Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Sechzehntes Kapitel.
Der Geistliche.

Als Mensch ihn überall die Gegend hoch verehrt;
Mit jährlich vierzig Pfund man reich ihn nennen hört.

Dryden über Chaucer.

Fest und unerschüttert blieb die Ueberzeugung der Mistreß Dods, daß ihr Freund Tyrrel von dem blutdürstigen Hauptmann, Mac Turk, umgebracht worden sei; als aber einige Nachsuchungen nach dem Leichnam desselben eben so fruchtlos als kostbar ausfielen, gab sie verzweifelnd das Unternehmen auf. »Sie habe nun ihre Pflicht gethan – sie überlasse die Sache denjenigen, welchen eigentlich die Pflicht obläge, solche Dinge zu untersuchen – die Vorsehung würde endlich das Geheimniß an's Licht bringen zur rechten Zeit.« Dieß waren die moralischen Vorstellungen, mit welchen die gute Dame sich selbst Trost zusprach, und weniger eigensinnig, als Herr Bindloose es gefürchtet hatte, blieb sie zwar bei ihrer Meinung, jedoch ohne deßhalb ihren Bankier und Geschäftsmann zu verändern.

Vielleicht entstand Megs nachgebende Unthätigkeit in einer Angelegenheit, die sie so ernsthaft zu nehmen gedroht hatte, großentheils daher, daß der arme Tyrrel sowohl in der blauen Stube, als in dem Kreis ihrer häuslichen Sorgsamkeit, durch ihren neuen Gast, Mr. Touchwood, ersetzt war, durch dessen Besitz sie, da er dem Brunnen gleichsam entsprungen war, nach ihrer Meinung mindestens einen glänzenden Sieg über ihre Nebenbuhler davon getragen hatte. Zuweilen aber war dennoch die ganze Kraft dieser Rücksicht nothwendig, um Meg, alt und kribbelig wie sie war, dahin zu bringen, sich den mannigfachen Grillen und Plackereien ihres Gastes zu unterwerfen. Nie wußte ein Mann seine gänzliche Gleichgiltigkeit gegen das Essen und andre Bequemlichkeiten auf Reisen preisender zu rühmen; doch wahrscheinlich erregte selten irgend Jemand größere Unruhe in einem Gasthofe. – Ueber die Kochkunst hatte er seine ganz eignen wunderlichen Grillen, und handelte man ihnen entgegen, besonders wenn er eben ein kleines Zwicken des Podagra empfand, so würde man geglaubt haben, er sei in der Pastetenbude Bedreddin Hassans in die Lehre gegangen, und stände auf dem Punkte, die Scene der unglücklichen Sahntorte zu erneuert, die ohne Pfeffer bereitet war. – Hin und wieder brachte er neue Kochmethoden zum Vorschein, welche der würdigen Meg Dods offenbare Ketzereien schienen, und dann wiederhallte das ganze Haus von ihrem Streit. – Auch mußte sein Bett genau einen bestimmten Raum vom Kopfkissen bis zur Fußlehne enthalten, und die kleinste Abweichung davon, sagte er, störe seine nächtliche Ruhe und bringe gewiß sein Gemüth in Wallung. Eben so wunderlich war er über das Bürsten und Reinigen seiner Kleider, die Anordnung des Hausgeräths im Zimmer, und bei tausend Kleinlichkeiten, die er in der Unterhaltung mit völliger Geringschätzung zu behandeln schien.

Sonderbar mag es freilich erscheinen, aber so voller Widersprüche ist nun einmal die menschliche Natur: ein Gast mit dieser eigensinnigen, launigen Gemüthsart gewährte Mistreß Dods viel mehr Vergnügen als ihr ruhiger, gleichmüthiger Freund Tyrrel. – Verstand ihr jetziger Gast das Tadeln, so wußte er auch zu loben, und kein Künstler, der von seinem tiefen Wissen so überzeugt ist, wie Dame Dods, kann gegen das Lob eines Kenners, wie Mr. Touchwood, gleichgiltig sein. Ihr Künstlerstolz entschädigte sie für die größere Bemühung; auch war es für die ehrliche Gastwirthin kein ganz unzubeachtender Umstand, daß die Gäste, welche die meisten Umstände veranlassen, auch zu gleicher Zeit die stärksten Rechnungen zu haben und freigebig zu bezahlen pflegen. Ein wahres Juwel war Touchwood in dieser Hinsicht. Nie versagte er sich die Befriedigung der oberflächlichen Grille, was es ihm kosten, und welche Mühe seine Umgebungen davon haben mochten; und alles Dieß geschah dennoch mit der Versicherung, daß das in Rede Stehende ihm das gleichgiltigste Ereigniß der Welt sei. – »Was zum Henker mache er sich wohl aus Burgesses gepriesenen Brühen, er, der seine Kokusnuß nur mit dem Sand der Wüste gewürzt gegessen habe? Es sei nur eine Schande für Mistreß Dods, Etwas zu entbehren, das in jedem anständigen Gasthofe, der etwas mehr als eine bloße Ale-Schenke sei, vorräthig sein müsse.«

