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Siebentes Kapitel.

Kommt her denn, Herr, mit Eurem edlen Blut!
Der Strom, der unter'm groben Wams hier fließt,
Erwärmt das Herz so gut, als wär' sein Quell
Assyriens uraltes Königshaus,
Das sich zuerst die Menschen unterwarf.

Altes Schauspiel.

Die im vorigen Kapitel erwähnte Stimme war keine andere, als die brummende von Freund Richard Moniplies.

Diese ehrsame Person war, gleich andern in ihrer eigenen Meinung Hochstehenden, geneigt, in Ermangelung anderer Zuhörer zu sich selber zu reden. Er beschäftigte sich in diesem Augenblicke damit, die Kleider des Herrn von Glenvarloch auszubürsten, und verrichtete dies mit solch ruhiger Emsigkeit, als hätte er nie den Dienst bei ihm verlassen. Zwischendurch brummte er: »Hm! Zeit, daß Rock und Wams durch meine Hände gehen. Schwerlich eine Bürste darüber gekommen, seit ich sie zum letzten Male unter den Händen gehabt. Die Stickerei auch schön verschabt. Und die goldenen Knöpfe am Mantel – meiner Seele, ein Dutzend davon ist fort! Das kommt von Elsasser Lustbarkeiten! Gott sei uns gnädig und übergebe uns nicht unseren eigenen Anschlägen! Ich sehe keinen Degen – doch das wird in Betracht der gegenwärtigen Umstände sein.«

Nigel konnte eine Zeitlang nicht anders glauben, als daß er träume, so unwahrscheinlich kam es ihm vor, daß sein Diener, welcher seiner Meinung nach in Schottland war, unter den jetzigen Umständen ihn sollte ausfindig gemacht und Zutritt zu ihm erhalten haben. Indessen mußte er sich bald von der Wirklichkeit der Erscheinung überzeugen, als er durch die Bettvorhänge den steifen, langbeinigen Burschen betrachtete, auf dessen Gesicht ein doppeltes Maß seiner gewöhnlichen Wichtigkeit lag, und als er deutlich sah und hörte, wie derselbe seinen Mantel ausbürstete und dann und wann zur Ermunterung pfiff, oder ein Stück einer alten schwermüthigen schottischen Liederweise summte. Obwohl seine Ueberzeugung von der Identität der Person feststand, konnte Lord Glenvarloch doch nicht umhin, seine Verwunderung durch die überflüssige Frage auszudrücken: »Um's Himmelswillen, bist du es, Richard?«

»Wer anders sollt' es sein, gnädiger Herr?« erwiderte Richard. »Ich denke nicht, daß sich bei Ew. Herrlichkeit Lever hier Jemand anders einfinden könnte, als wer dazu verbunden ist.«

»Ich wundere mich,« versetzte Nigel, »daß überhaupt Jemand sich dabei einfinden sollte, am meisten aber, daß du es thust, Richard. Denn du weißt, wir waren von einander geschieden, und ich dachte, du wärest längst in Schottland.«

»Mit Verlaub, gnädiger Herr,« erwiderte Richard, »wir sind noch nicht geschieden, und werden es auch wahrscheinlich nicht so bald thun. Denn zwei Personen gehören dazu, um einen Handel aufzulösen, gerade so, wie zwei dazu gehören, um ihn zu schließen. Obwohl es Ew. Herrlichkeit gefiel, sich so aufzuführen, daß es den Anschein hatte, als müßten wir scheiden, so war es doch nach weiterer Ueberlegung nicht mein Wille, fortzugehen. – Rund herausgesprochen, – wenn Ew. Herrlichkeit nicht weiß, wo Ihr einen guten Diener habt, so weiß ich, wo ich einen lieben Herrn habe, und gewiß seid Ihr jetzt leichter zu bedienen, denn je, sintemal es nicht anzunehmen ist, daß Ihr so leicht über gewisse Grenzen hinausgehen werdet.«

»Allerdings,« versetzte Lord Glenvarloch lächelnd, »sind mir hier Grenzen gesetzt, die Wohlverhalten zu einer Nothwendigkeit machen. Aber ich hoffe, du wirst meine Lage nicht benutzen, um allzustrenge gegen meine Thorheiten zu sein.«

»Da sei Gott vor!« rief Richard halb gerührt und halb gekitzelt durch die Eitelkeit größerer Weisheit; »da sei Gott vor, zumal in Betracht, daß Ew. Herrlichkeit dieselbe gebührend erkennt. Allerdings habe ich Ew. Herrlichkeit Vorstellungen gemacht, wie es meine Schuldigkeit als ergebener Diener mit sich brachte. Aber ich verschmähe es, dergleichen jetzt zu thun. Nein, nein! ich bin selber ein fehlerhaftes Geschöpf, bin mir kleiner Schwächen sehr wohl bewußt. Kein Mensch ist vollkommen.«

»Aber, Richard,« fuhr der Freiherr fort, »obwohl ich dir sehr für den angebotenen Dienst verbunden bin, so kann er mir hier wenig nützen und dir viel schaden.«

»Nochmals bitte ich um Verzeihung, gnädiger Herr,« erwiderte Richard, bei dem das gegenwärtige Verhältniß den Schulmeisterton zehnfach gesteigert hatte, »ich will die Sache so einrichten, daß Ew. Herrlichkeit von meinem Dienste großen Vortheil hat, ohne daß mir ein Nachtheil erwächst.«

