Rudolf Steiner
Der Seelen Erwachen
Rudolf Steiner

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Zwölftes Bild

Das Innere der Erde. Mächtige Kristallgebilde, durchbrochen von lavaartigen Durchflüssen; das Ganze matt leuchtend, zum Teil durchsichtig, zum Teil durchscheinend. Nach oben rote Flammen, die wie von der Decke nach unten zusammengepreßt werden. (Ahriman; später die Seele des Ferdinand Reinecke; zuletzt Theodoras Seele.)

Ahriman: (zuerst allein)
Es fällt jetzt Wesenszeug von oben her,
das ich mir nutzen muss. Dämonenstoff
verrinnt im Formbezirk. – Ein Mensch erstrebt
die Geistsubstanz, die er von mir erhalten,
aus seinem Wesen gänzlich auszutilgen.
Ich konnt' bisher ihn leidlich inspirieren;
doch jetzt ist er dem Mystenschwarm zu nah',
der durch das Weisheitslicht des Benedictus
das Wachen in der Weltenmitternacht
ertrotzen konnte. Den hat Lucifer
verwirkt; so dass Maria und Johannes
aus seinem Lichtbezirk entrinnen konnten.
Ich muss mich jetzt an Strader kräftig halten. –
Hab' ich erst ihn, so hol' ich auch die andern.
Johannes hat an meinem Schatten schon
sich greulich abgestumpft; – der kennt mich gut.
Ich kann an ihn nicht ohne Strader kommen.
Und mit Maria ist es ebenso.
Doch Strader wird das Geistgewirr, das als
Natur den Menschen gilt, vielleicht noch nicht
als meinen Geistestross durchschauen können;
und blindes Kraft- und Stoffgespinst vermuten,
wo ich mir Geistverleugnung geistig schaffe. –
Zwar haben ihm die andern viel geschwatzt
von meiner Wesenheit und meinem Reich;
doch halt' ich ihn noch nicht für ganz verloren.
Er wird vergessen, dass ihn Benedictus
halbwissend her zu mir geschickt, um ihm
den Glauben auszutreiben, dass ich nur
ein Hirngespinst in Menschenköpfen sei.
Nur brauch' ich Erdenhilfe, soll ich ihn
in mein Gebiet zur rechten Zeit entführen. –
Ich will mir eine Seele jetzt berufen,
die so gescheit sich dünkt, dass ich für sie
nichts weiter bin als dummer Narrentrug.
Die dient mir zeitenweis', wenn ich sie nutz'. –

(Ahriman geht ab, kommt mit Ferdinand Reineckes Seele zurück; diese ist der Gestalt nach eine Art Kopie von ihm; beim Eintritt nimmt er der Person, welche die Seele darstellt, eine Binde von den Augen.-)

Ahriman:
Den Erdverstand muss er am Tore lassen.
Er darf ja nicht verstehn, was er bei mir
erfahren soll; denn redlich ist er noch;
und nichts erstrebt' er mir, wenn er verstünd'
wozu ich jetzt ihn inspirieren will.
Er muss es später auch vergessen können.
Kennst du den Doktor Strader, der mir dient?

Ferdinand Reineckes Seele:
Der treibt sich auf dem Erdenstern herum;
er will gelehrten Schnack ins Leben bau'n;
den bläst doch jeder Lebenswind stets um. –
Den Mystenprotzen hört er gierig zu;
in ihrem Dunst ist er schon halb erstickt.
Und jetzt will er den Gottgetreu umnebeln;
der wird von seinem Freund im Zaum gehalten,
weil ihm die Flunkertruppe sonst das Haus
mit ihrem Geistgemunkel ganz verdirbt.

