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67. Kapitel / Chapter 67

Enthält Geburten, Hochzeiten und Todesfälle / Which Contains Births, Marriages, and Deaths

Wie auch Beckys geheime Pläne sein mochten, mit denen sie Dobbins treuer Liebe zum Erfolg verhelfen wollte, so glaubte die kleine Frau doch, daß sie das Geheimnis noch für sich behalten könnte. Da ihr das eigene Wohlergehen über alles ging, hatte sie noch eine ganze Menge zu bedenken, was sie selbst betraf und ihr weit wichtiger schien als Major Dobbins irdisches Glück ...

 

Whatever Becky’s private plan might be by which Dobbin’s true love was to be crowned with success, the little woman thought that the secret might keep, and indeed, being by no means so much interested about anybody’s welfare as about her own, she had a great number of things pertaining to herself to consider, and which concerned her a great deal more than Major Dobbin’s happiness in this life.

Sie fand sich plötzlich und unerwartet in einer bequemen, hübschen Wohnung, umgeben von Freunden, Güte und gutmütigen, einfachen Menschen, wie sie sie seit langem nicht getroffen hatte. Wenn sie auch aus Zwang und Neigung eine Wanderin war, so gab es doch Augenblicke, wo sie sich nach Ruhe sehnte. Auch der stärkste Araber, der je auf dem Rücken eines Dromedars die Wüste durchquerte, ruht zuweilen gern unter den Dattelpalmen am Wasser aus oder sucht gern Städte auf und wandert in den Basaren umher, erfrischt sich im Bade und sagt sein Gebet in der Moschee, ehe er wieder auf Raubzüge ausgeht. Josephs Zelte und Pilau gefielen der kleinen Ausgestoßenen. Sie band ihr Roß an, hängte ihre Waffen auf und wärmte sich an seinem Feuer. Der Halt in ihrem rastlosen Vagabundenleben war ihr unaussprechlich beruhigend und angenehm.

 

She found herself suddenly and unexpectedly in snug comfortable quarters, surrounded by friends, kindness, and good-natured simple people such as she had not met with for many a long day; and, wanderer as she was by force and inclination, there were moments when rest was pleasant to her. As the most hardened Arab that ever careered across the desert over the hump of a dromedary likes to repose sometimes under the date-trees by the water, or to come into the cities, walk into the bazaars, refresh himself in the baths, and say his prayers in the mosques, before he goes out again marauding, so Jos’s tents and pilau were pleasant to this little Ishmaelite. She picketed her steed, hung up her weapons, and warmed herself comfortably by his fire. The halt in that roving, restless life was inexpressibly soothing and pleasant to her.

So mit sich selbst zufrieden, tat sie ihr möglichstes, auch alle anderen zufriedenzustellen. Wir wissen ja, daß sie in der Kunst des Freudespendens geschickt und erfolgreich war. Ein gut Teil des Wohlwollens von Joseph hatte sie schon während der kurzen Unterredung in der Dachkammer des »Elefanten« zurückzuerobern gewußt. Im Laufe einer Woche war der Zivilist ihr ergebener Sklave und rasender Bewunderer geworden. Er schlief nach dem Essen nicht mehr wie sonst in der weit weniger lebhaften Gesellschaft Amelias. Er fuhr im offenen Wagen mit Becky aus. Ihr zu Ehren lud er zu kleinen Gesellschaften ein und gab Feste.

 

So, pleased herself, she tried with all her might to please everybody; and we know that she was eminent and successful as a practitioner in the art of giving pleasure. As for Jos, even in that little interview in the garret at the Elephant Inn, she had found means to win back a great deal of his good-will. In the course of a week, the civilian was her sworn slave and frantic admirer. He didn’t go to sleep after dinner, as his custom was in the much less lively society of Amelia. He drove out with Becky in his open carriage. He asked little parties and invented festivities to do her honour.

Tapeworm, der Gesandtschaftssekretär, der sie so entsetzlich beschimpft hatte, kam zu Joseph zum Essen und dann täglich, um Becky seine Aufwartung zu machen. Die arme Emmy, die nie sehr redselig gewesen war, aber nun nach Dobbins Abreise ernster und schweigsamer war als je, geriet ganz in Vergessenheit, als dieser überragende Geist auftauchte. Der französische Gesandte war ebenso entzückt von ihr wie sein englischer Rivale. Die deutschen Damen, die in bezug auf Moral nie sehr bedenklich sind, vor allem nicht bei Engländern, waren von der Klugheit und dem Witz der bezaubernden Freundin von Mrs. Osborne entzückt, und obwohl sie nicht bei Hofe vorgestellt zu werden verlangte, so hörten doch sogar die erlauchten Persönlichkeiten dort von ihren Reizen und waren wirklich neugierig, sie kennenzulernen. Bald sprach es sich herum, sie sei von Adel, stamme aus einer alten englischen Familie, ihr Mann sei Oberst bei der Garde und Gouverneur einer Insel und lebe von seiner Frau getrennt wegen geringer Differenzen, die in einem Lande, wo man noch den »Werther« liest und wo man Goethes »Wahlverwandtschaften« für ein erbauliches und moralisches Buch hält, keine Rolle spielen. Es weigerte sich nun kein Mensch mehr, sie selbst in den höchsten Kreisen des kleinen Herzogtums zu empfangen, und die Damen waren sogar noch schneller bereit, sie zu duzen und ihr ewige Freundschaft zu schwören, als sie es früher bei Amelia gewesen waren, der sie die gleichen unschätzbaren Wohltaten erwiesen hatten. Die einfachen Deutschen legen Liebe und Freiheit in einer Weise aus, die die braven Leute in Yorkshire oder Somersetshire kaum verstehen würden, und in einigen philosophischen und zivilisierten Städten könnte eine Dame wer weiß wie oft von ihrem jeweiligen Mann geschieden sein und doch ihre Stellung in der Gesellschaft behaupten. Seit Joseph ein eigenes Haus hatte, war es nie so unterhaltsam gewesen, wie es jetzt durch Rebekka wurde; sie sang, sie spielte, sie lachte, sie unterhielt sich in mehreren Sprachen, sie schleppte allerlei Leute ins Haus und brachte Joseph zu dem Glauben, daß seine gesellschaftlichen Talente und sein Witz die große Gesellschaft des Ortes um ihn versammelte.

 

Tapeworm, the Charge d’Affaires, who had abused her so cruelly, came to dine with Jos, and then came every day to pay his respects to Becky. Poor Emmy, who was never very talkative, and more glum and silent than ever after Dobbin’s departure, was quite forgotten when this superior genius made her appearance. The French Minister was as much charmed with her as his English rival. The German ladies, never particularly squeamish as regards morals, especially in English people, were delighted with the cleverness and wit of Mrs. Osborne’s charming friend, and though she did not ask to go to Court, yet the most august and Transparent Personages there heard of her fascinations and were quite curious to know her. When it became known that she was noble, of an ancient English family, that her husband was a Colonel of the Guard, Excellenz and Governor of an island, only separated from his lady by one of those trifling differences which are of little account in a country where Werther is still read and the Wahlverwandtschaften of Goethe is considered an edifying moral book, nobody thought of refusing to receive her in the very highest society of the little Duchy; and the ladies were even more ready to call her du and to swear eternal friendship for her than they had been to bestow the same inestimable benefits upon Amelia. Love and Liberty are interpreted by those simple Germans in a way which honest folks in Yorkshire and Somersetshire little understand, and a lady might, in some philosophic and civilized towns, be divorced ever so many times from her respective husbands and keep her character in society. Jos’s house never was so pleasant since he had a house of his own as Rebecca caused it to be. She sang, she played, she laughed, she talked in two or three languages, she brought everybody to the house, and she made Jos believe that it was his own great social talents and wit which gathered the society of the place round about him.

Emmy war überhaupt nicht mehr die Herrin ihres eigenen Hauses, außer wenn es Rechnungen zu bezahlen galt, aber Becky entdeckte bald, wie man sie besänftigen und sich ihr angenehm machen konnte. Sie plauderte ihr beständig etwas von Major Dobbin vor, den sie fortgeschickt hatte, und war skrupellos genug, ihre Bewunderung für diesen vortrefflichen hochherzigen Mann auszudrücken und Amelia zu zeigen, wie grausam sie ihn behandelt habe. Emmy verteidigte ihr Verhalten und erklärte, daß nur rein religiöse Grundsätze es ihr diktiert hatten, daß eine Frau nur einmal und so weiter und so fort, und wenn sie dann noch mit solch einem verheiratet gewesen sei, wie der, den das Glück ihr gegeben habe, dann sei sie verheiratet für ewig. Sie hatte aber nichts dagegen, daß Becky den Major pries, soviel sie Lust hatte, und brachte selbst das Gespräch täglich wohl zwanzigmal auf Dobbin.

 

As for Emmy, who found herself not in the least mistress of her own house, except when the bills were to be paid, Becky soon discovered the way to soothe and please her. She talked to her perpetually about Major Dobbin sent about his business, and made no scruple of declaring her admiration for that excellent, high-minded gentleman, and of telling Emmy that she had behaved most cruelly regarding him. Emmy defended her conduct and showed that it was dictated only by the purest religious principles; that a woman once, &c., and to such an angel as him whom she had had the good fortune to marry, was married forever; but she had no objection to hear the Major praised as much as ever Becky chose to praise him, and indeed, brought the conversation round to the Dobbin subject a score of times every day.

Es gelang Becky leicht, die Gunst Georges und der Dienstboten zu gewinnen. Amelias Zofe war, wie schon erwähnt, dem großmütigen Major von ganzem Herzen zugetan; obgleich sie anfänglich Becky, als der Ursache seiner Trennung von ihrer Herrin, abgeneigt gewesen war, söhnte sie sich doch später wieder mit Mrs. Crawley aus, weil diese Dame Williams eifrigste Bewunderin und Verteidigerin wurde. In den wichtigen geheimen Beratungen, die die beiden Damen nach den Gesellschaftsabenden hielten, während Miss Payne ihnen die Haare bürstete, die gelben Locken der einen und die weichen braunen Flechten der anderen, legte das Mädchen stets ein Wort für den guten lieben Herrn, Major Dobbin, ein. Ihre Fürsprache machte Amelia ebensowenig zornig wie Rebekkas Bewunderung für ihn. Sie veranlaßte George, regelmäßig an ihn zu schreiben, und ließ in einer Nachschrift stets die freundlichen Grüße der Mama mitschicken. Und wenn sie abends das Bild ihres Mannes betrachtete, dann machte es ihr keine Vorwürfe mehr – vielleicht machte sie ihm nur Vorwürfe, da William fort war.