»Ich sehe nicht ein, wie dies möglich ist,« bemerkte Lord Glenvarloch; »denn erwäge ich nur deine pecuniären Verhältnisse – –«

»Was meine Pecuniäre betrifft,« unterbrach ihn Richard, »so stehe ich mich nicht übel, dergestalt, daß mein Aufenthalt hier Ew. Herrlichkeit nicht beschweren und mich nicht in Noth bringen kann. Nur wollte ich um Erlaubniß bitten, meinen Dienst bei Ew. Herrlichkeit an gewisse Bedingungen zu knüpfen.«

»Knüpfe daran, was du willst,« sagte Lord Glenvarloch, »denn du weißt wohl, daß du deinem Kopfe folgen kannst mit und ohne gemachte Bedingungen. Da du nicht von mir lassen willst, (was meines Erachtens das Klügste wäre,) so mußt und wirst du mich nur unter solchen Bedingungen bedienen, welche dir anstehen.«

»Alles, was ich verlange,« sprach Richard mit ernster Miene und im Tone großer Mäßigung, »besteht darin, daß ich, wegen wichtiger Geschäfte, die ich jetzt betreibe, kommen und gehen kann, wie ich will, wobei ich Ew. Herrlichkeit meine Gesellschaft und meinen Dienst in solcher Zeit widmen würde, die mir paßt, und die zur Bequemlichkeit Ew. Herrlichkeit nothwendig ist.«

»Was zu ermessen du dir allein vorbehältst,« fügte Nigel lächelnd hinzu.

»Unzweifelhaft, gnädiger Herr,« antwortete Richard ernst; »denn Ew. Herrlichkeit kann nur wissen, was Ihr selber wünscht, ich dagegen, der ich die Karte von beiden Seiten sehe, weiß, was für Eure Angelegenheiten das Beste ist, und zugleich, was für die meinigen Noth thut.«

»Lieber Richard,« sprach der Freiherr, »ich fürchte, diese sonderbare Übereinkunft, welche den Herrn sehr unter den Diener stellt, würde uns schlecht zusagen, wenn wir Beide frei wären. Indeß als Gefangener mag ich ebensowohl von dir abhängen, wie von vielen Andern. Komme und gehe also, wie es dir gefällt. Denn ich denke nicht, daß Du meinem Rathe folgen wirst, in die Heimath zurückzukehren und mich meinem Schicksale zu überlassen.«

»Der Teufel soll mir in die Füße fahren, wenn ich das thue!« rief Richard. »Ich bin nicht der Kerl dazu, Ew. Herrlichkeit im Sauwetter sitzen zu lassen, nachdem ich mich den ganzen Sommertag bei Euch gemästet habe. Und dann mögen auch noch hübsche Tage bevorstehen, trotz allem dem, das gekommen und vergangen ist, denn

Daheim, ja daheim, ja da möchten wir sein;
Ist bewölkt auch der Himmel und stürmt es im Hain,
Durch das Düster mein Aug' bemerkt Sonnenschein,
Der mir sagt: In der Heimath noch freut ihr euch mein!«

Nachdem Richard Moniplies diesen Vers in der Weise eines Bänkelsängers, dessen Stimme durch den Wettkampf mit dem Nordwinde übergeschnappt ist, heruntergeorgelt hatte, half er seinem Herrn beim Aufstehen, bediente ihn beim Ankleiden mit achtungsvoller Förmlichkeit, wartete ihm beim Frühstücke auf und entfernte sich schließlich unter der Angabe, daß er ein wichtiges Geschäft habe, welches ihn einige Stunden abhalten werde.

Obwohl Lord Glenvarloch voraussah, daß er gelegentlich noch oft durch das eingebildete, schulmeisterhafte Wesen Richards gelangweilt werden würde, so empfand er doch das lebhafteste Vergnügen über die unerschütterliche Anhänglichkeit seines treuen Dieners, und versprach sich eine Erleichterung seiner Gefangenschaft von dem ihm gestatteten Zutritte. Es war ihm sehr lieb, von dem Wärter zu hören, daß dieser Zutritt jederzeit ungehindert sein werde, so weit er sich überhaupt mit den Regeln der Zulassung von Fremden in die Festung vertrage.

Mittlerweile hatte der großmüthige Richard Moniplies die Towerlände erreicht. Nachdem er mehren Führern kleiner Nachen, die ihm ihre Dienste anboten, verächtliche Blicke zugeworfen und abweisend zugewinkt hatte, rief er mit Würde: »Ruder ersten Ranges!« Alsbald erhoben sich mehrere lungernde Wassergeister erster Ordnung, welche es nicht der Mühe werth gehalten hatten, ihm ihre Dienste anzubieten. Er nahm Besitz von einem Kahne, kreuzte die Arme in seinem weiten Mantel, setzte sich mit wichtiger Miene im Hinterschiff nieder und gebot den Schiffern, nach der Whitehaller Treppe zu rudern. Nachdem er glücklich den Palast erreicht, verlangte er Meister Linklater, Sr. Majestät Unterküchenschreiber, zu sprechen. Die Antwort war, daß Meister Linklater nicht zu sprechen sei, sintemal derselbe eben sich mit Zubereitung einer Hahnensuppe für Sr. Majestät Höchsteigenen Mund beschäftige.

