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XI.

»Schaut's, daß ihr mir die Strolche wieder hereinbringt! Das verfluchte Musizieren!« schrie der Rat am nächsten Morgen im Amtszimmer. »Das hab' ich jetzt von meiner Gutmütigkeit! In tausend Aengsten bin ich, eine schlaflose Nacht hab' ich gehabt. Alles, weil ich dem Lumpen, dem Helfrich, nachgegeben hab'. Der Mensch soll nicht gutmütig sein. Aber wartet, von heut' an werdet ihr was erleben! Komme mir einer noch mit einem Volksfest! Hinausschmeißen werd' ich ihn – verstanden!« So tobte der Rat vor dem Kerkermeister und lief in seinem hellgelben Sommeranzug erregt auf und ab.

Der Kerkermeister rannte gradaus zu Helfrich. »Schaut's, daß Ihr mir die Strolche wieder hereinbringt – die verfluchte Musiziererei!« schrie er. »Das hab' ich jetzt von meiner Gutmütigkeit – die ganze Nacht hab' ich kein Auge zugemacht, und das alles, weil ich Ihnen nachgegeben hab'! Aber das war das letzte Mal! Ihr sollt mich kennenlernen! Kommt mir noch einmal mit einer Turmbesteigung – hinausschmeißen werde ich Euch, verstanden!«

Und ob es Helfrich verstand. Er versuchte gar keine Beruhigung, keine Entschuldigung. Er sagte nur ganz ergeben und schlicht:

»Ich bringe Euch die Strolche zurück – laßt mich nur ausgehen! …«

»Ausgehen?« brüllte Züngel. »Das fehlte gerade! Daß Sie mir auch noch durchgehen wie die andern! Nein – von der Freiheit der Gefangenen hab' ich genug und von der Humanität auch. Anbinden werde ich euch alle – auch die verfluchten Weiber, die der Satan holen soll. Wenn ich nur wüßte, wie sich die Bande die Schlüssel verschafft hat.«

»Das ist doch nicht so schwer, sie liegen ja immer auf dem Tisch,« bemerkte Helfrich.

»Vorwürfe werden Sie mir auch noch machen? Sie … Sie! In die Dunkelzelle werde ich Sie über den ganzen Tag einsperren, wenn Sie mich beleidigen.«

»Darf ich fragen, Herr Züngel, ob Ihre Frau schon …?«

»Natürlich schon: Zwillinge! … Es ist entsetzlich!«

»Aber daran bin ich unschuldig. Meine innigste Gratulation …«

»Spotten werden Sie noch – Sie, Sie Missetäter! Ach, wo sind meine Gefangenen!«

»Lassen Sie mich lieber frei – ich bürge Ihnen, daß ich Ihnen alle einfange!«

»Was Ihnen nicht einfällt! Sie sind jetzt unsre einzige Rettung, unser einziger Gefangener. Was machen wir denn, wenn zufällig der Herr Präsident auf Revision kommt?«

»Der Herr Präsident?« erschrak Helfrich.

»Na ja – natürlich. Möglich ist alles – wo schon der Teufel die Hand im Spiele hat. Drei Jahre lang war der Präsident nicht hier …, er ist sozusagen fällig …«

»Das wär eine schöne Bescherung,« meinte Michel. In diesem Augenblicke kam atemlos der Richter die Stiege herabgelaufen.

»Herr Züngel!« schrie er. »Grad telephoniert der Wachtmeister von Saubrunn, daß der Präsident dort angekommen und mit dem Zug Nummer vier gegen Schleppersberg weitergefahren ist. Er wird in zwei Stunden hier sein. Um Himmels willen, bringen Sie die Gefängnisse in Ordnung. Das hat uns heute gerade noch gefehlt! Michel, vervielfältigen Sie sich! Wir brauchen vier männliche Gefangene und drei Weiber!«

»Ich bitte inständigst, Herr Richter, lassen Sie mich frei! In einer Stunde bringe ich Ihnen die Gefangenen,« flehte Helfrich. »Ich garantiere es Ihnen, Herr Richter.«

»Garantieren ist gut. Aber ich hab' Vertrauen zu Ihnen, trotzdem Sie sich gestern sehr bös ausgezeichnet haben. Ich lasse Sie noch ein letztes Mal frei …, aber fangen Sie mir die Lumpen ein …, es ist sicher jeder in sein Heimatdorf gelaufen!«

»Ich bringe sie, Herr Richter, ich bringe sie!« Helfrich griff nach seiner Gefangenenkappe.