Kurz, er brummte, lärmte, befahl, und fand Gehorsam; er brachte das ganze Haus außer Athem, und war doch bei allen ernsteren Dingen so wahrhaft und unendlich gutmüthig, daß es ganz unmöglich war, den kleinsten Unmuth gegen ihn zu bewahren; so daß Mistreß Dods, wenn sie auch im ersten Aerger ihn zuweilen auf den Gipfel des Tintock verwünschte, stets zu herzlichen Lobsprüchen auf ihn zurückkam. – Sie konnte freilich nicht umhin, zu argwohnen, daß er ein Nabob sei, sowohl seinen Erzählungen aus den fremden Welttheilen, als auch seinen grillenhaften Einfällen und großer Freigebigkeit nach zu urtheilen – Eigenschaften, die nach ihrer Meinung stets »den Mann aus Indien« bezeichneten. Aber obwohl der Leser schon ihren Widerwillen gegen diese Glückskinder aussprechen hörte, war Mistreß Dods doch klug genug, wohl zu wissen, daß ein Nabob, der, in der Nachbarschaft wohnend, den Preis der Lebensmittel steigere, gar sehr von einem Seinesgleichen verschieden sei, der, in ihren Ringmauern verweilend, alle seine Bedürfnisse aus ihrer Vorrathskammer bezöge, und ohne Zögerung oder irgend eine Nachfrage jede Rechnung bezahlte, die nur ihr Gewissen ihm einzureichen erlaube. Kurz, um zu dem Punkte zurückzukehren, bei welchem wir vielleicht schon früher hätten bleiben sollen, die Wirthin und ihr Gast waren ungemein wohl mit einander zufrieden.

Aber wenn der Reiz der Neuheit vorüber ist, bahnt sich die Langeweile überall den Eingang, und dieser böse Geist bemächtigte sich Herrn Touchwoods, eben als er endlich Alles in der Teufelsfalle nach seinem Sinne geordnet hatte – als er Mistreß Dods in die Geheimnisse der ausländischen Kochkunst eingeweiht – dem Stubenmädchen die Gewohnheit, sein Bett genau nach der Vorschrift des Sir John Sinclair zuzubereiten, eingeprägt – und sogar einige Fortschritte zuwege gebracht hatte, dem Anthony die arabische Reitkunst begreiflich zu machen. Selbst die Ladungen von Flugschriften und Journalen, die aus London und Edinburgh reichlich eintrafen, bewiesen sich nicht wirksam genug, jenen ungerufenen Gast zu verscheuchen, und er begann endlich sich nach Gesellschaft zu sehnen. Den natürlichsten Zufluchtsort hätte ihm eigentlich der Gesundbrunnen dargeboten – aber eine heilige Scheu ergriff den Reisenden bei der bloßen Erinnerung an Lady Penelope, die ihm bei seinem ersten kurzen Aufenthalte dort hart zugesetzt hatte; und wenn auch Lady Binks Schönheit durch ihre lockende Fülle gar wohl einen Morgenländer entzücken konnte, so war unser alter Herr über die Gedanken an eine Sultanin und einen Harem schon hinweg. Endlich fuhr ein leuchtender Gedanke durch seinen Kopf, und plötzlich sich an Mistreß Dods wendend, fragte er sie, die soeben den Thee zu seinem Frühstück in eine große Tasse von ganz besonderm chinesischen Porzellan goß, von welchem er ihr ein Service geschenkt hatte, unter der Bedingung, daß sie selbst ihm den Thee bereite:

»Sagen Sie doch, Mistreß Dods, was für eine Art von Mann ist Ihr Prediger?«

»Nun, Mr. Touchwood, er ist ein Mann, wie alle andre Männer sind! – Was soll er denn für eine besondere Art sein?«

»So wie die Andern? – Ja nun, das soll soviel heißen als: er hat wie gewöhnlich Arme und Beine, Augen und Ohren! – Aber ist er ein fein empfindender Mann?«

»Das kann ich eben nicht sagen, Sir. Denn, sehn Sie, er würde zum Beispiel diesen Thee, den Sie mit der Postkutsche aus London erhielten, eben so gut für ganz gemeinen Thee-Buh trinken.«

»So hat er nicht alle seine Sinne! Diese Nase fehlt ihm, oder mindestens weiß er sie nicht zu gebrauchen. Der Thee ist von ganz feiner Sorte! – Ein wahrer duftender Blumenstrauß!« –

»Ja wohl, das mag sein! Aber ich gab neulich dem Prediger ein Schlückchen von meinem eignen, echten Cognac-Branntwein, und mag ich nie mehr von dem Quellchen kosten, wenn er nicht meinen Whisky rühmte, als er das Glas ausgeleert hatte! – Im ganzen Kirchspiel – ja in der Kirchenversammlung selbst – ist nicht Einer, der Whisky nicht von Branntwein zu unterscheiden weiß.«

»Aber was ist er für eine Art von Mann? – Ist er unterrichtet?« – fragte Touchwood.