»Sagt ihm,« erwiderte Moniplies, »daß ein lieber Landsmann mit ihm über Dinge von hoher Wichtigkeit reden will.«

»Ein lieber Landsmann?« wiederholte Linklater, als ihm diese dringende Botschaft wiederholt wurde. »Nun so laßt ihn in's Dreiteufelsnamen hereinkommen! – Gott verzeih' mir die Sünde! – Das ist gewiß ein rothhaariger, langbeiniger, gilgenweißfüßiger Geselle von der Westpforte, der von meiner Beförderung gehört hat und sich nun meldet zum Amte eines Bratenwenders oder Unterspüljungen. Es ist ein großes Hinderniß für Jeden, der in der Welt emporkommen will, solche Freunde zu haben, die sich ihm an die Rockschöße hängen, in der Hoffnung, mit hinaufbugsirt zu werden. – Ah! Richard Moniplies! Bist du es? Und was führt dich hieher? Wenn sie nun dich erkennen, daß du der Schelm bist, der das Pferd scheu gemacht hat!«

»Nichts mehr davon, Nachbar,« erwiderte Richard. »Ich habe das alte Anliegen: ich will mit dem König sprechen.«

»Mit dem König? Du bist toll!« sprach Linklater und rief dann seinen Gehülfen zu: »Habt Acht auf die Bratspieße, ihr bösen Buben! Pisces purga! Salsamenta fac macerentur pulchre! Putze die Fische! Laß die gesalzenen Fische hübsch weichen. Ich will euch Latein lehren, ihr Lumpen, wie es Spüljungen König Jakobs zukommt.« Sodann flüsterte er Richarden in's Ohr: »Weißt du nicht, wie schlecht dein Herr angekommen ist? Ich sage dir, der Spaß hat Leute um ihre Stellen zittern lassen.«

»Mag sein; aber Lorenz, du kannst mir den Gefallen thun und diese kleine Sifflik in Sr. Majestät allergnädigste Hand schieben. Ich versichere dir, der Inhalt wird ihm sehr angenehm sein.«

»Richard,« erwiderte Linklater, »du hast bestimmt geschworen, daß du im Thorwärterstübchen dein Gebet mit bloßem Buckel hersagen willst in Gesellschaft von zwei Reitknechten mit Hundspeitschen, um Amen dazu zu sagen.«

»Nein, nein, Alter,« versetzte Moniplies, »ich weiß jetzt besser, was zu Siffliken gehört, als damals. Du wirst das selbst sagen müssen, wenn du dies Papierchen dem König übergeben hast.«

»Ich will weder Hand noch Fuß in der Geschichte haben,« erklärte der behutsame Küchenschreiber. »Aber eben wird Sr. Majestät Hahnensuppe aufgetragen, und ich kann dich nicht hindern, den Brief auf die Schüssel unter den vergoldeten Napf zu legen. Dann wird Se. Majestät ihn sehen, wenn er den Napf aufhebt, denn er trinkt immer die Brühe aus.«

»Genug gesagt,« erwiderte Richard und legte das Papier an die bezeichnete Stelle unmittelbar vorher, ehe ein Edelknabe kam, um das Gericht abzuholen.

»Nachbar! Nachbar!« sprach Lorenz, als die Suppe fortgetragen war, »wenn du etwas gethan hast, was dich an die Bandweide oder an den Peitschpfahl bringt, so ist dein eigner Muthwille schuld.«

»Ich will Niemand sonst darum tadeln,« erwiderte Richard und erwartete mit seiner unerschütterlichen Selbstzufriedenheit den Ausgang der Sache, welcher nicht lange ausblieb. In wenigen Minuten erschien der Thürwart Maxwell in eigner Person in der Küche und fragte hastig, wer ein Schreiben auf des Königs Platte gelegt habe. Linklater betheuerte, daß er von Nichts wisse; Richard Moniplies aber trat kecklich vor und erklärte mit Nachdruck: »Ich bin's.«

»So folge mir denn,« sprach Maxwell, nachdem er ihn mit großen Augen angesehen hatte. Sie gingen eine Geheimtreppe hinauf, dergleichen am Hofe als ein näherer Weg zur Macht gilt, als die grandes entrées Eintritt mit Oeffnung beider Flügelthüren.. Nachdem sie an einem Orte angekommen, den Richard später als ein übel aufgeräumtes Vorzimmer bezeichnete, gab ihm der Thürwart ein Zeichen, stille zu stehen, und ging in des Königs Kabinet. Die Unterredung hier war kurz; Richard hörte, als Maxwell die Thür wieder öffnete, den Schluß derselben: »Du bist also sicher, daß er nicht gefährlich ist? Ich habe mich ein Mal in die Falle locken lassen. Bleibe in der Nähe, daß du rufen hörst, jedoch nicht näher, als drei geometrische Schritte von der Thüre. Wenn ich laut rede, so stürze herein, wie ein Falk; spreche ich leise, so halte deine langen Ohren in gebührender Entfernung. Nun laß ihn herein kommen.«

Auf ein stummes Zeichen von Maxwell trat Richard ein und befand sich dem Könige gegenüber. Viele Andere von Richards Herkunft und Erziehung und selbst Höhere würden blöde gewesen sein, wenn sie sich allein ihrem Herrscher gegenüber befunden hätten. Aber Moniplies hatte eine viel zu hohe Meinung von sich, als daß er einem Gefühl der Aengstlichkeit hätte Raum geben können. Nachdem er seinen steifen Kratzfuß gemacht hatte, nahm er seine gerade Haltung wieder an und stand vor Jakob so strack wie ein Heckenpfahl.

