ihn in die Zahl der Heiligen aufzunehmen. Am 16. Juli 1228 ward mit größtem Pomp die Kanonisation vollzogen, und am folgenden Tage legte Gregor selbst den ersten Stein zum Bau der Kirche S. Francesco. Die alte Legende, die bis auf unsere Tage sich erhalten, erzählt, daß Franz selbst den Wunsch ausgesprochen habe, an der verachtetsten Stelle der Stadt, dort wo die Verbrecher hingerichtet wurden, auf dem collis inferni begraben zu werden, und daß an diesem Orte, der nun zum collis Paradisi wurde, auch der Bau zu seinen Ehren errichtet ward. Es ist aber eine Legende, wie so viele andere, die durch eine alte Urkunde entkräftet wird, aus der hervorgeht, daß schon Anfang 1228 der Bau geplant war, und daß ein Privatmann Simon Puzarelli den Mönchen zur beliebigen Verwendung »eines Oratoriums oder einer Kirche für den seligen Leichnam des heiligen Franziskus oder was immer sie machen wollen« ein ihm gehöriges Stück Land geschenkt. (Vgl. die Urkunde im Anhang II.) Der »Frater Elias«, der auch hiernach also wie nach den Denkwürdigkeiten des Jordanus von Giano Vgl. Georg Vogt: D. D. des Minoriten J. v. G. Abhdl. der phil.-hist. Klasse der k. Sächs. Ges. der Wissenschaften. Leipzig 1870. damals noch nicht General des Ordens war, erscheint hier als »recipiens pro papa gregorio«. Am 31. Juli 1229 macht ein Monaldus Leonardi eine weitere Schenkung von Land Instrumenta diversa pertinentia ad S. Conventum. Bd. II, 1228-1229. N. II.. Andere Bürger befolgen das Beispiel nach erhaltenen Urkunden in den Jahren 1241, 1242, 1248, 1249, 1250 In demselben Bande.. In einer Bulle vom 21. Oktober 1228 nimmt Gregor das zuerst von der Bürgerschaft dem päpstlichen Stuhle geschenkte Land an und verleiht der neuen Basilika das Recht der Immunität Sammlung der Bullen. I. Bd. – Abgedr. bei Padre Angeli: Collis Paradisi lib. II, p. 8.. Dasselbe bestätigt er am 22. April 1230 und bestimmt, daß die Kirche fortan »caput et mater« des ganzen Ordens sein sollte Ebds. Angeli: ebds.. Inzwischen scheint der Bau rüstig fortgeschritten zu sein, da der Papst, nachdem Pfingsten 1230 das Generalkapitel in Assisi abgehalten worden war, in einer Bulle vom 16. Mai 1230 die Übertragung des Leichnams in die Kirche anordnen konnte, welche am 25. Mai 1230 feierlich vollzogen wurde. Hören wir die Worte des alten Biographen des Franz, der des Thomas von Celano Legende bearbeitete und fortsetzte und von Suysken mit Thomas von Ceperano identifiziert wurde Acta Sanctorum. App. § 32. S. 681..

»Im Jahre des Herrn 1230, als eine nicht geringe Anzahl Brüder zur Übertragung des Heiligen und zur Feier des Generalkapitels aus den verschiedensten Teilen der Welt in genannter Stadt sich versammelt hatten, sandte der schon erwähnte, ihnen besonders zugetane Vater, der Papst Gregor, auf dessen persönliche Gegenwart bei dieser Feierlichkeit der Übertragung man gehofft hatte, der aber damals durch andere dringende Kirchengeschäfte abgehalten wurde, einige feierliche Boten mit Briefen dahin, in denen er nicht allein den zwingenden Grund seiner unerwarteten Abwesenheit erklärte, sondern auch den Söhnen, die er mit väterlicher Liebe tröstete, die Mitteilung von der Auferweckung eines Toten durch den heiligen Franziskus machte. Dazu sandte er durch dieselben Boten ein goldenes Kreuz, das köstlich mit Gemmenarbeit geschmückt war, aber zugleich ein Stück Holz vom Kreuze des Herrn, das kostbarer als alles Gold ist, enthielt; außerdem Schmuckgewänder und einige für den Gebrauch des Altars bestimmte Gefäße, sowie sehr würdige Gewänder für den festlichen Gebrauch. Und alle diese sehr kostbaren Dinge wies er der Basilika des heiligen Franz zu, die, von aller niedern Jurisdiktion eximiert, unter seiner Autorität gebaut wurde, und deren ersten Stein er selbst gelegt. Aber auch andere nicht geringe Geschenke, als Beiträge zum Bau sowohl wie zu der bevorstehenden Feierlichkeit, gab er her. So wurde der heiligste Leichnam zu der außerhalb der Mauern der Stadt gebauten Kirche an einem Sabbath am 8. Tage der Kalenden des Juni mit so festlicher Zurüstung übertragen, daß es in kurzen Worten nicht beschrieben werden kann; und so groß war die Menge des Volkes, die zu diesem Feste der Übertragung zusammengeströmt war, daß die Stadt sie nicht fassen konnte und sie wie Herden scharenweise ringsum auf den Feldern lagerten.« Von den Unruhen, welche die Zeremonien störten, wird hier nichts lautbar; doch erfahren wir davon aus einer Bulle Gregors vom 16. Juni, in der er sich über die ihm und dem Heiligen angetane Schmach bitter beklagt. Bewaffnete waren in die Prozession eingebrochen, sie hatten den Leichnam entführt, die Tore der Kirche dem Volke verschlossen und Franz im Innern begraben. Aus welchem Grunde diese Gewalttätigkeit geschah, ist noch nicht recht aufgeklärt: wie es scheint, fürchtete man einen gewaltsamen Raub der kostbaren Reliquie von feindlicher Seite. Oder wollte Elias es vermeiden, daß das Volk noch einmal den wundengezierten Leib des Heiligen sähe? Jedenfalls wird diese Tatsache in dem Jahrhunderte dauernden späteren Streit über den Ort, wo Franz begraben liege, vielfach zu allerlei Vermutungen und Legenden ausgenutzt.