»Gut, dann will ich dem Herrn Gerichtsrat sagen, daß die Gefangenen zur Stelle sein werden.« Bauer eilte in sein Gerichtszimmer und legte rasch ein paar Akten zusammen, so daß eine schlichte Einfachheit auf dem Tisch herrschte, wie sie dem Präsidenten zu gefallen pflegte.

Helfrich lief in die Stadt. Daß die Flüchtlinge nicht so schnell auffindbar sein würden, wußte er. Aber schließlich kannte ja der Präsident nicht die Gefangenen. Es genügte ihre Zahl. Er eilte ins Kloster.

»Hochwürdige Frau Oberin,« bat er, »dürfen wir eine ehrfurchtsvolle Bitte wagen? … Wir haben heute schwere Arbeit im Gericht, denn der Herr Präsident soll in einer Stunde zur Revision kommen. Würde die hochwürdigste Frau Oberin nicht die Güte haben, uns ein paar Arbeiter zu überlassen? … Wir würden diese ehrfurchtsvolle Bitte nicht wagen, wenn wir nicht wüßten, daß Hilfsbereitschaft die schönste Tugend des Klosters ist …«

»Heute fällt es mir schwer, Ihnen auszuhelfen,« sagte die Oberin gütig und hielt wie immer, wenn sie mit dem Häftling redete, die Hand an dem Kreuze, das auf ihrer Brust hing. »Wir haben viel Arbeit im Garten …« zögerte sie.

»Ich will morgen selbst mithelfen,« versicherte Helfrich, »und die hochwürdige Frau Oberin weiß, daß ich schneller arbeite als zehn Ihrer Leute!«

»Ach, bitte, könnten Sie nicht rasch hier eine kleine Hilfe leisten? Die Gardine ist herabgefallen, und die Karniese muß neu festgenagelt werden!« bat die Oberin.

»Gern!« rief Michel, warf den Rock ab und holte eine Leiter. Die Blödsinnige hüpfte herbei mit unsinnigem Lachen. Von ihrem Halse flatterten Bänder in allen Farben.

»Ich bring' dir nächstens auch ein Band mit,« versprach Helfrich.

Sie verstand ihn, wiegte sich noch schneller in den Hüften und sprang glurrend umher, die Hände mit den langen, dürren Fingern hochhaltend wie eine Tänzerin. Dann warf sie sich auf den Boden.

Helfrich arbeitete wie ein Tapezierer. Während er die Falten des Vorhanges in einen Knoten straffte, sagte er: »Da hätt' ich bald vergessen, daß ich in der Stadt einen Auftrag bekam … Der Kaufmann Mandelbaum auf dem Ringplatz bittet um die Gnade, ein seltenes Bild dem Hochehrwürdigen Kloster schenken zu dürfen …« Geschenke nehmen Klöster immer gern, sagte er sich.

»Er bringt uns einigermaßen in Verlegenheit,« erwiderte die Oberin und hustete leise. »Das Kloster kann keine Gegengeschenke machen.«

»Aber wenigstens gelegentlich eine Kleinigkeit beim Mandelbaum kaufen …«

»Das wohl …«

»Er wird überglücklich sein!«

Der Vorhang hing. Helfrich stieg von der Leiter. »Darf ich nun?« fragte er.

»Gewiß …, nehmen Sie nur die Leute, so viele Sie brauchen. Sie finden sie hinten im Garten und im Gehöft …«

»Morgen früh sind alle wieder zur Stelle und ich mit ihnen!« versicherte Helfrich und eilte beglückt davon.

Als er mit seiner Schar Auserlesener das Klostertor durchschritt und ehrfurchtsvoll die Frau Oberin begrüßte, nickte sie ihm freundlich zu. Er ist doch ein braver Mann, dachte sie, den wertlosesten Plunder meiner Garde hat er sich mitgenommen, um mich nicht zu sehr zu schädigen.

Michel zog mit seiner Truppe frohen Mutes ins Schloß ein, rief den Kerkermeister und hieß ihn, den Gefangenen die Zellen zu öffnen.

