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Vierzehntes Kapitel
Der Feldzug von 1707 und 1708

Während des ganzen Jahres, das auf die ruhmreiche Schlacht von Ramillies folgte, führte unsere Armee keine Bewegung von Wichtigkeit durch. Die meisten unserer Offiziere, die untätig in Flandern lagen, erklärten entrüstet, daß Seine Gnaden der Herzog, des Kämpfens müde, nur noch auf Geld erpicht sei und seine fünftausend Pfund jährlich und seinen prächtigen Palast in Woodstock genieße, der damals gerade gebaut wurde. Seine Gnaden aber hatte in diesem Jahr genug damit zu tun, die Feinde zu Hause zu bekämpfen. Man flüsterte, daß er nicht mehr so in Gunst stehe wie früher und daß der Einfluß der Herzogin auf Ihre Majestät im Schwinden sei. Die königliche Huld hatte sich der berühmten Frau Masham zugewendet und deren ergebenem Diener, Herrn Harley. Unser Herzog verbrachte einen beträchtlichen Teil seiner Zeit damit, gegen die Intrigen dieser beiden seinerseits zu intrigieren. Herr Harley wurde seines Amtes entsetzt, und Seine Gnaden blieb soweit Sieger. Aber Ihre Majestät, die man gegen ihren eigenen Willen überzeugt hatte, war eigentlich noch ihrer früheren Meinung, und es sollte nicht lange dauern, bis Herr Harley seine Rache nehmen konnte.

Im Felde ging es unterdes keineswegs so zu, wie Marlboroughs tapfere Offiziere es sich gewünscht hätten. Mit den Franzosen uns gegenüber hatten wir das ganze Jahr 1707 lang nicht ein einziges Treffen, und unsere Armee in Spanien wurde bei Almansa durch den ritterlichen Herzog von Berwick gänzlich zugrunde gerichtet. Wir vom Regiment Webb, das der junge Herzog vor der Abdankung seines Vaters befehligt hatte, waren etwas stolz auf den Sieg unseres früheren Obersten. »Ich glaube, wenn ich mit meinen Füsilieren an Galways Stelle gewesen wäre, dann hätten wir unsere Waffen selbst vor unserem einstigen Oberst nicht gestreckt«, sagte unser General, und seine Offiziere schworen, wenn Webb dabeigewesen wäre, dann hätten sich die Engländer wenigstens nicht gefangennehmen lassen. Unser lieber alter General sprach unvorsichtig über sich und andere. Er war ein tapferer und glänzender Soldat; nur blies er etwas lauter in die Trompete, als es sich für einen Mann von so hoher Stellung schickte. War er auch ein Riese an Tüchtigkeit, so schüttelte er doch seinen großen Speer etwas allzu grimmig vor den Augen der ganzen Armee.

Der geheimnisvolle Herr von Holtz begab sich in sehr gehobener Stimmung am Anfang des Jahres 1708 auf eine rätselhafte Expedition, von der er Esmond prophezeite, sie werde die wunderbarsten Folgen haben. Er kehrte kläglich und bedrückt Zur Armee zurück und gestand, daß die glorreiche Angelegenheit leider völlig fehlgeschlagen sei. Das Geheimnis lüftete sich; wirklich hatte er an der unglücklichen Unternehmung des Chevalier de St. George teilgenommen, den der französische König von Dünkirchen mit Schiffen und Truppen ausgeschickt hatte, um in Schottland einzufallen und es zu erobern. Aber der böse Wind, der alle Unternehmungen des unseligen Prinzen scheitern ließ, verhinderte bekanntlich auch den Einfall in Schottland und blies den armen Monsieur von Holtz in unser Feldlager zurück, wo er fortfuhr zu planen, zu prophezeien und zu spionieren. Der Chevalier (für manche von uns der König von England) kam von Dünkirchen zum französischen Heer, um den Feldzug gegen uns zu leiten. Der Herzog von Burgund hatte in diesem Jahr das Kommando, unterstützt durch den Herzog von Berry, den berühmten Marschall Vendosme und den Herzog von Matignon. Holtz, der alles wußte, was in Flandern und Frankreich, ja selbst in Indien vorging, beharrte darauf, daß im Jahre 1708 so wenig gekämpft werden würde als im Jahr zuvor und daß unser Feldherr Gründe hätte, sich ruhig zu verhalten.

