Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

68.

W ehe den Besiegten! – Grauenhaftes, scheuseliges, die Menschheit schändendes, uraltes Wort! wirst du nie deinen fürchterlichen Sinn verlieren? wirst du immer wieder dein Gorgonenhaupt erheben und deine Schlangenhaare schütteln, so oft nur ein Kämpfer todesmüde am Boden liegt! wird die sanfte Stimme des Mitleids, die uns das Unglück ehren heißt, immer schwächer sein, als das heisere Gekrächz des Rachedurstes? wird nie der Sieger lernen, sich der heiligen Nemesis zu beugen, die jede Ueberhebung unnachsichtlich straft, und noch jeden Hochmuth zu Fall gebracht hat? Ist es denn nicht schlimm genug: besiegt zu sein? in den Staub getreten zu sehen die Fahne, für die man kämpfte? von der Gnade des Siegers zu leben? nur mit seiner Erlaubniß sich zu erheben aus dem Staube? Brennt die Wunde nicht genug, daß man sie noch vergiften muß? daß heulende Weiber, jammernde Kinder noch die schwere Hand fühlen müssen, die den Gatten, den Vater zu Boden warf? – Wirst du nie, nie deinen Sinn verlieren, grauenhaftes Wort?

Noch thatest du es nicht! Noch thronst du, ein Kakodämon mit grinsendem, zähnefletschenden, ingrimmigen Gesicht, auf dem Markte jeder eroberten Stadt! noch huldigt dir, wer die Macht hat, und huldigt dir um so mehr, je mächtiger er ist, je weniger er den Besiegten, der sich zu seinen Füßen krümmt, zu fürchten braucht! Noch wirfst du dein klirrendes Henkerschwert in die Schaale des Todes, so oft du siehst, daß das Zünglein auf der Waage der Vergeltung sich zur Gnadenschaale neigt; noch schleuderst du den in ehrlicher, offener Feldschlacht bei gleicher Sonne und gleichem Wind Besiegten und Gefangenen in deine dumpfen Kerker auf das faulende Stroh; oder zerrst ihn wieder heraus, wenn dir der Typhus sein Werk nicht schnell genug verrichtet, stöß'st die Kugel in die Büchse – Feuer! ein Blitz – ein Knall – wehe den Besiegten!

Wehe den Besiegten! so klang es auch im Ohr und Herzen der schönen Frau, die einige Tage nach der Katastrophe in der Stube eines kleinen Gasthofes in der eroberten Festung am Fenster saß, und, ohne irgend etwas wahrzunehmen, auf die Straße herab starrte, auf der halbberauschte Soldaten ihre rohe Galanterie an den Bauernweibern versuchten, die eben mit ihren leeren Körben wieder nach Hause wollten. Sie sah nichts, sie hörte nichts, sie dachte nichts, als den einzigen Gedanken, der sie nun schon alle diese Zeit Tag und Nacht unausgesetzt beschäftigt hatte: wie sie den gefangenen Geliebten aus dem Kerker, oder, wenn das unmöglich war, so doch vom Todte retten könne. Welche Versuche hatte sie nicht gemacht, sich wenigstens Zutritt zu ihm zu verschaffen! wie hatte sich die Stolze gedemüthigt! wie hatte sie unter höhnisch lächelnden Officieren in den Vorzimmern der Generäle gewartet und gewartet, um sich mit Achselzucken sagen zu lassen: daß man nichts für sie thun könne! wie viele Schwierigkeiten hatte sie überwunden, bis sie endlich zu dem Fürsten gelangte, der die Knieende zwar gnädig aufhob, dann aber erklärte: daß er den Gerichten nicht vorgreifen dürfe, daß die Gerechtigkeit ihren Lauf haben müsse. Und nun dieses bitterste Gefühl, daß sie, sie selbst das Schicksal des Geliebten hatte bereiten helfen; daß ohne ihr Erscheinen im Lager, ohne jene Nacht Münzer schwerlich sich so weit von den Freunden entfernt hätte, schwerlich seinen Feinden in die Hände gefallen, am wenigsten lebend in die Hände gefallen wäre! Warum hatte sie ihn nicht lieber sich verbluten lassen? warum das grausame Mitleid gehabt, dem Kriegsgericht, das unter dem Vorsitz des Obristen von Hohenstein alltäglich seine Sitzungen hielt und alltäglich seine Bluturtheile publicirte, ein Opfer mehr zu überliefern?

Morgen schon sollte er vor dem Gericht erscheinen. Wie das Resultat ausfallen würde, konnte nach dem, was schon geschehen war, nicht zweifelhaft sein. Schon waren ein paar jener Unglücklichen, die der Tod auf dem Schlachtfelde verschont hatte, in den Wallgräben der Festung niedergeknallt worden. Alle waren sie muthig gestorben; Keiner hatte gezittert; Keiner um Gnade gebeten. Würde Münzer um Gnade bitten? würde man sie ihm gewähren, wenn er darum bäte? Aber wie sollte er sich dazu hergeben! Nein – sein Schicksal war entschieden, sein Urtheil gesprochen, sein Tod gewiß, wenn ihn nicht ein Wunder rettete.