Die nächste Nachricht über die Kirche ist uns von Angeli erhalten, der hier angeblich ein altes Manuskript benutzte, das Papini ebensowenig wie Cristofani und mir bekannt ist und sich offenbar nicht mehr im Archive befindet. Danach ernannte Johannes de Parentibus, der in der Tat nach Jordanus und Salimbene bis 1232 General war, im Namen des Papstes den Piccardus Morico zum Verwalter der Kirchenbaugelder unter der Verpflichtung, mit Philippus Campellus zu partizipieren und dem Kardinal Protektor Rechenschaft abzulegen. Gerade diese Notiz aber ist von großer Wichtigkeit, da aus ihr hervorgeht, daß also schon vor 1232 Philippus de Campello der Baumeister ist, von einem Jacobus aber nichts verlautet. Wie weit der Bau der Oberkirche im Jahre 1236 gefördert war, ist nicht genau zu sagen. Man hat gewöhnlich aus einem 1236 bezeichneten Kruzifix, das Giunta für Elias gemalt und das sich auf dem Querbalken der Oberkirche befand, geschlossen, daß diese schon in jenem Jahre eingewölbt, ja vollendet war. Ersteres ist wahrscheinlich, für letztere Annahme ist jenes Kruzifix nicht entscheidend Es ward 1623 entdeckt. Wadding I, S. 397. Morrona: Pisa illustrata II, S. 126.. Sicher ist, daß in jenen Jahren Elias besonders in Deutschland eifrig Geld für den Bau eintreiben ließ, wovon Jordanus zu erzählen weiß. Daß diese Geldeintreibungen viele der Brüder sehr erbitterten, daß die Zeloten in ihrer Wut die am Eingange der Kirche für Beiträge aufgestellte Marmorschale zerstörten, mag auf glaubwürdiger Tradition beruhen, wird aber von Wadding irrtümlich schon zum Jahre 1229 erzählt Rodulphus Hist. Ser. Rel. II, p. 247. Annales II. B. 1229. S. 216.. Die Annahme Angelis, daß von Elias die zwölf Türme erst hinzugefügt worden seien, stützt sich auf nichts, vielmehr werden dieselben in den Anfang des Baues zu versetzen sein. Wohl aber muß in dem Jahre 1239 der Campanile vollendet gewesen sein, da damals die Glocken gefertigt wurden, deren Inschriften uns erhalten sind Rodulphus a. a. O. II, S. 247. Danach bei Wadding II, S. 398 und Angeli: Collis Par. tit. XVII, S. 30.. Die eine lautete: »A. D. 1239 Fr. Elias fecit fieri Bartholomaeus Pisanus me fecit cum Loteringio filio ejus. Ora pro nobis Beate Francisce. Ave Maria gratia plena. Alleluja.« Die andere: »Anno D. 1239. Papae gregorii tempore Noni Caesaris ac potentissimi Friderici. O Francisce pie, fratris studio sed Heliae. Christus regnat, Christus vincit. Christus imperat mentem Sanctam, Spontaneam, Honorem deo et Patriae liberationem. Cum fit Campana, quae dicitur Italiana, Bartholomaeus Pisanus fecit cum Lotharingio filio ejus. Ave Maria gratia plena Dominus tecum, benedicta tu in Mulieribus, et benedictus fructus ventris tui.« Nach Rodulphus wurde noch eine dritte auf Elias' Betreiben gefertigt, während Salimbene (lib. d. praelato a. a. O. S. 406) fünf erwähnt, »von denen jenes ganze Tal in ergötzendem Zusammenklang erfüllt wurde« Pisa war damals für seine vortrefflichen Glockengießer bekannt. Man vgl. die Erzählung bei Salimbene, a. a. O. S. 341 z. J. 1285, wie die Parmenser einen Meister von Pisa berufen, damit er ihnen eine Riesenglocke gieße, die bis Reggio und Borgo San Donnino vernehmbar sei, wie der Glockengießer als großer Baron angetan ankommt und der Guß mißlingt.. Die kleineren Glocken scheinen von Peruginer Künstlern ausgeführt zu sein, die 1243 in einer Urkunde quittieren Instrumenta diversa etc. Bd. II. N. VII..

