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Siebentes Kapitel.

Nelson läßt sich von seiner Gemahlin scheiden. – Die nördliche Konföderation. – Er geht unter Sir Hyde Parker in die Ostsee. – Die Schlacht bei Kopenhagen und die daraus folgende Unterhandlung. – Nelson wird Viscount.

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Nelson wurde in England mit allen möglichen Ehrenbezeigungen empfangen. In Yarmouth, wo er landete, zogen alle Schiffe im Hafen ihre Farben auf. Der Mayor und die Gemeindekorporation überreichten ihm das Bürgerrecht der Stadt und begleiteten ihn, nebst allen Seeoffizieren an der Küste und den vornehmsten Einwohnern, in Prozession zur Kirche. Freudenfeuer und Illuminationen beschlossen den Tag, und am andern Morgen zog die freiwillige Kavallerie auf, salutirte ihn bei seiner Abfahrt und begleitete seinen Wagen bis zur Grenze der Grafschaft. Von Ipswich kam ihm das Volk entgegen und zog ihn eine Meile weit in die Stadt und drei Meilen über dieselbe hinaus. Als er noch auf dem Agamemnon war, hatte er gewünscht, diesen Ort im Parlamente zu vertreten, und einige seiner Freunde befragten damals die Häupter der Bürgerschaft darüber. Der Erfolg war jedoch nicht günstig gewesen, worauf Nelson bemerkt hatte, er werde sich bemühen, einen wünschenswertheren Weg in's Parlament zu finden, und es könne eine Zeit kommen, wo die Einwohner von Ipswich es für eine Ehre halten würden, ihn zu ihrem Repräsentanten gehabt zu haben. In London wurde er von der City festlich bewirthet und von dem Volke von Ludgatehill bis Guildhall gezogen; auch empfing er die Danksagungen des Stadtraths für seinen großen Sieg, nebst einem mit einem goldenen Hefte versehenen und mit Diamanten geschmückten Säbel.

Alle irdischen Segnungen waren über Nelson ausgegossen, mit Ausnahme häuslichen Glückes: dessen hatte er sich für immer verlustig gemacht. Noch war er kein Vierteljahr in England, als er sich von Lady Nelson scheiden ließ. Einige seiner lezten Worte an sie waren: »Ich rufe Gott zum Zeugen auf, es ist nichts an Ihnen oder Ihrem Benehmen, das ich anders wünschte.« Es war dieß die Folge seiner unseligen Neigung zu Lady Hamilton. Sie hatte vorher auch einen Streit mit seinem Stiefsohne veranlaßt und ihm Vorwürfe von seinen besten Freunden zugezogen, was keine andere Wirkung hervorbrachte, als daß er mit ihnen, am meisten aber mit sich selbst, zerfiel.

Gerade um diese Zeit bildete sich die Addington'sche Verwaltung, und Nelson, welcher um eine Anstellung nachgesucht hatte und zum Viceadmiral der blauen Flagge ernannt worden war, wurde von Graf St. Vincent, dem nunmehrigen ersten Lord der Admiralität, als der zweite im Kommando, unter Sir Hyde Parker, in die Ostsee gesandt. Die drei nordischen Höfe hatten eine Konföderation geschlossen, um England auf seine Seerechte verzichten zu machen. Von diesen Höfen wurde Rußland durch die Leidenschaften seines Kaisers Paul geleitet, eines Mannes, welchem es an Anwandlungen von Edelmuth und an einer gewissen natürlichen Gutmüthigkeit nicht fehlte, der aber den wildesten Einfällen seiner Laune unterworfen, und dem der Kopf durch die Handhabung einer größeren Gewalt verrückt war, als je die menschliche Schwäche gefahrlos, oder vielleicht auch nur schuldlos, besitzen kann. Dänemark war französisch gesinnt, bereit, alle Plane Frankreichs zu unterstützen, alle seine Anmaßungen anzuerkennen und allen seinen Zumuthungen zu gehorchen. Schweden, von einem Könige regiert, dessen Grundsätze richtig und dessen Gesinnungen edel waren, aber der einen Zug erblichen Wahnsinns an sich trug, richtete sich ganz, nach den Befehlen zweier Mächte, die es zu beleidigen sich fürchtete. Die dänische Flotte bestand damals aus 23 Linienschiffen, nebst ungefähr 31 Fregatten und kleineren Fahrzeugen, die Wachschiffe nicht mit eingerechnet. Die Schweden hatten 18 Linienschiffe, 14 Fregatten und Schaluppen, 74 Galeeren und kleinere Fahrzeuge, ohne die Kanonenboote, und diese Marine war weit besser equipirt, als die dänische. Die Russen hatten 82 Linienschiffe und 40 Fregatten. Von diesen befanden sich 47 Linienschiffe in Kronstadt, Reval, Petersburg und Archangel; allein die russische Flotte war schlecht bemannt, schlecht angeführt und schlecht equipirt. Eine solche Masse hätte unter dem Einflusse Frankreichs bald furchtbar werden können, und nie that das brittische Kabinet entscheidendere Schritte, als wie es sich darum handelte, augenblickliche Vorbereitungen zur Ueberwältigung derselben zu treffen. Jedoch irrte es darin, daß es sich durch einen kleinlichen Beweggrund abhalten ließ, Nelson das Kommando zu übergeben. Das Publikum murrte sehr, als es dasselbe einem Andern anvertraut sah, und er selbst sagte zu St. Vincent, daß unter den bestehenden Umständen die Theilnahme an dieser Expedition wahrscheinlich der lezte Dienst sey, den er leisten werde. Der Graf aber bat ihn, sich um Gottes willen nicht von einem plötzlichen Gefühle hinreißen zu lassen.

Die Witterung war gerade ungewöhnlich günstig: einen so milden Winter hatte man auf der Ostsee seit vielen Jahren nicht gesehen. Als Nelson in Yarmouth zu der Flotte stieß, fand er die Nerven des Admirals »durch die dunkeln Nächte und Eisfelder ein wenig angegriffen.« – »Aber wir müssen die Anker lichten,« äußerte er; »zu Nervenkrankheiten ist jezt keine Zeit. Ich hoffe, wir werden unsern nordischen Feinden einen Kugelregen beibringen, der unserem theuren Vaterlande die Seeherrschaft erhält. Wir haben sie, und alle Teufel des Nordens können sie uns nicht rauben, wenn unsere hölzernen Wälle ihr Concert schön aufführen.« Ehe die Flotte Yarmouth verließ, war es hinreichend bekannt, daß sie gegen Dänemark bestimmt sey. Einige Dänen, welche zu der Fregatte »die Amazone« gehörten, kamen zu Kapitän Riou, und, indem sie ihm sagten, was sie gehört hatten, baten sie ihn, daß er sie mit Leuten eines Schiffes austauschen möchte, das eine andere Bestimmung hätte. »Sie wünschten nicht,« sagten sie, »den brittischen Dienst zu verlassen, sondern sie bäten nur darum, daß sie nicht genöthigt würden, gegen ihr eigenes Vaterland zu kämpfen.« In unserer ganzen Flotte befand sich kein Mann, der ein höheres und ritterlicheres Pflichtgefühl hatte, als Riou. Thränen kamen ihm in die Augen, als die Leute so sprachen, und ohne eine Antwort zu geben, rief er sogleich nach seinem Boote, und kehrte nicht eher auf die Amazone zurück, bis er ihnen sagen konnte, daß ihr Wunsch erfüllt sey.

Am 12. März segelte die Flotte ab, und auf einem der Schiffe befand sich Mr. Vansittart, da das brittische Kabinet noch immer hoffte, seinen Zweck durch Unterhandlung zu erreichen. Es war gut für England, daß Sir Hyde Parker ein umfassenderes Vertrauen auf Nelson sezte, als es in dieser höchst wichtigen Krisis von Seiten der Regierung der Fall gewesen zu seyn scheint. Unsere Feinde mögen wohl erstaunt gewesen seyn, als sie erfuhren, daß ein anderer Mann, als er, zum Kommando bestimmt worden war. Allein so wenig Achtung wurde sogar damals seinem allgewaltigen Genius gezollt, daß, als die Flotte ihre erste Station an der Einfahrt in das Kattegat erreicht hatte, ihm noch gar keine offizielle Mittheilung über die beabsichtigten Operationen zugekommen war. Jedoch er selbst hatte sich mit seiner gewohnten Entschiedenheit seine Ansicht darüber gebildet. »Alles, was ich von unseren ersten Planen vernommen habe,« schrieb er, »mißbillige ich im höchsten Grade. Ehre mögen sie mit sich bringen, Vortheil keinen. Ich höre, wir werden wahrscheinlich vor dem Schlosse Kronenburg Anker werfen, anstatt vor Kopenhagen, was unserer Unterhandlung Gewicht geben würde. Ein dänischer Minister würde sich zweimal besinnen, ehe er seinen Namen zum Kriege mit England unterzeichnete, wenn er im nächsten Augenblicke wahrscheinlich seines Herrn Flotte in Flammen und seine Hauptstadt in Trümmern sähe. Dem Dänen sollte jeden Augenblick, wo er seinen Kopf erhebt, unsere Flagge in die Augen fallen.«

Am Kape Skagen verließ Mr. Vansittart die Flotte und fuhr in einer Fregatte mit einer Waffenstillstandsflagge voraus. Kostbare Zeit wurde durch diesen Verzug verloren, welcher die Britten und Dänen das edelste Blut kostete. Nach der Aeußerung der Dänen selbst erregte die Nachricht, daß man eine brittische Flotte vor dem Sunde sehe, eine weit allgemeinere Bestürzung in Kopenhagen, als ihre wirkliche Ankunft auf der Rhede; denn ihre Vertheidigungsmittel waren damals in einem solchen Zustande, daß wenig Hoffnung für sie vorhanden war, einem Feinde Widerstand zu leisten, und noch weniger, ihn zurücktreiben zu können. Am 21sten hatte Nelson eine lange Konferenz mit Sir Hyde, und am nächsten Tage schrieb er einen Brief an ihn, seiner selbst und der Veranlassung würdig. Mr. Vansittart's Bericht war damals angekommen. Derselbe stellte die dänische Regierung als im höchsten Grade feindlich gesinnt und ihren Vertheidigungszustand als Alles übertreffend dar, was unser Kabinet für möglich gehalten hatte; denn Dänemark hatte die Muße, die man ihn so unpolitisch gelassen hatte, mit aller Thätigkeit benüzt. »Je mehr ich darüber nachdenke,« schrieb Nelson an seinen Kommandanten, »desto mehr befestigt sich in mir die Ueberzeugung, daß kein Augenblick verloren werden sollte, den Feind anzugreifen. Jeden Tag und jede Stunde werden sie stärker: nie werden wir ihnen so gewachsen seyn, als in diesem Augenblicke. Die einzige Frage ist die, wie wir mit der geringsten Gefahr für unsere Schiffe an sie kommen. Hier ist beinahe die Sicherheit, gewiß aber die Ehre Englands mehr in Ihre Hände gegeben, als dieß je einem brittischen Offiziere zu Theil wurde. Von Ihrer Entscheidung hängt es ab, ob unser Vaterland in den Augen Europa's herabgesezt werden oder ob es sein Haupt höher, als je, erheben soll. Noch einmal wiederhole ich es, nie hing das Schicksal unseres Vaterlandes so sehr von dem Loose einer Flotte ab, wie von dem der unsrigen. Wie wir jenem am meisten Ehre machen und den Stolz seiner Feinde niederschlagen können, das muß der Gegenstand unserer ernstesten Ueberlegung seyn.«

