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Drittes Kapitel.

Nelson's erste Bekanntschaft mit Sir W. Hamilton. – Er wird nach Corsika geschickt um Paoli zu unterstützen. – Stand der Dinge auf dieser Insel. – Belagerung von Bastia; – von Calvi, wo er ein Auge verliert. – Admiral Hotham. – Der Agamemnon wird nach Genua beordert, um mit dem österreichischen und sardinischen Geschwader gemeinschaftlich zu handeln. –

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»Es sind drei Dinge, junger Mann,« sagte Nelson zu einem seiner Seekadetten, »welche Sie immer vor Augen haben müssen. Für's Erste müssen Sie jederzeit blindlings gehorchen, ohne eine eigene Meinung sich zu erlauben. Für's Zweite müssen Sie Jeden als Ihren Feind betrachten, welcher von Ihrem König schlecht spricht: und Drittens müssen Sie jeden Franzosen hassen, wie den Teufel.« Mit diesen Gefühlen unternahm er den anti-jakobinischen Krieg. Sein Stiefsohn Josua begleitete ihn als Seekadett.

Der Agamemnon wurde in's mittelländische Meer beordert unter Lord Hoods Oberbefehl. Die Flotte kam in diesen Gewässern zu der Zeit an, als das südliche Frankreich sich unter dem Schutze Englands gerne zu einer besondern Republik gebildet hätte. England mißtraute aber den Personen welche an der Spitze standen. Lord Hood konnte von der Gelegenheit, welche sich von selbst darbot und die, wenn sie rasch ergriffen worden wäre, mit einer Theilung Frankreichs hätte enden können, keinen Nutzen ziehen; aber er unterhandelte mit den Einwohnern von Toulon, ihren Hafen und ihre Stadt provisorisch in Besitz zu nehmen; was unglücklicher Weise für sie auch geschah. Ehe die brittische Flotte einlief, wurde Nelson mit Depeschen zu Sir William Hamilton, dem englischen Gesandten am neapolitanischen Hofe, gesandt. Sir William sagte nach der ersten Zusammenkunft mit ihm zu Lady Hamilton, er werde einen kleinen Mann bei ihr einführen, welcher nicht eben auf Schönheit Anspruch machen könne; aber es sey ein Mann, der, wie er glaube, einst die Welt in Erstaunen setzen werde. Ich habe nie früher, fuhr er fort, einen Offizier in mein Haus aufgenommen; doch ihn bin ich Willens hieherzubringen. Man räume ihm die Zimmer ein, welche für den Prinzen August in Bereitschaft gesezt sind. So begann diese Bekanntschaft, welche mit der Zerstörung von Nelson's häuslichem Glück endete. Sie schien bei ihrem Beginn nicht mit solchen Folgen zu drohen. Nelson spricht in einem Brief an seine Frau von Lady Hamilton, als einer jungen Frau von liebenswürdigen Eigenschaften, welche der Stelle zu der sie erhoben worden sey, Ehre mache: und bemerkte dabei, daß sie sich gegen Josua ausnehmend artig betragen habe. Die Thätigkeit, welche der Gesandte zeigte, um vom neapolitanischen Hofe Truppen zu erhalten, die die Garnison von Toulon verstärken sollten, freute ihn so sehr, daß man sagt, er habe ausgerufen: »Sir William, Sie sind ein Mann nach meinem Sinn! – Sie handeln ganz in meiner Art;« und dann hinzugesezt: »Jezt bin ich blos Kapitän; aber ich werde, wenn ich am Leben bleibe auf den Gipfel des Mastes kommen.« Hier nahm auch diese Bekanntschaft mit dem neapolitanischen Hofe ihren Anfang, welche den einzigen Flecken der Nelson's öffentlichem Charakter anklebt, veranlaßte. Der König, welcher damals kein verstellter Feind Frankreichs war, nannte die Engländer die Retter Italiens, und namentlich seiner Staaten. Er schenkte Nelson die schmeichelhafteste Aufmerksamkeit, lud ihn zur Tafel und sezte ihn zu seiner Rechten.

Nachdem Nelson diese Sendung ausgerichtet hatte, erhielt er Befehl zu Kommodore Linzee vor Tunis zu stoßen. Unterwegs entdeckte man fünf feindliche Segel an der sardinischen Küste und machte Jagd auf sie. Es zeigte sich, daß es drei Fregatten von 44 Kanonen waren, mit einer Korvette von 24 und einer Brigg von 12 Kanonen. Der Agamemnon hatte blos 345 Mann an Bord, da er einen Theil der Bemannung in Toulon ausgeschifft hatte, und andere auf Prisen aus waren. Er kam einer der Fregatten nahe genug, um sie anzugreifen, aber der Franzose manövrirte gut und segelte weit besser. Es erfolgte ein Gefecht von drei Stunden, während welcher Zeit die andern Schiffe, die etwas entfernt waren, herbeieilten. In dieser Zeit war der Feind beinahe zum Schweigen gebracht, als ein günstiger Wechsel des Winds ihn in den Stand sezte, aus der Schußweite des Agamemnon zu kommen; und dieser hatte im Tauwerk so großen Schaden gelitten, daß er ihm nicht folgen konnte. Nelson, welcher erwartete, daß dieß nur der Vorläufer eines ernstlicheren Gefechts seyn werde, rief seine Offiziere zusammen und fragte sie, ob das Schiff noch im Stande sey, sich mit einer so überlegenen Macht in Kampf einzulassen, ohne einige Ausbesserung und Ruhe für die Mannschaft. Ihre Antwort war: dieß sey unmöglich. Er gab daher den Befehl: »wendet das Schiff, und legt das Vordertheil westwärts. Einige der besten von der Mannschaft sollen das Tauwerk ausbessern, der Zimmermann Brechstangen und Spillbäume machen, um dem Herunterfallen der beschädigten Sparren vorzubeugen; und für die Mannschaft soll man Wein mit etwas Brod in Bereitschaft setzen, sie soll sich ein halbes Stündchen vor dem Treffen gütlich thun!« Aber als der Franzose heraufkam, thaten seine Kameraden Nothschüsse, worauf er alle seine Boote einnahm, um ihnen zu Hülfe zu kommen, und den Agamemnon in Ruhe ließ.

Nelson fand den Kommodore Linzee in Tunis, wohin dieser geschickt worden war, um dem Bey das Unpolitische des Beistands begreiflich zu machen, den er der revolutionären Regierung von Frankreich leiste. Nelson stellte dem Bey die Abscheulichkeit dieser Regierung vor. Solche Beweisgründe galten aber bei ihm nicht viel: und als man ihm sagte, die Franzosen hätten ihren König hingerichtet, antwortete er trocken: »das sey allerdings schauderhaft, und wenn die Geschichtschreiber nicht lügen, so haben einst die Engländer das Nämliche gethan.« Diese Antwort war ihm ohne Zweifel von den Franzosen in seiner Umgebung in den Mund gelegt worden; sie hatten allen Einfluß an sich gerissen, und alle Unterhandlungen waren vergeblich. Kurze Zeit nachher wurde Nelson mit einem kleinen Geschwader abgeordnet, den General Paoli und die antifranzösische Partei in Korsika zu unterstützen.

Einige dreißig Jahre vor dieser Zeit, war der heroische Patriotismus der Korsen, und der ihres Anführers Paoli, die Bewunderung Englands gewesen. Die Geschichte dieses tapfern Volkes ist eine fortlaufende Reihe trauriger Begebnisse. Seine Insel ist von der Natur reichlich gesegnet: sie hat mehrere vortreffliche Häfen; und obgleich die Mal-aria, d. h. die verpestete Luft, welche in einigen Theilen Italiens und der italienischen Inseln so tödtlich ist, auf der östlichen Küste herrscht, so ist doch der größere Theil des Landes gebirgig und gesund. Die Insel ist ungefähr 150 englische Meilen lang und 40-50 breit; im Umfang hat sie etwa 320: – ein Land, groß genug und hinreichend von den nächsten Küsten entfernt, um als unabhängiger Staat zu bestehen, wenn die Wohlfahrt und das Glück der menschlichen Gesellschaft immer als Ziel und Zweck der Politik betrachtet worden wären. Die Mauren, die Pisaner, die Könige von Arragonien und die Genueser, griffen die Insel der Reihe nach an, und alle erhielten sich einige Zeit lang in ihrem Besitz. Die Herrschaft der Genueser währte am längsten und war die härteste. Diese kleinen Tyrannen herrschten mit eiserner Ruthe: und wenn dann und wann ein Patriot sich erhob, um ihr Joch abzuschütteln, so nahmen sie, wenn sie ihn nicht mit offener Gewalt bezwingen konnten, ihre Zuflucht zum Meuchelmord. Im Anfang des lezten Jahrhunderts unterdrückten sie einen Aufstand mit Hülfe deutscher Truppen. Im Jahr 1734 brach der Krieg aufs Neue aus; und nun erschien Theodor, ein westphälischer Baron, auf dem Schauplatz. Für diese Zeit war es etwas Ungewohntes, Abenteurer um Königreiche spielen zu sehen, und Theodor wurde das allgemeine Gespräch Europa's. Er hatte in der französischen Armee gedient; und da ihn später Ripperda und Alberoni ausgezeichnet hatten, so entflammte ihr Beispiel vielleicht einen Geist, der so ehrgeizig und unruhig war, als der ihrige. Er wandte alle Mittel an, um Geld und Waffen zu bekommen, und schrieb den Anführern der korsischen Patrioten, beträchtliche Hülfe anbietend, wenn sie Korsika zu einem unabhängigen Königreich erheben, und ihn zum König erwählen wollten. Als er in ihre Mitte trat, wurden sie hingerissen von seiner stattlichen Person, seinem würdevollen Benehmen und seinen überlegenen Talenten; sie glaubten an die großartigen Versprechungen fremden Beistandes, welche er ihnen machte, und erwählten ihn sofort zum König. Hätten seine Mittel seinen Vorspiegelungen entsprochen, so hätten sie nichts Klügeres thun können, als daß sie so auf einmal die Regierung ihres Landes feststellten, und der Eifersucht der mächtigen Familien ein Ende machten, welche sich oft genug verderblich für das öffentliche Wohl gezeigt hatte. Er prägte Geld, ertheilte Titel, belagerte die festen Städte, welche in der Gewalt der Genuesen waren, und hielt das Volk mit Versprechungen von Hülfe gegen acht Monate hin: dann, als er merkte, daß seine Popularität in eben dem Maße abnahm, als er die Erwartungen täuschte, verließ er die Insel unter dem Vorwand, selbst den längst erwarteten Beistand herbeizuschaffen. Seine Gewandtheit war so groß, daß er einige reiche holländische Kaufleute, namentlich Juden, vermochte, ihn auf Kredit mit Geschütz und bedeutenden Kriegsvorräthen zu versehen, die unter der Aufsicht eines Supercargo eingeschifft wurden. Theodor reiste mit demselben nach Korsika voraus, und ermordete ihn unterwegs, der kürzeste Weg, die Rechnung zu berichtigen. Der Rest seines Lebens war eine Reihe wohlverdienter Unfälle. Er brachte die Vorräthe ein, welche er auf so betrügliche Art sich verschafft hatte; selbst aber wagte er nicht zu landen, denn Genua hatte jezt Frankreich zu Hülfe gerufen und es war ein Preis auf seinen Kopf gesezt. Seine Träume von einer Königswürde hatten nun ein Ende: er flüchtete sich nach London, machte Schulden und kam in die Kingsbench. Nachdem er hier mehrere Jahre geschmachtet hatte, wurde er in Freiheit wegen Insolvenz gesezt, worauf er das Königreich Korsika seinen Gläubigern als Pfand verschrieb, und bald nach seiner Befreiung starb.

