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Achtes Kapitel.

So gut als Ihr lieb' ich Gerechtigkeit –
Doch, da die gute Dame blind ist, so
Verzeiht sie wohl, stell' ich gelegentlich mich taub; –
Das Wort, das ich jetzt spreche, soll mich nicht
Verhindern, künftig auch noch eins zu sprechen.

Altes Schauspiel.

Unterstützt von dem Mitleide der Einwohner der Stadt und mit Hilfe des Vorraths von Lebensmitteln, die er mitgebracht hatte, war Edie Ochiltree ein Paar Tage ohne Ungeduld im Gefängnisse gewesen, und hatte den Mangel der Freiheit um so weniger bedauert, da das Wetter veränderlich und regnerisch war.

»Der Kerker,« dachte er, »ist doch bei weitem kein so garstiger Ort, als man sagte. Es ist da doch immer ein Dach überm Kopfe, um das Wetter abzuhalten, und wenn die Fenster kein Glas haben, so ist das nur um so luftiger und angenehmer zur Sommerszeit. Leute, mit denen man plaudern kann, gibt's auch genug, und hat man doch nur etwas zu essen, was braucht man sich dann um Alles übrige zu kümmern?«

Der Muth unsers philosophischen Bettlers begann indeß abzunehmen, als die Sonnenstrahlen schön an die alten Eisenstäbe seines vergitterten Kerkers fielen und ein armer Hänfling (dessen Käfig am Fenster aufzuhängen einem armen Schuldner erlaubt worden war,) sein Liedchen zu singen begann.

»Du bist bei besserer Laune als ich,« sagte Edie zu dem Vogel, »denn ich kann weder pfeifen noch singen, wenn ich an die schönen sonnigen Hügel und grünen Thäler denke, zwischen denen ich bei solchem Wetter herumschlendern würde. – Aber wart', da hast du ein Paar Krümchen, weil du so lustig bist; und du hast auch noch Grund, zu singen nach Herzenslust, denn du steckst nicht aus eigner Schuld im Käfig; aber mir geschieht ganz recht, daß ich an diesem langweiligen Orte eingesperrt bin.«

Ochiltree's Selbstgespräch ward durch einen Gerichtsdiener gestört, welcher kam, um ihn vor den Richter zu rufen. So ging er nun in kläglicher Procession zwischen zwei armen Kerls hin, von denen keiner so rüstiges Ansehn, wie er selber hatte, um sich zum Verhöre führen zu lassen. Als der bejahrte Mann von der abgelebten Wache bei den Leuten vorübergeführt ward, rief Einer dem Andern zu: »Ach! seht, so ein Graukopf wie der soll Straßenraub begangen haben, und er steht schon mit einem Fuß im Grabe!« – Und die Kinder wünschten den Gerichtsdienern, Puggie Orrock und Jock Ormston, die bald Gegenstände ihrer Furcht, bald ihres Spottes waren, Glück dazu, daß sie einen Gefangenen hätten, der so alt wie sie selber sei.

So brachten sie ihn vorwärts, und Edie ward (keineswegs zum ersten Male,) vor den würdigen Mr. Kleinhans geführt, welcher, ganz im Widerspruch mit seinem Namen, eine große, stattliche Magistratsperson war, welcher die Gerichtssporteln nicht vergebens zugeflossen waren. Er war ein eifriger Loyaler in dieser eifrigen Zeit, etwas barsch und streng in Vollziehung seiner Amtsgeschäfte und ziemlich aufgeblasen vom Bewußtsein seiner Macht und Wichtigkeit, sonst aber ein wackerer, wohlgesinnter und nützlicher Bürger.

»Bringt ihn herein, bringt ihn herein!« rief er; »auf mein Wort, das sind schreckliche und unnatürliche Zeiten – selbst Bettler, die von der Gnade Sr. Majestät leben, verletzen die Gesetze zuerst. Hier hat ein alter Blaukittel Straßenraub begangen! Ich glaube, der Nächste wird die königliche Gnade, die ihm Kleidung, Geld und Erlaubniß zum Betteln schenkt, mit Hochverrath, oder wenigstens mit Aufruhr vergelten – aber bringt ihn herein.«