 

Means were easily found to win the favour of Georgy and the servants. Amelia’s maid, it has been said, was heart and soul in favour of the generous Major. Having at first disliked Becky for being the means of dismissing him from the presence of her mistress, she was reconciled to Mrs. Crawley subsequently, because the latter became William’s most ardent admirer and champion. And in those nightly conclaves in which the two ladies indulged after their parties, and while Miss Payne was “brushing their ’airs,” as she called the yellow locks of the one and the soft brown tresses of the other, this girl always put in her word for that dear good gentleman Major Dobbin. Her advocacy did not make Amelia angry any more than Rebecca’s admiration of him. She made George write to him constantly and persisted in sending Mamma’s kind love in a postscript. And as she looked at her husband’s portrait of nights, it no longer reproached her — perhaps she reproached it, now William was gone.

Emmy war nach ihrem heroischen Opfer nicht sonderlich glücklich. Sie war sehr zerstreut, nervös, still und unduldsam. Die Familie hatte sie nie so launisch gesehen, sie wurde blaß und kränklich. Sie sang ab und zu ganz bestimmte Lieder, zum Beispiel »Einsam bin ich, nicht allein«, jenes sanfte Liebeslied von Weber, das in der alten Zeit, als Sie, meine jungen Damen, kaum geboren waren, bewies, daß diejenigen, die vor Ihnen lebten, ebenfalls lieben und singen konnten, ganz bestimmte Lieder also, die der Major besonders gern gehabt. Wenn sie sie in der Dämmerung im Gesellschaftszimmer trillerte, brach sie häufig in der Mitte ab, begab sich in ihr angrenzendes Zimmer und nahm dort zweifellos Zuflucht zu dem Miniaturbild ihres Mannes.

 

Emmy was not very happy after her heroic sacrifice. She was very distraite, nervous, silent, and ill to please. The family had never known her so peevish. She grew pale and ill. She used to try to sing certain songs ("Einsam bin ich nicht alleine,” was one of them, that tender love-song of Weber’s which in old-fashioned days, young ladies, and when you were scarcely born, showed that those who lived before you knew too how to love and to sing) certain songs, I say, to which the Major was partial; and as she warbled them in the twilight in the drawing-room, she would break off in the midst of the song, and walk into her neighbouring apartment, and there, no doubt, take refuge in the miniature of her husband.

Dobbin hatte bei seiner Abreise einige Bücher mit seinem Namen darin zurückgelassen, zum Beispiel ein deutsches Wörterbuch mit »William Dobbin ...tes Reg.« auf dem Vorsatzblatt, einen Reiseführer mit seinen Initialen und ein paar andere Bände, die dem Major gehörten. Emmy räumte sie weg und legte sie auf die Kommode, wo sie ihr Arbeitskästchen, ihr Schreibpult, ihre Bibel und ihr Gebetbuch hatte, unter die Bilder der beiden Georges. Der Major hatte beim Fortgehen auch seine Handschuhe dagelassen, und es ist tatsächlich geschehen, daß Georgy einige Zeit später beim Kramen im Pult seiner Mutter die Handschuhe, nett zusammengefaltet, im sogenannten Geheimfach fand.

 

Some books still subsisted, after Dobbin’s departure, with his name written in them; a German dictionary, for instance, with “William Dobbin, — th Reg.,” in the fly-leaf; a guide-book with his initials; and one or two other volumes which belonged to the Major. Emmy cleared these away and put them on the drawers, where she placed her work-box, her desk, her Bible, and prayer-book, under the pictures of the two Georges. And the Major, on going away, having left his gloves behind him, it is a fact that Georgy, rummaging his mother’s desk some time afterwards, found the gloves neatly folded up and put away in what they call the secret-drawers of the desk.

Da sie an Gesellschaften kein Vergnügen fand und sich dort langweilte, war Emmys Hauptvergnügen, an Sommerabenden lange Spaziergänge mit Georgy zu machen. Rebekka –wurde in Mr. Josephs Gesellschaft zurückgelassen, und Mutter und Sohn sprachen dann von dem Major in einer Weise, daß selbst der Knabe lächeln mußte. Sie erzählte ihm, daß sie den Major für den besten, sanftesten und gütigsten, tapfersten und bescheidensten Menschen auf der Welt hielt; sie betonte immer wieder, daß sie alles, was sie auf der Welt besaß, der wohlwollenden Sorge dieses lieben Freundes verdanke, daß er sich ihrer in Armut und Unglück angenommen habe, über sie gewacht habe, als sich niemand um sie kümmerte, daß ihn all seine Kameraden bewunderten, obgleich er nie von seinen mutigen Taten sprach, daß Georges Vater ihm von allen am meisten vertraut habe und daß der gute William sich stets seiner angenommen habe. »Dein Papa hat mir oft erzählt«, sagte sie, »daß er als kleiner Junge in der Schule, in die sie beide gingen, von William gegen einen Tyrannen verteidigt wurde, und von diesem Tage an bis zu dem letzten, an dem dein lieber Vater fiel, hat ihre Freundschaft nie aufgehört.«

 

Not caring for society, and moping there a great deal, Emmy’s chief pleasure in the summer evenings was to take long walks with Georgy (during which Rebecca was left to the society of Mr. Joseph), and then the mother and son used to talk about the Major in a way which even made the boy smile. She told him that she thought Major William was the best man in all the world — the gentlest and the kindest, the bravest and the humblest. Over and over again she told him how they owed everything which they possessed in the world to that kind friend’s benevolent care of them; how he had befriended them all through their poverty and misfortunes; watched over them when nobody cared for them; how all his comrades admired him though he never spoke of his own gallant actions; how Georgy’s father trusted him beyond all other men, and had been constantly befriended by the good William. “Why, when your papa was a little boy,” she said, “he often told me that it was William who defended him against a tyrant at the school where they were; and their friendship never ceased from that day until the last, when your dear father fell.”

»Hat Dobbin den Mann getötet, der Papa getötet hat?« fragte Georgy. »Bestimmt hat er es, oder er hätte es getan, wenn er ihn erwischt hätte, nicht wahr, Mutter? Wenn ich erst bei den Soldaten bin, dann werde ich die Franzosen auch hassen, nicht wahr?«

 

“Did Dobbin kill the man who killed Papa?” Georgy said. “I’m sure he did, or he would if he could have caught him, wouldn’t he, Mother? When I’m in the Army, won’t I hate the French? — that’s all.”

Mit solchen Unterhaltungen verbrachten Mutter und Kind einen großen Teil ihrer Zeit gemeinsam. Die schlichte Frau hatte ihren Sohn zum Vertrauten gemacht. Er war Williams Freund, wie überhaupt alle, die ihn kannten.

 

In such colloquies the mother and the child passed a great deal of their time together. The artless woman had made a confidant of the boy. He was as much William’s friend as everybody else who knew him well.

Übrigens hatte Mrs. Becky, um Amelia an Sentimentalität nicht nachzustehen, ebenfalls ein Miniaturbild in ihrem Zimmer hängen, zur Überraschung und Belustigung der meisten und dem Entzücken des Originals, das kein anderer war als unser Freund Joseph. Als die kleine Frau Familie Sedley mit ihrem Besuch beehrte, schämte sie sich wahrscheinlich, daß sie weder mit großen Koffern noch Hutschachteln erschienen war, sondern nur mit einem auffallend schäbigen Holzköfferchen, und sprach achtungsvoll von ihrem in Leipzig zurückgebliebenem Gepäck, das sie sich kommen lassen müsse. Wenn dir ein Reisender ständig von seinem großartigen Gepäck erzählt, das er zufällig nur nicht bei sich hat, so hüte dich vor diesem Reisenden, mein Sohn! Er ist zehn gegen eins ein Betrüger.

 

By the way, Mrs. Becky, not to be behind hand in sentiment, had got a miniature too hanging up in her room, to the surprise and amusement of most people, and the delight of the original, who was no other than our friend Jos. On her first coming to favour the Sedleys with a visit, the little woman, who had arrived with a remarkably small shabby kit, was perhaps ashamed of the meanness of her trunks and bandboxes, and often spoke with great respect about her baggage left behind at Leipzig, which she must have from that city. When a traveller talks to you perpetually about the splendour of his luggage, which he does not happen to have with him, my son, beware of that traveller! He is, ten to one, an impostor.

Weder Joseph noch Emmy kannten diesen wichtigen Grundsatz. Es spielte für sie keine Rolle, ob Becky eine ganze Anzahl feiner Kleider in unsichtbaren Koffern besitze; da aber ihre gegenwärtige geringe Ausstattung sehr schäbig war, versorgte Emmy sie aus ihren eigenen Vorräten oder brachte sie zur besten Modistin in der Stadt und verschaffte ihr, was sie brauchte. Von nun an, das können Sie glauben, gab es keine zerrissenen Kragen und keine verblichene Seide mehr, die ihr von den Schultern herabhing. Mit ihrer Lebensstellung änderte Becky auch ihre Gewohnheiten. Der Schminktopf wurde beiseite gestellt – und auch ein anderes Reizmittel, an das sie sich gewöhnt hatte, oder sie frönte ihm jedenfalls nur insgeheim, zum Beispiel an Sommerabenden, wenn Emmy und ihr Knabe spazierengingen und Joseph sie bewog, einen kleinen Schnaps zu sich zu nehmen. Wenn sie auch nichts trank, der Reisediener trank jedenfalls. Der bübische Kirsch war nicht von der Flasche wegzubringen, und er konnte auch nie sagen, wieviel er getrunken hatte. Er war oft selbst darüber erstaunt, wie schnell Mr. Sedleys Kognak zur Neige ging. Nun, das ist ein peinliches Thema, aber Becky trank wahrscheinlich nicht mehr so viel wie früher, ehe sie in eine anständige Familie eintrat.

 

Neither Jos nor Emmy knew this important maxim. It seemed to them of no consequence whether Becky had a quantity of very fine clothes in invisible trunks; but as her present supply was exceedingly shabby, Emmy supplied her out of her own stores, or took her to the best milliner in the town and there fitted her out. It was no more torn collars now, I promise you, and faded silks trailing off at the shoulder. Becky changed her habits with her situation in life — the rouge-pot was suspended — another excitement to which she had accustomed herself was also put aside, or at least only indulged in in privacy, as when she was prevailed on by Jos of a summer evening, Emmy and the boy being absent on their walks, to take a little spirit-and-water. But if she did not indulge — the courier did: that rascal Kirsch could not be kept from the bottle, nor could he tell how much he took when he applied to it. He was sometimes surprised himself at the way in which Mr. Sedley’s Cognac diminished. Well, well, this is a painful subject. Becky did not very likely indulge so much as she used before she entered a decorous family.

Endlich trafen die vielgerühmten Koffer aus Leipzig ein – es waren drei, und sie waren weder groß noch prächtig. Becky schien auch weder Kleider noch Schmuck herauszunehmen, als sie endlich angekommen waren. Aus dem einen, der ihre ganzen Papiere enthielt (es war derselbe, den Rawdon Crawley auf seiner wütenden Jagd nach Rebekkas verstecktem Geld geplündert hatte), holte sie strahlend ein Bild, das sie in ihrem Zimmer aufhängte und Joseph zeigte. Es war eine Bleistiftzeichnung von einem Herrn, und sein Gesicht war sehr vorteilhaft rosa getönt. Er ritt auf einem Elefanten vor ein paar Kokospalmen und einer Pagode im Hintergrund. Der Schauplatz war eine orientalische Landschaft.