Daß noch im Jahre 1239 an der Kirche selbst gebaut wurde, beweist eine bisher nur von Papini und Mothes beachtete Urkunde, die aber namentlich von letzterem, wie später besprochen wird, vollständig falsch gelesen worden ist (vgl. Anhang II, Ausgabe v. 1926) Instrumenta a. a. O. N. III.. Dieselbe behandelt einen Vertrag, der zwischen Elias und dem Syndikus und Prokurator von S. Francesco: frate Jacopo von Bevagna einerseits und den Brüdern Sanguonius und Thomas Uffreducii, einer auch sonst in Urkunden häufig vorkommenden Familie von Assisi, am 26. Mai 1229 abgeschlossen wurde, wonach sich die ersteren verpflichteten, die Travertinblöcke, die sie zum Bau von S. Francesco einem jenen gehörigen Gebäude entnommen haben, wieder zu ersetzen Die Quittung der Brüder Uffreducii fand ich in demselben Bande der Instrumenta – vom 29. Oktober 1266. N. XXVIII.. Aus dem folgenden Jahrzehnt fehlen dann, abgesehen von einer Urkunde vom 4. Oktober 1246, in welcher die Umgrenzung des Platzes vor der Kirche bestimmt wird Instrumenta Bd. II, IV. Vgl. auch ein anderes vom 15. März 1235, in dem beschlossen wird, behufs Erweiterung des Platzes zwei Häuser abzureißen., alle Nachrichten, bis Innocenz IV., nachdem er am 13. Februar 1252 eine Bulle mit der Verheißung des Ablasses von einem Jahre und 40 Tagen für alle, welche die Kirche am Tage des Heiligen und während der vierzehn folgenden Tage besucht, erlassen, selbst nach Assisi kam und in Gegenwart der Kardinäle Rinalso dei conti di Segni, Riccardo Annibaldi und Giangaetano degli Orsini am 25. Mai 1253 die Kirchen weihte Die alte falsche Annahme, die Weihe habe 1235 stattgefunden (Wadding), ist schon im Collis Paradisi und in den Acta sanctorum endgültig widerlegt worden.. Im wesentlichen waren diese gewiß jetzt vollendet, doch wie es scheint, auch noch nicht ganz, da Innocenz IV. in einem von Angeli publizierten Brief an Frater »Philippus de Campello Ordinis Minorum Magister et Praepositus operis Eccl. S. F.« diesem gestattet, Almosen in Geld anzunehmen und für die Kirche zu verwenden. Leider ist die betreffende Stelle zu allgemein gehalten, als daß man ihr Näheres entnehmen könnte Die Stelle lautet vollständig: Hinc est, quod cum venerabilis Ecclesia S. F. Assisiatis nondum sit decenti, prout convenit, opere consumata, Nos cupientes ob reverentiam S. ejusdem seduli apud Deum pro populo Christiano Patroni, dictam Ecclesiam, et nobili compleri structura, et insignis praeeminentia operis decorari, ut oblationes in pecunia, tu et alii qui Prepositi operis ejusdem Ecclesiae pro tempore fuerint, ad Altaria ipsius Ecclesiae, ac alias etiam pro eodem opere recipere valeatis, in idem opus totaliter et fideliter expendendas, prout Ven. Frater noster Ostien. et Velletren. Episcopus vel alius Romanae Ecclesiae cardinalis, qui Ordinis Fratrum Minorum protector extiterit, ordinandum, vel disponendum duxerit, et indulgemus etc. Collis Parad. II. Th. S. 20.. In der folgenden Zeit hören wir so gut wie nichts mehr von dem Bau. Daß Philippus de Campello den Altar dem heiligen Stanislaus errichtet, der 1253 hier kanonisiert worden war, geht aus einem bei Angeli angeführten Briefe Alexanders IV. (VII. Kal. Febr. 1256) hervor, doch überläßt derselbe Autor sich gleich darauf durchaus unbegründeten Vermutungen, wenn er denselben Baumeister bei dieser Gelegenheit den Anbau der Kapellen vorschlagen läßt Collis Parad. Tit. XXV. S. 35 f.. Es muß dem entgegen betont werden, daß wir keine authentischen Nachrichten über den Anbau besitzen, und daß es nur mehr oder weniger alte Traditionen sind, denen die verschiedenen Schriftsteller folgen, wenn sie als Baumeister Philippus de Campello oder, wie es Cristofani in seinem Guida im Hinblick auf das östliche Querschiff der Unterkirche tut, Giotto nennen.

Von Interesse aber für die Baugeschichte sind von den zahlreichen, meist Privilegien gewährenden päpstlichen Bullen der folgenden Zeit, die alle hier zu erwähnen keinen Zweck hätte, eine vom 15. Juli 1254 datierte, in welcher Innocenz IV. der Kirche das Recht erteilt, wertvolle Geräte, Gewander und Bücher zu besitzen, sowie zwei andere von Alexander IV. erlassene, aus denen wie einiges über die zum Bau der Kirche gelieferten Geldbeiträge erfahren. Aus der ersteren vom 18. März 1255 nämlich geht hervor, daß Wenzeslaus, König von Böhmen, solche nach Assisi gesandt, sein Vermittler aber, ein conte d'Ardetb, nicht die ganze Summe den Mönchen ausgezahlt, wozu nun seine Witwe und seine Söhne angehalten wurden. Die andere vom 15. Dezember 1260 betreibt die Auszahlung der von den Christen in Marocco für den Bau gesandten Summen, die zwei Kaufleute in Genua: Niccolo Calvo und Giovanni di Mongiardino unterschlagen hatten. Endlich ist noch eine Bulle Nicolaus' IV. zu erwähnen (12. Mai 1288), in der er der Kirche Geschenke (namentlich Stoffe) zuweist, sowie eine andere vom 15. Mai 1288, in der er anordnet, daß die in S. Francesco und der Portiuncula gespendeten Almosen in Anbetracht dessen, daß die Erhaltung der Kirche S. Francesco nicht geringe Kosten mache, hierfür verwendet würden.

Damit sind die schriftlich erhaltenen Nachrichten über die Entstehung der merkwürdigen Kirche erschöpft; die wenigen Veränderungen, die sie in den folgenden Jahrhunderten erfuhr, sollen weiter unten kurz im Zusammenhang mit der Besprechung des Klosters erwähnt werden. Was besonders auffällt, bleibt immer, daß kein altes Dokument uns den Namen des Baumeisters der Unterkirche erhalten hat. Die einzige auf denselben bezügliche Angabe findet sich bei Vasari, der ihn Jacopo Tedesco nennt, und auf Vasari allein stützt sich die Angabe aller Schriftsteller, die bis auf den heutigen Tag von S. Francesco gesprochen. Es verdient dies scharf hervorgehoben zu werden, da man bisher geglaubt, der Padre Angeli habe noch eine Urkunde gekannt, in der jener Jacopo erwähnt gewesen. Dies war aber bestimmt nicht der Fall – auch Angeli folgt, wie er selbst deutlich genug sagt, Vasaris Angaben und schmückt dieselben in der Absicht, den Vorgang pragmatisch anschaulich zu schildern, nur reicher aus. Die Worte Vasaris: »es wurde nach vielfacher Überlegung als bester Baumeister von allen, die sich damals finden ließen, ein Meister Jacopo Tedesco nach Assisi gebracht«, dienten ihm offenbar als Grundlage für seine belebte Erzählung, wie eine Konkurrenz ausgeschrieben und wie dann der Bau begonnen wurde Collis Paradisi Tit. IV. S. 4. Impossible, nedum difficile cunctis videbatur in tam arduo situ tot inter vortices, voragines et scopulos, per amoenum aliquod magnificum et durabile excitandum fore aedificium. Quisque (ut in similibus evenire solet) suam proferebat sententiam, objectionem, praedictionem. At impavidum Heliae ingenium totum S. Patris datum amori incumbens gloriae, nil trepidabant. Accito proptera ex Germania omnium Architectonices peritorum illius aevi peritissimo Jacobo Alemanno, ut refert Georgius Vasarius in vitis pictorum et architectorum t. prim. in vita Arnolfi 9 convocatisque aliis in eadem arte versatis, quos inter adhuc juvenis devotione ductus adfuit Philippus de Campello qui postea Ordinem ingressus est, et post Jacobum praedictum totius operis Praefectus est constitutus. Considerato emensoque situ, variis propositis exemplaribus perpensisque schematibus, omnes iudicio Jacobi steterunt; et quintodecima Mensis Maji die 1228 fundamentis fodiendis multiplex imposita fuit manus. Collem undique artifices occuparunt, quidam scindendis scopulis, alii eruendis petris, alii ceteris praeparandis materialibus addicti. Etc.. Von Philipp de Campello aber weiß Vasari nichts, und doch erscheint Filippo schon um 1232, also in der Zeit, als man die Oberkirche begann, als Leiter des Baues und bleibt es bis zum Jahre 1253. Das darf uns billig mißtrauisch machen gegen des Aretiners Angaben, die ja, namentlich was das 13. und 14. Jahrhundert anbetrifft, nur mit der größten Vorsicht aufgenommen werden dürfen. Ja, wäre es freilich, wie Mothes mit ungerechtfertigten Ausfällen gegen seine Vorgänger als klar und zweifellos hinstellt, wirklich erwiesen, daß eine Urkunde den Jacopus von Merania als Baumeister nenne, dann wäre Vasari gerechtfertigt. Wie jeder aber aus dem im Anhange gegebenen Text derselben erkennen kann, handelt es sich hier um nichts weniger als einen Baumeister Jacopus de Merania, sondern um den Syndikus und Prokurator von S. Francesco: Jacopo von Bevagna, einer unweit Assisi gelegenen Stadt. Dieselbe Urkunde lehrt uns aber einen anderen Architekten als anwesenden Zeugen kennen: den Magister Paulus Luprandi, der demnach vermutlich unter Philipp de Campello arbeitete.