Wahrhaftig, Esmonds General, der im Ruf des Mißvergnügten stand und dafür bekannt war, daß er dem großen Herzog tief mißtraute, und Hunderte von Offizieren mit ihm sprachen es bedenkenlos aus, daß die geheimen Gründe dem Herzog in Gestalt der Goldstücke des französischen Königs eingeflößt wurden, der den Generalissimus bestochen habe, eine Schlacht zu vermeiden. Es gab eine Menge Leute in unseren Reihen, Neuigkeitskrämer, denen Herr Webb nur zu bereitwillig lauschte und die genau angeben konnten, welche Summen der Herzog erhielt, wie viel auf Cadogans Anteil entfiel und wie hoch sich im einzelnen die Gebühren für Doktor Hare beliefen.

Die Erfolge, mit denen die Franzosen den Feldzug von 1708 eröffneten, gaben diesen Gerüchten Nahrung. Marlborough erlaubte dem Feind, sich zwischen uns und Gent zu drängen, und weigerte sich, ihn anzugreifen, obwohl die Heere sich achtundvierzig Stunden gegenüberstanden. Gent wurde genommen, und am gleichen Tage forderte Monsieur De la Mothe Brügge zur Übergabe auf, die beiden großen Städte fielen ohne Flintenschuß den Franzosen in die Hände. Wenige Tage später kapitulierte die Festung Plaschendall, und man fing an zu fürchten, das ganze spanische Flandern und Brabant würde den französischen Truppen zufallen. Da kam Prinz Eugen von der Mosel her, und die Unentschlossenheit hatte ein Ende.

Der Prinz von Savoyen führte sich bei seiner Ankunft immer durch ein großes üppiges Festgelage ein. Die Gastfreundschaft unseres Herzogs hingegen äußerte sich nur selten und dann recht schäbig. Als General Webb von dem Gastmahl des Prinzen zurückkam, war sein ehrlicher Kopf vom Wein erhitzt; denn der Österreicher war sehr viel freigebiger mit diesem Getränk als der englische Feldherr. »Jetzt muß er fechten«, rief mein General fluchend und schlug mit der Faust auf den Tisch, »und wenn sie ihn erst zur Schlacht gezwungen haben, verdammt, dann kann kein Heer in Europa gegen Jack Churchill bestehen.« Eine Woche später wurde die Schlacht von Oudenaarde geschlagen, und mochten sich Esmonds General und der oberste Befehlshaber noch so sehr hassen, sie mußten sich gegenseitig an diesem Tage ehrlich bewundern, so großartig war beider Tapferkeit.

Generalmajor Webbs Brigade schlug sich wohl ebenso hart wie jede andere in diesem Treffen. Herr Esmond focht an der Spitze seiner eigenen Kompanie und hatte das Glück, sein Regiment als Kommandeur aus der Schlacht zu führen, da die vier ranghöheren Offiziere in dem ungeheuren Gemetzel dieses Tages umgebracht wurden. Ich denke gern daran zurück, daß Jack Haythorn, der mich als einen Bastard und Webbs Schmarotzer zu verhöhnen pflegte, und mit dem ich einen Wortwechsel darüber hatte, mir vor Beginn der Schlacht die Hände schüttelte. Unser armer Oberstleutnant Brace hatte drei Tage zuvor von seines älteren Bruders Tod erfahren, der ihn zum Erben einer Baronie in Norfolk und viertausend Pfund jährlich machte. Das Schicksal, das ihn unverletzt durch ein Dutzend Feldzüge geführt hatte, packte ihn just, als das Leben für ihn lebenswert wurde; und er ging in die Schlacht mit dem Bewußtsein, wie er sagte, daß sich das Glück jetzt gegen ihn wende. Der Major war erst kürzlich zu uns gekommen, sehr zum Mißfallen der anderen Offiziere – eine Kreatur Lord Marlboroughs, hieß es, und zu uns beordert, um uns zu bespitzeln. Ich weiß nicht, ob es stimmte und wer unseren Messeklatsch ins Hauptquartier trug, jedoch Webbs Regiment stand bekanntlich auf der schwarzen Liste des Höchstkommandierenden. »Und wenn er auch nicht wagte, es zu Hause auseinanderzujagen«, pflegte unser tapferer alter Häuptling zu sagen, »so war er doch entschlossen, es vor dem Feind zu vernichten.« Und so war der arme Major Proudfoot auf einen gefahrvollen Posten gestellt worden.

