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Zweiter Abschnitt.
Die Darstellungen des Franz und seiner Legende


I. Die ältesten Bildnisse

Je lebhafter unser Interesse durch Schilderungen eines bedeutenden Menschen, mit dessen geistiger Eigenart wir uns vertraut gemacht haben, angeregt wird, desto lebhafter macht sich zugleich der Wunsch geltend, uns sein Äußeres zu veranschaulichen. Erst wenn wir auch von diesem ein deutliches Bild gewonnen, können wir uns ganz der Täuschung hingeben, ihn persönlich zu kennen, seine Beziehungen zu anderen Menschen, den Einfluß, den er durch Blick, Bewegung und Sprache auf sie ausgeübt, wie andrerseits die Wirkung der Außendinge auf ihn selbst mit eigenen Augen beobachtet zu haben. Glücklich die Zeit, in der die großen Individualitäten auch Künstler fanden, die mit divinatorischem Blick und mit freier Hand ein innerstes Wesen im Bilde der äußeren Züge wiederzugeben vermochten. Es mag ja nicht wenig zu dem Verrufe des »dunklen« Mittelalters beigetragen haben, daß wir zumeist nur alten vergilbten Urkunden und Chroniken unsere Vorstellungen von den geschichtlichen Charakteren entnehmen, diese uns aber fast nirgends in Bildnissen nähertreten, daß die bedeutenden Männer, Päpste wie Kaiser, deren Taten und Gedanken Jahrhunderte beherrschten, uns nur wie durch einen Nebel erscheinen und ihre Personen hinter ihren Prinzipien verschwinden. Wie anders kommt der geschichtlichen Betrachtung des Altertums die griechisch-römische Kunst zugute, wie anders treten uns die neueren Zeiten entgegen, seitdem mit der größeren Freiheit der Individualität deren Bedeutung auch künstlerisch sich voll entfalten durfte. Freilich soll die Zeit erst kommen, in welcher die Entwicklung des künstlerischen Vermögens in der Porträtbildnerei einheitlich verfolgt werden kann. Damit aber wird sich wiederum eine Vertiefung der kunstgeschichtlichen Anschauung ergeben, wie sie bis jetzt noch nicht möglich ist.

Es ist nicht als Zufall anzusehen, daß die ersten eigentlichen Porträts der neueren Malerei Bildnisse des Mannes von Assisi sind, dessen Leben wir betrachtet haben. Die verschiedensten Bedingungen wirkten zusammen, daß seine mächtige Persönlichkeit den Impuls gab zu den Versuchen, eine Aufgabe zu lösen, in welcher der eigentliche Charakter, die Vorbedingung einer neuen Kunstrichtung bereits ausgesprochen ist. War es in erster Linie der Einfluß seines Wanderlebens durch ganz Italien gewesen, der sich so stark überall geäußert hatte, das immer gleiche Einsetzen seiner Persönlichkeit für seine Überzeugung, so kann es uns nicht wundern, daß das Volk, welches seiner Predigt gelauscht, die Person des Franz von seiner Sache nicht mehr zu trennen vermochte. Das Bild des von Gott begeisterten Mannes im unscheinbaren Gewande lebte unauslöschlich in den Herzen fort – er war in dem durch so viele verschiedenartige Interessen geteilten Lande vielleicht der einzige, dem alle gleiche Beachtung schenkten – die erste wahrhaft populäre Erscheinung der neuen Zeit! Und dieser persönliche Freund eines ganzen Volkes wurde schon zwei Jahre, nachdem er gestorben, als noch die meisten, die ihn gekannt, am Leben waren, aus seiner niederen Stellung zu dem Range eines Heiligen erhoben, zu dem fortan die Menge wie zu einem halben Gotte aufschauen und beten konnte. Dem Kultus halb und halb der Erinnerung waren die Bilder geweiht, die nicht allein in Kloster und Kirche, sondern, wie eine Erzählung von Bonaventura es beweist Cap. XVI. S. 784. In urbe Roma matrona quaedam morum claritate ac parentum gloria nobilis S. Franciscum in suum elegerat advocatum ipsius habens depictam imaginem in secreto cubiculo, ubi patrem in abscondito exorabat., auch in den stillen Räumen der Privathäuser sein Andenken lebendig erhielten. Es mußte also der Künstler, dem die Aufgabe ward, Franz darzustellen, sein Bestes tun, den Heiligen so wiederzugeben, wie der Mensch in der Erinnerung fortlebte. So entstanden binnen kurzem zahlreiche Porträts desselben, die ersten Versuche eines großen künstlerischen Strebens und dessen erste Zeugnisse.

Wunderbar genug, daß damit der Kunst gleich die allerhöchste Aufgabe gestellt wurde, für die sie in einer Zeit, als Giovanni Pisano und Giotto noch nicht das erlösende und entscheidende Wort in dem direkten Anschluß an die Natur gefunden, in gar keiner Weise vorbereitet war. Die alten verschwärzten Bildnisse, an denen die meisten interesselos vorübergehen mögen, sind doch von größter Wichtigkeit als die frühesten Vorboten der Verwirklichung hoher neuer Ideale!

Primitiv genug sind freilich diese ersten Versuche, einen einzelnen Menschen im Abbilde künstlerisch wiedergeben zu wollen, und jeder, der mit den Anforderungen einer vorgeschrittenen Anschauung an sie heranträte, würde arg enttäuscht werden. Das mag schon Giotto empfunden haben, als er, die Überlieferung beiseite setzend, in den Werken seines reiferen Alters einen neuen Idealtypus des Heiligen schuf, der im Quattrocento im nördlichen Italien der allein herrschende werden sollte, im mittleren Italien sich wenigstens Gleichberechtigung erwarb, bis die spätere Kunst im 16. Jahrhundert wieder die alte Tradition aufnahm und fortan zur Norm und Regel machte. Ein eigentliches Porträt aber, das sei schon hier gesagt, in dem uns wirklich lebendig der ganze Mensch entgegenträte, war das 13. Jahrhundert noch nicht fähig zu schaffen – die Bildnisse, die uns aus diesem erhalten sind, bewahren uns die Züge des Heiligen nur in ganz allgemeiner, mehr oder weniger schematisierender Art, fühlen wir auch aus ihr das redliche Bestreben, mehr zu sein, heraus. Eine feste Basis für ihre Beurteilung zu gewinnen, gilt es zunächst zu erfahren, was uns die Zeitgenossen von dem Aussehen des Franz zu erzählen wissen.

