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4.

Der große Kampf zwischen Autonomie und Autorität, in dessen Verlauf während des 18. Jahrhunderts die Gesichtspunkte der inneren und äußeren Welt, die bisherigen Ansichten von göttlichen und menschlichen Dingen geradezu umgekehrt wurden, hatte nicht in Deutschland seinen Anfang genommen. Er ist auf das philosophische System des Franzosen Descartes zurückzuführen, welcher die Souverainetät des menschlichen Selbstbewußtseins zuerst proclamirte. Wie kühn aber auch das Unternehmen war, das Sein als Resultat des (menschlichen) Denkens hinzustellen, der Gegensatz von Geist und Materie wurde dadurch nicht überwunden. Auch des genialen Spinoza großartiger Versuch, alles Individuelle und Partielle als Endliches in der Unendlichkeit der göttlichen Substanz verschwinden zu machen, vermochte den Dualismus von Idee und Wirklichkeit nicht völlig aufzuheben und so sehen wir von dem Grundstamm der modernen Philosophie zwei große Aeste auslaufen, den Idealismus, welcher zunächst durch Leibnitz seine Formulirung erhielt, und den Realismus, welchem zuerst der Engländer Locke wissenschaftliche Gestalt verlieh. In dem Locke'schen Empirismus wurzelt die emanzipative oder, wenn man will, revolutionäre Literatur des 18. Jahrhunderts. Die realistische Richtung, mißtrauisch, zweiflerisch und untersuchungslustig von Haus aus, wurde durch den Schotten Hume und den Franzosen Bayle zu scharfem Skepticismus zugespitzt. Dieser richtete seine Kritik gegen den Supranaturalismus, und indem er die Wahrheit der Offenbarung in Frage stellte, mußte er auch die factischen Consequenzen des Offenbarungsglaubens, Intoleranz und Glaubenszwang, verwerfen. Schon Locke hatte in beredten und berühmten Worten die religiöse Toleranz empfohlen und dieser edle Begriff wurde jetzt eine der großen Losungen des Jahrhunderts.

Von dem Boden der Locke'schen Erfahrungsphilosophie aus unternahm darauf eine Reihe von englischen Schriftstellern ihre kritischen Feldzüge gegen die Orthodoxie. Man nannte diese Kritiker (Toland, Tindal, Woolston, Morgan u. A.) Freidenker oder Deisten, welche letztere Bezeichnung man wohl auch mit der von Atheisten vertauschte, weil die kühneren Freidenker nicht allein das Dogma von einem dreieinigen, sondern überhaupt das von einem persönlichen, nach menschlichen Vorstellungen gestalteten Gott verneinten. Herren der vornehmen Kreise, wie die Lords Shaftesbury und Bolingbroke, wandten sich der deistischen »Philosophie des gesunden Menschenverstandes« zu und propagirten dieselbe geistvoll und witzig in der aristokratischen Gesellschaft. Von diesen Kreisen aus verbreitete sich dann die skeptische Weltanschauung in die Salons der festländischen Aristokratie, zunächst der französischen, welche, getrieben von dem Ungestüm ihres nationalen Temperaments, mit den neuen Ansichten nicht nur in der Weise der kühleren englischen Oligarchen ein frivoles Spiel trieb, sondern vielfach an der Verwirklichung der revolutionären Ideen bis zu einem gewissen Grade alles Ernstes mitarbeitete und, weil sie den Ton in Europa angab, den Bemühungen der französischen Autoren, auf welche die Wortführung der Freidenkerschaft übergegangen war, bei den Privilegirten des Continents Eingang verschaffte.