Esmonds lieber junger Vetter, der Adjutant des Herzogs war, trug in dieser Schlacht eine Wunde davon und wurde in den Zeitungen mit Anerkennung genannt. Und Hauptmann Esmond wurde von seinem General, dessen Liebling er war, auch zur Beförderung eingegeben, und sein Herz klopfte bei dem Gedanken, daß ein paar Augen daheim, die strahlendsten auf Erden, die Zeilen lesen möchten, welche von seinen bescheidenen Verdiensten berichteten. Aber er war fest entschlossen, sich nicht wieder in den Bereich ihres gefährlichen Einflusses zu begeben und Zeit und Trennung die Leidenschaft heilen zu lassen, die ihm noch immer im Blut saß. Fern von Beatrix, quälte sie ihn nicht. Er wußte aber genau, daß die Krankheit wieder ausbrechen würde, sobald er nach Hause kam, und er mied Walcote wie ein Bewohner von Lincolnshire die Moore meidet, in denen das Fieber auf ihn lauert.

Wir von der englischen Partei im Heer, die dazu neigten, alles, was aus Hannover kam, höhnisch zu belächeln und des Kurfürsten Hof und Familie für wenig mehr als Bauern und Barbaren anzusehen, mußten doch nach der Schlacht von Oudenaarde zugestehen, daß der junge Kurprinz in seinem ersten Feldzug den Mut und die Klugheit eines bewährten Soldaten bewies. Bei dieser Gelegenheit hatte Seine kurfürstliche Hoheit mehr Glück als der König von England, der mit seinen Vettern im feindlichen Lager stand und am schmachvollen Ende des Tages mit ihnen fliehen mußte. Sie hatten die besten Generale der Welt als Gegner und einen bewundernswerten Kommandeur auf der eigenen Seite, und dennoch ließen sie allen Rat außer acht und stürzten sich in einen Kampf, der in der äußersten Vernichtung ihrer Armee geendet hätte. Nur die große Kunst und Bravour des Herzogs von Vendosme wandte, soweit Mut und Genie vermögen, das Unheil ab, das seine Vettern, die legitimen Prinzen des königlichen Hauses, durch ihre Torheiten und Streitigkeiten angerichtet hatten.

Der arme Herr von Holtz konnte nach dieser Schlacht nur sagen: »Wäre der Herzog von Berwick bei der Armee gewesen, dann wären die Würfel dieses Tages anders gefallen. Ihr hättet erlebt, daß der Held von Almanza dem Sieger von Blenheim gewachsen ist.«

Das Geschäft des Austausches von Gegangenen blühte noch immer und war, wenigstens angeblich, dasjenige, was Herrn von Holtz beständig zwischen den beiden Feldlagern in Bewegung hielt. Dafür kann ich jedenfalls einstehen, daß er einmal nahe daran war, durch Generalmajor Wayne als Spion gehenkt zu werden und nur auf besonderen Befehl des Herzogs ins Hauptquartier geschickt wurde. Er kam und ging, immer beschützt von heimlichen dunklen Mächten. Er trug Botschaften zwischen dem Herzog von Berwick und seinem Onkel, unserem Herzog, hin und her und schien dort so gut Bescheid zu wissen wie bei uns. Er überbrachte einigen unserer Offiziere, darunter den Herren von Webbs Regiment, die Glückwünsche des Königs von England zu ihrer Bravour an jenem großen Tage; und nach Wynendael, als unser General über die geringschätzige Behandlung des Höchstkommandierenden schimpfte, sagte der Pater, er wisse, wie dies Gefecht von den Führern der französischen Armee beurteilt würde, und daß der Widerstand vor dem Wald von Wynendael den Verbündeten den Eingang nach Lille geschaffen habe.