Als Franziskus sich 1220 in Bologna aufhielt und durch seine Predigten diese Stadt der Gelehrten, in der zu jener Zeit Tausende von Jünglingen unter den berühmtesten Lehrern dem Studium des Rechts sich hingaben, in die größte Bewegung versetzte, befand sich unter den Zuhörern auch der Archidiaconus und Studierende Thomas Spalatensis, dessen Bericht uns erhalten ist. Nachdem er den Feuereifer des Mönches und die Gewalt der Rede geschildert, sagt er: »schmutzig war sein Gewand, verächtlich seine Person und unschön sein Antlitz Sigonius: de Episcopis Bononiensibus. Bononiae 1586. ad a. 1220. – Auch Speculum S. F. p. 215. – Bei Wadding: Annales Minorum II Ed. 1731 I. Bd. 1220. S. 337 und Acta SS. Appendix § VII, S. 842: sordidus erat habitus ejus, persona contemptibilis, et facies indecora.. Ausführlicher ist Thomas von Celano in seiner I. Legende I Leg. X S. 706. Vgl. danach auch Poema CXXXII, S. 240., der zunächst von den geistigen Eigentümlichkeiten des Franz spricht und dann fortfährt: »er war von heiterm Antlitze, von gütigem Blicke, frei von Feigheit wie von Unverschämtheit; seine Statur war mäßig groß, eher klein, der Kopf von mittlerer Größe und rund, das Gesicht länglich zugleich und vorgebaut, die Stirn klein und eben, die Augen mäßig groß, schwarz und einfältig, die Haare schwarz, die Augenbrauen geradlinig, die Nase fein, gleichmäßig und gerade, die Ohren abstehend und klein, die Schläfen eben; die Zunge versöhnlich, feurig und scharf; die Stimme gewaltig, süß, hell und klangreich; die Zähne geschlossen, gleichmäßig und weiß; die Lippen mäßig und fein, der Bart schwarz, mit spärlichem Haar, der Hals zart, die Schultern gerade, die Arme kurz, die Hände zart, die Finger lang, die Nägel vorstehend, die Schenkel schwach, die Füße klein, die Haut zart, das Fleisch sehr spärlich; das Gewand rauh, der Schlaf sehr kurz, die Hand sehr freigebig; und weil er über alle Maßen demütig war, zeigte er in jeder Beziehung allen Menschen gegenüber nur Sanftmut und paßte sich den Sitten aller zu ihrem Nutzen an. Der Heiligste unter Heiligen, unter Sündern gleichsam einer von ihnen.«

Diese jede Einzelheit berücksichtigende Beschreibung muß auffällig erscheinen, da sie nicht klingt, als wäre sie nach dem Leben, sondern vielmehr nach einem Bilde gemacht, das alle jene Details wohl aufweisen konnte. Persönliche Erinnerung mag, mit der zu Hilfe genommenen Betrachtung eines Porträts vereint, dem ältesten Biographen des Heiligen diese kurz und abgerissen nebeneinander gestellten Worte diktiert haben, aus denen als Wesentliches hervorgeht, daß Franz eine mittlere, schmächtige Figur, schwarzes Haar und Bart und ein länglich ovales Gesicht von freundlichem Ausdruck gehabt. Daß er klein gewesen, sagt Thomas auch in der II. Legende: persona modicus II Leg. I. Cap. S. 34.. Und Franz selbst vergleicht sich mit einer im Traume wahrgenommenen kleinen, schwarzen Henne, die ihre Küchlein nicht alle unter den Flügeln bergen konnte: »ich bin jene Henne, klein von Figur und schwarz!« Th. v. Cel. II Leg. I, 16. S. 40. Tres socii Cap. IV S. 739: ego sum illa gallina, statura pusillus, nigerque. Einige wenige andere Züge zu dem Bilde fügt Matthäus Paris anekdotenhaft übertreibend hinzu: »als der Papst Innocenz III. am erwähnten Bruder das formlose Gewand, das verächtliche Antlitz, den wirren Bart, die ungepflegten Haare, die herabhängenden schwarzen Augenbrauen sah, verachtete er ihn und sprach: gehe Bruder und suche die Schweine auf, mit denen du eher als mit Menschen zu vergleichen bist, und wälze dich mit ihnen im Schmutze Historia major. London 1640. S. 339.

Wenden wir uns nun mit so gewonnener Anschauung zu den Bildnissen des Franz, so scheint das zweifellos älteste erhaltene ein Fresko im Sacrospeco von Subiaco (I) zu sein, auf dessen Bedeutung nach d'Agincourt zuerst Crowe und Cavalcaselle wieder hingewiesen haben Einzelne Portraits des F. finden sich bei den verschiedenen Geschichtsschreibern der ital. Malerei erwähnt – namentlich bei Crowe und Cavalcaselle. Eine vergleichende Zusammenstellung fehlt bis jetzt, obgleich Bonghi durch einen in seinem Buche wieder abgedruckten Artikel über Duprès Statue in der »Domenica Letteraria« vom 22. Oktober 1882 verschiedene Mitteilungen hervorgerufen hatte, die im Buche S. 106 wiedergegeben sind, meist aber nur unwichtige Bilder späterer Zeit erwähnen. (Abbildung auf Seite 19 und 20). Nach einer Überlieferung hatte im Jahre 1222 die Verehrung für den alten Begründer des abendländischen Mönchwesens den Stifter des seit jenem ersten wirklich neuen, großen Ordens bewogen, die Stätte, wo Benedikt sich dem einsamen Dienste Gottes geweiht, zu besuchen. Die Erinnerung an die Monate, die er hier in der Einsamkeit des Gebirges verbracht, hat in lieblicher Legende fortgelebt und verleiht noch heute dem stillen Kloster einen besonderen Zauber. Noch heute blühen im kleinen Garten die Rosen, die aus dürrem Dornengestrüpp hervorgesproßt sein sollen, als Franz aus innigem Gefühle der Liebe und Bewunderung für den Mann, der hier dereinst in heißem Kampfe sein sündliches Fleisch gezüchtigt, die Sträucher küßte und mit dem Zeichen des Kreuzes segnete. Sie sind gleichsam ein Sinnbild des neuen Lebens, das Franz dem erstarrten alten Mönchtum verlieh, wie denn alles in Subiaco die Vergleiche zwischen den beiden Männern so nahe rückt.