Antonie fuhr von ihrem Sitze am Fenster empor und ging händeringend in dem kleinen Gemache auf und ab. Sie war so in ihren Schmerz verloren, daß sie ein Klopfen an der Thür, das schon mehrmals und jedesmal lauter ertönt war, erst jetzt vernahm. In der Meinung, daß es die Tochter aus dem Hause sei, die sich in freundlich-stiller Weise um die unglückliche fremde vornehme Dame bemühte, sagte sie: herein, ohne sich nach der Thür umzuwenden.

»Verzeihen Sie, meine schöne Schwägerin –«

Antonie fuhr mit einem Schrei herum. Er war es wirklich! er wagte vor ihr zu erscheinen! er!

Sie hob den Arm und deutete, vor Zorn und Haß und Furcht zitternd, bleichen Antlitzes nach der Thür.

»Noch immer so grausam, schöne Schwägerin!« sagte der Obrist, in dessen dunklem harten Gesicht nur die stechenden schwarzen Augen zu leben schienen; »ei, ei! ich hatte mir in der That mit der Hoffnung geschmeichelt, daß Sie mich heute freundlicher als sonst wohl empfangen würden. Aber, wie Sie wollen –«

Er machte eine Bewegung, als ob er gehen wollte; Antonien's Arm sank herab.

»Sie sind willkommen,« sagte sie mit fliegendem Athem.

Der Obrist lächelte.

»Also doch!« sagte er, »nun, wenn ich wirklich willkommen bin, so erlauben Sie mir, abzulegen; und dann lassen Sie uns in aller Ruhe ein wenig plaudern, wie ein paar alte Freunde, die wir ja trotz alledem doch im Grunde sind.«

Er hatte die Mütze auf den Tisch gelegt und seinen Degen in eine Ecke gestellt, dann sich auf das Sopha gesetzt und Antonien mit einer halb höflichen, halb gebieterischen Handbewegung eingeladen, neben ihm Platz zu nehmen.

Er lächelte wiederum, als Antonie zögernd seinem Winke Folge leistete; es kitzelte ihn das Bewußtsein, daß er Herr der Situation sei.

»Ich hätte Sie schon längst aufgesucht, liebe Antonie,« sagte er, langsam seine Handschuhe abstreifend, »aber Sie werden mir wohl selber zugeben, daß die Grausamkeit, mit der Sie in früherer Zeit die Huldigungen zurückwiesen, die ich Ihrer Schönheit und Ihrem glänzenden Geiste brachte – ich erinnere Sie nur an die Scene, als ich an jenem Abend meinen glücklichen Nebenbuhler zum ersten Male bei Ihnen traf – mir die größtmögliche Vorsicht in meinem Verhalten Ihnen gegenüber zur Ehrenpflicht machten.«

»Und was führt Sie heute zu mir?« fragte Antonie, die Augen starr auf den Boden heftend.

»Ich habe, wie Sie sich denken können,« fuhr der Obrist, als ob er die Frage gar nicht gehört hätte, fort, »Ihre Bemühungen zu Münzer's Gunsten mit einem peinlichen Interesse beobachtet – doppelt peinlich, weil ich einmal die Erfolglosigkeit dieser Bemühungen voraus sah, und sodann, weil mir die Lage, in der ich mich Ihnen gegenüber befinde, noch mehr aber meine officielle Stellung als Richter in derselben Sache, für die Sie, schöne Frau, mit so viel Muth eingetreten sind, – ich sage, weil alles dies es mir unmöglich machte, Ihnen meine Dienste, wie ich es doch so gern gethan hätte, anzubieten.«

»Und was führt Sie heute zu mir?« wiederholte Antonie.

»Schenken Sie mir noch einige Augenblicke Gehör, schönste Frau. Sie wissen vielleicht nicht, daß ich schon jetzt in Ihrem Interesse thätig gewesen bin. Ohne meine Fürsprache hätte die mehr als wunderliche Situation, in welcher Sie von unsern Leuten getroffen wurden, leicht schlimme Folgen für Sie selbst haben können; daß man Ihnen erlaubt hat, hier ungehindert sich aufzuhalten, haben Sie nur mir zu verdanken. Sie werden mir zugeben, daß diese Handlungsweise in Anbetracht der Empfindungen, welche Sie gegen mich so consequent an den Tag legen, passablement großmüthig zu nennen ist. Und wie gern würde ich mehr für Sie thun! wie peinlich ist es mir, daß gerade ich dem Gerichte präsidiren muß, das morgen über Münzer aburtheilen wird! ja, daß ich durch einen Zufall Richter und Kläger in einer Person bin! Sehen Sie diese Brieftasche! Würden Sie glauben, daß in diesem schmutzigen Ding Leben und Tod Münzer's enthalten ist.«

Antonie warf einen schnellen Blick auf die Brieftasche, die der Obrist in den Händen hielt; ein Zucken flog durch ihren Körper. Der Obrist lächelte.