»Habt Ihr sie? habt Ihr sie?« fragte der König hastig, wie Einer, der zwischen Begierde und Hoffnung und ein wenig argwöhnischer Furcht schwebt. »Gebt mir sie, gebt mir sie – ehe Ihr ein Wort redet. Ich befehle es Euch bei Eurer Unterthanenpflicht.«

Richard zog eine Schachtel aus dem Busen, ließ sich auf ein Knie nieder und reichte sie dem Könige dar. Jakob öffnete sie hastig, und als er sich überzeugt hatte, daß sie ein Rubingeschmeide enthielt, welches der Leser von früher her als Zierde eines alten grauen Hutes kennt, gerieth er in Entzücken, küßte die Edelsteine, als hätten sie Empfindung, und rief zu wiederholten Malen: Onyx cum prole silexque! Der Onyx und seine Kleinen sammt dem Kiesel. Onyx cum prole! Ach meine prächtigen Strahler! Mein Herz hüpft vor Freude, euch wiederzusehen!« – Dann wandte er sich zu Richard, auf dessen stoischem Gesichte das Benehmen Sr. Majestät ein boshaft scheinendes Lächeln hervorgerufen hatte. Jakob unterbrach seinen Jubel und sprach: »Hütet Euch, über Uns zu lachen! Wir sind Euer gesalbter Herrscher.«

»Gott soll mich bewahren, daß ich lachte!« erwiderte Richard, sein Gesicht in die gewöhnlichen ernsten Falten legend. »Ich habe blos gelächelt, um meine Miene in Uebereinstimmung mit Ew. Majestät Fisonomie zu bringen.«

»Ihr sprecht als ein gehorsamer Unterthan und ehrlicher Mann,« erklärte der König. »Aber wie zum Teufel heißt Ihr denn?«

»Ei, Richard Moniplies, Sohn des alten Mungo Moniplies an der Westpforte in Edinburgh, welcher die Ehre hatte, sowohl auf die Tafel von Ew. Majestät Mutter als auf Ew. Majestät eigne Tafel Fleisch und andere Victualien zu liefern, wenn es erfordert ward.«

»Aha!« rief der König lachend (denn sein gutes Gedächtniß ließ ihn nicht leicht einen Menschen vergessen, mit dem er irgend ein Mal in Berührung gekommen war); »Ihr seid der nämliche Hochverräther, welcher uns beinahe der Länge nach auf das Pflaster Unseres eigenen Hofes niedergeworfen hätte. Aber Wir saßen fest auf Unserer Stute. Equam memento rebus in arduis servare. Vergiß nicht, die Stute in schwierigen Umständen zu bewahren. (Eigentlich ein Wortspiel mit equam und aequam mentem, Stute und Gleichmuth.) Wohlan, erschrick nicht, Richard. Denn sintemal Viele zu Verräthern geworden sind, so ist es nicht mehr wie billig, daß jezuweilen ein Verräther contra exspectanda Wider Erwarten. sich als ehrlichen Mann bewähre. Wie seid Ihr zu den Juwelen gekommen? Seid Ihr durch Georg Heriot dazu gekommen?«

»Keineswegs,« antwortete Richard. »Erlauben Ew. Majestät, ich komme, wie Heinrich Wynd focht, schlechterdings auf eigne Hand und in Niemandes Auftrage. Denn ich nenne Niemanden meinen Herrn, ausgenommen Den, der mich erschaffen hat, Ew. allergnädigste Majestät, die über mich regiert, und den edlen Nigel Olifaunt, Freiherrn von Glenvarloch, der mich so lange erhielt, als er sich selbst erhalten konnte, der arme Herr!«

»Schon wieder Glenvarlochides?« rief der König. »Bei meiner Ehre, er lauert Uns in allen Ecken auf! – Maxwell klopft an. – Heriot kommt, Uns zu sagen, daß er die Juwelen nicht finden kann. – Krieche hinter die Tapeten, Richard! Drücke dich dicht an die Wand, – nieße nicht, huste nicht, athme nicht. Der klingende Gürge ist so verdammt flugs bei der Hand mit seinen Goldkörnern von Weisheit und so verflucht zähe mit seinen Goldkörnchen Münze, daß Wir, bei Unserer königlichen Seele! erfreut sind, ihm ein Mal Eins anhängen zu können.«

Richard schlüpfte dem Befehle des gutmüthigen Königs zufolge hinter die Tapete, und der König, der sich nie durch seine Würde an einem Spaße hindern ließ, hing mit eigner Hand die Tapete zurecht, so daß die Verbergung vollständig war. Darauf gebot er dem Thürwart, zu sagen, was es außen gäbe. Maxwells Antwort war so leise, daß Richard, der mit der gespanntesten Neugier horchte, sie nicht verstehen konnte.