Dicht über dem Garten, tiefer noch als die Unterkirche selbst gelegen, befindet sich die Kapelle Gregors IX., der die Kirche neu geweiht, desselben, der als Kardinal von Ostia der Protektor und Freund der Franziskaner gewesen, der ihren Stifter kanonisierte und den Grundstein zu seiner Kirche in Assisi legte. Gewissermaßen unter des Freundes Schutze erscheint auch hier Franziskus zum ersten Male an heiliger Stätte dargestellt Abb. bei d'Agincourt: Denkm. d. Malerei Taf. C, 5 u. 6. Plons S. François d'Assise. Paris 1885. S. 30. – Vgl. Imageries du Sacro Speco. Rom 1855. Crowe u. Cavalcaselle D. A. I, S. 75. Schnaase: Gesch. d. b. K. VII, S. 307 usw. Auch Jannucelli: Memoire di Subiaco e sua badia. Genova 1856.. Noch ohne Heiligenschein, ohne die Wundenmale, als »Frater Franciscus« bezeichnet, steht er in langer, mit derbem Stricke gegürteter Kutte, mit einer steil und spitz über dem Kopfe in die Höhe stehenden Kapuze, in der nach unten ausgestreckten Linken einen Zettel mit der Inschrift: pax huic (domui), die Rechte an der Brust. In dem klar und ruhig en face herausschauenden, blondbärtigen Kopfe ist noch nichts von jenem asketischen Elemente, das die meisten späteren Bilder verunschönt, zu bemerken. Die Züge des länglichen, schmalen Gesichtes mit der mittelhohen Stirn, der geraden kräftigen Nase, den großen Augen unter wenig geschwungenen Brauen, dem feinen Mund mit den schmalen Lippen, sowie der dünne Hals stimmen im wesentlichen mit des Thomas Beschreibung überein – nur die blonde Haarfarbe, die schwerlich den wiederholt vorgenommenen Restaurierungen zur Last zu legen ist, überrascht. Aus den äußeren Zügen das Innere lesen zu wollen, würde freilich vergeblich sein, läßt sich auch wohl die Absicht, im Blick, in dem leicht geöffneten Munde das ekstatische Wesen anzudeuten, nicht ganz verkennen. Verächtlich im Aussehen erscheint hier jedenfalls Franziskus nicht, viel eher von Aufmerksamkeit erregender Vornehmheit, die sich aber ebensogut, wie die Majestät zahlreicher Mosaiken der vorhergehenden Zeit, aus dem Unvermögen der Künstler, Figuren anders als starr im Ausdruck und in der Bewegung darzustellen, erklärt. Der Zeitpunkt der Entstehung läßt sich mit großer Sicherheit aus einer bisher merkwürdigerweise nicht gehörig beachteten Inschrift feststellen, die unter den sicher von gleicher Hand herrührenden anderen Fresken der Kapelle sich befindet Sie lautet (bei d'Agincourt ganz unrichtig): hic est papa Gregorius olim episcopus hostiensis qui hanc consecravit ecclesiam.

Pontificis summi fuit anno picta secundo.
Haec domus hic primo quo summo fuit honore
Hauserat et vitam celestem duxerat idem
Perque duos menses sanctos maceraverat arctus.
Julius est unus, Augustus fervidus alter.

Das Folgende habe ich nicht im Zusammenhang entziffern können. Das Fresko stellt dar, wie Gregor hier als Bischof(?), hinter dem zwei Geistliche stehen, den Altar weiht. Rechts vom Fenster »Michael prepositus Paradisi«, ein Rauchfaß schwingend. In der Höhe kniet ein Mönch »Frater Oddo M o«, wohl der Stifter der Kapelle oder der Malerei, vor einem ihm erscheinenden Engel. An der Decke die vier Evangelistensymbole und ein Cherubim. Am Eingang der Kapelle der heilige Gregor, die Taube am Ohr, in der R. Zettel: virerat in terrabus nomine Job, welch letzterer unten sitzt mit Zettel: egressus sum de utero matris mee.

Nach derselben ist die Kapelle im 2. Jahre des Pontifikats Gregors gemalt worden, also 1228, und zwar offenbar noch vor der Heiligsprechung des Franz, die am 16. Juli stattfand. Jedenfalls sollte das Bildnis eine Erinnerung an den beglückenden Besuch sein, auf den die Friedensworte, mit denen ja Franz die Häuser zu betreten pflegte, hinweisen Vgl. Th. I Leg. IV S. 690. Poema S. 110.. Der Künstler, welcher jenem Conxolus, der in der Unterkirche die Madonna und, wie ich bestimmt glaube, auch die Geschichte Benedikts gemalt, sehr nahe steht, gehört der in Rom vor den Cosmaten herrschenden Richtung an.

Derselben Richtung und wohl auch der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstammt ein anderes Porträt des Franziskus, das bis jetzt fast unbekannt zu sein scheint. Es befindet sich in der angeblich einst von ihm bewohnten Zelle, die hinter dem Chor von S. Francesco a ripa in Rom als einziger Rest des alten Klosters erhalten ist (II). Der Heilige, eine kleine untersetzte Figur mit wiederum länglichem Gesichte von fast weiblicher Zartheit, mit langer Nase, großen dunklen Augen und spärlichem blonden Barte, hält in der Linken ein Buch, in dem man die Worte des Evangeliums liest, die für sein Leben bestimmend geworden: »qui vult venire post me abneget se ipsum et tollat crucem«, in der Rechten ein Kreuz. Die Wundenmale und der Nimbus bezeugen, daß das Bild nach 1228 entstanden. Von allen älteren Bildnissen, die ich kenne, zeigt dieses vielleicht die größte Zartheit in den Gesichtszügen, namentlich in dem feinen, freundlichen Mund, und wirkt am gefälligsten, wozu auch der warme, bräunliche Ton des Inkarnates beitragen mag. Die Kapuze, hier nicht aufgerichtet, hängt etwas nach unten herab. Es ist das von Wadding erwähnte Porträt, das er in der Sakristei der Kirche sah und das die bis auf seine Zeiten erhaltene Tradition als Stiftung der Freundin des Heiligen, der Domina Jacobaea de Septemsoliis, erwähnte Ann. II, S. 228. W. schließt auf spätere Entstehung, da auf zwei Seitendarstellungen der heilige Antonius von Padua und Ludwig dargestellt seien. Platner (Beschr. Roms III, 3. S. 650) erwähnt dieselben, nennt aber statt Antonius Bernhardin von Siena. Ich habe die beiden Bilder, die offenbar erst später mit dem Porträt des Franz verbunden wurden, nicht gefunden.. Jedenfalls verdient es, mit dem zu Subiaco in erster Reihe unter den glaubwürdigen Porträts genannt zu werden.