»Ich fand diese Brieftasche auf dem Schlachtfelde. Sie hat einem Menschen gehört, der sich Cajus nannte, einer der Führer der demokratischen Bewegung und nebenbei ein specieller Freund Münzer's gewesen ist. Sie werden deshalb wohl jedenfalls seinen Namen kennen, vielleicht die Ehre seiner persönlichen Bekanntschaft gehabt haben. Ich bedauere, Ihnen sagen zu müssen, daß meine Leute die Unbesonnenheit hatten, dem Kriegsgericht vorzugreifen und den Mann auf der Stelle niederzuschießen. Indessen läßt sich der Verlust verschmerzen, da die Papiere, die sich in dieser seiner Tasche befinden – unter andern verschiedene Briefe von Münzer's Hand – sehr deutlich sprechen. Die Briefe sind nur klein, nur Zettel, wenn Sie wollen; aber als die einzigen schriftlichen Documente, die, soviel ich weiß, über Münzer's hochverrätherische Thätigkeit vorhanden sind, wiegen sie sehr schwer.«

Der Obrist steckte das Portefeuille wieder in die Brusttasche und sagte, während er langsam seinen Rock zuknöpfte:

»Es scheint, daß Münzer einen höheren Posten in der sogenannten Revolutionsarmee nicht bekleidet hat; auch ist er, so viel ich weiß, nie in einem militairischen Verhältnisse bei uns gewesen. Wenn er unter den Richtern einen guten Freund hätte, der diese Umstände gehörig in's Licht stellte; und wenn die eben besprochenen Zettel, die sich auf seine organisatorische Thätigkeit noch vor Beginn des Feldzuges, wo er eine Art von Civilcommissar gewesen zu sein scheint, beziehen, nicht producirt würden, so wäre ein mildes, vielleicht freisprechendes Urtheil meiner Meinung nach nicht unmöglich.«

Der Obrist stand auf.

»Und was wäre der Preis, den dieser – gute Freund forderte?« fragte Antonie mit dumpfer Stimme.

Der Obrist setzte sich wieder.

»Sie stellen die Frage auch gleich verzweifelt praktisch,« sagte er mit seinem heiseren Lachen; »vermuthlich deshalb, weil Sie ganz gut im Stande sind, sie sich selbst zu beantworten. Im Kriege, holde Antonie, gelten alle Vortheile; wir sind im Kriege und der Vortheil ist unzweifelhaft auf meiner Seite. Eine so ausnehmend praktische Frau wie Sie wird es mir unmöglich verdenken können, wenn ich meinen Vortheil geltend mache.«

Ein Schauder flog über Antonien's ganzen Körper.

»Mißverstehen Sie mich nicht,« fuhr der Obrist fort, »ich bin kein girrender Schäfer. Ich will Alles, oder Nichts, und will es noch vor morgen, denn, wenn morgen Ihr Liebhaber wieder auf freien Füßen ist, oder die Gewißheit hat, es in kurzer Zeit zu sein, so möchten Sie den Preis nicht mehr zahlen wollen. Entscheiden Sie sich!«

Er erhob sich abermals.

»Ich habe mich entschieden,« erwiderte Antonie, »er würde ein Weib verachten, das, um ihn zu retten, seine Ehre preisgeben konnte, und wenn er es nicht thäte: er wäre mir doch verloren, denn ich würde meine Schande in dem ersten besten Teich ertränken. Sie sehen: der Handel ist zu ungleich.«

»Wie Sie wollen,« sagte der Obrist kalt, indem er den Degen einsteckte und seine Mütze ergriff; »aber vielleicht besinnen Sie sich eines Besseren. Ein Brief von Ihnen, wenn er in meinem Quartier bis heute Abend neun Uhr abgegeben wird, würde mich unfehlbar treffen. Ich werde dafür Sorge tragen. Bis dahin, leben Sie wohl, schöne Antonie und – besinnen Sie sich!«

Er machte eine spöttische Verbeugung und entfernte sich, nachdem er noch in der Thür einen seiner finsteren stechenden Blicke auf Antonien geworfen hatte, die, beide Hände gegen ihre Schläfen drückend, noch immer regungslos auf dem Sopha saß.

