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Fünftes Kapitel.

Nelson vereinigt sich auf dem Vanguard mit Graf St. Vincent; segelt auf der Verfolgung der Franzosen nach Egypten; kehrt nach Sicilien zurück und wieder nach Egypten. – Die Nilschlacht.

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Frühzeitig im Jahr 1798 wehte Sir Horatio Nelson's Flagge auf dem Vanguard, und er erhielt Befehl, zu Graf St. Vincent zu stoßen. Nach seiner Abreise schrieb sein Vater an ihn mit der zärtlichen Umständlichkeit, welche alle seine Briefe auszeichnet. »Ich vertraue auf den Herrn,« sagte er, »daß er Deinen Aus- und Eingang segnen wird. Ich habe herzlich gewünscht, Dich noch einmal zu sehen, und mein Wunsch ist erhört worden. Wagte ich zu sagen: ich hoffe Dich noch einmal zu sehen, so würde man mir die Frage machen: Wie alt bist Du? Vale! Vale! Domino, Vale!« Man sagt, eine düstere Ahnung habe das Gemüth der Lady Nelson beim Abschied ergriffen. Diese konnte ihren Grund nur in der Besorgniß haben, ihn durch die Unfälle des Krieges zu verlieren. Eine Befürchtung, seine Zuneigung zu verlieren, konnte kaum in ihr aufgestiegen seyn; denn sein ganzer damaliger Briefwechsel zeigt, daß er sich in seiner Ehe glücklich fühlte; und sein Privatcharakter war bisher ebenso unbefleckt gewesen, als sein öffentliches Benehmen. Eines der lezten Worte, das er zu ihr sagte, war: sein eigener Ehrgeiz sei jezt befriedigt, aber er gehe darauf aus, sie zu dem Range zu erheben, auf welchem er sie schon lange zu sehen gewünscht habe.

Unmittelbar nachdem er die Flotte erreicht hatte, wurde er mit einem kleinen Geschwader in's Mittelmeer beordert, um wo möglich den Zweck der großen Kriegsflotte auszukundschaften, welche damals unter Bonaparte zu Toulon ausgerüstet wurde. Die Vereitlung dieser Expedition, was auch ihr Zweck seyn mochte, erschien der brittischen Regierung vor Allem wichtig; und Graf St. Vincent erhielt den Befehl, wenn er es für nöthig erachte, seine ganze Macht in's Mittelmeer zu ziehen, und zu diesem Zweck die Blokade der spanischen Flotte aufzugeben, als etwas von geringerer Bedeutung; »wenn Sie aber eine Abtheilung für hinreichend halten, so dürfte es kaum nöthig seyn,« sagte der erste Lord der Admiralität in seiner geheimen Instruktion, »Ihnen anzudeuten, daß Sie diese unter Sir Horatio Nelson stellen.« Es gereicht dem Graf von St. Vincent zur Ehre, daß er bereits die nämliche Wahl getroffen hatte. Es war damals, als die englische Regierung den Befehl gab, jeder Hafen im Mittelmeer solle als feindlich betrachtet werden, wo der Gouverneur englischen Kriegsschiffen die Erlaubniß verweigern würde, Proviant, oder sonst Etwas, was sie verlangen würden, einzunehmen.

Die Flotte zu Toulon bestand aus 13 Linienschiffen, 7 Fregatten von 40 Kanonen, nebst 24 kleineren Kriegs- und gegen 200 Transportschiffen. Udney, der englische Konsul in Livorno, war der Erste, der von den Absichten des Feindes auf Malta sichere Nachricht verschaffte, und der, vermöge des ihm eigenthümlichen Scharfsinns, voraussah, daß sein späteres Ziel Egypten seyn müsse. Nelson segelte am 9. Mai mit dem Vanguard, Orion und Alexander von 74 Kanonen; den Fregatten Karolina, Flora, Emerald und Terpsichore, und der Kriegsschaluppe Bonne Citoyenne, von Gibraltar ab, um diese furchtbare Kriegsflotte zu beobachten. Am 19ten, als sie in dem Golf von Lion waren, erhob sich ein starker Sturm aus Nordwest. Er legte sich jedoch am 20sten in soweit, daß man im Stande war, die Bramsegelmasten und die Segelstangen aufzurichten. Bei hereingebrochener Dunkelheit begann es wieder stark zu stürmen; aber die Schiffe waren auf einen Sturm gerichtet, und Nelson war daher ruhig. Bald nach Mitternacht jedoch legte sich der Haupttopmast auf die Seite, und bald darauf auch die Kreuzstenge. Die Nacht war so finster, daß es unmöglich war, ein Signal weder zu sehen, noch zu hören; und Nelson beschloß, sobald der Tag anbrechen würde, zu wenden; aber um halb drei ging der Vordermast in drei Stücke, und es zeigte sich, daß das Bugspriet an drei Stellen zersprungen war. Mit Tagesanbruch gelang es, mit Hülfe der Ueberreste des Sprietsegels, vor dem Winde zu wenden, was man kaum hatte erwarten können. Der Vanguard war damals 25 Seemeilen südlich von den hierischen Inseln, mit dem Vordertheil gegen Nordost gerichtet, und wenn er nicht gewendet hätte, so hätte das Schiff nothwendig nach Korsika getrieben werden müssen. Kapitän Ball auf dem Alexander nahm ihn in's Schlepptau, um ihn in den sardinischen Hafen St. Pietro zu führen. Nelson, befürchtend, beide Schiffe möchten auf diese Weise in Gefahr kommen, befahl ihm, ihn zu verlassen; aber der vortreffliche Offizier, gleichen Geistes wie sein Kommandant, erwiederte, er habe das Vertrauen, den Vanguard zu retten, und werde es auch mit Gottes Hülfe ausführen. Bis dahin hatte zwischen den beiden großen Männern eine gewisse Kälte stattgefunden, aber seit der Zeit erkannte Nelson die außerordentlichen Talente Kapitän Ball's vollkommen an, und es war eine aufrichtige Freundschaft, die zwischen ihnen ihr ganzes übrige Leben hindurch bestand. »Ich sollte,« sagt der Admiral in einem Brief an seine Frau, »was dem Vanguard begegnet ist, nicht mit dem kalten Namen eines Zufalls bezeichnen; ich glaube sicherlich, es war die Güte des Allmächtigen, die meinen allzugroßen Stolz demüthigen wollte. Ich hoffe, es hat mich zu einem bessern Offizier gemacht, sowie ich überzeugt bin, daß es mich zu einem bessern Menschen gemacht hat. Stelle Dir vor, Sonntag Abends bei Sonnenuntergang geht ein eitler Mann in seine Kajüte, rings um sich ein Geschwader, das von seinem Chef erwartet, er werde es zum Ruhme führen, und zu dem dieser selbst das festeste Vertrauen hat, daß vor ihm die stolzesten französischen Schiffe von gleicher Zahl ihre Flagge beugen würden; – denke Dir Montag Morgens bei Sonnenaufgang diesen stolzen Mann, sein Schiff entmastet, seine Flotte zerstreut, und er selbst so zugerichtet, daß die schlechteste französische Fregatte ihm ein unwillkommener Gast gewesen wäre.« Nelson hatte übrigens mehr Grund, diesem Sturm nicht den kalten Namen eines Zufalls zu geben, als er selbst wußte. Denn an dem nämlichen Tage segelte die französische Flotte von Toulon aus, und muß in einer Entfernung von wenigen Meilen an seinem kleinen Geschwader vorübergekommen seyn, das durch das eingetretene trübe Wetter so geschüzt war.

