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Viertes Kapitel.

Genua verbindet sich mit Frankreich. – Bonaparte beginnt seine Laufbahn. – Korsika's Räumung. – Schlacht von Kap St. Vincent. – Belagerung von Cadix. – Unternehmung gegen Teneriffa. – Nelson verliert einen Arm. – Seine Leiden in England und seine Wiederherstellung.

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Sir John Jervis war nun angekommen, um den Oberbefehl im Mittelmeer zu übernehmen. Nachdem der Agamemnon, wie sein Kapitän sagte, »so gut wieder hergestellt war, als es bei einem wurmstichigen Schiff geschehen konnte,« verließ Nelson Livorno und schloß sich in der Bay von Fiorenzo an den Admiral an. »Ich fand ihn,« sagt er, »voll peinlicher Begier, Dinge von mir zu erfahren, die ihm längst hätten mitgetheilt werden sollen. Und es wollte mir scheinen, daß er mit meiner Meinung von dem, was sich nun ereignen dürfte, und von den Mitteln, wie man begegnen sollte, wohl zufrieden war, weil er mir seine Instruktionen und seine Plane ohne Rückhalt mittheilte.« Die Art, wie Nelson aufgenommen wurde, erregte, wie man sagt, einige Eifersucht. Ein Kapitän bemerkte gegen ihn: »Ihr thut recht, daß Ihr Euch, wie zu Lord Hoods Zeit, und unter Admiral Hotham, und jezt wieder unter Sir J. Jervis, so befriedigt zeigt; es ist Euch gleichgültig, wer den Oberbefehl hat.« Ein größeres Kompliment konnte keinem Oberbefehlshaber gemacht werden, als daß man von ihm sagte, er erkenne die Verdienste Nelson's und lasse ihn so viel als möglich nach eigenem Gutdünken handeln.

Sir J. Jervis bot ihm den St. George von 90 oder den Zealous von 74 Kanonen an, und fragte ihn, ob er etwas dagegen einzuwenden habe, unter ihm mit seiner Flagge zu dienen. Er erwiederte: wenn der Agamemnon nach Hause beordert werde und keine neue Bestallung angekommen sey, sollte er eigentlich aus verschiedenen Rücksichten wünschen, nach England zurückzukehren: doch wenn der Krieg fortdauere, werde er stolz darauf seyn, seine Flagge unter Sir Johns Oberbefehl aufzuhissen. »Wir können Sie nicht entbehren,« sagte Sir John, »sey es als Kapitän oder Admiral.« Er nahm also wieder in dem Meerbusen von Genua seine Station. Die Franzosen hatten ihr Glück in dieser Gegend nicht mit ihrer gewöhnlichen Schnelligkeit verfolgt. Scherer, welcher hier befehligte, war einer der wenigen französischen Generale während der Revolution, welche ihre Beförderung andern Gründen, als ihren Verdiensten verdankten: er war ein Günstling des Direktoriums; aber für den Augenblick wurde er durch Barras Einfluß vom Kommando, für das er, wie sich später deutlich zeigte, keine Fähigkeit hatte, entfernt, und Bonaparte zu seinem Nachfolger ernannt. Bonaparte hatte Proben von seinen militärischen Talenten zu Toulon und von seinem unerbittlichen Wesen zu Paris gegeben; aber weder der Umfang seiner Fähigkeiten, noch der hohe Grad seiner Hartnäckigkeit war damals schon bekannt, und vielleicht nicht einmal von ihm selbst geahnt. Nelson vermuthete nach der Information, welche er erhalten hatte, daß eine Kolonne der französischen Armee Port Especia in Besitz nehmen wolle, indem sie entweder durch das genuesische Gebiet dringe, oder in leichten Schiffen längs der Küste vorrücke, da die englischen Kriegsschiffe wegen der Seichtigkeit des Wassers nicht im Stande waren, sich der Küste zu nähern. Um dieses zu verhindern, sagte er, seyen zwei Dinge nöthig; der Besitz der Bay von Bado und die Wegnahme von Port Especia: wären diese zwei Punkte gesichert, so würde Italien gegen jeden Angriff der Franzosen von der See aus geschüzt seyn. General Beaulieu, welcher de Vins von dem Oberbefehl über die verbündete österreichische und sardinische Armee abgelöst hatte, sandte seinen Neffen und Adjutanten, um sich mit Nelson zu besprechen und anzufragen, ob er sich nicht an einem andern Orte als in der Bay von Bado vor Anker legen könne. Nelson erwiederte: Bado sey der einzige Ort, wo die englische Flotte in Sicherheit liegen könne: für sein Geschwader sey jedoch jeder Platz passend; und wohin immer der General an die Seeküste hinabkäme, werde er einen solchen finden. General Beaulieu fragte wiederholt, ob Nelson dabei nicht Gefahr laufe, sein Geschwader zu verlieren? und erhielt beharrlich die Antwort: wenn diese Schiffe verloren gingen, würde der Admiral andere finden. Aber alle Plane zu einer Unterstützung der Oesterreicher wurden bald durch die Schlacht bei Montenotte vereitelt. Beaulieu hatte befohlen, auf den Posten bei Voltri einen Angriff zu versuchen. Er wurde zwölf Stunden vor der von ihm bestimmten Zeit gemacht, und, ehe er nur ankam, um ihn zu leiten. Dieß hatte zur Folge, daß die Franzosen im Stande waren, ihren Rückzug zu bewerkstelligen und nach Montenotte zu entweichen, wo sie den Truppen eine entschiedene Ueberlegenheit über die Abtheilung gaben, welche sie dort drängte. Die Folge davon war die Niederlage der Oesterreicher. Bonaparte verfolgte seine Vortheile mit einer Schnelligkeit, welche man in neueren Kriegen nie zuvor gesehen hatte; und im Verlaufe von vierzehn Lagen diktirte er dem Hofe von Turin Friedens- oder vielmehr Unterwerfungs-Bedingungen, wodurch alle festen Plätze Piemonts in seine Gewalt kamen.

Bei einer Gelegenheit, aber auch nur bei dieser, war Nelson im Stande, die Fortschritte dieses neuen Eroberers aufzuhalten. Sechs Schiffe, mit Kanonen und schwerem Geschütz für die Belagerung von Mantua beladen, segelten von Toulon nach St. Pier d'Arena. Unterstüzt von Kapitän Cockburn auf dem Meleager trieb er sie unter eine Batterie, brachte diese zum Schweigen und nahm alle. Man fand in diesem Konvoi militärische Bücher, Plane und Karten von Italien, auf welchen die verschiedenen Punkte bezeichnet waren, wo früher Schlachten geliefert worden waren, und welche das Direktorium zum Gebrauche Napoleons abgeschickt hatte. Der Verlust dieser Artillerie war einer der Hauptgründe, welche die Franzosen zwangen, die Belagerung von Mantua aufzugeben. Aber in den Berathungen und bei den Armeen der verbündeten Mächte war zu viel Verrätherei und eine zu große Schwäche, als daß Oesterreich diesen augenblicklichen Erfolg sich hätte zu Nutzen machen können. Bonaparte erkannte, daß die Eroberung von ganz Italien in seiner Macht stehe: Verträge und die Rechte der neutralen oder befreundeten Mächte wurden von ihm ebensowenig geachtet, als von der Regierung, für welche er handelte: mit offener Hintansetzung von beiden drang er in Toskana ein und nahm Livorno in Besitz. In Folge dieser Bewegung blockirte Nelson diesen Hafen und landete brittische Truppen auf der Insel Elba, um Porto Ferrajo zu schützen. Bald nachher nahm er die Insel Capraja, welche früher zu Korsika gehört hatte, und in einer Entfernung von nicht ganz vierzig Meilen davon liegt. Die Genuesen hatten sich, nach dem schändlichen Verkauf Korsika's an Frankreich, im Besitze dieser Insel zu behaupten gewußt, obgleich sie Korsika so nahe liegt. Genua hatte jezt mit Frankreich gemeinschaftliche Sache gemacht: seine Regierung hatte Frankreich lange geheim unterstüzt, und gab jezt willig der ersten Zwangs-Androhung nach, welche sie aufforderte, den Engländern ihre Häfen zu schließen. So wurde Capraja genommen. Aber dieser Gewaltstreich hatte nicht die Folgen, welche dabei beabsichtigt waren. England war damals zu sehr abhängig von den wankenden Regierungen des Festlands, und stand zu wenig auf sich selbst. Das brittische Kabinet beschloß, Korsika zu räumen, sobald Spanien ein Offensivbündniß mit Frankreich schließen würde. Dieses Ereigniß, welches, von dem Augenblicke an, daß Spanien gezwungen worden war, Frieden zu machen, klar vorhergesehen wurde, hatte nun statt gefunden; und sogleich ergingen Befehle zur Räumung der Insel. Es war unpolitisch gewesen, sie mit den brittischen Besitzungen zu verbinden; aber nachdem es einmal geschehen war, war es schimpflich, sie so aufzugeben. Man hätte diesen Schimpf erspart und jeden Vortheil gesichert, den der Besitz der Insel hätte bringen können, wenn man das Volk gleich anfangs eine eigene unabhängige Regierung unter Englands Protektion hätte errichten lassen.