Woher hat also Vasari seinen Jacopo genommen, aus alten Überlieferungen, oder ist er nur ein Gebilde seiner Phantasie? Für letzteres ließe sich wohl manches geltend machen! Ist doch die ganze Biographie Arnolfos di Cambio, wie archivalische Forschungen ergeben haben, ein mehr oder weniger willkürlich erfundener Roman, der sich am besten erklären läßt aus der Absicht, das Auftreten des gotischen Stiles, der für Vasari ja der barbarische deutsche ist, in Florenz zu begründen. Arnolfo, den er als Architekten dem Maler Cimabue, also als Neuerer vergleicht, ist für ihn der Sohn eines Lapo, dem er in vielfach sich widersprechender Ausführung eine Anzahl Bauten zuschreibt, die früher als Arnolfos Kirchen den gotischen Stil zeigen. In die Reihe derselben gehört S. Francesco, und so wird Lapo mit dem Architekten dieses Baues identifiziert und sein eigentlicher Name aus der florentinischen Abkürzung als Jacopo wiederhergestellt. Daß er ihn dann zum Deutschen macht, ist leicht verständlich, da S. Francesco ja für ihn die erste deutsch-gotische Kirche in Italien ist. In dieser Weise ließe sich ohne besondere Schwierigkeiten die Entstehung des Jacopo Tedesco bei Vasari erklären. Daß er mit Lapo eine bestimmte Persönlichkeit im Auge hatte, ist leicht möglich, es kann ja neben jenem Lapo, der als Genosse des Arnolfo in Siena erwähnt wird, noch ein anderer Baumeister Lapo existiert haben, von dem er einiges gehört. Daß Arnolfos Vater aber nicht Lapo, sondern Cambio hieß, ist längst erwiesen und damit noch deutlicher gezeigt, daß die ganze Erzählung von Jacopo oder Lapo Tedesco zum größten Teile Erfindung ist.

Auf der anderen Seite aber wäre es ebensowohl auch denkbar, daß Vasaris Erzählung vom Vater Arnolfos eine alte Tradition in Assisi entgegenkam, die als Baumeister der Franziskuskirche einen Jacobus nannte. Dies könnte eine Bestätigung finden in einem leider nicht vollständig erhaltenen Manuskript des Archives daselbst, das eine bis jetzt für die Geschichte der Kirche noch nicht ausgenutzte Beschreibung derselben enthält. Dasselbe, wohl im 17. Jahrhundert geschrieben, geht, wie aus einigen Stellen ersichtlich, auf ein anderes, damals im Archive befindliches, 1570 geschriebenes Manuskript eines Fra Lodovico di Castello zurück, das ich jetzt nicht mehr aufzufinden vermochte Papini, der es einige Male in den Notizie sicure erwähnt, ohne es doch auszunutzen, scheint auch nur die von mir erwähnte freie Kopie, in der auch ein anderes Manuskript des Malers Adone Doni für die Beschreibung der Fresken der Oberkirche verwertet wird, zu kennen. Sie erhielt i. J. 1822 Randglossen, die neben einigen archivalischen Notizen namentlich Vasaris Angaben vergleichend hinzusetzen. Eine ganze Reihe von Blättern, darunter leider das Titelblatt und der Anfang, fehlen. Die übrigen sind ungeordnet und bringen häufig Wiederholungen, so daß man annehmen möchte, der Kopist habe nur vorläufig alle wichtigen Notizen zusammenstellen wollen, um später daraus ein Ganzes zu machen. Ich werde das Manuskript im Texte einfach als »alte Beschreibung« zitieren.. Nun könnte es scheinen, als kenne der Schreiber die »vite« des Vasari nicht, da er viele abweichende Bestimmungen bringt, doch scheint es auch nur, da er in diesen offenbar dem von Vasari unabhängigen Fra Lodovico folgt, andrerseits aber wiederholt Vasari abschreibt, wie bei der Beschreibung des Denkmales der Königin von Cypern, als dessen Verfertiger er Fuccio nennt, dem er wie Vasari auch die 1229 gebaute Kirche S. Maria sopra l'Arno zuschreibt. So kommt wohl auch die Notiz: der Baumeister von S. Francesco sei »Jacomo Todesco, trovandosi all' hora in Italia di gran fama de Pittore et Architettore« von jenem her, und beweist für unsere Zwecke nichts. Viel wichtiger ist es zu wissen, daß eine andere alte ausführliche Beschreibung der Kirche, die höchst ungerechtfertigterweise ganz in Vergessenheit geraten ist, nichts von dem Baumeister weiß. Petrus Rodulphus in seinen historiarum Seraphicae religionis libris tres sagt: »Dieser Bau hat nichts gemein mit jenem Stile, den Vitruvius als Architekt feststellte, sondern ist ein teutonisches Werk. Den Namen des Erbauers habe ich nicht gefunden Lib. II p. 247. Vgl. die im Anhange III ihrer Bedeutung wegen vollständig gegebene Beschreibung von S. Francesco, die Wadding nicht überall genau in seinen Annalen II, S. 397 zu 1235 wiedergab. Ich benutzte ein Exemplar des höchst seltenen Werkes des Rodulphus in der Wiener Hofbibliothek..« Wenn schon ein mit dem Archive von S. Francesco so vertrauter und so gründlicher Schriftsteller, wie Rodulphus es zweifelsohne gewesen, ein Zeitgenosse des Vasari selbst, so bestimmt behauptet, nichts von dem Baumeister erfahren zu haben, so wird es geradezu zur Unmöglichkeit, behaupten zu wollen, Vasari habe auf Grund irgendeiner jetzt verlorenen Urkunde oder einer allgemein herrschenden Tradition Jacopo Tedesco zum Architekten von S. Francesco gemacht. Urkunde wie Tradition wäre sicher dem mit Assisi innig vertrauten Franziskaner Rodulphus eher noch bekannt gewesen, als dem in Assisi fremden Aretiner. So wird uns die zuerst ausgesprochene Vermutung: der Jacopo Tedesco sei eine Erfindung Vasaris, die vielleicht in irgendwelcher Beziehung zu einem uns nicht mehr bekannten Baumeister Lapo steht, fast zur absoluten Gewißheit.