In den Befehlen der brittischen Regierung, alle Häfen als feindliche zu betrachten, wo es den brittischen Schiffen verweigert würde, Vorräthe einzunehmen, waren die Häfen von Sardinien ausgenommen. Die Besitzungen des Königs von Sardinien auf dem Festlande waren damals vollständig in der Gewalt der Franzosen, und dieser Fürst entdeckte nun, wenn gleich zu spät, daß die Bedingungen, welche er angenommen hatte, um einer plötzlichen Gefahr zu entgehen, nothwendig am Ende den Verlust seiner Besitzungen nach sich ziehen müßten, welche er eben dadurch zu sichern gesucht hatte. Die Citadelle von Turin war jezt von französischen Truppen besezt; und geschwächt, wie er war, fürchtete dieser Hof, den brittischen Schiffen die allgemeinen Rechte der Menschlichkeit angedeihen zu lassen, um den Franzosen keine Gelegenheit zu geben, sich des Restes seiner Besitzungen zu bemächtigen, wozu sie sicher einen Vorwand erdacht, wenn sie keinen gehabt hätten. Nelson wurde benachrichtigt, man könne es ihm nicht erlauben, in den Hafen von St. Pietro einzulaufen. Ohne dieses Verbot zu berücksichtigen, welches unter solchen Umständen zu beobachten eine Handlung selbstmörderischer Thorheit gewesen wäre, legte er sich in dem Hafen vor Anker, und durch die Bemühungen von Sir James Saumarez, Kapitän Ball und Kapitän Berry, wurde der Vanguard in vier Tagen ausgebessert; Monate würde man gebraucht haben, um ihn in England auszubessern. Mit einem eigenthümlichen Gefühle für alles Verdienst, wo es sich nur zeigte, worin sich eben so sehr die Güte als die Größe von Nelson's Charakter ausprägte, empfahl er dem Grafen von St. Vincent ganz besonders den Zimmermann des Alexander, unter dessen Leitung das Schiff ausgebessert worden war; indem er ihm sagte, es sei ein alter, getreuer Diener der Krone, der gegen dreißig Jahre die Zimmermannsarbeit besorgt habe; seine ernstliche Bitte an den Oberkommandanten sei, er möchte ihn dem Admiralskollegium zur besondern Berücksichtigung empfehlen. Er verließ den Hafen nicht, ohne sich über die Behandlung, welche er hier erfahren hatte, in einem Brief an den Vicekönig von Sardinien auszusprechen. »Sir,« sagte er, »da ich durch einen heftigen Wind einigen unbedeutenden Schaden gelitten habe, legte ich einen kleinen Theil der Flotte Sr. Majestät unter meinem Befehl an dieser Insel vor Anker, und war erstaunt, von einem, vom Gouverneur geschickten Offizier zu hören, daß der Flotte Sr. brittannischen Majestät die Aufnahme in diesem Hafen verweigert werde. Wenn ich bedenke, daß mein Allergnädigster Herr, der älteste, wie ich glaube, und bestimmt der getreueste Verbündete ist, welchen der König von Sardinien je hatte, so kann ich mir den Verdruß denken, welchen es Sr. Majestät gemacht haben muß, einen solchen Befehl zu geben; und ebenso Eurer Excellenz, welcher die Ausführung desselben übertragen ist. Ich kann nicht umhin, nach dem afrikanischen Ufer zu blicken, wo die Anhänger Mahomeds die Rolle des guten Samaritaners spielen, was ich vergebens bei St. Peter suche, wo man sich doch, wie man sagt, zur christlichen Religion bekennt.«

Der dadurch verursachte Aufschub war ihm in mancher Beziehung von Nutzen, er konnte unterdessen seine Wasservorräthe ergänzen, und die Verstärkung einnehmen, welche Graf St. Vincent, der sich nun selbst von England aus verstärkt hatte, ihm zu schicken im Stande war. Sie bestand aus den besten Schiffen seiner Flotte; der Kulloden von 74 Kanonen, Kapitän T. Trowbridge; der Goliath von 74, Kapitän Foley; der Minotaur von 74, Kapitän T. Louis; der Defence von 74, Kapitän John Peyton; der Bellerophon von 74, Kapitän H. D. E. Darby; der Majestic von 74, Kapitän G. B. Westcott; der Zealous von 74, Kapitän S. Hood; der Swiftsure von 74, Kapitän B. Hallowell; der Theseus von 74, Kapitän R. W. Miller; der Audacious von 74, Kapitän Davidge Gould; der Leander von 50, Kapitän T. B. Thompson, kam später hinzu. Diese Schiffe wurden für den Dienst hergerüstet, sobald Graf St. Vincent von England Nachricht erhielt, daß er Verstärkung erhalten solle. Sobald man die Verstärkung von dem Mast des Admiralsschiffs in der Bay von Kadiz sah, erhielt Kapitän Trowbridge Befehl, in die See zu stechen, und er war schon aus dem Gesicht, ehe die Schiffe von Hause bei der brittischen Station die Anker auswerfen konnten. Trowbridge hatte keine Instruktionen für Nelson bei sich, in Beziehung auf die Richtung, nach welcher er zu steuern habe, noch irgend eine sichere Nachricht von der Bestimmung des Feindes. Alles wurde Nelson's eigenem Gutachten überlassen. Unglücklicherweise hatten sich die Fregatten während des Sturmes von ihm getrennt, und noch nicht wieder mit ihm vereinigen können; sie suchten ihn vergeblich im Meerbusen von Neapel, wo sie keine Nachricht von seinem Laufe erhielten, und er segelte daher ohne sie ab.

Die erste Nachricht von der feindlichen Flotte war, sie habe Malta überfallen. Nelson machte den Plan, sie anzugreifen, während sie bei Gozo vor Anker lag; aber am 22. Juni erreichte ihn die Nachricht, die Franzosen haben diese Insel am 16ten, den Tag nach ihrer Ankunft wieder verlassen, es war offenbar, daß ihre Bestimmung gegen Osten ging, er dachte an Egypten, und nach Egypten segelte er daher mit vollen Segeln. Wären die Fregatten bei ihm gewesen, so hätte es ihm nicht leicht schwer werden können, Kunde vom Feind zu erhalten. In Ermanglung derselben sprach er nur drei Schiffe unterwegs, zwei kamen von Alexandrien, eines aus dem Archipel, und keines derselben hatte etwas von den Franzosen gesehen. Am 28sten kam er in Alexandrien an, aber da war kein Feind, noch irgend eine Nachricht von ihm; aber der Gouverneur ging damit um, die Stadt in Vertheidigungsstand zu sehen, da er von Livorno Kunde erhalten hatte, die französische Expedition sey gegen Egypten gerichtet, sobald Malta genommen sey. Nelson richtete daher seinen Lauf nördlich gegen Caramanien, und steuerte von hier längs der Südküste von Candia Tag und Nacht mit vollen Segeln unter conträrem Wind. Es wäre seine Freude gewesen, sagte er, mit Bonaparte unter dem Wind eine Probe zu machen.

In der Ueberzeugung, daß, wenn ein Offizier in seinen Planen unglücklich ist, es unumgänglich nöthig sey, daß er die Beweggründe, worauf dieselben gestüzt waren, darlege, schrieb Nelson einen Bericht und eine Rechtfertigung dafür, daß er die Flotte nach Egypten geführt habe. Der Vorwurf, welchen er voraussezte, war, daß er einen so weiten Weg nicht ohne bestimmtere Nachricht hätte machen sollen. Meine Antwort, sagt er, ist unumwunden: wer konnte mir etwas darüber sagen? Die Regierungen von Neapel und Sicilien wußten entweder Nichts, oder suchten mich in Unwissenheit zu erhalten. Sollte ich geduldig warten, bis ich sichre Nachrichten empfing? Wenn Egypten ihr Ziel war, so konnte sie, ehe ich davon hörte, in Indien seyn. Nichts zu thun, wäre schimpflich gewesen, darum folgte ich meiner eigenen Einsicht. Ich stehe vor dem Richterstuhl Eurer Lordschaften, und wenn unter allen Umständen entschieden wird, daß ich Unrecht habe, so will ich zum Besten meines Vaterlandes meine Stelle niederlegen; aber noch in diesem Augenblicke, da ich weiß, daß die Franzosen nicht in Alexandrien sind, bleibe ich auf der nämlichen Meinung, wie ich sie bei Kap Passaro hatte, daß ich allen Umständen nach Recht hatte, nach Alexandrien zu steuern, und bei dieser Meinung muß ich stehen oder fallen.« Kapitän Ball, welchem er das Papier zeigte, sagte ihm, er empfehle ihm als Freund, sich nie wegen seines Benehmens zu vertheidigen, bevor er eines Fehlers angeklagt sey; er möge vollständig die Gründe angeben, aus welchen er gehandelt habe, dargelegt in schlagenden Ausdrücken, um zu beweisen, und in der festesten Ueberzeugung, Recht zu thun und gethan zu haben; und dann dürfe er erwarten, daß die Menge es in der Folge im nämlichen Lichte erblicken würde. Kapitän Ball urtheilte richtig von der Menge, deren erste Eindrücke, ob sie gleich aus Mangel an genügender Nachricht häufig fehlerhaft seyn müssen, im Allgemeinen auf ein richtiges Gefühl gegründet sind. Aber die Menge wird leicht mißleitet, und es gibt immer Leute, die dazu bereit sind. Nelson hatte damals den Ruhm noch nicht erreicht, vor dem der Neid verstummen mußte, und als es in England bekannt wurde, daß er nach einem erfolglosen Nachsegeln zurückgekehrt sei, sagte man, er verdiene eine Anklage; Graf St. Vincent wurde stark getadelt, daß er einen so jungen Offizier zu einer Sendung von solcher Wichtigkeit verwendet habe.