Edie machte seine Verbeugung und stand dann, wie gewöhnlich, fest und aufrecht, das Gesicht etwas seitwärts in die Höhe haltend, als wolle er sich kein Wort, welches der Richter an ihn richten werde, entgehen lassen. Auf die ersten allgemeinen Fragen, welche nur Namen und Gewerbe betrafen, antwortete der Bettler rasch und genau; als aber der Richter, nachdem er jenes den Schreiber hatte zu Protokoll nehmen lassen, zu forschen begann, wo sich der Bettler in jener Nacht befunden habe, als Dousterswivel sein Mißgeschick begegnete, suchte Edie die Antwort zu umgehen. »Können Sie mir jetzt sagen, Herr Richter, da Sie doch das Recht verstehen, welchen Nutzen ich davon haben werde, wenn ich Ihre Fragen beantworte?«

»Nutzen? wohl nicht viel, mein Freund, außer daß ich, wofern du aufrichtig antwortest und unschuldig bist, dich in Freiheit setzen kann.«

»Aber es scheint mir doch weit vernünftiger, daß Sie, Herr Richter, oder sonst Jemand, der etwas gegen mich vorzubringen hat, erst meine Schuld beweist, nicht aber von mir verlangt, daß ich meine Unschuld beweise.«

»Ich sitze nicht hier,« antwortete der Richter, »um über Rechtssachen mit dir zu streiten. Ich frage, ob du meine Frage beantworten willst, nämlich ob du an dem bezeichneten Tage beim Förster Ringan Aikwood warst?«

»Wirklich, Sir, ich weiß mich nicht recht darauf zu besinnen,« antwortete der vorsichtige Bettler.

»Oder ob du im Laufe jenes Tages oder jener Nacht,« fuhr der Richter fort, »den Steven oder Steenie Mucklebackit sahest? – du kennst ihn doch vermuthlich?«

»Ei freilich kannt' ich Steenie, den armen Burschen,« erwiederte der Gefangene, – »aber ich kann mich nicht genau besinnen, wann ich ihn das letzte Mal sah.«

»Warst du an dem Abend einmal in den Ruinen von St. Ruth?«

»Herr Richter Kleinhans,« sagte der Bettler, »wenn Sie's erlauben, wollen wir eine lange Geschichte kurz machen und ich will Ihnen nur sagen, daß ich keine dieser Fragen zu beantworten gedenke. Ich bin ein zu alter Wandrer, um mich erst noch durch meine eigne Zunge in Verlegenheit bringen zu lassen.«

»Schreiben Sie,« sagte der Richter, »daß er auf alle Fragen die Antwort verweigert, weil er durch Aussage der Wahrheit in Verlegenheit gebracht werden könnte.«

»Nein, nein,« sagte Ochiltree, »ich will nicht, daß man das als meine Antwort aufschreibt; ich wollte nur sagen, daß, so weit ich mich besinne und so weit meine Erfahrung reicht, aus Beantwortung unnützer Fragen nie etwas Gutes entstanden ist.«

»Schreiben Sie,« sagte der Richter, »daß, da er mit gerichtlich vorgelegten Fragen durch lange Erfahrung bekannt sei, und sich durch Beantwortung solcher Fragen Unannehmlichkeiten zugezogen habe, sich Declarant weigere« –

»Nein, nein, Herr Richter,« wiederholte Edie, »damit werden Sie mir auch nicht beikommen.«

»So dictire die Antwort selber, Freund,« sagte der Richter, »und der Schreiber wird sie nach deinen Worten niederschreiben.«

»Ja, ja,« sagte Edie, »das nenn' ich mir ein rechtes Verfahren; ich will ohne Zeitverlust damit beginnen. – Also, Nachbar, schreiben Sie nur auf, daß Edie Ochiltree, der Deklarant, für die Freiheit aufgestanden ist – nicht doch, das darf ich nicht sagen – ich bin kein Freiheitsmann – ich habe beim Aufruhr in Dublin gegen sie gefochten – überdies hab' ich auch des Königs Brod schon manchen Tag gegessen. – Halt, lassen Sie sehn – ja – schreiben Sie, daß Edie Ochiltree, der Blaukittel, aufsteht für die Prärogativen, (sehen Sie zu, daß Sie das Wort auch richtig schreiben, 's ist ein langes Wort,) für die Prärogativen der Unterthanen des Landes, und kein einzig Wort beantworten will, das ihm diesen Tag vorgelegt wird, außer wenn er einen Grund dafür sieht. – Das schreiben Sie nieder, junger Mann.«

»Nun, Edie,« sagte der Richter, »da du mir nichts über die Sache gestehen willst, so muß ich dich in's Gefängniß zurückschicken, bis du in Folge des Processes herauskommst.«

»Nun gut, Sir, wenn es Gottes und der Menschen Wille ist, so muß ich mich freilich fügen,« erwiederte der Bettler. »Ich habe sonst nicht viel wider das Gefängniß, außer, daß man gar nicht herausspazieren kann; und wenn es Ihnen gefällig wäre, Herr Richter, so wollt' ich Ihnen mein Wort darauf geben, bei der Gerichtssitzung zu erscheinen, sobald ich aufgefordert würde.«

