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60. Kapitel / Chapter 60

Führt wieder in die vornehme Welt zurück / Returns to the Genteel World

Das Glück fängt jetzt an, Amelia zu lächeln. Wir freuen uns, sie aus ihrer bisherigen ärmlichen Umgebung zu feineren Leuten geleiten zu können, zwar nicht in so großartige und elegante Kreise wie die, in denen sich unsere andere Freundin, Mrs. Becky, bewegt, aber doch welche, die keine geringeren Ansprüche auf Eleganz und Vornehmheit erheben. Josephs Freunde kamen alle aus den drei indischen Präsidentschaften, und sein neues Haus lag in der hübschen angloindischen Gegend, deren Mittelpunkt der Moira Place ist. Wer kennt nicht die ansehnlichen Wohnstätten der aus Indien heimgekehrten Aristokratie, die sich von den Geschäften zurückgezogen hat – den Minto Square, die Great Clive Street, Warren Street, Hastings Street, den Ochterlony Place, den Plassy Square und die Assaye Terrace. (1827 gebrauchte man noch nicht für Stuckhäuser mit Asphaltterrassen davor die Bezeichnung »Gardens« – eine sehr passende Benennung für etwas, was so ganz und gar nicht an Gärten erinnert.) Mr. Wenham nannte die ganze Gegend »das schwarze Loch«. Josephs Stellung im Leben war nicht großartig genug, um ihn zu einem Haus am Moira Place zu berechtigen. Dort können nur ehemalige Mitglieder des Gouvernementsrates von Indien und Teilhaber indischer Firmen wohnen (die Bankrott machen, nachdem sie ihren Ehefrauen hunderttausend Pfund verschrieben haben, und sich in beträchtlicher Armut bei einem Jahreseinkommen von viertausend Pfund aufs Land zurückziehen). Joe mietete ein bequemes Haus zweiten oder dritten Ranges in der Gillespie Street und kaufte Teppiche, kostbare Spiegel und schöne Möbel von Seddons, den Konkursverwaltern von Mr. Scape. Der arme Scape war zuletzt Teilhaber der großen Firma Fogle, Fake und Cracksman in Kalkutta gewesen und hatte darin siebzigtausend Pfund, die Ersparnisse eines langen ehrlichen Lebens, angelegt. Er war an Fakes Stelle getreten, der sich in einen fürstlichen Park in Sussex zurückzog (die Fogles sind schon lange nicht mehr in der Firma, und Sir Horace Fogle wird bald als Baron Bandana geadelt werden). Er war also Teilhaber des großen Agenturhauses Fogle und Fake geworden, und zwar zwei Jahre bevor die Firma mit einer Million Defizit Bankrott machte und die halbe Öffentlichkeit Indiens in Armut und Elend stürzte.

 

Good fortune now begins to smile upon Amelia. We are glad to get her out of that low sphere in which she has been creeping hitherto and introduce her into a polite circle — not so grand and refined as that in which our other female friend, Mrs. Becky, has appeared, but still having no small pretensions to gentility and fashion. Jos’s friends were all from the three presidencies, and his new house was in the comfortable Anglo-Indian district of which Moira Place is the centre. Minto Square, Great Clive Street, Warren Street, Hastings Street, Ochterlony Place, Plassy Square, Assaye Terrace ("gardens” was a felicitous word not applied to stucco houses with asphalt terraces in front, so early as 1827) — who does not know these respectable abodes of the retired Indian aristocracy, and the quarter which Mr. Wenham calls the Black Hole, in a word? Jos’s position in life was not grand enough to entitle him to a house in Moira Place, where none can live but retired Members of Council, and partners of Indian firms (who break, after having settled a hundred thousand pounds on their wives, and retire into comparative penury to a country place and four thousand a year); he engaged a comfortable house of a second- or third-rate order in Gillespie Street, purchasing the carpets, costly mirrors, and handsome and appropriate planned furniture by Seddons from the assignees of Mr. Scape, lately admitted partner into the great Calcutta House of Fogle, Fake, and Cracksman, in which poor Scape had embarked seventy thousand pounds, the earnings of a long and honourable life, taking Fake’s place, who retired to a princely park in Sussex (the Fogles have been long out of the firm, and Sir Horace Fogle is about to be raised to the peerage as Baron Bandanna) — admitted, I say, partner into the great agency house of Fogle and Fake two years before it failed for a million and plunged half the Indian public into misery and ruin.