Getäuscht in seiner Verfolgung kehrte er nach Sicilien zurück. Das neapolitanische Ministerium hatte beschlossen, seinem Geschwader keine Hülfe zu leisten, da es den Grundsatz hatte, Nichts zu thun, was den Frieden mit dem französischen Direktorium möglicher Weise gefährden könnte; jedoch durch den Einfluß von Lady Hamilton am Hofe erhielten die sicilianischen Befehlshaber geheime Ordre, und in Folge davon bekam er in Syrakus Alles, woran er Mangel litt, eine zeitgemäße Unterstützung, ohne welche er, wie er versicherte, seine Verfolgung nicht mit Hoffnung auf Erfolg wieder hätte beginnen können. »Es ist ein altes Wort, sagt er in seinem Brief, »daß die Kinder des Teufels auch des Teufels Glück haben. Ich kann diesen Augenblick außer einigen unbestimmten Vermuthungen nicht erfahren, wohin die französische Flotte gegangen ist, und nachdem ich einen Weg von 600 Seemeilen in dieser Jahrszeit mit unglaublicher Schnelligkeit gemacht habe, bin ich wieder hier eben so unbekannt mit dem Standpunkt des Feindes, als 27 Tage vorher. Jeden Augenblick bedaure ich es, daß die Fregatten mich verlassen haben; wäre nur die Eine Hälfte bei mir gewesen, so hätte es mir an Nachricht nicht fehlen können. Sollten die Franzosen so geschüzt im Hafen liegen, daß ich nicht an sie kommen kann, so werde ich augenblicklich meine Flagge auf einem andern Schiffe aufziehen, und den Vanguard zur Ausbesserung nach Neapel schicken, denn außer mir würde kaum Einer den Dienst so lange in einem so elenden Zustande fortgesezt haben. Geneckt jedoch und getäuscht, wie er war, entsagte Nelson mit wahrem Heldengeiste noch immer der Hoffnung nicht. »Dank sei es Ihren Bemühungen,« sagt er in einem Briefe an Sir W. und Lady Hamilton, »wir sind mit Lebensmitteln und mit Wasser versehen; und sicher müssen wir siegen, da wir unser Wasser aus der Quelle der Arethusa haben. Wir werden mit dem ersten frischen Wind absegeln, und seyen Sie überzeugt, ich werde zurückkehren entweder gekrönt mit Lorbeeren, oder bedeckt mit Cypressen.« Dem Grafen St. Vincent versicherte er, wenn die Franzosen irgend auf dem Wasser seyen, er sie ausfindig machen werde. Er hielt immer noch an seiner Ansicht fest, daß Egypten das Ziel ihrer Bestimmungen sey. »Wären sie jedoch,« sagte er zum ersten Lord der Admiralität, »zu den Antipoden bestimmt, dennoch dürfte sich Eure Lordschaft darauf verlassen, daß ich keinen Augenblick verlieren würde, sie zum Kampfe zu bringen.«

Am 25. Juli segelte er von Syrakus nach Morea. Ueber die Maaßen unruhig und gereizt dadurch, daß ihn der Feind so lange täuschen sollte, machte ihn die Langweile der Nächte ungeduldig; er rief wiederholt den Wachoffizier, und ließ sich die Stunde sagen, um sich, da er die Zeit nach seiner eigenen Hast maß, zu überzeugen, daß es noch nicht Tagesanbruch sei. Das Geschwader erreichte den Golf von Coron am 28sten. Trowbridge lief in den Hafen ein, und brachte die Nachricht zurück, man habe die Franzosen vier Wochen zuvor südöstlich von Candia segeln gesehen. Nelson beschloß daher, unmittelbar nach Alexandrien zurückzukehren, und die brittische Flotte stand demnach, jedes Segel aufgesezt, noch einmal der egyptischen Küste gegenüber. Am 1. August bekam man Alexandrien zu Gesicht, und um 4 Uhr Nachmittags signalisirte Kapitän Hood im Zealous die französische Flotte. Mehrere Tage zuvor hatte Nelson weder Speise zu sich genommen, noch geschlafen; er befahl jezt, das Mittagsessen zu bereiten, während Anstalten zur Schlacht getroffen wurden; und als seine Offiziere von der Tafel aufstanden, und auf ihre verschiedene Posten abgingen, sagte er zu ihnen: »morgen um diese Zeit bin ich entweder Pair geworden, oder der Westmünsterabtei verfallen.«

Die Franzosen hatten, indem sie gegen Candia gesegelt waren, auf ihrem Weg nach Alexandrien einen Winkel gemacht, während Nelson in ihrer Verfolgung den geraden Weg dahin eingeschlagen, und auf diese Art einen kürzeren Weg zu machen hatte. Die verhältnißmäßige Schwäche seiner Flotte machte es nöthig, in geschlossener Ordnung zu segeln, und er bedeckte einen kleineren Raum, als geschehen wäre, wenn die Fregatten bei ihm gewesen wären; auch war das Wetter anhaltend neblig. Dieß verhinderte die Engländer, mit dem Feinde auf dem Weg nach Egypten zusammenzutreffen, und während ihrer Rückkehr nach Syrakus war die Wahrscheinlichkeit, ihn zu entdecken, noch geringer.

Die französische Flotte hatte Alexandrien am 1. Juli erreicht, und Brueys seine Schiffe in strenger, fester Schlachtlinie in der Bay von Abukir vor Anker gelegt, da er in den Hafen von Alexandrien, der im Verlaufe der Zeit und durch Vernachlässigung unbrauchbar geworden war, nicht einlaufen konnte. Das vorderste Schiff lag, nach seinem eigenen Bericht, so nahe als möglich an einer Sandbank gegen Nord-West, und der Rest der Flotte bildete eine Art von Bogen längs der Linie des tiefen Wassers, so daß man auf keine Weise sich gegen Süd-West drehen konnte. Auf Bonaparte's Verlangen hatte er demjenigen Lootsen, welcher das Geschwader in den Hafen führen würde, eine Belohnung von 10,000 Livres versprochen; aber man konnte nicht Einen finden, der es wagte, auch nur Ein Schiff, welches tiefer als zwanzig Fuß ging, hinein zu bringen. Er hatte daher in seiner Lage das Beste gethan und die festeste Stellung gewählt, welche er möglicher Weise in einer offenen Rhede nehmen konnte. Der Kommissär auf der Flotte sagte, sie sey geordnet gewesen, daß sie einer mehr als zweimal so starken Macht hätte die Spitze bieten können. Diese Ansicht konnte man damals nicht für ungegründet halten. Admiral Barrington, welcher im Jahr 1778 bei St. Lucia auf ähnliche Weise aufgestellt war, schlug den Comte d'Estaign in drei verschiedenen Angriffen, obgleich seine Macht der der angreifenden wenigstens um ein Drittel nachstand. Hier war die numerische Ueberlegenheit an Schiffen, Kanonen und an Mannschaft auf Seiten der Franzosen; sie hatten dreizehn Linienschiffe und vier Fregatten mit 1196 Kanonen und 11,230 Mann. Die Engländer hatten eben so viel Linienschiffe und ein Schiff von 50 Kanonen, im Ganzen 1012 Kanonen und 8068 Mann. Die englischen Schiffe waren alle vier und siebziger; die Franzosen hatten drei Schiffe von 80 Kanonen und einen Dreidecker von 120.