Aber kaum hatte er die Thür hinter sich geschlossen, als sie aufsprang und, einer Rasenden gleich, mit gerungenen Händen in dem Gemache auf- und niederzuschreiten begann. All' die wilde Leidenschaft, die sie so mühsam zurückgehalten hatte, brach jetzt los, wie ein entfesselter Strom. Ihre Wangen glühten, ihre Augen blitzten vor Zorn; sie murmelte wilde Verwünschungen, und dann warf sie sich wieder auf das Sopha und schluchzte und stöhnte unter tausend Thränen: »O, mein Gott, mein Gott! was soll ich thun! was soll ich thun!«

Ein hübsches junges Mädchen blickte herein und sagte:

»Ach, verzeihen Sie, gnädige Frau; aber draußen ist eine Dame, die Sie dringend zu sprechen wünscht.«

»Wie heißt sie?«

»Sie wollte mir ihren Namen nicht nennen; aber ich glaube, daß sie wohl auch einen Verwandten in den Kasematten haben muß; sie sieht so sehr traurig aus.«

»Führen Sie sie herein;« sagte Antonie, sich rasch erhebend und ihr Taschentuch schnell noch einmal auf ihre Augen und Wangen drückend.

Die fremde Dame blieb, als das Mädchen die Thür hinter ihr geschlossen hatte, stehen und schlug ihren Schleier zurück. Antonie hatte Clärchen nie gesehen; aber ein Blick in das blasse, schmerzdurchwühlte Antlitz der jungen Frau sagte ihr, wen sie vor sich habe. Sie trat rasch auf Clärchen zu und sagte, ihre Hand ergreifend:

»Sie sind – seine Gattin!«

Clärchen's Antwort waren zwei Thränen, die aus ihren Augen quollen und langsam über ihre bleichen Wangen rannen. Antonien's Hände zitterten, als sie mit geschäftiger, fast demüthiger Freundlichkeit Clärchen das Hutband löste, den Shawl abnahm und sie nach dem Sopha führte.

»Seit wann sind Sie hier?«

»Seit gestern.«

»Und haben Sie ihn gesehen?«

»Man will mich nicht zu ihm lassen; morgen – vielleicht; aber ich glaube: man hat mir es nur gesagt, um mich los zu werden; können Sie Nichts, Nichts für mich thun?«

Und Clärchen blickte angstvoll Antonien an.

»Arme, arme Frau!« murmelte Antonie. Sie konnte ihre Augen nicht von Clärchen's Gesicht abwenden; sie hatte sich Münzer's Gattin so ganz anders gedacht. Hatte er wirklich kein Auge gehabt für die Milde und Güte, die aus diesen reinen, durchgeisteten Zügen sprach? hatte er wirklich kein Ohr gehabt für die Melodie dieser sanften Stimme? hatte er diese schlanke weiße Hand halten und wieder lassen können?…

»Arme, arme Frau!« sagte sie noch einmal, in der Fluth von Gedanken, die auf sie einstürmte, verloren.

»Ich will ja nichts weiter, als ihn noch einmal sehen;« fuhr Clärchen fort, »um seinetwillen; nicht um meinetwillen; denn ich weiß, daß, wenn er mich auch nicht liebt, wie er Sie liebt, sein Herz doch schwer ist, so oft er an mich denkt. Ich will ihm nur sagen, daß ich ihm längst verziehen habe, wenn ich ihm je etwas zu verzeihen hatte, daß, wenn er sterben muß, er um meinetwillen ruhig sterben kann.«

Um die bleichen Lippen zuckte ein so wilder Schmerz und doch klang die Stimme so sanft und fest. »Sie sehen mich erschrocken an, gnädige Frau,« sagte sie, »haben Sie denn eine Hoffnung, daß er leben bleiben kann? Ich habe keine. Ich weiß, daß er nichts widerrufen, daß er im Gegentheil, wenn man ihm das Wort verstattet, die ganze Kunst seiner Rede nur dazu anwenden wird, seinen Ueberzeugungen noch einmal Ausdruck zu geben. Man wird ihn verurtheilen; er wird fallen für die Sache, für die er gelebt; aber damit er auch nicht mit der Wimper zuckt, damit seine Henker nicht die Spur einer Schwäche in seinem schönen Antlitz lesen können, damit er herrlich wie ein Held dem Tod in's Auge sieht– dazu muß ich ihn sprechen, ohne mich kann er nicht ruhig sterben.«

»Halten Sie mich nicht für anmaßend, gnädige Frau,« fuhr Clärchen nach einer kleinen Pause fort, »wenn ich das mit solcher Gewißheit ausspreche, selbst Ihnen gegenüber. Sie und er – das ist ein voller Accord, in den sich kein falscher Ton mischt. Er ist Ihrer Liebe, Sie sind seiner Liebe gewiß. Jetzt, nachdem ich Sie gesehen habe, zweifle ich nicht mehr daran. Sie sind die Verwirklichung seines Ideals; er mußte Sie lieben, mit derselben Nothwendigkeit, mit der er athmen mußte, wenn er leben wollte. Da ist Alles eine große, herrliche Harmonie. Aber er und ich! das war ein Mißklang – er kann ihn nicht lösen, ich kann es einzig und allein; ich muß ihm sagen, daß ich ihn von ganzem Herzen, aus voller Seele, aus tiefster, innigster Ueberzeugung frei spreche von dem Unglück, die einzige seiner würdige Gefährtin zu spät gefunden zu haben.«

»Um Gottes willen sprechen Sie nicht so,« rief Antonie, »Sie wissen nicht, wie jedes Ihrer Worte mein Herz zerreißt. O, mein Gott, mein Gott, was habe ich gethan!«

Sie warf sich zu Clärchen's Füßen und bedeckte ihre Hände mit Thränen und Küssen. Clärchen bemühte sich, die in Leidenschaft Aufgelöste zu beruhigen.