Der Vicekönig, Sir Gilbert Elliot, fühlte das Unpolitische und Schimpfliche dieser Räumung. Aber auch die Flotte wurde befehligt, das Mittelmeer zu verlassen. Dieser Entschluß war den lezten Instruktionen, welche man erhalten hatte, so entgegen, daß Nelson ausrief: »Wissen wohl die Minister Seiner Majestät, was sie selbst wollen? Zu Hause ist es nicht bekannt, was diese Flotte auszurichten im Stande ist, Alles vermag sie. So sehr es mich auch freuen wird, England wieder zu sehen, so traure ich doch in Sack und Asche über diese Ordre, die der Würde Englands, dessen Flotten der ganzen bewaffneten Welt die Spitze zu bieten im Stande sind, so sehr zuwider ist; und von allen Flotten, die ich je sah, kam mir nie eine vor, welche, was Offiziere und Mannschaft anbelangt, der des Sir J. Jervis gleich war, der selbst ein Oberbefehlshaber ist, wie er seyn muß.« Sir Gilbert Elliot war der Meinung, daß die große Masse der Korsen vollkommen und mit Grund mit der englischen Regierung zufrieden und ihr zugethan sey. Als sie bemerkten, daß die Engländer damit umgingen, die Insel zu räumen, unterhandelten sie natürlich mit Frankreich wegen des Friedens. Die Anhänger Frankreichs hatten Nichts einzuwenden. Eine Kommission von Dreißig übernahm daher die Regierung von Bastia, und belegte alles brittische Eigenthum mit Beschlag: sie bewaffnete die Korsen, errichtete überall eine berittene Garde, und es war der Plan gemacht, sich des Vicekönigs zu bemächtigen. Nelson, welcher beauftragt war, die Aufsicht bei der Räumung zu führen, vereitelte diese Projekte. Zu einer Zeit, wo sonst jeder daran zweifelte, Vorräthe, Kanonen, Proviant oder Eigenthum jeder Art zu retten, und ein Kaper sich quer vor den Hafen gelegt hatte, um alle Boote am Auslaufen zu verhindern, ließ er der Kommission sagen, wenn der Einschiffung und Fortschaffung des brittischen Eigenthums auch nur das geringste Hinderniß in den Weg gelegt würde, so werde er die Stadt zusammenschießen. Der Kaper richtete seine Kanonen auf den Offizier, welcher diese Nachricht brachte, und von den Hafenbatterien wurde auf seine Boote gefeuert. Kapitän Sutton vom Egmont zog seine Uhr heraus und gab eine Frist von Einer Stunde, um sich auf eine Antwort zu besinnen. Fünf Minuten nach Verfluß dieser Zeit, drohte er, würden die Schiffe ihr Feuer eröffnen. Auf dieß hin rissen die Wachen aus, und alle Schiffe verließen den Hafen. Ein Schiffseigenthümer beklagte sich beim Kommodore, die Municipalität verbiete ihm, seine Waaren aus dem Zollhause schaffen zu lassen. Nelson gab ihm den Auftrag, ihr zu melden, wenn sie nicht augenblicklich ausgeliefert würden, so werde er sein Feuer eröffnen. Die Kommission erblaßte; und ohne ein Wort zu erwiedern, gab sie die Schlüssel heraus. Ihr lezter Versuch war, von den eingeschifften Gegenständen einen Zoll zu erheben. Darauf ließ er ihnen sagen, er werde ihnen einen unangenehmen Besuch machen, wenn noch einmal Beschwerden vorkämen. Nun stand die Kommission, da sie fand, daß sie es mit einem Manne zu thun habe, welcher seine Macht kannte und entschlossen war, dem brittischen Namen Achtung zu verschaffen, von dem vermessenen Benehmen, welches sie angenommen hatte, ab, und es wurde anerkannt, daß Bastia nie so ruhig und geordnet gewesen sey, seit die Engländer in seinem Besitz waren. Dieß geschah am vierzehnten Oktober; im Verlauf der fünf folgenden Tage wurde die Einschiffung vollendet, das Privateigenthum gerettet, so wie das Staatseigenthum im Betrage von 200,000 Pfund. Die Franzosen, begünstigt durch die spanische Flotte, welche damals in einer Entfernung von zwölf Seemeilen von Bastia lag, brachten Truppen von Livorno, welche am achtzehnten in der Nähe vom Cap Corso landeten und am zwanzigsten um Ein Uhr des Morgens in die Citadelle einzogen, eine Stunde später, nachdem die Engländer die Kanonen vernagelt und dieselbe geräumt hatten. Nelson schiffte sich mit Tages Anbruch ein, und war der Letzte, welcher das Ufer verließ; so war er, wie er sagte, der Erste und der Letzte gewesen, der Korsika gesehen. Gereizt durch das Benehmen der Municipalität und die Neigung, welche die Korsen gezeigt hatten, aus der Unordnung Vortheil zu ziehen, wandte er sich, als er sein Boot bestieg, gegen das Ufer und rief: »Hans Corse (John Corse), folge dem Triebe Deines schändlichen Charakters, plündere und morde.« Dieß war jedoch nicht gerade Nelson's eigentliche Meinung von den Korsen; er wußte wohl, daß ihre Fehler die natürliche Folge innerer Gesetzlosigkeit und fremder Unterdrückung waren, wie sie dieselben Ursachen bei jedem Volke hervorgebracht hätten: und als er sah, daß von allen denen, welche vom Vicekönig Abschied nahmen, keiner war, der ohne Thränen von ihm ging, so sah er wohl ein, daß sie nicht aus Abneigung gegen die Engländer so handelten, sondern aus Furcht vor den Franzosen. England möchte daher mit mehr Recht die, welche an der Spitze der Regierung standen, des Kleinmuths, als die Korsen der Undankbarkeit beschuldigen.

Nachdem Nelson diesen wenig ehrenvollen Auftrag so geschickt vollführt hatte, erhielt er Befehl, seine Flagge an Bord der Fregatte Minerva, Kapitän George Cockburn, aufzuhissen und mit der Blanche unter seinem Kommando nach Porto Ferrajo zu segeln und auch bei der Räumung dieses Platzes die Oberaufsicht zu führen. Unterwegs traf er auf zwei spanische Fregatten, die Sabina und die Ceres. Die Minerva griff die erstere an, welche von Don Jacobo Stuart, einem Nachkommen des Herzogs von Berwick, befehligt war. Nach einem Kampf von drei Stunden, während dessen die Spanier 164 Mann verloren hatten, strich die Sabina die Segel; der spanische Kapitän, welcher der einzige noch lebende Offizier war, war kaum an Bord der Minerva genommen, als eine andere feindliche Fregatte heraufkam, sie nöthigte, die Beute zu verlassen und sie zum zweitenmal in Kampf brachte. Nach einer halbstündigen Anstrengung war dieser neue Feind ermüdet und zog ab. Aber jezt kam ihnen ein spanisches Geschwader von zwei Linienschiffen und zwei Fregatten zu Gesicht. Die Blanche, von welcher die Ceres abgekommen war, befand sich zu weit leewärts entfernt und die Minerva entwischte allein durch die ängstliche Hast des Feindes, sein eigenes Schiff wieder zu erlangen. Sobald Nelson Porto Ferrajo erreicht hatte, sandte er seinen Gefangenen mit einer Friedensflagge nach Carthagena, nachdem er ihm seinen Degen zurückgegeben hatte. Er that dieß der Tapferkeit zu Ehren, welche Don Jacobo gezeigt hatte, und nicht ohne einiges Gefühl der Achtung für seine Vorfahren. »Ich dachte,« sagte er, »so gezieme es der Würde meines Vaterlandes, und ich handle immer, wie ich es für recht halte, ohne Rücksicht auf die Gewohnheit: Don Jacobo galt für den besten Offizier in Spanien und seine Mannschaft war eines solchen Befehlshabers würdig.« Mit demselben Schiffe sandte er alle spanische Gefangene von Porto Ferrajo zurück; wofür er seine eigenen Leute, welche auf der Prise gefangen worden waren, zurück erhielt.