So lange die Verfolgung währte, hatte Nelson, so oft es die Umstände erlaubten, seine Kapitäne an Bord des Vanguard geladen, um ihnen seine Gedanken über die verschiedenen Angriffsweisen darzulegen, damit sie sich beim wirklichen Zusammentreffen mit dem Feinde, in welcher Lage es auch sey, zu richten wüßten. Es gibt, hat man behauptet, keine irgend denkbare Stellung, welche er nicht mit in Berechnung zog. Seine Offiziere wurden auf diese Art mit seinen Grundsätzen der Taktik vollkommen bekannt, und so groß war sein Vertrauen auf ihre Geschicklichkeit, daß er, im Fall man die Franzosen vor Anker fände, nur bestimmte, sie sollten eine für die gegenseitige Unterstützung taugliche Stellung einnehmen, und beim Hintertheil der Schiffe Anker werfen. »Zuerst gewinnt den Sieg,« sagte er, »und dann macht den bestmöglichen Gebrauch davon.« Im Augenblick, wo er die Stellung der Franzosen erblickte, zeigte sich Nelson's klarer Verstand. Sogleich stieg der Gedanke in ihm auf, an einem Orte, wo für die feindlichen Schiffe Raum sey, sich zu schwenken, da sey auch Raum für die brittischen zu ankern. Der Plan, welchen er zu befolgen beabsichtigte, war daher, bei der äußeren Seite der französischen Linie zu halten, und seine Schiffe, wenn irgend möglich, zur Hälfte an den äußeren Bogen, und zur Hälfte an die äußere Seite des Feindes zu stellen. Dieser Plan, die feindlichen Schiffe zwischen zwei Feuer zu nehmen, war von Lord Hood entworfen worden, als er damit umging, die französische Flotte anzugreifen, während sie auf der Rhede von Gourjean lag. Lord Hood hielt ihn für unausführbar; aber der Gedanke wurde von Nelson, welcher sich seinem alten ausgezeichneten Oberbefehlshaber dafür verpflichtet erklärte, nicht aufgegeben. Kapitän Berry rief, als er den Zweck dieses Planes einsah, entzückt aus: »Wenn es uns gelingt, was wird die Welt sagen!« – »Darum handelt es sich nicht mehr,« erwiederte der Admiral, »daß wir siegen werden, ist gewiß; wer es erleben wird, die Kunde, davon zu erzählen, ist eine andere Frage.«

Als das Geschwader vorrückte, eröffnete der Feind ein lebhaftes Feuer von der Steuerbordseite seiner ganzen Linie, gerade auf die Backen der englischen Schiffe. Dies wurde unerwiedert ausgehalten, die Mannschaft an Bord eines jeden Schiffes war beschäftigt, die Segel einzuziehen, die Brassen zu richten und zum Ankerwerfen in Bereitschaft zu setzen. Die Franzosen erbauten sich nicht sonderlich daran; mit all ihrer Gewandtheit, all' ihrem Muth und allen ihren Vortheilen, in Betreff ihrer Anzahl und Stellung, befanden sie sich einmal auf einem Elemente, wo der Franzose, wenn die Stunde der Probe kommt, kein Vertrauen hat. Admiral Brueys war ein tapfrer, geschickter Mann, aber der unauslöschliche Charakter seines Volkes zeigt sich in einem seiner Briefe, worin er als seine Privat-Meinung äußert, die Engländer haben ihn verfehlt, weil sie an Kraft nicht überlegen, es für unklug gehalten hätten, sich mit ihm zu messen. Der Augenblick war nun gekommen, in welchem er enttäuscht werden sollte.

Eine französische Brigg wurde beordert, die Engländer zu reizen, indem sie solche Manöuvres machte, um sie gegen eine Sandbank in der Nähe der Insel Bequieres zu locken; aber Nelson kannte entweder die Gefahr, oder argwöhnte eine List, und ließ sich nicht verlocken. Kapitän Foley ging voran im Goliath, indem er den Zealous übersegelte, welcher ihm einige Minuten diesen Ehrenposten streitig machte. Er war der Meinung, daß, wenn der Feind in Schlachtlinie längs dem Ufer aufgestellt wäre, der beste Angriffsplan der sey, zwischen ihn und das Ufer zu dringen, weil die französischen Kanonen auf dieser Seite nicht so stark bemannt, noch auch zum Kampfe bereit seyen. In der Absicht daher, sich an die innere Seite des Guerrier zu legen, hielt er möglichst nahe am Rande der Bank, soweit es nur die Tiefe des Wassers zuließ; aber sein Anker hing, und, da er sein Feuer eröffnet hatte, trieb er zum zweiten Schiff, dem Conquerant, ehe der Anker völlig gelichtet war; sofort legte er sich an der Seite des Steuers vor Anker und in zehn Minuten waren die Masten des Conquerant weggeschossen. Als Hood in dem Zealous dieß bemerkte, nahm er den Posten, welchen der Goliath einzunehmen im Sinne gehabt hatte, ein, und machte den Guerrier in zwölf Minuten völlig unbrauchbar. Das dritte Schiff, welches die feindliche Flotte umsegelte war der Orion, Kapitän Sir J. Saumarez; er ging seewärts an dem Zealeous vorüber und eröffnete das Feuer seiner Backbord-Kanonen, soweit sie trugen gegen den Guerrier; alsdann ging er an der Seite des Goliath vorbei, schoß eine Fregatte in Grund, welche ihn beunruhigte, zog herum gegen die französische Linie, und indem er sich zwischen dem fünften und sechsten Schiff vom Guerrier aus vor Anker legte, nahm er seine Stellung an der Backbordseite des Franklin, und am Hinterverdeck des Peuple souverain, deren beider Feuer er aushielt und erwiederte. Die Sonne war nun nahe am Untergehen. Der Audacious, Kapitän Gould, eröffnete ein heftiges Feuer auf den Guerrier und den Conquerant, und legte sich an die Backbordseite des lezteren; und als dieses Schiff die Segel strich, ging er weiter gegen den Peuple souverain. Der Theseus, Kapitän Miller, folgte ihm, schlug den noch übrigen Haupt- und Besan-Mast des Guerrier vollends nieder, und ankerte dann an der Seite des Spartiate, des dritten in der französischen Linie.

Während diese Schiffe die französische Linie umsegelten, war der Vanguard der erste, der an der äußersten Seite des Feindes sich vor Anker legte, in halber Pistolenschußweite von seinem dritten Schiffe, dem Spartiate. Nelson hatte sechs Flaggen an verschiedenen Theilen seines Tauwerks, damit sie nicht weggeschossen werden sollten; denn daß sie eingezogen werden konnten, hält kein brittischer Admiral für möglich. Er wendete sich eine halbe Taulänge und eröffnete sogleich ein furchtbares Feuer, unter dessen Schutz die vier andern Schiffe seiner Abtheilung, der Minotaur, Bellerophon, Don France und Majestic vor dem Admiral vorbei segelten. In wenig Minuten waren alle, welche bei den sechs ersten Kanonen des vorderen Theils des Vanguard standen, niedergemacht oder verwundet; diese Kanonen mußten dreimal bemannt werden. Kapitän Louis, im Minotaur, ankerte zunächst vornen, und empfing das Feuer des Aquilon, des vierten Schiffes der feindlichen Linie. Der Bellerophon, Kapitän Darby, kam nun in den Kampf, und warf den hintern Anker an der Steuerbordseite des Orient aus, des siebenten in der Linie; es war Brueys eigenes Schiff von 120 Kanonen, dessen Ueberlegenheit im Verhältniß von mehr als sieben zu drei stand, und dessen Geschütz, allein vom kleinen Verdeck, an Schwere das von der ganzen Seite des Bellerophon übertraf. Kapitän Peyton nahm seine Stellung vor dem Minotaure und griff den Franklin an, das sechste Schiff in der Linie; durch diese kluge Bewegung blieb die brittische Linie ununterbrochen. Der Majestic, Kapitän Westcott, verwickelte sich mit dem Haupttauwerk eines der französischen Schiffe hinter dem Orient und litt furchtbar von dem Feuer dieses Dreideckers; aber er machte sich bald wieder los, und, indem er sich nahe an den Heureur legte, das neunte Schiff auf der Steuerbordseite, hatte er auch das Feuer des Tonnant auszuhalten, des achten Schiffes in der Linie. Die andern vier Schiffe des brittischen Geschwaders, welche früher abgeschickt worden waren, um die Franzosen zu suchen, waren beim Anfang der Schlacht in bedeutender Entfernung. Sie begann um 6½ Uhr; nach sieben wurde es dunkel, und man sah kein anderes Licht, als das vom Feuer der kämpfenden Flotten.