Für den Fall, daß der Durchgang durch den Sund erzwungen werden würde, dachte Nelson, könnte unter den Masten und Raa's einiger Schaden angerichtet, ja vielleicht auch ein oder das andere Schiff verloren werden. »Ist der Wind gut,« äußerte er, »und Sie entschließen sich, die Schiffe und die Kroninseln anzugreifen, so müssen Sie sich auf die natürlichen Folgen eines solchen Treffens gefaßt machen – auf zusammengeschossene Schiffe und vielleicht auf den Verlust des einen oder des andern; denn der Wind, der sie hineintreibt, wird aller Wahrscheinlichkeit nach kein verkrüppeltes Schiff wieder herausführen. Dieses Verfahren nenne ich den Bullen bei den Hörnern nehmen. Jedoch wird es die Schiffe von Reval oder die Schweden nicht abhalten, sich mit den Dänen zu vereinigen, und um dieses zu verhindern, ist, nach meiner geringen Meinung, eine entscheidende Maßregel unumgänglich nöthig; und Kopenhagen muß angegriffen werden.« Hiefür schlug er zwei Verfahrungsweisen vor. Die eine war, die Gefahr auf sich zu nehmen und an Kronenburg vorbeizusegeln, den tiefsten und geradesten Kanal längs dem Mittelgrunde zu wählen, und dann, den Garbar oder Königskanal herabkommend, die dänische Linie der schwimmenden Batterien und Schiffe anzugreifen, wie es dann zweckmäßig erfunden werden würde. Dieß würde die Vereinigung verhindern und könnte eine Gelegenheit zur Bombardirung Kopenhagens darbieten. Der andere Vorschlag bestand darin, durch den Belt zu fahren, was in vier bis fünf Tagen geschehen könnte, hierauf bei Dragör den Angriff zu wagen, und so die Vereinigung mit den Russen zu verhindern. Für den Fall, daß dem zweiten Vorschlage beigepflichtet würde, trug er darauf an, einen Theil der Flotte gegen das russische Geschwader vor Reval abzusenden, und mit der übrigen den Operationsplan gegen Kopenhagen auszuführen. »Zwar,« bemerkte er, »mag diese Maßregel als kühn erscheinen, aber die kühnsten sind die sichersten.«

Die Lootsen, als Leute, welche an nichts, als an die Sicherheit der Fahrt, zu denken gewohnt sind, wurden durch die Beschreibung der Batterien von Helsingör und durch die furchtbaren Zurüstungen erschreckt, die unsere Unterhändler, welche jezt von ihrer fruchtlosen Sendung zurückgekehrt waren, mit angesehen hatten. Daher überredeten sie Sir Hyde, die Fahrt durch den Belt vorzuziehen. »Sey es durch den Sund, durch den Belt, oder auf welchem Wege ihr wollt,« rief Nelson; »nur verliert keine Stunde mehr!« Am 26sten segelten sie gegen den Belt; aber nach wenigen Stunden wurde der Beschluß geändert, und die Flotte kehrte zu ihrem vorigen Ankerplatze zurück. Die Schwierigkeit der Fahrt soll ein Grund hievon gewesen seyn und Nelson's Rath ein weiterer. Der folgende Tag wurde noch unnützer hingebracht, indem man an den Gouverneur des Schlosses Kronenburg eine Waffenstillstandsflagge abschickte, um ihn zu fragen, ob er Befehl erhalten habe, auf die brittische Flotte zu feuern, da der Admiral den ersten Kanonenschuß für eine Kriegserklärung von Seiten Dänemarks ansehen müsse. Auf diese Formalität ward Sir Hyde eine angemessene soldatische Antwort. Der Gouverneur erwiederte nämlich, der brittische Gesandte sey von Kopenhagen nicht weggeschickt worden, sondern habe auf sein eigenes Verlangen einen Paß erhalten. Er selbst könne sich als Soldat nicht in die Politik mischen: aber er dürfe einer Flotte, deren Absicht noch nicht bekannt sey, nicht erlauben, den Kanonen des Schlosses, das er zu kommandiren die Ehre habe, sich zu nahen. Und er verlangte, wenn der brittische Admiral es für angemessen halte, dem Könige von Dänemark etwas vorzutragen, daß er davon benachrichtigt würde, ehe die Flotte näher käme. Bei dieser Unterhandlung fand ein Däne, welcher an Bord des Admiralschiffes kam, und seinen Auftrag schriftlich ausrichten wollte, die Feder stumpf und rief, indem er sie in die Höhe hielt, spöttisch aus: »Wenn eure Kanonen nicht besser zugespizt sind, als eure Federn, so werdet ihr auf Kopenhagen wenig Eindruck machen!«

An demselben Tage erhielt der Admiral die Nachricht von dem Verluste eines Schiffes seiner Flotte, des Invincible von 74 Kanonen, der, von Yarmouth herkommend, auf einer Sandbank gescheitert war und dabei 400 Leute verloren hatte. Nelson, welcher jezt beauftragt worden war, das Vordertreffen zu befehligen, pflanzte seine Flagge auf dem Elephanten, der unter dem Kommando Kapitän Foley's stand, auf, einem Schiffe, das leichter, als der St. George, und daher zu den voraussichtlichen Operationen geeigneter war. Die beiden folgenden Tage waren windstill. Es war Befehl gegeben, den Sund zu passiren, sobald der Wind es erlauben würde, und am 29sten Nachmittags wurden die Schiffe mit einer brittischen, Seeleuten eigenthümlichen Munterkeit zur Schlacht klar gemacht. Am 30sten mit Tagesanbruch blies eine Marssegelkühlte von Nordwest. Das Signal wurde gegeben, und die Flotte bewegte sich in Schlachtordnung vorwärts, Nelson's Division im Vordertreffen, Sir Hyde's im Centrum und Admiral Graves's im Hintertreffen.

Große Schlachten, zu Lande oder zur See, haben gewöhnlich den Oertern, von denen sie benannt werden, eine gewisse Celebrität gegeben, und so sind kleine Dörfer, Caps und Baien, welche vorher nur dem Küstenfahrer bekannt waren, mit großen Thaten in Zusammenhang gekommen, und ihre Namen sind in der Weltgeschichte berühmt geworden. Hier jedoch war die Scenerie in jeder Beziehung des Drama's würdig. Schon die politische Bedeutung des Sunds ist von der Art, daß sinnliche Eindrücke nicht erst nöthig wären, um einen Eindruck auf die Einbildungskraft hervorzubringen; allein er ist überdieß noch voll von großen und interessanten Gegenständen der Kunst und Natur. Diese Meerenge, welche Dänemark schon seit so langer Zeit als den Schlüssel der Ostsee betrachtet hatte, ist an ihrer engsten Stelle drei Meilen weit, und hier liegt Helsingör, mit Ausnahme Kopenhagens, die blühendste der dänischen Städte. Jedes durchfahrende Schiff zieht seine Bramsegel ein und zahlt vor Helsingör einen Zoll, der seinen Ursprung aus einer Uebereinkunft derer, welche diese See befuhren, herleiten soll; wobei Dänemark die Erbauung von Leuchtthürmen, die Errichtung von Signalen und die Bezeichnung der Untiefen und Klippen vom Kattegat bis zur Ostsee auf sich genommen, die Andern aber ihrerseits sich verpflichtet hätten, daß alle Schiffe diesen Weg machen sollten, damit alle ihren Antheil entrichteten, und von nun an keines mehr von dem Wege durch den Belt Gebrauch machen dürfte, weil es nicht billig wäre, daß die, welche bei finsterem und stürmischem Wetter die Wohlthat der Backen genössen, bei schönem Himmel und in sommerlichen Nächten der Entrichtung ihrer Gebühr sich entzögen. In den lezten Jahren hatten zur Friedenszeit jährlich gegen 10,000 Schiffe diese Abgabe bezahlt. Bei Helsingör und am Rande eines peninsularischen Vorgebirges, auf dem der schwedischen Küste nächsten Landpunkte, liegt das Schloß Kronenburg, nach Tycho Brahe's Plan erbaut, ein prächtiges Gebäude, mit seinen Thürmen, Zinnen, und Batterien zugleich ein Pallast, eine Festung und ein Staatsgefängniß. Auf der linken Seite der Straße liegt die alte schwedische Stadt Helsingborg am Fuße und Abhange eines Hügels. Nördlich von Helsingborg ist die Küste jäh und felsigt, wird aber gegen Süden niederer, und auf dem flachen Lande sieht man die fernen Thürme von Landskrona, Lund und Malmö. Die dänische Küste besteht zum Theil aus Sandboden; häufiger aber sind ihre Flächen mit reichem Gehölze, mit Dörfern und Landhäusern, den Merkmalen der Nähe einer großen Hauptstadt, bedeckt. In der Ausmündung der Meerenge sieht man die Inseln Hven, Saltholm und Amak, und zwanzig Meilen von Helsingör entfernt zeigt sich in seiner vollen Ausdehnung Kopenhagen, die bestgebaute Stadt des Nordens und eine der schönsten Hauptstädte Europa's, mit ihren stattlichen Thürmen schon von Weitem sichtbar.

Unter diesen großartigen Gegenständen befinden sich einige, welche wegen der Erinnerungen, die sie erwecken, von besonderem Interesse sind. Die Insel Hven, ein liebliches Besitzthum von etwa sechs Meilen im Umfange, war das glänzende Geschenk, das Tycho Brahe von Friedrich II. erhielt. Hier machte er die meisten seiner Entdeckungen, und hier sind noch die Ruinen seines Observatoriums und der Wohnung zu sehen, wo er von Fürsten Besuche erhielt, mit fürstlichem Geiste alle Gäste von allen Seiten aufnahm und bewirthete und sein Wissen durch seine Gastfreundlichkeit sowohl, als durch seine Arbeiten bereicherte. Helsingör ist ein englischen Ohren bekannter Name, da er mit Hamlet und einer der herrlichsten Schöpfungen des menschlichen Geistes in unzertrennlichem Zusammenhange steht. Kronenburg war die Scene einer erschütternden Tragödie: hier saß Königin Mathilde, als Opfer einer schändlichen und mörderischen Hofintrigue, gefangen, hier fand sie in ihrem herzbrechenden Kummer Trost in der Auferziehung ihres Kindes. Hier nahm sie von diesem Kinde auf ewig Abschied, als durch die Vermittlung Englands ihre Befreiung zu Stande kam; und als das Schiff sie aus einem Lande wegtrug, wo die verzeihlichen Unbesonnenheiten und die unverdächtige Fröhlichkeit ihrer Jugend so grausam bestraft worden waren, so richtete sie, auf dem Verdecke stehend, nach diesen Thürmen ihr Auge und blickte sie unverwandt an, bis der lezte Punkt derselben verschwunden war.