Der ehrliche Scape, mit fünfundsechzig Jahren ein gebrochener und ruinierter Mann, ging nach Kalkutta, um die Geschäfte der Firma noch vollends abzuwickeln. Walter Scape mußte Eton verlassen und wurde einem Kaufmann ins Haus gegeben. Florence Scape, Fanny Scape und ihre Mutter verschwanden nach Boulogne und werden nicht wieder erwähnt werden. Kurz und gut – Joseph kaufte ihre Teppiche und Tische und bewunderte sich in den Spiegeln, die ihre freundlichen hübschen Gesichter zurückgeworfen hatten. Die Kaufleute der Scapes, die alle redlich bezahlt worden waren, gaben ihre Karten ab und bemühten sich eifrig um die Kundschaft des neues Haushalts. Die großen Männer in weißen Westen, die bei Scapes Diners bedient hatten – im Privatleben Gemüsehändler, Bankboten und Milchverkäufer –, gaben ihre Adressen ab und schmeichelten sich bei dem Butler ein. Mr. Chummy, der Schornsteinfeger, der die letzten drei Familien befegt hatte, versuchte den Butler und den Jungen, der ihm unterstellt war, zu beschwatzen. Die Pflicht dieses Untergebenen war es, bedeckt mit Knöpfen und mit Streifen an den Hosen, Mrs. Amelia zu beschützen, wenn sie ausgehen wollte.

 

Scape, ruined, honest, and broken-hearted at sixty-five years of age, went out to Calcutta to wind up the affairs of the house. Walter Scape was withdrawn from Eton and put into a merchant’s house. Florence Scape, Fanny Scape, and their mother faded away to Boulogne, and will be heard of no more. To be brief, Jos stepped in and bought their carpets and sideboards and admired himself in the mirrors which had reflected their kind handsome faces. The Scape tradesmen, all honourably paid, left their cards, and were eager to supply the new household. The large men in white waistcoats who waited at Scape’s dinners, greengrocers, bank-porters, and milkmen in their private capacity, left their addresses and ingratiated themselves with the butler. Mr. Chummy, the chimney-purifier, who had swept the last three families, tried to coax the butler and the boy under him, whose duty it was to go out covered with buttons and with stripes down his trousers, for the protection of Mrs. Amelia whenever she chose to walk abroad.

Es war ein bescheidener Haushalt. Der Butler war zugleich auch Josephs Kammerdiener und niemals betrunkener, als es sich für den Butler einer kleinen Familie geziemte, der eine besondere Vorliebe für den Wein seines Herrn hatte. Emmy erhielt eine Zofe, die in Sir William Dobbins Vorstadtbesitzung aufgewachsen war, ein gutes Kind, dessen freundliches und bescheidenes Wesen Mrs. Osborne entwaffnete. Anfangs war ihr der Gedanke schrecklich, einen Dienstboten für sich allein zu haben. Sie verstand nicht im geringsten, wie man die Diener gebrauchen konnte, und sprach sie stets mit ehrerbietiger Höflichkeit an. Diese Zofe war der Familie jedoch sehr nützlich, denn sie pflegte umsichtig den alten Mr. Sedley, der sich fast ausschließlich in seinem Teil des Hauses aufhielt und nie an den fröhlichen Gesellschaften teilnahm, die oft stattfanden.