Trowbridge im Kulloden, dem vordersten der zurückgebliebenen Schiffe, war zwei Seemeilen zurück. Er schiffte mit dem Loth, wie die andern gethan hatten; als er weiter vorwärts kam, vergrößerte die zunehmende Finsterniß die Schwierigkeit der Fahrt, und plötzlich, nachdem er eilf Faden Tiefe gehabt hatte, saß er fest auf dem Grund, ehe das Loth wieder aufgewunden werden konnte; und alle seine Bemühungen, verbunden mit denen des Leander und der Brigg Mutine, welche ihm zu Hülfe kamen, konnten ihn nicht so bald wieder flott machen, um noch an der Schlacht Theil nehmen zu können. Dieß Schiff diente jedoch als Leuchtthurm für den Alexander und Swiftsure, welche sonst dem Lauf zu Folge, den sie genommen hatte, beträchtlich weiter gegen die Sandbank gesegelt und unvermeidlich verloren gewesen wären. Diese Schiffe liefen in der Finsterniß in die Bay ein, und nahmen ihre Stellung auf eine Art, von der noch jezt von allen, die sich daran erinnern, mit Bewunderung gesprochen wird. Kapitän Hallowell, in dem Swiftsure, traf beim Einlaufen auf ein Schiff, das ein feindliches zu seyn schien. Nelson hatte seinen Schiffen befohlen, vier Fackeln horizontal auf der Spitze des Besanmastes aufzustecken, sobald es dunkel würde, und dieses Schiff hatte diese Auszeichnung nicht. Hallowell jedoch mit großer Klugheit befahl seinen Leuten, kein Feuer zu geben; wenn es ein feindliches Schiff sey, sagte er, so sey es in einem zu schlechten Zustande, um zu entkommen; aber die hängenden Segel und die Richtung, welche es habe, machten es wahrscheinlich, daß es ein englisches Schiff sey. Es war der Bellerophon, überwältigt vom mächtigen Orient; seine Fackeln waren über Bord gefallen, 200 der Mannschaft niedergemacht oder verwundet und alle seine Masten und Taue weggeschossen; er verließ deswegen die Linie und zog sich hinter die Seeseite der Bay zurück. Seine Stelle wurde in diesem wichtigen Augenblick vom Swiftsure eingenommen, welcher ein lebhaftes Feuer auf das Verdeck des Franklin und die Backen des französischen Admiralschiffes eröffnete. Zur nämlichen Zeit zog Kapitän Ball mit dem Alexander unter seinem Steuerruder vorbei, legte sich an seine Backbordseite und unterhielt auf sein Verdeck ein regelmäßiges Musketenfeuer. Das lezte Schiff, welches ankam, um die Niederlage des Feindes vollkommen zu machen, war der Leander. Kapitän Thompson segelte, als er fand, daß der Kulloden diese Nacht durchaus nicht flott gemacht werden könne, weiterhin der Absicht, quer vor den Klüsen des Orient anzulegen; der Franklin war so nahe, daß er keinen Raum hatte, zwischen den zwei durchzukommen; er nahm daher seine Stellung quer vor den Klüsen des lezteren auf eine Art, daß er beide der Länge nach bestreichen konnte.

Die zwei vordersten Schiffe der französischen Linie waren schon in Zeit einer Viertelstunde nach dem Anfang der Schlacht entmastet, und die andern hatten in der Zeit so sehr gelitten, daß der Sieg bereits entschieden war. Das dritte, vierte und fünfte wurden um 9½ Uhr genommen. Indessen erhielt Nelson durch einen Kartätschenschuß eine heftige Wunde am Kopf. Kapitän Berry fing ihn in seinen Armen auf, als er fiel. Starker Blutverlust erregte Besorgnis, die Wunde könne tödlich seyn; Nelson selbst meinte dieß. Ein Lappen von der Haut des Vorderkopfes, welcher durch die Kugel losgerissen war, hieng ihm über ein Auge herunter; und da er auf dem andern blind war, befand er sich völlig im Dunkeln. Als er hinunter geführt wurde, verließ der Wundarzt, bei einer Scene, von welcher man sich schwer einen Begriff machen kann, wenn man noch nie den Krankenverschlag eines Schiffes während einer Schlacht gesehen hat, oder Zeuge des Heroismus war, der sich mitten unter diesen Schrecken zeigt, mit eben so natürlicher als verzeihlicher Eile den armen Burschen, den er eben unter seinen Händen hatte, um augenblicklich dem Admiral sich zu widmen. »Nein,« sagte Nelson, »ich will nichts von meinen braven Leuten voraus haben.« Auch litt er wirklich nicht, daß seine eigene Wunde untersucht werde, bevor Jeder, der vor ihm verwundet worden war, gehörig besorgt war. Völlig von der Tödtlichkeit der Wunde überzeugt, so wie von der Erfüllung seines immer gehegten Wunsches, in der Schlacht und als Sieger zu sterben, rief er den Kaplan, und bat ihn, seine Meinung zu sagen, was sein leztes Andenken an Lady Nelson seyn solle; sodann schickte er nach Kapitän Louis an Bord des Minotaur, um ihm persönlich für den Beistand, den er dem Vanguard geleistet, zu danken; und wie er nie Einen vergaß, der sein Freund zu seyn verdiente, so übergab er nun dem Kapitän Hardy von der Brigg das Kommando seines eigenen Schiffes, da Kapitän Berry mit der Nachricht des Sieges nach Hause bestimmt war. Als der Wundarzt endlich kam, um die Wunde zu untersuchen (denn man hatte vergeblich ihn zu überreden gesucht, sie früher untersuchen zu lassen), herrschte ein ängstliches Schweigen, und die Freude der verwundeten Mannschaft und des ganzen Schiffsvolks, als sie hörten, die Verletzung sey nur ganz oberflächlich, machte Nelson mehr Vergnügen, als die unerwartete Versicherung, daß sein Leben nicht in Gefahr sey. Der Wundarzt bat und befahl, so weit es anging, er möchte ruhig bleiben; aber Nelson war dieß unmöglich. Er rief nach seinem Sekretär, Mr. Campbell, um Depeschen zu diktiren. Campbell war selbst verwundet, und durch den traurigen Zustand seines Admirals so ergriffen, daß er unfähig war, zu schreiben. Man schickte daher nach dem Kaplan; aber ehe dieser kam, ergriff Nelson mit der ihm eigenthümlichen Heftigkeit die Feder und warf einige Worte hin, welche seinen frommen Dank für den glücklichen Erfolg des Tages ausdrückten. Er wurde nun allein gelassen, als plötzlich auf dem Verdeck das Geschrei gehört wurde, der Orient habe Feuer gefaßt. In der Verwirrung fand er seinen Weg hinauf, ohne daß ihn Jemand unterstüzte oder auch nur bemerkte, und zum Erstaunen Aller erschien er auf dem Hinterdeck, wo er unverzüglich den Befehl gab, man solle den Feinden Boote zu Hülfe schicken.

Es war etwas nach neun Uhr, als das Feuer an Bord des Orient ausbrach. Brueys war todt; er hatte drei Wunden erhalten, wollte jedoch seinen Posten nicht verlassen, eine vierte Kugel riß ihn fast mitten entzwei. Er verlangte nicht hinabgeführt zu werden, sondern auf dem Verdeck zu sterben. Bald stand sein Schiff in Flammen. Die Seiten desselben waren vor Kurzem getheert worden, und die Oelkrüge und Theergefäße lagen auf dem Hintertheil des Schiffes. Bei der ungewöhnlichen Helle, welche der Brand verbreitete, konnte man die Lage der zwei Flotten sehen, da die beiderseitigen Flaggen deutlich zu unterscheiden waren. Um zehn Uhr flog das Schiff in die Luft. Dieser schrecklichen Explosion folgte ein eben so furchtbares Schweigen; das Feuer hörte sogleich von beiden Seiten auf, und der erste Laut, welcher das Stillschweigen brach, war das Geräusch, welches die zerschmetterten Masten und Segelstangen verursachten, als sie von der ungeheuern Höhe, zu welcher sie hinaufgeschleudert worden waren, in's Wasser fielen. Man weiß sich zu erinnern, daß eine Schlacht zwischen zwei Armeen durch ein Erdbeben unterbrochen wurde; solch' ein Ereigniß wurde wie ein Wunder angesehen; aber kein Begegniß im Krieg, von menschlichen Kräften ausgegangen, glich je der Erhabenheit dieser verhängnißvollen Pause.