Dies ist ein Umstand, welcher bei Würdigung der Genesis der Umwälzungen des 18. Jahrhunderts sehr ins Gewicht fallen muß. Die in machtlose Höflinge verwandelten Feudalherren schürten den Brand, welcher die feudale Welt verzehren sollte, und, eingedenk ihrer tiefen Demüthigung durch die fürstliche Macht und die mit dieser verbündete Kirche, ergötzten sie sich schadenfroh an dem Gezüngel der Flammen, welche schon die Stufen von Thron und Altar umleckten. Nur sehr allmälig summten die bürgerlichen Classen die revolutionären Weisen nach, welche der Adel ihnen vorsang. Das jubelnde Gelächter, womit droben in den Salons Voltaire's zerstörerische Witze überschüttet wurden, war eine Aufforderung an das Volk, seinerseits drunten auf der Gasse die Carmagnole anzustimmen. Der dritte und der hinter diesem schon drohend sich erhebende vierte Stand erwies sich binnen Kurzem sehr gelehrig. Wenn droben in den Kreisen der geistreichen Modeherren jenes prophetische, schon zum Voraus den Blutgeruch des Grèveplatzes hauchende Diderot'sche Couplet vom letzten König und vom letzten Priester intonirt wurde, ließ von drunten der wilde Refrain nicht auf sich warten. Und dennoch hatten die aristokratischen Frondeurs keine Ahnung, wie bald sie von den demokratischen Demagogen bei Seite geschoben werden würden. Alle die Ducs und Chevaliers, alle die Marquisen und Comtessen, welche sich bei der Aufführung von Beaumarchais' Figaro die Hände roth klatschten, ließen es sich nicht im Traume einfallen, daß die Worte:» Vous vous êtes donné la peine de naître, et rien de plus!« welche der kecke Komöde den Privilegirten zuschleuderte, nicht so fast eine witzige Abtrumpfung ihrer maßlosen Ansprüche als vielmehr ein Todesurtheil seien, welches bald genug von dem Revolutionstribunal bestätigt werden sollte.

Eine räthselhafte Erscheinung, dieses Frankreich des 18. Jahrhunderts mit seiner raffinirt despotischen Regierungsform und seiner bis zur äußersten Zügellosigkeit entfesselten Literatur. Welcher Sprung schon von der fictiven Classik eines Corneille und Racine, wo Pseudogriechen und Pseudorömer im Hofcostüm von Versailles kunstvoll geglättete Sentenzen declamirten, die alle mehr oder weniger auf die Glorificirung Ludwig's des »Großen« berechnet waren, bis zu den Trauerspielen Voltaire's, wo die dramatische Form nur noch als das bequeme Vehikel freigeisterischer Ansichten erscheint. Das Terrain war übrigens zur Aufnahme der aus England herübergreifenden neuen Ideen in Frankreich schon lange vorbereitet. Der skeptische Empirismus lehnte sich hier an die antipfäffische Satire eines Rabelais und Pascal und es hatten praktische Denker, wie Montaigne, Rochefoucauld, La Bruyères und Saint-Evremont, schon während des 17. Jahrhunderts die Wege vorgezeichnet, auf welchen im folgenden der gesunde Menschenverstand den bestehenden kirchlichen, staatlichen und sozialen Verhältnissen kritisch zu Leibe gehen konnte. Er that dies mit der Richtung auf bestimmte politische Ziele in den Schriften von Montesquieu, welcher, angeregt durch die Verfassung Englands, in seinem » Esprit des Lois« der absolutistischen Praxis die Theorie der constitutionellen Monarchie entgegenstellte und das genannte Buch zur Bibel des modernen Liberalismus und Parlamentarismus machte.