 

At last the much-bragged-about boxes arrived from Leipzig; three of them not by any means large or splendid; nor did Becky appear to take out any sort of dresses or ornaments from the boxes when they did arrive. But out of one, which contained a mass of her papers (it was that very box which Rawdon Crawley had ransacked in his furious hunt for Becky’s concealed money), she took a picture with great glee, which she pinned up in her room, and to which she introduced Jos. It was the portrait of a gentleman in pencil, his face having the advantage of being painted up in pink. He was riding on an elephant away from some cocoa-nut trees and a pagoda: it was an Eastern scene.

»Gott behüte mich! Das ist ja mein Porträt!« rief Joseph. Er war es tatsächlich in der Blüte seiner Jugend und Schönheit und in einer Nankingjacke nach der Mode von 1804. Es war das alte Bild, das am Russell Square gehangen hatte.

 

“God bless my soul, it is my portrait,” Jos cried out. It was he indeed, blooming in youth and beauty, in a nankeen jacket of the cut of 1804. It was the old picture that used to hang up in Russell Square.

»Ich habe es gekauft«, sagte Becky mit vor Bewegung zitternder Stimme. »Ich ging damals hin und wollte sehen, ob ich meinen gütigen Freunden irgendwie behilflich sein könnte. Ich habe mich von dem Bild nie getrennt und werde es auch niemals tun.«

 

“I bought it,” said Becky in a voice trembling with emotion; “I went to see if I could be of any use to my kind friends. I have never parted with that picture — I never will.”

»Tatsache?« rief Joseph mit einem Blick der Genugtuung und des unaussprechlichen Entzückens. »Schätzen Sie es wirklich um – um – um meinetwillen?«

 

“Won’t you?” Jos cried with a look of unutterable rapture and satisfaction. “Did you really now value it for my sake?”

»Das wissen Sie ja«, antwortete Becky. »Warum aber jetzt davon reden – warum daran denken – warum zurückblicken? Nun ist es zu spät!«

 

“You know I did, well enough,” said Becky; “but why speak — why think — why look back! It is too late now!”

Die Unterhaltung dieses Abends war für Joseph köstlich. Emmy kam nur herein, um zu sagen, daß sie müde sei und sich nicht wohl fühle und zu Bett gehe. Joseph und sein schöner Gast hatten ein bezauberndes Tête-à-tête, und seine Schwester, die im angrenzenden Zimmer wach lag, konnte hören, wie Rebekka Joseph die alten Lieder von 1815 vorsang. In dieser Nacht konnte er merkwürdigerweise ebensowenig schlafen wie Amelia.

 

That evening’s conversation was delicious for Jos. Emmy only came in to go to bed very tired and unwell. Jos and his fair guest had a charming tete-a-tete, and his sister could hear, as she lay awake in her adjoining chamber, Rebecca singing over to Jos the old songs of 1815. He did not sleep, for a wonder, that night, any more than Amelia.

Es war Juni und demnach Hochsaison in London. Joseph, der täglich den unvergleichlichen »Galignani«, den besten Freund im Exil, las, erfreute die Damen beim Frühstück mit Auszügen aus seiner Zeitung. Einmal wöchentlich bringt dieses Blatt einen vollständigen Bericht über Truppenbewegungen, für den Joseph als Mann, der auch Pulver gerochen hatte, sich besonders interessierte. Eines Tages las er vor: »Ankunft des ...ten Regiments. – Gravesend, den 20. Juni. Der Ostindienfahrer ›Ramchunder' lief heute früh mit vierzehn Offizieren und 132 Soldaten dieses tapferen Regiments an Bord in die Themse ein. Sie waren vierzehn Jahre von England abwesend. Sie spielten eine aktive Rolle in der glorreichen Schlacht bei Waterloo und wurden im darauffolgenden Jahr nach Indien eingeschifft. Später haben sie sich im burmesischen Krieg ausgezeichnet. Gestern landeten hier der altgediente Oberst Sir Michael O'Dowd, Träger des Bath-Ordens, mit seiner Gemahlin und seiner Schwester sowie die Hauptleute Posky, Stubble, Macraw, Malony, die Leutnants Smith, Jones, Thompson, F. Thomson und die Fähnriche Hicks und Grady. Das Musikkorps auf der Mole spielte die Nationalhymne, und die Menge ließ die tapferen Veteranen hochleben, als sie zu Waytes Hotel gingen, wo ein prächtiges Bankett die Verteidiger des guten alten Englands erwartete. Während des Festmahls, das selbstverständlich im besten Wayteschen Stil vor sich ging, dauerten die begeisterten Hochrufe immer noch an, so daß Lady O'Dowd und der Oberst auf den Balkon heraustraten und die Gesundheit ihrer Landsleute mit einem Glas von Waytes bestem Rotwein ausbrachten.

 

It was June, and, by consequence, high season in London; Jos, who read the incomparable Galignani (the exile’s best friend) through every day, used to favour the ladies with extracts from his paper during their breakfast. Every week in this paper there is a full account of military movements, in which Jos, as a man who had seen service, was especially interested. On one occasion he read out — “Arrival of the — th regiment. Gravesend, June 20. — The Ramchunder, East Indiaman, came into the river this morning, having on board 14 officers, and 132 rank and file of this gallant corps. They have been absent from England fourteen years, having been embarked the year after Waterloo, in which glorious conflict they took an active part, and having subsequently distinguished themselves in the Burmese war. The veteran colonel, Sir Michael O’Dowd, K.C.B., with his lady and sister, landed here yesterday, with Captains Posky, Stubble, Macraw, Malony; Lieutenants Smith, Jones, Thompson, F. Thomson; Ensigns Hicks and Grady; the band on the pier playing the national anthem, and the crowd loudly cheering the gallant veterans as they went into Wayte’s hotel, where a sumptuous banquet was provided for the defenders of Old England. During the repast, which we need not say was served up in Wayte’s best style, the cheering continued so enthusiastically that Lady O’Dowd and the Colonel came forward to the balcony and drank the healths of their fellow-countrymen in a bumper of Wayte’s best claret.”

Bei anderer Gelegenheit las Joseph eine kurze Mitteilung: »Major Dobbin hat sich dem ...ten Regiment in Chatham angeschlossen.« Und etwas später verlas er die Berichte über die Vorstellung bei Hofe, und zwar von Oberst Sir Michael O'Dowd, Lady O'Dowd (durch Mrs. Molloy Malony von Ballymalony) und Miss Glorvina O'Dowd (durch Lady O'Dowd). Kurze Zeit danach erschien Dobbins Name unter den Oberstleutnants. Der alte Marschall Tiptoff war während der Überfahrt des ...ten Regiments von Madras gestorben, und der König hatte geruht, Oberst Sir Michael O'Dowd bei seiner Rückkehr nach England zum Generalmajor zu befördern. Er sollte aber weiterhin das Kommando seines tapferen Regiments, das er so lange geführt hatte, behalten.

 

On a second occasion Jos read a brief announcement — Major Dobbin had joined the — th regiment at Chatham; and subsequently he promulgated accounts of the presentations at the Drawing-room of Colonel Sir Michael O’Dowd, K.C.B., Lady O’Dowd (by Mrs. Malloy Malony of Ballymalony), and Miss Glorvina O’Dowd (by Lady O’Dowd). Almost directly after this, Dobbin’s name appeared among the Lieutenant-Colonels: for old Marshal Tiptoff had died during the passage of the — th from Madras, and the Sovereign was pleased to advance Colonel Sir Michael O’Dowd to the rank of Major-General on his return to England, with an intimation that he should be Colonel of the distinguished regiment which he had so long commanded.

Amelia hatte einige dieser Ereignisse schon gewußt. Die Korrespondenz zwischen George und seinem Vormund war keineswegs eingeschlafen, und William hatte auch seit seiner Abreise ein paarmal ihr selbst geschrieben, aber in einem so ungezwungenen kühlen Ton, daß die arme Frau nun fühlte, wie sie die Herrschaft über ihn verloren hatte, und daß er, wie er selbst gesagt hatte, frei war. Er hatte sie verlassen, und sie war unglücklich. Seine unzähligen Dienste und seine liebevolle Verehrung standen ihr vor Augen und machten ihr Tag und Nacht Vorwürfe. Sie brütete nach ihrer Gewohnheit über diesen Erinnerungen, erkannte die Reinheit und Schönheit seiner Liebe, mit der sie gespielt hatte, und tadelte sich, einen solchen Schatz weggeworfen zu haben.

 

Amelia had been made aware of some of these movements. The correspondence between George and his guardian had not ceased by any means: William had even written once or twice to her since his departure, but in a manner so unconstrainedly cold that the poor woman felt now in her turn that she had lost her power over him and that, as he had said, he was free. He had left her, and she was wretched. The memory of his almost countless services, and lofty and affectionate regard, now presented itself to her and rebuked her day and night. She brooded over those recollections according to her wont, saw the purity and beauty of the affection with which she had trifled, and reproached herself for having flung away such a treasure.

Diese Liebe war tatsächlich verschwunden. William hatte sie gänzlich aufgebraucht. Er glaubte sie nicht mehr so zu lieben, wie er sie geliebt hatte. Er würde sie auch nie wieder so lieben können. Eine Zuneigung dieser Art, die er ihr so viele Jahre hindurch treu entgegengebracht hatte, kann nicht weggeworfen und zerbrochen und dann wieder ausgebessert werden, ohne daß man die Spuren bemerkt. Die kleine unbekümmerte Tyrannin hatte sie auf diese Weise zerstört. William dachte immer wieder: Ich habe mich selbst betrügerischen Illusionen hingegeben. Wäre sie meiner Liebe würdig gewesen, sie hätte sie schon längst erwidert. Es war ein teurer Irrtum. Besteht aber nicht das ganze Leben aus solchen Irrtümern, und angenommen, ich hätte sie errungen – wäre ich nicht am Tage nach meinem Sieg entzaubert worden? Warum sollte ich mich meiner Niederlage schämen oder über sie bekümmert sein? Je mehr er diese lange Periode seines Lebens überdachte, desto klarer wurde ihm, daß er sich getäuscht hatte. »Ich will die Uniform wieder anziehen«, sagte er, »und meine Pflicht dort tun, wo der Himmel mich hingestellt hat. Ich werde aufpassen, daß die Knöpfe der Rekruten gehörig geputzt sind und die Unteroffiziere in ihren Berichten keine Fehler machen. Ich werde in der Offiziersmesse speisen und mir die Geschichten des schottischen Regimentsarztes anhören. Wenn ich alt und gebrechlich bin, werde ich mich auf Halbsold setzen lassen, und meine alten Schwestern werden mich ausschelten. ›Ich habe gelebt und geliebet‹, wie das Mädchen im›Wallenstein‹ sagt. Ich bin fertig. – Bezahl die Rechnung und bringe mir eine Zigarre, Francis, und sieh nach, was heute im Theater gespielt: wird. Morgen fahren wir mit der›Batavier‹ rüber.« Diese Rede, von der Francis nur die beiden letzten Zeilen hörte, hielt er, während er die Boompjes in Rotterdam auf und ab ging. Die »Batavier« lag im Hafen. Er konnte die Stelle auf dem Achterdeck sehen, wo er und Emmy auf der glücklichen Hinfahrt gesessen hatten. Was hatte ihm die kleine Mrs. Crawley nur zu sagen? – Pah, morgen stechen wir in See und kehren nach England zurück – zur Heimat und zur Pflicht!