»Ach!« sagte Holtz und hatte willige Hörer, »wenn der König wieder zu seinem Thron kommt, dann wird manches anders werden! Die Verbannung Seiner Majestät hat den einen großen Vorteil, daß sie ihm Gelegenheit gibt, sich ein unparteiisches Urteil über England zu bilden. Seine Schwester ist immer in der Hand irgendeines habgierigen Günstlings, durch dessen Augen sie sieht und an dessen Schmarotzer sie alles weggibt. Glaubt ihr, daß Seine Majestät bei seiner Kenntnis der englischen Verhältnisse einen Mann wie General Webb so vernachlässigen würde? Er müßte längst als Lord Lydiard im Hause der Peers sitzen. Der Feind und ganz Europa kennen seine Verdienste, und gerade sein Ruf ist es, den ihm gewisse große Herren nicht verzeihen können, die alle Gleichheit und Unabhängigkeit hassen.« Diese Ausführungen wurden natürlich in der Absicht zum besten gegeben, daß man sie zu Herrn Webb weitertrug. Sie waren ihm sehr willkommen; denn so groß seine Verdienste waren, niemand konnte sie höher schätzen, als John Richmond Webb selbst es tat. Da die Mißstimmung zwischen ihm und Marlborough allgemein bekannt war, fingen die Feinde Seiner Gnaden an, Webb den Hof zu machen und ihn gegen den alles an sich raffenden, übermächtigen Feldherrn auszuspielen. Bald nach dem Siege von Oudenaarde bot sich General Webb eine glänzende Gelegenheit, sich zu zeigen, die von dem tapferen Krieger nicht versäumt wurde und seinen Ruf im Vaterland mächtig steigerte.

Der Prinz von Savoyen setzte sich vor Lille fest, der Hauptstadt des französischen Flandern, gegen den Rat von Marlborough, wie man sagte, und begann damit die berühmteste Belagerung unserer Zeit, fast so berühmt wie die von Troy selbst, wegen der in Angriff und Verteidigung vollbrachten Waffentaten. Die Feindschaft Eugens wider den König von Frankreich war ein wütender persönlicher Haß, ganz unähnlich der ruhigen Feindseligkeit unseres großen englischen Feldherrn, den der Krieg nicht mehr erregte als eine Partie Billard. War das Spiel vorüber, so blieb nicht der leiseste Groll gegen die andere Partei in der Brust dieses vollendeten Taktikers zurück. Zwischen dem Prinzen von Savoyen und den Franzosen aber war es ein Kampf aufs Messer. Wurde er zurückgeschlagen, wie letztes Jahr bei Toulon, so tauchte er an einer anderen Grenze Frankreichs wieder auf und griff es mit seiner unermüdlichen Wut an. Wenn der Prinz bei der Armee erschien, wurden die schwelenden Feuer des Krieges angefacht und loderten in Flammen auf. Unsere phlegmatischen holländischen Verbündeten mußten in schnellem Trab vorwärts – unser gelassener Herzog wurde zum Kampf gezwungen. Der Prinz bedeutete in seiner Person eine ganze Armee gegen die Franzosen: durch die Energie seines ungeheuren, unerschöpflichen Hasses, die ansteckend auf Hunderte und Tausende wirkte. Des Kaisers General zahlte die Kränkung zurück – und ganz gehörig –, die der französische König dem hitzigen kleinen Abbé von Savoyen zugefügt hatte. Selbst als Truppenführer glänzend und berühmt, dazu über alles Maß hinaus wagemutig und unerschrocken, wohl fähig, sich mit den berühmtesten Kriegsleuten der französischen Armee zu messen, besaß Eugen noch eine Waffe, die ihresgleichen nicht in Frankreich fand, seit der Kanonenschuß von Sasbach den edlen Turenne zu Boden streckte: er konnte Marlborough gegen die Führer des französischen Heeres schleudern und sie wie mit einem Felsblock zerschmettern.