Gegen 70 von der Mannschaft des Orient wurden von den englischen Booten gerettet. Unter den Hunderten, welche umkamen, war der Kommodore Casa Bianca und sein Sohn, ein wackerer Knabe von zehn Jahren. Man sah sie auf den Trümmern eines Mastes schwimmen, als das Schiff aufflog. Dieses hatte Geld im Betrag von 600,000 Pfund Sterling an Bord. Ein brennender Balken fiel auf den Alexander: das dadurch verursachte Feuer war jedoch sogleich gelöscht. Kapitän Ball hatte alle der menschlichen Vorsicht möglichen Maßregeln gegen eine Gefahr der Art getroffen. Alle Segel und alles Segeltuch des Schiffes, was nicht unumgänglich nothwendig war zum augenblicklichen Gebrauch, wurde stark durchnäßt und so aufgerollt, daß sie als harte, feste und schwer entzündbare Rollen dalagen.

Das Feuer gegen die Schiffe leewärts vom Centrum begann wieder und dauerte bis gegen drei Uhr. Bei Tages Anbruch waren der Guillaume Tell und der Genereur, die zwei hintersten feindlichen Schiffe, die einzigen französischen Linienschiffe, deren Flaggen noch wehten: sie kappten ihre Ankertaue Vormittags, da sie nicht angegriffen wurden, und stachen mit zwei Fregatten in die See. Der Zealous sezte ihnen nach; aber da kein anderes Schiff mehr im Stande war, Kapitän Hood zu unterstützen, so wurde er zurückberufen. Es war die allgemeine Ansicht der Offiziere, daß, wäre Nelson nicht verwundet worden, keines dieser Schiffe entkommen seyn würde: diese vier gewiß nicht, wenn der Culloden an der Schlacht hätte können Antheil nehmen; wenn die Fregatten, welche zu dem Geschwader gehörten, zugegen gewesen wären, würde nicht Ein feindliches Schiff die Bay von Abukir verlassen haben. Diese vier Schiffe jedoch waren die einzigen, welche entkamen, und der Sieg war der vollständigste und ruhmvollste, den die Annalen des Seewesens kennen. Das Wort Sieg, sagte Nelson, ist nicht stark genug für eine solche Affaire; er nannte es eine Eroberung. Von den dreizehn feindlichen Linienschiffen wurden neun genommen und zwei verbrannt; von den vier Fregatten eine verbrannt und eine andere versenkt. Der Verlust der Engländer an Todten und Verwundeten belief sich auf 895 Mann. Westkott war der einzige Kapitän, welcher fiel. 3105 Franzosen mit Einschluß der Verwundeten, wurden mit einem Auswechslungs-Vergleich an's Land geschickt und 5225 kamen um.

Kaum war die Schlacht vollständig gewonnen, als Nelson auf jedem Schiffe der Flotte Dankgebete anstellen ließ für den glücklichen Erfolg, mit welchem der allmächtige Gott die Waffen seines Königs gesegnet habe. Die Franzosen in Rosette, welche mit Furcht und Zittern dem Kampfe zugesehen hatten, wußten nicht, was sie aus der Stille, die auf der Flotte während dieses feierlichen Aktes herrschte, machen sollten; doch schienen mehrere der Gefangenen, sowohl Offiziere als Gemeine, davon ergriffen, und einige, so verwildert sie waren, bemerkten, es sey kein Wunder, daß auf der brittischen Flotte eine solche Ordnung herrsche, wenn die Gemüther der Leute nach einem glänzendem Sieg und im Augenblick einer solchen Verwirrung für höhere Gefühle empfänglich seyen. – Als die Franzosen ihre vier Schiffe ungehindert aus der Bay auslaufen sahen, suchten sie sich selbst zu überreden, sie hätten den Kampfplatz behauptet. Aber sie versuchten es vergeblich, gegen ihre eigene im Stillen gehegte feste Ueberzeugung sich selbst zu täuschen, und wenn ihnen dieß auch gelungen wäre, so würden doch die Freudenfeuer, welche die Araber die ganze Küste entlang und auf den Höhen während der drei folgenden Nächte anzündeten, sie bald enttäuscht haben. Tausende von Arabern und Aegyptern standen am Ufer und bedeckten die Gipfel der Häuser während der Schlacht, voll Freude über die Niederlage, welche ihre Feinde erlitten, Lange nach der Schlacht noch sah man unzählige Leichname um die Bay schwimmen, trotz der Mühe, die man sich gab, sie zu versenken, theils aus Furcht vor der Pest, theils wegen des Ekels und Entsetzens, was der Anblick verursachte. Das Ufer war eine Strecke von vier Seemeilen weit mit Wracks bedeckt; und die Araber beschäftigten sich mehrere Tage damit, die Stücke zu verbrennen, um das Eisen davon zu gewinnen. Ein Theil von dem Hauptmast des Orient war von dem Swiftsure aufgefangen worden. Kapitän Hallowell befahl seinem Schiffszimmermann, einen Sarg daraus zu machen; das Eisen sowohl als das Holz war von den Trümmern dieses Schiffes: er wurde so gut und schön verfertigt, als die Geschicklichkeit und die Werkzeuge des Arbeiters es gestatteten; und Hallowell sandte ihn dann dem Admiral mit folgendem Schreiben: »Sir, ich habe mir die Freiheit genommen, Ihnen mit einem aus dem Hauptmast des Orient verfertigten Sarge ein Geschenk zu machen, damit Sie, wenn Ihre militärische Laufbahn auf Erden zu Ende seyn wird, in einer Ihrer Trophäen sich begraben lassen können. Aber daß dieser Zeitpunkt noch fern seyn möge, ist der aufrichtigste Wunsch Ihres wahren Freundes, Benjamin Hallowell.« – Das sonderbare und doch unter diesen Umständen nichts weniger als unpassende Anerbieten wurde von Nelson in dem Sinne, wie es abgeschickt worden war, angenommen. Da es ihm heilsam für ihn selbst dünkte, um, da er auf dem Gipfel seiner Wünsche war, beständig den Tod vor Augen zu haben, befahl er, den Sarg aufrecht in seiner Kajüte aufzustellen. Solch' ein Hausgeräthe stimmte jedoch mit seinen eigenen Empfindungen mehr als mit denen seiner Gäste und Begleiter zusammen, und ein alter begünstigter Diener drang so ernstlich in ihn, es zu entfernen, daß er endlich den Sarg wegschaffen ließ. Aber er gab gemessenen Befehl, er solle in sichere Verwahrung genommen und zu dem Zwecke aufgehoben werden, zu welchem ihn der würdige und brave Geber bestimmt hatte.