 

It was gone indeed. William had spent it all out. He loved her no more, he thought, as he had loved her. He never could again. That sort of regard, which he had proffered to her for so many faithful years, can’t be flung down and shattered and mended so as to show no scars. The little heedless tyrant had so destroyed it. No, William thought again and again, “It was myself I deluded and persisted in cajoling; had she been worthy of the love I gave her, she would have returned it long ago. It was a fond mistake. Isn’t the whole course of life made up of such? And suppose I had won her, should I not have been disenchanted the day after my victory? Why pine, or be ashamed of my defeat?” The more he thought of this long passage of his life, the more clearly he saw his deception. “I’ll go into harness again,” he said, “and do my duty in that state of life in which it has pleased Heaven to place me. I will see that the buttons of the recruits are properly bright and that the sergeants make no mistakes in their accounts. I will dine at mess and listen to the Scotch surgeon telling his stories. When I am old and broken, I will go on half-pay, and my old sisters shall scold me. I have geliebt und gelebet, as the girl in ‘Wallenstein’ says. I am done. Pay the bills and get me a cigar: find out what there is at the play to-night, Francis; to-morrow we cross by the Batavier.” He made the above speech, whereof Francis only heard the last two lines, pacing up and down the Boompjes at Rotterdam. The Batavier was lying in the basin. He could see the place on the quarter-deck where he and Emmy had sat on the happy voyage out. What had that little Mrs. Crawley to say to him? Psha; to-morrow we will put to sea, and return to England, home, and duty!

Anfang Juli zerstreute sich die ganze kleine Hofgesellschaft von Pumpernickel nach deutscher Sitte in hundert verschiedene Badeorte, wo sie tranken, auf Eseln ritten, in den Kursälen spielten, wenn sie Geld und Lust hatten, mit Hunderten ihres Standes zu ihren Schlemmermahlen an die Table d'hôte eilten und den Sommer im Müßiggang verbrachten. Die englischen Diplomaten gingen nach Teplitz und Kissingen, ihre französischen Nebenbuhler schlossen ihre Kanzlei und eilten zu ihrem geliebten Boulevard de Gand. Die regierende durchlauchtige Familie fuhr ebenfalls in die Bäder oder zog sich auf ihre Jagdschlösser zurück. Jeder, der Ansprüche erhob, zur großen Welt gerechnet zu werden, verreiste, und unter ihnen natürlich auch der Hofarzt Doktor von Glauber und seine Baronin. Die Badesaison war stets die einträglichste Periode in des Doktors Praxis – er vereinigte das Geschäftliche mit dem Vergnügen und ging gewöhnlich nach Ostende, das sehr viel von Deutschen besucht wird, und dort behandelte der Doktor sich und sein Ehegespons mit »Seewasserspülungen«, wie er es nannte.

 

After June all the little Court Society of Pumpernickel used to separate, according to the German plan, and make for a hundred watering-places, where they drank at the wells, rode upon donkeys, gambled at the redoutes if they had money and a mind, rushed with hundreds of their kind to gourmandise at the tables d’hote, and idled away the summer. The English diplomatists went off to Teoplitz and Kissingen, their French rivals shut up their chancellerie and whisked away to their darling Boulevard de Gand. The Transparent reigning family took too to the waters, or retired to their hunting lodges. Everybody went away having any pretensions to politeness, and of course, with them, Doctor von Glauber, the Court Doctor, and his Baroness. The seasons for the baths were the most productive periods of the Doctor’s practice — he united business with pleasure, and his chief place of resort was Ostend, which is much frequented by Germans, and where the Doctor treated himself and his spouse to what he called a “dib” in the sea.

Sein interessanter Patient Joseph war eine regelrechte Milchkuh für den Doktor, und es fiel ihm nicht schwer, den Zivilisten zu überreden, um seiner selbst willen und wegen der erschütterten Gesundheit seiner reizenden Schwester den Sommer in dieser häßlichen Hafenstadt zu verbringen. Emmy war es gleichgültig, wohin sie ging. Georgy machte Freudensprünge bei dem Gedanken an eine Veränderung. Für Becky verstand es sich von selbst, daß sie den vierten Platz in der schönen Reisekutsche einnahm, die Mr. Joseph gekauft hatte, während die beiden Diener vorn auf dem Bock saßen. Vielleicht hegte sie einige Befürchtungen, daß sie dort Freunde treffen würde, die möglicherweise häßliche Geschichten erzählen könnten, – doch pah! sie war stark genug, sich zu behaupten. Sie war jetzt so fest bei Joseph verankert, daß schon ein schwerer Sturm kommen mußte, um sie zu erschüttern. Der Vorfall mit dem Bild hatte ihm den Rest gegeben. Becky nahm ihren Elefanten von der Wand und legte ihn in die kleine Kiste, die sie vor langen Jahren von Amelia bekommen hatte. Auch Emmy nahm ihre Hausgötter – die beiden Gemälde – mit, und schließlich quartierte sich die Gesellschaft in einem außerordentlich teuren und unbequemen Haus in Ostende ein.

 

His interesting patient, Jos, was a regular milch-cow to the Doctor, and he easily persuaded the civilian, both for his own health’s sake and that of his charming sister, which was really very much shattered, to pass the summer at that hideous seaport town. Emmy did not care where she went much. Georgy jumped at the idea of a move. As for Becky, she came as a matter of course in the fourth place inside of the fine barouche Mr. Jos had bought, the two domestics being on the box in front. She might have some misgivings about the friends whom she should meet at Ostend, and who might be likely to tell ugly stories — but bah! she was strong enough to hold her own. She had cast such an anchor in Jos now as would require a strong storm to shake. That incident of the picture had finished him. Becky took down her elephant and put it into the little box which she had had from Amelia ever so many years ago. Emmy also came off with her Lares — her two pictures — and the party, finally, were, lodged in an exceedingly dear and uncomfortable house at Ostend.

Hier nun begann Amelia Bäder zu nehmen und das Beste daraus zu machen. Obwohl Dutzende Bekannte an Rebekka vorübergingen und sie schnitten, erfuhr Mrs. Osborne, die mit ihr ging, aber keinen Menschen kannte, nichts davon, wie die Freundin, die sie sich so verständig zur Gefährtin erwählt hatte, behandelt wurde. Becky hielt es auch für angemessen, ihr nicht mitzuteilen, was unter ihren unschuldigen Augen vorging.

 

There Amelia began to take baths and get what good she could from them, and though scores of people of Becky’s acquaintance passed her and cut her, yet Mrs. Osborne, who walked about with her, and who knew nobody, was not aware of the treatment experienced by the friend whom she had chosen so judiciously as a companion; indeed, Becky never thought fit to tell her what was passing under her innocent eyes.

Einige Bekannte schlossen sich Mrs. Rawdon Crawley jedoch bereitwillig an – bereitwilliger vielleicht, als es ihr wünschenswert erschien. Zu diesen gehörte Major Loder (ohne Anstellung) und Hauptmann Rook (früher bei den Schützen), die täglich auf dem Seedamm zu sehen waren, wo sie rauchten und den Frauen nachstarrten. Sie fanden schnell Zutritt zu der gastfreien Tafel und dem auserlesenen Kreis von Mr. Joseph Sedley und ließen sich in keiner Weise abschütteln. Sie brachen ins Haus ein, ganz gleich, ob Becky daheim war oder nicht, gingen in Mrs. Osbornes Salon, den sie mit dem Duft ihrer Röcke und Schnurrbarte parfümierten, nannten Joseph »alter Bursche«, stürzten sich auf seine Mittagstafel und lachten und tranken dort stundenlang.

 

Some of Mrs. Rawdon Crawley’s acquaintances, however, acknowledged her readily enough, — perhaps more readily than she would have desired. Among those were Major Loder (unattached), and Captain Rook (late of the Rifles), who might be seen any day on the Dike, smoking and staring at the women, and who speedily got an introduction to the hospitable board and select circle of Mr. Joseph Sedley. In fact they would take no denial; they burst into the house whether Becky was at home or not, walked into Mrs. Osborne’s drawing-room, which they perfumed with their coats and mustachios, called Jos “Old buck,” and invaded his dinner-table, and laughed and drank for long hours there.

»Was meinen sie nur?« fragte Georgy, der diese Herren nicht leiden mochte. »Ich hörte gestern, wie der Major zu Mrs. Crawley sagte: Nein, nein, Becky, den alten Burschen sollen Sie nicht für sich allein bekommen. Wir wollen da auch ein bißchen mitmischen, oder, verdammt noch mal, ich beichte. Was meinte der Major bloß damit, Mama?«

 

“What can they mean?” asked Georgy, who did not like these gentlemen. “I heard the Major say to Mrs. Crawley yesterday, ’No, no, Becky, you shan’t keep the old buck to yourself. We must have the bones in, or, dammy, I’ll split.’ What could the Major mean, Mamma?”

»Major! Nenn den bitte nicht Major!« sagte Emmy. »Ich weiß wirklich nicht, was er meinte.« Seine und seines Freundes Gegenwart flößten der kleinen Frau Abneigung und unerträgliches Entsetzen ein. Sie machten ihr trunkene Komplimente und beäugelten sie bei Tisch lüstern. Der Hauptmann machte ihr Anträge, die sie mit gräßlichem Schrecken erfüllten, und sie ging ihm aus dem Wege, wenn sie nicht gerade George bei sich hatte.

 

“Major! don’t call him Major!” Emmy said. “I’m sure I can’t tell what he meant.” His presence and that of his friend inspired the little lady with intolerable terror and aversion. They paid her tipsy compliments; they leered at her over the dinner-table. And the Captain made her advances that filled her with sickening dismay, nor would she ever see him unless she had George by her side.

Auch Rebekka wollte nicht, um ihr Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, daß einer von diesen Männern allein bei Amelia blieb. Der Major hatte ebenfalls Absichten und schwor, er werde sie gewinnen. Zwei Wüstlinge kämpften um dieses unschuldige Geschöpf und spielten an ihrem eigenen Tisch um sie. Wenn sie auch nicht wußte, was für Absichten die Schurken auf sie hatten, so fühlte sie doch in ihrer Gegenwart Unruhe und Schrecken und wäre gern geflüchtet.