Die Franzosen, welche nie eine edle Rolle in der Weltgeschichte gespielt haben, gingen bereitwillig auf die Absichten der Genuesen ein, da sie mit ihrer eigenen Politik zusammentrafen: indem sie Korsika für diese Verbündeten unterjochten, thaten sie es in der That nur für sich. Sie ließen sich mit ihrer gewöhnlichen Lebhaftigkeit und Grausamkeit in den Streit ein. Vergebens richteten die Korsen eine ergreifende Note an den Hof von Versailles; diese gewissenlose Regierung bestand auf ihrem schändlichen Plan. Sie sandte Truppen in Menge, gekleidet zum Theil wie die Eingebornen, wodurch sie manchen der Patrioten täuschten und bestachen; diese hieben das Korn, die Wein- und Oliven-Stöcke nieder; legten Feuer an die Dörfer und knüpften die fähigsten und thätigsten Männer, die in ihre Hand fielen, auf. Ein Krieg dieser Art, muß gegen ein so kleines und so wenig bevölkertes Land wie Korsika, nothwendig mit Erfolg geführt werden. Nachdem die Franzosen die Insel vollkommen unterjocht hatten, was sie Frieden stiften nannten, kehrten sie mit ihren Streitkräften zurück. Kaum waren sie abgezogen, als Männer, Weiber und Kinder von Neuem gegen ihre Unterdrücker aufstanden. Die Zeitumstände waren damals günstig für sie; und mehrere brittische Schiffe, als Verbündete Sardiniens handelnd, beschossen Bastia und San Fiorenzo und brachten diese Städte in die Hände der Patrioten. Dieser Aktion wurde lange mit Dankbarkeit gedacht: der Eindruck, den die Korsen auf die Engländer machten, war nicht so günstig. Sie hatten den Haß der, unter einander selbst uneinigen, Anführer, so wie die Streitigkeiten unter den Patrioten kennen gelernt, und den Zustand der Barbarei bemerkt, in welchen beständige Unterdrückung und die Gewöhnung an gesetzlose Unruhen die Korsen gebracht hatten, allein sie bedachten nicht, daß die Fehler dieses Volks eine Folge seiner unglücklichen Schicksale seyen, die trefflichen Eigenschaften aber, die es an den Tag legte, aus seinem eigensten Wesen entsprangen. Aehnliche Gefühle waren vielleicht von Einfluß auf den brittischen Hof. Als im Jahr 1746 Korsika sich erbot, unter den Schutz von Großbritannien sich zu stellen, erfolgte eine Antwort, worin man sich durch die Mittheilung befriedigt erklärte, und die Hoffnung aussprach, daß die Korsen diesen Gesinnungen treu bleiben würden, aber auch zu verstehen gab, daß die Zeit dafür noch nicht gekommen sey.

Die tapfern Korsen bildeten daher eine Regierung für sich selbst unter zwei Anführern, Gaffori und Matra, welche den Titel Protektoren erhielten. Der Leztere wird als ein genuesischer Parteigänger dargestellt, der die Absichten der Unterdrücker seines Vaterlands durch die verrätherischsten Mittel begünstigte. Gaffori war ein Held, würdig der Zeiten des Alterthums. Seiner Beredtsamkeit gedachte man lange mit Bewunderung. Eine Bande von Mördern kam einmal auf ihn zu; er bemerkte ihre Annäherung, ging ihnen entgegen, und forderte sie mit einem Ernst und einer Würde, welche sie in Furcht sezte, auf, ihn zu hören. Nun sprach er so kräftig zu ihnen von der Noth ihres Vaterlandes, von dem unerträglichen Druck, und von den Hoffnungen und Aussichten ihrer Waffenbrüder, daß die nämlichen Männer, die gedungen waren, ihn zu morden, ihm zu Füßen fielen, ihn um Verzeihung baten und seiner Fahne folgten. Während er die Genuesen in Corte belagerte, bemerkte ein Theil der Besatzung die Amme mit seinem ältesten Sohn, der damals noch ein kleines Kind war, wie sie in geringer Entfernung vom Lager herumging, machte einen plötzlichen Ausfall und nahm sie gefangen. Der Gebrauch, den sie von ihren Gefangenen machten, war ihrem übrigen abscheulichen Betragen angemessen. Als Gaffori anrückte, die Wälle zu beschießen, hielten sie das Kind gerade an den Theil des Walls, gegen welchen die Kanonen gerichtet waren. Die Korsen hielten ein; aber Gaffori an ihrer Spitze befahl ihnen, das Feuer fortzusetzen. Glücklicherweise geschah dem Kind Nichts und es blieb am Leben, um, als es zu Verstand gekommen war, diese edle That seines Vaters zu erzählen. Der Vater führte die Angelegenheiten der Insel bis zum Jahr 1753, wo er von einigen Bösewichtern ermordet wurde, die, wie man glaubt, von Genua gedungen waren; so viel ist gewiß, daß sie nach seinem Tode von dieser schmähligen Regierung Pensionen bezogen. Er ließ das Land in einem Zustande, daß es den Krieg zwei Jahre nach seinem Tode ohne Anführer fortsetzen konnte: alsdann fand es einen, seiner Sache würdigen, Mann in Pasquale de Paoli.

Paoli's Vater war einer der Patrioten, denen es geglückt war, aus Korsika zu entfliehen, als es die Franzosen zum Gehorsam zurückbrachten. Er hatte sich nach Neapel zurückgezogen und seinen Sohn im neapolitanischen Dienste sich bilden lassen. Die Korsen hörten von den Fähigkeiten des jungen Paoli, und forderten ihn auf, in sein Geburtsland zu kommen, und den Oberbefehl zu übernehmen. Er besann sich nicht lange: sein Vater, welcher in den Jahren zu weit vorgerückt war, um selbst thätigen Antheil zu nehmen, feuerte ihn an zu gehen; und als sie sich trennten, umarmte und küßte ihn der alte Mann, und gab ihm seinen Segen. »Mein Sohn,« sagte er, »vielleicht sehe ich dich nie wieder; aber in Gedanken werde ich immer bei dir seyn. Dein Entschluß ist groß und edel, und ich zweifle nicht, Gott wird dir Glück dazu verleihen. Ich will den kurzen Rest meiner Tage eurer Sache widmen, indem ich mein Gebet für euer Glück opfere.« Als Paoli den Oberbefehl übernahm, fand er Alles in Verwirrung: er bildete eine demokratische Regierung, zu deren Oberhaupt er erwählt wurde; stellte die Macht der Gesetze wieder her, errichtete eine Universität und nahm überhaupt seine Maßregeln, sowohl um die Mißbräuche zu unterdrücken, als um die heranwachsende Bevölkerung zu bilden, so daß, wenn sich Frankreich nicht in Folge seines schändlichen und abscheulichen Grundsatzes der Usurpation, in's Mittel gelegt hätte, Korsika ohne Zweifel bis auf diesen Tag ein freier, blühender und glücklicher Staat seyn würde, so gut als einer der griechischen in den Tagen ihrer Blüthe. Die Genuesen waren zu der Zeit aus ihren festen Städten vertrieben worden, und wären in kurzer Zeit gänzlich verjagt gewesen. Frankreich war an Genua einige Millionen Livres schuldig: es war ihm nicht gelegen, dieses Geld zu bezahlen; daher schlug der französische Minister den Genuesen vor, er wolle die Schuld dadurch abtragen, daß er 6 Bataillone auf 4 Jahre nach Korsika schicke. Der Unwille, den dieses Benehmen in allen edleren Gemüthern erregte, wurde am stärksten ausgedrückt von Rousseau, welcher bei allen seinen Fehlern nie ermangelte, Gefühl für die Leiden der Menschheit zu zeigen. »Ihr Franzosen, sagt er in einem Brief an Einen von diesem Volk, seyd eine völlig sclavische Nation, durchaus im Solde der Tyrannei, im höchsten Grade grausam und unbarmherzig in der Verfolgung der Unglücklichen. Wenn ihr am andern Ende der Welt einen freien Mann wüßtet, ihr würdet, glaube ich, dorthin gehen, blos des Vergnügens wegen, ihn zu vernichten.«

Die unmittelbare Absicht der Franzosen war nur die, ihre Dienste zu vermiethen: sie wünschten sich von ihrer Schuld an Genua frei zu machen; und da die Gegenwart ihrer Truppen auf der Insel dieses bewirkte, so wollten sie dem Volk keinen weiteren Schaden zufügen. Zu wünschen wäre nur gewesen, daß sich das Benehmen Englands damals vorwurfsfrei erhalten hätte! Allein es erging eine Erklärung von der englischen Regierung nach dem Frieden von Paris, welche jeden Verkehr mit den korsischen Rebellen verbot. Paoli sagte, er hätte das von Großbritannien nicht erwartet. Auf sein Vaterland war dieser große Mann mit Recht stolz: »Ich fordere Rom, Sparta oder Theben heraus, pflegte er zu sagen, mir einen Patriotismus zu zeigen, wie Korsika sich eines dreißigjährigen rühmen kann!« Er machte sich die Ruhe, die ihm die Unthätigkeit der Franzosen und die Schwäche der Genuesen vergönnte, zu Nutzen, indem er seine Plane zur Civilisirung des Volks fortsezte. Er pflegte zu sagen, ob er gleich einen unaussprechlichen Stolz empfinde in der Aussicht auf den Ruhm, nach dem er strebe, wollte er doch gerne vergessen seyn, wenn er nur seine Landsleute glücklich machen könnte. Er stellte sich nie, als ob er seine eigene Bedeutung gering schäzte: »Wir verhalten uns gegenwärtig zu unserem Vaterlande, sagte er, wie der Prophet Elisa, als er über das todte Kind der Sunamitin hingestreckt lag, Auge auf Auge, Nase auf Nase, Mund auf Mund. Es beginnt warm zu werden, und wieder aufzuleben: ich hoffe es wird jezt wieder volle Gesundheit und Leben erlangen.«