General de Burgh, der auf Elba befehligte, hielt sich nicht für ermächtigt, diesen Platz ohne besondern Befehl aus England zu verlassen; er sey nicht im Stande, schüzte er vor, zwischen den widersprechenden Befehlen der Regierung zu entscheiden, oder zu errathen, was ihr gegenwärtiger Plan seyn möge: doch, sagte er, sein Grund, die Räumung noch aufgeschoben zu wünschen, gehe aus dem Wunsche hervor, daß man ihm befehle, was er zu thun habe, nicht weil er glaube, Porto Ferrajo sey noch zu behalten. Aber nachdem Neapel Friede geschlossen hatte, war das Geschäft von Sir J. Jervis mit Italien beendigt, und die Beschützung Portugals seine Aufgabe. Nelson, dessen Instruktionen klar und deutlich waren, zog die ganze Seemacht von Elba weg, ließ nur verproviantirte Transportschiffe zurück, und richtete Alles so ein, daß Truppen und Vorräthe in drei Tagen eingeschifft seyn konnten. Er war nun im Begriff, das Mittelmeer zu verlassen. Der englische Minister in Genua bezeugte ihm bei dieser Gelegenheit die hohe Achtung, welche die Verbündeten vor seinen ausgezeichneten Verdiensten hegten; Alle, versicherte er, welche die Ehre gehabt hätten, in Gemeinschaft mit ihm zu operiren, bewunderten die Thätigkeit, Talente und den Eifer, welche er in einem so hohen Grade und mit solcher Beharrlichkeit an den Tag gelegt habe. In der That bewies auch während der langen Zeit seiner Dienste im Mittelmeer sein ganzes Benehmen denselben Eifer, dieselbe unermüdliche Thätigkeit, das gleiche klare Urtheil, die nämliche schnelle, entschiedene Besonnenheit, welche seine spätere ruhmvolle Laufbahn bezeichnen. Sein Name war noch kaum unter dem englischen Volke bekannt; aber er war gefürchtet und geachtet durch ganz Italien. Es kam ein Brief an ihn mit der Aufschrift: »Horatio Nelson, Genua,« und der Schreiber, als er gefragt wurde, wie er ihn so unbestimmt adressiren könne, antwortete: »Sir, es gibt nur Einen Nelson in der Welt.« Zu Genua namentlich, wo er so lange stationirt gewesen war, und wo ihn sein Auftrag der Natur der Sache nach in beständigen Streit mit der Regierung verwickelte, und später sogar nöthigte, den Handel des Hafens zu sperren, war er von dem Dogen und vom Volk gleich geachtet. Denn während er die Rechte und Interessen Großbritanniens mit der geziemenden Festigkeit aufrecht erhielt, mäßigte er die Ausübung seiner Gewalt durch Artigkeit und Leutseligkeit, so viel es immer seine Pflicht zuließ. »Wären alle meine Handlungen,« sagte er in einem Briefe von dieser Zeit an seine Frau, »in die öffentlichen Blätter gekommen, so würden keine vierzehn Tage während des ganzen Kriegs verflossen seyn, ohne eine Nachricht von mir. Der Tag wird kommen, früher oder später, wo mein Name keiner Zeitung mehr bedarf. Ich weiß es, daß mir eine Gelegenheit der Art vorbehalten ist. Man kann mich, so lange ich einmal auf dem Feld des Ruhmes bin, nicht übersehen; wo immer Etwas geschehen soll, leitet die Vorsehung meine Schritte dahin.«

Diese Hoffnungen und Vorempfindungen sollten bald in Erfüllung gehen. Nelson's Geist war lange durch die Besorgniß beunruhigt und niedergedrückt worden, es möchte eine Hauptschlacht vor sich gehen, ehe er die Flotte erreichen könne. Endlich segelte er von Porto Ferrajo mit einem Convoy nach Gibraltar; und nachdem er diesen Platz erreicht hatte, ging er westlich vorwärts, um den Admiral zu suchen. An dem Eingang der Meerenge bekam er Nachricht von der spanischen Flotte; und am dreizehnten Februar, da er Kap St. Vincent erreichte, sezte er Sir J. Jervis davon in Kenntniß. Er wurde nun beordert, seinen Stander an Bord des »Kapitän« von 74 Kanonen, Kapitän R. W. Miller, aufzustecken: um Sonnenuntergang wurde das Zeichen gegeben, sich zur Schlacht vorzubereiten, und während der Nacht in geschlossener Ordnung zu halten. Mit Tages Anbruch bekam man den Feind zu Gesicht. Die brittische Macht bestand aus zwei Schiffen von 100, zwei von 98, zwei von 90, acht von 74, und einem von 64 Kanonen, im Ganzen fünfzehn Linienschiffe, nebst vier Fregatten, einer Schaluppe und einem Kutter. Die Spanier hatten einen Vierdecker von 136 Kanonen, sechs Dreidecker von 112, zwei von 84 und achtzehn von 74 Kanonen, im Ganzen 27 Linienschiffe, nebst zehen Fregatten und einer Brigg. Ihr Admiral, Don Joseph de Cordova, hatte am fünften von einem amerikanischen Schiffe erfahren, die Engländer hätten blos neun Schiffe, was in der That zu der Zeit, wo sie jener gesehen hatte, der Fall gewesen war; denn damals war eine Verstärkung von fünf Schiffen aus England, unter Admiral Parker, noch nicht angekommen, und der Culloden hatte sich vom Geschwader getrennt. Der spanische Befehlshaber gab auf diese Nachricht seinen, bei der Abfahrt von Carthagena gefaßten Plan, nach Cadix zu segeln, auf, und beschloß, einen an Stärke so weit nachstehenden Feind aufzusuchen. In eine so unglückliche Zuversicht hatte ihn der Bericht des Amerikaners gewiegt, daß er seine Schiffe sich zu sehr zerstreuen ließ und keine Ordnung hielt. Als der Morgen des vierzehnten und mit ihm die englische Flotte erschien, verbarg ein dichter Nebel einige Zeit ihre Stärke. Das spanische Wachschiff, in der Meinung, sein erstes Signal sey nicht bemerkt worden, weil man keine Kenntniß davon zu nehmen schien, gab zum zweitenmal das Signal, die englische Macht bestehe aus vierzig Linienschiffen. Der Kapitän bekannte später, er habe dieß gethan, um den Admiral aufzumuntern: in der That hatte es aber den Erfolg, denselben in Bestürzung und die ganze Flotte in Verwirrung zu bringen. Die Albernheit einer solchen Handlung zeigt, in welchem Zustande sich die spanische Marine damals befand. Die allgemeine Untüchtigkeit der spanischen Seeoffiziere war in der That so gut bekannt, daß in einem Pasquille, welches um diese Zeit zu Madrid erschien, und worin die verschiedenen Staatsdienste zum Verkauf angekündigt waren, der größere Theil der Seeoffiziere mit all' ihrer Ausrüstung zum Geschenk angeboten und Jedem, welchem es beliebe, sie zu nehmen, eine hübsche Belohnung zugesagt wurde.