»Unterrichtet? – Ach gelehrt ist er genug – so recht durch und durch von Gelehrsamkeit durchdrungen; – im Pfarrhause mag Alles gehn wie es will, wenn sie ihm nur nicht in seine Studierstube kommen! Es ist ordentlich furchtbar, solch' ein schlecht unterhaltenes Haus zu betrachten! – Wenn ich die beiden faulen Bälge, die den ehrlichen Mann so schändlich behandeln, zwei Tage in meiner Zucht hätte, ich wollte sie lehren, wie man ein Haus in Ordnung hält.«

»Predigt er gut?« fragte der Gast.

»O gut genug, geht schon an! – Zuweilen mischt er wohl so eine lange Redensart, oder ein Flickchen Gelehrsamkeit ein, das unsre Pächter und Bonnet-Lairds nicht so recht verstehn können. – Aber was schadet es, wie ich ihnen schon oft sagte? – Die zu seiner Besoldung beitragen müssen, bekommen ja so nur um so mehr für ihr Geld.«

»Sorgt er für sein Kirchspiel? – Ist er freundlich mit den Armen?«

»O Mr. Touchwood, was das anbetrifft, nur mehr als zu sehr. – Ich bin gewiß, er handelt nach seinen Worten, und wendet sein Angesicht nicht von dem Bittenden. – Seine Tasche wird von allen schmutzigen Taugenichtsen geplündert, welche den Einwohnern der Grafschaft zu Halse liegen.«

»Auf dem Halse liegen, Mistreß Dods? – Was würden Sie dann erst sagen, hätten Sie die Fakirs, die Derwische, die Bonzen, die Imans, die Mönche und Bettler gesehen, die mir aufgestoßen sind? – Aber nur weiter, es thut nichts. – Geht dieser Ihr Prediger oft in Gesellschaft?«

»Gesellschaft? Gehn Sie weg!« – rief Meg. »Gar keine Gesellschaft sieht er, weder in noch außer dem Hause. Des Morgens kommt er in einem langen zerlumpten Schlafrock ungefähr wie eine Krähenscheuche auf einem Kartoffelfelde, und setzt sich unter seine Bücher nieder; und bringen sie ihm nicht Etwas zu essen, so hat der arme verdrehte Mann gar nicht das Herz, es zu fordern, und man weiß von ihm, daß er zuweilen zehn Stunden um und um ohne Essen da gesessen hat, rein fastend, was doch eigentlich papistisches Treiben ist, wenn es auch nur aus Vergessenheit geschieht.«

»Ei, Frau Wirthin, nach allem Diesen ist Ihr Prediger keineswegs der gewöhnliche Mensch, für den Sie ihn ausgaben. – Sein Mittagessen vergessen? – der Mann muß wahnsinnig sein! – er soll heute mit mir speisen – er soll ein Mittagessen haben, wofür ich gut sagen will, daß er es sobald nicht wieder vergessen soll.«

»Sie werden das leichter gesagt als gethan finden!« entgegnete Mistreß Dods: »der ehrliche Mann weiß eigentlich gar nicht einmal, was ihm schmecken würde – überdem ißt er nie außer dem Hause – wenn er überhaupt ißt. – Ihm genügt an einem Trunk Milch, einem Bissen Brod, und vielleicht ißt er noch eine kalte Kartoffel dazu. – Es ist eine wahrhaft heidnische Gewohnheit von ihm, so ein guter Mann er sonst auch ist; denn jeder Christenmensch liebt doch für seinen eignen Leib zu sorgen!«

»Ja, das mag wohl sein; aber ich habe Viele gekannt, meine gute Frau, die ihren Bauch so zum Gegenstand ihrer Sorge machten, daß sie für Niemand Andres noch welche zu tragen vermochten. – Aber kommen Sie, machen Sie sich munter an's Werk – bereiten Sie uns ein so schönes Diner für zwei Personen, als Sie nur zu Stande bringen können. – Punkt vier Uhr muß es fertig sein. – Holen Sie von dem alten Rheinwein herauf, den ich mir von Cockburn senden ließ, eine Bouteille von dem vorzüglichen indischen Sekt – und eine andre von Ihrem eignen Clarett – aus dem vierten Regal, Sie wissen schon. Doch halt, er ist ein Priester, er muß auch Porter haben! – Halten Sie Alles bereit – aber lassen Sie nicht den Wein in die Sonne bringen, wie die einfältige Närrin Beck es neuerlich that. – Ich kann nun nicht selbst nach der Vorrathskammer gehen, aber lassen Sie uns nur keinen Querstreich passiren!«

Kopfschüttelnd entgegnete Meg: »Sein Sie ganz ohne Furcht, ganz ruhig! – In meine Vorrathskammer, denke ich, braucht Niemand als ich selbst die Nase hinein zu stecken. – Aber es ist eine unmäßige Weinmenge, die da für zwei Leute, wovon noch obendrein Einer ein Prediger ist, angeschleppt werden soll.«