»Ich glaube vielmehr, mein guter Freund,« sagte der Richter Kleinhans, »dein Wort würde eine unzuverlässige Bürgschaft sein, sobald dein Hals ein Bischen in Gefahr kommt. Ich bin sehr geneigt, zu glauben, – daß du am Ende dein Pfand im Stiche ließest. – Freilich, wenn du mir genügende Bürgschaft geben könntest« –

In diesem Augenblick traten der Alterthümler und Capitain M'Intyre in die Gerichtsstube. – »Guten Morgen, meine Herren,« sagte der Richter; »Sie finden mich in meinen Berufsgeschäften, ich habe mit den Uebelthaten des Volks zu thun, arbeite für die Res publica, Mr. Oldbuck, – diene dem König, unserm Herrn, Capitain M'Intyre – denn jedenfalls wissen Sie, daß ich zum Schwert gegriffen habe?«

»Es ist eines der Sinnbilder der Gerechtigkeit, das ist wahr,« antwortete der Alterthümler; »aber ich sollte meinen, für Sie passe sich die Wage besser, Herr Richter, zumal da Sie dieselbe im Waarenhaus handhaben.«

»Sehr gut, Monkbarns – vortrefflich; aber ich habe nicht als Richter, sondern als Krieger zum Schwerte gegriffen; allerdings sollt' ich lieber sagen, zur Muskete und zum Bajonett – sie stehn dort neben meinem Lehnstuhl, denn ich bin noch nicht vollkommen einexercirt, daran ist ein kleiner Anfall unsers alten Freundes, des Podagra, schuld. Indeß kann ich mich noch auf den Beinen halten, wenn mich unser Sergeant die Tempos durchmachen läßt. Ich möchte wohl wissen, Capitain M'Intyre, ob er dabei auch richtig verfährt.« Er humpelte nach seinem Gewehr, um seine Zweifel zu erklären und seine Fortschritte zu zeigen.

»Ich freue mich, daß wir so eifrige Vertheidiger haben, Herr Richter,« erwiederte Mr. Oldbuck; »und darf wohl sagen, daß Ihnen Hektor mit Vergnügen seine Meinung über Ihre Fortschritte in diesem neuen Berufe sagen wird. Ei, Sie wetteifern mit der Hekate der Alten, mein lieber Sir – ein Kaufmann auf dem Markte, ein Richter auf dem Rathhaus und ein Soldat in der Linie – quid non pro patria? Aber mein Geschäft betrifft nur den Richter; lassen wir daher Handel und Krieg ruhen.«

»Gut, werther Sir,« sagte der Richter, »und was befehlen Sie?«

»Ei, hier steht ein alter Bekannter von mir, Namens Edie Ochiltree, den einige Ihrer Myrmidonen in's Gefängniß gebracht haben, weil er den Schuft Dousterswivel angegriffen haben soll, von dessen Anklage ich kein Wort glaube.«

Der Richter nahm hier eine sehr ernste Miene an. »Sie müssen wissen, daß er des Straßenraubes, so wie des Angriffs angeklagt ist; eine sehr bedenkliche Sache in der That – dergleichen Verbrechen sind mir nicht häufig vorgekommen.«

»Und,« erwiederte Oldbuck, »da Ihnen eines vorkommt, wollen Sie gern alles mögliche draus machen. Aber steht dieses armen alten Mannes Sache wirklich so schlecht?«

»Es ist eigentlich gegen die Regel,« sagte der Richter; »aber da Sie selbst Friedensrichter sind, Monkbarns, so trage ich kein Bedenken, Ihnen Dousterswivel's Aussage mitzutheilen, sowie alles Uebrige, was man von der Sache weiß.« Er übergab dem Alterthümler die Papiere und dieser setzte seine Brille auf und zog sich bei Seite zurück, um zu lesen.

Die Gerichtsdiener wurden unterdessen angewiesen, den Gefangenen in ein anderes Zimmer zu bringen; bevor sie es aber thun konnten, benutzte M'Intyre die Gelegenheit, den alten Edie anzureden und ihm eine Guinee in die Hand zu drücken.