Eine entschiedene, allgemeine Verwandtschaft mit dem vorigen wiederum zeigt das erst seit einer kurzen Reihe von Jahren zum Vorschein gekommene Bild in S. Francesco zu Pescia, das inschriftlich als Werk des Bonaventura Berlinghieri vom Jahre 1235 beglaubigt ist (III). Die übertrieben lange Figur des Heiligen in schwarzer, mit dem Strick gegürteter Kutte und rund um den Kopf liegender Kapuze scheint mit gesenkten Füßen in der Luft zu schweben. Sie hält in der Linken ein Buch und weist in der an die Brust erhobenen und geöffneten Rechten das Wundenmal. Das Gesicht ist auch hier länglich, der an den Seiten scharf abgeschnittene Bart blond, die Nase lang und spitz, das Auge dunkel. Hinter dem Heiligen erscheinen zwei halbfigurige Engel, links und rechts befinden sich kleine Szenen seiner Legende. Eine alte Kopie mit derselben Inschrift bei dem Grafen Montecuculi in Modena zeigt eine Abweichung nur in der etwas abstehenden Spitze der Kapuze, ebenso die von d'Agincourt publizierte Wiederholung, die sich im Vatikan befand. Die Häufigkeit der Kopien beweist an sich schon, daß man auf des Berlinghieri Porträt einen besonderen Wert legte, als authentisches Werk eines Zeitgenossen. Da es in manchem mit den anderen ältesten, namentlich in der Kopfform und in der blonden Haarfarbe, übereinstimmt, verdient es mit ihnen den Ehrenplatz! Crowe und Cavalcaselle halten das Bild in Modena, das ich nicht kenne, für Kopie. D. A. I, S. 132. S. Abb. in den Atti della R. Accademia Lucchese XIII, 1845. S. 349, zu einem Aufsatze Michele Ridolfis. Es befand sich auf der Rocca von Giuglia der Montecuculi. (Bettinelli: il risorgimento d'Italia. Venezia 1781 tom IV. p. II p. 193, a) – Das Bild im Vatikan von Chattards Descrizione nicht, von Blainville: travels translated, London 1845 III, 125 in der Kapelle Urbans VIII. erwähnt. Abb. bei d'Agincourt XCVII, 12. – Bei Bonghi a. a. O. S. 110 erwähnt Luigi Zani ein im Privatbesitze (wo?) befindliches Bildnis des Franz, bez. anno 1235 Bonaventura da Lucca – die Angabe, daß es auf Kupfer gemalt, beweist an sich schon, daß es eine späte Kopie ist..

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11. Bildnis des Papstes Innocenz III.
Fresko des 13. Jahrhunderts im Sacro Speco zu Subiaco.

Ob dieser ältesten Zeit auch das von Guardabassi angeführte, bei den Franziskanern in hoher Verehrung stehende Bildnis im Romitorio di S. Francesco zu Greccio angehört, das den Heiligen darstellt, wie er sich mit einem weißen Tuch die Tränen trocknet, vermag ich nicht zu sagen, da ich es nicht gesehen (IV) Indice Guida dell' Umbria 1872, S. 94 sagt, es stamme aus dem 13. Jahrh..

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12. Franciscus und Clara.
Tabernakelbild von einem unbekannten Maler des 13. Jahrhunderts.
Perugia, Pinacoteca Vannucci.

Mit Sicherheit auch ist noch immer nicht zu bestimmen, wann das von der Lokalforschung vielfach besprochene Bildnis des Franz im Baptisterium von Parma entstanden, da es besondere Schwierigkeiten hat, die Entstehungszeit der Kuppel- wie der unteren Fresken annähernd festzusetzen (V). Ohne Frage aber kann man sagen, daß es uns einen lebhafteren Begriff von dem Heiligen gibt als die meisten andern Porträts. Eine schmächtige, kleine Figur in grauer Kutte, die herabhängende Kapuze über dem Kopf, steht er etwas gebückt nach vorne gewandt, in der gesenkten Linken ein Buch, die Rechte in sehr kurzem Ärmel wie im Gespräch zu einem rechts en face befindlichen großen Seraphim erhoben, der in der Weise der älteren Kunst mit sechs großen Flügeln versehen auf zwei Füßen steht. Der Kopf, sehr derb gezeichnet, hat große dunkle Augen, weitgewölbte Brauen, eine etwas gebogene Nase, einen graulichen Bart. Es ist die Bewegung der Figur, welche sie lebendiger erscheinen macht: so kann man sich den Mönch bei Predigten zum Volke gewendet vorstellen, den kleinen »verächtlichen« Mann mit den häßlichen Zügen und dem Feuer der Beredsamkeit! Man hat darüber gestritten, ob der Seraphim zu ihm gehört – das erscheint mir zweifellos! Dann aber hätten wir hier eine ganz eigentümliche, von dem eigentlich Wichtigen absehende Darstellung der Stigmatisation, die auf eine frühe Entstehung des Freskos schließen ließe. Franz hat den Heiligenschein, aber keine Wundenmale! Abb. bei Flaminio di Parma: Memorie istoriche delle chiese d. fr. min. della provincia di Bologna 1760. II, p. 160. – Ruta, Guida di P. 1780, auch Flaminio, Ughelli, Bordini, Zappata vertreten die alte Tradition, das Bild sei 1221 bei Anwesenheit des F. gemacht worden. Dagegen Affò, Storia di Parma und Bertoluzzis Guida von 1830 S. 210, der als Entstehungszeit etwa 1260-70 annimmt. Des Grazioli Guida der 70er Jahre hält ihn gar für den Ezechiel. M. Lopez endlich: Il battistero di Parma 1864, S. 108 f. tritt wieder für die Entstehung vor 1224 ein, der Heiligenschein sei denkbar schon zu Lebzeiten, der Seraphim beziehe sich nicht auf F. Vgl. auch Schnaase VII, S. 322. Crowe und Cavalcaselle D. A. I, S. 77.

Ehe wir nun zu einer anderen Reihe von späteren Bildern übergehen, verdient eine Bemerkung hier ihren Platz, die Wadding ohne seine Quelle anzugeben (I, 212) macht, nachdem er des Thomas Beschreibung angeführt: »dieselbe bestätigen die alten Bildnisse, die auf Befehl des Grafen von Monte acuto von dem in jener Zeit berühmtesten griechischen Maler Melormus gezeichnet wurden, während der heilige Mann unbeweglich im Gebete verharrte.« Von jenem Melormus haben wir, soviel mir bekannt, sonst keine Kunde – die Tradition aber sah in einem jetzt nicht mehr nachweisbaren, von Pasta in seinen pitture di Bergamo vom Jahre 1775 (S. 53) in S. Francesco daselbst erwähnten Porträt die Wiederholung jenes in dem Hause des Grafen von Monte acuto 1212 in Florenz gefertigten (VI).