 

Rebecca, to do her justice, never would let either of these men remain alone with Amelia; the Major was disengaged too, and swore he would be the winner of her. A couple of ruffians were fighting for this innocent creature, gambling for her at her own table, and though she was not aware of the rascals’ designs upon her, yet she felt a horror and uneasiness in their presence and longed to fly.

Sie bat, sie flehte Joseph an, nach Hause zurückzukehren. Er wollte aber nicht. Er war langsam in Gang zu bringen und an seinen Arzt gekettet, und dann war er wohl auch an einem anderen Gängelband. Becky wenigstens war nicht darauf erpicht, nach England zu gehen.

 

She besought, she entreated Jos to go. Not he. He was slow of movement, tied to his Doctor, and perhaps to some other leading-strings. At least Becky was not anxious to go to England.

Endlich faßte Amelia einen großen Entschluß und tat den entscheidenden Schritt. Sie schrieb einem Freund auf der anderen Seite des Wassers einen Brief. Keinem Menschen sagte sie ein Sterbenswörtchen davon und trug ihn selbst unter ihrem Schal zur Post. Niemand bemerkte etwas davon, nur sah sie sehr rot und aufgeregt aus, als Georgy sie sah, und küßte ihn an jenem Abend viele Male. Nach der Rückkehr von ihrem Spaziergang kam sie nicht wieder aus ihrem Zimmer hervor, und Becky glaubte, sie fürchte sich vor Major Loder und dem Hauptmann.

 

At last she took a great resolution — made the great plunge. She wrote off a letter to a friend whom she had on the other side of the water, a letter about which she did not speak a word to anybody, which she carried herself to the post under her shawl; nor was any remark made about it, only that she looked very much flushed and agitated when Georgy met her, and she kissed him, and hung over him a great deal that night. She did not come out of her room after her return from her walk. Becky thought it was Major Loder and the Captain who frightened her.

Hier darf sie nicht bleiben, sagte sich Becky; sie muß fort, das dumme Närrchen, sie weint immer noch um ihren Einfaltspinsel von Mann, der nun schon fünfzehn Jahre tot ist. Geschah ihm ganz recht. Sie soll keinen von diesen Männern heiraten. Es ist gemein von Loder; nein, sie soll den Bambusstock heiraten. Das werde ich noch heute abend in Ordnung bringen!

 

“She mustn’t stop here,” Becky reasoned with herself. “She must go away, the silly little fool. She is still whimpering after that gaby of a husband — dead (and served right!) these fifteen years. She shan’t marry either of these men. It’s too bad of Loder. No; she shall marry the bamboo cane, I’ll settle it this very night.”

Becky brachte also Amelia eine Tasse Tee in ihr Zimmer, wo sie die Dame melancholisch und nervös in Gesellschaft ihrer Miniaturbilder vorfand. Sie setzte die Teetasse vor sie hin.

 

So Becky took a cup of tea to Amelia in her private apartment and found that lady in the company of her miniatures, and in a most melancholy and nervous condition. She laid down the cup of tea.

»Danke schön!« sagte Amelia.

 

“Thank you,” said Amelia.

»Hör mal, Amelia«, sagte Becky und ging vor Emmy im Zimmer auf und ab, dabei betrachtete sie die andere mit einer gewissen verächtlichen Freundlichkeit. »Ich muß mit dir sprechen, du mußt weg von hier, weg von der Unverschämtheit dieser Männer. Ich will nicht, daß sie dich belästigen, und wenn du hierbleibst, dann werden sie dich beleidigen. Ich sage dir, es sind Schurken, Männer, die man eigentlich ins Gefängnis stecken sollte. Kümmere dich nicht darum, woher ich sie kenne. Ich kenne alle Welt. Joseph kann dich nicht beschützen, er ist zu dick und schwach und braucht selbst einen Beschützer. Du bist ebenso untauglich für das Leben in dieser Welt wie ein Säugling. Du mußt heiraten, oder du und dein Prachtjunge werden zugrunde gehen. Du mußt einen Mann haben, du Närrchen, und einer der besten Männer, die ich je sah, hat schon hundertmal um dich geworben, und du hast ihn abgewiesen, du einfältiges, herzloses, undankbares kleines Geschöpf.«

 

“Listen to me, Amelia,” said Becky, marching up and down the room before the other and surveying her with a sort of contemptuous kindness. “I want to talk to you. You must go away from here and from the impertinences of these men. I won’t have you harassed by them: and they will insult you if you stay. I tell you they are rascals: men fit to send to the hulks. Never mind how I know them. I know everybody. Jos can’t protect you; he is too weak and wants a protector himself. You are no more fit to live in the world than a baby in arms. You must marry, or you and your precious boy will go to ruin. You must have a husband, you fool; and one of the best gentlemen I ever saw has offered you a hundred times, and you have rejected him, you silly, heartless, ungrateful little creature!”

»Ich habe – ich habe mein möglichstes versucht, wirklich, Rebekka«, erwiderte Amelia eindringlich. »Aber ich konnte nicht vergessen, daß...«, und sie beendete den Satz mit einem Augenaufschlag zu dem Porträt.

 

“I tried — I tried my best, indeed I did, Rebecca,” said Amelia deprecatingly, “but I couldn’t forget — ”; and she finished the sentence by looking up at the portrait.

»Konntest den da nicht vergessen?« rief Becky. »Diesen egoistischen Aufschneider, diesen ungebildeten, ordinären Stutzer, diesen auswattierten Tölpel, der weder Witz noch Benehmen, noch Herz besaß und der mit deinem Freund mit dem Rohrstock ebensowenig zu vergleichen ist wie du mit der Königin Elisabeth. Hach, der Mann hatte dich längst satt und hätte dich sitzenlassen, wenn Dobbin ihn nicht gezwungen hätte, sein Wort zu halten. Er hat es mir selbst gestanden. Er hat sich nie etwas aus dir gemacht. Er hat sich soundso oft bei mir über dich lustig gemacht, und schon eine Woche nachdem er dich geheiratet hatte, hat er mit mir geflirtet.«

 

“Couldn’t forget him!” cried out Becky, “that selfish humbug, that low-bred cockney dandy, that padded booby, who had neither wit, nor manners, nor heart, and was no more to be compared to your friend with the bamboo cane than you are to Queen Elizabeth. Why, the man was weary of you, and would have jilted you, but that Dobbin forced him to keep his word. He owned it to me. He never cared for you. He used to sneer about you to me, time after time, and made love to me the week after he married you.”

»Das ist Lüge, das ist Lüge, Rebekka!« rief Amelia und sprang auf.

 

“It’s false! It’s false! Rebecca,” cried out Amelia, starting up.

»Sieh dir doch das einmal an, du Närrin«, sagte Becky, noch immer aufreizend gut gelaunt, und holte ein Zettelchen aus ihrem Gürtel. Sie öffnete es und warf es Emmy in den Schoß. »Du kennst seine Handschrift. Das hat er mir geschrieben, er hat gewollt, daß ich mit ihm durchbrennen sollte. Vor deinen Augen hat er es mir gegeben, einen Tag bevor er fiel – das geschah ihm ganz recht«, wiederholte Becky.

 

“Look there, you fool,” Becky said, still with provoking good humour, and taking a little paper out of her belt, she opened it and flung it into Emmy’s lap. “You know his handwriting. He wrote that to me — wanted me to run away with him — gave it me under your nose, the day before he was shot — and served him right!” Becky repeated.

Emmy hörte sie nicht. Sie sah den Brief an. Es war derjenige, den George in das Bukett gesteckt und Becky in der Ballnacht beim Herzog von Richmond gegeben hatte. Es war, wie sie sagte. Der törichte junge Mann hatte sie aufgefordert, mit ihm zu fliehen.

 

Emmy did not hear her; she was looking at the letter. It was that which George had put into the bouquet and given to Becky on the night of the Duchess of Richmond’s ball. It was as she said: the foolish young man had asked her to fly.

Emmy ließ den Kopf sinken, und zum letzten Male in dieser Geschichte soll sie mit dem Weinen beschäftigt werden. Der Kopf sank ihr auf die Brust, die Hände fuhren an die Augen, und so gab sie sich eine Zeitlang ihrer Bewegung hin, während Becky dabeistand und sie anblickte. Wer könnte sagen, ob diese Tränen süß oder bitter waren? War sie sehr betrübt, weil das Götzenbild ihres Lebens gestürzt und zerschmettert vor ihren Füßen lag, oder entrüstet, daß ihre Liebe so geringgeschätzt worden war, oder froh, weil die Schranke der Schamhaftigkeit zwischen ihr und einer neuen, einer wahren Liebe gefallen war? Nichts kann mich jetzt mehr hindern, dachte sie, nun darf ich ihn von ganzem Herzen lieben. Oh, ich will, ich will, wenn er es mir nur erlaubt und mir vergibt. Ich glaube, dieses Gefühl stürzte sich vor allen anderen in die sanfte kleine Brust.

 

Emmy’s head sank down, and for almost the last time in which she shall be called upon to weep in this history, she commenced that work. Her head fell to her bosom, and her hands went up to her eyes; and there for a while, she gave way to her emotions, as Becky stood on and regarded her. Who shall analyse those tears and say whether they were sweet or bitter? Was she most grieved because the idol of her life was tumbled down and shivered at her feet, or indignant that her love had been so despised, or glad because the barrier was removed which modesty had placed between her and a new, a real affection? “There is nothing to forbid me now,” she thought. “I may love him with all my heart now. Oh, I will, I will, if he will but let me and forgive me.” I believe it was this feeling rushed over all the others which agitated that gentle little bosom.

Sie weinte nicht so sehr, wie Becky erwartete. Rebekka beruhigte und küßte sie – ein seltsames Zeichen der Sympathie bei Mrs. Rebekka. Sie behandelte Emmy wie ein Kind und streichelte ihr das Haar. »Und nun wollen wir Feder und Tinte nehmen und ihm schreiben, daß er sofort kommen soll«, sagte sie.

 

Indeed, she did not cry so much as Becky expected — the other soothed and kissed her — a rare mark of sympathy with Mrs. Becky. She treated Emmy like a child and patted her head. “And now let us get pen and ink and write to him to come this minute,” she said.

»Ich – ich habe heute morgen schon an ihn geschrieben«, sagte Emmy und wurde sehr rot. Becky schrie vor Lachen. – »Un biglietto!« sang sie mit Rosina, »eccolo quà!« Ihr schriller Gesang schallte durch das ganze Haus.

 

“I — I wrote to him this morning,” Emmy said, blushing exceedingly. Becky screamed with laughter — "Un biglietto,” she sang out with Rosina, “eccolo qua!" — the whole house echoed with her shrill singing.