Aber als die vier Jahre vorbei waren, kaufte Frankreich die Oberherrschaft über Korsika von den Genuesen um 40 Millionen Livres, wie wenn die Genuesen berechtigt gewesen wären, es zu verkaufen, wie wenn ein Kauf und Verkauf einem Lande das Recht verleihen könnte, ein anderes gegen den Willen seiner Bewohner in Besitz zu nehmen, und alle, welche sich dieser Anmaßung entgegensetzen, hinzuwürgen! Neben andern Greuelthaten, welche Frankreich begangen hat, erscheint diese Handlung nur als ein Flecken; aber der schändlichste Mörder, welcher durch die Hand des Nachrichters stirbt, hat unendlich weniger Schuld auf seiner Seele, als der Staatsmann, der diesen Vertrag abschloß, und der Monarch, der ihn genehmigte und bestätigte. Es erfolgte ein verzweifelter, aber glänzender Widerstand, doch vergebens; keine Macht legte sich zum Besten der beeinträchtigten Inselbewohner in's Mittel, und die Franzosen führten so viel Truppen ein, als erforderlich waren. Sie boten Paoli an, ihn in der höchsten Gewalt zu bestätigen, jedoch unter der Bedingung, daß er sie unter ihrer Oberherrschaft ausüben sollte. Seine Antwort war: »Eher sollten die Felsen, welche ihn umgeben, wegschmelzen, als er eine Sache verrathen werde, welche er mit dem ärmsten Korsen gemein habe.« Sie sezten daher einen Preis auf seinen Kopf. Während zweier Feldzüge hielt er sie im Schach: endlich überwältigte man ihn. Er wurde an's Ufer getrieben und flüchtete sich, nachdem er auf ein Schiff entkommen war, nach England. Man sagt, Lord Shelburne habe seinen Sitz im Kabinet aufgegeben, weil das Ministerium zusah, ohne nur einen Versuch zu machen, es zu verhindern, wie Frankreich auf diese schändliche Weise einen so bedeutenden Erwerb an sich brachte. In einer Beziehung jedoch handelte England, wie es ihm zustand. Paoli wurde mit den gebührenden Ehrenbezeigungen aufgenommen, man bewilligte ihm eine Pension von 1200 Pfund, und für seinen ältern Bruder und seinen Neffen wurde anständig gesorgt.

Ueber zwanzig Jahre blieb Paoli in England, geliebt von den Weisen, bewundert von den Guten. Aber als die französische Revolution ausbrach, schien es an der Zeit, Korsika wieder herzustellen. Das ganze Land, wie von Einem Geist beseelt, erhob sich und verlangte Freiheit; und die Nationalversammlung erließ eine Verordnung, welche die Insel als ein Departement von Frankreich anerkannte, und demnach zu allen Privilegien der neufranzösischen Verfassung berechtigte. Dieß befriedigte die Korsen und selbst Paoli. Er verzichtete im Jahr 1790 auf seine Pension, und erschien vor den Schranken der Versammlung mit den korsischen Abgeordneten, Frankreich Treue schwörend. Aber der Gang der Ereignisse in Frankreich machte bald den Hoffnungen auf eine neue, bessere Ordnung der Dinge ein Ende, welchen Paoli, wie so mancher Menschenfreund gehuldigt hatte: und da er einsah, daß nach der Hinrichtung des Königs ein Bürgerkrieg bevorstand, dessen Ausgang Niemand vorhersehen konnte, so bereitete er einen Bruch der Verbindung zwischen Korsika und der französischen Republik. Der Konvent, welcher einen solchen Plan argwohnte, oder ihn vielleicht durch seinen Argwohn veranlaßte, forderte ihn vor seine Schranken. Dieser Weg führte, wie er wohl wußte, zur Guillotine; er erklärte daher in einer ehrerbietigen Antwort, er werde sich nie in seiner Pflicht untreu finden lassen, Alter und Schwäche machten es ihm aber unmöglich, der Vorladung Folge zu leisten. Ein zweiter Befehl war kürzer, und die französischen Truppen in Korsika, unterstüzt von Korsikanern, welche entweder unter dem Einfluß angeerbter Parteiwuth standen oder in Wirklichkeit dem Jacobinismus ergeben waren, bewaffneten sich gegen ihn. Das Volk war jedoch auf seiner Seite. Er begab sich nach Corte, der Hauptstadt der Insel, und wurde wieder mit der Macht bekleidet, welche er in der Glanzperiode seines Ruhmes gehabt hatte. Der Konvent erklärte ihn auf dieß hin für einen Rebellen und sezte einen Preis auf seinen Kopf. Es war nicht das erstemal, daß Frankreich Paoli geächtet hatte.

Paoli eröffnete jetzt einen Briefwechsel mit Lord Hood, und versprach demselben, wenn die Engländer von der See aus einen Angriff auf St. Fiorenzo machen wollten, so wolle er es zu gleicher Zeit von der Landseite angreifen. Allein er war nicht im Stande, dieses Versprechen zu erfüllen, und Kommodore Linzee, welcher im Vertrauen darauf zu dieser Expedition abgesandt worden war, wurde mit einigem Verlust zurückgeschlagen. Lord Hood, welcher jezt genöthigt war, Toulon zu räumen, argwohnte, Paoli habe ihn absichtlich getäuscht. Dieß war ein ungerechter Verdacht. Kurz nachher sandte er den Oberst-Lieutenant (nachher Sir John) Moore und den Major Köhler ab, um sich mit Paoli wegen eines Operationsplans zu besprechen. Sir Gilbert Elliot begleitete sie: und es wurde ausgemacht, daß in Betracht des Beistandes zu Land und zur See, welche Englands König zur Vertreibung der Franzosen leisten würde, die Insel Korsika Seiner Majestät übergeben werden solle, und daß sie sich verbindlich machen müsse, in jede Ansiedlung zu willigen, welche England etwa werde gründen wollen. Während dieser Unterhandlungen kreuzte Nelson mit einem kleinen Geschwader in der Nähe, um den Feind zu verhindern, Verstärkung auf die Insel zu werfen. Unweit St. Fiorenzo, hatten die Franzosen ein Mehlmagazin bei der einzigen Mühle: Nelson paßte eine Gelegenheit ab, sezte 120 Mann an's Land, welche das Mehl in das Meer warfen, die Mühle verbrannten und sich wieder einschifften, ehe tausend Mann, die gegen sie geschickt wurden, Gelegenheit hatten, ihm auch nur einen einzigen Mann zu tödten. Während er auf diese Weise beschäftigt war, allen Succurs abhielt, Depeschen auffing, Außenposten und Befestigungen angriff und Schiffe von der Bay abschnitt, eine Art von Kriegführung, welche noch mehr als sie dem Feinde schadet, seinen Muth niederschlägt, weil sie das Bewußtseyn von Ueberlegenheit auf Seiten der Angreifenden beweist, wurden Truppen an's Land gesezt und St. Fiorenzo belagert. Die Franzosen fanden sich außer Stand, diesen Posten länger zu behaupten; sie versenkten daher eine ihrer Fregatten, verbrannten die andere und zogen sich nach Bastia zurück. Lord Hood übertrug dem General Dundas, welcher die Landtruppen befehligte, die Ausführung eines Plans, diesen Platz zu nehmen. Der General lehnte aber seine Mitwirkung ab, weil er das Unternehmen ohne eine Verstärkung von 2000 Mann, welche er von Gibraltar erwartete, für unmöglich hielt. Darauf entschloß sich Lord Hood, dasselbe blos mit den Seetruppen, die er unter seinem Befehl hatte, auszuführen; er ließ einen Theil seiner Flotte vor Toulon und kam mit dem Reste nach Bastia.

Er zeigte dabei eine besondere Art von Achtung vor Nelson's Verdiensten und von Vertrauen auf seine Talente, indem er sich hütete, einen älteren Kapitän mitzubringen. Wenige Tage vor seiner Ankunft hatte Nelson einen »Strauß mit dem Feinde,« wie er es zu nennen pflegte. »Hätte ich 500 Mann bei mir gehabt,« sagte er, »so würde ich sicherlich die Stadt erstürmt haben; und ich glaube, es würde gut gegangen seyn. Die Landsoldaten gehen so träge, daß Seeleute glauben, sie kommen gar nicht vorwärts: doch möchte ich sagen, sie gehen mit mehr Sicherheit zu Werke, obgleich uns selten etwas mißlingt.« Während dieser besondern Aktion erschien die englische Armee auf den Höhen; und zog sich, nachdem sie den Ort rekognoscirt hatte, nach St. Fiorenzo zurück. »Was der General gesehen haben mag, das ihn zum Rückzug nöthigte,« sagte Nelson, »kann ich nicht begreifen. Tausend Mann würden sicherlich Bastia genommen haben; mit 500 und dem Agamemnon würde ich es angreifen. Meine Seeleute sind wirklich, was brittische Seeleute seyn sollen, beinahe unbesiegbar.«