Ich meine demnach, der Name des Jacopo Tedesco sei aus der Baugeschichte der Franziskuskirche, wie der allgemeinen Kunstgeschichte zu streichen. Damit aber fallen auch alle die müßigen Erfindungen einer späteren Zeit: die Sage, daß jener Deutsche im Gefolge Friedrichs II. nach Italien gekommen und von jenem auf Wunsch des Elias nach Assisi geschickt worden sei, sowie jene andere, die Philipp de Campello sogar zum Sohne Jacobs macht.

Was hätte denn letzterer auch Neues aus Deutschland mitgebracht? Alles was gotisch ist: die Oberkirche vor allem ist ja unter Leitung des Philipp gebaut worden! Des Jacobus Anteil am Bau würde sich auf die romanische Unterkirche beschränken, und da möchte man sich doch vergeblich fragen, was an derselben Deutsches sei? Nun wir befreit von der verwirrenden Tradition aus dem Denkmal selbst unsere Schlüsse ziehen dürfen, werden wir ohne Mühe diesem seine richtigere Stellung anweisen können. Alles, wie mir deucht, deutet darauf hin, daß der Baumeister der Kirche seine Schule in der Lombardei durchgemacht. Nur in Mailand und Umgegend begegnen wir diesen mächtigen lastenden Kreuzgewölben über den eigentümlich flach gespannten Rundbögen, dort auch der kreuzförmigen Anlage wie den massigen Rundpfeilern. Bauten wie die 1221 geweihte Kirche Chiaravalle bei Mailand, wie die um 1200 in ihren Gewölben veränderte S. Ambrogio, bezeichnen genau die Stufe der lombardischen Bauentwicklung, auf der auch die Unterkirche in Assisi steht. Besonders lebhaft aber wurde ich an die letztere in S. Nazaro in Mailand erinnert, einer freilich später modernisierten Kirche, die aber die alte kreuzförmige Anlage und Anordnung der Gewölbe noch erkennen läßt. Ja, ich möchte noch weiter gehen und behaupten, daß auch die Oberkirche in ihren räumlichen Verhältnissen am meisten an die eben erwähnten Bauten gemahnt, wenn auch das Detail hier bereits einen Fortschritt und eine nähere Beziehung zu nordischen Formen zeigt. Eine solche aber macht sich ja auch schon an der von 1219–24 gebauten Kirche S. Andrea zu Vercelli bemerkbar, wo zwar die Fenster noch rundbogig gehalten, die Scheidebögen aber spitz sind, und die Pfeiler ähnliche Halbsäulen mit ähnlichen Knospenkapitälen haben. So, glaube ich, kommt auch Filippo de Campello aus der Lombardei und verwertet seine dort gemachten Erfahrungen in origineller, durch die Terrainschwerigkeiten bedingter Weise. Ob er nicht schließlich wie die Oberkirche so auch die Unterkirche gebaut?

Die gesamte Anlage findet, soviel ich weiß, nur ein einziges Seitenstück in Italien, und zwar wunderbarerweise in der frühesten Kirche des älteren ersten großen Gründers der Mönchsorden, des h. Benedikt in Subiaco. In räumlicher Ausdehnung freilich muß die letztere weit zurückstehen, doch sind auch hier an steil abfallender Bergeslehne zwei Kirchen übereinander gebaut, und ähnlich wie in Assisi weht es den Besucher wie »geheimnisvolle Frömmigkeit« an! Ja der mystische Eindruck ist hier noch größer, da von der unteren Kirche, an deren Nordseite in zwei Stockwerken unregelmäßige Kapellen in den Fels gehauen sind, eine unregelmäßige Treppe in noch größere Tiefen zu andern Kapellen hinabführt und so ein wundersamer Durchblick durch wechselnd dunkle und beleuchtete gewölbte Räume möglich wird. Auch hier nur freilich in scheinbar willkürlicher Aufeinanderfolge über runden oder spitzen Bögen breite Kreuzgewölbe, auch hier die zweifelslose Beziehung zu lombardischen Bauten! Wenn es nicht Dokumente gäbe, die dem Bau ein höheres Alter vindizieren, den unteren Raum mit seinen Rundbögen 1052, den oberen mit dem Spitzbogengewölbe 1066 entstehen lassen, würde ich nicht zögern, die Umgestaltung des Sacro Speco etwa in dieselbe Zeit zu setzen wie S. Francesco, ja eine Beziehung zwischen beiden Kirchen für nicht undenkbar zu halten. Seit D'Agincourt hat man sich leider nicht mehr wirklich eingehend mit dem interessanten Bau, der so vieles Rätselhafte hat, beschäftigt. Ob eine kritische Untersuchung nicht ergeben würde, daß besonders das obere Oratorium im Anfang des 13. Jahrhunderts Veränderungen erfahren, zu jener Zeit zwischen 1220 und 1235, als die Cosmaten Jacobus und seine Söhne den herrlichen Hof in S. Scholastica bauten?