Zwei Tage nach dieser kleinen Szene stand Amelia zeitig auf. Obwohl es regnerisch und windig war und obwohl sie eine unruhige Nacht verbracht hatte, dem Brausen des Windes gelauscht und alle Reisenden zu Lande und zu Wasser bemitleidet hatte, bestand sie darauf, mit Georgy einen Spaziergang auf dem Seedamm zu machen. Dort ging sie auf und ab, während ihr der Regen ins Gesicht schlug, und sie blickte westwärts über die hohen Wogen, die schäumend auf die Küste zustürzten, zu dem dunklen Horizont. Keiner der beiden sprach viel, nur ab und zu richtete der Knabe einige teilnehmende und ermutigende Worte an seine ängstliche Begleiterin.

 

Two mornings after this little scene, although the day was rainy and gusty, and Amelia had had an exceedingly wakeful night, listening to the wind roaring, and pitying all travellers by land and by water, yet she got up early and insisted upon taking a walk on the Dike with Georgy; and there she paced as the rain beat into her face, and she looked out westward across the dark sea line and over the swollen billows which came tumbling and frothing to the shore. Neither spoke much, except now and then, when the boy said a few words to his timid companion, indicative of sympathy and protection.

»Ich hoffe, er wird bei diesem Wetter die Überfahrt nicht wagen«, meinte Emmy.

 

“I hope he won’t cross in such weather,” Emmy said.

»Ich wette zehn gegen eins, daß er es doch tut«, antwortete der Knabe. »Sieh mal, Mutter, dort ist der Rauch vom Dampfer.« Ganz sicher, es war das erste Anzeichen.

 

“I bet ten to one he does,” the boy answered. “Look, Mother, there’s the smoke of the steamer.” It was that signal, sure enough.

Zwar war der Dampfer unterwegs, aber er brauchte deshalb doch nicht an Bord zu sein. Vielleicht hatte er den Brief nicht erhalten, vielleicht wollte er nicht kommen. Hundert Befürchtungen stürzten sich auf das kleine Herz ebenso schnell wie die Wellen auf den Seedamm.

 

But though the steamer was under way, he might not be on board; he might not have got the letter; he might not choose to come. A hundred fears poured one over the other into the little heart, as fast as the waves on to the Dike.

Nach dem Rauch kam bald der Dampfer in Sicht. Georgy besaß ein hübsches Fernrohr, und geschickt bekam er das Schiff ins Blickfeld und gab nun passende seemännische Kommentare darüber, in welcher Weise sich der Dampfer näherte, der sich im Wasser hob und senkte. Das Signal »Englischer Dampfer in Sicht« stieg flatternd an dem Mast auf der Mole hoch. Ich glaube, Mrs. Amelias Herz flatterte ähnlich.

 

The boat followed the smoke into sight. Georgy had a dandy telescope and got the vessel under view in the most skilful manner. And he made appropriate nautical comments upon the manner of the approach of the steamer as she came nearer and nearer, dipping and rising in the water. The signal of an English steamer in sight went fluttering up to the mast on the pier. I daresay Mrs. Amelia’s heart was in a similar flutter.

Emmy versuchte über Georges Schulter durch das Fernrohr zu blicken, konnte aber nichts erkennen. Sie sah nur etwas Dunkles vor ihren Augen auf und nieder tanzen.

 

Emmy tried to look through the telescope over George’s shoulder, but she could make nothing of it. She only saw a black eclipse bobbing up and down before her eyes.

George ergriff das Glas von neuem und bestrich damit das Schiff. »Wie es stampft«, sagte er. »Da, gerade klatscht wieder eine Welle über den Bug. Außer dem Steuermann sind nur zwei Leute auf Deck. Ein Mann liegt auf den Planken, und der andere – ein Kerl in einem – Mantel, mit einem... Hurra! Es ist Dobbin! Tatsache.« Er schob das Fernrohr zusammen und schlang die Arme um seine Mutter. Was sie tat, können wir mit den Worten eines beliebten Dichters sagen: δαχσυοεν γελασασα.Sie war sicher, daß es William war. Ein anderer konnte es nicht sein. Als sie ihre Hoffnung ausdrückte, er werde nicht kommen, hatte sie geheuchelt. Natürlich würde er kommen, konnte er denn anders? Sie wußte, daß er kommen würde.

 

George took the glass again and raked the vessel. “How she does pitch!” he said. “There goes a wave slap over her bows. There’s only two people on deck besides the steersman. There’s a man lying down, and a — chap in a — cloak with a — Hooray! — it’s Dob, by Jingo!” He clapped to the telescope and flung his arms round his mother. As for that lady, let us say what she did in the words of a favourite poet — "Dakruoen gelasasa.” She was sure it was William. It could be no other. What she had said about hoping that he would not come was all hypocrisy. Of course he would come; what could he do else but come? She knew he would come.

Das Schiff näherte sich schnell. Als sie zum Ländeplatz am Kai hinübergingen, zitterten Emmy die Knie, und sie konnte kaum gehen. Sie hätte sich gern niedergekniet und ein Dankgebet gesprochen. Oh, dachte sie, mein ganzes Leben soll ein Dankgebet sein.

 

The ship came swiftly nearer and nearer. As they went in to meet her at the landing-place at the quay, Emmy’s knees trembled so that she scarcely could run. She would have liked to kneel down and say her prayers of thanks there. Oh, she thought, she would be all her life saying them!

Als das Schiff einlief, hatten sich wegen des schlechten Wetters keine müßigen Zuschauer eingefunden, und kaum ein Zollbeamter kümmerte sich um die wenigen Schiffspassagiere. Der kleine Taugenichts George hatte sich ebenfalls aus dem Staube gemacht, und als der Herr in dem alten, rotgefütterten Mantel das Ufer betrat, war dort kaum ein Mensch, der Zeuge des folgenden geworden wäre:

 

It was such a bad day that as the vessel came alongside of the quay there were no idlers abroad, scarcely even a commissioner on the look out for the few passengers in the steamer. That young scapegrace George had fled too, and as the gentleman in the old cloak lined with red stuff stepped on to the shore, there was scarcely any one present to see what took place, which was briefly this:

Eine Dame mit triefendem weißem Hut und Schal lief ihm mit ausgestreckten Händchen entgegen und war im nächsten Augenblick gänzlich unter den Falten des alten Mantels verschwunden. Sie küßte aus Leibeskräften seine eine Hand, während die andere wahrscheinlich damit beschäftigt war, sie ans Herz zu drücken (ihr Kopf reichte gerade bis da hinauf) und sie am Fallen zu hindern. Sie murmelte allerlei, etwa: vergib ... lieber William ... lieber, lieber, liebster Freund ... küß ... küß ... küß ... und so weiter, und redete noch viel mehr solche albernen Dinge unter dem Mantel.

 

A lady in a dripping white bonnet and shawl, with her two little hands out before her, went up to him, and in the next minute she had altogether disappeared under the folds of the old cloak, and was kissing one of his hands with all her might; whilst the other, I suppose, was engaged in holding her to his heart (which her head just about reached) and in preventing her from tumbling down. She was murmuring something about — forgive — dear William — dear, dear, dearest friend — kiss, kiss, kiss, and so forth — and in fact went on under the cloak in an absurd manner.

Als Emmy wieder auftauchte, hielt sie noch immer eine Hand von William fest und blickte ihm ins Gesicht. Es war voller Traurigkeit, zärtlicher Liebe und Mitleid. Sie verstand seinen Vorwurf und ließ den Kopf hängen.

 

When Emmy emerged from it, she still kept tight hold of one of William’s hands, and looked up in his face. It was full of sadness and tender love and pity. She understood its reproach and hung down her head.

»Es war höchste Zeit, daß du mich geholt hast, liebe Amelia«, sagte er.

 

“It was time you sent for me, dear Amelia,” he said.

»Und du wirst nie wieder fortgehen, William?«

 

“You will never go again, William?”

»Nein, niemals!« erwiderte er und drückte das liebe Seelchen noch einmal ans Herz.

 

“No, never,” he answered, and pressed the dear little soul once more to his heart.

Als sie aus dem Zollhaus traten, stürzte ihnen Georgy, das Fernrohr vor dem Auge, entgegen. Er tanzte um das Paar herum und schnitt allerlei possierliche Grimassen, während er sie nach Hause geleitete. Joseph war noch nicht aufgestanden, Becky nicht sichtbar (obwohl sie die drei durch die Fenstervorhänge beobachtete). Georgy lief fort, um nach dem Frühstück zu sehen, Emmy, der Miss Payne im Hausflur schon Schal und Hut abgenommen hatte, nestelte jetzt die Schnallen an Dobbins Mantel auf und ... gehen wir, wenn es recht ist, mit George mit und sehen nach dem Frühstück für den Oberst. Das Schiff liegt im Hafen. Er hat den Preis errungen, den er sein ganzes Leben lang erstrebt hat. Endlich ist der Vogel gefangen. Da ist er, hat den Kopf an Dobbins Schulter gelehnt und schnäbelt und girrt dicht an seinem Herzen mit ausgestreckten, weichen, flatternden Schwingen. Das hat er achtzehn Jahre lang täglich und stündlich erhofft. Das ist es, wonach er sich sehnte. Das ist es nun, das Ende, der Höhepunkt – die letzte Seite des zweiten Bandes. Leb wohl, Oberst – Gott behüte dich, ehrlicher William  – auf Wiedersehen, liebe Amelia. Grüne von neuem, zarte kleine Schlingpflanze, rund um die rauhe alte Eiche, an welche du dich schmiegst!

 

As they issued out of the custom-house precincts, Georgy broke out on them, with his telescope up to his eye, and a loud laugh of welcome; he danced round the couple and performed many facetious antics as he led them up to the house. Jos wasn’t up yet; Becky not visible (though she looked at them through the blinds). Georgy ran off to see about breakfast. Emmy, whose shawl and bonnet were off in the passage in the hands of Mrs. Payne, now went to undo the clasp of William’s cloak, and — we will, if you please, go with George, and look after breakfast for the Colonel. The vessel is in port. He has got the prize he has been trying for all his life. The bird has come in at last. There it is with its head on his shoulder, billing and cooing close up to his heart, with soft outstretched fluttering wings. This is what he has asked for every day and hour for eighteen years. This is what he pined after. Here it is — the summit, the end — the last page of the third volume. Good-bye, Colonel — God bless you, honest William! — Farewell, dear Amelia — Grow green again, tender little parasite, round the rugged old oak to which you cling!

Vielleicht war es Zerknirschung gegenüber dem gütigen, einfachen Geschöpf, das das erste in ihrem Leben gewesen war, das sie beschützt hatte, oder auch Abneigung gegen sentimentale Szenen – jedenfalls begnügte sich Rebekka mit ihrem Anteil an dem Geschehenen und zeigte sich nicht wieder vor Oberst Dobbin und der Dame, die er heiratete. »Spezielle Geschäfte« riefen sie nach Brügge, erklärte sie. Dorthin ging sie auch, und bei den Hochzeitsfeierlichkeiten waren nur Georgy und sein Onkel anwesend. Als das vorüber war und Georgy mit seinen Eltern abgefahren war, kehrte Rebekka (nur auf ein paar Tage) zurück, um den einsamen Junggesellen, Joseph Sedley, zu trösten. Er zog vor, wie er sagte, auf dem Kontinent zu leben, und lehnte es ab, mit seiner Schwester und ihrem Mann zusammen zu wohnen.