»Laß Gürgen Heriot eintreten,« sprach der König. Richard sah durch einen Ritz in der Tapete den ehrsamen Bürger eintreten, und zwar mit unruhiger, wenn nicht mit verstörter Miene eintreten. Der König, dessen Geschmack gerade von der Art war, daß ein Auftritt, wie der folgende, für ihn einen köstlichen Spaß abgab, nahm des Goldschmieds Huldigung kalt auf und begann mit einer Miene ernster Würde, die sehr von seinem gewöhnlichen unanständigen leichten Tone abstach: »Meister Heriot, wenn Wir Uns recht erinnern, so haben Wir zu Euren Händen gewisse Kronjuwelen für eine gewisse Summe Geldes verpfändet. – Ist es so?«

»Allergnädigster Herr,« antwortete Heriot, »unleugbar hat Ew. Majestät geruht, dies zu thun.«

»Das Eigenthumsrecht besagter Juwelen und cimelia,« fuhr der König fort, »ist Uns verblieben, lediglich unterworfen einem Anspruch, den Ihr wegen eines darauf gemachten Vorschusses habt, mit dessen Rückzahlung Wir das Recht zum Wiederbesitz der verpfändeten oder versetzten Dinge erlangen. Voetius, Vinnius, Groenwegenius, Pagenstecherus – welche alle de contractu oppignerationis, d. h. vom Pfandvertrage, gehandelt haben, – consentiunt in eundem – stimmen in diesem Stücke überein. Das römische Recht, das englische gemeine Recht, und das Stadtrecht Unseres alten Königreichs Schottland, obwohl sie in mehr Einzelnheiten, als mir lieb ist, von einander abweichen, passen in diesem Punkte so genau zusammen, wie die drei Drähte eines gedrehten Seiles.«

»Erlauben Ew. Majestät,« bemerkte der Goldschmied, »es bedarf nicht so vieler gelehrten Autoritäten, um jedem ehrlichen Manne zu beweisen, daß sein Anspruch auf ein Pfand aufhört, sobald die dargeliehene Summe ersetzt ist.«

»Gut, werther Herr, ich biete die Rückzahlung der dargeliehenen Summe an und verlange die dafür verpfändeten Juwelen zurück. Ich habe Euch vor Kurzem bedeutet, daß mein Dienst dies wesentlich erheische, denn da bevorstehende Begebenheiten Uns zu öffentlichen Auftritten veranlassen dürften, so würde es sonderbar aussehen, wenn Wir nicht mit diesem Schmucke erschienen, der ein Erbstück der Krone ist, und dessen Abwesenheit Uns in Verachtung und Verdacht bei Unseren Unterthanen bringen würde.«

Meister Georg Heriot schien durch diese Anrede seines Oberherrn sehr ergriffen zu sein und antwortete: »Ich rufe den Himmel zum Zeugen an, daß ich in dieser Sache unschuldig bin und daß ich gern die dargeliehene Summe verlieren möchte, wofern ich nur diese Juwelen wiederschaffen könnte, deren Abwesenheit Ew. Majestät mit so großem Recht beklagt. Wären sie in meiner Hand geblieben, so würde ich ohne Mühe Rechenschaft von denselben geben können. Aber Ew. Majestät wird mir die Gerechtigkeit widerfahren lassen, sich zu erinnern, daß ich dieselben auf Euren ausdrücklichen Befehl einer andern Person übergeben habe, welche eine bedeutende Summe vorschoß gerade zu der Zeit, wo ich nach Paris abreiste. Das Geld war dringend nöthig, und ich wußte kein anderes Mittel, es aufzutreiben. Ich sagte Ew. Majestät, als ich das benöthigte Geld brachte, daß der Mann, von welchem es war, in keinem guten Rufe stehe, und Eure fürstliche Antwort war, indem Ihr an das Gold rochet: › Non olet, es riecht nicht nach den Mitteln, mit denen es erworben ist.‹«

»Was will all' dies Geschwätz sagen?« erwiderte der König. »Wenn Ihr meine Juwelen Jemandem verpfändet habt, hättet Ihr da nicht als treuer Unterthan Sorge tragen sollen, daß die Einlösung in Unserer Macht stände? Und sollen Wir den Verlust Unserer cimelia erleiden durch Eure Nachlässigkeit, und überdem dem Spott und Tadel Unserer Unterthanen und fremder Gesandten ausgesetzt sein?«

»Mein Herr und König,« sprach Heriot, »Gott weiß es, daß ich es für meine Schuldigkeit hielte, Tadel und Schimpf zu erleiden, wofern ich dadurch dieselben von Ew. Majestät abwenden könnte. Aber wenn Ihr bedenkt den gewaltsamen Tod des Mannes, das Verschwinden seiner Tochter und seines Reichthums, so werdet Ihr Euch dabei erinnern, daß ich Ew. Majestät pflichtmäßig vor der Möglichkeit solcher Zufälle gewarnt und gebeten habe, mich nicht mit ihm für Euch Geschäfte machen zu lassen.«

»Aber, Gürge, Ihr habt mir kein besseres Mittel gebracht,« erwiderte der König. »Ich war wie von aller Welt verlassen. Was konnt' ich Anderes thun, als nach dem ersten Silber greifen, das sich darbot, gleichwie ein Ertrinkender nach einer Weidenruthe greift, die ihm in den Weg kommt? – Also, warum habt Ihr die Juwelen nicht zurückgebracht? Sie sind sicherlich noch über der Erde, wenn Ihr nur recht genau forschen wollt.«

»Die genauesten Nachforschungen sind angestellt worden, allergnädigster Herr,« antwortete der Bürger. »Nach allen Seiten hin ist Lärm geschlagen worden, und es hat sich keine Möglichkeit gefunden, sie wieder herbeizuschaffen.«