»Nein, nein!« schluchzte Antonie, »lassen Sie mich vor Ihnen knieen; lassen Sie mich zu Ihnen beten, wie man zu einer Heiligen betet. O, wie furchtbar habe ich mich an Ihnen versündigt! und wie wenig habe ich bisher daran gedacht! Aber ich will wieder gut machen, was ich gefrevelt habe! ich will es! ich schwöre es Ihnen!«

Sie richtete sich wieder empor, ging einige Male mit hastigen Schritten in dem Gemache auf und ab, kam dann wieder auf Clärchen zu, setzte sich neben sie und sagte, ihre Hand ergreifend, mit einer Stimme, deren Ruhe mit der Leidenschaft, die sie noch so eben gezeigt hatte, fast unheimlich contrastirte:

»Bei wem sind Sie gewesen?«

Clärchen nannte die Namen einiger hochgestellter Officiere.

»Sie haben sich nicht an den Rechten gewandt;« erwiderte Antonie mit finsterm Lächeln; »bei all' den Menschen bin auch ich gewesen; sie wollten nichts für mich thun; ich glaube, sie konnten nichts thun; aber der Eine kann's – und soll's!«

»Wer ist es?«

Clärchen mußte die Frage mehrmals wiederholen; Antonie saß da, an der Unterlippe nagend, düstern Auges auf den Boden starrend; endlich fuhr sie, wie aus einem schlimmen Traum erwachend, empor.

»Wer es ist? – ich kann es Ihnen nicht sagen, verlassen Sie sich auf mich. Heute werde ich Ihnen nicht mehr helfen können; aber daß Sie ihn morgen, nachdem das Urtheil gesprochen ist, sehen werden, dafür, glaube ich, kann ich mich verbürgen. Ich hoffe noch mehr für Sie; aber lassen Sie mich bis morgen – bis morgen.«

»Was haben Sie vor?« fragte Clärchen, die der Ausdruck in Antonien's starrem Gesicht erschreckte.

»Ich kann Ihnen nichts weiter sagen; aber ich beschwöre Sie: verlassen Sie sich auf mich! – Erzählen Sie mir von Ihnen, von Ihren Kindern?«

Ueber Clärchen's Gesicht flog ein dunkler Schatten.

»Ich habe nur noch ein Kind,« fügte sie leise.

Antonie griff an ihre Stirn, wie Jemand, der seinen Sinnen nicht traut. »Wie? was sagen Sie?«

»Mein Knabe ist todt,« sagte Clärchen in stiller Resignation; »heute vor vierzehn Tagen haben wir ihn der Erde übergeben. Er kränkelte schon seit dem vorigen Frühjahr; Dr. Brand sagte: es wäre ein organischer Fehler am Herzen gewesen;– vielleicht hat er es gesagt, um mich über den frühen Verlust zu trösten – ich weiß es nicht.«

»Fürchterlich, fürchterlich,« murmelte Antonie.

»Und nun lassen Sie mich Sie trösten,« sagte Clärchen, ihre Arme um Antonien's Nacken schlingend; »ich bin doch die Stärkere von uns Beiden. Wir wollen gemeinsam tragen, was uns gemeinsam getroffen hat und trifft. Sie lieben ihn von ganzer Seele, das sehe ich ja. So will ich Sie auch lieben, wie eine schöne Schwester, der ich alles Heil und allen Segen wünsche.«

Antonie verbarg ihr Gesicht an Clärchen's Busen und weinte bitterlich.

So saßen die Frauen, sich innig umschlungen haltend und Worte der Liebe und des Trostes, der Reue und der Verzeihung austauschend.

Die Uhr im Thurm der benachbarten Kirche schlug die siebente Stunde. Antonie richtete sich schnell in die Höhe.

»Verlassen Sie mich jetzt,« sagte sie, »bleiben Sie ruhig in Ihrer Wohnung; ich sende Ihnen morgen Botschaft; ängstigen Sie sich nicht, wenn es auch etwas spät werden sollte. Die Botschaft soll besser sein, als Sie jetzt zu hoffen wagen.«

Sie führte Clärchen zur Thür, umarmte und küßte sie noch einmal und ließ sie hinaus.