Da der Sund die einzige frequentirte Einfahrt in die Ostsee, das große mittelländische Meer des Nordens, ist, so haben sich wenige Theile der See einer so starken Schifffahrt zu erfreuen. In der besten Jahreszeit passiren eine Reihe von Wochen hindurch alle 24 Stunden nicht weniger, als 100 Schiffe; aber nie hatte man daselbst eine so lebendige und glänzende Scene gesehen, als an dem Tage, wo die brittische Flotte sich anschickte, den Durchgang an einer Stelle zu erzwingen, wo bisher alle Schiffe vor der Flagge Dänemarks ihre Marssegel gestrichen hatten. Die ganze Flotte bestand aus 51 Segeln verschiedener Art; sechszehn derselben waren Linienschiffe. Der größte Theil der Bomben- und Kanonenschiffe nahm seine Station vor dem Schlosse Kronenburg, um die Flotte zu decken, während andere auf der linken Seite bereit waren, gegen die schwedische Küste zu agiren. Die Dänen, jeden Augenblick benützend, den die unzeitige Unterhandlung und das ungünstige Wetter ihnen verschafften, hatten ihre Küste mit Batterien bedeckt; und sobald der Monarch, das erste Schiff im Zuge, auf dieselbe Linie mit ihnen kam, wurde ein Feuer aus ungefähr hundert Kanonen und Mörsern gegen ihn eröffnet, worauf unsere leichten Schiffe sogleich auch ihrerseits ihr Feuer gegen das Schloß richteten. Hier war der ganze aufregende Pomp des Kriegs zu sehen, ohne seine Wirkungen; denn dieses Spektakelstück war nur ein blutloses Vorspiel zu der furchtbaren Zerstörung, welche bald darauf folgen sollte. Die feindlichen Kugeln platschten anfangs nahe genug in die See, um das Wasser an Bord unserer Schiffe zu spritzen, da die Unsrigen, in der Erwartung, daß auch die Schweden die Feindseligkeiten beginnen werden, in der Mitte der Meerenge sich zu halten, für gut gefunden hatten; als sie aber bemerkten, daß von Helsingborg aus kein Schuß fiel und auf der schwedischen Küste keine Batterien zu sehen waren, so lenkten sie nach dieser Seite und kamen so gänzlich aus dem Bereiche des dänischen Geschützes. Das ununterbrochene Feuer, welches von diesem fortgesezt wurde, bis die Flotte vorüber war, diente nur dazu, die Munterkeit unserer Seeleute zu erhöhen, und bot ihnen Stoff zu manchem Spaße dar, da der Kugelregen eine volle Taulänge von seinem Ziele entfernt niederfiel. Ein paar Salven wurden von einigen unserer ersten Schiffe erwiedert, bis sie die Nutzlosigkeit davon einsahen; hierdurch wurde jedoch das einzige Blutvergießen des Tages veranlaßt, indem einige unserer Leute durch das Bersten einer Kanone getödtet und verwundet wurden. Sobald der Haupttheil der Flotte vorübergesegelt war, folgten die Kanonenschiffe, indem sie von einem Bombardement abstanden, das ebenso unschädlich gewesen war, wie das des Feindes; und um Mittag legte sich die ganze Flotte zwischen der Insel Hven und Kopenhagen vor Anker. Sir Hyde, mit Nelson, Admiral Graves, einigen der älteren Kapitäns und den kommandirenden Offizieren der Artillerie und der Truppen, fuhr hierauf in einem Lugger aus, um die Vertheidigungsmittel des Feindes zu recognosciren, – eine fürchterliche Linie von Schiffen, Flößen, Pontons, Galeeren, Brandern und Kanonenbooten, von ausgedehnten Batterien flankirt und unterstüzt und von dem einem Ende bis zum andern beinahe vier Meilen weit sich erstreckend.

Nachmittags wurde ein Kriegsrath gehalten. Es war klar, daß die Dänen nicht ohne große Schwierigkeit und Gefahr angegriffen werden konnten, und einige Mitglieder des Raths sprachen von der Zahl der Schweden und Russen, mit denen man es nachher zu thun haben würde, als einer Sache, welche wohl erwogen zu werden verdiene. Nelson, dem Alles, was wie Unentschlossenheit aussah, stets unerträglich war, rief, ungeduldig in der Kajüte auf- und abschreitend, wiederholt aus: »Je mehr Feinde, desto besser; ich wünschte, es wären zweimal so viel – desto leichter wäre der Sieg!« Der Plan, auf dem er bestand, wenn es ihm je glücken sollte, eine beltische Flotte zur Schlacht zu bringen, war, die Spitze ihrer Linie anzugreifen und ihre Bewegungen zu verwirren. »Ficht mit einem Franzosen,« pflegte er zu sagen, aber einen Russen manoeuvrire zu Grunde.« Er bot seine Dienste zum Angriffe an, indem er zehn Linienschiffe und die ganze Anzahl der kleineren Fahrzeuge dazu verlangte. Sir Hyde gab ihm zwei Linienschiffe mehr, als er verlangte, und überließ Alles seinem Urtheile.

Jedoch war die Stärke des Feindes nicht das einzige, noch das größte Hinderniß, womit die brittische Flotte zu kämpfen hatte: es war noch ein anderes zu überwinden, ehe sie nur an den ersteren kommen konnte. Die Meerenge war wenig bekannt und der Weg durch dieselbe ausnehmend schwierig zu finden; alle Bojen waren entfernt worden, und die Dänen betrachteten dieses Hinderniß als beinahe unüberwindlich, indem sie dachten, die Meerenge könne von einer so großen Flotte nicht befahren werden. Nelson sah selbst nach den Sondirungen und den niedergelassenen Bojen, indem er diesen anstrengenden Dienst Tag und Nacht versah, bis er seinen Zweck erreicht hatte. Als dieß geschehen war, dankte er Gott, daß er ihm durch diesen schwierigen Theil seiner Pflicht durchgeholfen habe. »Es habe ihn ruinirt,« sagte er, »und sey unendlich härter für ihn gewesen, als jeder Widerstand, den er von dem Feinde erwarten könne.«

Im ersten Kriegsrathe neigten sich die Meinungen zu einem Angriffe von der Ostseite hin; aber am nächsten Tage wurde, da der Wind von Süden kam, nach einer zweiten Prüfung der dänischen Stellung der Beschluß gefaßt, von Süden anzugreifen, indem man sich auf die Weise näherte, welche Nelson anfangs vorgeschlagen hatte. Am Morgen des ersten Aprils setzte sich die ganze Flotte nach einem Ankerplatze sechs Meilen von der Stadt und am nordwestlichen Ende des Mittelgrundes in Bewegung, einer Sandbank, die in einer Entfernung von einer Dreiviertelsmeile gerade vor der Stadt liegt und sich längs ihrer ganzen Seeseite ausdehnt. Der Königskanal, der tiefes Wasser hat, liegt zwischen dieser Sandbank und der Stadt, und hier hatten die Dänen, so nahe als möglich an der Küste, ihre Vertheidigungslinie entfaltet, – 19 Schiffe und schwimmende Batterien, an dem der Stadt zunächst liegenden Ende von den Kronbatterien flankirt, welches zwei künstliche Inseln an der Mündung des Hafens und furchtbare Werke waren, indem die größere nach der dänischen Angabe 66 Kanonen, nach Nelson's Meinung aber 88 stark war. Nachdem sich die Flotte vor Anker gelegt hatte, stellte Nelson mit Riou in der Amazone seine lezte Untersuchung an, und gegen 1 Uhr nach seinem eigenen Schiffe zurückkehrend, gab er das Signal, die Anker zu lichten. Die ganze Division erwiederte es mit einer Salve, und man lichtete bei einem leichten und günstigen Winde die Anker. Der enge Kanal zwischen der Insel Saltholm und dem Mittelgrunde war pünktlich mit Bojen versehen worden; die kleinen Fahrzeuge zeigten genau den Weg; Riou führte den Zug an, und so segelte die ganze Division dem äußeren Rande der Sandbank entlang, umschiffte ihr weiteres Ende und legte sich, gerade als die Nacht einbrach, hier vor Anker, von wo der äußerste Theil der feindlichen Linie nicht mehr weiter, als zwei Meilen entfernt war. Schon Nachmittags war das Signal zu den Zurüstungen zur Schlacht gegeben worden, und als sein eigener Anker niedersank, rief Nelson: »Ich will sie auf der Stelle angreifen, sobald ich guten Wind habe!« Es war verabredet worden, daß Sir Hyde mit den übrigen Schiffen zu derselben Zeit, wie Nelson, die Anker lichten sollte, um seinerseits die Kronbatterien und die vier Linienschiffe, welche am Eingang des Arsenals lagen, zu bedrohen und diejenigen unserer Schiffe, welche kampfunfähig aus der Schlacht kämen, zu decken.

Die Dänen waren unterdessen nicht unthätig gewesen: kaum thaten die Kanonen von Kronenburg der ganzen Stadt zu wissen, daß alle Unterhandlung ein Ende habe, daß die brittische Flotte den Sund passire, und der Streit zwischen den beiden Kronen jezt mit den Waffen entschieden werden müsse, als ein für den dänischen Charakter höchst ehrenvoller Geist rege wurde. Alle Stände boten sich zum Dienste des Vaterlandes an; die Universität lieferte ein Korps von 1200 Jünglingen, die Blüthe Dänemarks, – es war eine jener Epochen der Begeisterung, wo wenig Waffenübung und Disziplin nöthig ist, um den Muth wirksam zu machen; sie brauchten nichts zu lernen, als die Handhabung des Geschützes, und Tag und Nacht wurden zur Uebung hierin verwendet. Als man die Bewegungen von Nelsons Geschwader wahrnahm, war es klar, wann und wo der Angriff zu erwarten wäre, und die Verteidigungslinie wurde ohne Unterschied mit Soldaten, Seeleuten und Bürgern bemannt. Wäre nicht die ganze Aufmerksamkeit der Dänen darauf gerichtet gewesen, ihre Vertheidigungsmittel zu verstärken, so hätten sie das anrückende Geschwader bedeutend beunruhigen und den bevorstehenden Angriff vielleicht vereiteln können; denn die brittischen Schiffe waren auf einem kleinen Ankerplatz zusammengedrängt; auch war es windstill, so daß Mörserboote mit dem größten Vortheile hätten gegen sie gebraucht werden können, und zudem befanden sie sich im Bereiche der Bomben der Insel Amak. Einige zwar fielen unter sie hinein, aber der Feind hörte bald auf zu feuern. Später hörte man, daß glücklicherweise für die Flotte der Mörserblock unbrauchbar geworden war, und entweder konnten ihn die Dänen nicht ersetzen oder verloren sie in der Dunkelheit die Richtung.