»Schwierigkeit meint Ihr, Gürge, nicht Unmöglichkeit,« versetzte der König; »denn was unmöglich ist, das ist entweder im natürlichen Sinne, exempli gratia Zum Beispiel. aus zwei drei zu machen, oder es ist im moralischen Sinne, zum Beispiel aus dem Wahren Falsches zu machen. Aber was blos schwer ist, das läßt sich machen mit Hülfe von Verstand und Geduld. Zum Beispiel, klingender Gürge, schau hieher!« – Damit legte er dem erstaunten Juwelier den wiedererlangten Schatz vor und jubelte: »Was sagst du dazu, Klingler? Bei meinem Scepter und meiner Krone, der Mann starrt, als ob er seinen angestammten Fürsten für einen Hexenmeister hielte, Uns, die Wir der wahre malleus maleficarum, der zerschmetternde und zerschlagende Hammer aller Hexen, Wahrsager, Zauberer und dergleichen sind. Er meint, Wir hätten selber Etwas von der schwarzen Kunst angenommen! Geh', ehrlicher Gürge, du bist ein guter Mann und ohne Falsch, aber keiner von den sieben Weisen Griechenlands. Geh' und vergiß nicht das wahrhaftige Wort, welches du vor Kurzem gesprochen hast, daß in diesem Lande Einer ist, der Salomo'n, dem Könige Israels, in all' seinen Gaben nahe kommt, ausgenommen in seiner Liebe für fremde Weiber, abgesehen von der Tochter Pharao's.«

War Heriot betroffen, so unerwartet die Juwelen zu sehen in dem Augenblicke, wo der König ihm den Verlust derselben vorwarf, so ward sein Erstaunen vollständig durch die Anspielung auf die Bemerkung, die er im Gespräche mit Lord Glenvarloch und seiner Pathin Tags zuvor hatte fallen lassen. Der König aber war so entzückt von der Ueberlegenheit, welche ihm Heriots Staunen in diesem Augenblicke verlieh, daß er die Hände rieb, kicherte und endlich, in seinem Jubel die königliche Würde bei Seite setzend, sich in seinen Sessel warf und so unbändig lachte, daß ihm fast der Athem ausging und daß ihm die Thränen über die Wangen herabliefen, über dem Streben, wieder zu Athem zu kommen. Dieser laute königliche Jubel fand seinen Wiederhall in einem mißtönenden, mächtig schallenden Gelächter hinter der Tapete hervor, wie von Einem, der, sonst nicht gewohnt dem Reize dazu zu folgen, in Folge eines außergewöhnlichen Anlasses sich außer Stande fühlt, seine ungebührliche Lustigkeit zu mäßigen. Heriot wandte mit erneutem Staunen den Kopf nach dem Platze, von welchem die in Gegenwart des Königs so wenig passenden Töne herkamen.

Der König empfand auch einigermaßen die Unschicklichkeit, stand auf, wischte die Augen aus und rief: »Buschklepper, komm aus deiner Höhle!« Und es schritt hinter den Tapeten hervor die lange Gestalt Richards, der noch immer so zwanglos lachte, als wäre er auf einer Bauernkindtaufe. »Still, still!« rief der König; »Ihr müßt nicht in der Art wiehern, wie ein Gaul bei einem Simmern Hafer, obwohl es ein hübscher Spaß war und von Uns angelegt. Aber nein, den klingenden Gürge zu sehen, der sich für so viel weiser hält als andere Leute, ihn zu sehen – ha! ha! ha! – gleich Euclio bei Plautus, sich abquälend, um das wiederzufinden, was ihm vor der Nase lag, –

Perii, interii, occidi – quo curram, quo non curram?
Tene, tene – quem? quis? nescio – nihil video Verloren bin ich, des Todes schier! Wo ein? wo aus? wohin jetzt?
Halt, halt, halt! – Wen? Wer denn? Ich weiß es nicht; ich seh' Nichts.
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Ja, Gürge, Eure Augen sind scharf genug, um sich nach Gold und Silber, Edelsteinen, Rubinen und dergleichen umzusehen, aber Ihr versteht es nicht, sie wieder herbeizuschaffen, wenn sie verloren sind. Ja, ja, betrachtet sie nur, Alter, betrachtet sie nur, sie sind schlecht und gerecht, gesund und rund, keine Dublette hat sich unter sie eingeschlichen.«

Georg Heriot war ein zu alter Hofmann, um des Königs vermeintlichen Triumph zu stören, als er vor Erstaunen wieder zu Worten kommen konnte, und begnügte sich mit einem Blick des Unwillens gegen den ehrlichen Richard, der noch immer grinsend lächelte. Er untersuchte ruhig die Steine, und da er sie alle richtig fand, wünschte er dem König aufrichtig Glück zur Wiedererlangung eines Schatzes, welcher nicht ohne einige Unehre der Krone hätte verloren gehen können. Sodann fragte er, wem er die Summe, für die sie verpfändet gewesen, auszuzahlen habe, und erklärte, er habe das Geld bei sich.