General Dundas hatte nicht das gleiche Vertrauen. »Nach reiflicher Ueberlegung,« sagte er in einem Brief an Lord Hood, »und einer persönlichen, mehrere Tage fortgesezten Besichtigung aller Verhältnisse, sowohl lokaler, als auch anderer, halte ich die Belagerung von Bastia mit unsern gegenwärtigen Mitteln und Kräften für ein eitles, voreiliges Unternehmen; und es ist somit kein Offizier zu der Unternehmung berechtigt.« Lord Hood antwortete, Nichts würde ihm schmeichelhafter seyn, als die ganze Verantwortlichkeit auf sich nehmen zu können; und erklärte sich willig, die Eroberung des Platzes auf seine eigene Gefahr, mit den Kräften und Mitteln, die ihm zu Gebote standen, zu wagen. General d'Aubant, welcher zu der Zeit den Befehl über die Armee übernahm, theilte die Ansicht seines Vorgängers, und hielt es nicht für angemessen, den Lord mit Soldaten, Kanonen oder Kriegsvorräthen zu versehen. Lord Hood konnte blos wenige Artilleristen erhalten; und nachdem er an Bord den Befehl gegeben hatte, daß der Theil der Truppen, welche als Marinetruppen eingeschifft worden waren, in die Schiffsbücher als Verstärkung der Bemannung aufgenommen werden sollte, eröffnete er die Belagerung mit 1183 Soldaten, Artilleristen und Seetruppen und 250 Matrosen. »Wir sind unserer nur Wenige,« sagte Nelson, »aber vom rechten Schlag; unser General in St. Fiorenzo gibt uns keines von den fünf Regimentern, welche er dort müßig liegen hat.«

Diese Mannschaft wurde am 4. April an's Land gesezt, unter dem Oberst-Lieutenant Villettes und Nelson, welcher jezt den Titel Brigadier erhalten hatte. Kanonen wurden von den Matrosen auf Höhen geschleppt, wo es fast unmöglich schien, sie hinzubringen; eine Arbeit von der äußersten Schwierigkeit, die, wie Nelson sagte, seiner Meinung nach von Niemand anders, als von brittischen Seeleuten hätte ausgeführt werden können. Die Soldaten, obgleich weniger geschickt in diesem Dienst, weil sie nicht, wie die Matrosen, durch beständige Uebung daran gewöhnt waren, benahmen sich in gleichem Geiste. »Ihr Eifer,« sagt der Brigadier, »ist beinahe ohne Beispiel. Es ist kein Mann darunter, der sich nicht als persönlich bei dem Erfolg betheiligt und von dem General bemerkt ansieht. Ich bin überzeugt, daß sie dieß einer doppelten Anzahl gleich gemacht hat.« Dieß ist Ein Beweis, statt vieler, daß, wenn englische Soldaten englischen Seeleuten gleichen sollen, Nichts weiter erforderlich ist, als daß sie eben so gut angeführt sind. Sie haben gleichen Muth und gleichen Geist, wie gleiches Fleisch und Blut. Zu viel mag zwar bei einem Rückzug von ihnen verlangt werden; aber stellt sie dem Feind entgegen, und es gibt nichts im Bereiche der menschlichen Kraft, was sie nicht zu Stande bringen würden. Die Franzosen hatten sich die Ruhe zu Nutzen gemacht, welche ihnen der Oberbefehlshaber gestattete; und ehe Lord Hood seine Operationen begann, hatte er den Verdruß, zu sehen, daß der Feind täglich neue Werke errichtete, einige alte verstärkte und den Angriff schwieriger machte. La Combe St. Michel, der Bevollmächtigte des National-Konvents, welcher sich in der Stadt befand, beantwortete die Aufforderung des brittischen Admirals mit folgenden Worten: »Ich habe glühende Kugeln für eure Schiffe und Bajonette für eure Truppen. Wenn zwei Drittel unserer Mannschaft getödtet seyn werden, werde ich mich der Großmuth der Engländer übergeben.« Die Belagerung wurde jedoch nicht mit der Festigkeit ausgehalten, welche solch' eine Antwort anzudeuten schien. Am 19. Mai eröffnete man Unterhandlungen wegen der Uebergabe: am nämlichen Abend erschienen die Truppen von St. Fiorenzo auf den Hügeln, und am folgenden Morgen kam General d'Aubant mit der ganzen Armee, um Bastia in Besitz zu nehmen.

Der Erfolg dieser Belagerung hatte das Selbstvertrauen der Seeleute gerechtfertigt; aber sie selbst entschuldigten die Meinung des Generals, als sie ihr Werk sahen. »Ich bin erstaunt,« sagte Nelson, »wenn ich darüber nachdenke, was wir vollbracht haben: 1000 Mann reguläre Truppen, 1500 Mann Nationalgarden und eine große Menge korsischer Truppen, 4000 im Ganzen, streckten die Waffen vor 1200 Soldaten, Matrosen und Seetruppen! Ich war immer der Meinung, habe immer darnach gehandelt und hatte nie Grund, es zu bereuen, daß ein Engländer drei Franzosen aufwiegt. Wäre es eine englische Stadt gewesen, so bin ich sicher, sie wäre nicht genommen worden.« Als man den Beschluß faßte, den Platz anzugreifen, glaubte man, der Feind sey an Anzahl weit geringer; und erst, als Alles angeordnet und die Belagerung förmlich unternommen war, hatte Nelson sichere Nachricht von der großen Ueberlegenheit der Besatzung erhalten. Dieß hielt er aber geheim, aus Besorgnis, wenn man einen so schönen Vorwand erhielt, möchte der Angriff aufgegeben werden. »Meine eigene Ehre,« sagte er zu seiner Frau, Lord Hood's Ehre und die Ehre unseres Vaterlandes hätten aufgeopfert werden müssen, wenn ich, was ich wußte, bekannt gemacht hätte. Du kannst Dir daher denken, welche Gefühle ich während der ganzen Belagerung haben mußte, wenn ich mir oft selbst vorgenommen hatte, an Lord Hood zu schreiben, er solle sie aufgeben.« Die Leute, welche abgerathen hatten, wurden für ihr Benehmen bei der Belagerung von Bastia belohnt: Nelson, durch welchen doch Bastia in der That genommen wurde, erhielt keine Belohnung. Lord Hood's Dankbezeigungen gegen ihn, sowohl öffentlich, als persönlich, waren, wie er selbst sagte, das Schönste, was man ihm geben konnte: aber seiner ausgezeichneten Verdienste war in den Depeschen nicht so erwähnt, um ihn der Nation gehörig bekannt zu machen, noch um von der Regierung die Ehrenbezeigungen zu erlangen, zu welchen sie ihn in so hohem Grade berechtigten. Dieß konnte allein Folge der Eile seyn, mit welcher die Depeschen geschrieben worden waren; sicherlich nicht überlegte Absicht: denn Lord Hood war stets sein beständiger, aufrichtiger Freund.

Eines der Kartellschiffe, welches die Besatzung von Bastia nach Toulon führte, brachte die Nachricht zurück, daß die Franzosen damit umgingen, aus diesem Hafen abzusegeln; so schnelle Anstalten hatten sie gemacht, um den Schaden, welcher durch die Räumung entstanden war, zu ersetzen und eine Flotte auszurüsten. Die Nachricht bewährte sich bald. Lord Hood segelte daher gegen die Hierischen Inseln ab. Der Agamemnon war bei ihm. »Ich bitte Gott, sagt Nelson in einem Brief an seine Frau, daß wir auf ihre Flotte stoßen möchten. Wenn mich ein Unfall treffen sollte, so bin ich überzeugt, mein Benehmen soll so seyn, daß es Dir Anspruch auf die königliche Gnade gibt; nicht als ob ich den geringsten Gedanken hätte, daß ich nicht zu Dir zurückkehren sollte und zwar ehrenvoll: wo aber nicht, so geschehe Gottes Wille. Mein Name wird nie meinen Angehörigen Unehre machen. Das Wenige, was ich habe, habe ich Dir gegeben, eine kleine Leibrente ausgenommen; ich wünschte, es wäre mehr; aber ich habe nie einen Pfennig unehrlich erworben: es kommt aus reinen Händen. Was für ein Schicksal mich immer erwarten mag, ich bitte Gott, Dich zu segnen und Dich für Deinen Sohn zu erhalten.« Bei diesem gefaßten, zutrauensvollen Sinne, schienen seine Hoffnungen und Wünsche ihrer Erfüllung nahe zu seyn, als der Feind in seiner Verborgenheit am Lande, in der Nähe von St. Tropez, entdeckt wurde. Der Wind fiel ab und verhinderte Lord Hood, zwischen ihn und das Ufer zu dringen, wie er im Sinne gehabt. Boote von Antibes und andern Orten kamen den Franzosen zu Hülfe und bugsirten sie in die Untiefen der Straße von Gourjean, wo sie unter dem Schutze der Batterien von St. Honoré und St. Marguerite und von Kap Garousse standen. Nun entwarf der englische General einen neuen Angriffsplan, nach welchem fünf der nächsten Schiffe zwischen zwei Feuer gebracht werden sollten; aber der Wind fiel wieder ab, und es zeigte sich, daß die Feinde in geschlossener Ordnung geankert hatten, und den einzigen großen Durchgang für Schiffe bewachten. Es war kein anderer Weg, diesen Eingang zu erzwingen, als daß man die Schiffe zog oder bugsirte; und dieß machte einen Angriff unmöglich. Dießmal entwischte der Feind: aber Nelson trug den bewundernswürdigen Angriffsplan stets im Sinne, welchen Lord Hood ausgedacht hatte, und es kam ein Tag, wo Frankreich die furchtbaren Wirkungen desselben erfahren sollte.

Der Agamemnon wurde jezt beordert, den General Sir Charles Stuart in der Belagerung von Calvi zu unterstützen, einen Offizier, der zum Unglück für sein Vaterland niemals ein angemessenes Feld erhalten hat, um seine ausgezeichneten Talente entwickeln zu können, welche doch allen, die ihn kannten, so sehr in die Augen fielen. Lord Melville erkannte diese Talente vollkommen an, und legte nach Sir Charles Tod das schönste Zeugniß für sie ab. Nelson hatte hier weniger Verantwortlichkeit, als bei Bastia; er hatte es mit einem Manne nach seinem eigenen Sinn zu thun, welcher sich selbst nicht schonte, und jede Nacht in der vordersten Batterie schlief. Doch war der Dienst hier nicht weniger hart, als bei der vorigen Belagerung. »Wir wollen uns lieber zu Tode abmüden,« sagte er zu Lord Hood, »als daß eine Schuld auf uns fallen soll. Ich hoffe, es wird nicht vergessen werden, daß 25 Stücke schweren Geschützes auf die verschiedenen Batterien geschleppt worden sind, und alle auch, außer drei, von Seeleuten vertheidigt, ohne daß mehr als ein Artillerist dabei war, der die Kanonen richtete.« Das Klima zeigte sich verderblicher, als der Dienst; denn es war gerade während der »Löwensonne,« wie man dort unsere Hundstage nennt. Von 2000 Mann waren über die Hälfte krank, und der Rest, wie so oft, bildete sich ein, es zu seyn. Nelson beschrieb sich selbst als das Rohr unter den Eichen, welches sich vor dem Sturm beuge, während jene davon umgestürzt würden. »Alle Arten von Unpäßlichkeiten, die bei uns herrschen, haben mich ergriffen,« sagte er, »aber ich habe nicht Kraft genug für sie, daß sie mich festhalten könnten.« Der Verlust durch den Feind war unbedeutend. Aber Nelson widerfuhr ein ernstliches Unglück: eine Kugel traf den Boden neben ihm und schleuderte ihm Sand und kleine Kiesel in eines der Augen. Er machte im Augenblick wenig daraus: in einem Briefe vom selbigen Tage an Lord Hood sagte er nur, er habe diesen Morgen eine kleine Verwundung erhalten, aber nicht von Bedeutung; am andern Tage werde er schon im Stande seyn, Abends seine Schuldigkeit wieder zu thun. In der That ließ er sich nur einen einzigen Tag zurückhalten; aber sein Auge war verloren.