Ehe wir nun im folgenden einen kurzen Blick auf die Baugeschichte auch des Klosters von S. Francesco werfen, sind noch drei Werke in der Kirche zu erwähnen, die ihrem Stile nach der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts angehören: der Altar der Unterkirche, die Kanzel ebendaselbst und der päpstliche Thron in der oberen. Alle diese Werke, über deren Verfertiger sich bis auf eine Notiz nichts im Archiv und in den Beschreibungen findet, zeigen einen durchaus im Stile der Cosmaten gehaltenen feinen Mosaikenschmuck und erinnern auch in der Arbeit der meist gedrehten Säulchen an jene römischen Künstler. Der schöne Altartisch ruht auf 20 mit Kleeblattbögen verbundenen kurzen Säulen und war ehemals mit einer Umfriedigung versehen, die sich jetzt in der Oberkirche befindet und aus zwölf achtseitigen antikisierenden Säulen, die ein gerades mosaiziertes Gebälk tragen, besteht. Das die letzteren verbindende Eisengitter wurde am Ende des 15. Jahrhunderts von einem Gasparino d'Antonio verfertigt Dieser Gasparino d'Antonio de Ruberto de Foligno kommt in den erhaltenen Ausgabebüchern (Miscellanea 1472-1523, und Ausgabebuch 1467-97) von 1476-1481 (24. Juli) wiederholt vor. Daß er jenes Eisengitter gefertigt, entnehme ich der alten Beschreibung. Es ist derselbe Künstler, der sich in einer von Fratini (S. 280) ganz publizierten Urkunde vom 6. Juni 1479 verpflichtet, im Auftrage Sixtus IV. das Reliquiarium für den »Camoscio« des Franz zu verfertigen.. Die Kanzel diente früher als Altar des h. Stanislaus und dürfte daher identisch mit dem in dem oben erwähnten Breve Alexanders genannten Werke des Philippus sein. Die einfache mensa der Oberkirche ist mit Mosaiken ornamentiert. Der von einigen ohne jede Berechtigung dem Fuccio zugeschriebene Thron, der unter einem mit Krabben verzierten, auf Säulen ruhenden Spitzgiebelbaldachin steht, hat eine spitze Lehne, als Armbrüstungen zwei Löwen, und trägt unten am Schemel die Relieffiguren eines Löwen, Greifen und Basilisken sowie die Inschrift: super Aspidem et Basiliscum ambulabis et conculcabis Leonem et Draconem.

Daß der Bau des Klosters Schritt hielt mit dem der Kirche, dürften wir voraussetzen, selbst wenn uns nicht aus der ältesten Zeit sechs mächtige Kreuzgewölbe erhalten wären, die ganz denjenigen der Unterkirche entsprechen und offenbar den südlichen Teil des westlich an der Kirche gelegenen Hofes bildeten. Um ihn legten sich im Norden, Westen und Süden die Baulichkeiten, die jetzt noch, freilich ganz verändert, erhalten sind. Auch die mächtigen Substruktionen des vorspringenden südlichen Teiles zeigen noch die Spuren des alten Baues, der sicher anstatt der rundbogigen wenigstens zum großen Teile spitzbogige Öffnungen aufwies, in welche Säulchen mit antikisierenden Kapitälen gesetzt waren. Einige wenige derselben sind erhalten. Eine Erweiterung erhielt das Kloster durch den vom Kardinal Albornoz errichteten Bau der Infermeria nuova, die westlich an den großen Hof anstieß und noch heute in dem Wappen des Kardinals und in wenigen spitzbogigen Fenstern an das 14. Jahrhundert erinnert. In einem mit L bezeichneten Ausgabebuch, das mit 1352 beginnt, befinden sich mehrere darauf bezügliche Notizen, zuerst vom 30. Juli 1354, dann öfters bis zum Jahre 1361, einige auch in einem anderen Ausgabebuche: vom 17. November 1377, an welchem Tage die Infermeria gepflastert wird. Als Werkmeister wird ein Nicolaus de Bictonio (Bettona) erwähnt, der im Jahre 1360 mit dem Bau eines Claustrum beschäftigt erscheint, für das ein Francesco di Corrado, Francesco di Muscio und Piero di Damiano die Säulen ausführten Vgl. libro di spese 1352-64. Notizen vom 16. Mai, vom 29. Dez. 1360 und 4. Dez. 1360. – Der Niccolò da Bettona wird noch im Sept. 1362 erwähnt. – Ein am 14. Mai und 24. Nov. 1355 erwähnter Puciarello Gungloli und ein Stephanus sind wohl als Maurer an der Infermeria und in der Capella S. Martini tätig gewesen. – Vgl. auch Fratini S. 188 ff., der irrtümlich statt des Niccolò da Bettona einmal einen Crispolto nennt, der aber erst 1486 als Mitarbeiter an dem Chorgestühl der Unterkirche auftritt.. Ob dies nur eine Restaurierung des alten Hofes oder die Anlage eines neuen, etwa des jetzt von der Infermeria umschlossenen hofartigen Raumes, gewesen ist, vermag ich nicht zu entscheiden. Bis 1442 hören wir dann nicht mehr von dem Bau, da nur wenige Reste eines Ausgabenbuches aus dieser Zeit erhalten sind. In jenem Jahre aber ordnet der päpstliche Legat am 21. Dezember an, daß fortan zur Verwaltung der eingehenden Almosen, die zur Erhaltung von Kirche und Kloster verwandt werden sollen, zwei Bürger mit dem Titel: »maestri dell' opera di S. Francesco« angestellt werden. 1446 wird dann hinter der Apsis der Unterkirche von Maurern aus Perugia und Città di Castello ein Gebäude errichtet, das »armario« genannt und von Fratini richtig als neue Sakristei gedeutet wird Fratini S. 256 f. Ein Stefano tedesco fertigt die Fenster. Ich habe dieses Ausgabebuch nicht finden können und folge daher Fratini, demzufolge damals auch fünf Bogen des Campanile und ein Rundfenster der Oberkirche zunächst dem Altare repariert wurden.. Dasselbe bestand noch zu Zeiten des Vasari, der unter dem Bilde der Stigmatisation die jetzt vermauerte Türe, die zur Sakristei führte, erwähnt.