Eine neue Auffassung macht sich in zwei anderen Bildnissen, dem bekannten in der Sakristei von S. Francesco zu Assisi und einem sehr ähnlichen im Christlichen Museum des Vatikans geltend, die abweichend von den zuerst erwähnten mehr in dem altertümlichen, meist byzantinisch genannten Stile gehalten sind. Das erstere, in der Sakristei von S. Francesco zu Assisi (VII), wiederholt abgebildet, hat bis auf unsere Zeit unverdienterweise meist als das älteste und glaubwürdigste Porträt gegolten, obgleich schon Papini nachgewiesen, daß es nach 1253 entstanden sein muß, da auf zweien der vier Legendenszenen, die es enthält, der säulchengetragene Altar der Unterkirche mit den Reliquien des h. Johannes, die beide Innocenz erst in jenem Jahre weihte, deutlich zu erkennen ist. Die durch nichts beglaubigte, seit dem Padre Angeli ungeprüft sich weiter vererbende Annahme, es sei von Giunta Pisano gemalt, der, wie wir unten sehen werden, früher 1236 tatsächlich in Assisi tätig gewesen, fällt damit von selbst, ebensowenig aber darf man es mit Papini dem Cimabue geben, mit dem es gar nichts gemein hat. Der Name des Meisters bleibt vor der Hand noch unbekannt. Der Typus des Kopfes zeigt hier, wie auf dem Bilde im Christlichen Museum des Vatikans (VIII), das offenbar von derselben Hand ist, einen auffallend großen runden Schädel mit schmalem Haarkranz, ein eingefallenes Gesicht mit hohlen Wangen, spitzer gerader Nase, blondem Barte. Die Figur ist lang. Der Heiligenschein ist fein sternförmig und mit Blattwerk ornamentiert, die Kapuze liegt kragenförmig um den Hals. In der Rechten hält Franz ein Kreuz, in der Linken ein Buch mit den Worten: »si vis perfectus esse vade vende omnia que habes et da pauperibus«, jenes Wort, das ihm zuteil wird, als er mit Bernhard von Quintavalle die Bibel befragt, das, wie er selbst sagt, das Leben und die Regel auch für alle, die sich ihrer Gemeinschaft anschließen sollten, geworden ist Thomas I Leg IV, S. 691. Tres socii III, S. 732. Bonav. cap. III, S. 748.. Hier tritt das Asketische in den Zügen, die nur eine ganz allgemeine Verwandtschaft mit den drei ältesten Porträts haben, besonders in den Vordergrund: das kümmerliche Gesicht trägt die Spuren eines in Kasteiungen verbrachten Lebens. Auch erscheint Franz hier älter. Die Spuren der Ähnlichkeit, die man in jenen vielleicht noch finden kann, sind hier vor dem Bestreben, ein Ideal des leidenden Menschen zu schaffen, bereits mehr verschwunden. Dasselbe muß von dem im Vatikan befindlichen, durchaus gleichartigen Bildnis gesagt werden, das nur in der über den Kopf gezogenen Kapuze eine Verschiedenheit aufweist Es ist etwas kleiner im Format, feiner miniaturartig ausgeführt, und die Legendenszenen, wenn auch nicht getreue Kopien, sind hier dieselben wie dort. – Bild in Assisi abgeb. bei Rosini Storia della pittura I, S. 125. Chavin: Hist. d. S. François. Paris 1841. Plon. S. François S. 385.

. (Vergl. Anhang III, Tafel 42-48.)

Bezüglich des länglichen Gesichtsovales mit der langen spitzen Nase nähert sich das in der Sakristei von S. Maria degli Angeli bei Assisi befindliche Bild des Franz (Abb. S. 55), das Lanzi für das älteste hielt, etwas der Auffassung des Berlinghieri (IX). Auch die hinter dem, einen Hintergrund bildenden Teppich in halber Figur erscheinenden Engel, die Stab und Scheibe tragen, erinnern an jenen, nur macht sich hier in der Zeichnung der Details die Eigenart eines bestimmten Künstlers geltend, dem ich mit ziemlicher Sicherheit eine Reihe anderer Werke zuschreiben kann. Es ist offenbar derselbe, der 1273 das in der Pinakothek von Perugia befindliche Kruzifix mit dem knienden Franziskus gemalt, derselbe, dem daraufhin mit Sicherheit die Legende des Franziskus an der linken Wand der Unterkirche von Assisi zuerteilt werden muß, ein in Umbrien tätiger Zeitgenosse des Margaritone, der sich in manchem diesem vergleichen läßt, aber weicher und zarter in der Auffassung ist. Seine Figuren sind von einer fast elegant zu nennenden Schlankheit mit kleinen, im Ausdruck lebhaften Köpfen, in größeren Szenen, wie in der Unterkirche, sehr natürlich und überraschend frei bewegt. Unter allen Meistern des XIII. Jahrhunderts vor Cimabue scheint er mir den Ehrenplatz zu verdienen – wir bezeichnen ihn, dem Vorgange deutscher Kunstgeschichte folgend, am besten vorläufig als: » Meister des Franziskus«, da die Bilder, die ich bis jetzt von ihm gefunden, alle dem Dienste des Heiligen geweiht sind. Das wesentlich Charakteristische seiner Typen, woran er am leichtesten zu erkennen, ist neben der feinrückigen langen Nase, der niedrigen Stirne, den starken Augenbrauen eine auf Tafelbildern kräftig weiß aufgesetzte, eigentümliche Falte unter den Augen, die vom äußeren Augenwinkel ansetzend geschwungen nach den Ohren zu, von kleinen Parallelfältchen begleitet, verläuft. Das Werk, in dem man ihn am besten kennenlernen kann, ist das große Kruzifix in Perugia, das, mit: »anno Domini 1272 tpr. Gregorii pp. X« bezeichnet, aus S. Francesco daselbst stammt und bisher meist dem Margaritone gegeben wurde. Der am Fuß des Kreuzes kniende Franz, hier im halben Profile gesehen, zeigt die unverkennbare Verwandtschaft mit jenem auf der Vögelpredigt in der Unterkirche und denselben, nur etwas belebteren Typus, wie der in S. Maria degli Angeli. Ebenso ein kleineres Porträt des Franz, der halb nach rechts gewandt in der Rechten das Kreuz, in der Linken ein Buch mit den Worten: »Christo confixus sum cruci« trägt, jetzt im I. Saale der Pinakothek zu Perugia (X). Dasselbe gehört zu zwei kleinen Darstellungen der Kreuzabnahme und der Himmelfahrt Mariä und hat als Pendant ein Bildnis des heil. Antonius von Padua, dessen Kopftypus genau den des Bildes in den Angeli wiedergibt hkeit das in der Sakristei der Unterkirche befindliche zarte, durch seine Vorliebe für die blauen Farben der Gewänder eigentümlich reizvolle Kruzifix mit den ganzen Figuren der den Kopf auf die Hand stützenden Maria und des Johannes, sowie vielleicht auch das Porträt der h. Chiara in deren Kirche zuschreiben, das jetzt freilich ganz übermalt ist. Es zeigt acht kleine Szenen ihrer Legende und trägt die Inschrift: factae fuerunt istae sub anno Dni 1283 indictione XI tempore Dni Martini pape quarti. (Abb. S. 109 u. 110.). Das letztere, demnach sicher der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts angehörig, zeigt Franz, in der Linken ein offenes Buch mit den Worten: »hic mihi viventi lectus fuit et morienti«, woraus die ehemalige Bestimmung der Holztafel hervorgeht, mit der Rechten in der Mitte vor der Brust ein Kruzifix haltend (Abb. S. 55). Zum ersten Male erscheint hier die Seitenwunde entblößt. Das Haar ist braun, die Figur übertrieben lang, die Kapuze liegt kragenartig um den Hals. Eine Inschrift unten am Vorhang enthält die Verse:

Me Jesus expresse Dilectum me comprobat esse
Cuius sic me stigmata Stigmata meque decorant
Nemo causetur Sed Christo glorificetur
Cui placuit dignis Me sic attollere signis.