»Gott segne Sie,« sagte der alte Mann; »es ist die Gabe eines jungen Soldaten und die muß einem alten gewiß wohl thun. Ich weise sie nicht zurück, obwohl es gegen meine Regel ist; denn wenn man mich hier einsteckt, so können mich meine Freunde gar leicht vergessen; aus den Augen, aus dem Sinn, ist ein altes Sprichwort. Auch würde es sich für mich gar nicht passen, der ich doch ein Bettelmann des Königs bin und das Recht habe, Jeden anzusprechen, wenn ich mit einem Strumpf an einem Bindfaden aus dem Gefängnißfenster herab Heller fischen wollte.« Während er diese Bemerkung machte, ward er aus dem Saale geführt.

Mr. Dousterswivel's Aussage bestand in einem übertriebenen Berichte von der erlittenen Gewaltthat, und erwähnte desgleichen seinen Verlust.

»Aber was ich ihn wohl fragen möchte,« sagte Monkbarns, »wäre, in welcher Absicht er denn die Ruinen von St. Ruth, einen so einsamen Ort, und zu solch einer Stunde, und in solcher Gesellschaft, wie Edie Ochiltree, besucht habe. Keine Straße führt da vorbei und ich kann mir nicht denken, daß eine bloße Vorliebe für das Malerische den Deutschen in einer so stürmischen Nacht dorthin führen sollte. Ohne Zweifel ging er auf einen Schurkenstreich aus und fing sich in seiner eigenen Schlinge – Nec lex justitior ulla.«

Der Richter gab zu, daß etwas Geheimnißvolles bei der Sache sei, und rechtfertigte sich darüber, daß er Dousterswivel nicht weiter ausgefragt habe, mit dem Umstande, daß dieser seine Aussage freiwillig abgelegt habe. Aber zur Unterstützung der Hauptanklage zeigte er die Aussage Aikwood's vor, welche den Zustand angab, in welchem Dousterswivel gefunden wurde, und überdies die wichtige Thatsache berichtete, daß die Scheune von dem Bettler verlassen worden war, in welcher er geschlafen hatte, und daß er auch nicht dorthin zurückkehrte. Zwei Leute im Dienste des Fairporter Leichenbitters, welche in jener Nacht beim Begräbniß der Lady von Glenallan zu thun hatten, sagten ebenfalls aus, »daß sie zwei Personen nachgeschickt worden wären, welche bei Annäherung des Leichenzuges die Ruinen St. Ruth verlassen hätten und von denen man vermuthete, sie beabsichtigten etwas von dem Leichenschmucke zu rauben; die Verfolgenden hatten die Leute mehrmals aus dem Gesicht verloren und wiedergefunden, woran der unebene Boden, wo man nicht gut reiten konnte, schuld war; endlich aber hatten sie beide in Mucklebackit's Hütte gehen sehen. Einer der Leute bemerkte auch noch, daß »er, Declarant, vom Pferde gestiegen und dicht an das Fenster der Hütte gegangen sei; da habe er den alten Blaukittel und den jungen Steenie Mucklebackit gesehn, wie sie mit Andern drinnen aßen und tranken; auch habe er beobachtet, daß besagter Steenie Mucklebackit den andern eine Brieftasche vorzeigte; demnach zweifelte Declarant nicht, daß Ochiltree und Steenie Mucklebackit die Personen waren, die er und sein Kamerad, wie oben erwähnt, verfolgen mußten.« – Als man ihn fragte, warum er nicht in besagte Hütte trat, erklärte er, »dazu hab' er keine Vollmacht gehabt; wohl aber wären ihm Mucklebackit und die Seinigen als grobe Leute bekannt gewesen, und er habe daher kein Verlangen gespürt, sich in ihre Angelegenheiten zu mischen. Causa scientiae patet. Dies Alles erklärte er der Wahrheit gemäß« u. s. w. –

»Was sagen Sie zu all diesen Beweisen gegen Ihren Freund?« sagte der Richter, sobald er sah, daß der Alterthümler mit dem letzten Blatte fertig war.

»Nun, wenn es eine andre Person beträfe, so gesteh' ich, daß ich sagen würde, es sähe, prima facie, etwas häßlich aus; aber ich kann nicht zugeben, daß derjenige Unrecht gethan habe, der den Dousterswivel durchprügelte. Wär' ich nur etwas jünger, oder hätt' ich einen Funken von Ihrem Kriegergeiste, Herr Richter, so würd' ich es gewiß schon längst selber gethan haben. Er ist nebulo nebulonum, ein unverschämter, betrügerischer, lügenhafter Marktschreier, der mich durch seine Schurkerei um hundert Pfund gebracht hat; meinen Nachbar, Sir Arthur, aber Gott weiß, um wie viel – überdies, Herr Richter, glaub' ich nicht, daß er ein aufrichtiger Freund der Regierung sei.«