Es war dieß eine fürchterliche Nacht für Kopenhagen, – weit mehr als für die brittische Flotte, wo die Leute an Kampf und Sieg gewohnt waren und keinen jener Gegenstände vor Augen hatten, welche den Tod schrecklich machen. Nelson setzte sich mit einem großen Theile seiner Offiziere zu Tische: er hatte, wie dies stets am Vorabende einer Schlacht bei ihm der Fall war, eine sehr muntere Laune und trank auf guten Wind und glücklichen Ausgang des morgenden Treffens. Nach dem Abendessen begab sich jeder nach seinem Schiffe zurück, mit Ausnahme Riou's, welcher zurückblieb, um mit Nelson und Foley den Schlachtplan zu ordnen und Instruktionen zu entwerfen. Hardy fuhr indessen in einem kleinen Boote aus, um den Kanal zwischen ihnen und dem Feinde zu untersuchen, wobei er sich zu dem letzteren so nahe hinzuwagte, daß er um das erste Schiff desselben herum mit einer Stange sondirte, damit nicht das Geräusch des niederfallenden Blei's ihn entdecken möchte. Die unaufhörliche körperliche und geistige Anstrengung in den letzten drei Tagen hatten Nelson so erschöpft, daß man ernstlich in ihn drang, sich nach seiner Hängematte zu begeben; und sein alter Diener Allen bestand mit jener Art von Freiheit, welche bei solchen Gelegenheiten sich herauszunehmen, lange und treue Dienste ihn berechtigten, darauf, daß er diesem Verlangen sich fügen solle. Die Hängematte wurde auf den Schiffsboden gelegt, und Nelson fuhr fort, von derselben aus zu diktiren. Um 11 Uhr kehrte Hardy zurück und berichtete die Fahrbarkeit des Kanals und die Tiefe des Wassers bis zur feindlichen Linie. Um 1 Uhr waren die Ordres entworfen, und ein halb Dutzend Schreiber schickte sich in der ersten Kajüte an, sie abzuschreiben, wobei Nelson ihnen häufig aus seiner Matte zurief, sie sollten ihre Arbeit beschleunigen, denn der Wind werde gut. Anstatt daß er versucht hätte, ein paar Stunden Schlafs zu bekommen, empfing er beständig Rapporte über diesen wichtigen Punkt. Mit Tagesanbruch wurde gemeldet, daß er vollkommen gut werde. Die Schreiber waren um sechs Uhr mit ihrer Arbeit fertig. Nelson, der bereits auf war, frühstückte und gab allen Kapitänen Signale. Die Landtruppen und 500 Seeleute, unter Kapitän Freemantle und Oberst Stewart, sollten die Kronbatterieen stürmen, sobald deren Feuer zum Stillschweigen gebracht wäre; und Riou, welchen Nelson vor dieser Expedition nie gesehen, dessen Werth er aber sogleich erkannt und nach Verdienst gewürdigt hatte, bekam die Fregatten Blanche und Alkmene, die Schaluppen Dart und Arrow und die Brander Zephyr und Otter, mit dem besonderen Befehl, so zu verfahren, wie die Umstände es erfordern würden; – jedem anderen Schiffe war seine Stellung angewiesen.

Zwischen 8 und 9 Uhr wurden die Lootsen und Schiffsmaster an Bord des Admiralschiffs berufen. Die Lootsen waren meistens Leute, welche auf beltischen Kauffahrern am Steuerruder gedient hatten, und ihre Ungewißheit über die Höhe des Ostendes der Sandbank und die Linie des tiefen Wassers gaben eine vorbedeutende Warnung, wie wenig man sich auf ihre Kenntnisse verlassen dürfe. Das Signal zur Schlacht war bereits gegeben, der Wind war gut, – man hatte keinen Augenblick zu verlieren. Nelson bat sie dringend, sie sollten fest und muthig seyn und sich entschließen; aber sie ermangelten des einzigen, für solche Fälle haltbaren Grundes der Festigkeit und Entschlossenheit, und Nelson hatte Ursache, zu bedauern, daß er nicht auf Hardys Bericht allein sich verlassen hatte. Es war dieß einer der peinlichsten Augenblicke seines Lebens, und stets sprach er mit Bitterkeit davon. »Ich erfuhr im Sunde,« äußerte er, »das Unglück, die Ehre unseres Vaterlandes einem Trupp Lootsen anheimgestellt zu sehen welche keinen anderen Gedanken haben, als die Schiffe vor Gefahren und ihre eigenen, einfältigen Köpfe vor Kugeln sicher zu erhalten. Jedermann begreift, was ich gelitten haben muß, und wenn mir je ein Verdienst zuzuschreiben ist, und es darin, daß ich die Gefahren der Untiefen bekämpfte, indem ich diesen Trotz bot.« Endlich erklärte sich Mr. Bryerly, der Master der Bellona, zur Führung der Flotte bereit; seiner Entscheidung traten die Uebrigen bei; sie kehrten auf ihre Schiffe zurück, und um halb zehn Uhr wurde das Signal gegeben, der Reihe nach die Anker zu lichten.

Kapitän Murray, Befehlshaber des Edgard, war der Erste im Zuge, und der nächste in der Reihe des Agamemnon; allein bei dem ersten Versuche, seinen Ankerplatz zu verlassen, vermochte der Letztere nicht, den Rand der Sandbank zu umschiffen, und Nelson hatte den Schmerz, sein altes Schiff, auf dem er so manche Jahre tapfere Thaten verrichtet hatte, in einem Augenblicke, wo dessen Beistand in einem so hohen Grade nöthig war, unbeweglich auf dem Grunde festsitzen zu sehen. Hierauf wurde dem Polyphemus das Signal zum Vorrücken gegeben, und dieser Wechsel in der Reihenfolge wurde mit der größten Schnelligkeit ausgeführt; unvermeidlich aber entstand dadurch dennoch ein so großer Verzug, daß der Edgar eine Zeitlang ohne Unterstützung blieb, und der Polyphemus, dessen Stelle eigentlich am Ende der feindlichen Linie gewesen wäre, wo diese am stärksten war, konnte wegen der Schwierigkeit des Kanals nur den Anfang derselben erreichen; hier nahm er freilich auch eine wirksame Stellung ein, aber doch an einem Orte, wo seine Anwesenheit weniger nöthig war. Mit besserem Glücke folgte die Isis und stellte sich an ihrem Posten auf. Die Bellona dagegen kam der linken Seite der Sandbank zu nahe und strandete gegenüber von dem äußersten Schiffe des Feindes; dieß war um so ärgerlicher, da der Wind gut, der Raum weit war und drei Schiffe ihr den Weg gezeigt hatten. Der Russell, welcher der Bellona folgte, strandete auf gleiche Weise; zwar befanden sich beide innerhalb der Schußweite, aber ihre Abwesenheit von den ihnen angewiesenen Posten wurde schwer empfunden. Jedes Schiff war beordert worden, seinen Vorgänger an der Steuerbordseite zu passiren, weil man voraussezte, an der linken Küste werde das Wasser seicht. Nelson, welcher als der nächste nach diesen zwei Schiffen kam, meinte, sie hätten sich zu weit rechts aufgestellt, und gab ihnen ein Signal, sich dem Feinde zu nähern, da er nicht wußte, daß sie gestrandet waren; als er aber sah, daß sie dem Signale nicht gehorchten, so kommandirte er auf dem Elephanten: »Ruder am Steuerbord!« und fuhr an diesen Schiffen vorbei, indem er so die festgesetzte Ordnung im Segeln verließ und den folgenden Schiffen den Weg zeigte. Durch diese schnelle Besonnenheit Nelson's wurde wahrscheinlich der größte Theil der Flotte vor dem Stranden bewahrt. Jedes Schiff, sobald es gerade gegenüber von dem ihm angewiesenen Posten ankam, ließ auf dem Spiegel seinen Anker sinken und bot den Dänen die Seite dar. Der Zwischenraum zwischen jedem betrug etwa eine halbe Taulänge. Die Entfernung von dem Feinde während der Schlacht bestand beinahe in einer ganzen Taulänge. Diesen Umstand, der die Ursache war, daß die erstere so lange dauerte, hatte man der Unwissenheit und der daraus folgenden Unentschlossenheit der Lootsen zu verdanken. In Folge desselben Irrthums, der die Bellona und den Russell auf den Grund geführt hatte, weigerten sie sich, als das Senkblei auf 4¾ zeigte, näher anzufahren, aus Furcht, ihr Wasser möchte am linken Ufer seicht werden; eine völlig irrige Voraussetzung, da vielmehr gerade auf der Seite der feindlichen Linie das Wasser tiefer wurde.

Fünf Minuten nach 10 Uhr begann die Schlacht. Die erste Hälfte unserer Flotte war nach ungefähr einer halben Stunde im Treffen, und um halb zwölf Uhr wurde dieses allgemein. Der Entwurf zum Angriffe war ein Meisterstück, aber selten ist ein Plan durch ungünstige Umstände mehr vereitelt worden. Von zwölf Linienschiffen war Eines ganz unbrauchbar, und zwei andere befanden sich in einer Lage, wo sie den Dienst, der von ihnen erfordert wurde, nicht zur Hälfte leisten konnten. Von dem Geschwader der Kanonenbriggs konnte nur Eines an der Schlacht Theil nehmen: die übrigen wurden durch widrige Strömungen verhindert, das Ostende der Sandbank zu umschiffen; auch gelang es von den Bombenschiffen nur zweien, ihren Posten am Mittelgrunde zu erreichen, und, über beide Flotten wegfeuernd, ihre Mörser gegen das Arsenal zu richten. Riou nahm den leergelassenen Posten gegenüber der Kronbatterie mit seinen Fregatten ein, indem er mit diesen ungleichen Streitkräften einen Dienst auf sich nahm, bei dem den ursprünglichen Instruktionen gemäß drei Linienschiffe ihn hätten unterstützen sollen.