Dann ging sie an ihren Schreibtisch, schrieb hastig einige Zeilen, siegelte und klingelte dem Mädchen.

»Bringen Sie diesen Brief an – an die bezeichnete Adresse! Aber thun Sie es selbst! wollen Sie?«

»Gewiß, gnädige Frau.«

»Sie bekommen keine Antwort: der Herr wird mir die Antwort selber bringen. Sie wollen ihn ohne Anmeldung einlassen, wenn er kommt.«

»Zu Befehl, gnädige Frau.«

Das Mädchen blickte empor; der Ton, in welchem die gnädige Frau gesprochen hatte, war so sonderbar gewesen! Sie erschrack, als sie bemerkte, daß Antonien's Gesicht bleich und fast verzerrt war.

»Sie sind krank, liebe, gnädige Frau,« sagte das Mädchen, »gewiß, Sie sind krank.«

»Nicht doch,« erwiderte Antonie, »ich befinde mich sehr wohl, ganz wohl. Eilen Sie, mein Kind, und, hören Sie, Sie besorgen den Brief selbst!«

Dem Mädchen war es ganz sonderbar zu Muthe geworden. Sie hatte einen solchen Ton noch nie gehört, ein solches Gesicht noch nie gesehen. Sie konnte es den ganzen Abend nicht vergessen, sie träumte in der Nacht davon. Sie wußte, daß die gnädige Frau einen Verwandten »in den Kasematten« habe und dachte sich wohl, daß das Schicksal dieses Verwandten auf dem Punkte stehe, entschieden zu werden. Deshalb war auch wohl der große, schwarze Officier, der schon am Nachmittag dagewesen war, derselbe, an den sie den Brief gebracht hatte, am Abend spät noch einmal gekommen und über eine Stunde bei der gnädigen Frau geblieben. Sie mußten recht böse Dinge zu verhandeln gehabt haben – der finstere Officier und die gnädige Frau, denn sie hatte, als sie einen Augenblick an der Thür lauschte, gehört, wie die gnädige Frau sagte: »wenn Sie Ihr Wort nicht halten, so erwürge ich Sie mit meinen eigenen Händen;« worauf der Officier mit heiserem Lachen etwas erwiderte, wovon das Mädchen nur die Worte: »Brieftasche« und »Sicherheit« verstand.

Am nächsten Morgen, als sie der gnädigen Frau den Kaffe brachte, hatte diese, die an dem Pulte saß und schrieb, sich auf ihr: guten Morgen! ganz gegen ihre Gewohnheit nicht einmal umgewandt, geschweige denn ein freundliches Wort erwidert. Dann, nach etwa einer Stunde, hatte sie geklingelt und in kurzem, rauhen Ton – ohne das Gesicht vom Fenster, an welchem sie stand, wegzuwenden – befohlen, ihr bis zehn Uhr einen Wagen zu besorgen und die Rechnung bereit zu halten.

Was mochte nur mit der gnädigen Frau, die alle diese Tage so freundlich gewesen und heute so stolz und herrisch war, vorgegangen sein? Die kleine Kathi zerbrach sich fast ihren hübschen Kopf darüber, als sie in dem hellen Sonnenschein vor der Hausthür neben den Bauernwagen, von denen die Pferde abgespannt waren, stand und nach der Thurmuhr aufschaute, wo der vergoldete Zeiger beinahe schon auf Zehn wies. Da fragte plötzlich eine Stimme mehr über ihr, als neben ihr: »Ob Frau von Hohenstein, die in dem Gasthofe wohne, zu Hause sei?« Die kleine Kathi blickte zu dem Bauersmann, der sie angeredet hatte, auf. Es war ein riesengroßer, plumper Mensch in einer blauen Blouse und leinenen Gamaschen, mit einem glatt rasirten, sonderbar dummen Gesicht, aus dem ein paar tiefliegende Augen mit einem schielenden und halb blödsinnigen Ausdruck starrten.

»Ich weiß, daß sie zu Hause ist,« sagte der große Mensch, »führe mich zu ihr, Kleine; ich habe wichtige Nachrichten für sie – von ihrem Verwandten.«

»Sind's auch gute?« fragte die kleine Kathi.

»Ei gewiß!« sagte der Mann, mach' nur schnell, ich muß meinen Hafer noch verkaufen, habe wenig Zeit.«

Kathi besann sich nicht lange. Gute Nachrichten von ihrem Verwandten – die konnte die arme gnädige Frau gerade brauchen. Sie lief voran in das Haus, die Treppe hinauf, blieb vor der Thür stehen und sagte: »Da geh' Er nur hinein, wenn Er gute Nachrichten hat.«

Der Mann drückte leise die Thür auf, trat in das Zimmer und schob, als er eingetreten war, den Riegel vor die Thür. Indem er sich nach Antonie wandte, nahm sein Gesicht plötzlich einen andern Ausdruck an, daß ihn selbst die kleine Kathi nicht wieder erkannt haben würde.