Ehe der Feind eine regelmäßige Schlachtordnung bilden konnte, näherte sich Sir J. Jervis mit vollen Segeln, drang durch seine Flotte, wendete sich durch den Wind und schnitt so neun feindliche Schiffe von der Gesammtmasse ab. Diese Schiffe versuchten nun die brittische Linie zu durchdringen, oder leewärts an ihr vorbeizukommen, und so sich wieder mit den ihrigen zu vereinigen. Einem einzigen gelang der Versuch; und zwar blos, weil es dergestalt in Rauch gehüllt war, daß man seinen Plan gar nicht errieth, bis es das Hintertreffen erreicht hatte: die andern wurden so heiß empfangen, daß sie Umkehr machten, die Flucht ergriffen und sich in dem Kampfe bis zu seinem Ende nicht mehr zeigten. Der Admiral war nun im Stande, sich gegen die Hauptmacht des Feindes zu wenden, der noch immer an Zahl seiner ganzen Flotte überlegen war, und noch mehr an Stärke des Geschützes. Er gab Befehl, in Einer Reihe zu laviren. Nelson, welcher im Hintertreffen der englischen Linie stand, bemerkte, daß die Spanier vor dem Winde emporkamen, scheinbar in der Absicht ihre Linie zu formiren, mit raumem Winde gingen und ihre getrennten Schiffe vereinigten; vielleicht auch um ohne Schlacht zu entkommen. Um diese Plane zu hintertreiben, wich er, ohne einen Augenblick sich zu besinnen, von seiner Ordre ab, und ließ sein Schiff vor dem Winde wenden; die Schiffe, mit welchen er nun in Kampf kam, waren die Santissima Trinidad von 136, der San Joseph von 112, der Salvador del Mundo von 112, der San Nikolas von 80, der San Isidro von 74, ein anderes von ebenfalls 74 Kanonen, und noch ein weiteres vom ersten Range. Trowbridge kam mit dem Culloden augenblicklich nach, und unterstüzte ihn höchst wacker; beinahe eine Stunde hielten der Culloden und der Kapitän »diesen scheinbar aber nicht in der That ungleichen Kampf,« wie Nelson es nannte, aus; – so groß war das Uebergewicht der Erfahrenheit und der Mannszucht, und die Zuversicht, welche für tapfere Männer daraus entspringt. Dann segelte der Blenheim zwischen sie und den Feind, gab ihnen dadurch Zeit sich zu erholen und ließ sein Feuer gegen die Spanier spielen. Der Salvador del Mundo, und San Isidro, welche langsam segelten, empfingen ein lebhaftes Feuer von dem Excellent, Kapitän Collingwood. Der San Isidro strich die Segel; und Nelson glaubte, der Salvador werde dasselbe thun; aber Collingwood, das Gepränge, einen geschlagenen Feind zu nehmen verschmähend, bestrebte sich, alle Segel aufgesezt, seinem alten Freund und Genossen zu Hülfe zu kommen, welcher in einer gefahrvollen Lage zu seyn schien; denn der »Kapitän« wurde damals wirklich von drei Schiffen vom ersten Rang beschossen, von dem San Nikolas, und einem von 74 Kanonen, das sich nur in Pistolenschußweite von ihm befand. Der Blenheim war weiter vor, der Culloden beschädigt und zurück. Collingwood fuhr voran und indem er sein großes Segel recht hintenaus anholte, näherte er sich dem San Nikolas auf zehn Fuß, und nachdem er ein furchtbares Feuer auf ihn gerichtet hatte, wandte er sich gegen die Santissima Trinidad. Der S. Nikolas luvte nun bei dem Wind auf, der S. Joseph stieß mit ihm zusammen, und Nelson nahm wieder seine Stellung dicht an ihrer Seite. Der »Kapitän« war zu fernerem Dienst unfähig geworden, sowohl in der Linie, als in der Verfolgung: er hatte die Vorbrandstenge verloren; kein Segel, keine Segelstange, kein Tau war ganz geblieben, und sein Steuerrad war weggeschossen. Nelson hieß daher den Kapitän Miller das Steuerruder an das Backbord legen, rief nach den Enterhaken und befahl zu entern.

Kapitän Berry, welcher unter Nelson als erster Lieutenant gedient hatte, war der erste, der sich unter die Feinde stürzte. Miller, im Begriff, ihm zu folgen, wurde von Nelson kommandirt, zurückzubleiben. Berry wurde durch die Sprietsegelstange unterstüzt, welche sich in dem Haupttauwerk des S. Nikolas verfangen hatte. Ein Soldat vom 69sten Regiment stieß ein Fenster der oberen Seitengallerie ein und sprang hinein, von dem Kommodore selbst und von Andern so schnell als möglich gefolgt. Die Kajütenthüren waren fest verschlossen, und die spanischen Offiziere feuerten ihre Pistolen durch das Fenster ab; die Thüren wurden bald erbrochen und der spanische Brigadier fiel, als er sich auf das Hinterdeck zurückziehen wollte. Nelson drang weiter und fand Berry im Besitz des Hinterdecks, wie er eben die spanische Flagge herabließ. Er eilte nun auf das Vorderdeck, wo er auf zwei oder drei spanische Offiziere stieß und denselben die Degen abnahm. Die Engländer waren jezt im vollen Besitz des ganzen Schiffes; und ein Pistolen- und Musketenfeuer wurde von der Hintergallerie des San Joseph gegen sie eröffnet. Nachdem Nelson an die verschiedenen Treppen Schildwachen gestellt und den Kapitän Miller beordert hatte, ihm noch mehr Mannschaft auf die Prise zu schicken, gab er Befehl, den San Joseph vom San Nikolas aus anzugreifen. Dieß geschah alsbald, er selbst ging voran und rief aus: »Westminster-Abtei oder Sieg!« Berry unterstüzte ihn dabei. In diesem Augenblick erschien ein spanischer Offizier auf der Schanze, und rief, daß man sich ergebe. Beinahe gleichzeitig hatte Nelson das feindliche Schiff erstiegen. Der spanische Kapitän überreichte ihm seinen Degen und sagte, der Admiral liege in der Kajüte, an seinen Wunden sterbend. Hier auf der Schanze eines Kriegsschiffes vom ersten Range erhielt er die Degen der Offiziere, und gab einen um den andern an William Fearney, einem seiner alten Agamemnonen, welcher sie mit der größten Kaltblütigkeit unter den Arm nahm. Einer seiner Matrosen kam herauf, und indem er ihn mit dem Gefühle eines Engländers die Hand drückte, sagte er, er werde nicht so bald wieder solch' einen Platz haben, und er sey herzlich erfreut, ihn hier zu sehen. Vierundzwanzig Mann vom »Kapitän« waren getödtet und 56 verwundet; der vierte Theil des Verlustes, welchen das ganze Geschwader erlitten hatte, kam auf dieses Schiff. Nelson hatte nur wenige leichte Wunden erhalten.

Die Spanier hatten immer noch achtzehen oder neunzehen Schiffe, welche wenig oder gar nicht gelitten hatten; der Theil der Flotte, welcher am Morgen von der Hauptmacht getrennt worden war, kam nun heran, und Sir J. Jervis gab den Befehl, beizudrehen. Seine Schiffe konnten sich nicht in Schlachtordnung stellen, ohne ihre Prisen zu verlassen und leewärts zu segeln. Der »Kapitän« lag als ein vollkommenes Wrack bei seinen zwei Prisen; und viele der übrigen Schiffe waren in den Masten und dem Tauwerk so beschädigt, daß sie gänzlich unbrauchbar waren. Der spanische Admiral indessen, der nach seinem offiziellen Bericht in Beziehung auf den Zustand seiner Flotte zu keinem Entschluß kam, fragte seine Kapitäne, ob sie noch im Stande sey, den Kampf zu erneuern: neun antworteten einfach, es sey nicht möglich; andere erwiederten, es sey schicklich, die Sache zu verschieben. Der Pelajo und der Principe Conquistador waren die einzigen Schiffe, welche für die Schlacht waren.