Nach dem Fall von Calvi wurden seine Dienste durch eine seltsame Versäumniß gänzlich übersehen; und sein Name wurde nicht einmal in der Liste der Verwundeten erwähnt. Dieß war keineswegs dem Admiral zuzurechnen, denn er sandte Nelson's Tagebuch der Belagerung nach Hause, damit man die Art seiner unermüdlichen beispiellosen Anstrengungen vollkommen kennen lernen möchte. Wenn seine Bemühungen nicht so glänzend belohnt wurden, als sie es verdienten, so lag die Schuld an der damaligen Verwaltung, nicht an Lord Hood. Nelson fühlte sich zurückgesezt. »Hundert und zehn Tage,« sagte er, »war ich zur See und zu Land gegen den Feind thätig; ich führte drei Aktionen gegen Schiffe, zwei gegen Bastia in meinem eigenen Schiffe, vier gegen Boote aus, nahm zwei Städte und verbrannte zwölf Segel. Ich weiß nichts davon, daß irgend Einer mehr gethan hat. Ich habe die Befriedigung gehabt, immer von meinem Oberbefehlshaber belobt zu werden, aber nie wurde ich belohnt: und was ist kränkender, als wenn ich Andere für Dienste, wobei ich verwundet worden bin, beloben höre, welche zu der Zeit im Bette waren, fern vom Kriegsschauplatz. Man hat mir keine Gerechtigkeit widerfahren lassen. Aber ich werde noch meine eigene Zeitung haben.« In welch' hohem Grade wurde diese Prophezeiung seines Ruhmes verwirklicht!

Die Gesundheit seiner Schiffsmannschaft war durch die Härte des Dienstes, wie er sich ausdrückte »jammervoll zerfetzt,« 150 Mann lagen krank, als er Calvi verließ; von diesen verlor er fünfzig, und die Gesundheit der Uebrigen mußte er für ganz zerrüttet halten. Er wurde jezt mit Depeschen an Mr. Drake nach Genua geschickt, und sah hier zum ersten Mal den Dogen. Die Franzosen hatten sich damals auf dem genuesischen Gebiet ausgebreitet; und Nelson sah voraus, daß, wenn sie im Sinne hätten, einen Einfall nach Italien zu machen, dieß im folgenden Frühjahr geschehen würde. »Die verbündeten Mächte,« sagte er, »sind eifersüchtig auf einander, und außer England ist keine offen in der Sache.« Sein Rath war für einen ehrenvollen Frieden, weil England, wie er meinte, sich selbst entblößte, indem es Bundesgenossen unterstüzte, welche nicht selbst für sich kämpfen wollten. Lord Hood war jezt nach England gereist, und das Kommando kam an Admiral Hotham. Die Angelegenheiten im Mittelmeer gewährten damals einen traurigen Anblick. Die Ränke sowohl, als die Waffen des Feindes, hatten die Oberhand gewonnen. Toskana schloß Frieden, indem es sich auf das Wort Frankreichs verließ, was in der That so viel war, als sich seiner Gnade zu überlassen und Korsika war in Gefahr. England hatte diese Insel für sich gewonnen, sie förmlich mit der großbritannischen Krone verbunden und ihr eine ebenso freie Verfassung, als seine eigene, gegeben. Dieß war mit der Einwilligung des größeren Theils der Einwohner geschehen, und nie war eine Verhandlung zwischen zwei Ländern ehrlicher oder rechtmäßiger. Aber Englands Betragen war unklug, denn die Insel ist groß genug, um einen unabhängigen Staat zu bilden, und dazu hätte man sie machen sollen, wenn auch unter Protektion, so lange sie einer solchen bedürftig gewesen wäre, dann würden sich die Korsen als eine Nation gefühlt haben. Statt dessen war nun die natürliche Folge, daß, wenn eine Partei das Land in die Hände Englands gegeben hatte, eine andere ihre Augen auf Frankreich richtete. Die Frage, welche das Volk entscheiden sollte, war, wem es angehören wolle, Sprache und Religion waren gegen England; sein unpassendes Benehmen noch mehr. Die Franzosen waren schlauere Politiker. In der Intrigue sind sie noch niemals übertroffen worden; und es zeigte sich jezt, daß, trotz ihrer früheren Bedrückungen, welche nie hätten weder vergessen, noch vergeben werden sollen, ihr Anhang täglich mehr Stärke erhielt. Die französische Politik beobachtete von je das kluge Verfahren, andern Mächten durch eine stolze Sprache und durch Drohungen eine hohe Meinung von Frankreichs Macht einzuflößen, ein System, das den Muth Verbündeter aufrecht erhält und ihre Hoffnungen nährt, während zugleich darauf zielt, die Feinde in Furcht zu erhalten. Korsika wurde nun laut bedroht. Die Franzosen, welche ihre Schwäche zur See noch nicht kennen gelernt hatten, trozten den Engländern auf diesem Element. Sie hatten eine überlegene Flotte im Mittelmeer und sandten sie mit dem ausdrücklichen Befehl ab, die englische aufzusuchen und anzugreifen. Also stach die Flotte von Toulon, bestehend aus siebenzehn Linienschiffen und fünf kleineren Segeln, in die See. Admiral Hotham erhielt diese Nachricht in Livorno und segelte ihr unverzüglich entgegen Er hatte vierzehn Linienschiffe und ein neapolitanisches von 74 Kanonen; aber seine Schiffe waren blos halb bemannt, indem sie nicht mehr als 7650 Mann an Bord hatten, während der Feind 16 900 stark war. Er bekam sie bald zu Gesicht; eine Hauptschlacht wurde erwartet, und Nelson schrieb, wie es bei solchen Gelegenheiten seine Gewohnheit war, einen kurzen Brief an seine Frau, der sein leztes Lebewohl enthalten konnte. »Aller Leben,« sagte er, »ist in der Hand des Himmels, der am besten weiß, ob er das meine schützen soll oder nicht: mein Charakter und mein guter Name stehen aber in meiner Hand.« Allein so groß auch das Vertrauen war, welches die französische Regierung auf ihre Ueberlegenheit zur See hatte, die Offiziere waren nicht der gleichen Meinung; und nachdem sie im Angesicht der englischen Flotte einen Tag lang manövrirt hatten, ließen sie sich in die Flucht treiben. Eines ihrer Schiffe, der Ça ira, von 84 Kanonen verlor den Haupt- und vorderen Topmast. Die Fregatte, der Inkonstant, feuerte auf dieses beschädigte Schiff, erhielt aber so viele Schüsse, daß sie genöthigt war, es aufzugeben. Bald darauf nahm eine französische Fregatte den Ça ira in's Schlepptau, und der Sanskulottes von 120 Kanonen und der Jean Barras von 74 hielten sich unter Schußweite auf seiner Windseite. Der Agamemnon war nahe dabei, aber auf Meilen kein Linienschiff, was ihn unterstützen konnte. Als er näher kam, feuerte der Ça ira die Kanonen des Hintertheils so gut ab, daß nicht Ein Schuß das Schiff verfehlte und zulezt jeder Schuß die Maste traf. Es war Nelson's Absicht gewesen, nicht früher zu feuern, als bis er den Spiegel des feindlichen Schiffes erreicht hätte; aber da er sah, wie unmöglich es sey, Hülfe zu bekommen, und wie sicher der Agamemnon zu Grunde gehen mußte, wenn seine Masten unbrauchbar geworden waren, änderte er seinen Plan nach den Umständen. Sobald er in einer Entfernung von hundert Yards vom Spiegel des Feindes war, befahl er, das Ruder am Backbord anzulegen, die Hintersegel aufzugeien, und als das Schiff abfiel, gab der Feind seine ganze breite Schiffseite. Sogleich holte man die Hinterbrassen an, legte das Steuer an die linke Seite des Schiffes und befand sich wieder hinter dem Feinde. Dieses Manöver führte man neun Viertelstunden lang aus, und verhinderte dadurch den Ça ira, auch nur eine einzige Kanone von irgend einer Seite des Schiffes gegen den Agamemnon zu richten. Wenn die Franzosen ihre hinteren Kanonen lösten, so geschah es nicht mehr mit der nöthigen Ruhe, denn jeder Schuß ging zu weit. Indessen hingen ihre Segel in Fetzen, ihre Kreuzstenge, Besansegel und Kreuzsegel waren abgeschossen. Aber die Fregatte, welche der Ça ira im Tau hatte, manövrirte nun so, daß beide französische Schiffe ihre Kanonen richten und ihr Feuer eröffnen konnten. Der Agamemnon kam in halbe Pistolenschußweite; beinahe jeder Schuß ging über ihn hin, denn die Franzosen hatten ihre Kanonen gegen das Tackelwerk gerichtet, für ein entferntes Feuer berechnet, und versäumten es, die Richtung zu ändern. Sobald die hinteren Kanonen des Agamemnon zu wirken aufhörten, zog er die Stagsegel auf und unterhielt ein anhaltendes Feuer, während er sich drehte; und dieß wurde, sagt Nelson, mit einer solchen Pünktlichkeit ausgeführt, als hätte er sich in Spithead zu drehen gehabt. Während des Wendens sah er, daß der Sanskulottes, welcher, wie mehrere der feindlichen Schiffe, stark beschädigt war, unter seiner Leeseite und leewärts gerichtet war. Zu gleicher Zeit gab der Admiral Befehl, die Schiffe im Vortreffen sollten sich mit ihm vereinigen. Nelson entfernte sich daher und bereitete sich, alle Segel aufzuspannen; und der Feind, nachdem er sein Schiff gerettet hatte, holte dicht beim Winde an, und eröffnete gegen ihn ein entferntes, unwirksames Feuer. Nur sieben von der Besatzung des Agamemnon wurden verwundet, was Nelson selbst für ein Wunder hielt; seine Segel und Tauwerk waren sehr stark beschädigt, und er hatte viele Kugeln im Rumpf und einige zwischen Wind und Wasser. Der Ça ira verlor an diesem Tage 110 Mann und war so zugerichtet, daß er keine Stenge während der Nacht aufrichten konnte.