»Wer sind Sie?« rief Antonie, unwillkürlich einen Schritt zurücktretend.

Der in der Blouse legte den Finger auf den Mund und sagte schnell und leise:

»Ich heiße Cajus. Sie werden mich dem Namen nach kennen. Ich bin seit gestern hier in dieser Verkleidung, um zu sehen, was sich für ihn thun läßt. Ich weiß, daß Sie für ihn gethan haben, was Sie konnten; aber Sie können wenig; ich kann vielleicht mehr thun; aber ich brauche dazu Geld, das ich nicht habe. Deshalb komme ich zu Ihnen.«

Münzer und Degenfeld hatten oft in Antonien's Gegenwart von Cajus gesprochen. Sie konnte kaum zweifeln, daß dieser kühne, verschlagene Mann wirklich Cajus sei. Und dennoch – die Erzählung des Obristen – die Brieftasche, die seit gestern Abend in ihren Händen war –

»Kennen Sie dies?« fragte sie, die Brieftasche, die sie in dem Pult verschlossen hatte, hervorlangend und Cajus entgegenhaltend.

»Ich kenne sie wohl; es ist meine Brieftasche, die der arme Schelm, den man statt meiner erschossen hat, bei sich trug. Ich weiß das von einem mir befreundeten Unterofficier, der in der Nähe gestanden und den ganzen Handel mit angesehen und angehört hat. Aber ich glaubte sie in den Händen des Obristen.«

»Sie ist seit gestern in meinen Händen,« sagte Antonie.

»Da wünsche ich nur, daß der Preis, den Sie dafür gezahlt haben, nicht zu groß gewesen ist,« sagte Cajus mit sonderbarem Lächeln.

»Wie meinen Sie?« fragte Antonie, der bei Cajus' letzten Worten alles Blut in die blassen Wangen geschossen war.

»Wenn der Obrist Ihnen vielleicht gesagt hat, daß Sie mit der Tasche den ganzen Inhalt derselben hätten, so hat er Sie belogen,« erwiderte Cajus; »die wichtigsten Briefe, oder vielmehr der eine wichtige Brief, der Münzer wirklich gefährlich war und ihm den Hals hat brechen helfen, lag heute Morgen auf dem Tisch des Kriegsgerichts.«

Antonie schwankte nach der Lehne eines Stuhls, auf die sie ihre zitternden Hände legte. Aber alsbald raffte sie sich wieder auf, trat dicht an Cajus heran und sagte mit heiserer, kaum vernehmbarer Stimme:

»Martern Sie mich nicht! Was wissen Sie? Ist er verurtheilt?«

»Ja; ich weiß es von eben jenem mir befreundeten Unterofficier, der Mitglied des Kriegsgerichtes gewesen ist. Er und der Lieutenant von Todwitz haben, um Münzer wenigstens das Leben zu retten, auf lebenslängliche Festungshaft, die Uebrigen auf Tod erkannt, ihnen voran der Obrist von Hohenstein, der Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hat, das Todesurtheil zu erpressen. Zuletzt, da keine Einstimmigkeit zu erzielen gewesen ist, hat man sich genöthigt gesehen, den Verurtheilten der Gnade des Monarchen zu empfehlen. Nun, sie wissen ja, wie man da Gnade übt.«

Aus Antonien's Wangen war alles Blut gewichen, während sie, starren Auges, die Lippen halb geöffnet, auf Cajus' Bericht lauschte, als dürfe ihr kein Laut entgehen. Dann wurden ihre Augen noch starrer und durch die zusammengepreßten Zähne kam nur das eine Wort: »Rache!«

In Cajus' dunklen Augen blitzte es unheimlich, als das Wort sein Ohr traf.

»Ich glaube,« sagte er, »die Interessen der hochgebornen Dame und des Proletariers gleichen sich in diesem Falle auf eine seltene Weise. Sie lieben Münzer, ich liebe ihn auch in meiner Art; Sie hassen den Obrist, müssen ihn nach Münzer's Verurtheilung hassen, wenn Sie ihn vorher noch nicht gehaßt haben; ich hasse den Obrist und das nicht seit heute. Ich dächte, wir gingen Hand in Hand, da unsere Absichten einmal Hand in Hand gehen. Sie haben, was ich nicht habe, vielleicht besitze ich einige Eigenschaften, die Ihnen doch trotz aller Ihrer Vorzüge mangeln dürften. Wollen Sie?«

»Ja, ja!« sagte Antonie.

»Können Sie mir Geld geben?«

»Funfzig Louis'dor etwa sogleich; in wenigen Tagen, so viel Sie wünschen.«

»Geben Sie!«

Antonie eilte nach dem Bureau und legte eine Rolle in Cajus' Hand.