Eine wirklich umfassende Bautätigkeit aber trat erst wieder ein, als Sixtus IV. den päpstlichen Stuhl bestieg, ein Papst, der, aus dem Franziskanerorden hervorgegangen, seine Verehrung für Franz und dessen Kirche in Assisi stets hegte und tatkräftig bewies. In zwei Bullen vom 12. November 1471 und 13. Januar 1472 kam er den Wünschen der Mönche, die zur Restaurierung der Kirche notwendig des Geldes bedurften, willig entgegen und sandte selbst, wie ein von Fratini S. 263 publizierter Brief seines Nepoten Giuliano della Rovere vom 8. November 1472 angibt, 1000 Dukaten »per compimento della fabrica«. Zugleich befiehlt er, zwei Bürger zu wählen, die zugleich mit einem »Maestro Andrea« die Sorge für den Bau übernehmen sollen. Da galt es vor allem, die ungenügend fundierte Infermeria nach Westen und Süden hin durch neue Substruktionen zu stützen und die Gewölbe zu erneuern, und zur Erinnerung an dieses große Werk ward die noch heute schon weit vom Tale aus sichtbare Statue des Papstes an der Südwestecke der Untermauern angebracht. Zu gleicher Zeit aber ward das alte Refektorium, das im Süden des großen Hofes gelegen war, erweitert und gewölbt, und letzterer selbst umgebaut. An die Westseite der Kirche sich anschließend, besteht er aus sechs Arkaden auf jeder Seite, die unten auf achtseitigen Pfeilern mit antikisierend gotischen Kapitälen, im oberen Stockwerk auf kleineren Renaissancekompositsäulen ruhen (Abb. S. 524). Eine Inschrift verkündet in folgenden Versen den Ruhm des Bauherrn:

Inclita sum quercus quondam lustrata triumphis
            Quam Lelli Caesar dederat ... maximus olim
Et licet oscura fuerim labentibus annis
            Nunc summo quartus decoravit Sixtus honore.

In der Mitte befindet sich das Wappen und die Jahreszahl 1474. Dem Sixtus IV. auch verdankt das Kloster die doppelte, zur Oberkirche führende Treppenanlage, die außen neben der Tribüne angebracht wurde, sowie eine Anzahl anderer wertvoller Bereicherungen der Kirche, von denen noch die Rede sein wird.

Jener oben im Briefe erwähnte Meister Andrea scheint an dem Bau der Substruktionen tätig gewesen zu sein, wie aus einem von Fratini nicht berücksichtigten Ausgabenbuche von 1472 hervorgeht, wo er erwähnt wird: »per far la scarpa di San Francesco«. Daß der Hauptleiter der neuen Bauten Baccio Pintelli gewesen, erfahren wir nur aus Vasari, der seine Tätigkeit in Assisi ins Jahr 1480 setzt Von einzelnen Notizen, die ich gefunden, seien hier noch erwähnt: libro di spese bez. mit 1467: Am 27. Juli 1473 erhält ein Maler Felitiano für die Bemalung zweier Wappen des Kardinals von San Sisto und des Kardinals von San Pietro 18 lire. – Miscellaneen 1472-1523: ein maestro Agnolo di Gabriello baut eine Camera papale. 1477-78 erhält ein Maestro Alisandro orfo öfters Zahlungen für Anfertigung eines Tabernakels, an dem auch Gasparre tätig ist. – Ein Magister Christophanus 1487 macht Wappen des Sixtus, auch Gefäße. Es ist wohl derselbe Cristofano da Gualdo, der am 20. Okt. 1494 in dem libro di spese 1491-95 als Zeuge bei der Abschätzung der Reparatur der Fenster erscheint.. Nun scheint es aber, daß Vasari wie in so vielen anderen Fällen auch hier Baccio mit einem anderen Architekten verwechselt. Die Forschungen Müntz' haben nämlich ergeben, daß die von Sixtus IV. nach Assisi gesandten Baumeister: jener Giacomo da Pietrasanta, der für Pius II. die Benediktionsloge und unter Paul II. einen Teil des Palastes von S. Marco gemacht, und der Florentiner Bernardo di Lorenzo sind. Aus den Urkunden geht hervor, daß sie 1472 (vor dem 30. Juni) und 1473 in Assisi waren und Kirche und Kloster auf die nötigen Restaurationen hin untersuchten. Sie mögen im großen und ganzen die Anordnungen für den Bau gegeben, jener Meister Andrea aber ihn ausgeführt haben Müntz: Les arts à la cour des papes, III. Bd., S. 72. Dokumente S. 208: 1472. 30. Juni. Magistro Jacobo de Petrasancta et magistro Bernardo Laurentii de Florentia muratoribus florenos de camera XXV pro expensis quas superioribus diebus fecerunt eundo de S. D. N. papae mandato Asisium (sic) ad videndum aedificium ecclesiae sancti Francisci et eius necessariam reparationem. 1473. 20. Febr. Magistro Jacopo de Petrasancta muratori quem S. D. N. papa misit ad inspiciendum necessariam reparationem monasterii Sancti Francisci de Asisio pro eius expensis etc. florenos XXVIII et bol. LIII..

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27. Franciscus.
Ausschnitt aus dem voranstehend abgebildeten Fresko von Cimabue.

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28. Krönung Mariae, mit Darstellung des stigmatisierten hl. Franciscus.
Gemälde von Fra Angelico. Florenz, Museum von S. Marco.