Verwandt, aber roher und wohl auch etwas später ist ein kleines Porträt der Pinakothek in Perugia, das Franz in halber Figur, braunbärtig, mit beiden Händen ein Buch haltend, vor Augen führt (XI). Als Pendant dient die h. Chiara Ein von Fratini als in S. Francesco del monte bei Perugia befindlich erwähntes altes Porträt, das angeblich auf dem Holzdeckel seines Sarges gemalt sei und ehemals im Besitze der Familie Orsini gewesen, habe ich daselbst nicht finden können.. (Abb. S. 92.)

Je weiter das 13. Jahrhundert vorschreitet, desto mehr befestigt sich das asketische Element, namentlich durch die zahlreichen Porträts, die Margaritone von Arezzo für die Franziskanerklöster anzufertigen hatte. In ihrer Roheit freilich sehr abschreckend, wiederholen sie in ermüdender Weise den in sich erstarrten Typus des hageren Mannes mit den eingefallenen Zügen, den großen dunklen Augen, der langen geraden Nase, den starkbetonten Stirnfalten. Die Kutte, in enge Falten gezogen, umgibt knapp den ruhig stehenden Körper. Die nach vorn hängende Kapuze rahmt oval das längliche Gesicht ein. In der Linken trägt er das Buch, die Rechte weist mit derselben Bewegung wie bei Berlinghieri das Wundenmal oder hält das Kreuz. (Abb. S. 37.) Solche Bilder befinden sich noch heute in Rom im Christlichen Museum des Vatikans Bez. Margarit. de Aretio me fec. Der Kopf etwas nach links gesenkt, Kapuze spitz nach rechts abstehend. (XII), in der Akademie zu Siena I Saal Nr. 18. Bez. Margarit. de Aretio m. f. (XIII), in der Pinacoteca Bartolini zu Arezzo Bez. Margarit. de Aretio. Phot. Alinari. (XIV), früher im Zoccolantenkloster zu Sarziano bei Arezzo Eine sehr verschönerte Abb. findet sich in der Etruria pittrice, Firenze 1791, I, Taf. 7., in S. Francesco zu Castiglione Fiorentino Bez. Margarit. de Aretio me fec. (XV), in S. Francesco zu Ganghereto Vasari, Ausgabe Milanesi I, 363 u. Anmerk. (XVI); eines in S. Francesco zu Pisa, welches einst von Vasari dem Cimabue, von Crowe und Cavalcaselle dem Margaritone zuerkannt ward, ist heute dort nicht mehr nachzuweisen Vas. I, S. 251. Crowe und Cavalcaselle D. A. I, S. 156. (XVII). Die von Vasari und dessen Annotatoren erwähnten Bildnisse in S. Caterina zu Pisa (XVIII) und im Kapuzinerkloster bei Sinigaglia sind nicht erhalten Vas. I, S. 361 u. Anm. Letzteres trug angeblich die wohl irrtümlich gelesene Inschrift: Margaritonis devotio me fec. – Ebenda wird auch noch ein im Handel in Florenz befindliches bzw. Bild, das 1878 nach auswärts verkauft wurde, erwähnt. (XIX). Endlich ist, wie auch bisher stets anerkannt worden, das große Kruzifix in S. Francesco zu Arezzo, auf dem am Fuße des Kreuzes Franz in geknickter Stellung, aber von ziemlich lebendigem Ausdruck, wie er die Füße Christi küßt, zu sehen ist, ein Werk des Margaritone. Es zeigt entschiedene Verwandtschaft mit dem in Perugia, zu gleicher Zeit aber auch in den bei weitem derberen Figuren die verschiedene Individualität des Aretiners. (Abb. S. 272.)

Von einem anderen Meister dagegen scheint mir das seit Crowe und Cavalcaselle dem Margaritone zugeschriebene Porträt des Franz in S. Croce zu Florenz (XXI) zu sein, das, mit zahlreichen Legendenszenen ausgestattet, in der Mitte derselben die übertrieben lange Figur des Heiligen zeigt, wie er in der Linken das Buch hält, mit der Rechten segnet. (Abb. Anhang III, Tafel 44.) Das Gesicht mit dem dunklen Bart ist besser gezeichnet, weniger in die Länge gezogen, die kurze Nase hat scharfe, etwas emporgezogene Nasenflügel, und die großen, dunklen Augen sind von geschwungenen Brauen beschattet. Die Kapuze fällt auf die linke Schulter. In der Höhe steigt er noch einmal, in kleiner Figur gesehen, zwei Engeln entgegen, die ihn in Empfang nehmen, während oben eine Hand, die einen mit nicht leserlicher Schrift bedeckten Zettel hält, erscheint. Wenn Vasari das Bild dem Cimabue gibt und, denselben ehrend, hinzufügt, es zeige, was für jene Zeiten etwas ganz Neues sei, Porträtähnlichkeit, so ist er entschieden im Irrtum. Wohl aber weisen Technik und Zeichnung auf das letzte Viertel des 13. Jahrhunderts hin. – Vielleicht gehört derselben Hand auch das Franzbildnis in San Francesco zu Pistoja (XXII) an, das von Tolomei wohl infolge der mißverständlichen Auffassung einer Stelle im Vasari, der, ohne den Gegenstand zu erwähnen, ein Bild des Lippo Memmi auf dem Hochaltar anführt, diesem Meister, von Crowe und Cavalcaselle dem Margaritone gegeben wurde Tolomei: Guida di Pistoja 1821. S. 136. Crowe u. Cavalcaselle. D. A. I, 156. Es befindet sich in der Capella Bracciolini. Vgl. Vasari I, S. 556..

Eine andere kleine Darstellung des Franz auf einem mit Unrecht dem Berlinghieri zugeschriebenen Diptychon in der Akademie zu Florenz zeigt im Typus einige Beziehungen zu dem in S. Croce (XXIII). Die Haltung erinnert an Margaritones Bilder, von denen es aber sonst ganz verschieden ist.

Größeres Interesse nimmt ein bisher nicht beachtetes Gemälde aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, das wohl von der Hand eines sienesischen Meisters ist und sich in der Akademie zu Siena (Nr. 330) befindet, in Anspruch (XXIV). (Abb. Anhang III, Tafel 41.) Der blondbärtige Kopf übertrifft an lebendiger Natürlichkeit den in S. Croce und zeigt wie dieser in den besseren Verhältnissen einen Fortschritt über Margaritone hinaus. Die Figur ist auch hier sehr lang, die Stellung steif befangen, die Kapuze steht hinter dem Kopfe etwas in die Höhe. In der Linken hält er das Buch, in der Rechten ein zierliches, ornamentiertes Kreuz. Die sichtbare Seitenwunde sendet gleich den andern Malen Strahlen aus. Zu den Seiten befinden sich Szenen der Legende, während in der Höhe Christus, zu dem Engel verehrend auffliegen, erscheint Welcher Zeit die Inschrift unten: »S. Franciscus« und eine Art Monogramm, das aus den Buchstaben CB oder GB oder CLB geformt ist, angehörte, vermochte ich nicht zu entscheiden..