»Nun, thörichte Frau, ist da im Dorfe nicht eben jetzt ein Weib, die wieder einen neuen Narren in die Welt gesetzt hat, und wird sie nicht der Kraftsuppe und des Sekts bedürfen, wenn wir welchen übrig lassen?«

»Ein gutes Ale-Gebräusel würde ihr besser thun,« sagte Meg. »Jedoch Ihr Wille ist es, mir soll es eine Freude sein. – Aber so eine Art von Gentleman, wie Sie, hat noch nie meine Thür betreten.«

Ehe sie noch ihren Satz vollendet hatte, war der Reisende schon hinweg, der, Meg nach ihrem Gefallen wirthschaften und murmeln lassend, mit der Eile, die all' seinen Handlungen eigen war, wenn er einen neuen Gedanken aufgefaßt hatte, hinwegstürmte, die Bekanntschaft des Predigers zu St. Ronans zu machen, den wir, während er nach dem Pfarrhause eilt, unsern Lesern vorzuführen versuchen wollen.

Der ehrwürdige Josiah Cargill war her Sohn eines kleinen Pächters in Süd-Schottland; seine schwache Gesundheit, verbunden mit dem eifrigen Hang zum Studiren, der oft mit gebrechlicher Körperkraft vereint ist, veranlaßte seine Aeltern, wenn auch mit einigen schwerfallenden Aufopferungen, ihn für den Predigerstand zu erziehen. Sie unterwarfen sich aber den deßhalb nöthigen Entbehrungen um so leichter, da sie aus einer in der Familie herrschenden Sage den Glauben faßten, in seinen Adern fließe das Blut des berühmten Märtyrers der Covenanters, Doctor Cargill, der in den trüben Tagen der Regierung Carls II. von seinen Verfolgern in der Stadt Queensferry ermordet ward, bloß weil er einst in der Fülle geistlicher Macht den König und die königliche Familie mit allen ihnen anhängenden Ministern und Höflingen aus der Gemeinschaft der Kirche verwiesen, und durch feierlichen Bannfluch dem Satan übergeben hatte. Wenn aber Josiah wirklich von diesem unerschrockenen geistlichen Kämpfer abstammte, war mindestens die Hitze des Familiengeistes, den er hätte ererben können, durch die ihm eigenthümliche Sanftheit und die ruhige Lage, in welcher er sich befand, unendlich gemildert. Alle, die ihn kannten, nannten ihn einen sanften, wohlwollenden, den Wissenschaften ergebenen Mann, der nur mit gelehrten Untersuchungen beschäftigt war, besonders in dem Fache, dem er sich geweiht hatte, dabei die höchste Nachsicht für alle Diejenigen empfand, die andere Beschäftigungen erwählt hatten. Die Erholungen, welche er sich zuweilen gestattete, trugen alle das Gepräge eines stillen, sanften, nachdenkenden Charakters, und beschränkten sich gemeinhin auf einen einsamen Spaziergang im Walde und auf den Bergen, zu deren Lobe er sich zuweilen sogar ein Sonnett zu Schulden kommen ließ, das seine Entstehung vielmehr einem unwiderstehlichen Drange, als dem fernsten Gedanken an Lob oder Lohn, der dem beliebten Dichter zu werden pflegt, verdankte. Nein, weit entfernt, diese flüchtigen Blätter den Journalen oder Zeitungen einzudrängen, erröthete er in seiner stillen Einsamkeit über diese poetischen Ergüsse, und war in der That selten nur so nachsichtig gegen sich, sie dem Papiere anzuvertrauen.

Aus derselben mädchenhaften Schüchternheit unterdrückte er als junger Student einen großen Hang zur Zeichenkunst, obwohl Diejenigen, deren Urtheil allgemein als giltig anerkannt war, die wenigen Skizzen, die er entwarf, höchst gelungen nannten. Und doch war es eben dieses vernachlässigte Talent, welches gleich dem flüchtigen Fuße des Hirsches in der Fabel ihm einen Dienst leisten sollte, den er nur umsonst von seinem Wissen und seiner Gelehrsamkeit erwartet hätte.