 

Perhaps it was compunction towards the kind and simple creature, who had been the first in life to defend her, perhaps it was a dislike to all such sentimental scenes — but Rebecca, satisfied with her part in the transaction, never presented herself before Colonel Dobbin and the lady whom he married. “Particular business,” she said, took her to Bruges, whither she went, and only Georgy and his uncle were present at the marriage ceremony. When it was over, and Georgy had rejoined his parents, Mrs. Becky returned (just for a few days) to comfort the solitary bachelor, Joseph Sedley. He preferred a continental life, he said, and declined to join in housekeeping with his sister and her husband.

Emmy war von Herzen froh bei dem Gedanken, daß sie an ihren Mann geschrieben hatte, bevor sie den Brief von George gelesen oder etwas davon erfahren hatte. »Ich wußte es die ganze Zeit über«, sagte William, »aber konnte ich denn diese Waffe gegen das Andenken des armen Burschen gebrauchen? Das ist der Grund, weshalb es mir so weh tat, als du ...«

 

Emmy was very glad in her heart to think that she had written to her husband before she read or knew of that letter of George’s. “I knew it all along,” William said; “but could I use that weapon against the poor fellow’s memory? It was that which made me suffer so when you — ”

»Sprich nie wieder von diesem Tag«, rief Emmy so demütig und reuevoll, daß William das Gespräch auf ein anderes Thema brachte und von Glorvina und der lieben alten Peggy O'Dowd erzählte, bei denen er gerade saß, als der Brief eintraf, mit dem sie ihn rief. »Wenn du mich nicht geholt hättest«, fügte er lachend hinzu, »wer weiß, wie Glorvina dann jetzt heißen würde.«

 

“Never speak of that day again,” Emmy cried out, so contrite and humble that William turned off the conversation by his account of Glorvina and dear old Peggy O’Dowd, with whom he was sitting when the letter of recall reached him. “If you hadn’t sent for me,” he added with a laugh, “who knows what Glorvina’s name might be now?”

Gegenwärtig heißt sie Glorvina Posky (jetzt Frau Majorin Posky). Sie nahm ihn nach dem Tode seiner ersten Frau, da sie beschlossen hatte, nie jemanden zu heiraten, der nicht zum Regiment gehörte. Lady O'Dowd liebt es ebenfalls so sehr, daß sie sagt, wenn ihrem Michael etwas zustoßen sollte, dann würde sie ganz bestimmt zum Regiment zurückkehren und einen von dort heiraten. Dem Generalmajor geht es jedoch blendend, er lebt glanzvoll in O'Dowdstown, hält ein Rudel Jagdhunde und ist (vielleicht nur mit Ausnahme seines Nachbars Hoggarty von Schloß Hoggarty) der erste Mann der Grafschaft. Seine Lady tanzt noch immer Gigue, und sie bestand beim letzten Ball des Gouverneurs darauf, es mit dem Stallmeister aufzunehmen. Sie und Glorvina erklärten, daß sich Dobbin schändlich benommen habe; als aber Posky frei wurde, tröstete sich Glorvina bald, und ein schöner Turban von Paris besänftigte Lady O'Dowds Zorn.

 

At present it is Glorvina Posky (now Mrs. Major Posky); she took him on the death of his first wife, having resolved never to marry out of the regiment. Lady O’Dowd is also so attached to it that, she says, if anything were to happen to Mick, bedad she’d come back and marry some of ’em. But the Major-General is quite well and lives in great splendour at O’Dowdstown, with a pack of beagles, and (with the exception of perhaps their neighbour, Hoggarty of Castle Hoggarty) he is the first man of his county. Her Ladyship still dances jigs, and insisted on standing up with the Master of the Horse at the Lord Lieutenant’s last ball. Both she and Glorvina declared that Dobbin had used the latter SHEAMFULLY, but Posky falling in, Glorvina was consoled, and a beautiful turban from Paris appeased the wrath of Lady O’Dowd.

Oberst Dobbin hängte unmittelbar nach der Hochzeit den Dienst an den Nagel und mietete sich einen hübschen kleinen Landsitz in Hampshire, nicht weit von Queen's Crawley, wo Sir Pitt und seine Familie nach der Annahme des Reformgesetzes ständig lebten. Von einem Aufstieg in den höheren Adel konnte jetzt keine Rede mehr sein, nachdem der Baronet seine beiden Parlamentssitze eingebüßt hatte. Durch diese Katastrophe hatte sein Geldbeutel wie auch sein Lebensmut gelitten. Er kränkelte und prophezeite den baldigen Untergang des Königreiches.

 

When Colonel Dobbin quitted the service, which he did immediately after his marriage, he rented a pretty little country place in Hampshire, not far from Queen’s Crawley, where, after the passing of the Reform Bill, Sir Pitt and his family constantly resided now. All idea of a Peerage was out of the question, the Baronet’s two seats in Parliament being lost. He was both out of pocket and out of spirits by that catastrophe, failed in his health, and prophesied the speedy ruin of the Empire.

Lady Jane und Mrs. Dobbin wurden gute Freundinnen. Es gab ein ständiges Hin und Her in der Ponykutsche zwischen dem Schloß und »Haus Immergrün«, dem Landsitz des Obersten (er hatte ihn von seinem Freund Major Ponto gemietet, der sich mit seiner Familie im Ausland befand). Die Lady stand bei Mrs. Dobbins Kind Pate, das ihren Namen erhielt. Getauft wurde es von Ehrwürden James Crawley, der die Pfründe von seinem Vater übernahm. Zwischen den beiden jungen Burschen George und Rawdon bestand eine enge Freundschaft. Sie jagten und schossen in den Ferien zusammen, besuchten beide dasselbe College in Cambridge und stritten sich um Lady Janes Tochter, in die natürlich beide verliebt waren. Eine Verbindung zwischen George und der jungen Dame war lange der Lieblingsplan der beiden Mütter, obgleich ich gehört habe, daß Miss Crawley mehr ihrem Cousin gewogen war.

 

Lady Jane and Mrs. Dobbin became great friends — there was a perpetual crossing of pony-chaises between the Hall and the Evergreens, the Colonel’s place (rented of his friend Major Ponto, who was abroad with his family). Her Ladyship was godmother to Mrs. Dobbin’s child, which bore her name, and was christened by the Rev. James Crawley, who succeeded his father in the living: and a pretty close friendship subsisted between the two lads, George and Rawdon, who hunted and shot together in the vacations, were both entered of the same college at Cambridge, and quarrelled with each other about Lady Jane’s daughter, with whom they were both, of course, in love. A match between George and that young lady was long a favourite scheme of both the matrons, though I have heard that Miss Crawley herself inclined towards her cousin.

Keine der beiden Familien erwähnte jemals Mrs. Rawdon Crawleys Namen. Es gab Gründe genug, weshalb man lieber über sie schwieg, denn wohin auch Mr. Joseph Sedley reiste, sie ging stets mit, und der betörte Mann schien völlig ihr Sklave geworden zu sein. Dem Oberst wurde von seinem Rechtsanwalt mitgeteilt, daß sein Schwager eine sehr hohe Lebensversicherung abgeschlossen habe. Das deutete darauf hin, daß er Geld aufgenommen hatte, um Schulden zu bezahlen. Er ließ seinen Urlaub von der Ostindischen Kompanie verlängern, und tatsächlich verschlechterte sich seine Gesundheit täglich.

 

Mrs. Rawdon Crawley’s name was never mentioned by either family. There were reasons why all should be silent regarding her. For wherever Mr. Joseph Sedley went, she travelled likewise, and that infatuated man seemed to be entirely her slave. The Colonel’s lawyers informed him that his brother-in-law had effected a heavy insurance upon his life, whence it was probable that he had been raising money to discharge debts. He procured prolonged leave of absence from the East India House, and indeed, his infirmities were daily increasing.

Als Amelia von der Lebensversicherung erfuhr, flehte sie in großer Bestürzung ihren Mann an, nach Brüssel zu gehen, wo sich Joseph gerade aufhielt, und Nachforschungen über seine Lage anzustellen. Der Oberst verließ sein Haus nur widerwillig (er war nämlich eifrig in eine »Geschichte des Pandschab« vertieft, mit der er noch heute beschäftigt ist, und außerdem war er sehr in Sorge um sein Töchterchen, das eben die Windpocken überstanden hatte und das er sehr vergötterte). Er fuhr also nach Brüssel und fand Joseph in einem der riesigen Hotels dieser Stadt. Mrs. Crawley, die einen Wagen hielt, Gesellschaften gab und sehr vornehm auftrat, bewohnte eine andere Zimmerflucht in demselben Hotel.

 

On hearing the news about the insurance, Amelia, in a good deal of alarm, entreated her husband to go to Brussels, where Jos then was, and inquire into the state of his affairs. The Colonel quitted home with reluctance (for he was deeply immersed in his History of the Punjaub which still occupies him, and much alarmed about his little daughter, whom he idolizes, and who was just recovering from the chicken-pox) and went to Brussels and found Jos living at one of the enormous hotels in that city. Mrs. Crawley, who had her carriage, gave entertainments, and lived in a very genteel manner, occupied another suite of apartments in the same hotel.

Der Oberst hatte natürlich kein Bedürfnis, diese Dame zu sehen, und hielt es auch nicht für angemessen, seine Ankunft in Brüssel anzumelden. Er ließ Joseph nur ganz heimlich durch seinen Diener melden, daß er kommen werde. Joseph bat den Oberst, ihn am Abend zu besuchen, da Mrs. Crawley bei einer Gesellschaft sein würde und sie sich allein sprechen könnten. Er fand seinen Schwager wirklich in einem bemitleidenswerten Zustand vor. Joseph hatte entsetzliche Angst vor Rebekka, obwohl er ihres Lobes voll war. Sie hatte ihn während einiger unerhörter Krankheiten mit bewunderungswürdiger Ausdauer gepflegt. Sie war ihm wie eine Tochter gewesen. »Aber – aber – oh, um Gottes willen, kommt und wohnt in meiner Nähe, und – und – besucht mich ab und zu«, wimmerte der Unglückliche.

 

The Colonel, of course, did not desire to see that lady, or even think proper to notify his arrival at Brussels, except privately to Jos by a message through his valet. Jos begged the Colonel to come and see him that night, when Mrs. Crawley would be at a soiree, and when they could meet alone. He found his brother-in-law in a condition of pitiable infirmity — and dreadfully afraid of Rebecca, though eager in his praises of her. She tended him through a series of unheard-of illnesses with a fidelity most admirable. She had been a daughter to him. “But — but — oh, for God’s sake, do come and live near me, and — and — see me sometimes,” whimpered out the unfortunate man.