Von einem solchen positiven Streben war der Mann, dessen Name und Wirksamkeit wie der und die keines zweiten das Jahrhundert erfüllt hat, weit entfernt. Voltaire, der große Persifleur, war geschaffen, zu spotten und durch Spott zu zerstören. Dieses Genie der Verneinung, Apostel des souverainen Witzes, wandelte, wie einst Lukian durch die verfaulte antike Welt gewandelt war, durch die abgelebte romantische und machte vor dem stereotypen Hohnlächeln seiner Lippen ein mittelalterliches Gespenst nach dem andern erbleichen. Der Einfluß dieses Spötters, dessen bester Witz gewesen ist, daß er einen Papst bewog, die Widmung seiner Tragödie Mohammed anzunehmen, in welcher unter dem Bilde des moslemischen der christliche Fanatismus bis in seine letzten Schlupfwinkel verfolgt wird, – der Einfluß dieses Spötters war ein unermeßlicher. Tischgenosse Friedrich's des Großen, Correspondent Katharina's II., zugleich der Schmeichler und Verhöhner, zugleich der Sklave und Tyrann der Könige, der gehätschelte Liebling der »guten« Gesellschaft, das Entzücken der geistreichen Herren und Damen in allen civilisirten Ländern, ist Voltaire ein halbes Jahrhundert lang der geistige Regent Europa's gewesen und nie, so lange die Welt steht, hat ein Autor über seine Zeitgenossen so weitgreifend und absolut geherrscht wie der Verfasser des Candide und der Pucelle d'Orleans.

Vermöge seiner witzigen Polemik gegen alles Ueberlieferte erscheint Voltaire überall, wenn nicht als Initiator, so doch als Leiter und Chorführer der Anhänger einer Philosophie, welche sich durch die naturwissenschaftliche Thätigkeit eines Buffon, Condillac und Anderer rasch zum ausgesprochenen Materialismus eines La Mettrie und zum grau in Grau gemalten Atheismus des » Maître d'hôtel de la philosophie« Holbach fortbildete. Die Moral dieses materialistischen Evangeliums, d. h. den nackten Egoismus, hat bekanntlich Helvetius in seinem Buch De l'Esprit gepredigt, und nachdem die Pariser Gesellschaft – eine andere gab und gibt es in Frankreich nicht – durch das freigeisterische Geplauder der literarischen Salons ( Bureaux d'esprit), wie die Tencin, die Geoffrin, die Du Deffant, die d'Espinasse und andere mehr oder weniger emanzipirte Frauen sie hielten, für ein solches Unternehmen hinlänglich empfänglich gemacht war, wurde der gesammte reformistische und revolutionäre Ideenkreis des Jahrhunderts zu einem leichtfaßlichen, von Diderot und d'Alembert glänzend redigirten Conversationslexikon verarbeitet, welches unter dem Titel » Encyclopédie« eine weltgeschichtliche Bedeutung gewonnen hat. Hier wurde die Gesellschaft des ancien Régime auf den Secirtisch geschleppt und wurden die Schäden des kranken Organismus mit erbarmungslosem Messer bloßgelegt.

Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß, wie schon angedeutet worden, viele Mitglieder der vornehmen Kreise in Frankreich und außerhalb desselben mit Aufrichtigkeit, ja sogar mit Enthusiasmus den befreienden Gedanken der Zeit, der Sache der Aufklärung und Toleranz zugethan waren. Wie hätte es sonst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts einen »aufgeklärten Despotismus« geben können und wie erklärte sich sonst das liberale Benehmen der besten Edelleute und Priester Frankreichs beim Beginne der Revolution? Allein die Masse der Privilegirten konnte sich nicht vorstellen, daß die encyklopädische Literatur etwas Anderes sei und sein könnte als ein wie andere Moden vorübergehender Gegenstand geistreicher Causerie, der Skandalfreude oder der bloßen Neugier. Dies zeigte sich klärlich, als Rousseau, die ganze Macht seines Genies und die moralische Wucht seiner großartigen Entsagung der Voltaire'schen Frivolität entgegensetzend, die Resultate der freigeisterischen Kritik zu sittlichen und politischen Postulaten formulirte. Alle Frivolen – und ihre Zahl war Legion – überkam ein nicht geringes Entsetzen, als sie erfahren mußten, daß es doch nicht so ganz leicht sei, dem Naturevangelium Jean Jacques' nur die Bedeutung einer tollen Sonderlingsgrille beizulegen und den mächtigen Anstoß zu einer umfassenden Bewegung in den politischen und pädagogischen Anschauungen, welcher von diesem außerordentlichen Mann ausging, als nicht geschehen zu betrachten. Das eben ist ja Rousseau's weltgeschichtliche That, daß er die geistige Bewegung des Jahrhunderts zuerst mit Entschiedenheit aus der Sphäre des Witzes in die der Leidenschaft hinübergeleitet hat. Mit Jean Jacques hört das geistreiche Spiel mit den Problemen der Zeit auf und hebt der pathetische Ernst an. Zwar, wie Jedermann weiß, konnte Rousseau das französische Naturell nicht so ganz verleugnen, daß nicht sein Pathos mitunter in kaum geringerem Maße als der Witz Voltaire's auf den Effect (im gemeinen Sinne des Wortes) berechnet gewesen wäre; aber daß der große Schriftsteller an die Mächte des Gemüthes, an die besten Gefühle des Menschen appellirte, statt sich zu begnügen, den Verstand zu beschäftigen und den Esprit zu amüsiren, das unterscheidet ihn so scharf und schön von den Encyklopädisten. Mit einer Beredtsamkeit ohne Gleichen hat der Verfasser des »Katechismus der Revolution« ( Contrat social) die Unnatur der gesellschaftlichen Convenienz bekämpft, von der Verwahrlosung oder Verbildung der Kinder an bis hinauf zu den höchsten Spitzen der Corruption in Staat und Kirche, und wenn er sich von seinem Haß gegen die schreienden Uebelstände des ancien Régime zu der Empfehlung eines chimärischen Naturzustandes und zur Erdichtung einer unmöglichen Demokratie fortreißen ließ, so hat er doch daneben in der Tiefe seiner Brust eine Begeisterung gefunden, energisch genug, gegenüber einem trostlosen Materialismus dem Menschenherzen den Glauben an seine ewigen Rechte zu retten. Die Hand, welche inmitten der Orgien Voltaire'schen Hohnes das schönste Blatt der Literatur Frankreichs niederschrieb, das Glaubensbekenntniß des savoyischen Vikars, muß uns gesegnet sein für und für. Es war in Rousseau ein Hauch echter Prophetie, auch abgesehen davon, daß er die Revolution des Bestimmtesten vorhergesagt hat. Der idealistische und kosmopolitische Zug des Jahrhunderts ist mächtig in ihm gewesen und so begegnen wir denn in der Sturm- und Drangperiode unserer Literatur, deren Träger Natur! Freiheit! Humanität! Weltbürgerthum! auf ihre Fahnen schrieben, überall den Spuren seines Einflusses.