Mit Anbruch des folgenden Tages gingen die englischen Schiffe mit gutem Wind gegen Nordwest, während die feindliche Flotte den Südwind hielt. Die Hauptflotte war ungefähr fünf Meilen entfernt; der Ça ira und der Censeur von 74 Kanonen, welcher erstere im Schlepptau hatte, ungefähr drei und eine halbe. Man sezte alle Segel bei, um diese Schiffe abzuschneiden: und da die Franzosen sie zu retten suchten, so entstand ein vereinzelter Kampf. Der Agamemnon war wieder mit seinem gestrigen Feinde im Treffen, aber er hatte auf beiden Seiten zugleich zu kämpfen. Der Ça ira und der Censeur fochten sehr brav: der erste verlor nahe an 300 Mann mit seinem früheren Verlust; der leztere 350. Beide strichen zulezt die Segel: und Lieutenant Andrews vom Agamemnon, ein Bruder der Lady, deren Bekanntschaft Nelson in Frankreich gemacht hatte, und nach Nelson's eigenen Worten »ein so braver Offizier, als je einer das Hinterdeck betreten hat,« hißte die englische Farbe an Bord beider auf; der Rest der feindlichen Flotte war in sehr üblem Zustande. Sobald diese Schiffe sich ergeben hatten, ging Nelson zu Admiral Hotham, und machte ihm den Vorschlag, die zwei Prisen mit dem Illustrious und Courageur, welche in dem Treffen beschädigt worden waren, nebst vier Fregatten zurückzulassen, der Rest der Flotte aber sollte dem Feind nachsetzen und seinen Vortheil so weit als möglich verfolgen. Allein er erhielt die Antwort: »Wir müssen zufrieden seyn: wir haben sehr viel gethan.« »Nun,« sagte Nelson, »hätten wir zehn Segel genommen und das eilfte entwischen lassen, während es doch möglich gewesen wäre, uns ebenfalls in seinen Besitz zu setzen, so hätt' ich das nicht gut heißen können. Goodall war meiner Meinung: ich suchte ihn zu bewegen, dem Admiral zu schreiben, aber er wollte es nicht thun. Wir würden einen Tag gehabt haben, wie ihn, glaube ich, die Annalen Englands noch nicht kennen.« In diesem Briefe drückt sich Nelson's Charakter vollkommen aus. »Ich wünsche,« sagte er, »Admiral zu seyn, Kommandant der englischen Flotte; ich würde sehr bald entweder viel thun oder zu Grunde gehen: mein Temperament kann matte, lahme Maßregeln nicht ertragen. Ich bin überzeugt, hätte ich am vierzehnten den Oberbefehl gehabt, entweder würde die ganze französische Flotte meinen Triumph geziert haben, oder ich wäre in die schrecklichste Noth gerathen.« Was der Erfolg gewesen seyn würde, wußte er aus seinem eigenen prophetischen Geiste und dem Bewußtseyn seiner Ueberlegenheit: und jezt wissen wir es auch, denn Abukir und Trafalgar haben es uns gelehrt.

Der Ça ira und Censeur vertheidigten sich in diesem Treffen mit um so größerer Hartnäckigkeit, weil sie, wenn sie die Segel strichen, auf keinen Pardon hoffen zu können glaubten. Sie hatten glühende Kugeln geschossen und auch, wie sie sagten, vom Konvent zu Paris eine Komposition erhalten, welche eine Art griechisches Feuer gewesen zu seyn scheint; denn es wurde flüssig, wenn es abgefeuert wurde, und Wasser konnte seine Flamme nicht löschen. Diese Brennmaterialien waren in den genommenen Schiffen mit großer Sorgfalt verborgen: wie die glühenden Kugeln hatten sie sich in der Schlacht nutzlos gezeigt. Admiral Hothams Treffen rettete Korsika für den Augenblick, aber der Sieg war unvollkommen gewesen, und die Ankunft von sechs Linienschiffen, zwei Fregatten und zwei Kuttern von Brest gab den Franzosen eine Ueberlegenheit, welche, hätten sie Gebrauch davon zu machen gewußt, die brittische Flotte im Mittelmeer in der That in Gefahr gebracht hätte. Diese Flotte war während Lord Chathams Verwaltung des Seewesens sehr vernachlässigt worden, und verspürte noch eine Zeit lang die wohlthätige Wirkung seiner Entfernung nicht. Lord Hoods Reise nach England hatte den Zweck, den wahren Stand der Dinge vorzustellen, und die, den Erfordernissen der Zeit und der Wichtigkeit des Kriegsschauplatzes angemessene, Verstärkung zu verlangen. Aber der unglückselige Irrthum, die Kräfte mit den Leistungen in ein Mißverhältniß zu setzen, diese verderbliche Sparsamkeit, welche dadurch, daß sie Weniges erspart, Alles, was sie aufwendet, nutzlos macht, hatte damals das brittische Conseil angesteckt; und Lord Hood legte den Oberbefehl nieder, weil er nicht im Stande war, die Verstärkungen, die, nach seinem Ermessen, nothwendig waren, zu erhalten. »Sicherlich,« sagte Nelson, hat man uns zu Hause vergessen.« Ein anderes neapolitanisches Schiff von 74 Kanonen stieß zu Admiral Hotham; und Nelson bemerkte mit Bedauern, daß dieß ein Anlaß zum Jubel für die englische Flotte war. Als die Munitions- und Proviantschiffe von Gibraltar ankamen, galt es für ein Wunder, daß sie dem Feind entkommen waren; »und wären sie nicht entkommen,« sagte Nelson, »so hätte das Spiel ein Ende gehabt. In diesem Augenblick ist ein Stillstand in unsern Operationen, weil wir nicht Schiffe genug haben, den Oesterreichern bei der Besitznahme der Seeküste von Sardinien beizustehen; unser Admiral fühlt sich nicht einmal fähig, sich zu zeigen, viel weniger sie in ihren Operationen zu unterstützen.« Man erhielt Nachricht, die Franzosen seyen wieder mit achtzehn bis zwanzig Segeln ausgelaufen; die vereinigte brittisch-neapolitanische Flotte hatte nur sechzehn. War der Feind nur achtzehn Schiffe stark, so zweifelte Nelson nicht an einem vollständigen Sieg; war er aber zwanzig stark, so, sagte er, sey dieß nicht zu erwarten: und eine Schlacht ohne vollständigen Sieg würde ein Verlust gewesen seyn, da fernere Verstärkung von dieser Seite Gibraltars nicht mehr zu erwarten stand. Endlich kam Admiral Man mit einem Geschwader. »Was sie damit meinen konnten, daß sie ihn mit blos fünf Linienschiffen abschickten, sagte Nelson, ist in der That zum Erstaunen: aber es ist Einer wie der Andere, und wir finden in diesem Lande keine Verbesserung oder Veränderung im alten Admiralitäts-Kollegium. Sie sollten wissen, daß die Hälfte der Schiffe nach England gehen muß, und daß sie uns längst hätten verstärken sollen.«

Um diese Zeit wurde Nelson Oberst der Seetruppen, ein Zeichen von Zufriedenheit, was er schon lange mehr gewünscht, als erwartet hatte. Es kam zu guter Zeit, denn sein Geist war durch den Gedanken, daß seine Leistungen nicht verdienter Weise anerkannt würden, niedergedrückt; und verminderte auch das kränkende Gefühl, welches durch eine Antwort auf ein Gesuch beim Kriegsministerium erweckt worden war. Während der vier Monate seines Landdienstes in Korsika hatte er nämlich seine ganze Schiffs-Equipirung in Folge des Aufenthalts im Lager eingebüßt. Er schrieb an den Kriegssekretär, beschrieb kurz, was er am Lande geleistet hatte, und sagte: er sey überzeugt, nichts Unschickliches zu verlangen, wenn er fordere, es möchten ihm dieselben Vergünstigungen eingeräumt werden, welche einem Landoffizier von dem Range zugestanden werden, in dem er gewesen war. Wenn ihm dieß nicht bewilligt würde, so hoffe er wenigstens, seine vermehrten Ausgaben sollten ihm bezahlt werden. Die Antwort, welche er erhielt, war: »nie seyen unter der Direktion des Kriegsministeriums See-Offizieren, welche mit der Armee am Ufer gewesen seyen, besondere Bewilligungen gemacht worden.«

Er trat nun in ein neues Dienstverhältniß. Die österreichischen und sardinischen Armeen unter General de Vins verlangten ein brittisches Geschwader, welches ihnen bei der Vertreibung der Franzosen aus der Riviera di Genoa beistehen sollte; und da Nelson so oft Soldatendienste gethan hatte, so war es sogleich entschieden, er solle als Brigadier dahin abgehen. Er segelte von St. Fiorenzo an den Ort seiner Bestimmung; traf aber beim Kap del Mele mit der feindlichen Flotte zusammen, welche sein Geschwader sogleich verfolgte. Die Jagd dauerte 24 Stunden; und wegen des schwankenden Windes waren die brittischen Schiffe mehrmals stark im Gedränge: aber der Mangel an Erfahrung auf Seiten der Franzosen gab jenen manchen Vortheil. Nelson nahm seinen Weg zurück nach St. Fiorenzo, wo die Flotte, welche gerade Wasser einnahm und ausgebessert wurde, 7 Stunden lang den Verdruß hatte, ihn beinahe in der Gewalt des Feindes zu sehen, ehe der Wind es ihr möglich machte, zu seiner Hülfe auszulaufen. Die Franzosen jedoch gingen Abends zurück, ohne sich dem Ufer noch mehr nähern zu wollen. Während der Nacht ging Admiral Hotham mit großer Anstrengung unter Segel, und nachdem er den Feind vier Tage gesucht hatte, bekam er ihn am fünften zu Gesicht. Betrügliche Winde und die verdrießliche Windstille, so gewöhnlich im mittelländischen Meer, machten es unmöglich, handgemein zu werden; nur ein theilweiser Kampf konnte stattfinden. Dann hörte das Feuer gänzlich auf; die Franzosen, welche den Wind hatten, liefen an's Ufer; und die englische Flotte wurde sechs bis sieben Meilen gegen Westen von einer Windstille aufgehalten. Der Alcid, von 74 Kanonen strich die Segel; aber ehe er in Besitz genommen werden konnte, fing eine Kiste mit Brennmaterialien auf seinem Vormars Feuer, und die unglückliche Mannschaft erfuhr, wie weit gefährlicher ihre Erfindungen für sie selbst, als für die Feinde waren. Das Feuer griff so schnell um sich, daß die Franzosen in ihrem offiziellen Bericht sagten, der Rumpf, der Mast und die Segel schienen alle zugleich Feuer zu fangen; und obgleich die englischen Boote ausgesezt wurden, um den Unglücklichen an Bord zu Hülfe zu kommen, so konnten doch nicht mehr als 200 gerettet werden. Der Agamemnon und Kapitän Rowley auf dem Cumberland hatten sich gerade zum zweitenmal in Kampf eingelassen, als der Admiral sie abrief, weil der Wind jezt gerade gegen den Golf von Frejus wehte, wo der Feind im Dunkel des Abends ankerte.