Sobald der Kampf aufgehört hatte, ging Nelson an Bord des Admiralschiffes. Sir J. Jervis empfing ihn auf der Schanze, umarmte ihn und bezeigte ihm seinen Dank. Für diesen Sieg wurde der Oberbefehlshaber mit dem Titel eines Grafen von St. Vincent belohnt In dem offiziellen Berichte von Sir J. Jervis wird Nelson's nicht erwähnt. Man sagt, der Admiral habe nach Lord Howes Sieg ein Beispiel der schlechten Folgen solcher Auszeichnung gesehen, und daher Niemand speciell nennen wollen, indem er es für angemessen hielt, zu dem Volke nur in Ausdrücken allgemeinen Lobes zu sprechen. Sein Privatbrief an den ersten Lord der Admiralität wurde mit seiner Einwilligung zum erstenmal in der Biographie Nelson's von Mr. Harrison veröffentlicht. Hier heißt es: »Commodore Nelson habe sehr viel zum Glücke des Tages beigetragen.« Weiter heißt es, daß er die zwei spanischen Schiffe nach einander geentert habe: aber daß Nelson ohne Befehl handelte und so eigentlich den Sieg herbeiführte, ist nirgends gesagt. Vielleicht hielt man es für angemessen, darüber stillschweigend wegzugehen, als über einen glänzenden Fehler; aber solch' ein Beispiel ist nicht gefährlich. Der Verfasser des Werkes, in welchem dieser Brief zuerst veröffentlicht wurde, protestirt gegen diese zu eifrigen Freunde, »welche die Schlacht eher als einen Sieg Nelson's erscheinen lassen wollten, denn als den Sieg des ruhmvollen Oberbefehlshabers, welcher davon seinen Titel so verdienter Weise erhielt. Niemand, sagt er, war es je weniger benöthigt, oder wünschte es weniger, auch nur ein einziges Blatt aus dem Ehrenkranze eines andern Helden zu ziehen mit der eitlen Hoffnung, seinen eigenen zu vergrößern, als der unsterbliche Nelson: Niemand verdiente jemals mehr das, was eine edle Nation einstimmig Sir J. Jervis darbot, als der Graf von St. Vincent.« – Sicherlich verdiente Graf St. Vincent die Belohnung wohl, welche er erhielt; aber es heißt sein Verdienst nicht schmälern, wenn man sagt, daß Nelson eben so viel Ruhm von dieser Schlacht gebührt, als dem Oberbefehlshaber selbst, nicht weil die schwerste Partie in der Schlacht ihm zufiel, nicht weil er mit all' den vier Schiffen, welche genommen wurden, im Kampfe war, und zwei davon, möchte man sagen, mit eigener Hand nahm; sondern weil die entscheidende Bewegung, welche ihn in den Stand sezte, Alles dieses auszuführen, und wodurch die Schlacht gewonnen wurde, von ihm, mit Hintansetzung seiner Befehle, nach seinem eigenem Gutdünken und auf seine eigene Gefahr, ausgeführt worden war. Graf St. Vincent verdiente seinen Grafenstand allerdings: aber es gereicht denen, von welchen damals Titel ausgetheilt wurden, nicht zur Ehre, daß Nelson für keinen der Siege, welcher er sich erfreute, den Rang eines Grafen erhielt, obgleich einer derselben der vollständigste und ruhmvollste in den Annalen des Seewesens, und der andere durch seine Folgen von der größten Wichtigkeit in Beziehung auf Alles war, was im Verlaufe des ganzen Krieges geschah.. Nelson, welcher, ehe die Schlacht in England bekannt wurde, zu dem Rang eines Kontre-Admirals vorgerückt war, erhielt den Bathorden. Den Degen des spanischen Kontre-Admirals, den Sir J. Jervis zu erhalten wünschte, übergab er dem Gemeinderath von Norwich, indem er sagte, er kenne keinen Platz, wo es ihm oder seiner Familie mehr Vergnügen machen könne, daß er aufbewahrt würde, als die Hauptstadt der Grafschaft, in welcher er geboren sey. Bei dieser Gelegenheit erhielt er das Bürgerrecht dieser Stadt. Aber von all' den zahlreichen Glückwünschen, welche er erhielt, konnte ihn keiner mit so hoher Freude erfüllen, als der, welcher von seinem verehrungswürdigen Vater kam. »Ich danke meinem Gotte,« sagte dieser vortreffliche Mann, »mit aller Kraft eines dankbaren Gemüths für die Gnade, welche er mir huldreich geschenkt hat, indem er Dich erhielt. Nicht nur meine wenigen Bekannten hier, sondern das Volk im Allgemeinen kommt mir in jeder Ecke mit so schönen Worten entgegen, daß ich genöthigt bin, mich den Augen der Menge zu entziehen. Die Höhe von Ruhm, zu welchem der Sinn, den Du für Dein Amt hast, verbunden mit einem angemessenen Grade von Tapferkeit, unter dem Schutze der Vorsehung Dich erhoben hat, haben wenige Söhne, mein theures Kind, erreicht, und noch weniger Väter erlebt. Freudenthränen rinnen mir unwillkührlich über meine gefurchten Wangen: wer könnte auch der Gewalt einer so allgemeinen Beglückwünschung widerstehen? Der Name und die Thaten Nelson's tönen überall in dieser Stadt (Bath) – vom gemeinen Balladensänger an bis zum Theater.« Der gute alte Mann schloß damit, daß er ihm seinen Segen gab, und ihm sagte, das Feld des Ruhmes, auf welchem er so lange geglänzt habe, sey stets offen.

Sir Horatio, welcher jezt seine Flagge als Kontre-Admiral aufgehißt hatte, wurde nun abgeschickt, um die Truppen von Porto Ferrajo abzuholen; nachdem er dieß ausgeführt hatte, zog er seine Flagge auf dem Theseus auf. Dieses Schiff hatte an einer Meuterei in England Theil genommen, und da es so eben von Haus angekommen war, so war von der Stimmung der Leute einige Gefahr zu befürchten. Dieß war ein Grund, warum Nelson auf dieses Schiff versezt wurde. Er war noch nicht viele Wochen an Bord, als ein Papier, unterzeichnet von der ganzen Schiffsmannschaft, auf das Hinterdeck gelegt wurde, folgenden Inhalts: »Heil dem Admiral Nelson! Gott segne Kapitän Miller! Wir danken Ihnen für die Offiziere, welche Sie über uns gesezt haben. Wir sind glücklich und zufrieden, und wir werden den lezten Tropfen Blutes in unsern Adern für Sie vergießen; – und der Name des Theseus soll eben so unsterblich werden, als der seines Kapitäns.« Wo immer Nelson befehligte, wurde ihm die Mannschaft bald zugethan; – in Zeit von zehn Tagen würde er das aufrührerischste Schiff zur Ordnung gebracht haben. Wenn immer ein Offizier die Zuneigung derer, welche unter seinem Befehle stehen, zu gewinnen verfehlt, so kann er überzeugt seyn, daß der Fehler hauptsächlich an ihm selbst liegt.

Während Sir Horatio auf dem Theseus war, wurde er dazu verwendet, das innere Geschwader bei der Belagerung von Cadix zu befehligen. Während dieses Dienstes kam er in den gefährlichsten Kampf, in welchen er je verwickelt war. Als er eines Nachts die spanischen Kanonenboote angriff, wurde sein Boot von einer bewaffneten Barkasse, unter dem Befehl von Don Miguel Tregoyen, die 26 Mann führte, angegriffen. Nelson hatte nur zehn Bootsmänner, den Kapitän Freemantle und seinen Bootmeister John Sykes, einen alten, treuen Begleiter, bei sich, welcher seinem Admiral zweimal das Leben rettete, indem er die gegen ihn geführten Streiche parirte, und endlich seinen eigenen Kopf dazwischen hielt, um den Hieb eines spanischen Säbels aufzufangen, welchen er auf keine andere Weise abwenden konnte; – so zärtlich geliebt war Nelson. Es war eine verzweifelte Lage – ein Kampf Mann gegen Mann. Nelson's persönlicher Muth fiel bei dieser Gelegenheit mehr in die Augen, als jemals sonst. Trotz des großen Mißverhältnisses an Zahl, wurden achtzehn von den Feinden getödtet, alle übrigen verwundet und die Barkasse genommen. Nelson würde für Sykes eine Lieutenantsstelle verlangt haben, wenn er lange genug gedient gehabt hätte: seine Eigenschaften und sein Betragen, sagte er, gingen so über seinen Stand hinaus, daß ihn die Natur sicherlich zu einem Gentleman bestimmt habe; aber ob er gleich von der gefährlichen Wunde, welche er bei dieser Handlung einer heldenmüthigen Anhänglichkeit erhalten hatte, wiederhergestellt wurde, so erlebte er es doch nicht, von der Dankbarkeit und Freundschaft seines Befehlshabers Nutzen zu ziehen.

Zwölf Tage nach dieser Begebenheit segelte Nelson an der Spitze einer Expedition gegen Teneriffa. Wenige Monate vorher hatte das Gerücht geherrscht, der Vicekönig von Mexiko habe mit Geldschiffen an der Insel gelandet. Dieß hatte Nelson bewogen, einen Angriffsplan gegen sie auszusinnen, welchen er dem Grafen St. Vincent mittheilte. Er sah die Schwierigkeiten des Unternehmens vollkommen ein. »Ich erachte mich,« sagte er, »allerdings dem Blake nicht gleich, aber wenn ich richtig schließe, hatte er dem Winde, welcher vom Lande kam, mehr zu verdanken, als seinen eigenen Anstrengungen. Die Annäherung von der See zum Ankerplatz geschieht unter einem hohen Ufer, indem man an drei Thälern vorbei kommt; daher weht entweder der Wind einwärts von der See aus, oder man hat Boten mit Windstillen vom Gebirge.« Und er sah wohl ein, daß, wenn die spanischen Schiffe auch genommen wären, der Zweck doch immer noch nicht erreicht sey, wenn der Wind nicht vom Ufer käme. Die Landmacht, dachte er, würde gewiß Glück haben; und die Truppen von Elba mit allen nöthigen Vorräthen und Artillerie wurden bereits eingeschifft. »Hier jedoch,« sagte Nelson, »müssen wir Soldaten zu Rathe ziehen, denn ich weiß aus Erfahrung, daß sie nicht so kühn auf die Ausführung einer politischen Maßregel eingehen, wie wir: wir sehen nur auf den Vortheil unseres Vaterlandes, und setzen unseren eigenen Ruf jeden Tag in seinem Dienste auf's Spiel; ein Soldat gehorcht seinen Befehlen und weiter nichts.« Nelson's Erfahrung auf Korsika berechtigte ihn zu diesem harten Urtheil; er erlebte die ruhmvollen Tage der brittischen Armee unter Wellington nicht mehr. Die Armee von Elba, aus 3700 Mann bestehend, sagte er, würde den Auftrag in drei Tagen, ausführen, vielleicht in noch kürzerer Zeit; und er wolle mit einem ganz kleinen Geschwader es über sich nehmen, was es zur See zu thun gebe, auszurichten; denn obgleich das Ufer nicht leicht zugänglich war, so würden doch die Transportschiffe einlaufen und die Truppen an einem Tage ausschiffen.