Nelson's Aufregung war schwer zu beschreiben, als er sich vor dem Anfange der Schlacht eines Viertheils seiner Linienschiffe beraubt sah. Aber kaum war er im Treffen, wo sein Geschwader mit mehr, als tausend Kanonen empfangen wurde, so heiterte sich, wie wenn diese Artillerie gleich einer Musik ihm alle Sorgen und peinlichen Gedanken verscheucht hätte, seine Miene auf, und sein Benehmen wurde, wie einer aus seiner damaligen Umgebung es beschreibt, heiter, belebt und ergötzlich. Der Oberadmiral, der Schlachtscene nahe genug, um die ungünstigen Zufälle, welche Nelson so wesentlich geschwächt hatten, zu erfahren, und doch zu weit davon entfernt, um sich von der eigentlichen Lage der kämpfenden Parteien zu unterrichten, befand sich in der peinlichsten Unruhe. Den Seinigen zu Hülfe zu eilen, war unmöglich. Wind und Strömung waren gegen ihn. Furcht vor dem Ausgange würde unter solchen Umständen natürlich auch in dem tapfersten Herzen die Oberhand gewinnen, und um 1 Uhr, als Sir Hyde erfuhr, daß nach dreistündiger Dauer das feindliche Feuer noch immer ungeschwächt sey, begann er an einem glücklichen Erfolge zu verzweifeln, und es für seine Pflicht haltend, aus dem hoffnungslosen Kampfe zu retten, was möglich sey, gab er das Signal zum Rückzuge.

Nelson schritt gerade in der vollen Aufregung der Schlacht das halbe Verdeck auf und nieder. Ein Schuß durch den großen Mast streute die Splitter rings umher, und er bemerkte lächelnd gegen einen seiner Offiziere: »Es ist eine heiße Arbeit, und dieser Tag kann für einen jeden von uns in einem Nu der lezte werden;« – und an der Laufplanke einen Augenblick stillstehend, sezte er mit Enthusiasmus hinzu; »aber seyd versichert, nicht um Tausende möchte ich anderswo seyn!« Um diese Zeit meldete der Signallieutenant, daß von dem Oberadmirale Nro. 39 das Signal zur Abbrechung der Schlacht, aufgezogen worden sey. Nelson fuhr fort, auf dem Verdecke auf und ab zu gehen, und schien keine Notiz davon zu nehmen. Der Signaloffizier stellte sich ihm hierauf, wie er ihm wieder entgegen kam, in den Weg und fragte, ob er seine Meldung wiederholen sollte. »Nein,« antwortete er, »weiß schon.« Sogleich rief er ihn jedoch zurück, um zu erfahren, ob das Schlachtsignal noch aufgezogen sey, und als ihm mit Ja geantwortet wurde, sagte er: »denke, Sie lassen's dabei!« Dann gieng er wieder auf und nieder, indem er den Stumpf seines verlornen Armes auf eine Weise bewegte, welche stets große Aufregung anzeigte. »Wissen Sie,« sagte er zu Mr. Ferguson, »was an Bord des Oberadmirals aufgesteckt ist? Nummer 39!« Mr. Ferguson fragte, was er damit meine. – »Was? die Schlacht soll ich aufgeben!« – Hierauf die Schultern hinaufziehend, wiederholte er: »die Schlacht aufgeben? Verdammt will ich seyn, wenn ichs thue! Sie wissen, Foley,« hiebei wandte er sich zu dem Kapitän, »ich habe nur Ein Auge, – ich habe ein Recht, manchmal blind zu seyn;« – und hierauf das Fernrohr in jener Stimmung, welche mit der eigenen Bitterkeit spielt, vor sein blindes Auge haltend sagte er: »Ich sehe in der That das Signal nicht!« Im nächsten Augenblicke rief er: »Verdammt sey das Signal! Laßt meines zu heißer Schlacht flattern! das ist die Art, wie ich auf solche Signale antworte. Das meinige an den Mast!« Admiral Graves, der eine solche Stellung einnahm, daß er nicht sehen konnte, was an Bord des Elephanten geschah, gehorchte Sir Hyde's Signal eben so wenig; ob aus einem glücklichen Mißverständnisse oder aus gleich wackerer Absicht, ist nicht bekannt geworden. Die übrigen Linienschiffe blickten nur auf Nelson und sezten die Schlacht fort.

Doch bewahrte das Signal Riou's kleines Geschwader vom Untergange, obgleich es dessen heldenmüthigen Befehlshaber nicht retten konnte. Dieses Geschwader, das sich dem Oberadmirale am nächsten befand, gehorchte und zog sich zurück. Es hatte in seinem so ungleichen Kampfe schwer gelitten. Lange hatte die Amazone in Rauch eingehüllt gefeuert, als Riou seine Leute einhalten und den Rauch sich zertheilen ließ, um zu sehen, wie es um sie stände. Ein unglückseliger Befehl! – denn die Dänen auf den Batterien bekamen dadurch die Fregatte deutlich in's Auge und zielten nun mit so furchtbarem Erfolge, daß nur das Signal zum Rückzuge dieses Fahrzeug der Zerstörung entriß. »Was wird Nelson von uns denken!« war Riou's schmerzlicher Ausruf, als er mit Widerstreben abzog. Er war durch einen Splitter am Kopfe verwundet und saß, seine Leute ermuthigend, auf einer Kanone, als, gerade da die Amazone der Trekroner Baterie den Stern wies, sein Schreiber an seiner Seite getödtet wurde; und eine andere Kugel riß mehrere Matrosen weg, welche mit dem Anholen der großen Brassen beschäftigt waren. »Wohlan denn, Kinder!« rief Riou, »laßt uns alle zusammen sterben!« Kaum waren diese Worte seinem Munde entschlüpft, als eine Kugel ihn entzwei riß. Mit Ausnahme Nelson's selbst hätte die brittische Marine keinen schwereren Verlust erleiden können.

Die Linie entlang wurde die Schlacht von unserer Seite mit ungeschwächter Kraft und von der dänischen mit dem entschlossensten Muthe fortgesetzt. Der Feind focht mit großem Vortheile, da die meisten Fahrzeuge in seiner Verteidigungslinie ohne Masten waren; die wenigen, welche solche besaßen, hatten ihre Stengen niedergelassen, und die Rümpfe konnten nur hie und da gesehen werden. Die Isis hätte dem Feuer ihrer Feinden unterliegen müssen, hätte nicht Kapitän Inman auf der Fregatte Desirée mit richtigem Tacte eine Stellung eingenommen, die ihn in den Stand sezte, dem Dänen volle Ladungen zu geben, und wenn nicht auch der Polyphemus ihr beigestanden wäre. Auf der Bellona und Isis kamen viele Leute durch das Zerspringen ihrer Kanonen um's Leben. Das erstere Schiff war vielleicht vierzig Jahre alt, und von seinen damaligen Kanonen glaubte man, daß es noch dieselben seyen, welche es zuerst auf und die See genommen hatte; auch waren sie wahrscheinlich von ursprünglich fehlerhafter Konstruction, da man ihre Bruchstücke voll kleiner Luftlöcher fand. Die Bellona verlor 75 Mann, die Isis 110, der Monarch 210. Dieser war mehr als irgend ein anderes Linienschiff der großen Batterie ausgesezt gewesen, und da er zugleich das vereinigte Feuer des Holstein und Seeland aushielt, so überstieg sein Verlust an diesem Tage den jedes andern Schiffes im Verlaufe des ganzen Kriegs. Bei dem entsetzlichen Blutbade auf diesem Fahrzeuge legten einige von der Schiffsmannschaft ihre Kaltblütigkeit auf eine merkwürdige Weise an den Tag. Im Kessel befand sich gerade Schweinefleisch mit Erbsen, und als eine Kugel den Inhalt rings umher schüttete, so lasen sie die Stücke auf aßen und kämpften zu gleicher Zeit.

Der Kronprinz hatte seine Stellung bei einer der Batterien eingenommen, von wo aus er die Schlacht überblickte und seine Befehle ergehen ließ. Noch nie war Dänemark in einen so heißen Kampf verwickelt gewesen, und nie entfalteten die Dänen ihren Nationalmuth auf eine glänzendere Weise, – ein Muth jedoch, dessen Aeußerung hier ebenso unpolitisch als unglücklich war, da er dem Interesse Frankreichs diente. Kapitän Thura, Befehlshaber des Judfödsretten, fiel frühe in der Schlacht, und alle seine Offiziere, mit Ausnahme eines Lieutenants und eines Seetruppenoffiziers, wurden getödtet oder verwundet. Die Flagge des Schiffs war entweder gestrichen oder weggeschossen worden, aber es lag einer Batterie gegenüber in einer solchen Stellung vor Anker, daß die Britten keinen Versuch machten, es zu entern, und ein Boot wurde an den Prinzen abgeschickt, um ihn von der Lage desselben in Kenntniß zu setzen. Dieser wandte sich zu seiner Umgebung und sagte: »Meine Herren, Thura ist todt; wer von Ihnen will das Kommando übernehmen?« Schrödersee, ein Kapitän, der wegen äußerst übler Gesundheitsumstände vor Kurzen resignirt hatte, antwortete mit schwacher Stimme: »Ich will!« und eilte an Bord. Als die Schiffsmannschaft den neuen Kommandanten ankommen sah, zog sie ihre Flagge wieder auf, und feuerte eine Lage ab. Auf dem Verdecke angelangt, fand sich Schrödersee von Todten und Verwundeten umringt und rief denen auf dem Boote zu, sich eilig an Bord zu begeben, – in diesem Augenblicke riß ihn eine Kugel nieder. Hierauf übernahm ein Lieutenant, der ihn begleitet hatte das Kommando und sezte den Kampf auf dem Schiffe fort.

Besonders zeichnete sich an diesem denkwürdigen Tage ein siebenzehnjähriger Jüngling, Namens Villemös, aus. Er hatte als Freiwilliger das Kommando einer schwimmenden Batterie übernommen, – einer Flöße, die nur aus einer Anzahl zusammenbefestigter Balken nebst einem Fußboden zur Aufstellung der Kanonen bestand. Sie bildete ein Viereck, hatte eine Brustwehr, die voll am Stückpforten war, aber keine Masten hatte, und trug 24 Kanonen und 120 Mann. Mit dieser Flöße begab er sich unter den Stern des Elephanten und den Bereich von dessen Hinterstücken, und behauptete, unter einem heftigen Kleingewehrfeuer der Seetruppen, mit einem Geschicke und Muthe, der Nelson's wärmste Bewunderung erregte, seinen Posten bis zur Ankündigung des Waffenstillstandes.