Nelson sezte jezt seinen Weg mit acht Fregatten zum Orte seiner Bestimmung fort. In Genua angekommen hatte er eine Zusammenkunft mit dem brittischen Gesandten daselbst, Drake. Sie kamen darüber überein, die Aufgabe der Britten sey, den Handel zwischen Genua, Frankreich und den von den französischen Truppen besezten Plätzen zu unterbrechen; hörte dieser Handel nicht auf, so war es für die verbündeten Armeen kaum möglich ihren Standpunkt zu halten, und undenkbar den Feind aus der Riviera di Genoa zu vertreiben. Drake war der Meinung, daß auch Nizza aus Mangel an Unterstützung fallen müsse, wenn der Handel mit Genua abgeschnitten würde. Nelson konnte diese Art von Blockirung nicht ohne große Gefahr für sich selbst ausführen. Er stellte dem Gesandten vor, ein Schiffskapitän sey für das, was er thue, verantwortlich. Eine neuere Verordnung nach welcher, wenn ein neutrales Schiff angehalten würde, ein vollständiges Verzeichniß seiner Ladung an den Sekretär der Admiralität geschickt, und kein gesetzliches Verfahren eingeleitet werden sollte, ehe man das Gutachten dieses Kollegiums eingeholt hätte, vergrößere diese Gefahr. Lezteres hieß etwas Unmögliches verlangen. Die Ladungen der Schiffe, welche auf seiner Station angehalten wurden, und hauptsächlich aus Korn bestanden, konnten weggenommen seyn, ehe der Befehl der Admiralität bekannt wurde; und wenn alsdann das Schiff wieder frei gegeben werden sollte, würden die Eigenthümer den Kapitän um Schadenersatz angehen. Die einzige Vorsichtsmaßregel, welche gegen diese Gefahr getroffen werden konnte, brachte eine andere mit sich, die ebenso sehr zu fürchten war: denn wenn der Kapitän befahl, daß die Ladung herausgenommen, die Fracht dafür bezahlt und das Schiff frei gegeben werden sollte, und der angestellte Agent sich als Betrüger zeigte oder in Bankerott kam; so war der Kapitän verantwortlich. Solche Fälle hatten sich schon ereignet; Nelson verlangte daher als das einzige Mittel, einen Auftrag auszuführen, der für das gemeine Beste für wesentlich erachtet wurde, ohne die Offiziere zu gefährden: der brittische Gesandte solle Agenten aufstellen, um die Fracht zu bezahlen, das Schiff frei zu geben, die Ladung zu verkaufen und den Betrag aufzubewahren, bis darüber entschieden wäre; so stelle die Regierung ihre Offiziere sicher. »Ich handle,« sagte Nelson, »nicht allein ohne die Ordre meines Vorgesezten, sondern sogar gewissermaßen ihr entgegen. Jedoch werde ich nicht nur von den Ministern Seiner Majestät in Turin und Genua unterstüzt, sondern habe auch das Bewußtseyn, daß ich thue, was recht und dem Dienste für unsern König und unser Vaterland angemessen ist. Politischer Muth ist bei einem Offizier, welcher auswärts ist, in ebenso hohem Grade nöthig als militärischer.«

Diese Eigenschaft, welche nicht nur seltener als militärische Tapferkeit, sondern auch von größerem Werthe ist, und ohne welche die Tapferkeit des Soldaten oft wenig nüzt, besaß Nelson in ausgezeichnetem Grade. Seine Vorstellungen wurden nach Verdienst beachtet. Admiral Hotham belobte ihn für das, was er gethan hatte; und die Aufmerksamkeit der Regierung wurde auf die Beeinträchtigungen gelenkt, welche die Sache der Verbündeten fortwährend durch die Betrügereien neutraler Schiffe erlitt. »Welcher Wechsel von Thätigkeit in meinem Leben, sagte der unermüdliche Mann. Hier bin ich; ich habe angefangen einen alten österreichischen General zu unterstützen, und bilde mir beinahe ein, ich stehe an der Spitze eines Reiter-Haufens. Ich schreibe nicht weniger als zehn bis zwanzig Briefe jeden Tag; dieß, sammt dem österreichischen General und den Adjutanten, und meinem eigenen kleinen Geschwader, nimmt meine Zeit vollständig in Anspruch. So gefällt es mir; einen thätigen Dienst oder gar keinen!« Nelson's Geist war es, welcher seinen schwachen Körper unter solchen Anstrengungen aufrecht erhielt. Er war zu der Zeit halb blind und schrieb mit vieler Mühe. »Der arme Agamemnon, sagte er zuweilen, hat beinahe so viel gelitten als sein Kapitän; sie müssen bald alle beide abgetackelt und reparirt werden.«

Als Nelson den General de Vins zum erstenmal sah, hielt er ihn für einen tüchtigen Mann, welcher mit Energie zu handeln entschlossen sey. Der General schob seine Unthätigkeit auf die Piemonteser und Neapolitaner, welche, wie er sagte, nicht zum Handeln zu bringen seyen, und verabredete mit Nelson, einen Theil der österreichischen Armee einzuschiffen und im Rücken der Franzosen zu landen. Aber der englische Kommodore begann bald zu argwöhnen, daß der österreichische General nicht zur thätigen Mitwirkung geneigt sey. In der Hoffnung ihn anzuspornen, schrieb er ihm, er habe die Küste gegen Westen bis gegen Nizza besichtigt und wolle es übernehmen 4-5000 Mann mit Waffen und Proviant für einige Tage, an Bord seines Geschwaders einzuschiffen, und sie zwei Meilen von St. Remo mit ihren Feldstücken an's Land zu setzen. Weitere Mundvorräthe für die österreichische Armee wolle er durch Geleitschiffe zuführen lassen; und wenn eine Wiedereinschiffung für nöthig befunden würde, so werde er sie mit seinem Geschwader decken. Der Besitz von St. Remo, als Hauptquartier für Magazine jeder Art, würde den österreichischen General in Stand setzen, seine Armee östlich und westlich auszudehnen. Der Feind zu Oneglia würde dadurch von der Verproviantirung abgeschnitten werden, und man würde Truppen herbeischaffen können, um diesen Platz anzugreifen, wenn es für nöthig erachtet würde. St. Remo war der einzige Platz zwischen Bado und Villa Franca, wo das Geschwader in Sicherheit liegen und beinahe unter allen Winden ankern konnte. Die Bay war für große Schiffe nicht so gut als Bado; aber sie hatte einen Hafendamm, wo alle kleinen Schiffe liegen und ihre Waaren aus- und einladen konnten, was bei Bado nicht der Fall war. Wenn diese Bay im Besitz der Verbündeten war, so konnte Nizza von der See aus vollständig blockirt werden. General de Vins stellte sich in seiner Antwort als glaube er, Nelson's Vorschlag habe keinen andern Zweck, als sich der Bay von St. Remo zu bemächtigen, um eine Schiffs-Station daraus zu machen, und meinte, die Bay von Bado möchte ein besserer Ankerplatz seyn: wenn jedoch der »Herr Kommandant Nelson« versichert sey, daß ein Theil der Flotte hier überwintern könne, so gebe es keine Gefahr, der er sich nicht mit Vergnügen aussetzen wolle, um den Schiffen Sr. brittischen Majestät einen sicheren Standpunkt zu verschaffen. Nelson benachrichtigte den österreichischen Befehlshaber sogleich, dieß sey nicht der Gegenstand seiner Note gewesen. Er begann zu argwöhnen, daß der General andere Zwecke im Auge haben, als die Sache der Verbündeten. »Diese Armee,« sagte er, »ist über alle Beschreibung lahm; und ich fange an zu argwohnen, man wünscht weitere Millionen englischen Geldes zu sehen. Was die deutschen Generale betrifft, so ist der Krieg ihr Gewerbe, und der Frieden ihr Verderben; daher können wir nicht erwarten, daß sie das Ende des Krieges wünschen. Dem General fehlt es an Ausflüchten; es kömmt mir vor, als wolle er sich nicht weiter in Bewegung setzen, und das Mißlingen des Anschlags auf Nizza, was beständig als die große Aufgabe dieser Armee betrachtet wurde, der brittischen Flotte und den Sardiniern zuschieben.«

Um diesem vorzubeugen, wandte sich Nelson wieder an de Vins und verlangte die Zahl der zum Einschiffen bereiten Truppen, und die Zeit des Abmarsches zu wissen; dann wolle er, wie er sagte, ein Schiff an Admiral Hotham absenden und Transportschiffe verlangen, die er gewiß erhalten würde, weil der Plan in seiner weitesten Ausdehnung gelingen müsse. Nelson dachte aber, wenn die ganze Flotte als Transportschiffe angeboten würde, dürfe der General schon eine andere Entschuldigung finden; und Hr. Drake, welcher damals seinen Sitz im österreichischen Hauptquartier hatte, hegte die gleiche Ueberzeugung von der Aufrichtigkeit des Generals. Dieser erwiederte, sobald sich Nelson mit Transportschiffen für 10,000 Mann nebst Artillerie und Bagage parat erkläre, wolle er die Armee in Bewegung setzen. Aber Nelson war dies nicht im Stande: Admiral Hotham, welcher sich zwar Verdienst dadurch erwarb, daß er einen Mann wie Nelson möglichst seiner eigenen Klugheit überließ, verfolgte ein behutsames System, welches mit den kühnen, umfassenden Planen Nelson's nicht übereinstimmte, der fortwährend Lord Hood zurückwünschte, dessen Austritt ihm ein Verlust für die Nation zu seyn schien. Der Plan, welcher dann gefaßt worden wäre, hätte die Franzosen und selbst die Engländer in Erstaunen gesezt.