Das Gerücht in Betreff des Vicekönigs war grundlos; aber ein nach Hause bestimmtes Manillaschiff legte zu der Zeit bei Santa Cruz an, und die Expedition wurde nun dorthin bestimmt. Sie wurden nicht in dem Maaße ausgerüstet, wie es Nelson vorgeschlagen hatte. Vier Linienschiffe, drei Fregatten und der Kutter Fox bildeten das Geschwader; und es wurde ihm gestattet, die Schiffe und Offiziere zu wählen, welche er für tauglich hielt. Landtruppen wurden keine eingeschifft, da man die Seesoldaten und Matrosen für hinreichend hielt. Seine Befehle waren, einen lebhaften Angriff zu machen, er selbst wollte nur in dem Falle landen, wenn seine Gegenwart unumgänglich nothwendig wäre. Der Plan war: die Boote sollten bei Nacht zwischen dem Fort auf der Nordostseite von Santa Cruz Bay und der Stadt landen, sich Meister von dem Fort machen, und dann den Gouverneur zur Uebergabe auffordern. Um Mitternacht näherten sich die drei Fregatten, die Mannschaft an Bord, welche an's Land gesezt werden sollte, dem Platz auf drei Meilen; aber wegen eines starken Windes auf der hohen See und einer Strömung gegen sie vom Ufer aus, waren sie nicht im Stande, sich dem Landungsplatze vor Tages Anbruch bis auf eine Meile zu nähern, alsdann wurden sie aber gesehen und ihr Plan entdeckt. Trowbridge und Bowen mit Kapitän Oldfield von der Marine gingen darauf zum Admiral, um sich mit ihm zu besprechen, was zu thun sey; und man beschloß, sie sollten den Versuch machen, sich in Besitz der Höhen über dem Fort zu setzen. Die Fregatten landeten demnach ihre Mannschaft, und Nelson hielt sich mit seinen Kriegsschiffen in der Nähe, in der Absicht, das Fort zu beschießen, um die Aufmerksamkeit der Besatzung zu theilen. Eine Windstille und ungünstige Strömung hinderten ihn, eine Meile vom Ufer zu halten und die Anhöhen waren zu der Zeit so beschützt und so stark bemannt, daß man die Sache für unausführbar erkannte. So in seinen Plänen durch Wind und Strömung durchkreuzt, hielt er es doch für einen Ehrenpunkt, wenigstens einen Angriff zu machen. Dieß war am 22. Juli: er schiffte in dieser Nacht seine Mannschaft wieder ein und ließ die Schiffe am 24sten ungefähr zwei Meilen nördlich von der Stadt sich vor Anker legen, und that, als ob er im Sinne habe, die Höhen anzugreifen. Um sechs Uhr Abends wurden den Booten das Zeichen gegeben, sich vorläufig zum Dienste bereit zu halten.

Nachdem dieß geschehen war, schrieb Nelson einen Brief an den Oberbefehlshaber – den lezten, welchen er mit seiner rechten Hand schrieb. »Ich will mich,« sagt er, »nicht dabei verweilen, warum wir nicht im Besitz von Santa Cruz sind. Sie werden so billig seyn, zu glauben, daß bisher alles Mögliche geschehen ist; aber ohne Erfolg. Diese Nacht kommandire ich, so gering ich bin, das Ganze, mit der Bestimmung, daß unter den Batterien der Stadt gelandet wird; morgen wird unfehlbar mein Haupt entweder mit Lorbeeren oder mit Cypressen gekrönt seyn. Ich habe einzig Josua Nisbet Ihnen und meinem Vaterlande anzuempfehlen. Der Herzog von Clarence wird, wie ich überzeugt bin, wenn ich fallen sollte, freundlichen Antheil an meinem Stiefsohn nehmen, wenn man ihm nur seinen Namen nennen wird.« Da er das Verzweifelte der Unternehmung, die er auszuführen hatte, vollkommen kannte, so rief er, ehe er den Theseus verließ, Lieutenant Nisbet, welcher die Wache auf dem Verdeck hatte, in die Kajüte, um ihm beim Ordnen und Verbrennen der Briefe seiner Mutter behülflich zu seyn. Da er bemerkte, daß der junge Mann bewaffnet war, forderte er ihn ernstlich auf, zurückzubleiben. »Sollten wir beide fallen, Josua,« sagte er, »was sollte aus Deiner armen Mutter werden? Die Sorge für den Theseus ist Dir überlassen; bleib' daher hier und übernimm dieselbe.« Nisbet erwiederte: »Das Schiff muß für sich selbst sorgen; ich werde diese Nacht mit Ihnen gehen, so gewiß, als ich je noch zu gehen gedenke.«

Er versammelte seine Kapitäne zum Abendessen an Bord des Seahorse, Kapitän Freemantle, dessen Frau, die derselbe kürzlich im Mittelmeer geheirathet hatte, bei Tische den Vorsitz führte. Um eilf Uhr gingen die Boote mit ungefähr 6 bis 700 Mann nebst 180 an Bord des Kutter Fox und mit 70 bis 80 in einem Boot, welches den Tag zuvor genommen worden war, in sechs Abtheilungen gegen die Stadt zu, geführt von allen Kapitänen des Geschwaders, ausgenommen Freemantle und Bowen, welche mit Nelson die Anordnung und Leitung des Angriffs übernahmen. Sie sollten am Hafendamm landen, und dann so schnell als möglich zum großen Platze eilen, alsdann sich ordnen, und, wenn es für angemessen erachtet würde, vorrücken. Sie wurden nicht entdeckt bis gegen halb ein Uhr, als Nelson, da sie in halber Kanonenschußweite vom Landungsplatz waren, befahl, die Boote sollten sich trennen, und unter einem schallenden Hurrah an's Ufer stoßen. Aber die Spanier waren ausgezeichnet gut vorbereitet: die Sturmglocken beantworteten das Hurrah, und ein Feuer von dreißig bis vierzig Stück Geschütz nebst einem Musketenfeuer vom einen Ende der Stadt bis zum andern, wurde gegen die Stürmenden eröffnet. Nichts jedoch konnte die Unerschrockenheit aufhalten, mit welcher sie vordrangen. Die Nacht war ungewöhnlich finster; viele Boote verfehlten den Molo und gelangten durch eine wüthende Brandung, welche Alles seitwärts trieb, an's Ufer. Der Admiral, Freemantle, Thompson, Bowen und vier oder fünf Boote fanden den Molo, sie stürmten und nahmen ihn im Augenblick, ob er gleich ihrer Meinung nach von vier- bis fünfhundert Mann vertheidigt war. Die Kanonen, welche Sechsundzwanzigpfünder waren, wurden vernagelt; aber ein so heftiges Musketenfeuer wurde von der Citadelle und den Häusern am Anfang des Molo aus unterhalten, daß die Stürmenden nicht vorwärts dringen konnten, und beinahe alle getödtet oder verwundet wurden.

