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Vorwort

Aufgabe und Ziel des vorliegenden Bandes ist es, durch ausgewählte Abschnitte aus den Werken Platos eine zusammenhängende Kenntnis seiner Lehre zu vermitteln. So konnte es als das Richtige erscheinen, lediglich Abschnitte aus Plato zu geben und alles andere beiseite zu lassen. Aber die Geschichte der Platoforschung beweist, daß es eine überaus schwierige Aufgabe ist, in die Tiefe der Platonischen Philosophie einzudringen. Darum erschien es als geboten, die Quintessenz der Platonischen Lehre in ihrem inneren Zusammenhange möglichst anschaulich zur Darstellung zu bringen. Ich habe das getan auf Grund von Studien, die mich von der Universitätszeit an bis an die Schwelle des Greisenalters durch das Leben begleitet haben.

Plato trat in scharfen Gegensatz zur Sophistik, und seine wie seines Lehrers Sokrates Wirksamkeit ist nur zu verstehen, wenn man diesen Gegensatz klar erkannt hat. Daher war die Aufnahme von Abschnitten erforderlich, in denen Plato diese Geistesrichtung schildert, und außerdem erschien auch zur Erleichterung des Verständnisses eine zusammenhängende Darstellung des Wesens der Sophistik in der Einleitung geboten. Die alte Sophistik hat auch deswegen ein großes Interesse für uns, weil sie in neuester Zeit durch Friedrich Nietzsche wieder zu hohen Ehren gebracht worden ist, allerdings nicht zum Segen für unser Volk.

Schließlich ist für das Verständnis und die Würdigung der Platonischen Philosophie die Aufdeckung ihres Zusammenhanges mit den Lehren der früheren Philosophen von großer Bedeutung. Wieviel Plato seinem Lehrer Sokrates zu verdanken hat, gibt er selbst deutlich genug in seinen Schriften zu erkennen, aber auch von anderen seiner Vorgänger finden wir in seiner Philosophie bedeutsame Lehrsätze in großer Zahl wieder. Plato hat, das kann man getrost sagen, die bedeutendsten Gedanken der edelsten und vornehmsten Denker der Griechen, dazu auch die schönsten religiösen Anschauungen seines Volkes in seinem Geiste gesammelt und hat sie auf wissenschaftlicher Grundlage und mit wissenschaftlichen Mitteln zu einer einheitlichen Weltanschauung gestaltet, in der die von anderen entlehnten Gedanken als aufgehobene Momente erscheinen. So haben wir in der Platonischen Philosophie nicht die Weisheit eines einzelnen Mannes, sondern eines ganzen hochbegabten Volkes vor uns. Dies erhöht ihre Bedeutung für uns ungemein.

Viele haben an den schönen und erhabenen Gedanken Platos, die vielfach an christliche Anschauungen erinnern, ihre herzliche Freude, manche fühlen sich durch die Hervorhebung gerade solcher Gedanken beunruhigt, fast verletzt. Es ist, als ob sie hierin eine Beeinträchtigung der Erhabenheit der christlichen Religion erblickten, hierfür liegt meines Erachtens kein Grund vor. Zwischen Platonismus und Christentum bleibt immer ein großer Unterschied. Sodann ist folgendes zu bedenken: Wer an Gott glaubt, der muß auch glauben, daß der Geist des Menschen vom Geiste Gottes stammt, und muß demnach in den großen und erhabenen Gedanken edler Menschen, geradeso wie in der Natur, ja noch mehr als in dieser, eine Offenbarung des göttlichen Geistes sehen, hierdurch wird der Glaube, daß die höchste Offenbarung Gottes uns in Christus geworden ist, nicht angetastet, sondern vielmehr gefördert.

Ich bin redlich bemüht gewesen, eine gute deutsche Übersetzung im engen Anschlusse an den Platonischen Text zu geben. Die Lösung dieser Aufgabe ist sehr schwer, und so hat der Übersetzer Anspruch auf milde Beurteilung. Auf die Überwindung der kritischen und exegetischen Schwierigkeiten, die gar manche Stellen boten, habe ich viel Zeit und Nachdenken verwandt. Selbstverständlich habe ich einen Teil der vorhandenen Übersetzungen verglichen und benutzt. Ich nenne Schleiermacher, Zeller (Gastmahl), Susemihl (Timäus) und Westermayer (Protagoras). Auch Hieronymus Müller verdanke ich manches.

Man hat Plato namentlich wegen der Tiefe seiner sittlichen und religiösen Anschauungen gern den göttlichen Plato genannt. Sein Geist ist ein guter Geist. Möge ein Hauch von ihm auch unser deutsches Volk erquicken!


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