Es war in den Zwecken der verbündeten Mächte keine Einheit, in ihrer gegenseitigen Unterstützung kein Ernst, in ihren Beschlüssen keine Energie. Die neutralen Mächte unterstüzten Frankreich weit mehr, als die Verbündeten einander. Die genuesischen Häfen waren damals mit französischen Kapern angefüllt, welche jede Nacht auszogen und den Golf bedeckten; und französischen Schiffen wurde es zugestanden aus dem Hafen von Genua selbst auszusegeln, Schiffe anzugreifen, und dann in den Molo zurückzukehren. Dawider geschah keine Einrede, während gegen Nelson's Geschwader, obgleich er sich mit der größten Sorgfalt hütete, das genuesische Gebiet oder die genuesische Flagge nur im geringsten zu beleidigen, so häufige Klagen einliefen, daß es, wie er sagte, den Versuch galt, wer zuerst müde würde, sie mit ihren Klagen oder er mit Erwiederungen. Aber die Neutralitätsfrage hatte bald ein Ende. Ein österreichischer Kommissär reiste von Genua nach Bado; man wußte, daß er in Voltri übernachten werde und 10,000 Pfund bei sich habe; eine Beute, welche der französische Minister in dieser Stadt und der Kapitän einer französischen Fregatte im Hafen für weit bedeutender erachteten, als das Ehrenwort des Einen und die Pflichten des Andern, und die Gesetze der Neutralität. Die Boote der Fregatte gingen mit einigen Kapern ab, landeten, beraubten den Kommissär und brachten das Geld nach Genua. Am nächsten Tage wurden in dieser Stadt öffentlich Truppen für die französische Armee angeworben: 700 Mann wurden an Bord der Fregatten und anderer Schiffe, welche zwischen Voltri und Savona landen sollten, eingeschifft: hier sollte sich eine Abtheilung von der französischen Armee mit ihnen verbinden und das genuesische Landvolk zum Aufstand aufgefordert werden, wozu alles vorbereitet war. Die Nacht des Dreizehnten war zum Abgang der Expedition festgesezt: die Oesterreicher forderten Nelson ernstlich auf, derselben zuvorzukommen; und er kam am Abend des Dreizehnten in Genua an. Seine Gegenwart hemmte den Plan: die Fregatte legte sich zu den Handelsschiffen im innern Molo; und die genuesische Regierung forderte Nelson nicht auf, den neutralen Hafen zu respektiren, indem sie wohl wußte, daß sie einen öffentlichen Bruch der Neutralität, wenn nicht gebilligt, doch geduldet hatte, und seine Antwort, sich voraus sagen konnte, daß es nämlich unnütz und unmöglich sey, sie länger zu respektiren.

Aber obgleich diese Bewegung ihren unmittelbaren Zweck erreichte, so führte sie doch zu üblen Folgen, die Nelson vorhersah, aber aus Mangel an hinreichenden Kräften zu hintertreiben nicht im Stande war. Sein Geschwader war zu klein für die Expedition, die er zu unternehmen hatte. Er verlangte zwei Schiffe mit 74 Kanonen und acht oder zehn Fregatten und Schaluppen; aber eben damals, als er diese Verstärkung verlangte, hatte Admiral Hotham den Oberbefehl niedergelegt; Sir Hyde Parker versah seine Stelle, bis ein neuer Oberbefehlshaber ankam, und verringerte die Verstärkung beinahe auf Nichts, indem er ihm nur eine Fregatte und eine Brigg überließ. Dieß war ein Unheil bringender Fehler. Während die österreichischen und sardinischen Truppen, unthätig blieben, rüsteten sich die Franzosen zu einem Einfall in Italien. Wenige Tage, ehe Nelson nach Genua beordert worden war, verfolgte er ein großes Konvoi nach Alassio. Zwölf Schiffe hatte er früher in diesem Hafen zerstört, obgleich zweitausend Mann französischer Truppen die Stadt besezt hielten; dieser frühere Angriff hatte die Folge gehabt, daß sie neue Vertheidigungsmaßregeln ergriffen, und es lagen jezt daselbst über hundert Vorrathsschiffe, Kanonenboote und Kriegsschiffe. Nelson stellte dem Admiral vor, wie wichtig es sey, diese Schiffe zu zerstören; und erbot sich, mit seinem Geschwader von Fregatten und dem Culloden und Courageur die Unternehmung vom Agamemnon aus zu leiten, und entweder Alles zu nehmen oder zu vernichten. Der Angriff wurde nicht gestattet; aber Nelson's Meinung war, daß, wenn es geschehen wäre, der Angriff auf die österreichische Armee verhindert worden seyn würde, welcher beinahe unmittelbar nachher erfolgte.

General de Vins verlangte von der genuesischen Regierung wegen des Angriffs auf seinen Kommissär Genugthuung, nahm ohne auf ihre Antwort zu warten, von einigen leeren französischen Magazinen Besitz, und schob seine Vorposten bis vor die Thore von Genua. Würde er dieß anfangs gethan haben, so würde er die Magazine voll angetroffen haben; aber verspätet, wie die Maßregel war, war sie nutzlos für die Sache der Verbündeten, und es war kein kleiner Beweis von der Geschicklichkeit, mit welcher er dem Feinde diente, daß er mit Genua verfuhr, als ob er darauf sänne, sich selbst Schaden zuzufügen. Nelson war zu der Zeit nach seinem eigenen Ausdruck »in einer Klemme.« Mr. Drake, der österreichische Minister und der österreichische General vereinigten ihre Bitten, er möchte Genua nicht verlassen; wenn er diesen Hafen unbeschüzt ließe, sagten sie, so würden nicht allein die kaiserlichen Truppen zu Pier d'Arena und Voltri verloren seyn, sondern auch der Plan der Franzosen, sich zwischen Voltri und Savona festzusetzen, sicher gelingen: wenn die österreichischen Vorposten überwältigt würden, so würde ihnen der Rückzug durch den Paß Bocchetta abgeschnitten werden; und wenn dieß geschehe, so werde der Verlust der Armee ihm zugerechnet werden, weil er Genua verlassen habe. Auf der andern Seite wußte er, wenn er nicht in Pietra wäre, die feindlichen Kanonenboote den linken Flügel attakiren würde, der im Fall einer Niederlage die Schuld dem mangelnden Beistand des Agamemnon zuschreiben würden. Hätte Nelson die Verstärkung erhalten, um welche er nachgesucht hatte, so hätte er seine Aufmerksamkeit auf beide Punkte richten können: und hätte man ihm erlaubt, das Konvoi in Alassio anzugreifen, so würde er die Plane der Franzosen vereitelt haben. Er hatte die Gefahr vorhergesehen, und zeigte, wie man ihr vorbeugen könne; aber die Mittel, es zu thun, waren ihm benommen. Der Angriff geschah, wie er vorhersah, und die Kanonenboote richteten ihr Feuer gegen die Oesterreicher. Es kam jedoch so, daß der linke Flügel, welcher demselben ausgesezt war, der einzige Theil der Armee war, welcher sich gut hielt; diese Abtheilung hielt Stand, bis das Centrum und der rechte Flügel flohen, und zog sich dann in militärischer Ordnung zurück. General de Vins legte das Kommando mitten in der Schlacht nieder, indem er Unwohlseyn vorschüzte. »Von diesem Augenblicke an,« sagt Nelson, »hielt kein Soldat mehr Stand: es war, als ob der Teufel hinter ihnen wäre. Mehrere Tausende liefen davon, ohne den Feind gesehen zu haben; Einige rannten, von den Vorposten an gerechnet, dreißig Meilen weit. Wäre ich nicht, obgleich, ich gestehe es, gegen meinen Willen in Genua zurückgehalten worden, so würden acht- bis zehntausend Mann zu Kriegsgefangenen gemacht worden seyn, und unter ihnen General de Vins selbst: aber so war der Paß Bocchetta offen gehalten. Der Schiffszahlmeister, welcher in Bado war, flüchtete mit den Oesterreichern achtzehn Meilen, ohne zu halten, davon; die Soldaten ohne Waffen, die Offiziere ohne Soldaten, die Weiber ohne Beistand. Der älteste Offizier, sagt man, hatte nie von einer so vollständigen Niederlage gehört, die außerdem so wenig gegründeten Anlaß hatte. So endete mein Feldzug. – Wir haben die französische Republik befestigt; ohne uns, wie ich glaube, würde sie durch ein so flüchtiges, wankelmüthiges Volk, wie die Franzosen, nie zu Stande gekommen seyn. Ich hasse die Franzosen; sie sind alle gleichmäßig Gegenstand meines Abscheu's, seyen es Royalisten oder Republikaner: gewissermaßen glaube ich, sind die leztern die besten.« Von Nelson's Leuten waren ein Lieutenant und zwei Seekadetten bei Bado gefangen worden: sie schrieben ihm, wenige der französischen Soldaten seyen über drei- oder vierundzwanzig Jahre alt, ein großer Theil nicht mehr als vierzehn, und alle seyen beinahe nackt; sie seyen überzeugt, meinten sie, die Mannschaft ihrer Barke würde Hunderte derselben davon jagen; und der Kapitän selbst, hätte er sie gesehen, würde nicht gedacht haben, daß die österreichische Armee und wenn die Erde mit solchem Volk bedeckt wäre, durch dasselbe geschlagen werden könnte.

Die Niederlage von General de Vins sezte den Feind in den Besitz der genuesischen Küste von Savona bis Voltri, wodurch die Oesterreicher um die unmittelbare Kommunikation mit der englischen Flotte kamen. Der Agamemnon konnte daher auf diesem Punkte nicht länger von Nutzen seyn, und Nelson segelte nach Livorno, um ihn ausbessern zu lassen. Als das Schiff auf den Werft kam, war kein Mast, keine Segelstange, kein Segel oder ein Theil des Tauwerks, welcher nicht Ausbesserung nöthig gehabt hätte; so sehr war Alles von den Kugeln zerrissen. Der Rumpf war so beschädigt, daß derselbe einige Zeit nur durch umwickelte Taue noch festgehalten wurde.


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