»Wirklich?« sagte Richter Kleinhans; »wenn ich das gewiß wüßte, würde es die Sache bedeutend wenden.«

»Allerdings; denn indem er ihn schlug,« bemerkte Oldbuck, »so bewies der Bettler dadurch seine Dankbarkeit gegen den König, dessen Feind er prügelte; und wenn er ihn beraubt hat, so hat er nur einen Zigeuner geplündert, dessen Gut ganz rechtmäßige Beute ist. Angenommen nun, daß jener Besuch der Ruinen von St. Ruth Politika zum Zweck hatte, – oder, nehmen Sie an, daß jene Geschichte von verborgenen Schätzen u. s. w. eine Lockspeise von jenseit des Meers für einen großen Mann war, oder daß die Summen bestimmt waren, einen Rebellenclub zu unterstützen?«

»Mein theurer Sir,« sagte der Richter, die Idee schnell ergreifend, »Sie haben ganz meine Gedanken! Wie glücklich würde ich sein, wenn ich das demüthige Werkzeug werden könnte, welches die Sache bis auf den Grund erforschte! – Meinen Sie nicht, es wäre das Beste, wir ließen die Freiwilligen unter die Waffen treten?«

»Nicht sogleich, da das Podagra sie eines Hauptmitgliedes ihres Corps berauben würde. – Aber wollen Sie mir den Ochiltree zum Verhör überlassen?«

»Sehr gern! aber Sie werden nichts aus ihm herausbringen. Er gab mir bestimmt zu verstehen, daß er die Gefahr einer gerichtlichen Aussage auf Seiten der angeklagten Person kenne, welche, um die Wahrheit zu sagen, allerdings schon manchen ehrlichern Mann, als er ist, an den Galgen brachte.«

»Jawohl; aber, Herr Richter,« fuhr Oldbuck fort, »Sie haben nichts dagegen, daß ich ihn verhöre?«

»Ganz und gar nichts, Monkbarns. – Ich höre den Sergeanten unten, – ich will daher unterdessen die Tempo durchmachen. – Baby, trag meine Flinte und das Bayonett in die Stube hinunter; das ›Gewehr bei Fuß‹ macht dort nicht so viel Lärm.« – So ging der kriegerische Richter hinaus, während ihm seine Magd die Waffen nachtrug.

»Das Weibsbild ist ein guter Knappe für einen gichtbrüchigen Ritter,« bemerkte Oldbuck. – »Hektor, mein Junge, lauf ihm nach – geh mit ihm, lieber Junge – beschäftige du ihn, auf eine halbe Stunde wenigstens – füttere ihn mit ein Paar militärischen Ausdrücken – lobe seine gute Haltung, seine Gewandtheit.«

Capitain M'Intyre, der, gleich vielen seines Standes, mit unendlicher Verachtung auf die bürgerlichen Krieger herabsah, die zu den Waffen gegriffen hatten, ohne eigentlichen Beruf, sie zu tragen, erhob sich mit großem Widerwillen, indem er bemerkte, er wisse nicht, was er Mr. Kleinhans sagen solle; und einem alten gichtbehafteten Krämer, der wie ein Soldat zu exerciren versuche, zuzusehen, sei doch gar zu lächerlich.

»Das mag wohl sein, Hektor,« sagte der Alterthümler, der selten mit Jemand in einer Sache übereinstimmte, die so eben zur Sprache kam, »das kann in diesem und vielen andern Fällen möglich sein; aber jetzt gleicht das Land den Untergerichten, wo die Leute persönlich ihre Angelegenheit betreiben, weil sie keine Federhelden von Fach bezahlen können. In dem einen Falle können wir sicherlich den Scharfsinn und die Beredsamkeit der Advokaten missen; und daher hoff' ich, daß wir auch in dem andern mit unsern Herzen und Musketen auskommen werden, fehlt uns auch die Disciplin solcher Eisenfresser, wie ihr.«

»Ich wollte in der That nichts dagegen haben, Oheim, wenn auch die ganze Welt Lust zum Fechten bekäme, sobald man nur mich dabei in Ruhe ließe,« sagte Hektor, während er sich mit mürrischem Widerwillen erhob.

»Ja, du bist freilich eine ausnehmend ruhige Person,« sagte sein Oheim; »deine Streitlust kann nicht einmal eine arme phoca ruhig am Strande schlafen lassen!«

Aber Hektor, welcher sah, wohin das Gespräch führen konnte und der alle Anspielungen auf die, ihm vom Seehund beigebrachte, Niederlage haßte, entwich, bevor der Alterthümler seine Rede noch vollendet hatte.


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