Zwischen 1 und 2 Uhr ließ das Feuer der Dänen nach; um 2 Uhr hörte es auf dem größten Theile ihrer Linie auf, und einige ihrer leichteren Schiffe waren triftig. Jedoch war es schwierig, von denen, welche die Flagge gestrichen hatten, Besitz zu nehmen, weil die Batterien auf der Insel Amak sie deckten, und sobald die Boote sich näherten, aus den Schiffen selbst ein unregelmäßiges Feuer sich erhob. Dieß rührte von dem eigenthümlichen Charakter der Schlacht her: die Schiffsmannschaften wurden nämlich von der Küste aus immer wieder ersezt, und die frischen Leute, welche an Bord kamen, sahen nicht darnach, ob die Flagge gestrichen sey, oder beachteten es vielleicht nicht, da viele oder die meisten derselben nie vorher einen Krieg mitgemacht hatten, daher nichts von seinen Gesetzen wußten und nur darauf bedacht waren, ihr Vaterland bis auf den lezten Blutstropfen zu vertheidigen. So feuerte der Dannebrog auf die Boote des Elephanten, obgleich der Kommodor des ersten Schiffes seinen Wimpel entfernt und es verlassen, obgleich es die Flagge gestrichen hatte und in Flammen stand. An die Stelle des bisherigen Kommodore trat Braun, bis er die rechte Hand verlor, worauf Kapitän Lemming das Kommando übernahm. Diese unerwartete Erneuerung des Feuers von Seiten des Dannebrog veranlaßte den Elephanten und Glatton, auch das ihrige zu erneuern, bis jener nicht blos zum Stillschweigen gebracht, sondern auch beinahe alle Leute auf den Prahms, vor und hinter ihm, getödtet waren. Als der Pulverdampf verschwand, sah man ihn in Flammen vor dem Winde treiben, indem diejenigen von seiner Mannschaft, welche am Leben geblieben waren und noch Kraft genug dazu hatten, sich zu den Stückpforten herauswarfen.

Kapitän Rothe befehligte den Prahm Nyeborg, und da er sah, daß er nicht mehr lange flott erhalten werden könne, machte er sich nach der innern Rhede auf. Als er die Linie passirte, traf er in einem noch elenderen Zustande den Prahm Aggershuus: dessen Masten waren sämmtlich über Bord gefallen, und er befand sich im Begriffe zu sinken. Rothe befestigte ein Tau an sein Hintertheil, und bugsirte ihn, aber er konnte ihn nicht weiter bringen, als bis zu einer Untiefe Namens Stubben, wo er untersank, und bald nachdem er sich mit dem Nyeborg bis zum Ladungsplatze hingearbeitet hatte, sank auch dieser bis an's Schanddeck ein. Nie kam ein Fahrzeug in einem schrecklicheren Zustande aus der Schlacht. Der Rumpf seines Fockmastes war der einzige noch aufrechtstehende Stock, seine Kajüte war verbrannt; alle Kanonen, eine einzige ausgenommen, waren demontirt und das Verdeck mit zerstreuten Gliedern und Leichnamen bedeckt. Um halb drei Uhr hatte die Schlacht auf dem Theile der Linie, welchem das Hintertheil des Elephanten zugekehrt war, aufgehört, noch nicht aber bei den auf der entgegengesetzten Seite liegenden Schiffen und den Kronbatterien. Die Art und Weise, wie auf seine Boote gefeuert wurde, wenn sie von den Prisen Besitz nehmen wollten, machte Nelson ärgerlich: er sagte, entweder müsse er an's Ufer senden und sich die Einstellung dieses regelwidrigen Verfahrens ausbitten, oder einen Brander abschicken und die Prisen verbrennen lassen, und mit einer ihm eigenen Geistesgegenwart, welche sich nie glänzender offenbarte als damals, benüzte er diese Gelegenheit, um sich den Vortheil, den er genommen hatte, zu sichern und eine Unterhandlung zu eröffnen. Er zog sich in die Sterngallerie zurück und schrieb an den Kronprinzen, wie folgt: »Viceadmiral Lord Nelson ist beordert, Dänemarks zu schonen, wenn es nicht länger Widerstand leistet. Die Vertheidigungslinie, welche seine Küste bedeckte, hat vor der brittischen Flagge die ihrige gestrichen; allein wenn das Feuern von Seiten Dänemarks nicht aufhört, so muß er alle Prisen, die er gemacht hat, in Brand stecken, ohne die Leute, welche sie so wacker vertheidigten, retten zu können. Die tapfern Dänen sind die Brüder der Engländer und sollten nie ihre Feinde seyn.« Man wollte ihm eine Oblate reichen; aber er ließ ein Licht bringen, nahm Siegellack zu dem Briefe und hing ein größeres Siegel an, als er gewöhnlich that. »Hier,« sagte er, »ist nicht der Ort, eilfertig und formwidrig zu erscheinen.« Kapitän Sir Frederick Thesiger, der als sein Adjutant funktionirte, überbrachte diesen Brief mit einer Waffenstillstandsflagge. Inzwischen brachte das Feuer der über das Vordertheil des Elephanten hinaus liegenden Schiffe und die Annäherung des Ramillies und der Defence von Sir Hyde's Division, – welche jezt nahe genug gekommen waren, um den Feind zu allarmiren, wenn auch nicht, ihm wirklich Schaden zuzufügen – die übrige dänische Linie bis an die Ostseite der Trekroner Batterie vollends zum Schweigen. Die leztere aber sezte ihr Feuer fort. Dieses furchtbare Werk hatte, da die zum Angriffe derselben bestimmten Schiffe nicht ankamen, und Riou's kleines Geschwader ihm nicht gewachsen war, verhältnißmäßig keinen Schaden gelitten: noch gegen das Ende der Schlacht zählte es nahe an 1500 Mann, und der Plan, es zu stürmen, wozu bereits alle Zurüstungen getroffen waren, wurde als unausführbar aufgegeben.

Während Thesigers Abwesenheit ließ Nelson Kapitän Freemantle aus dem Ganges kommen und berieth sich mit ihm und Foley, ob es räthlich sey, mit denjenigen Schiffen, welche am wenigsten gelitten hätten, gegen den noch unverlezten Theil der dänischen Linie vorzurücken. Sie waren der entschiedenen Ansicht, daß das Beste, was man thun könne, darin bestehe, so lange der Wind noch günstig sey, die Flotte aus dem gefährlichen Kanale zu entfernen, aus dem sie zurück mußte. In etwas mehr als einer halben Stunde nach Thesigers Abgange kam der dänische Generaladjutant Lindholm mit einer Waffenstillstandsflagge, worauf die Trekroner Batterie zu feuern aufhörte, und die Schlacht nach vierstündiger Dauer sich endigte. Er überbrachte die Frage von Seite des Prinzen, was der Zweck von Nelson's Note gewesen sey? worauf der brittische Admiral erwiederte: »Lord Nelson's Absicht bei der Sendung der Waffenstillstandsflagge war Humanität: er willigt daher ein, daß die Feindseligkeiten aufhören, und die verwundeten Dänen an die Küste gebracht werden. Lord Nelson wird seine Gefangenen aus den Fahrzeugen nehmen und seine Prisen verbrennen oder wegführen, je nachdem er es für gut findet. Aber, in unterthäniger Ehrerbietung gegen Seine dänische Hoheit den Kronprinzen, wird er dieß für den größten Sieg ansehen, den er je gewonnen hat, wenn derselbe die Veranlassung zu einer glücklichen Versöhnung und Verbindung zwischen seinem gnädigsten Souverän und Seiner Majestät dem Könige von Dänemark werden wird.« Mit dieser Antwort wurde Sir Frederick Thesiger zum zweitenmal abgeschickt, und der dänische Generaladjutant ward zum Zwecke einer Konferenz über den gemachten Vorschlag an den Admiral verwiesen. Lindholm, hiezu sich bereit erklärend, begab sich nach dem Admiralschiffe London, das in einer Entfernung von vollen vier Meilen vor Anker lag, und Nelson, keinen einzigen der wichtigen Augenblicke verlierend, welche er auf diese Weise gewonnen hatte, gab seinen Hauptschiffen das Signal, nach einander die Anker zu lichten. Sie hatten die Sandbank zu umschiffen, waren meist verkrüppelt, und ihr Weg führte sie gerade an den Kanonen der Trekroner Batterie vorbei.

Voran segelte der Monarch. Dieses Schiff hatte 26 Schüsse zwischen Wind und Wasser bekommen. Keine Wand stand mehr auf demselben, eine Stangenkugel war in das Herz seines Fockmastes gedrungen, und der leichteste Wind hätte alle Masten über seine Seite geworfen. Es wurde bald klar, aus welch' drohender Gefahr Nelson sich herausgewunden hatte: der Monarch stieß sogleich auf eine Untiefe, über welche ihm vom Ganges, der ihn in der Mitte nahm, weggeholfen wurde. Der Glatton kam glücklich vorbei; aber die zwei andern, die Defiance und der Elephant, liefen etwa eine Meile von der Trekroner Batterie auf den Grund und blieben hier, trotz aller Anstrengungen ihrer müden Mannschaften, viele Stunden lang festsitzen. Auch die Fregatte Desirée vom andern Ende der Linie, welche gegen das Ende der Schlacht der Bellona zu Hülfe geeilt war, strandete in derselben Untiefe. Sobald der Elephant auf den Grund gelaufen war, verließ ihn Nelson, um Lindholm zu folgen. Die Aufregung der Schlacht war vorüber, und jene Gefühle, welche die ihn umgebende Scene der Zerstörung hervorzurufen so sehr geeignet war, drückten seine erschöpften Lebensgeister schwer darnieder. Der Himmel hatte sich plötzlich mit Wolken überzogen: weiße Flaggen wehten von den Mastspitzen so mancher zertrümmerter Schiffe; – das Blutbad hatte aufgehört, aber der Schmerz war im Anzug, denn die Todtenliste war noch nicht entworfen, und Niemand konnte sagen, welche Freunde er zu betrauern haben würde. Die Stille, welche auf eine solche Schlacht folgt, wirkt anfangs mehr niederdrückend auf das Gemüth, als beruhigend; und obgleich das Werk der gegenseitigen Zerstörung zu Ende war, so trieb doch der Dannebrog damals brennend auf den Wellen; plötzlich flog er in die Luft, während unsere Boote, welche von allen Richtungen zu seinem Beistande herbeigeeilt waren, sich bemühten, seine treue Mannschaft zu retten, obgleich dieß nur bei wenigen gelang. Das Schicksal dieser Leute, nachdem sie eine so glänzende Tapferkeit an den Tag gelegt hatten, war Nelson besonders schmerzlich; denn diese Schlacht führte nichts von jener Erbitterung gegen den Feind und jenem Gefühle vergeltender Gerechtigkeit mit sich, das ihn auf dem Nile strenger gestimmt und ihm eine Art wilder Freude gewährt hatte, als er die Rache sah, zu deren Diener er bestellt worden war. Die Dänen waren ehrenwerthe Gegner; sie waren von englischem Schlage sowohl als von englischem Blute, und jezt, da die Donner der Schlacht schwiegen, betrachtete er sie mehr als Brüder, denn als Feinde. Auch war es noch eine andere Erwägung, welche mit diesen schwermüthigen Gedanken sich vermischte und ihn zur Hegung derselben stimmte. Er war nämlich hier nicht Herr seiner Bewegungen gewesen, wie in Aegypten: er hatte durch Ungehorsam gegen seine Ordres den Tag gewonnen, und, sofern der Erfolg glücklich ausgefallen, hatte er den Oberadmiral eines Mangels an Urtheil überwiesen. »Gut,« sagte er, als er den Elephanten verließ, »ich habe meinen Ordres zuwider gefochten und werde vielleicht gehangen werden. Sey's denn! laßt sie thun, was sie wollen!« Dieß war die Sprache eines Mannes, der, während er einem unbehaglichen Gedanken Worte gibt, diesen halb in Scherz kleidet, weil er halb bereut, daß er ihm entfahren ist. Seine Dienste waren an diesem Tage zu ausgezeichnet, sein Urtheil zu schlagend, sein Erfolg zu glänzend gewesen, als daß ein, wenn auch auf seine eigene Autorität eifersüchtiger oder auf fremde Verdienste neidischer, Oberer etwas anderes als Zufriedenheit und Dankbarkeit hätte ausdrücken können, welche auch Sir Hyde herzlich fühlte und aufrichtig äußerte. Man kam schnell überein, daß die Feindseligkeiten auf 24 Stunden eingestellt, alle Prisen übergeben und die verwundeten Dänen an die Küste gebracht werden sollten. Das Lezte that dringend Noth; denn entweder aus allzu großem Vertrauen auf die Festigkeit ihrer Stellung und die Schwierigkeit des Kanals, oder in der Voraussetzung, daß die Verwundeten während der Schlacht an's Ufer gebracht werden könnten, was sich als völlig unausführbar ergab, oder vielleicht in der Verwirrung, welche der Angriff veranlaßte, hatten die Dänen ihre Fahrzeuge mit keinen Wundärzten versorgt, so daß unsere Leute, als sie an Bord der Prisen stiegen, viele der zerrissenen und verstümmelten Dänen, aus Mangel an schleuniger Hülfe, sich zu Tode blutend fanden; – eine Scene, welche eines braven Mannes Herz am allerschmerzlichsten verwunden mußte.