Zu gleicher Zeit wie der Papst Sixtus IV. aber zeigte sich auch der 1475 erwählte General des Ordens Francesco Nani, genannt Samson, eifrig bemüht, für die Erhaltung und Verschönerung von S. Francesco zu sorgen. Er läßt an der Oberkirche neue Leitungen für den Abfluß des Regenwassers fertigen, das Dach sowohl als die Fenster reparieren Dokument, das lose in dem libro di spese liegt, welches mit 1451 anfängt. und (angeblich nach Zeichnung des Baccio Pintelli) von einem maestro Francesco di Pietrasanta für 225 Goldscudi das Vestibül vor der Unterkirche errichten Ich habe das betreffende Dokument nicht selbst gesehen, doch ist wohl nicht daran zu zweifeln, da schon Papini: Not. sic. S. 293 und später Fratini (S. 272) die Angabe bringen. (Abb. S. 523.) Hat Müntz recht, jenen oben erwähnten Giacomo den Sohn des Cristofano di Ricomanno zu nennen, so ist dieser Francesco, der auf dem von Milanesi publizierten Stammbaum angegeben ist, sein Bruder. Er ist derselbe Francesco, der in früheren Jahren seinem Onkel Lionardo in Genua bei der Ausführung des Grabmales für den Dogen Tommaso de Campofregoso geholfen Vasari Mil. VI, S. 104. – Giornale ligustico 1884. XI, S. 463.. Dem General Samson auch verdankt man die Wiederherstellung des kleinen Kirchhofes, der an der Nordostecke der Unterkirche gelegen ist Phot. Alinari.. Zwei Lombarden: die Meister Pietro und Ambrogio erscheinen 1487-90 daran tätig Libro di spese, das mit 1467 bezeichnet ist. Ambrogio ist offenbar derselbe, der 1468 mit Antonio Lombardo die Arkaden vor der Kirche baut, und erscheint in Rechnungen 1497 und 1498 mit Reparaturen an der Infermeria betraut. Pietro kommt als Zeuge noch einmal am 7. Sept. 1493 vor (libro di spese 1491-95, in dem die Reparaturrechnungen für die Fenster enthalten sind).. Er bildet ein Oblongum, in das die Kapelle des Kardinals Albornoz einspringt, hat unten weitgespannte Rundbogen auf achteckigen Backsteinpfeilern, im oberen Stockwerke einfache niedrige Pfeiler, die ganz niedrige Bögen und darüber das Holzdach tragen. Die Inkrustation der Wände entspricht der im Anfang des 14. Jahrhunderts in den Kapellen angewendeten und läßt wohl auf eine etwa gleichzeitige Entstehung des Kirchhofes schließen, wenn auch ein Grab (des Ventura Ranaldi mit der Jahreszahl 1245) auf eine frühere hindeuten könnte Sonst fand ich nur spätere Daten: 1329 (Mucutius Putius), 1330, 1337 (Mag. Johannes magistri Symonis).. Vor jenem Kirchhofe, schon im Jahre 1468, waren die Arkaden, die gleichfalls aus Rundbogen auf rohen achtseitigen Pfeilern bestehen, auf dem Platze vor der Unterkirche gebaut worden, und zwar unter Mitwirkung jenes Ambrogio von einem maestro Antonio di Lombardia Das geht aus einer Notiz im libro di spese von 1467 hervor.. Zu der Ausführung der von Samson geplanten Erweiterung des Klosters an der Südwestecke ist es nicht gekommen Vgl. den Brief des Generals vom 2. März 1496, der bei Fratini S. 273 publiziert ist., dagegen erhielten in der Capella S. Bernardini, die südlich gegenüber dem Portal der Unterkirche gelegen ist, die Tertiarier im Jahre 1488 eine schon lange erwünschte Kapelle, die nach einer Inschrift von zwei Baumeistern aus Assisi, Franceschino Zampa und Hieronymus Bartholomei, ausgeführt wurde. Das Innere bewahrt nichts mehr von seiner früheren Ausstattung, aber die von korinthischen Pilastern eingerahmte Fassade ist mit ihrem reichen, aber etwas roh ausgeführten Portale erhalten. Dieses hat zwei Eingänge zwischen derb mit kandelaberförmigen Ornamenten gezierten Pilastern, die über zweifachem Architrav und mit Blattwerk verziertem Fries eine halbrunde Lünette tragen, in welcher der h. Bernhardin mit zwei anbetenden Engeln in Relief dargestellt ist Die Inschrift lautet: huius porte ad apicem usque Franciscus patronus pro anima sua auxit opus Francischino Zampa Iheronimoque Bartholomei auctoribus Asisiensibus 1488..

Mit den weiteren Schicksalen der Kirche und des Klosters uns eingehend zu beschäftigen, würde zu weit führen. Bei Fratini findet sich das Wesentliche alles zusammengestellt, doch haben tatsächlich die letzten Jahrhunderte Veränderungen bloß in den Klosterräumen bewirkt, und auch diese haben keine große Wichtigkeit. Kurz zu erwähnen wäre nur, daß die geschnitzten Türen der Unterkirche 1546 von einem Niccolò da Gubbio hergestellt wurden, das neue Tabernakel des Altares 1570 von Galeazzo Alessi entworfen, 1609 auf Kosten des Königs von Spanien das neue dormitorium errichtet, im weiteren Verlaufe des 17. Jahrhunderts die Kapelle des h. Sebastian in der Unterkirche und der südliche für die Fremden bestimmte Teil des Klosters ausgebaut wurde. Als dann im Jahre 1818 nach mühsamen Nachgrabungen der Leichnam des Franz unter dem Hauptaltar in seiner Felsengruft aufgefunden worden war und durch dies große Ereignis selbst der Kaiser Franz I. 1819 nach Assisi gezogen wurde, beschlossen die Frati, nun die alte Legende wahr zu machen, die schon zur Zeit Vasaris und selbst früher behauptet hatte, unter der Kirche befinde sich eine dritte unterirdische Kapelle, in welcher der Heilige begraben sei, oder, wie andere wollten, aufrecht betend stehe. Giuseppe Brizi und Pasquale Belli bauten die neue Unterkirche, die im Oktober 1824 eingeweiht wurde. Veränderungen erlitt die Kirche schließlich in neuester Zeit, als ihre Erhaltung nach 1860 einer königlichen Kommission anvertraut wurde, im Jahre 1870 die Gemälde restauriert, die Barockaltäre und Orgel entfernt, die Chorstühle der Oberkirche in das Kloster versetzt wurden. Im Jahre 1877 kehrten dann nach 17jähriger Verbannung die Padri Conventuali in die Kirche zurück und erhielten einen Teil des Klosters wenigstens wieder, dessen größere Hälfte jetzt als Stätte der Erziehung für die heranwachsende neue Generation dient.


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