 

It was a modest establishment. The butler was Jos’s valet also, and never was more drunk than a butler in a small family should be who has a proper regard for his master’s wine. Emmy was supplied with a maid, grown on Sir William Dobbin’s suburban estate; a good girl, whose kindness and humility disarmed Mrs. Osborne, who was at first terrified at the idea of having a servant to wait upon herself, who did not in the least know how to use one, and who always spoke to domestics with the most reverential politeness. But this maid was very useful in the family, in dexterously tending old Mr. Sedley, who kept almost entirely to his own quarter of the house and never mixed in any of the gay doings which took place there.

Eine Menge Leute besuchten Mrs. Osborne nun. Lady Dobbin nebst Töchtern war über den Glückswechsel hoch erfreut und machte ihre Aufwartung. Miss Osborne von Russell Square kam in ihrer prächtigen Kutsche mit der roten Kutscherdecke und dem Wappen der Herzöge von Leeds auf dem Schlag. Joseph wurde nämlich für unermeßlich reich gehalten, und der alte Osborne hatte nichts dagegen einzuwenden, daß Georgy außer seinem Vermögen auch noch das seines Onkels erbte. »Verdammt, wir wollen einen Mann aus dem Burschen machen«, sagte er, »und ich will ihn im Parlament sehen, ehe ich sterbe. Du kannst meinetwegen hingehen und seine Mutter besuchen, Miss Osborne, wenn ich auch nichts von ihr wissen will.« Und Miss Osborne kam. Emmy freute sich sehr, sie zu sehen und so George näherzukommen. Der junge Bursche durfte jetzt seine Mutter viel häufiger besuchen als früher. Er speiste mehrmals in der Woche in der Gillespie Street und tyrannisierte die Dienstboten und seine Verwandten dort ebenso wie die am Russell Square.

 

Numbers of people came to see Mrs. Osborne. Lady Dobbin and daughters were delighted at her change of fortune, and waited upon her. Miss Osborne from Russell Square came in her grand chariot with the flaming hammer-cloth emblazoned with the Leeds arms. Jos was reported to be immensely rich. Old Osborne had no objection that Georgy should inherit his uncle’s property as well as his own. “Damn it, we will make a man of the feller,” he said; “and I’ll see him in Parliament before I die. You may go and see his mother, Miss O., though I’ll never set eyes on her”: and Miss Osborne came. Emmy, you may be sure, was very glad to see her, and so be brought nearer to George. That young fellow was allowed to come much more frequently than before to visit his mother. He dined once or twice a week in Gillespie Street and bullied the servants and his relations there, just as he did in Russell Square.

Vor Major Dobbin hatte er allerdings Respekt, und er trat bescheidener auf, wenn dieser dabei war. Der Bursche war nicht dumm und fürchtete den Major. George mußte einfach die Schlichtheit seines Freundes bewundern, seine gute Laune, seine vielen Kenntnisse, die er so ruhig mitteilte, seine Wahrheitsliebe und seinen Gerechtigkeitssinn. Bis jetzt hatte er noch nie solch einen Mann gesehen und fühlte sich zu einem Gentleman instinktiv hingezogen. Er hing mit zärtlicher Liebe an seinem Patenonkel, und es war seine größte Freude, mit Dobbin im Park spazierenzugehen und ihm zuzuhören. William erzählte dem Knaben von seinem Vater, von Indien, von Waterloo und von allem möglichen, außer von sich selbst. Wenn George noch vorlauter und selbstgefälliger war als gewöhnlich, dann machte sich der Major über ihn lustig, und Mrs. Osborne fand das sehr grausam. Als der Major eines Tages mit ihm ins Theater gegangen war und der Knabe sich geweigert hatte, sich ins Parkett zu setzen, weil das ordinär sei, führte ihn der Major in eine Loge, ließ ihn dort und ging allein wieder zum Parkett. Er hatte noch nicht lange gesessen, als er einen Arm unter seinem fühlte und eine elegante kleine Hand in Glacéhandschuhen seinen Arm drückte. George hatte eingesehen, wie albern er sich benommen hatte, und war aus den höheren Sphären herabgekommen. Ein zärtliches, wohlwollendes Lächeln erhellte Gesicht und Augen des alten Dobbin, als er den reuigen kleinen Verschwender ansah. Er liebte den Knaben, wie alles, was zu Amelia gehörte. Wie bezaubert war sie, als sie dieses Beispiel von Georges Gutherzigkeit hörte! Ihre Augen blickten freundlicher auf Dobbin als je; er glaubte sogar, sie sei rot geworden, nachdem sie ihn so angesehen hatte.