In dem Augenblick, als Nelson aus dem Boot stieg, erhielt er einen Schuß durch den Ellenbogen des rechten Arms und fiel; jedoch im Fallen noch ergriff er den Degen, den er eben gezogen hatte, mit der linken Hand, entschlossen, so lange er lebe, sich nie von einer Waffe zu trennen, die er wie eine Reliquie ehrte, weil sein Oheim, Kapitän Suckling, sie geführt hatte. Nisbet, welcher nahe bei ihm war, legte ihn auf den Grund des Bootes und deckte seinen Hut über den beschädigten Arm, damit der Anblick des Blutes, welches in großer Menge herabfloß, seine Schwäche nicht noch vermehren sollte. Er untersuchte dann die Wunde, nahm ein seidenes Tuch vom Halse und band es fest um das beschädigte Glied. Ohne diese Geistesgegenwart seines Stiefsohnes wäre Nelson unfehlbar umgekommen. Einer seiner Bootsleute, mit Namen Lovel, riß sein Hemd in Stücke und machte daraus eine Schlinge für den zerschmetterten Arm. Sie brachten sodann fünf andere Matrosen zusammen, durch deren Hülfe es ihnen mit Mühe gelang, das Boot flott zu machen, denn es war mit der fallenden Fluth auf den Sand gerathen. Nisbet nahm eines der Ruder und befahl dem Steuermann, sich dicht unter den Kanonen der Batterie zu halten, damit sie ihrem furchtbaren Feuer entkommen möchten. Als Nelson seine Stimme hörte, raffte er sich auf und verlangte im Boote aufgerichtet zu werden, um sich umsehen zu können. Nisbet richtete ihn auf; aber man konnte Nichts sehen, als das Feuer der Kanonen am Ufer, und was man bei dem Blitze desselben auf der stürmischen See unterscheiden konnte. In wenigen Minuten hörte man ein allgemeines Geschrei von der Mannschaft des Fox, welcher einen Schuß unter Wasser bekommen hatte und untersank. Siebenundneunzig Mann auf demselben kamen um, 83 wurden gerettet, einige von Nelson selbst, dessen Anstrengungen bei dieser Gelegenheit die Schmerzen und die Gefahr seiner Wunden in hohem Grade vermehrten. Das erste Schiff, welches das Boot erreichte, war zufällig der Seahorse; aber Nichts konnte ihn dazu vermögen, an Bord desselben zu gehen, obgleich er überzeugt war, daß, wenn sie es versuchten, nach einem andern Schiff hinzurudern, sein Leben auf dem Spiel stehe. »Ich wäre lieber in den Tod gegangen,« sagte er, »als daß ich Freemantle's Frau in Unruhe hätte versetzen mögen, wenn ich mich ihr in einem solchen Zustand gezeigt hätte, ohne ihr auch nur die geringste Nachricht von ihrem Gemahl geben zu können.« Man schiffte also nach dem Theseus. Als sie ihm zur Seite kamen, schlug er gebieterisch allen Beistand aus, um an Bord desselben zu kommen, so ungeduldig war er. Das Boot solle zurückkehren, in der Hoffnung, es könnten noch einige von der Mannschaft des Fox gerettet werden. Er verlangte nur, man solle ein Tau um ihn winden, welches er dann mit der linken Hand festhielt, indem er sagte: »Lasset mich allein, ich habe noch Beine und Einen Arm. Sagt dem Wundarzt, er solle sich beeilen, und seine Instrumente rüsten. Ich weiß, daß ich meinen rechten Arm verliere, darum je bälder, je besser.« Während des Friedens von Amiens, als Nelson durch Salisbury reiste, und hier mit dem Beifall, welcher ihn überall hin folgte, aufgenommen wurde, erkannte er unter der Menge einen Mann, welcher bei der Amputation geholfen und nachher seiner gewartet hatte. Er rief ihn auf die Staffeln des Versammlungshauses, schüttelte ihm die Hand und machte ihm, zur Belohnung seiner damaligen Dienste, ein Geschenk. Der Mann zog ein Stück von einer Borte aus seinem Busen, welche er von dem Aermel des amputirten Arms abgerissen hatte, indem er sagte, er habe es aufbewahrt und werde es aufbewahren bis zu seinem lezten Augenblick zur Erinnerung an seinen Kommandanten. Der Muth, den er zeigte, als er an der Seite des Schiffes hinaufsprang, sezte Jedermann in Erstaunen.

Freemantle war bald nach dem Admiral bedeutend an dem rechten Arm verwundet worden. Glücklicherweise fand er ein Boot am Ufer und begab sich augenblicklich nach seinem Schiff. Auch Thompson war verwundet und Bowen zum großen Bedauern Nelson's gefallen; auch Einer seiner eigenen Offiziere, Lieutenant Weatherhead, welcher ihm vom Agamemnon gefolgt war, und den er in hohem Grade schäzte, war umgekommen. Trowbridge, zum Glück für seine Abtheilung, hatte in der Finsterniß den Molo verfehlt und war unter den Batterien bei dem südlichen Ende nahe bei der Citadelle an's Ufer gestoßen. Kapitän Waller vom Emerald und zwei oder drei andere Boote, landeten zu derselben Zeit. Die Brandung ging so hoch, daß mehrere andere zurückgetrieben wurden. Die Boote waren augenblicklich mit Wasser gefüllt, wurden gegen die Felsen geworfen, und der größte Theil der Munition in den Taschen der Mannschaft wurde durchnäßt. Sie sammelten sich und zogen nach dem großen Platze, in der Hoffnung, den Admiral und den Rest der Ihrigen daselbst zu finden. Die Leitern waren alle verloren, so daß sie keinen unmittelbaren Angriff auf die Citadelle machen konnten; aber sie sandten einen Sergeanten mit zwei Leuten aus der Stadt, um sie aufzufordern; der Abgesandte kam nicht mehr zurück. Trowbridge, nachdem er über eine Stunde in peinlicher Erwartung zugebracht hatte, entfernte sich, um sich mit den Kapitänen Hood und Miller zu vereinigen, welche ihre Landung südwestlich durchgesezt hatten. Sie versuchten es nun, sich einige Nachricht vom Admiral und den übrigen Offizieren zu verschaffen, aber ohne Erfolg. Bei Tages Anbruch hatten sie gegen 80 Seesoldaten, 80 Piqueniers und 180 leicht bewaffnete Seeleute zusammen gebracht, die einzig noch Lebenden von Allen, welchen die Landung gelungen war. Mit der Munition, die sie Gefangenen abgenommen hatten, beschlossen sie, zu versuchen, was gegen die Citadelle ohne Leitern auszurichten seyn möchte. Sie fanden alle Straßen von Feldstücken beherrscht, und einige tausend Spanier mit ungefähr hundert Franzosen unter Waffen, welche von allen Zugängen her auf sie eindrangen. Da sie keinen Proviant hatten, ihr Pulver naß war, und man von den Schiffen, weil die Boote verloren waren, weder Vorräthe noch Verstärkung erhalten konnte, sandte Trowbridge mit großer Geistesgegenwart Kapitän Samuel Hood mit einer Feindesflagge zu dem Gouverneur, um ihm zu sagen, er sey entschlossen, die Stadt zu verbrennen, und werde im Augenblick Feuer an sie legen, wenn sich die Spanier nur noch einen Zoll weiter näherten: er würde es jedoch bedauern, wenn er dazu genöthigt würde, denn er wünsche nicht den Einwohnern Schaden zuzufügen, und sey bereit, unter folgenden Bedingungen zu unterhandeln: Die brittischen Truppen sollten sich wieder einschiffen mit all' ihren Waffen jeder Art, und ihre eigenen Boote, wenn diese noch gut erhalten seyen, zurückbekommen, oder mit so viel andern, als erforderlich, versehen werden: sie ihrerseits machen sich verbindlich, das Geschwader solle weder die Stadt noch eine der kanarischen Inseln beunruhigen. Alle Gefangenen sollten gegenseitig ausgewechselt werden. Der Gouverneur verlangte dagegen, die Engländer sollten sich als Kriegsgefangene ergeben; aber Kapitän Hood antwortete: er habe die Instruktion, zu sagen: wenn die Bedingungen nicht in fünf Minuten angenommen würden, so werde Kapitän Trowbridge die Stadt anzünden und die Spanier mit dem Bajonett angreifen. Zufrieden mit dem glücklichen Erfolg des Kampfes, welcher in der That ein Sieg zu nennen war, und als tapfere, edle Männer auch am Feinde die Tapferkeit achtend, nahmen die Spanier nun die Vorschläge an. Und hier, sagt Nelson in seinem Tagebuch, müssen wir mit vollem Recht, das edle, großmüthige Benehmen des spanischen Gouverneurs Don Juan Antonio Gutierrez erwähnen. Im Augenblick, wo man über die Bedingungen übereingekommen war, befahl er, unsere Verwundeten in die Spitäler aufzunehmen und unsere Mannschaft mit dem Besten, was herbeigeschafft werden konnte, zu versehen, und ließ bekannt machen, es sey den Schiffen gestattet, an's Land zu schicken und Erfrischungen jeder Art, oder was sie sonst bedürften, einzukaufen, so lange ihr Aufenthalt an der Insel dauern würde. Ein junger Mann, Namens Don Bernardo Collagon, gab sein eigenes Hemd her, um Verbände für einen Engländer zu machen, gegen welchen er eine Stunde vorher gekämpft hatte. Nelson äußerte seinen Dank gegen den Gouverneur schriftlich wegen der Humanität, die er an den Tag gelegt hatte. Auch Geschenke wurden zwischen ihnen gewechselt. Sir Horatio erbot sich, Depeschen an die spanische Regierung zu besorgen; und so war er in der That der Erste, welcher die Nachricht von seiner eigenen Niederlage nach Spanien brachte.