Der Sieg war vollständig, aber Nelson konnte ihn aus Mangel an Mitteln nicht, wie er wünschte verfolgen. Wäre er mit kleineren Schiffen versehen gewesen, so würde der Vernichtung der Proviant- und Transportschiffe im Hafen von Alexandrien nichts im Wege gestanden seyn; vier Bombardierschiffe würden damals in wenigen Stunden alle verbrannt haben. »Wäre ich in diesem Augenblick gestorben,« sagt Nelson in seinen Depeschen an die Admiralität, » wehe keine Fregatte!« müßte man in meinem Herzen eingegraben gefunden haben. Kein Wort kann ausdrücken, was ich durch diesen Mangel gelitten habe und noch leide.« Auch mit schweren körperlichen Leiden hatte er zu kämpfen; der Schuß hatte seinen Kopf so erschüttert, daß er wegen unausgesezter heftiger Schmerzen und des fortwährenden Uebelbefindens, was damit verbunden war, sich kaum überzeugen ließ, die Hirnschaale sey nicht zerschmettert. Ohne Trowbridge, Ball, Hood und Hallowell, erklärte er, wäre er unter den Anstrengungen bei der Ausbesserung seines Geschwaders erlegen. Alles sey gut ausgeführt worden; aber diese Offiziere seyen es gewesen, die ihn unterstüzt haben, bezeugte er. Mitten unter seinen Leiden und Anstrengungen konnte Nelson dennoch an alle Folgen dieses Sieges denken; und, um keinen Vortheil davon verloren gehen zu lassen, schickte er einen Offizier über Land nach Indien mit Briefen an den Gouverneur vom Bombay, worin er ihn von der Ankunft der Franzosen in Aegypten, der gänzlichen Zerstörung ihrer Flotte und der eben damit gewonnenen Sicherstellung Indiens gegen jeden Angriff von Seiten dieser furchtbaren Expedition benachrichtigte. »Er wisse,« sagte er, »daß Bombay ihr erstes Ziel sey, wenn es ihnen hier gelingen würde; aber er habe das Vertrauen, daß der allmächtige Gott in Aegypten eine solche Pest des Menschengeschlechts vernichten werde. Bonaparte habe es noch nie mit einem englischen Offizier zu thun gehabt, und er werde sich bemühen, ihm Achtung vor denselben einzuflößen.« Diese Depeschen sandte er auf seine eigene Verantwortlichkeit mit Creditbriefen auf die ostindische Kompagnie, an die brittischen Konsuls, Vicekonsuls und Kaufleute auf seinem Wege ab; Nelson sagte: »Wenn er Unrecht gethan habe, hoffe er, die Rechnungen würden bezahlt werden und er werde die Compagnie entschädigen; denn als Engländer sey er stolz darauf, daß es in seiner Gewalt gestanden sey, die englischen Niederlassungen zu warnen, auf ihrer Hut zu seyn.« Die Nachricht, welche auf diese Weise nach Indien gelangte, war von großer Wichtigkeit. Eben hatte man Befehle zur Ergreifung von Vertheidigungsmaßregeln gegeben, die mit der befürchteten Gefahr im Verhältnisse standen; und die außerordentlichen Ausgaben, welche man sich dadurch zugezogen haben würde, wurden so verhütet.

Nelson stand jezt auf dem Gipfel seines Ruhmes. Mit Beglückwünschungen, Belohnungen und Ehrenbezeigungen wurde er von allen Staaten, Fürsten und Mächten, denen sein Sieg Ruhe verschafft hatte, überhäuft. Das erste Schreiben dieser Art, das er erhielt, kam vom türkischen Sultan, der, sobald die Expedition gegen Aegypten bekannt geworden war, »alle wahren Gläubigen, aufgerufen hatte, die Waffen zu ergreifen gegen die schweinischen Ungläubigen, die Franzosen, um seine gesegneten Besitzungen ihren verfluchten Händen zu entreißen,« und allen seinen Pascha's den Befehl gegeben hatte, Tag und Nacht auf Nichts als auf Rache an ihnen zu sinnen. Das Geschenk Seiner Ottomannischen Majestät, »des mächtigen, furchtbaren und höchst glanzvollen Großherrn,« war ein Zobelpelz mit weiten Aermeln im Werth von 5000 Thalern, eine Diamant-Agraffe im Werth von 18,000, das ehrenvollste Geschenk unter den Türken, und in diesem Falle noch ehrenvoller, weil es von einem der kaiserlichen Turbane genommen war. »Wenn es eine Million werth wäre,« sagt Nelson zu seiner Frau, »so würde mir es ein Vergnügen seyn, es in Deiner Hand zu sehen.« Zugleich sandte der Sultan eine Börse von 2000 Zechinen zu dem löblichen Zwecke, sie unter die Verwundeten auszutheilen. Die Mutter des Sultans sandte ihm eine mit Diamanten besezte Tabatiere im Werthe von tausend Pfund. Der Czar Paul, in welchem damals der bessere Theil seiner sonderbar gemischten Natur vorherrschend war, machte ihm sein mit Diamanten beseztes Bildniß in einem goldenen Etui zum Geschenke und begleitete es mit einem eigenhändigen Beglückwünschungsschreiben. Der König von Sardinien schrieb ihm ebenfalls, und sandte ihm eine mit Diamanten besezte goldene Dose. Verschwenderische Ehrenbezeigungen erwarteten ihn in Neapel. In seinem Vaterlande verlieh ihm der König folgende ehrenvolle Auszeichnungen in seinem Wappen: ein wellenförmiges Feld von Silber, die wogenschlagende See vorstellend; daraus stieg ein Palmbaum auf zwischen einem entmasteten Schiff auf der Rechten und einer zerstörten Batterie auf der Linken: auf seinem Haupt eine Seekrone von Gold, dargereicht von einem Türken, mit dem Motto: Palmam, qui meruit, ferat Man hat fälschlich behauptet, das Motto sey vom König gewählt worden; es wurde von Lord Grenville angegeben und war aus einer Ode Jortin's genommen. Die Wahl war sehr glücklich; die Ode selbst athmet einen Geist, der Niemand mehr zusagte, als Nelson:
Concurrant paribus com ratibus rates
Spectent numina ponti, et
Palmam qui meruit, ferat.

(Laßt anbrechen, geschaart Schiff gegen Schiff, die Schlacht,
Zuschau'n Götter des Meeres; die
Palme trage, wer sie verdient!)
. Seinen Schildhaltern, zur Rechten ein Matrose, zur Linken ein Löwe, wurden folgende ehrenvolle Attribute gegeben: ein Palmzweig in die Hand des Matrosen und ein anderer in die Pfote des Löwen, im Rachen eine dreifarbige Flagge und ein Stab. Er wurde zum Baron Nelson vom Nil und von Burnham Thorpe ernannt, mit einer Pension von 2000 Pfund auf Lebenszeit und noch für seine zwei nächsten Nachkommen. Als die Verleihung im Hause der Gemeinen zur Sprache kam, drückte General Walpole seine Meinung aus, man sollte ihm einen höheren Grad des Ranges ertheilen. Pitt antwortete, er halte es für unnöthig, sich darüber in Streit einzulassen. »Admiral Nelson's Ruhm,« sagte er, »wird dem brittischen Namen gleich stehen, und man wird nie vergessen, daß er den größten Seesieg erkämpft hat, dessen man sich erinnert. Niemand wird daran denken, zu fragen, ob er zum Baron oder zum Viscount oder zum Earl ernannt worden sey.« Es befremdet, daß der Minister in demselben Augenblicke, wo er einen Titel ertheilte, sich entschuldigte, keinen höheren ertheilt zu haben, indem er bei der Gelegenheit alle Titel als albern und überflüssig darstellte. Und in der That, welcher Titel ihm verliehen worden wäre, sey es nun Viscount, Earl, Marquis, Herzog oder Fürst, vorausgesezt, daß die Gesetze es gestattet hätten, der, welcher ihn erhielt, würdet doch Nelson geblieben seyn. Diesen Namen hatte er geadelt, ohne Schenkung der äußerlichen Adelswürde: es war der Name, unter welchem England ihn liebte, Frankreich ihn fürchtete, Italien, Aegypten und die Türkei ihn feierte; der Name, unter dem er stets bekannt seyn wird, so lange die gegenwärtigen Königreiche und Sprachen der Welt dauern und so lange ihre Geschichte vor der Vergessenheit gesichert ist. Von dem Grade seines Ranges hing es ab, was für eine Gestalt der Kranz in seinem Wappen haben, auf welcher Seite des rothen Buches sein Name stehen, und welche Vorrechte seiner Gemahlin in den Assemblee-Zimmern und auf den Bällen eingeräumt werden sollten. Daß die Ehrenbezeigungen gegen Nelson so weit und nicht höher gesteigert werden durften, mag Pitt und seinen Kollegen in der Verwaltung zugegeben werden: aber der Grad des Ranges, welchen sie ihm zu ertheilen für passend hielten, war das Maaß ihrer Dankbarkeit Windham muß von diesem wohlverdienten Tadel ausgenommen werden. Er, dessen Geschick es beinahe immer gewesen zu seyn scheint, edler zu denken und zu fühlen, als die, mit welchen er es zu thun hatte, erklärte, als er gegen seine eigene Partei für die Pairswürde Lord Wellingtons stritt, er sey immer noch der Meinung, Lord Nelson sey nicht gehörig belohnt worden. Die Sache war um so auffallender, da kürzlich für die Schlacht, die St. Vincent geliefert hatte, die Würde eines Earl ertheilt worden war, eine Schlacht, welche mit der Nilschlacht nie verglichen worden wäre, wenn nicht die verschiedene Art der darauf erfolgten Belohnung zu einer Vergleichung genöthigt hätte, zumal wenn der Antheil, den Nelson daran hatte, in Betracht gezogen wird. – Lord Dunkan und St. Vincent hatte jeder eine Pension von 1000 Pfund von der irischen Regierung. Dieß wurde Nelson in Folge der Union nicht bewilligt; obgleich es sicherlich geeigneter gewesen wäre, die Ausgaben Englands um etwas zu vermehren, als in solch' einem Falle 1000 Pfund jährlich zu ersparen., nicht seiner Dienste. Dieß fühlte Nelson und sprach sich mit Unwillen unter seinen Freunden darüber aus.