 

He was always respectful to Major Dobbin, however, and more modest in his demeanour when that gentleman was present. He was a clever lad and afraid of the Major. George could not help admiring his friend’s simplicity, his good humour, his various learning quietly imparted, his general love of truth and justice. He had met no such man as yet in the course of his experience, and he had an instinctive liking for a gentleman. He hung fondly by his godfather’s side, and it was his delight to walk in the parks and hear Dobbin talk. William told George about his father, about India and Waterloo, about everything but himself. When George was more than usually pert and conceited, the Major made jokes at him, which Mrs. Osborne thought very cruel. One day, taking him to the play, and the boy declining to go into the pit because it was vulgar, the Major took him to the boxes, left him there, and went down himself to the pit. He had not been seated there very long before he felt an arm thrust under his and a dandy little hand in a kid glove squeezing his arm. George had seen the absurdity of his ways and come down from the upper region. A tender laugh of benevolence lighted up old Dobbin’s face and eyes as he looked at the repentant little prodigal. He loved the boy, as he did everything that belonged to Amelia. How charmed she was when she heard of this instance of George’s goodness! Her eyes looked more kindly on Dobbin than they ever had done. She blushed, he thought, after looking at him so.

Georgy wurde nicht müde, den Major gegenüber seiner Mutter zu loben: »Ich habe ihn gern, Mama, weil er so viele Dinge weiß, und er ist nicht wie der alte Veal, der immer prahlt und so lange Wörter gebraucht, weißt du? Die Jungs in der Schule nennen ihn ›Langschwanz'. Ich habe ihm den Namen gegeben. Ist das nicht ein guter Witz? Aber Dobbin liest Lateinisch so gut wie Englisch und Französisch und all das; und wenn wir zusammen Spazierengehen, so erzählt er mir Geschichten von meinem Papa, aber nie von sich selber, und doch habe ich gehört, wie Oberst Buckler bei Großpapa erzählt hat, daß er einer der tapfersten Offiziere im Heer war und sich ungeheuer ausgezeichnet hat. Der Großpapa war ganz erstaunt und sagte:›Der Kerl! Na, ich hätte nicht gedacht, daß er eine Gans erschrecken könnte.‹ Aber ich weiß, daß er das kann, nicht wahr, Mama?«

 

Georgy never tired of his praises of the Major to his mother. “I like him, Mamma, because he knows such lots of things; and he ain’t like old Veal, who is always bragging and using such long words, don’t you know? The chaps call him ‘Longtail’ at school. I gave him the name; ain’t it capital? But Dob reads Latin like English, and French and that; and when we go out together he tells me stories about my Papa, and never about himself; though I heard Colonel Buckler, at Grandpapa’s, say that he was one of the bravest officers in the army, and had distinguished himself ever so much. Grandpapa was quite surprised, and said, ’ that feller! Why, I didn’t think he could say Bo to a goose’ — but I know he could, couldn’t he, Mamma?”

Emmy lachte, sie hielt es für sehr wahrscheinlich, daß der Major so etwas fertigbrächte.

 

Emmy laughed: she thought it was very likely the Major could do thus much.