»Das sind ja ganz andre,« brummte Züngel.

»Weiß ich – melden Sie dem Herrn Rat, daß die Gefängnisse wieder in voller Ordnung sind.«

Bald saßen die Greise wie zur Fußwaschung bereit, sauber in neue Sträflingsanzüge gekleidet, zu ihrer eigenen Verwunderung im Gefängnis.

Helfrich stellte sich vor sie hin und sagte: »Liebe Freunde! Heute müßt ihr Gefangene spielen. Macht euch nichts draus. Jeder von euch ist schon paarmal gesessen.«

»Ich nie,« sagte der alte, brave Gärtner Kutschera. Hrbacz grinste fröhlich und nickte.

»Also heute wird wieder gesessen. Ihr wißt ja, wie das ist. Ihr bekommt gutes Essen und braucht nichts zu arbeiten.« Das hatte ihm immer gefallen. Er rief: »Wenn's nur für lang wär'!«

»Diesmal nur für einen Tag, aber es kann ja nächstens besser kommen. Also merkt euch, was ich euch sage.« Helfrich zog eine Anzahl Zettel hervor, die der Kerkermeister ihm gegeben hatte. »Ihr, Kutschera, heißt heute Klobota, Vinzenz Klobota, seid aus Pudlau und sitzt sechs Wochen wegen Holzdiebstahls. Hier nehmt Euch diesen Zettel und lernt das auswendig, was hier steht.«

»Sehr gut – das ist keine Kunst!« sagte der Gärtner.

»Ihr, Walter Hrbacz, heißt Franz Piech und seid aus Römerstadt und sitzt drei Wochen wegen körperlicher Beschädigung. Hier habt Ihr Euern Zettel.«

»Das wär' schon recht – das letztemal bin ich freilich wegen Wilddiebstahls gesessen – das möcht' nichts machen. Aber lesen kann ich nicht.«

»Der Kutschera wird Euch den Zettel zehnmal vorlesen, und dann merkt Ihr Euch alles.«

Helfrich prägte nun noch den zwei frechen Jungen ihre Aufgabe ein und den Weibern, die von den Männern durch einen Gang getrennt waren.

»Fragt man euch, ob ihr euch über irgend etwas zu beschweren habt, so sagt ihr natürlich, daß ihr mit allem sehr zufrieden seid. Verstanden?«

»Ja, natürlich verstanden! Da müßt' man schon ganz dumm sein, wenn man so was nicht verstehen tät'!« rief die alte Barbara und fletschte ihren einzigen Zahn.

»Wir werden es schon gut machen!« versicherte die hohläugige Franziska, die aussah wie ein Totenkopf, und die älteste von ihnen, Ursula, die lahm war und immer betrunken, betete mit gefalteten Händen ihr: »Gelobt sei Jesus Christus in Ewigkeit, Amen!«

Helfrich eilte zum Richter, um noch eine liebende Hand an das Gerichtszimmer zu legen.

Eben hatte die Gendarmerie von Neustadt telephoniert, der Herr Präsident sei hier zum Speisen eingetroffen und setze die Fahrt nach Schleppersberg nachmittags fort.

»Schon wieder verschoben,« sagte der Richter, als er abgeläutet hatte. »Mir wäre lieber, es wär' schon vorbei.«

Helfrich sah auf die Pendeluhr, die neben dem Ofen hing. »Wir haben noch wenigstens drei Stunden Zeit, Herr Richter, denn vor zwei Uhr kommt er nicht.«

»Eigentlich ist es ja erst zehn Uhr,« murmelte der Richter.

»Gestern gewesen – heute ist es elf. Wir können noch sehr vieles tun, ohne daß der Herr Präsident merkt, daß wir uns vorbereitet haben.«

»Freilich, freilich,« nickte Bauer.