Die Boote von Sir Hyde's Division waren die ganze Nacht in Thätigkeit, um die Prisen in Sicherheit zu bringen und die gestrandeten Schiffe flott zu machen. Mit Tagesanbruch ruderte Nelson, der in seinem eigenen Schiffe, dem St. George, geschlafen hatte, nach dem Elephanten, und die Freude, diesen flott zu finden, schien ihm neues Leben zu geben. An Bord desselben nahm er ein hastiges Frühstück ein, indem er die Mannschaft wegen ihrer Anstrengungen lobte, und eilte dann nach den Prisen, welche noch nicht weggebracht worden waren. Der Seeland von 74 Kanonen, das lezte Schiff, welches die Flagge strich, war an der Untiefe unter der Trekroner Batterie triftig geworden; und, wie es scheint, im Vertrauen auf den Schutz, welche die leztere ihm gewährt haben würde, wollte er seine Eroberung nicht anerkennen, indem er sagte, seine Flagge zwar sey nicht mehr zu sehen gewesen, wohl aber habe sein Wimpel noch geflattert. Nelson befahl einer unserer Briggs und drei großen Booten, sich ihm zu nähern, und ruderte selbst nach einem der feindlichen Schiffe, um mit dem Kommodore zu sprechen. Da es sich ergab, daß dieser Offizier ein alter Bekannter von ihm war, den er in Westindien kennen gelernt hatte, so lud er ihn zu sich an Bord, und mit jener Höflichkeit sowohl als Entschiedenheit, welche ihn stets charakterisirten, machte er seine Ansprüche auf den Seeland auf eine so wirksame Weise gültig, daß sie anerkannt wurden. Die Leute auf den Booten schlangen hierauf ein Tau um das Bogspriet des lezteren, und das Kanonenfahrzeug bugsirte ihn weg. Es wird, und ohne Zweifel mit Wahrheit, versichert, daß den Dänen dieser Anblick schwerer gefallen sey, als all' ihr Unglück am vorhergehenden Tage, und der Kommodore Steen Bille kam zu der Trekroner Batterie und fragte den Kommandanten derselben, warum er den Seeland nicht lieber versenkt, als daß er ihn so vom Feinde habe fortführen lassen?

Dieß war in der That ein trauriger Tag für Kopenhagen. Es war gerade Charfreitag, aber die allgemeine Aufregung und die Trauer in jedem Hause machten allen Unterschied der Lage vergessen. Tausende befanden sich in dieser Stadt, welche die Tröstungen des Christenthums empfanden und wohl noch mehrere, welche derselben bedurften, Wenige aber oder Niemand, der ruhig genug gewesen wäre, um an seine Observanzen zu denken. Die Engländer waren eifrig damit beschäftigt, ihre Schiffe wieder in Stand zu setzen, die Prisen in Sicherheit zu bringen und die Gefangenen zu vertheilen, die Dänen damit, die Verwundeten und Todten an's Ufer zu bringen und zu besorgen. Es war eine mörderische Schlacht gewesen: unser Verlust an Todten und Verwundeten betrug 953. Ein Theil dieses Verlustes hätte freilich erspart werden können. Der kommandirende Offizier der Truppen an Bord eines unserer Schiffe fragte, wo seine Leute aufgestellt werden sollten? Man sagte ihm, daß sie von keinem Nutzen seyn könnten, denn zum Musketenfeuer sey die Entfernung zu groß, und bei den Kanonen bedürfe man ihrer nicht; sie thäten daher besser, sich in den untern Schiffsraum zu begeben. Dieß, erwiderte er, sey unmöglich, es wäre dieß eine Schmach, welche nie ausgewezt werden könnte. So wurden denn die Truppen auf den Laufplanken aufgestellt, um diesem grausamen Ehrgefühle Genüge zu leisten, und hier ohne die Möglichkeit, dem Feinde irgendwie Schaden zuzufügen, niedergemetzelt! Der Verlust der Dänen betrug mit Einschluß der Gefangenen ungefähr 6000.

Die Verhandlungen gingen indessen ihren Gang, und man kam überein, daß Nelson am folgenden Tage eine Unterredung mit dem Prinzen haben sollte. Mit ihm stiegen Hardy und Freemantle an's Land. Dieß war etwas ebenso Beispielloses, als die übrigen Umstände der Schlacht. Eine starke Wache eskortirte sowohl der Sicherheit als der Ehre halber den Admiral an den Pallast. Das Volk zeigte, nach dem brittischen Berichte, eine Mischung von Bewunderung, Neugierde und Widerwillen, als es den Mann in seiner Mitte sah, der Dänemark so schwere Wunden geschlagen hatte. Aber weder ein Beifallsruf noch ein Murren ließ sich hören. »Das Volk,« sagt ein Däne, »entwürdigte sich weder durch das Erstere, noch entehrte es sich durch das Leztere: der Admiral wurde empfangen, wie ein tapferer Feind stets empfangen werden sollte, – mit Achtung.« Die Präliminarien zu der Unterhandlung wurden bei dieser Unterredung in's Reine gebracht. Bei dem darauf folgenden Mahle ließ Nelson mit der ganzen Aufrichtigkeit seines Charakters der Tapferkeit seiner Gegner volle Ehre widerfahren. Er äußerte gegen dem Prinzen, daß er 105 Affairen angewohnt habe, aber daß diese Schlacht die furchtbarste von allen gewesen sey. »Die Franzosen,« sagte er, »fechten brav, aber dem Feuer, das die Dänen vier Stunden lang ausgehalten haben, hätten sie keine einzige Stunde Stand halten können.« Auf seine Bitte wurde Villemös ihm vorgestellt, und, indem er dem Jünglinge die Hand schüttelte, sagte er zu dem Prinzen, derselbe sollte zum Admirale gemacht werden. Der Prinz erwiederte: »Lord, wenn ich alle meine braven Offiziere zu Admirälen machen müßte, so hätte ich keine Kapitäns und Lieutenants in meinem Dienste.«

Die Theilnahme der Dänen für diejenigen ihrer Landsleute, welche in ihrer Vertheidigung geblutet hatten, wurde bei dieser Gelegenheit weder durch die Entfernung der Zeit noch durch die des Orts geschwächt. Was zu der Behandlung und Erquickung der Verwundeten nöthig war, wurde den Hospitälern im Ueberflusse zugeschickt, bis die Vorsteher öffentlich die Nachricht gaben daß sie nichts mehr annehmen können. Am dritten Tage nach der Schlacht wurden die Todten auf dem Marinekirchhofe beerdigt, und die Ceremonie wurde dabei so öffentlich und feierlich gemacht, als die Gelegenheit es erforderte; eine solche Prozession hatte man vorher noch nie in dieser oder vielleicht in irgend einer Stadt gesehen. An der Stelle, wo die Gefallenen beisammenlagen, wurde ein öffentliches Monument errichtet. Am Tage des Begräbnisses ward zur Unterstützung der unbemittelten Leidtragenden eine Subscription eröffnet, und zu demselben Zwecke wurden in allen Kirchen des Königreichs Kollekten veranstaltet. Dieser Aufruf an die Theilnahme des Volks geschah unter Umständen, welche ihm eine volle Wirkung sicherten. In der Mitte jeder Kirche wurde ein Monument errichtet, über dem die dänischen Farben wehten; weiß gekleidete junge Mädchen umstanden dasselbe entweder mit einem, der in der Schlacht verwundet worden war, oder mit der Wittwe und den Waisen eines Gefallenen: von der Kanzel aus ward eine passende Rede gehalten, und nachher wurden patriotische Lieder gesungen. An alle Offiziere und Gemeine, welche sich ausgezeichnet hatten, wurden Medaillen vertheilt. Dichter und Maler wetteiferten mit einander in der Verherrlichung einer Schlacht, welche, so unglücklich sie auch ausgefallen, dennoch für ihr Vaterland ehrenvoll gewesen war; einige stellten sie mit verzeihlicher Sophisterei so dar, als ob der Vortheil des Tages auf ihrer eigenen Seite gewesen wäre. Einen noch künstlicheren, aber minder bestreitbaren Beruhigungsgrund brachte ein Schriftsteller in der Bemerkung vor, daß Nelson, wie aus seinem Namen geschlossen werden könne, von dänischer Abstammung, und daß daher seine Thaten der dänischen Tapferkeit zuzuschreiben seyen.