Mylord Bidmore, ein ausgezeichneter Kenner, suchte gerade einen Hofmeister für seinen Sohn und Erben, den achtbaren Herrn Augustus Bidmore, und hatte zu dem Ende einen Professor der Theologie um Rath gefragt, der ihm mehrere seiner Lieblingsschüler vorschlug, welche er sämmtlich zu dieser Stelle geeignet erklärte; jedesmal aber mußte er die wichtige und unerwartete Frage: »Versteht der Candidat das Zeichnen?« verneinend beantworten. Zwar warf der Professor ein, dieß sei ein Gegenstand, den man bei einem Theologiestudirenden weder verlangen, noch erwarten dürfe, doch da er damit als mit der Conditio sine qua non gedrängt wurde, so erinnerte er sich endlich eines träumerischen Jungen, den man nur selten dahin bringen konnte, laut zu sprechen, selbst wenn er seine Aufsätze einreichte, der aber, wie man sagte, großes Talent zum Zeichnen habe. Dieß war für Mylord Bidmore genug; er verschaffte sich einige Skizzen des jungen Cargills, und überzeugte sich, daß unter einem solchen Hofmeister sein Sohn nicht ermangeln würde, sich den erblichen Geschmack anzueignen, den sein Vater und Großvater auf Kosten eines beträchtlichen Vermögens sich erworben hatten, dessen werthvoller Stellvertreter jetzt die gemalte Leinwand in der großen Gallerie zu Bidmore-House war.

Die nähern Erkundigungen bewiesen, daß der junge Mann auch die übrigen erforderlichen Eigenschaften der Gelehrsamkeit und Sittlichkeit in einem höhern Grade besaß, als Lord Bidmore vielleicht verlangt hätte, und zum Erstaunen seiner Mitstudenten, noch mehr aber zu seinem eigenen, ward Josiah Cargill zu der erwünschten und wünschenswerthen Stelle eines Hofmeisters des achtbaren Herrn Bidmore berufen.

Herr Cargill erfüllte thätig und gewissenhaft seine Pflicht bei einem verzogenen, aber gutmüthigen Jungen von schwacher Gesundheit und sehr mittelmäßigen Fähigkeiten. Er konnte ihm freilich die edle, tiefe Begeisterung nicht einhauchen, die einen talentvollen Jüngling bezeichnet, aber er machte in allen Zweigen seines Studiums diejenigen Fortschritte, wozu ihn seine Anlagen fähig machten. Er verstand die gelehrten Sprachen, und konnte in mancher Hinsicht für sehr belesen gelten, – er trieb Naturwissenschaften, verstand Muscheln zu klassifiziren, Moose zu trocknen, und Mineralien zu ordnen; er zeichnete, ohne Geschmack freilich, aber mit vieler Genauigkeit, und obgleich er in keiner Gattung des Wissens eine gebietende Höhe erreichte, so wußte er doch von literarischen und wissenschaftlichen Gegenständen genug, um seine Zeit nützlich anzuwenden, und einen Kopf, der keineswegs zu den widerstandsfähigsten gehörte, gegen böse Verlockungen zu schützen.

Miß Augusta Bidmore, nächst ihrem Bruder das einzige Kind des Lords, empfing ebenfalls Cargills Unterricht in den Zweigen des Wissens, die ihr Vater zu ihrer Bildung erforderlich hielt, und in welchen der Lehrer sie zu unterrichten vermochte. Aber ihre Fortschritte standen mit denen ihres Bruders ungefähr in eben dem Verhältnisse, wie das ätherische Feuer des Himmels sich zu dem schwerfälligeren Elemente verhält, das auf dem rauchenden Herde des Bauern dampft. Die italienische und spanische Literatur, die Zeichenkunst, das Gebiet der Geschichte, kurz alles anmuthigere Wissen ward so allgewaltig von ihr ergriffen, daß ihr Lehrer eben so bezaubert als angespornt ward, selbst immer tiefer darin einzudringen, wenn nicht in ihrem siegreichen Laufe die Schülerin den Lehrer überflügeln sollte.

Aber ach, dieß Verhältniß, das nur zu leicht von Gefahren bedroht wird, welche aus den besten, süßesten, und eben so natürlichen Gefühlen entspringen, zeigte sich hier, wie schon oft, höchst verderblich für den Frieden des Lehrers. Jedes wahrhaft empfindende Herz wird eine Schwäche verzeihen, die wir zugleich von der eignen schweren Strafe begleitet erblicken. Cadenus freilich sagt, doch mag ihm glauben, wer Lust dazu hat, daß er in einer ähnlichen verfänglichen Lage sich in den Gränzen des Rechts zu bewahren wußte, während die arme Vanessa, seine leidenschaftliche Schülerin, sie unglücklicherweise überschritt. Er behauptet, daß

Unschuld'ge Freud' ihn nur bewegt,
Daß heiß des Wissens Durst sie hegt;
So wie der Lehrer still entzückt
Der Schüler fleißigsten erblickt.

Aber Josiah Cargill war entweder weniger glücklich oder weniger vorsichtig. Unaussprechlich theuer ließ er seine schöne Schülerin seinem Herzen werden, ehe er den Abgrund entdeckte, dem eine blinde, unpassende Leidenschaft ihn zuführte. Zwar war er durchaus unfähig, sich der Gelegenheiten zu bedienen, welche seine Lage ihm darbot, seine Schülerin in die Bande gegenseitiger Leidenschaft zu verstricken. Ehre und Dankbarkeit würden jeden so strafbaren Gedanken unterdrückt haben, hätte er selbst in seinem bescheidenen, anspruchlosen, reinen Gemüthe erwachen können. Im Stillen zu seufzen und zu leiden, tausendmal den Plan fassen, sich einer mit so unendlichen Gefahren umgebenen Lage zu entreißen, und von Tage zu Tage die Ausführung eines so vorsichtigen Entschlusses aufschieben, mehr vermochte der Unglückliche nicht; und nicht unwahrscheinlich ist es mindestens, daß die Ehrfurcht, mit welcher er die Tochter seines Gönners betrachtete, nebst der gänzlichen Hoffnungslosigkeit seiner Leidenschaft seine Liebe nur immer reiner und uneigennütziger verklärte.