Die Stirn des Obersten verdüsterte sich bei diesen Worten. »Wir können nicht, Joseph«, sagte er. »Wenn man die Umstände berücksichtigt, kann Amelia dich nicht besuchen.«

 

The Colonel’s brow darkened at this. “We can’t, Jos,” he said. “Considering the circumstances, Amelia can’t visit you.”

»Ich schwöre dir – ich schwöre dir auf die Bibel«, keuchte Joseph und versuchte das Buch zu küssen, »daß sie so unschuldig ist wie ein Kind, so makellos wie deine eigene Frau.«

 

“I swear to you — I swear to you on the Bible,” gasped out Joseph, wanting to kiss the book, “that she is as innocent as a child, as spotless as your own wife.”

»Das mag sein«, sagte der Oberst düster. »Aber Emmy kann nicht zu dir kommen. Sei ein Mann, Joseph, brich diese schimpfliche Verbindung ab. Komm zu deiner Familie nach Hause. Wir haben gehört, daß du in Geldverlegenheiten bist.«

 

“It may be so,” said the Colonel gloomily, “but Emmy can’t come to you. Be a man, Jos: break off this disreputable connection. Come home to your family. We hear your affairs are involved.”

»Ich?« rief Joseph. »Wer hat dir solche Lügen erzählt? Mein ganzes Vermögen ist äußerst vorteilhaft angelegt. Mrs. Crawley ... das heißt... ich meine ... es ist zu den besten Zinsen angelegt.«

 

“Involved!” cried Jos. “Who has told such calumnies? All my money is placed out most advantageously. Mrs. Crawley — that is — I mean — it is laid out to the best interest.”

»So hast du also keine Schulden? Warum hast du dann eine Lebensversicherung abgeschlossen?«

 

“You are not in debt, then? Why did you insure your life?”

»Ich dachte – ein kleines Geschenk für sie – falls mir etwas zustößt, weißt du, meine Gesundheit ist so angegriffen – bloße Dankbarkeit, weißt du! Ich beabsichtige, euch mein ganzes Vermögen zu hinterlassen – und ich kann es von meinem Einkommen ersparen, wirklich, das kann ich!« rief Williams schwacher Schwager.

 

“I thought — a little present to her — in case anything happened; and you know my health is so delicate — common gratitude you know — and I intend to leave all my money to you — and I can spare it out of my income, indeed I can,” cried out William’s weak brother-in-law.

Der Oberst bat Joseph, sofort zu fliehen – nach Indien zurückzugehen, wohin ihm Mrs. Crawley nicht folgen könnte, alles zu tun, um ein Verhältnis abzubrechen, das verhängnisvolle Folgen für ihn haben könne.

 

The Colonel besought Jos to fly at once — to go back to India, whither Mrs. Crawley could not follow him; to do anything to break off a connection which might have the most fatal consequences to him.

Joseph faltete die Hände und rief, er wolle nach Indien zurückkehren, er wolle alles tun, er müsse nur Zeit haben. »Du darfst bloß Mrs. Crawley nichts sagen – sie  – sie würde mich umbringen, wenn sie es wüßte. Du hast keine Ahnung, was für eine schreckliche Frau sie ist«, sagte der arme Kerl.

 

Jos clasped his hands and cried, “He would go back to India. He would do anything, only he must have time: they mustn’t say anything to Mrs. Crawley — she’d — she’d kill me if she knew it. You don’t know what a terrible woman she is,” the poor wretch said.

»Warum willst du dann nicht mit mir gehen?« entgegnete Dobbin, aber Joseph hatte nicht den Mut dazu. Dobbin solle am nächsten Morgen noch einmal wiederkommen, er dürfe aber auf keinen Fall erzählen, daß er dagewesen sei; er müsse nun gehen. Becky könne jeden Augenblick zurückkommen. Dobbin verließ ihn mit trüben Ahnungen.

 

“Then, why not come away with me?” said Dobbin in reply; but Jos had not the courage. “He would see Dobbin again in the morning; he must on no account say that he had been there. He must go now. Becky might come in.” And Dobbin quitted him, full of forebodings.

Er sah Joe nie wieder. Joseph Sedley starb drei Monate später in Aachen. Es stellte sich heraus, daß sein ganzes Vermögen in Spekulationen vertan worden war und in unzähligen wertlosen Aktien verschiedener Schwindelgesellschaften vorlag. Sein ganzer Nachlaß bestand in den zweitausend Pfund aus seiner Lebensversicherung, die er zu gleichen Teilen seiner »geliebten Schwester Amelia, Frau des... und so weiter, und seiner Freundin und unschätzbaren Krankenpflegerin Rebekka, Frau von Oberstleutnant Rawdon Crawley« hinterlassen hatte. Becky war zur Testamentsvollstreckerin ernannt.

 

He never saw Jos more. Three months afterwards Joseph Sedley died at Aix-la-Chapelle. It was found that all his property had been muddled away in speculations, and was represented by valueless shares in different bubble companies. All his available assets were the two thousand pounds for which his life was insured, and which were left equally between his beloved “sister Amelia, wife of, &c., and his friend and invaluable attendant during sickness, Rebecca, wife of Lieutenant-Colonel Rawdon Crawley, C.B.,” who was appointed administratrix.

Der Rechtsanwalt der Versicherungsgesellschaft schwor, es sei der dunkelste Fall, der je vor ihn gekommen sei. Er sprach davon, eine Kommission nach Aachen zu schicken, um den Todesfall genau zu untersuchen, und die Gesellschaft weigerte sich, die Police zu bezahlen. Mrs. oder Lady Crawley, wie sie sich nannte, kam jedoch sofort nach London, begleitet von ihren Anwälten, den Herren Burke, Thurtell und Hayes von Thavies Inn, und drohte der Gesellschaft, sie solle nur wagen, ihr die Zahlung zu verweigern. Sie forderte sie auf, Untersuchungen anzustellen, erklärte, daß sie das Opfer einer infamen Verschwörung, die sie ihr ganzes Leben lang verfolgt habe, sei, und trug schließlich den Sieg davon. Das Geld wurde ausgezahlt und ihr guter Ruf wiederhergestellt. Oberst Dobbin schickte aber seinen Anteil der Versicherungsgesellschaft zurück und lehnte es entschieden ab, irgendwelche Verbindung mit Rebekka aufrechtzuerhalten.

 

The solicitor of the insurance company swore it was the blackest case that ever had come before him, talked of sending a commission to Aix to examine into the death, and the Company refused payment of the policy. But Mrs., or Lady Crawley, as she styled herself, came to town at once (attended with her solicitors, Messrs. Burke, Thurtell, and Hayes, of Thavies Inn) and dared the Company to refuse the payment. They invited examination, they declared that she was the object of an infamous conspiracy, which had been pursuing her all through life, and triumphed finally. The money was paid, and her character established, but Colonel Dobbin sent back his share of the legacy to the insurance office and rigidly declined to hold any communication with Rebecca.

Sie wurde nie Lady Crawley, obwohl sie sich weiterhin so nannte. Seine Exzellenz Oberst Rawdon Crawley starb am gelben Fieber auf Coventry Island, allgemein beliebt und betrauert, sechs Wochen vor dem Tode seines Bruders Pitt. Das Vermögen ging daher auf den gegenwärtigen Sir Rawdon Crawley, Baronet, über.

 

She never was Lady Crawley, though she continued so to call herself. His Excellency Colonel Rawdon Crawley died of yellow fever at Coventry Island, most deeply beloved and deplored, and six weeks before the demise of his brother, Sir Pitt. The estate consequently devolved upon the present Sir Rawdon Crawley, Bart.

Auch er hat es abgelehnt, seine Mutter zu sehen. Er hat ihr jedoch eine auskömmliche Jahresrente ausgesetzt, aber sie schien auch so ganz wohlhabend zu sein. Der Baronet lebt ständig mit Lady Jane und ihrer Tochter in Queen's Crawley, während sich Rebekka, Lady Crawley, hauptsächlich in Bath oder Cheltenham aufhält; eine einflußreiche Partei vortrefflicher Leute hält sie für eine Frau, der man Unrecht getan hat. Sie hat auch ihre Feinde. Wer hätte die nicht? Mit ihrem Leben gibt sie denen eine Antwort. Sie beschäftigt sich mit frommen Werken. Sie geht in die Kirche, aber nie ohne Lakaien. Ihr Name ist auf allen Wohltätigkeitslisten zu finden. Das notleidende Apfelsinenmädchen, die vernachlässigte Waschfrau, der arme Brezelmann finden in ihr eine treue, großzügige Freundin. Auf Wohltätigkeitsbasaren hat sie stets einen Stand, um diesen unglücklichen Wesen zu helfen. Emmy, ihre Kinder und der Oberst waren vor einiger Zeit in London und sahen sich ihr auf einem dieser Basare plötzlich gegenüber. Sie schlug bescheiden die Augen nieder und lächelte, als sie zurückfuhren. Emmy eilte am Arm Georges (er ist jetzt ein eleganter junger Herr geworden) davon, und der Oberst hob seine kleine Jane auf, die er mehr liebt als alles auf der Welt, mehr sogar als seine »Geschichte des Pandschab«.

 

He, too, has declined to see his mother, to whom he makes a liberal allowance, and who, besides, appears to be very wealthy. The Baronet lives entirely at Queen’s Crawley, with Lady Jane and her daughter, whilst Rebecca, Lady Crawley, chiefly hangs about Bath and Cheltenham, where a very strong party of excellent people consider her to be a most injured woman. She has her enemies. Who has not? Her life is her answer to them. She busies herself in works of piety. She goes to church, and never without a footman. Her name is in all the Charity Lists. The destitute orange-girl, the neglected washerwoman, the distressed muffin-man find in her a fast and generous friend. She is always having stalls at Fancy Fairs for the benefit of these hapless beings. Emmy, her children, and the Colonel, coming to London some time back, found themselves suddenly before her at one of these fairs. She cast down her eyes demurely and smiled as they started away from her; Emmy scurrying off on the arm of George (now grown a dashing young gentleman) and the Colonel seizing up his little Janey, of whom he is fonder than of anything in the world — fonder even than of his History of the Punjaub.

Mehr sogar als mich! denkt Emmy seufzend, aber er hat nur freundliche und sanfte Worte für sie und versucht, ihr alle Wünsche zu erfüllen.

 

“Fonder than he is of me,” Emmy thinks with a sigh But he never said a word to Amelia that was not kind and gentle, or thought of a want of hers that he did not try to gratify.

Ach, vanitas vanitatum! Wer von uns ist glücklich auf dieser Welt? Wer von uns hat alles, was er wünscht, oder ist zufrieden, wenn er es hat? Kommt, Kinder, wir wollen die Puppen wegpacken und die Kiste schließen, denn unser Spiel ist zu Ende.

 

Ah! Vanitas Vanitatum! which of us is happy in this world? Which of us has his desire? or, having it, is satisfied? — come, children, let us shut up the box and the puppets, for our play is played out.


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