Was immer die Beweggründe der Ministerien und die Formalitäten, mit welchen sie ihr Benehmen unter einander entschuldigten, gewesen seyn mögen, die Wichtigkeit und Größe des Sieges wurde allgemein anerkannt. Die ostindische Kompagnie erkannte ihm ein Geschenk von 10,000 Pfund zu; die türkische Kompagnie beschenkte ihn mit einem Stück Silbergeschirr; die Stadt London überreichte ihm, so wie jedem seiner Kapitäne, einen Degen. Goldene Medaillen wurden unter die Kapitäne ausgetheilt und die ersten Lieutenants aller Schiffe befördert, was auch nach Lord Howe's Sieg geschehen war. Nelson war außerordentlich besorgt, daß der Kapitän und erste Lieutenant des Culloden wegen ihres Mißgeschicks nicht übergangen würden. Zu Trowbridge sagte er selbst: Freuen wir uns, daß das Schiff, welches am Ufer fest sitzen blieb, von einem Offizier befehligt war, dessen Charakter auf so festem Grunde steht! Die Admiralität versicherte er, das Benehmen des Kapitän Trowbridge sey ebenso lobenswerth, als das irgend eines andern Offiziers im Geschwader gewesen, und er verdiene die gleiche Belohnung. »Trowbridge war es,« sagte er, »welcher das Geschwader zu Syrakus so schnell ausrüstete: Trowbridge war es, welcher nach der Schlacht Alles für mich that: Trowbridge war es, der den Culloden rettete, während es keiner, daß ich wüßte, im Dienste versucht hätte.« Die goldene Medaille wurde daher, auf des Königs ausdrückliches Verlangen, Kapitän Trowbridge ertheilt: »für seine Dienste sowohl vor als nach der Schlacht, und für die außerordentlichen Anstrengungen, die er während der Schlacht gehabt habe, um sein Schiff zu retten und wieder flott zu machen.« Das Privatschreiben von der Admiralität an Nelson benachrichtigte ihn, die ersten Lieutenants aller im Treffen gewesenen Schiffe sollten befördert werden. Nelson schrieb augenblicklich an den Oberbefehlshaber. – »Ich hoffe sicher,« sagt er, »dieß hat nicht zum Zweck, den ersten Lieutenant vom Colloden auszuschließen. – Um des Himmels willen, – um meinetwillen, – wenn es so seyn sollte, lasset es ändern. Unser theurer Freund Trowbridge hat genug gelitten. Seine Strapazen waren in jeder Beziehung größer, als die unsrigen.« An die Admiralität schrieb er in eben so warmen Ausdrücken. »Ich hoffe und glaube, die Worte » im Treffen« haben nicht die Absicht, den Culloden auszuschließen. Das Verdienst dieses Schiffes und seines tapfern Kapitäns ist zu bekannt, als daß ich noch etwas zu ihrem Vortheil anführen könnte. Für den Lezteren war es ein großes Unglück, auf den Grund zu stoßen, während seine glücklicheren Kameraden im vollen Strome des Glückes waren. Doch, ich bin überzeugt, mein guter Lord Spencer wird nicht zum Unglück noch Schimpf hinzufügen. Kapitän Trowbridge hat am Ufer mehr gethan, als die Kapitäne zur See; mitten unter seinem großen Mißgeschick gab er Signale, welche den Alexander und den Swiftsure sicher abhielten, auf die Sandbänke zu laufen. Ich bitte um Verzeihung, daß ich über einen Gegenstand schreibe, der, ich bin es überzeugt, nie in den Sinn Eurer Lordschaft gekommen ist; aber mein Herz ist, wie es seyn soll, warm für meine tapferen Freunde.« So lebendig fühlte Nelson für die Ansprüche und Interessen Anderer. Die Admiralität antwortete, die Ausnahme sey nothwendig, da das Schiff nicht im Treffen gewesen sey; sie forderte jedoch den Oberbefehlshaber auf, den Lieutenant auf die erste Stelle, welche vakant würde, zu befördern.

Eingedenk ihrer alten, ununterbrochenen Freundschaft, ernannte Nelson Alexander Davison zum einzigen Prise-Agenten für die genommenen Schiffe, worauf Davison Medaillen prägen ließ, in Gold für die Kapitäne, in Silber für die Lieutenants, vergoldet für die Unteroffiziere und in Kupfer für die Seeleute und Matrosen. Die Kosten dieser freigebigen Handlung beliefen sich auf 2000 Pfund. Es ist dieß auch in einer andern Beziehung bemerkenswerth; viele der tapferen Männer, welche für ihr Benehmen an diesem denkwürdigen Tage kein anderes Ehrenzeichen erhielten, als diese Kupfer-Medaille aus den Händen eines Privatmannes, hatten Jahre nachher, wenn sie auf einer auswärtigen Station starben, noch das einzige Anliegen, die Medaillen möchten sorgfältig ihren Freunden nach Hause geschickt werden. – So viel Gefühl haben tapfere Männer für die Ehre, auf welcher Stufe des Rangs sie immer stehen mögen.

Drei der Fregatten, deren Gegenwart wenige Wochen früher von so großer Wichtigkeit gewesen wäre, erreichten das Geschwader zwölf Tage nach der Schlacht. Die vierte langte wenige Tage nach ihnen an. Nelson erhielt durch sie Depeschen, welche es für ihn nothwendig machten, nach Neapel zurückzukehren. Ehe er Aegypten verließ, verbrannte er drei der genommenen Schiffe, die man in weniger Zeit als einem Monat für die Fahrt nach Algier nicht hätte ausbessern können, und auch das nur mit großen Kosten und mit dem Verlust des Dienstes von wenigstens zwei Linienschiffen. »Ich bin überzeugt,« äußerte er sich gegen die Admiralität, »man wird sie bezahlen, und ich habe dem Geschwader die Versicherung davon gegeben. Denn wenn ein Admiral nach einem Sieg nach den genommenen Schiffen sehen soll, und nicht darauf, den Feind vollends zu vernichten, muß die Nation in der That die Prisen sehr theuer bezahlen. Ich hoffe, 60,000 Pfund wird man als eine gemäßigte Summe dafür annehmen, und wenn man die Dienste, Zeit und Mannschaft nebst den Ausbesserungskosten der drei Schiffe für die Fahrt nach England in Betracht zieht, so wird die Regierung beinahe eben so viel gewinnen, als sie werth sind. – Die genommenen Schiffe zu bezahlen,« fährt er fort, »ist keine neue Idee von mir, und würde dem Staate sich oft als eine außerordentliche Ersparniß erweisen, abgesehen davon, was die Nation durch die Aufmerksamkeit des Admirals auf das Eigenthum derer, welche die Beute machen, verliert; eine Aufmerksamkeit übrigens, die unumgänglich nothwendig ist, um die Offiziere und die Mannschaft für ihre Anstrengungen zu belohnen. Ein Admiral kann durch sein eigenes Gefühl reichlich belohnt seyn, so wie durch den Beifall seiner Obern; aber welche Belohnung hat der niedere Offizier und die Mannschaft, außer dem Werthe der Prisen? Wenn ein Admiral sie derselben rücksichtslos beraubt, kann er nicht erwarten, bei ihnen wohl gelitten zu seyn.« Zu Graf St. Vincent sagte er: »Wenn er hätte versichert seyn können, daß die Regierung einen annehmlichen Preis dafür bezahlen würde, so hätte er noch zwei andere Schiffe verbrennen lassen, denn die Ausbesserung und der Verlust der damit beschäftigten Schiffe betrügen mehr, als jene werth seyen.«

Nachdem Nelson die sechs noch übrigen Prisen unter Sir James Soumarez vorausgeschickt hatte, ließ er den Kapitän Hood mit den Schiffen Swiftsure, Goliath, Alkmene, Zealous und Emerald bei Alexandria, und stach 17 Tage nach der Schlacht in die See.


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