In den fünf folgenden Tagen sezte man die Unterhandlung fort, und während dieser Zeit wurde über die Prisen auf eine Weise verfügt, welche Nelson sehr mißbilligte. Sechs Linienschiffe und acht Prahms waren genommen worden. Hievon wurde nur der Holstein von 64 Kanonen nach Hause geschickt. Der Seeland war ein schöneres Schiff, aber dennoch ward er sammt allen übrigen verbrannt, und ihr metallenes Geschütz nebst den Rümpfen in einem so seichten Wasser versenkt, daß, als die Flotte von Reval zurückkehrte, man die Dänen mit kleinen Fahrzeugen über den Wracks beschäftigt sah, die Kanonen wieder heraufzuholen. Obgleich Nelson sich einer öffentlichen Aeußerung seines Mißvergnügens enthielt, als er die Beweise und Trophäen seines Sieges so vernichten sah, so vergaß er doch nicht, die Admiralität an diejenigen zu erinnern, welche auf diese Weise ihres Beutegeldes beraubt wurden. »Ob Sir Hyde Parker,« schrieb er an Graf St. Vincent, »den Gegenstand gegen Sie erwähnen wird, weiß ich nicht; denn er ist reich und bedarf keiner Beute; auch ist es bei mir, das dürfen Sie glauben, nicht der Wunsch, einige hundert Pfund zu gewinnen, was mich zu diesem Schreiben an Sie veranlaßt, sondern vielmehr der, den braven Offizieren und Leuten, welche an diesem Tage gefochten haben, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Allerdings befanden sich unsere Gegner meist auf Hulken und Flößen, welche allein für ihre Stellung geeignet waren: aber dadurch bekamen wir nur einen um so härteren Stand, und der Sieg war um so schwerer zu erringen. Glauben Sie mir, ich habe alle Umstände erwogen, und nach meiner Ansicht sollte der König eine gnädige Botschaft wegen eines Geschenks für diese Flotte in das Unterhaus schicken; denn was müssen unsere Offiziere und Leute empfinden, wenn sie ihren reichen Oberadmiral alle Früchte ihres Sieges verbrennen sehen, welche, wenn sie ausgebessert und nach England geschickt worden wären (was durch die Abtakelung eines Theils unserer Flotte mit manchen derselben hätte geschehen können), eine schöne runde Summe abgeworfen hätten.«

Am 9ten begab sich Nelson wieder an's Land, um die Bedingungen des Waffenstillstandes vollends abzuschließen. Während dessen Dauer sollten die bewaffneten Schiffe und Fahrzeuge Dänemarks in Beziehung auf ihre Bewaffnung, Equipirung und feindliche Stellung in ihrem gegenwärtigen Zustande bleiben, und der Vertrag wegen einer bewaffneten Neutralität wurde, sofern er die Theilnahme Dänemarks betraf, suspendirt. Die Gefangenen sollten an's Ufer geschickt werden, gegen die Ausstellung einer Anerkennung, daß sie sowohl als die den Dänen bereits überlassenen Verwundeten sich im Zustande der Gefangenschaft befänden, damit, falls die Feindseligkeiten sich erneuerten, das Recht Großbrittanniens auf sie gesichert wäre. Der brittischen Flotte wurde gestattet, sich mit allen für ihre Mannschaft erforderlichen Bedürfnissen zu versehen. Eine Schwierigkeit erhob sich in Betreff der Dauer des Waffenstillstandes. Die dänischen Kommissäre gestanden aufrichtig ihre Befürchtungen wegen Rußlands, und mit der Freimüthigkeit, welche eine gesunde Politik und das Gefühl der Macht in der Diplomatie oft ebensowohl zu erfordern, als zu rechtfertigen scheinen, sagte Nelson ihnen, sein Grund, warum er einen langen Termin begehre, sey der, damit er Zeit hätte, gegen die russische Flotte zu agiren und dann nach Kopenhagen zurückzukehren. Kein Theil wollte in diesem Punkt nachgeben, und ein Däne ließ etwas von Erneuerung der Feindseligkeiten fallen. »Erneuerung der Feindseligkeiten!« rief Nelson gegen einen Freund gewendet; – denn er verstand genug französisch, um zu verstehen, was gesprochen wurde, obgleich nicht so viel, um in derselben Sprache zu antworten, – »sagen Sie ihm, daß wir im Augenblicke dazu bereit sind! bereit, noch diese Nacht zu bombardiren!« Jedoch ging die Konferenz ihren Gang auf beiden Seiten friedlich weiter, und da die Kommissäre in diesem Punkte nicht nachgeben durften, so brachen sie auf und überließen Nelson, mit dem Kronprinzen die Sache in's Reine zu bringen. Sofort wurde eine Morgenzusammenkunft in einem Staatszimmer gehalten, einer zu einer solchen Berathung trefflich geeigneten Umgebung, da alle diese Zimmer aus Besorgniß eines Bombardements ihres Geräths beraubt worden waren. An ein Bombardement dachte auch Nelson damals: Ermüdung, Spannung und Aerger über die zögernden Maßregeln des Oberadmirals wirkten zusammen, um ihn sehr reizbar zu machen, und auf dem Wege zu des Prinzen Speisezimmer flüsterte er dem Offizier, auf dessen Arm er sich lehnte, zu: »Obgleich ich nur Ein Auge habe, so sehe ich doch, daß alles dieses trefflich brennen wird.« Nach der Tafel begab er sich mit dem Prinzen in ein besonderes Kabinet, und hier kamen sie überein, daß der Waffenstillstand 14 Wochen dauern, und, wenn er zu Ende sey, die Erneuerung der Feindseligkeiten 14 Tage vorher angekündigt werden sollte.

Von Olfert Fischer, dem dänischen Oberbefehlshaber, wurde ein offizieller Schlachtbericht publizirt, worin angegeben war, daß die englischen Streitkräfte den dänischen sehr überlegen gewesen, nichts desto weniger jedoch zwei englische Linienschiffe die Flagge gestrichen hätten, die andern aber und besonders Lord Nelson's Schiff so geschwächt worden seyen, daß sie eine Stunde lang vor dem Ende des Treffens nur noch einzelne Schüsse abgefeuert hätten, und daß dieser Kriegsheld selbst gerade mitten in der Hitze der Schlacht eine Waffenstillstandsflagge an die Küste geschickt habe, um die Einstellung der Feindseligkeiten vorzuschlagen. Für die Wahrheit dieses Berichtes berief sich der Däne auf den Kronprinzen und alle diejenigen, welche gleich ihm Augenzeugen der Scene gewesen seyen. Aeußerst unwillig über diese Darstellung, schrieb Nelson zur Widerlegung derselben einen Brief an den Generaladjutanten Lindholm, worin er äußerte, daß er dieß zur Belehrung des Prinzen für seine Pflicht gehalten habe, da Seine königliche Hoheit dabei zum Zeugen aufgerufen worden sey; »im andern Falle,« schrieb er, »wenn Kommodore Fischer sich auf seine eigene Wahrhaftigkeit beschränkt hätte, würde ich sein offizielles Schreiben mit der Verachtung, welche es verdient, behandelt und der Welt überlassen haben, die Verdienste der zwei streitenden Parteien zu würdigen.« Nach Bezeichnung und Enthüllung einiger Unwahrheiten in dem Berichte, fährt er fort: »Was seinen Unsinn in Betreff des Sieges anbelangt, so wird Seine königliche Hoheit ihm nicht viel Glauben schenken. Die ganze Vertheidigungslinie bis zum Süden der Kroninseln versenkte, verbrannte, enterte ich oder trieb sie in den Hafen. Er sagt, es sey ihm gemeldet worden, daß zwei brittische Schiffe die Flagge gestrichen hätten. Warum nahm er denn nicht Besitz von ihnen? Ich nahm die seinigen, sobald sie die Flagge strichen. Der Grund ist klar, – weil er es nicht glaubte; er mußte die Falschheit der Meldung einsehen. Er gibt an, das Schiff, auf welchem ich die Ehre hatte, meine Flagge aufzuziehen, habe gegen das Ende der Schlacht nur einzelne Schüsse abgefeuert. Und das ist wahr; denn fest und kaltblütig standen meine braven Bursche da und wollten keinen einzigen Schuß verloren gehen lassen. Er scheint darüber spotten zu wollen, daß ich eine Waffenstillstandsflagge an's Ufer schickte. Aber Sie wissen, und Seine königliche Hoheit weiß es, daß die Kanonen, welche von der Küste aus abgefeuert wurden, nur durch die dänischen Schiffe, welche sich ergeben hatten, feuern konnten, und daß, wenn ich nach der Küste feuerte, es ebenfalls auf keine andere Weise möglich war. Gott verhüte, daß ich den Dänen, der keinen Widerstand mehr leistet, vernichten sollte! Als sie meine Gefangenen wurden, wurde ich ihr Beschützer.«

Dieser Brief enthielt sehr bittere Ausdrücke gegen den dänischen Befehlshaber. Lindholm antwortete auf eine für ihn in jeder Beziehung ehrenvolle Weise. Er vertheidigte den Kommodore in einigen Punkten und entschuldigte ihn in andern, indem er Nelson zu bedenken gab, daß jeder Oberbefehlshaber der Möglichkeit unterworfen sey, falsche Berichte zu empfangen. Aus dem natürlichen Wunsche, die Schlacht in dem für Dänemark günstigsten Lichte darzustellen, habe er in die Vergleichung der Stärke beider Partien die Schiffe aufgenommen, welche gestrandet seyen und zur Schlacht nicht haben vorrücken können, und dagegen die Trekroner Batterie so wie die auf der Insel Amak übergangen. Er wies jeden Gedanken an irgend einen Anspruch auf einen Sieg von sich zurück, »der,« wie er sich ausdrückte, »in jeder Hinsicht eine Niederlage war, obgleich keine unrühmliche. Was Eurer Lordschaft Beweggrund zur Sendung einer Waffenstillstandsflagge betrifft, so kann dieser nie mißverstanden werden, und Ihr nachheriges Benehmen hat zur Genüge gezeigt, daß Menschenfreundlichkeit stets die Begleiterin ächter Tapferkeit ist. Ja, Sie haben noch mehr gethan. Sie haben den Wunsch nach Wiederherstellung des Friedens und des guten Vernehmens zwischen diesem Lande und Großbritannien geäußert. Daher werde ich mich Eurer Lordschaft stets mit der aufrichtigsten Achtung ergeben fühlen.« Diese geschickte Wendung seiner Antwort besänftigte und beruhigte Nelson, der zu seiner eigenen Befriedigung eine vergleichende Darstellung der Stärke beider Partien entwarf und Lindholm versicherte, daß, wenn der Kommodore seinen Bericht in ebendemselben männlichen und ehrenwerthen Tone gehalten hätte, er der lezte gewesen wäre, um einige kleine Ungenauigkeiten, welche sich in die öffentliche Darstellung eines Oberbefehlshabers einschleichen können, an's Licht zu ziehen.

Für den Sieg von Kopenhagen wurde Nelson in den Rang eines Viscount erhoben, ein unzureichendes Zeichen des Dankes für so glänzende und für die theuersten Interessen Englands so ausgezeichnet wichtige Dienste. Es war jedoch andererseits auch wiederum klug, ihn die Leiter der Ehre Stufe für Stufe ersteigen zu lassen; hätte er lange genug gelebt, er würde sich bis zu einem Herzogthume Bahn gebrochen haben.


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