»Ihr seid verteufelt eilfertig, wenn es sich um's Zahlen handelt,« rief der König. »Wozu die Hast? Die Juwelen sind wieder herbeigeschafft durch einen ehrlichen lieben Landsmann von uns. Da steht er, und wer weiß, ob er das Geld so auf den Punkt braucht, oder ob er sich nicht mit einem Rescriptlein an Unsere Schatzkammer auf sechs Monate hinaus begnügt? Ihr wißt, daß Unser Schatz sich eben jetzt in der Ebbe befindet, und Ihr schreit: Zahl', zahl', zahl'! als ob Wir die Minen von Ophir hätten.«

»Erlaube Ew. Majestät,« erwiderte der Goldschmied, »wenn dieser Mann wirklich das Recht auf dies Geld hat, so steht es zweifelsohne in seinem Belieben, einen Aufschub der Zahlung zu gestatten. Allein, wenn ich an den Aufzug denke, in welchem ich ihn zuerst gesehen habe, mit zerrissenem Mantel und zerschlagenem Kopfe, dann kann ich es nicht wohl begreifen. Gestatte Ew. Majestät mir die Frage – seid Ihr nicht Richard Moniplies?«

»Ei freilich, Meister Heriot,« antwortete Richard, – »aus dem alten, ehrenfesten Hause Schnittburg bei der Westpforte in Edinburgh.«

»Erlaube Ew. Majestät,« sprach Heriot, »er ist ein armer Dienstmann. Dies Geld kann auf ehrlichem Wege nicht zu seiner Verfügung gekommen sein.«

»Ei warum denn nicht?« fragte der König. »Meint Ihr, Niemand sollte den Berg hinaufkommen, als Ihr, Gürge? Euer Mantel war dünn genug, als Ihr hieher kamt, und doch habt Ihr ihn schön gefüttert. Und was Dienstleute betrifft, so ist manch' Rothbein mit seines Herrn Mantelsack auf dem Buckel über den Tweed gekommen, und jetzt rauscht er einher mit sechs Dienern hinter sich. Da steht der Mann selber; beschaut ihn, Gürge.«

»Er möchte in diesem Falle nicht die beste Autorität sein,« bemerkte der vorsichtige Bürgersmann.

»Nun, Alter,« rief der König, »Ihr seid gar zu sehr bedenklich. Die Wildknapper haben eine Redensart: Non est inquirendum, unde veniat venaison. Man muß nicht fragen, woher das Wildpret. Wer das Gut bringt, hat das Recht, über das Geschirr zu verfügen. – Hört, Freund, sprecht die Wahrheit und macht den Teufel zu Schanden. Habt Ihr Vollmacht, über die Einlösungssumme zu verfügen, so daß Ihr eine Zahlungsfrist gestatten könnt? Ja oder nein?«

»Unbeschränkte Vollmacht, allergnädigster Herr,« antwortete Richard Moniplies. »Und ich bin bereit, jede Bedingung in Betreff der Einlösung anzunehmen, hoffend, daß Ew. Majestät mir eine kleine Gunst bewilligen werde.«

»Ei, kommst du mir so?« erwiderte der König. »Dacht' ich's doch, daß du es machen würdest, wie die Andern. Mancher möchte glauben, Unserer Unterthanen Leib und Gut seien Unser eigen und ständen zu Unserer freien Verfügung. Aber so wie Wir Geld von ihnen fordern müssen, was öfter der Fall ist, als Uns lieb ist, da ist kein Nadelknopf zu haben außer unter der alten Bedingung: Brat'st du mir ein' Wurst, lösch' ich dir den Durst. – Also heraus, Nachbar! Was möchtest du gern haben? Nicht wahr, ein Monopol? oder ein Geschenk von Kirchengütern und Zehnten? oder die Ritterwürde oder dergleichen? Ihr müßt bescheiden sein, wofern Ihr nicht gedenkt, Uns noch weiteres Geld vorzuschießen.«

»Mein königlicher Herr,« antwortete Moniplies, »der Eigenthümer dieses Geldes stellt dasselbe zu Ew. Majestät Verfügung ohne Pfand und Zinsen auf so lange als es Derselben gefällt, wofern Ew. Majestät sich herablassen will, Gnade zu üben gegen den edlen Herrn von Glenvarloch, dermalen Gefangenen in Eurem Tower zu London.«

»Was? was? was? was?« rief der König stotternd und erröthend in einer edleren Erregung als gewöhnlich. »Was unterfangt Ihr Euch, Uns zu sagen? Wir sollten Unsere Gerechtigkeit – Unsere Gnade verkaufen? Und Wir sind ein gekrönter König und haben geschworen, Unsern Unterthanen Gerechtigkeit zu ertheilen im Thor, und sind verantwortlich für Unsere Verwaltung Dem, der über allen Königen ist!« Bei diesen letzten Worten blickte er ehrfurchtsvoll aufwärts und griff an die Mütze. Und dann fuhr er im ernsten Tone fort: »Wir dürfen nicht mit solchen Gütern Handelschaft treiben, werther Herr, und wäret Ihr nicht ein armes, unwissendes Geschöpf, das Uns heute einen nicht unangenehmen Dienst geleistet hat, so würden Wir Euch ein glühendes Eisen durch die Zunge stoßen lassen in terrorem Zum Schrecken. Anderer. – Fort mit ihm, Gürge! Bezahlt ihn bei Heller und Pfennig von Unserem Gelde, das Ihr in Händen habt.«

Richard, der mit völliger Sicherheit auf den Erfolg seines Meisterstückes von Politik gerechnet hatte, stand da wie ein Baumeister, dessen Gerüst unter ihm zusammenbricht. Indeß griff er nach einem Halt, der seiner Meinung nach seinen Fall hemmen sollte. »Nicht allein die Summe, für welche die Juwelen verpfändet waren, sondern das Doppelte, wenn es verlangt wird, steht zu Ew. Majestät Befehl, selbst ohne Hoffnung und Bedingung der Wiedererstattung, wenn nur – –«