»Aber, was wollen Sie, was können Sie thun?«

»So lange ein Mensch noch Athem hat, darf er die Hoffnung nicht verlieren!« erwiderte Cajus; »das habe ich in meinem Leben ein paar Dutzend Mal erfahren. Münzer's Sachen stehen noch nicht ganz so schlimm. Bis die Antwort auf das officielle Begnadigungsgesuch aus der Residenz zurück ist – und das dauert doch mindestens acht Tage – läßt sich Manches thun. Ich habe viele gute Freunde in der Armee, besonders in dem neunundneunzigsten Regiment, und ein goldener Schlüssel, wissen Sie, schließt überall.«

Ein leises Pochen an der Thür unterbrach das im Flüsterton geführte Gespräch.

»Wer ist da?«

»Ich bin's, gnädige Frau; es ist eben ein Billet abgegeben worden, – von dem Herrn Obrist von Hohenstein.«

Antonie ging zu öffnen. Ihr Schritt war fest und ihre Hand zitterte nicht, als sie das Billet, welches ihr Kathi überreicht hatte, erbrach. Der eine Gedanke, der sie ausschließlich erfüllte, verdrängte jede andere Regung.

Das Billet enthielt folgende Worte:

 

»Schönste Frau!

Ich beeile mich, Ihnen anzuzeigen, daß unsere Bemühungen, Ihren Freund zu retten, leider vergeblich gewesen sind. Ich habe gethan, was in meinen Kräften stand. Vielleicht erhält Ihr Freund durch die Gnade des Monarchen das Leben zurück, das ihm das Kriegsgericht gegen meinen Wunsch und mein Erwarten abgesprochen hat. Da die Ueberfüllung der hiesigen Gefängnisse die Translocirung einer großen Anzahl von Gefangenen in andere Festungen nothwendig macht, so glaube ich, Ihren Wünschen entgegenzukommen, wenn ich Herrn M., der überdies von den Gerichten in Rheinstadt der Rheinfelder Affaire wegen reclamirt ist, einem größeren, noch heute dahin abgehenden Transport zugetheilt habe. Da ich vermuthe, daß Sie so viel als möglich in der Nähe Ihres Freundes bleiben werden, so wünsche ich Ihnen, im Falle ich Sie, was bei der Ueberlast meiner Geschäfte wenig wahrscheinlich ist, heute nicht mehr sehen sollte, eine glückliche Reise. – Mit den Gefühlen, die Sie so ganz theilen,

Ihr
G. v. Hohenstein.«

 

»Lesen Sie!« sagte Antonie, Cajus das Billet reichend.

Cajus las es aufmerksam durch.

»Hm,« sagte er, »man will Sie los sein, das ist keine Frage; aber wenn es sich mit Münzer so verhält, – und ich zweifle nicht daran, – so haben wir in Rheinstadt unzweifelhaft mehr Chancen als hier. Auf jeden Fall müßten Sie dann heute abreisen. Je weniger Sie daraus, wie überhaupt aus Ihrer Theilnahme für Münzer, ein Geheimnis; machen, desto besser ist es. Von Jemand, der offen seine Sympathien an den Tag legt, erwartet man nicht, daß er nebenbei heimlich complotirt. Wenn sich unterwegs nichts thun läßt, komme ich zugleich mit dem Transport in Rheinstadt an. Vielleicht werden Sie dann die Güte haben müssen, mich auf einige Zeit in Ihr Haus aufzunehmen. Bis dahin leben Sie wohl und halten Sie baares Geld bereit; ich schreibe, wenn ich mehr brauche. Noch Eines! Es ist leicht möglich, daß man Ihre Korrespondenz überwacht; wir werden deshalb die Vorsicht anwenden müssen, uns in französischer Sprache über ein kostbares Gemälde zu unterhalten, das für Sie von Italien aus unterwegs ist. Wann können Sie fort?«

»Sogleich. Darf ich Münzer's Gattin, die hier ist, mit mir nehmen, wenn sie mich begleiten will?«

»Ja!« sagte Cajus nach einigem Besinnen; »man fürchtet zwei Frauen noch weniger als eine. Leben Sie wohl.«

Er warf den Quersack, den er an der Thür abgelegt hatte, wieder über die Schulter und ging hinaus. Wenige Augenblicke später sah Antonie ihn langsamen, schwerfälligen Schrittes die Straße hinaufgehen. Sie traf die Vorbereitungen zu ihrer Abreise – ruhig, gelassen, als wäre Alles, wie es sein sollte. In ihrem Herzen war es still, wie in einer Wüste, in welcher ein giftiger Samum jede Spur des Lebens getödtet hat. Selbst ihr Durst nach Rache kam ihr nicht als ein besonderes Gefühl zum Bewußtsein; ihr ganzes Wesen war so davon erfüllt, daß sie die Rache athmete wie die Luft, die sie umgab, daß jeder Herzschlag Rache war.



 << zurück weiter >>