Derselbe kürzere Typus, nur in Cimabues große, derbe Formensprache übertragen, begegnet nun ferner auf dem Fresko, das derselbe in der Unterkirche von Assisi gemalt (XXV). (Abb. S. 200 und S. 217.) Vgl. die ausführliche Besprechung weiter unten in der Beschreibung von S. Francesco. Franz, hier der schriftlichen oder mündlichen Tradition gemäß als kleine, mehr untersetzte Figur gedacht, steht, in beiden Händen das Buch haltend, en face neben der Madonna. Ein dicker Kranz von Haaren umgibt den Kopf, von dem die Kapuze in den Nacken herabgefallen ist. Aus der höheren Kunstfertigkeit allein erklärt es sich, daß wir diesem Bildnis eine größere Lebenswahrheit und Ähnlichkeit zuzuschreiben geneigt sind, daß dasselbe sich mehr als alle anderen unserm Gedächtnis einprägt, so wenig Anspruch es auch darauf machen kann, die Züge des Heiligen wirklich wiederzugeben. Es trägt eben die Glaubwürdigkeit nur in sich selbst als Werk eines bedeutenden Meisters. Schon das Porträt und Brustbild des Franz an der Decke der Oberkirche zu Assisi (XXVI), von einem Schüler gefertigt, zeigt wieder das allgemein Typische des hier starkbärtigen Mannes mit der nach links herabhängenden Kapuze Über den Meister vgl. Näheres unten ebendaselbst. Abb. Plon: St. François S. 328.. Auch die Bilder der Glasfenster im linken Querschiff und im Längsschiff der Oberkirche bringen nichts Neues (XXVII. XXVIII).

Endlich zeigen die Mosaiken des J. Torriti im Lateran (XXIX) und in S. Maria maggiore zu Rom (XXX) bereits den Übergang zu einer anderen Auffassung. Auf Anordnung des ehemaligen Franziskaners, Papst Nicolaus' IV., wurde um 1290 das Apsismosaik von S. Giovanni erneuert und durch die kleinen Figuren des Franz und Antonius bereichert Abb. Gutensohn u. Knapp: Denkmäler d. christl. Religion. Rom 1822. Taf. 46. – Ag. Valentini u. F. Gerardi: La patriarcale basilica Lateranense. Rom 1832 II, Taf. 30. – D'Agincourt XVIII, 13.. Erscheint hier Franziskus noch bärtig, die rechte Hand mit dem Wundenmale erhebend, im Profil, so gibt ihn Torriti in dem 1295 gefertigten Mosaik der Liberianischen Basilika in gleicher Stellung, aber bartlos, womit also zum ersten Male kurz vor Giotto die Idealbildung auftritt Gutensohn u. Knapp, Taf. 46. – Valentini: La patr. basilica Liberiana. Rom 1839, Taf. 55. – D'Agincourt XVIII, 14. – Crowe u. Cavalcaselle D. A. I S. 81. – Lübke, Gesch. d. ital. Malerei I, 96. Von einem angeblichen Versuche des Papstes Bonifacius, die neuen Heiligen, insonderheit Antonius von diesen Ehrenplätzen zu entfernen, berichtet das Speculum S. Francisci. Die Arbeiter, die den Antonius vernichten und an seine Stelle den h. Gregor setzen sollten, wurden angeblich gewaltsam vom Gerüst herabgeschleudert. S. a. Rodulphus Hist. Ser. relig. Venedig 1586, lib. I, S. 77..

Damit haben wir die Bilder, die als eigentlich beabsichtigte und alte Porträts des Franz zu betrachten sind, erschöpft. Einige andere verdienen nur kurze Erwähnung, so ein kleines Porträt auf Kupfer in der Akademie zu Pisa, das eine übrigens öfters wiederkehrende Nachahmung aus dem 17. Jahrhundert ist, ein zweites im Museo Correr zu Venedig, das, fein und vortrefflich im älteren Stile ausgeführt und als »vera S. Francisci effigies« bezeichnet, wohl das Bild in der Sakristei von S. Francesco zum Vorbild hat, aber der Behandlung nach aus dem 15. Jahrhundert stammt, das Porträt in S. Francesco zu Brescia, das nach seiner jetzigen Beschaffenheit nur als eine späte Nachahmung des Margaritone zu bezeichnen ist und andere mehr. Kehrt in diesen Produkten vorgeschrittener Zeit wenigstens der alte Typus wieder, so sind die späteren Werken in Holzschnitten beigegebenen angeblichen Porträts ganz willkürliche Schöpfungen, wenn sie auch, wie der in Rodulphus' Historia Seraphicae religionis mehrfach abgedruckte Holzschnitt, der das Brustbild des Heiligen zeigt, fälschlich auf alte Vorbilder, hier z. B. auf Margaritone zurückgeführt werden Nach der Bez.: »vera beati Francisci effigies ad vivum expressa a Margaritono Aretino. Margariton pictor sic finxit imagine viva. Ast animi dotes fingere nemo potest«. Da wird Margaritone selbst sogar zum intimen Freunde des Franz. – Vgl. auch Holzschnitt in den Opera S. Francisci. Hsg. vom Can. Der Burg. Köln 1842. Fra Salvatore Vitale: Del Monte serafico della Verna, Venedig 1628, der auch von einem Porträt in Guete in Spanien spricht, das ein jüdischer Bildhauer zum Andenken an Franz' Aufenthalt daselbst 1214 gefertigt, das aber nicht ähnlich sei. (S. 44.) S. Bonghi a. a. O. S. 107.. Derart mag auch der auf einen Kupferstich des 18. Jahrhunderts zurückgehende Stich Parinis gewesen sein, den Mariotti beschreibt, und der nach einer ergötzlichen Bezeichnung angeblich das von einem Peruginer Meister Tullius gelegentlich des ersten Kapitels in S. Maria degli Angeli 1219 gemachte Konterfei des Franz ist Lettere pittoriche 1788. S. 15. Die köstliche Inschrift lautet: »Io Tullio pitore di Peruggia esendo stato guarito da questo beato huomo F. Francesco d'Assisi d'una grandissima apoplesia sono andato questo anno 1219 al capitolo delle store alla M. deli Angeli et lo fato il presente suo ritratto sopra di lui per divocione che io ho in questo beato huomo.« Mariotti selbst äußert alle seine Bedenken.. Nicht genug aber, daß solche Legenden von alten Bildern auftauchten, weiß schon Bartholomäus Pisanus davon zu erzählen, daß Franziskus, noch ehe er geboren, mit Dominikus auf die Weissagung und Veranlassung des Abtes Joachim hin in S. Marco zu Venedig dargestellt worden sei Liber Conformitatum, Mailänder Ausg. 1513 lib. I fr. I S. 12 u. f. Danach in dem carmen vitae S. F. Crakau 1594: II. Gesang. Wadding Annalen Bd. I, S. 16.. Wer jetzt daselbst nach Mosaiken, die schuld an dieser Geschichte sein könnten, sucht, wird in dem linken Gange der Vorhalle nur ein aus dem Ende des 13. Jahrhunderts stammendes Bildnis des Dominikus und eine Stigmatisation des Franz aus dem 17. Jahrhundert finden.