Der König ließ ihn nicht ausreden und rief, als fürchte er für die Festigkeit seiner guten Entschließungen, mit größerer Heftigkeit als zuvor: »Weg mit ihm! weg mit ihm! Es ist Zeit, daß er geht, wenn er so sein Gebot verdoppelt. Und bei Leibe, laßt nicht Steenie oder sonst Einen ein Wort aus seinem Munde hören, sonst könnte ich in eine schöne Ungelegenheit kommen! Ne inducas in tentationem. Vade retro Satanas! Amen Führe uns nicht in Versuchung. – Hebe dich weg, Satanas!.«

Dem königlichen Befehle gehorsam zog Georg Heriot den verblüfften Bittsteller aus dem Kabinet und aus dem Palast, und als sie sich im Hofe befanden, konnte der Bürger aus Aerger über die Miene von Gleichheit, welche Richard beim Beginne des vorigen Auftrittes gegen ihn angenommen, nicht umhin, eine kleine Rache zu üben und ihm mit spöttischem Lächeln zu seiner Gunst am Hofe und zu seiner verbesserten Manier in Ueberreichung einer Supplik Glück zu wünschen.

»Ereifert Euch nicht, Meister Georg Heriot,« sprach Richard, ohne sich entmuthigen zu lassen, »und sagt mir nur, wo und wann ich zu siffliciren habe um achthundert Pfund Sterling, für welche diese Juwelen verpfändet waren?«

»Den Augenblick, wo Ihr mir den wahren Eigenthümer des Geldes vorführt, den zu sehen mir in mehrfacher Beziehung von Wichtigkeit ist.«

»Da gehe ich zu Sr. Majestät zurück,« sprach Richard, »und lasse mir entweder das Geld oder das Pfand zurückgeben. Ich bin dazu bevollmächtigt.«

»Das kann sein, Richard,« erwiderte der Bürger; »aber es kann vielleicht auch nicht sein, denn nicht all' Eure Worte sind Evangelium. Verlaßt Euch also darauf, daß ich den Beweis davon sehen will, bevor ich eine so große Summe auszahle. Ich will Euch eine Bescheinigung ausstellen und das Geld den Augenblick bereit halten. Unterdessen, lieber Richard Moniplies von Schnittburg bei der Westpforte von Edinburgh, muß ich in wichtigen Geschäften zu Sr. Majestät zurück.« Mit diesen Worten wandte er sich wieder nach der Treppe und bemerkte schließlich: »Georg Heriot ist ein zu alter Hahn, um sich mit Spreu fangen zu lassen.«

Richard stand wie versteinert, als er den Goldschmied in den Palast zurückkehren und sich, wie er meinte, in der Patsche gelassen sah. »Krieg' die Schwerenoth, du alter Lauseschinder!« rief er. »Weil du ein ehrlicher Mann bist, mußt du mit aller Welt handeln, als wären sie Spitzbuben. Aber der Teufel soll mich holen, wenn du mich aus dem Felde schlägst! Alle gute Geister – dort kommt auch Lorenz Linklater und wird mich fragen wollen wegen der Sifflik. Bei S. Andrees! ich will ihm nicht Stand halten.«

So sprechend und den stolzen Schritt, mit welchem er am Morgen in den Palast eingetreten war, in ein trübseliges Schleichen verwandelnd, zog er sich nach seinem bereitstehenden Kahne zurück und entfernte sich mit einer Eile, die einer Flucht sehr ähnlich sah.

Anmerkung zum siebenten Kapitel.

Späße, wie der obenbeschriebene, wurden oft von Denen, die Jakobs Weise kannten, zu seiner Belustigung ersonnen. Der berühmte Armstrong und ein anderer Spaßmacher, Drummond, setzten sich andern Leuten auf den Rücken und rannten wider einander wie Ritter im Turnier zur großen Belustigung des Monarchen. Eine ähnliche Geschichte, wie die von Moniplies hinter der Tapete, erzählt Webster auf S. 124 seines Buches über Hexerei. Ein berühmter Bauchredner rief den König bei Namen, so daß dieser sich nach dem Rufenden umsah, während derselbe vor ihm stand. Der König kam endlich hinter den Trug und benutzte ihn zu Späßen mit seinen Hofleuten. So z. B. ließ er einen Ritter in sein Kabinet kommen, in welchem sich außer ihm nur noch der Bauchredner befand; und begann ein ernstes Gespräch mit ihm. Plötzlich rief es aus einem anstoßenden Zimmer: »Herr Hans! kommt, Herr Hans!« Der Ritter zog ein grimmiges Gesicht über eine solche Unanständigkeit, und hörte dem König weiter zu. Nicht lange, so rief dieselbe Stimme: »Kommt, Herr Hans! und trinkt Euren Sect.« Der Ritter erbosete sich, ging in die nächsten Zimmer, um nach dem unverschämten Rufer zu sehen, fand Niemand und kehrte zurück. Kaum hatte der König wieder zu sprechen begonnen, so rief es wieder: »Kommt, Herr Hans! Euer Sect wartet auf Euch!« Der Ritter stampfte vor Wuth, lief wieder fort, um nachzusehen und kehrte ohne Erfolg zurück. Und so ging es fort, bis der König genug hatte.



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