Endlich ward der Schritt, den die Vernunft schon längst nothwendig nannte, jeder weitern Verzögerung überhoben. Mr. Bidmore sollte ein Jahr außer Landes auf Reisen gehen, und Herrn Cargill ward die Wahl gestellt, mit einer geziemenden Versorgung zum Lohn seiner Dienste sich zurückzuziehen, oder seinen Untergebenen zu begleiten. Man kann schwerlich seine Wahl bezweifeln, schien er sich doch, so lange er um den Bruder lebte, nicht gänzlich von der Schwester geschieden. Er war es gewiß, Augusta würde schreiben, oft schreiben, und er würde zuweilen mindestens einen Theil ihrer Briefe sehen, ja vielleicht wohl gar eine Erinnerung an »ihren guten Freund und Lehrer« finden; und sein stilles, innern Beschauungen hingegebenes, und doch so hoher Begeisterung fähiges Gemüth fand in diesen Tröstungen die geheime Quelle seiner Freuden, die einzige, welche das Leben ihm hienieden noch darzubieten schien.

Aber das Schicksal traf ihn mit einem Schlage, den er nicht vorhergesehen hatte. Nie war ihm der Gedanke einer Vermählung Augustens eingefallen, so natürlich und wahrscheinlich ihre Schönheit, ihr Rang und Reichthum ein solches Ereigniß auch machten; und so wenig er jemals den so ganz hirnlosen Gedanken fassen konnte, sie die Seinige zu nennen, ward er doch unaussprechlich von der Nachricht ergriffen, daß sie das Eigenthum eines Andern geworden sei.

Des achtbaren Mr. Bidmore's Briefe meldeten bald darauf, daß Mr. Cargill an einem Nervenfieber schwer erkrankt, dann wieder, daß er zwar in der Genesung, aber doch so schwach an Geist und Körper sei, daß er durchaus unfähig zum Reisegefährten wäre. Bald darauf trennte man sich, und Cargill kehrte allein nach seiner Heimath zurück, sich ganz dem melancholischen, untheilnehmenden Tiefsinne hingebend, welchem er seit jener geistigen Erschütterung, die ihn getroffen, so viel Gewalt über sich eingeräumt hatte, und der zuweilen sich nur zu hervorstechend in seinem Benehmen äußerte. Seine Schwermuth ward nicht einmal durch irgend eine Sorge über seine Zukunft gestört, obwohl die Auflösung seines Amtes sie höchst ungewiß zu machen schien. Aber dafür hatte Lord Bidmore Sorge getragen, denn wenn auch einigermaßen ein Geck, wo die schönen Künste im Spiele waren, blieb er doch in anderer Hinsicht ein gerechter, ehrenwerther Mann, der einen wahren Stolz darin setzte, daß er Cargills Talente der Finsterniß entrissen habe, und ihm aufrichtigen Dank für den Fleiß und Eifer zollte, mit welchem er die wichtige Aufgabe, die ihm ward, zum Wohl seiner Familie lösete.

Se. Herrlichkeit hatten insgeheim das Patronatsrecht über die Pfarre zu St. Ronans, welche damals einen sehr alten, bald darauf sterbenden Inhaber hatte, von der Mowbray'schen Familie gekauft, so daß, als Cargill nach England kam, er sich zu der eben frei gewordenen Pfründe berufen sah. Doch Cargill war so vollkommen gleichgiltig gegen diese Verbesserung seiner Lage, daß er sich kaum die Mühe gegeben hätte, die zu seiner Ordination nothwendigen Schritte zu unternehmen, wäre es nicht eine theure Pflicht für ihn gewesen, für seine jetzt verwittwete und ohne ihn hülflose Mutter zu sorgen. Er besuchte sie in ihrer kleinen Wohnung in den Vorstädten von Marchtown, hörte es, wie sie vor dem Allmächtigen den innigen Dank ihres Herzens ausströmte, daß er ihr das Leben lange genug gefristet habe, ihren Sohn zu einer Stelle berufen zu sehen, die in ihren Augen ehrenvoller und wünschenswerther war, als ein bischöflicher Sitz; vernahm, wie sie sich das Leben freudig ausmalte, welches sie in der demüthigen Unabhängigkeit, die ihm geworden war, zusammen führen sollten – er hörte dieß Alles, und hatte nicht den Muth, ihre Hoffnungen und siegende Freude zu zerstören, indem er nur selbstsüchtig seinen romantischen Empfindungen nachhing. Fast theilnahmlos unterwarf er sich also den hergebrachten Formen, und ward endlich als Pfarrer in St. Ronans eingeführt.