Ahriman:
Mit solchem Schwätzen ist mir nicht gedient.
Ich brauch' den Strader jetzt. – Solang der Mann
an sich den vollen Glauben haben kann,
wird's Benedictus viel zu leicht gelingen,
den Menschen seine Weisheit beizubringen.
Der Freund des Gottgetreu könnt' Lucifer
wohl dienen; ich jedoch muss anders streben. – –
In Strader muss ich Benedictus schaden.
Hat der den Strader nicht, so wird er weiter
mit seinen andern Schülern nichts vollbringen.
Zwar haben meine Gegner noch die Macht;
nach Straders Tode werden sie ihn haben.
Kann ich jedoch die Seele jetzt auf Erden
an sich noch irre machen, so bewirkt
mir dies, dass Benedictus ferner nicht
den Mann als Vorspann für sich nutzen kann.
Nun hab' ich schon im Schicksalsbuch gelesen,
dass Straders Lebenslauf bald abgelaufen.
Dies kann ja Benedictus nicht erschau'n. – –
Mein treuer Knecht, du bist fast überschlau,
du glaubst, dass ich ein dummes Narrenbild.
Du räsonierst so gut, dass man dich hört.
So geh zu Strader schon in nächster Zeit,
erklär ihm, dass sein Mechanismus schlecht;
dass er nicht nur aus Zeit-Ungunst nicht hält,
was er versprochen; dass er schlecht erdacht.-

Ferdinand Reineckes Seele:
Ich bin dazu wohl präpariert. Gar lang'
ist all mein Sinnen nur darauf gerichtet,
wie ich dem Strader recht beweisen kann,
dass er auf Irrtumswegen sich ergeht.
Wenn man solch' Zeug zunächst gedankenhaft
in vielen Nächten klug ersonnen hat,
dann glaubt man leicht, der Misserfolg läg' nicht
am Denken selbst; er käm' von aussen nur.
Mit Strader steht's doch jammervoll fürwahr:
hätt' der sich ohne Mystennebel halten
und klug Verstand und Sinn gebrauchen können,
der Menschheit wär' aus seinen hohen Gaben
der grösste Nutzen sicherlich erwachsen.

Ahriman:
Du sollst dich jetzt mit Klugheit wohl bewaffnen.
Dein Werk soll sein, dass Strader an sich selbst
nicht mehr den rechten Glauben finden mög'.
Dann wird er auch an Benedictus künftig
nicht mehr sich halten wollen; der ist dann
auf sich und seine Gründe angewiesen.
Die aber sind den Menschen nicht genehm.
Sie werden auf der Erde um so mehr
gehasst, je wahrer sie sich zeigen können.

Ferdinand Reineckes Seele:
Mir geht der Sinn schon auf, wie ich dem Strader
die Fehler seines Denkens demonstrier'.
Es hat sein Mechanismus einen Fehler,
den kann er selber nicht bewusst sich machen. –
Die Mystenfinsternis verhindert's ihm.
Ich werde ihm mit meiner Nüchternheit
viel bess're Dienste wahrlich leisten können.
Ich wollte dies seit langen Zeiten schon;
doch wusst' ich nicht, wie ich es machen soll.
Ich fühle mich erst jetzt dazu erleuchtet.
Ich muss jetzt alles recht ins Auge fassen,
was Strader von der Wahrheit überzeugt.

(Ahriman führt Reinerkes Seele hinaus und legt der Person, welche die Seele darstellt, bevor sie sein Gebiet verlässt, wieder die Binde um die Augen.)

Ahriman (allein)
Der wird mir gute Dienste leisten können.
Das Mystenlicht auf Erden brennt mich sehr;
ich muss dort weiterwirken, ohne dass
die Mysten meine Werke offenbaren.

(Theodoras Seele erscheint)

Theodoras Seele:
Du magst an Strader dringen, doch bin ich
an seiner Seite; da er mich gefunden
auf lichtem Seelenpfade, ist er mir
vereint, ob er im Geistgebiet, ob er
im Erdbereich das Leben führen muss.

Ahriman:
Wenn sie ihn wirklich nicht verlässt, so lang
er noch auf Erden weilt, wird mir der Kampf
verloren sein; doch kann ich wohl noch hoffen,
dass er zuletzt sie doch vergessen könnte.

(Vorhang fällt.)


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