Vorerst freilich – wir wollen sagen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts – war in dem deutschen Geistesleben von Sturm und Drang Nichts wahrzunehmen. Die Poesie, falls dieser Name hier überhaupt anwendbar ist, schleppte sich mühselig in den Geleisen herkömmlicher Nachahmung fort. Da und dort verkümmerte ein wirkliches Talent, wie das Günther's, frühzeitig in elenden Verhältnissen und das dichterische Vermögen eines Brockes oder auch eines Haller reichte nicht aus, die Nachahmung der poetischen Naturmalerei, wie solche im Gegensatze zu der Pope'schen Salonsdichtung die Thomson und Gray in England aufgebracht, für die deutsche Literatur sonderlich ersprießlich zu machen. Hagedorn seinerseits erinnerte mit seiner geselligen Lyrik nur an die größere Eleganz seiner Vorbilder, eines Chaulieu und Chapelle, und die Satire eines Rabener und Zachariä konnte schon bei ihrem Entstehen mehr nur auf sittengeschichtlichen als auf ästhetischen Werth Anspruch machen. Dagegen muß der Gellert'schen Fabelndichtung, obschon sie sich über eine gewisse spießbürgerliche Verständigkeit nirgends erhebt, ein wahrhaft nationalliterarisches Verdienst zuerkannt werden. Gellert's Fabeln popularisirten die Literatur, indem sie ihr die Theilnahme des Mittelstandes gewannen und vermöge ihrer redseligen Deutlichkeit sogar in die untersten Volksschichten eindrangen. Hier war doch endlich einmal wieder ein Poet aufgetreten, welcher im Vaterlande daheim war und deutsch fühlte, dachte und schrieb, ein Poet, dessen volksthümliche Manier doppelt liebenswürdig erschien im Gegensatz zu dem exclusiven Gelehrtendünkel eines Gottsched, der mit einer bis dahin noch unerhörten Selbstgefälligkeit sein gallomanisches Szepter über den deutschen Literaten schwang. Die Pseudoclassicität der Franzosen als ein Gesetz verehrend, welches für alle Ewigkeit gelten müsse, hat dieser arbeitsame und in seiner Art wohlmeinende, ja selbst patriotische, aber von allen Musen und Grazien verlassene Leipziger Magister in Verbindung mit seiner schöngeistigen Frau den Versuch gemacht, wie alles Französische, so auch die Pariser Bureaux d'Esprit nachzuahmen, was gerade in demselben Maße gelang, in welchem die elenden Reimer, welche er um sich versammelte, die französische »Classik« erreichten.

Indessen muß man Gottsched doch die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß er redlich sich bemühte, die Literatur, welche einem herben aber wahren Wort zufolge damals nur allzu sehr gewohnt war, »sich in der Gosse zu wälzen«, wieder Anstand zu lehren und das deutsche Theaterwesen aus seinem barbarischen Naturalismus herauszureißen. Er machte dem tollen Opernspectakel, der brüllenden »Haupt- und Staatsaction« und der unsauberen Hanswurstkomödie, welche – eine Widerspiegelung roher Sitten – besonders in Wien florirte, gleichmäßig den Krieg und suchte mit Beihülfe der für ihren Beruf begabten und begeisterten Schauspielerin Karoline Neuber zu Leipzig ein kunstgerechtes, d. h. nach französischen Vorschriften regelrechtes Theater einzurichten. Freilich ließ die poetische Ohnmacht des Mannes seine wohlgemeinten, wenn auch schiefen dramaturgischen Absichten im Stich. An die Stelle des auf sein Betreiben 1737 auf der Leipziger Bühne feierlich in effigie verbrannten Hanswursts vermochte er nur ein Ding zu setzen, wie sein »Sterbender Cato« war, d. h. einen nach Boileau'schem Rezept angefertigten Gliedermann, der nur den Mund zu öffnen brauchte, um das Publikum mit Bedauern an den verbannten Harlekin zurückdenken zu machen. Man stelle sich den Cato von Utica vor, wie er – im Costüm eines Pariser Petitmaitre, in gepuderter Zipfelperücke, goldbordirtem Hut, weißseidenen Zwickelstrümpfen und Schnallenschuhen mit rothen Absätzen, den Galanteriedegen an der Seite – Gottschedische, in frostigste Alexandriner eingewickelte Plattheiten declamirt, und diesem »Römer« gegenüber die »Römerin« Portia im ungeheuerlichen Reifrock, eine thurmhohe Frisur auf dem Kopf, Schönpflästerchen im Gesicht, die Taille wespenartig zusammengeschnürt, den Busen kokett herausgepreßt, durch die zollhohen Stelzchen an den Schuhsohlen gezwungen, den Körper seiltänzerisch auf den Fußspitzen zu balanciren – und fürwahr, man wird den Rousseau'schen Schrei nach Natur, welcher so wildsehnsüchtig in diese Welt von Fratzen hereinklang, vollauf gerechtfertigt, man wird es begreiflich finden, daß, in Ansehung der idealistischen Grundstimmung des deutschen Wesens, dieser Schrei gerade in Deutschland den lautesten Widerhall wecken mußte.


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