So phantastisch und romantisch die Stimmung von Cargills Gemüth auch war, so lag es doch nicht in ihm, sich unthätiger Melancholie ganz zu überlassen, aber er suchte seine Erholung nicht in der Gesellschaft, sondern in einsamen Studien. Immer größer ward seine Abgeschiedenheit, da seine Mutter, deren Erziehung ihrem geringen Vermögen angemessen gewesen war, sich von ihrer jetzigen Würde gleichsam eingeschüchtert fand, und, gern in ihres Sohnes Zurückgezogenheit von jedem geselligen Umgang willigend, ihre ganze Zeit zur Uebersicht des kleinen Haushalts und Vermeidung aller zufälligen Störungen anwandte, die den geliebten Sohn aus dem Heiligthum seiner Bibliothek hätten abrufen können. Als ein hohes Alter ihre Thätigkeit hemmte, begann sie die Unfähigkeit ihres Sohnes, einem Haushalte vorzustehen, zu beklagen, und sprach so manches über das Gute des Ehestandes und die Mysterien der wirthschaftlichen Verwaltung. Diese Erinnerungen beantwortete Mr. Cargill mit unbedeutenden, ausweichenden Worten, und als endlich die alte Dame hochbejahrt auf dem Kirchhof schlummerte, gab es Niemand, der die Oberaufsicht in der Wirthschaft des Pfarrherrn übernommen hätte. Auch sah sich Josiah Cargill nach keinem Ersatz um, sondern geduldete gelassen alle Uebel, die ein Hagestolz zu ertragen hat, welche denen wenigstens gleichzustellen sind, die dem berühmten Mago-Pico in seinem unverheiratheten Stande zur Last fielen. Schlecht zubereitet war seine Butter, und Jedermann, er selbst und die Dirne, welche sie verfertigte, ausgenommen, erklärte sie für ungenießbar; die Milch war angebrannt, Früchte und Gemüse wurden ihm gestohlen, und seine schwarzen Strümpfe mit blau und weißem Garn gestopft.

Wenig bekümmerte sich der Geistliche um all' diese Dinge, sein Geist war immer auf andere Gegenstände gerichtet. Meine schönen Leserinnen müssen aber auch Josiah nicht über die Gebühr erheben, und etwa gar denken, daß er, gleich dem Beltenebros in der Wüste, jahrelang das Opfer einer unglücklichen, unpassenden Liebe blieb. – Nein – zur Schande des männlichen Geschlechts werde es eingestanden, daß keine wirklich hoffnungslose Liebe, wie verzweifelnd und aufrichtig sie sein mag, jahrelang das Leben eines Mannes zu verbittern fortfahren wird. Hoffnung – Ungewißheit der Erwartung – Erwiederung bedarf es, um jenem Tyrann der Seele eine langdauernde Herrschaft über das Gemüth eines kraftvollen, entschlossenen Mannes zu sichern, der selbst danach strebt, seine Freiheit zu wollen. Längst war das Andenken Augusta's in Josiah's Erinnerung verblichen, und umschwebte ihn nur zuweilen als ein melancholischer, vorüberfliegender Traum, während er eifrig und begierig einer weit erhabeneren, sprödern Herrin, nämlich der Wissenschaft, mit allen Kräften nachstrebte.

Jede Stunde, die er seinen Amtsgeschäften, welche er mit einem für Kopf und Herz gleich ehrenden Eifer ausübte, entziehen konnte, weihte er seinen Studien und verlebte sie unter seinen Büchern. Aber diese Jagd nach dem Wissen, so achtungswerth und anziehend sie an und für sich selbst ist, ward allmählig zu einem Grade gesteigert, welcher die Achtung, ja die Nutzbarkeit des getäuschten Eiferers verringerte; und er vergaß, in dem reichen Ueberfluß tiefsinniger Forschungen vergraben, daß die Gesellschaft gerechte Forderungen zu machen hat, und daß ein Wissen, das keinem Andern mitgetheilt wird, nothwendigerweise nur als ein unfruchtbares Talent angesehen werden kann, das für das allgemeine Wohl wie des Geizigen verborgener Schatz bei dem Tode des Wucherers verloren geht. Auch hatten seine Studien noch den Nachtheil, daß, da sie bloß aus Durst nach Wissen und ohne eigentlich bestimmten Zweck getrieben wurden, sie gemeinhin abstrakte Gegenstände betrafen, die vielmehr den Scharfsinn reizend als nützlich waren, und so, indem sie dem Studirenden zwar Unterhaltung gewährten, der Menschheit im Ganzen wenig Nutzen versprachen.