Michel eilte sofort an die Arbeit, fegte und säuberte sämtliche Kanzleien und Gerichtszimmer, reinigte die Schreibtische von Tintenklecksen, die Waschtische von Seifenspritzern, ließ die Fenster putzen, befahl dem Kerkermeister, Decken, Anzüge, Stiefel und Wäsche für die Gefangenen schön und sauber im Schrank zu schlichten, empfahl dem Richter, noch einen letzten Blick in die abgelegten Akten zu tun, und wagte gehorsam und bescheiden den Herrn Gerichtsrat zu erinnern, daß vielleicht noch ein paar Zivilakte zwischen den Strafakten lägen. Es wäre ratsam, alles so zu ordnen, daß der Herr Präsident schnell die nötige Uebersicht über die tadellose Ordnung im Amte gewänne und seine kostbare Zeit rasch dem nächsten Bezirksgerichte zuwenden könnte. Der Rat lächelte erfreut; Helfrich zog sich sofort ergeben zurück und wußte, daß nun der Rat in größter Emsigkeit sich mit der Schlichtung und Instandsetzung seiner Papiere beschäftigen würde.

Mit dem Schriftführer Olbrich machte Helfrich nicht viel Federlesens. Er sagte ihm vorwurfsvoll, daß, wenn hier nicht bessere Ordnung herrsche, er, der Schriftführer, den größten Teil der Verantwortung trage. Ihm obliege es, für alles zu sorgen; die Vorgesetzten hätten andre Dinge im Kopf als die Pflicht, dafür würden sie auch besser bezahlt. Im Ministerium arbeiten am meisten die Sektionsräte – nicht die Minister –, und beim Militär sei der Wachtmeister wichtiger als der Major. Die Gefangenen wären auch wichtiger als der Kerkermeister, und die Subalternen im wahren Sinne die Herren, von deren Tun und Lassen die Vorgesetzten abhingen.

»Ihr aber habt hier seit jeher mehr unterlassen, als getan,« zankte Helfrich. »Sonst sähe es hier anders aus. Bei euch ist es ja schon beinahe wie in Galizien, wo in ein Nest nach vielen Jahren eine Revision kam und der Präsident im Gefängnis die Reitpferde des Richters fand statt der Gefangenen. Mir ist diese gemütliche Ordnung hier gleich bei meinem ersten Verhör unangenehm aufgefallen. Ich weiß doch, wie alles sein muß! Wenn der Präsident revidieren kommt, ist der Teufel los. Der Herr Rat und der Herr Richter sind prachtvolle Menschen – solche Herren sind mir in meinem Beruf noch nie begegnet –, es sind nämlich wirklich Menschen, die ein Herz haben, aber darauf legen revidierende Präsidenten gar keinen Wert. Für sie soll der Richter das Hirn voll Paragraphen haben … Schauen Sie, lieber Freund, da schlagen Ihnen die Apfelbäume ans Fenster – das ist wunderschön, und der Herr Bauer, der Naturfreund, schwelgt, wenn sie blühen und wenn die Früchte reifen – er schwelgt immer. Den Präsidenten wird das Geräusch, wenn ein Zweig ans Fenster schlägt, nervös machen. Er wird sich den Kopf halten. Aus der Aussicht über die alte Lindenallee, die dort den Berg hinaufführt, macht er sich nichts, er wird sich höchstens denken, daß durch das Hinausschauen Zeit verlorengeht. Die ganz hohen Herren Beamten haben beim Revidieren nur dann eine große Freude, wenn es recht viel auszustellen gibt, damit sie die Jungen ärgern können.«

Helfrich putzte das Kruzifix, während er so sprach, und zwirbelte die Wachstropfen von den Kerzen weg.

»Und nur alles sparsam machen, auf Sparsamkeit immer hinweisen,« sagte er. »Ein Vorgesetzter muß immer glauben, daß man darbt – dann ist er zufrieden. Empfehlenswert ist es auch, einen Revidenten abzulenken, zu zerstreuen. Habt Ihr hier keine Sehenswürdigkeiten? In die Kirche zu den alten Rittern könnt Ihr ihn nicht führen, nach denen schnappt er nicht …, aber halt! Da fällt mir ein, Ihr müßt doch ein paar Corpus delicti haben … Daraus ließe sich schnell ein kleiner Museumsschrank machen. An ein paar alten Wildschützenflinten und Messern delektiert sich ein Präsident zwei Stunden lang. Er wird alles andre darüber vergessen!«

»Haben wir …, haben wir …, alles haben wir!« jubelte der Schriftführer Olbrich, öffnete eine Lade und zeigte Helfrich allerlei durcheinander geworfenen Kram, Sägen, Beile, Taschenmesser, sogar einen Regenschirm. Jeder Gegenstand trug einen Zettel, auf dem das Geschehnis und der Ort des Verbrechens bezeichnet war.