Marlborough nahm an der großen Belagerung, die der Kaiserliche Generalissimus mit aller Macht und Heftigkeit betrieb, nur geringen Anteil und beschränkte sich darauf, die Linien der Belagerer gegen die Armee des Herzogs von Burgund zu decken. Eine Division unter Webb und Rantzau wurde ins Artois und die Pikardie geschickt, zu dem abscheulichsten und schmerzlichsten Dienst, den Esmond während seiner militärischen Laufbahn hat erleben müssen. Die verelendeten Städte der wehrlosen Provinzen, deren kampffähige Leute Jahr auf Jahr zu den französischen Armeen eingezogen und jahrein, jahraus von dem unersättlichen Krieg verschlungen wurden, waren unserer Gnade preisgegeben, und unser Befehl lautete, ihnen keine Gnade zu gewähren. Wir fanden Orte, nur mit Invaliden, Frauen und Kindern besetzt, und mußten den halbverhungerten armen Geschöpfen auch das noch rauben, was die Abgaben des erbärmlichen Krieges ihnen übriggelassen hatten. Wir mußten ihnen die letzten Lebensmittel aus ihren Scheunen holen, ihnen die Lumpen vom Leibe reißen. Es war ein Feldzug des Plünderns und Mordens, auf den man uns geschickt hatte; unsere Soldaten begingen Scheußlichkeiten, an die ein anständiger Mensch nur mit Erröten zurückdenken kann. Wir brachten Geld und Vorräte genug in des Herzogs Lager zurück. Wir waren keinem Widerstand begegnet, und doch sträubt sich die Feder, die Grausamkeit zu beschreiben, mit der diese unwürdige Beute den unschuldigen Opfern des Krieges entrissen worden war.

So tapfer die Belagerung von Lille auch betrieben wurde, die Verbündeten hatten, als wir zurückkehrten, wenig Fortschritte gemacht. Man sagte, sie werde nie zu einem guten Ende führen, und der Prinz von Savoyen werde sich gezwungen sehen, sie aufzugeben. Marlborough bekannte sich offen zu dieser Meinung. Die, welche ihm nicht trauten, und dazu gehörte auch Esmond, hielten es nicht für ausgeschlossen, daß er seine Gründe habe, Lille für uneinnehmbar zu erklären, und dafür vom französischen König bezahlt würde. Wenn es so war, und ich glaube es, so bot sich General Webb jetzt eine hervorragende Gelegenheit, seinen Haß gegen den Oberkommandierenden zu befriedigen, jene schändliche Geldgier zu enttäuschen, die eine der niedrigsten und berüchtigtsten Eigenschaften des berühmten Herzogs war, und zugleich seine vollendete Geschicklichkeit als Kommandeur zu beweisen. Betrachte ich alle Umstände, die dem Ereignis vorausgingen, von dem ich erzählen will, so kann ich die Überzeugung nicht unterdrücken, daß dem Herzog wirklich gewisse Millionen vom König von Frankreich versprochen waren, für den Fall, daß es ihm gelingen sollte, die Belagerung der Stadt aufzuheben. Die Armee des Prinzen von Savoyen war mit ihren Lebensmitteln und ihrer Munition zu Ende; über den Marschweg selbst des Transportes, der Ersatz bringen sollte, waren die Franzosen genau unterrichtet; die französische Armee des Grafen De la Mothe, die den Transport abfangen sollte, war sechsmal stärker als die schandbar ungenügende Bedeckung des Konvois durch die Truppen, die Marlborough unter Führung des ihm verhaßten Generals Webb ausschickte. Zudem stand es fest, daß der Feldherr einen beständigen Briefwechsel mit dem Herzog von Berwick, dem Vorgesetzten von De la Mothe, unterhielt. Ich bin des Glaubens, daß es Marlboroughs Absicht war, den Belagerern die Zufuhr, die sie unbedingt benötigten, abschneiden zu lassen, daß er willens war, die kleine Armee unter Webb zu opfern und sie zu betrügen, wie er Tollemache bei Brest betrog, den Prinzen von Savoyen zu verraten, wie er jeden Freund verraten hat, um seine eigenen Pläne zu fördern, seinen Ehrgeiz und seine Habsucht zu befriedigen. Ohne den ganz wunderbaren Sieg, den Esmonds General über eine sechsmal größere Armee erfocht, hätte die Belagerung von Lille aufgehoben werden müssen, und man sollte sich erinnern, daß unsere tapfere kleine Streitmacht unter dem Kommando eines Offiziers stand, den Marlborough haßte, daß er auf den Sieger wütend war und ihm mit offener und schamloser Ungerechtigkeit die Ehre seines Sieges zu rauben suchte.


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