Der Gesammtverlust der Engländer an Gefallenen, Verwundeten und Ertrunkenen belief sich auf 250 Mann. Nelson erwähnte seiner eigenen Verwundung in den offiziellen Depeschen nicht; aber in einem Privatbrief an Lord St. Vincent, – dem ersten, welchen er mit seiner linken Hand schrieb, – spricht er sich über das Fehlschlagen dieser Unternehmung mit tiefem Schmerze aus. »Ich bin, sagt er, meinen Freunden eine Bürde, und für mein Vaterland unbrauchbar geworden; aber aus meinem lezten Briefe werden Sie meine Sorge für die Beförderung meines Stiefsohnes Josua Nisbet ersehen haben. Wenn ich den Dienst verlasse, werde ich für die Welt todt seyn; ich ziehe mich zurück, und man wird mich nicht mehr sehen. Wenn Sie es für geeignet halten, obschon der arme Bowen umkam, mir eine Verbindlichkeit zu erzeigen, so bin ich überzeugt, Sie werden es thun. Der Junge hat mir viel zu danken; aber er hat mir Alles dadurch ersezt, daß er mich vom Molo wegbrachte. Ich hoffe, Sie werden im Stande seyn, mir eine Fregatte zu geben, um die Reste meines Leichnams nach England zu geleiten.« – »Einen linkhändigen Admiral,« sagt er in einem folgenden Brief, »wird man nie wieder für brauchbar ansehen; darum lasse man mich, je eher je lieber, in eine arme Hütte zurückziehen, ich muß einem gesunderen Manne Platz machen, um dem Staate zu dienen.« Sein erster Brief an Lady Nelson ist im nämlichen Sinne, aber in einem heiterern Tone geschrieben. »Es war ein Wechselfall des Krieges,« sagt er, »und ich habe allen Grund, dankbar zu seyn; ich weiß, es wird Dir viel Freude machen, zu hören, daß gerade Josua von Gott dazu bestimmt war, das Werkzeug meiner Rettung zu werden. Es soll mich nicht wundern, wenn ich werde verachtet und vergessen werden. Vermuthlich wird man mich nicht länger für brauchbar gelten lassen; indessen werde ich mich reich fühlen, wenn ich mich fortwährend Deiner Zuneigung erfreuen darf. Ich bitte Dich, daß weder Du, noch mein Vater zu viel aus dem Unfall machen; – meine Seele hat lange Etwas der Art geahnt.«

Sein Stiefsohn wurde, Nelson's Wunsche gemäß, bald befördert; und Ehrenbezeigungen in Menge, die sein angegriffenes Gemüth zu heilen vermochten, erwarteten ihn in England. Er erhielt Briefe von dem ersten Lord der Admiralität und von seinem unveränderlichem Freunde, dem Herzog von Clarence, welche ihm zu seiner glorreichen Rückkehr Glück wünschten. Er versicherte den Herzog in seiner Antwort, von dem Eifer, mit dem er bisher seinem Könige gedient habe, sey kein Stückchen weggeschossen worden. Er erhielt das Bürgerrecht der Städte Bristol und London, und bekam einen Gehalt von tausend Pfund jährlich. Der amtliche Bericht, den er damals einzureichen aufgefordert wurde, enthält ein genaues Verzeichniß der Dienste, welche er während des Krieges geleistet hatte. Es heißt darin: er habe vier Treffen mit feindlichen Flotten, und drei mit Booten, welche er vom Ufer abgeschnitten habe, bestanden, habe Schiffe zerstört und drei Städte genommen; vier Monate lang habe er bei der Armee am Ufer gedient, und die Batterien bei der Belagerung von Bastia und Calvi befehligt. Er sey bei der Wegnahme von sieben Linienschiffen, sechs Fregatten, vier Korvetten und eilf Kapern thätig gewesen, habe gegen fünfzig Kauffahrteischiffe genommen oder zerstört, und sich in der That mehr als 120mal mit dem Feind gemessen; eine Reihe von Unternehmungen, in welchen er das rechte Auge und den rechten Arm verloren und mehrere Wunden und Quetschungen erhalten habe.

Die Leiden, welche ihm sein verlorner Arm verursachte, waren langwierig und schmerzhaft. Es war bei der Operation ein Nerv in einen der Verbände gezogen worden, und der Verband war, der Gewohnheit der französischen Wundärzte gemäß, von Seide, statt von Wachsleinwand. Dieß verursachte beständigen Reiz und Ausfluß, und daß die Enden des Verbands jeden Tag angezogen wurden, in der Hoffnung, diesem ein Ende zu machen, verursachte ihm immer neue Qual. Er hat drei Monate seit seiner Rückkehr nach England Tag und Nacht kaum einige Stunden Ruhe vor Schmerzen. Lady Nelson wartete auf sein dringendes Verlangen mit dem Verbande seines Arms, bis sie die erforderliche Entschlossenheit und Erfahrung erlangt hatte, ihn selbst zu verbinden. Eines Abends, während dieser Leidensperiode, nach einem Tag voll unaufhörlicher Schmerzen, legte sich Nelson frühe zu Bett, in der Hoffnung, durch Laudanum sich einige Ruhe verschaffen zu können. Er wohnte damals in der Bond-Street; plötzlich wurde die Familie durch einen Pöbelhaufen gestört, der laut und heftig an die Thüre schlug. Die Nachricht von Duncan's Sieg war bekannt worden, und das Haus war nicht beleuchtet. Aber sobald dem Volk gesagt wurde, Admiral Nelson liege hier im Bett, schwer verwundet, antwortete der Vorderste: Ihr werdet diese Nacht Nichts mehr von uns hören; und in der That, das Gefühl der Hochachtung und des Mitleids verbreitete sich so von Einem zum Andern, daß trotz der Unruhe einer solchen Nacht das Haus nicht wieder angefochten wurde.

Gegen das Ende des Novembers, nach einer Nacht gesunden Schlafes, fand er den Arm beinahe frei von Schmerzen; man sandte sogleich zum Wundarzt, um ihn zu untersuchen, und der Verband ging auf den leichtesten Zug weg. Von der Zeit an begann die Wunde zu heilen. Sobald er seine Gesundheit wieder für befestigt hielt, sandte er nachstehende Dankformel an den Prediger von St. George, Hanover Square: »Ein Offizier hat das Verlangen, dem allmächtigen Gott seinen Dank darzubringen für seine vollkommene Genesung von einer schmerzhaften Wunde, und für die vielen Gnadenerweisungen, die er hiebei erfahren hat.«

Da er seit dem Verlust seines Auges nicht mehr in England gewesen war, kam er um einen Jahresgehalt ein als Schmerzengeld, konnte jedoch Nichts erhalten, weil er versäumt hatte, ein wundärztliches Zeugniß darüber beizubringen, daß die Sehkraft wirklich zerstört sey. Ein wenig gereizt, daß man so sehr an der Form hing (weil er der Meinung war, die Sache sey hinlänglich bekannt), verschaffte er sich sogleich ein Zeugniß über den Verlust seines Arms, indem er die Befürchtung aussprach, man möchte das Eine wie das Andere in Zweifel ziehen. Bei seinem Wiedereintritt, bezeigte ihm Jemand seine Verwunderung, daß er nur den Jahresgehalt eines Kapitäns bekomme. Oh! erwiederte Nelson, das ist nur für ein Auge. In wenig Tagen werde ich wegen eines Armes einkommen, und nicht lang darnach, Gott weiß, vermuthlich wegen eines Beines. Und er kam auch bald nachher darum ein, und legte, guten Humors, das Zeugniß über den Verlust seines Armes bei.


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