George und der Major verstanden sich zwar sehr gut, aber zwischen dem Knaben und seinem Onkel herrschte keine große Liebe. George konnte in einer Weise die Backen aufblasen und die Hände in die Westentasche stecken und ganz wie Joseph sagen: »Gott behüte mich, nein so was«, daß man sich das Lachen nicht verbeißen konnte. Die Diener platzten beim Essen vor Lachen, wenn der Knabe etwas auf dem Tisch Fehlendes verlangte und dabei dieses Gesicht schnitt und Josephs Lieblingsphrase gebrauchte. Selbst Dobbin mußte mitunter über das Nachahmungstalent des Knaben lachen. Wenn George den Onkel nicht ins Gesicht hinein nachäffte, so waren es nur Dobbins Vorwürfe und Amelias entsetzte Bitten, die den kleinen Taugenichts davon abhielten. Da der ehrenwerte Zivilist das unbestimmte Gefühl hatte, daß der Junge ihn für einen Esel hielt und gern lächerlich machte, so war er in Master Georgys Gegenwart ungemein ängstlich und natürlich doppelt prahlerisch und würdevoll. Sobald daher angekündigt wurde, daß der junge Herr in der Gillespie Street zum Essen bei seiner Mutter erwartet werde, fiel Mr. Joseph gewöhnlich ein, daß er eine Verabredung im Klub habe. Wahrscheinlich war niemand besonders betrübt über seine Abwesenheit. An diesen Tagen gelang es oft, Mr. Sedley zu überreden, aus seinem Zufluchtsort in den oberen Stockwerken herabzukommen. Dann gab es eine kleine Familiengesellschaft, an der Major Dobbin fast stets teilnahm. Er war der ami de la maison, der Freund des alten Sedley, Emmys Freund, Georgys Freund und Josephs Helfer und Berater. »Nach dem zu urteilen, was wir von ihm zu sehen bekommen, könnte er ebensogut in Madras sein«, bemerkte Miss Ann Dobbin in Camberwell. Oh, Miss Ann, ist es Ihnen noch nicht aufgefallen, daß nicht Sie es sind, die der Major heiraten will?

 

If there was a sincere liking between George and the Major, it must be confessed that between the boy and his uncle no great love existed. George had got a way of blowing out his cheeks, and putting his hands in his waistcoat pockets, and saying, “God bless my soul, you don’t say so,” so exactly after the fashion of old Jos that it was impossible to refrain from laughter. The servants would explode at dinner if the lad, asking for something which wasn’t at table, put on that countenance and used that favourite phrase. Even Dobbin would shoot out a sudden peal at the boy’s mimicry. If George did not mimic his uncle to his face, it was only by Dobbin’s rebukes and Amelia’s terrified entreaties that the little scapegrace was induced to desist. And the worthy civilian being haunted by a dim consciousness that the lad thought him an ass, and was inclined to turn him into ridicule, used to be extremely timorous and, of course, doubly pompous and dignified in the presence of Master Georgy. When it was announced that the young gentleman was expected in Gillespie Street to dine with his mother, Mr. Jos commonly found that he had an engagement at the Club. Perhaps nobody was much grieved at his absence. On those days Mr. Sedley would commonly be induced to come out from his place of refuge in the upper stories, and there would be a small family party, whereof Major Dobbin pretty generally formed one. He was the ami de la maison — old Sedley’s friend, Emmy’s friend, Georgy’s friend, Jos’s counsel and adviser. “He might almost as well be at Madras for anything we see of him,” Miss Ann Dobbin remarked at Camberwell. Ah! Miss Ann, did it not strike you that it was not you whom the Major wanted to marry?

Joseph Sedley führte also ein Leben würdevollen Müßiggangs, wie es einem Menschen seiner Bedeutung zukam. Sein erstes Ziel war selbstverständlich, Mitglied des Orientklubs zu werden. Dort verbrachte er den Morgen in Gesellschaft seiner Freunde aus Indien, dort spielte er oder brachte Bekannte von dort mit zum Essen nach Hause.