So metaphysischen, physikalischen und historischen abstrakten Nachforschungen hingegeben, hatte Herr Cargill manche lächerliche Gewohnheiten angenommen, welche den einsiedlerischen Studirenden dem Spott der Welt bloß stellten, und zugleich die natürliche Liebenswürdigkeit eines freundlichen Gemüthes sowohl, wie die feine Lebensart, welche er sich in Lord Bidmore's Hause aneignete, mindestens verschleierten, wenn auch nicht ganz zu verdunkeln vermochten. Er vernachlässigte sich nicht nur im Anzuge und erschien in all' dem linkischen Aeußern, welches Männer, die viel allein leben, leicht annehmen, sondern er ward noch überdem der zerstreuteste und in sich versunkenste Mann seines Standes, der ohnehin so leicht zu solchen Gewohnheiten verleitet. Niemand gerieth so oft in die Verlegenheit, die Leute zu verkennen, als eben er, der bald eine alte Jungfer nach ihrem Manne, eine kinderlose Frau nach ihrer Familie, ja sogar den betrübten Wittwer nach der Gattin fragte, die er selbst vor etwa vierzehn Tagen mit zur Gruft begleitete; Niemand war bekannter mit Fremden, die er nie gesehen, und fremder gegen Diejenigen, die sich bei ihm willkommen glauben konnten. Ewig verwechselte der würdige Mann Geschlecht, Alter und Stand, und wenn ein blinder Bettler ihm die Hand, eine Gabe begehrend, reichte, so sah man ihn die Höflichkeit dankbar durch Abnahme seines Hutes erwiedern und fragen, indem er sich tief verbeugte, »er hoffe doch, daß Ihro Gestrengen sich wohl befinden?«

Unter seinen geistlichen Brüdern erwarb sich Mr. Cargill abwechselnd Achtung durch die Tiefe seiner Gelehrsamkeit, oder stellte sich dem Gelächter durch seine wunderlichen Seltsamkeiten bloß. In den letzteren Fällen pflegte er sich gemeinhin sogleich von seinen Spöttern zu entfernen; denn trotz der großen Sanftheit seines Gemüths hatte sein einsames Leben ihm eine mürrische Ungeduld gegen jede Gattung von Widerspruch eingeflößt, und eine schärfer gereizte Empfindlichkeit für den Spott Anderer ihm zu eigen gemacht, als sonst von seinem wenig anmaßenden Charakter zu erwarten war. Seine Pfarrkinder ergötzten sich, wie man leicht denken kann, durch manches herzliche Gelächter auf seine Kosten, und wurden zuweilen, wie Meg Dods es andeutete, durch seine Gelehrsamkeit mehr zum Erstaunen gebracht, als erbaut; denn wenn er auf einen kritischen Punkt biblischer Gelahrtheit gerieth, erinnerte er sich nicht immer, daß er zu einer volksthümlichen, ungelehrten Versammlung sprach, und nicht etwa eine Concio ad clerum zu übergeben habe – ein Mßverständniß, welches aber keineswegs aus dem Wunsch entstand, seine Gelehrsamkeit zu zeigen, oder um sich damit zu brüsten, sondern eben jener Geistesabwesenheit zuzurechnen war, die den würdigen Geistlichen verleitete, wenn er vor zum Tode verurtheilten Verbrechern predigte, plötzlich abzubrechen, indem er den Elenden, die am andern Morgen gerichtet werden sollten, den Schluß der Rede bei nächster Gelegenheit versprach. Aber doch erkannte die ganze Nachbarschaft Mr. Cargills Ernst und Andacht in Ausübung seiner geistlichen Pflichten an; gern vergaben ihm die ärmeren Pfarrkinder bei seiner unbegränzten Wohlthätigkeit seine unschuldigen Sonderbarkeiten, während die reicheren, wenn sie auch Herrn Cargill über so manche derselben verspotteten, doch so gütig waren, sich zu erinnern, daß eben diese Wunderlichkeiten ihn abgehalten hätten, eine Vermehrung seiner Einnahme gleich allen andern Predigern zu begehren, oder von ihnen ein neues Pfarrhaus, mindestens die Ausbesserung des alten zu fordern. Er sprach einst wirklich davon, und ersuchte sie, »das Dach seiner Bibliothek auszubessern, weil es gar sehr einregne;« da er aber keine bestimmte Antwort von unserm Freunde Micklewham erhielt, der weder dem Vorschlag willfahren wollte, noch ein Mittel absah, ihm auszuweichen, ließ der Prediger ruhig die nöthige Ausbesserung auf seine eignen Kosten machen, und erregte den reichen Besitzern weiter keine Umlast.

So war der würdige Geistliche, den unser Lebemann aus dem Gasthof zur Teufelsfalle mit einem guten Mittagsessen und jener besonders wichtigen Sendung aus Cockburn zu befreunden hoffte, ein sehr gewichtiges, wirksames Mittel in den meisten Fällen, das aber wahrscheinlich in dem gegenwärtigen leicht nur von geringem Einflusse sein konnte.



 << zurück weiter >>