Fassen wir zum Schlusse kurz die Resultate unserer Untersuchung zusammen, so ergibt sich, daß uns keines der alten Porträts eine wahrhaft unmittelbare Anschauung des Franz gewährt, die meiste Glaubwürdigkeit aber die von Zeitgenossen ausgeführten Bilder in Subiaco, in S. Francesco zu Rom und in S. Francesco zu Pescia besitzen, in denen uns der Heilige als ein blondbärtiger, mittelgroßer Mann mit schmalem, länglichem Gesicht entgegentritt. Um die Mitte des Jahrhunderts beginnt man seinen Charakter in starker Betonung des Asketischen hervorzuheben, entfernt sich aber zu gleicher Zeit mehr von der Porträtähnlichkeit, bis in Margaritones Bildern dieselbe fast zur Karikatur wird. Zu einer größeren, aber mehr künstlerischen Wahrheit gelangen dann des Cimabue Zeitgenossen und in erhöhtem Maße dieser selbst, bis mit Torriti endlich gegenüber dem Streben nach Ähnlichkeit eine Idealbildung sich entwickelt. Auffallend bleibt es, daß mit des Thomas von Celano Beschreibung und des Mönches eigenen Worten im Widerspruch Franz fast durchweg blond dargestellt ist. Wir können daraus nur schließen, wie vorsichtig man selbst den ältesten, aber mit ungenügendem Kunstvermögen geschaffenen Bildnissen gegenüber sich verhalten muß. Von welcher Wichtigkeit sie gleichwohl für die Geschichte der Kunst sind, geht aus dem Vorhergehenden genügend hervor. Schon Vasari konnte mit Recht diese Porträtkunst eine »cosa nuova« nennen.

Bestimmend aber werden jene alten Bilder im wesentlichen für die ganze folgende Kunst in den Attributen des Heiligen: dem Buch, das durch die verschiedenartigen Inschriften als Regel gekennzeichnet ist, und dem Kreuz, als treffendstem symbolischen Ausdruck für sein ganzes Leben, dessen Inhalt sich ja am kürzesten als Verehrung des gekreuzigten Heilandes charakterisieren läßt und dessen Höhepunkt durch die rätselvolle Kreuzigung seines Fleisches bezeichnet wird. Als wunderbare Zeichen seiner Gottähnlichkeit werden an den Händen und an der Seite die Wundenmale sichtbar, die er häufig mit der Rechten dem gläubigen Verehrer weist. Die Bilder, in denen sich durch Weglassen derselben der Unglaube an die Stigmatisation zeigte, der namentlich in gewissen Teilen Deutschlands und Spaniens im 13. Jahrhundert noch herrschte, aber auch in Italien sich geltend machte, standen jedenfalls an Zahl weit zurück. Daß es solche gab, geht aus einer Erzählung Bonaventuras Cap. XVI, S. 784. hervor, nach welcher auf einem Bildnisse des Heiligen, das eine römische Dame besaß, die vom Maler »vergessenen«, vielmehr wohl mit Absicht weggelassenen Stigmata durch Wunder erschienen. In einem Breve vom Jahre 1259 beklagt sich Alexander IV., daß man in Kastilien von den Gemälden die Kreuzesmale wegkratze und den Malern verbiete, dieselben anzubringen Wadding: Annal. IV, 1259. S. 105..

Die Kutte des Heiligen, deren Form namentlich zur Zeit der Entstehung des Kapuzinerordens zu so heftigen Streitigkeiten Anlaß gab, erscheint im Ganzen ziemlich gleich auf den ältesten Bildern: meist von brauner, dunkelgrauer oder schwärzlicher Farbe fällt sie, durch einen vorn herabhängenden Strick gegürtet, bis auf die Füße nieder und hat bis zu den Händen reichende, mittelweite Ärmel. Die Kapuze, in Subiaco hoch und spitz über dem Kopfe emporstehend, hängt auf den späteren Darstellungen meist seitwärts von ihm mäßig lang herab, oder sie ist kragenartig um den Hals gelegt. Die Füße sind nackt, ohne Sandalen Näher auf die Tracht einzugehen, ist hier nicht der Ort. Nur wenige Bemerkungen seien mir erlaubt. Thomas von Celano I, Cap. II, S. 699 sagt, daß F. in der ersten Zeit ein »heremiticum habitum« trug und »accinctus corrigia et baculum manu portans, calceatis pedibus incedebat«. Dann, nachdem er das Evangelium Matthäi gehört: »solvit protinus calceamenta de pedibus, baculum deponit e manibus, et tunica una contentus, pro corrigia funiculum immutavit. Parat sibi ex tunc tunicam, crucis imaginem praeferentum, ut in ea pulset omnes daemoniacas phantasias« usw. – Von den drei echten Kutten in Assisi, Florenz und Alvernia untersuchte Antonius Daça 1621 die erste, fand sie aber stark beschnitten. Die Ärmel daran waren weiter, als es die Observanten damals erlaubten. Rodulphus gibt angeblich nach alten Legenden folgende Beschreibung der Kutte: »tunica B. F. fuit pallentis et cineri coloris qualem fuisse tunicam inconsutilem Christi quidam affirmant. Fuit quoque cruciformis cuius longitudo terram non attingebat, latitudo vero manicarum ad extremos digitorum articulos perveniebat. Capitium quoque quadratum detulit, tantae quidem longitudinis quod faciem operiret, qualem habitum deferre consueverunt agrestes homines illius religionis.« – Bonaventura als General gibt 1260 Bestimmungen über die Tracht, die nicht allgemein durchdringen. Die Kapuze erhält jene zugespitzte Form, umschließt oval das Gesicht und fällt fast bis zum Gürtel im Nacken hinten herab, wie wir es auf den Mosaiken in Rom, bei Cimabue, dann auf den Fresken Giottos in der Oberkirche zu Assisi und später meist finden. Die Coelestinereremiten, die 1294 bestätigt, aber 1302 wieder aufgelöst wurden, versuchten dagegen von neuem eine Vereinfachung. Endlich sahen die Kapuziner (1525 durch Matthäus Bascius gegr., 1526 bestätigt) ihr Heil in der spitzigen, pyramidalen Kapuze (cuculla). Das Bild in Subiaco gibt ihnen recht, wenn sie dieselbe für die älteste von Franz selbst bevorzugte Form ansehen. Näheres darüber bei Wadding Bd. I, 1208, S. 47. – Annales Capucinorum, I. Bd. und Zacharias Boverius: Dissertazione de vera habitus forma illius. – Gonzaga: De orig. Ser. Rel. 1603. S. 5 f. – Acta SS. Oct. II B. App. § 8. S. 577 f..


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