 

Joseph Sedley then led a life of dignified otiosity such as became a person of his eminence. His very first point, of course, was to become a member of the Oriental Club, where he spent his mornings in the company of his brother Indians, where he dined, or whence he brought home men to dine.

Amelia mußte diese Herren und ihre Damen empfangen und bewirten. Sie hörte von ihnen, daß Smith bald in den Gouvernementsrat kommen werde, wieviel Rupien Jones mit nach Hause gebracht habe, daß die Firma Thomson in London die Wechsel der Bombayer Firma Thomson, Kibobjee und Co. nicht anerkannt habe und daß man glaube, die Firma in Kalkutta mache ebenfalls Bankrott; wie unvorsichtig, um es milde auszudrücken, sich Mrs. Brown (die Frau Browns von den Achmednuggar Irregulären Truppen) mit dem jungen Swankey von der Leibgarde benommen habe, als sie mit ihm bis tief in die Nacht hinein auf Deck gesessen und sie sich beim Reiten auf dem Kap von der übrigen Gesellschaft abgesondert habe; daß Mrs. Hardyman ihre dreizehn Schwestern, Töchter des Landpfarrers Ehrwürden Felix Rabbits, in Indien gehabt und elf davon verheiratet habe, sieben sogar an hohe Beamte; wie wütend Hornby sei, weil seine Frau in Europa bleiben wolle, und daß Trotter zum Steuereinnehmer von Ummerapoora ernannt sei. Diese und ähnliche Gespräche wurden bei allen großen Diners ringsum geführt. Überall die gleiche Unterhaltung, die gleichen silbernen Schüsseln, die gleichen Hammelrücken, gekochten Truthühner und Vorspeisen. Kurz nach dem Dessert kam die Politik an die Reihe. Dann zogen sich die Damen nach oben zurück und schwatzten von ihren Leiden und ihren Kindern.

 

Amelia had to receive and entertain these gentlemen and their ladies. From these she heard how soon Smith would be in Council; how many lacs Jones had brought home with him, how Thomson’s House in London had refused the bills drawn by Thomson, Kibobjee, and Co., the Bombay House, and how it was thought the Calcutta House must go too; how very imprudent, to say the least of it, Mrs. Brown’s conduct (wife of Brown of the Ahmednuggur Irregulars) had been with young Swankey of the Body Guard, sitting up with him on deck until all hours, and losing themselves as they were riding out at the Cape; how Mrs. Hardyman had had out her thirteen sisters, daughters of a country curate, the Rev: Felix Rabbits, and married eleven of them, seven high up in the service; how Hornby was wild because his wife would stay in Europe, and Trotter was appointed Collector at Ummerapoora. This and similar talk took place at the grand dinners all round. They had the same conversation; the same silver dishes; the same saddles of mutton, boiled turkeys, and entrees. Politics set in a short time after dessert, when the ladies retired upstairs and talked about their complaints and their children.

Mutato nomine ist die Sache überall dieselbe. Sprechen nicht die Advokatenfrauen von Gerichtsverhandlungen, die Soldatenfrauen vom Regiment, die Pastorenfrauen von Sonntagsschulen und darüber, wer wen vertritt? Sprechen denn nicht die vornehmsten Damen über die Personen der kleinen Schicht, zu der sie gehören? Warum sollten also unsere indischen Freunde nicht auch ihren eigenen Gesprächsstoff haben? Ich muß nur gestehen, daß es für die Figuren, deren Schicksal es manchmal ist, dabeizusitzen und zuzuhören, langweilig ist.

 

Mutato nomine, it is all the same. Don’t the barristers’ wives talk about Circuit? Don’t the soldiers’ ladies gossip about the Regiment? Don’t the clergymen’s ladies discourse about Sunday-schools and who takes whose duty? Don’t the very greatest ladies of all talk about that small clique of persons to whom they belong? And why should our Indian friends not have their own conversation? — only I admit it is slow for the laymen whose fate it sometimes is to sit by and listen.