»Das ist glänzend!« rief Helfrich. »Daraus machen wir ein wundervolles Museum. Räumen Sie hier aus dem Schrank gleich die Akten fort, in einer Stunde ist alles fertig … Fragen Sie vielleicht erst den Herrn Rat um seine Genehmigung …, pro forma …, man muß Vorgesetzte immer bei dem Glauben erhalten, daß sie denken, überlegen, beschließen. Ich meine das im allgemeinen …, Sie wissen, wie sehr ich Ihre Vorgesetzten schätze.«

Olbrich lief erfreut weg und kam gleich darauf mit der Erlaubnis des Rates wieder. Nun zog der Schriftführer Stück für Stück mit schmunzelndem Genusse aus der Lade …

»Hier der Regenschirm, den ein Mann einer hochschwangeren Frau in den Leib gestoßen hat …, sie machte eine Fehlgeburt …«

»Begreiflich …, die Spitze ist scharf und von Stahl …«

»Der Mann wurde aber freigesprochen … Der Arzt entlastete ihn, er meinte, es könne nicht nachgewiesen werden, daß der Regenschirm an der Fehlgeburt schuld sei …«

»Der Regenschirm nicht so sehr als der Mann. Na, da läßt sich nichts machen …, natürlich. Ich sage ja immer, es laufen viel mehr Verbrecher herum, als eingefangen sind.«

»Hier ist das Gewehr eines Wildschützen … in Form eines Stockes, unter der Biegung sitzt das Zünglein und schnappt der Hahn …«

»Interessiert mich gar nicht, aber der Präsident fliegt darauf. Er ist doch ein leidenschaftlicher Jäger! Es wäre gut, wenn Sie noch ein paar alte Jagdflinten hätten, die man ja als den Wildschützen abgenommen hinstellen könnte …«

»Das haben wir alles!« rief Olbrich und rannte davon.

»Kunststück!« flüsterte Züngel …, »er ist selber Wildschütz …« Olbrich brachte Gewehre und Hirschfänger und sagte: »Na, Züngel, rücken Sie auch heraus mit Ihren Schätzen!«

Züngel kraute sich am Kinn, doch als Helfrich rief: »Nur her mit allem, was sehenswert ist! Der ganze Erfolg der Revision hängt davon ab!«, da zog auch Züngel um seine eigenen Verbrecherwerkzeuge.

»Er wildert noch heute in mondhellen Nächten!« knurrte Olbrich, »und hat ein Sauglück …«

Züngel brachte eine verrostete zerlegbare Flinte. »Sie stammt noch vom Urgroßvater,« sagte er. Lügner, dachte Helfrich und ordnete rasch die Stücke zu wirkungsvoller Folge.

Eben trat Bauer ein. »Eine famose Idee, Ihr Museum. Die Sachen gewinnen gleich, wenn man sie ordentlich hinlegt. Ordnung ist alles …«

Auch der Gerichtsrat kam und lobte Helfrich.

»Wenn Herr Rat erlauben, will ich noch ein kleines Bukett aus dem Garten holen; der Herr Präsident wird ja doch dem Herrn Gerichtsrat einen Besuch machen, und da wär' es sehr hübsch, wenn ihm das Töchterlein des Herrn Züngel ein paar Blumen überreichte …«

»Der Aufmerksamkeiten sind aber jetzt schon genug.«

»Wir dürfen es dem Herrn Präsidenten nicht gar zu behaglich machen,« meinte der Richter.

»Hat denn die Gastwirtin genügend Vorräte, um ein Mittagessen für einen Gast zu kochen?«

»Gar nichts hat sie,« meldete Michel stramm. »Ich war schon bei ihr und hab' ihr ein paar Eier aus dem Kloster verschafft, ein Stück Butter und für alle Fälle etwas Räucherfleisch vom Herrn Dechant. Das Kloster und die Pfarre, das sind die einzigen, die noch Lebensmittel haben,« schmunzelte Helfrich.

»Sie machen wohl Studien und Forschungsreisen?« drohte Bauer. Michel senkte den Kopf. Die Bemerkung tat weh. Er hatte ganz vergessen, daß er ein Dieb war. Man erinnerte ihn immer wieder daran.


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