Schon nach kurzer Zeit hatte Emmy eine Besuchsliste und fuhr regelmäßig aus. Sie besuchte Lady Bludyer, Frau des Generalmajors Sir Roger Bludyer, Komtur des Bath-Ordens von der bengalischen Armee, Lady Huff, Frau von Sir G. Huff von der Armee in Bombay, Mrs. Pice, Frau von Direktor Pice, und so weiter. Es dauert nicht lange, sich an Veränderungen im Leben zu gewöhnen. Der Wagen fuhr in der Gillespie Street täglich vor, der Page mit den Knöpfen sprang viele Male vom Bock herunter und wieder hinauf, um Emmys und Josephs Karten abzugeben. Zu bestimmten Stunden fuhr Emmy zum Klub, um Joseph zum Spazierenfahren in der frischen Luft abzuholen, oder der alte Sedley wurde hineingesetzt, und sie fuhr mit ihm im Regent's Park umher. Die Zofe und der Wagen, die Besuchsliste und der Page mit den Knöpfen wurden Amelia bald ebenso vertraut wie die bescheidene Lebensweise in Brompton. Sie hatte sich an das eine gewöhnt wie an das andere. Hätte das Schicksal sie zu einer Herzogin gemacht, so hätte sie wohl auch deren Pflichten erfüllt. Josephs weibliche Bekannten erklärten sie für recht nett. Es war ja nicht viel mit ihr los, aber sie war doch recht nett und so weiter.

 

Before long Emmy had a visiting-book, and was driving about regularly in a carriage, calling upon Lady Bludyer (wife of Major-General Sir Roger Bludyer, K.C.B., Bengal Army); Lady Huff, wife of Sir G. Huff, Bombay ditto; Mrs. Pice, the Lady of Pice the Director, &c. We are not long in using ourselves to changes in life. That carriage came round to Gillespie Street every day; that buttony boy sprang up and down from the box with Emmy’s and Jos’s visiting-cards; at stated hours Emmy and the carriage went for Jos to the Club and took him an airing; or, putting old Sedley into the vehicle, she drove the old man round the Regent’s Park. The lady’s maid and the chariot, the visiting-book and the buttony page, became soon as familiar to Amelia as the humble routine of Brompton. She accommodated herself to one as to the other. If Fate had ordained that she should be a Duchess, she would even have done that duty too. She was voted, in Jos’s female society, rather a pleasing young person — not much in her, but pleasing, and that sort of thing.

Den Männern gefielen wie gewöhnlich ihre arglose Freundlichkeit und ihr ungeziertes feines Benehmen. Die ritterlichen jungen indischen Stutzer, die auf Urlaub in England waren – tolle Stutzer das, mit Ketten und Schnurrbärten, die in ihren Kutschen herumrasten, ständig im Theater waren und in Hotels in West End wohnten –, bewunderten Mrs. Osborne, verneigten sich im Park gern vor ihrem Wagen und freuten sich über die Ehre, ihr einen Morgenbesuch abstatten zu dürfen. Selbst Swankey von der Leibgarde, diesen gefährlichen Jüngling und größten Geck der ganzen indischen Armee, der Urlaub hatte, überraschte Major Dobbin eines Tages tête à tête mit Amelia, wie er ihr gerade humorvoll und wortreich eine Wildschweinjagd beschrieb; anschließend sprach dieser von einem verdammten königlichen Offizier, der sich stets im Hause herumtreibe – einem langen, mageren, schnurrig aussehenden ältlichen Burschen – einem trockenen Burschen, der einen mit seinen klugen Reden stets an die Wand drückte.

 

The men, as usual, liked her artless kindness and simple refined demeanour. The gallant young Indian dandies at home on furlough — immense dandies these — chained and moustached — driving in tearing cabs, the pillars of the theatres, living at West End hotels — nevertheless admired Mrs. Osborne, liked to bow to her carriage in the park, and to be admitted to have the honour of paying her a morning visit. Swankey of the Body Guard himself, that dangerous youth, and the greatest buck of all the Indian army now on leave, was one day discovered by Major Dobbin tete-a-tete with Amelia, and describing the sport of pig-sticking to her with great humour and eloquence; and he spoke afterwards of a d — d king’s officer that’s always hanging about the house — a long, thin, queer-looking, oldish fellow — a dry fellow though, that took the shine out of a man in the talking line.

Hätte der Major etwas mehr persönliche Eitelkeit besessen, so wäre er auf einen so gefährlichen jungen Stutzer wie den bezaubernden bengalischen Hauptmann eifersüchtig geworden. Dobbin war jedoch viel zu einfach und zu großmütig, um an Amelia zu zweifeln. Er freute sich, daß ihr die jungen Leute Achtung erwiesen und andere sie bewunderten. War sie nicht, seit sie erwachsen war, fast ständig verfolgt und unterschätzt worden? Er freute sich, zu sehen, wie Freundlichkeit ihre guten Eigenschaften ans Licht brachte und ihr Mut mit dem Glück wuchs. Alle, die sie schätzten, machten dem gesunden Urteil des Majors ein Kompliment – das heißt, wenn ein Mann, beeinflußt von dem Wahn der Liebe, überhaupt urteilen kann.

 

Had the Major possessed a little more personal vanity he would have been jealous of so dangerous a young buck as that fascinating Bengal Captain. But Dobbin was of too simple and generous a nature to have any doubts about Amelia. He was glad that the young men should pay her respect, and that others should admire her. Ever since her womanhood almost, had she not been persecuted and undervalued? It pleased him to see how kindness bought out her good qualities and how her spirits gently rose with her prosperity. Any person who appreciated her paid a compliment to the Major’s good judgement — that is, if a man may be said to have good judgement who is under the influence of Love’s delusion.

Nachdem Joseph bei Hofe gewesen war, was er natürlich als treuer Untertan seines Regenten nicht verabsäumt hatte (er hatte sich vorher in voller Gala im Klub gezeigt, wo ihn Dobbin in einer sehr schäbigen, alten Uniform abholte), wurde er, schon immer ein unerschütterlicher Loyalist und Bewunderer Georgs IV., ein so fürchterlicher Tory und Pfeiler des Staates, daß er auch wünschte, Amelia solle zum Empfang bei Hofe gehen. Er hatte sich nämlich irgendwie in den Glauben hineingesteigert, daß er unentbehrlich sei für die Erhaltung des Staatswohls und daß der König erst glücklich sein könne, wenn sich Joseph Sedley und seine Familie im Sankt-James-Palast um ihn scharten.

 

After Jos went to Court, which we may be sure he did as a loyal subject of his Sovereign (showing himself in his full court suit at the Club, whither Dobbin came to fetch him in a very shabby old uniform) he who had always been a staunch Loyalist and admirer of George IV, became such a tremendous Tory and pillar of the State that he was for having Amelia to go to a Drawing-room, too. He somehow had worked himself up to believe that he was implicated in the maintenance of the public welfare and that the Sovereign would not be happy unless Jos Sedley and his family appeared to rally round him at St. James’s.

Emmy lachte. »Soll ich dann den Familienschmuck tragen, Joseph?« fragte sie.

 

Emmy laughed. “Shall I wear the family diamonds, Jos?” she said.

Ich wollte, du ließest dir von mir welchen kaufen, dachte der Major; ich möchte die Diamanten sehen, die für dich zu gut wären.

 

“I wish you would let me buy you some,” thought the Major. “I should like to see any that were too good for you.”


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