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Königsdorf bei Köln

Die Bischofswahl

In seiner Pfalz zu Aachen saß König Karl und genoß die wohlthuende Einsamkeit. Da kam mißliche Kunde zu ihm von der alten Stadt Köln. Dort herrschte Unfrieden unter den weltlichen und geistlichen Herren um den erledigten Bischofsstuhl. Hartnäckig stand jede Partei auf ihrem Mann und großes Ärgernis verursachten der Kölner verhitzte Gemüter. Mit großem Mißbehagen hörte der Kaiser von dem Zwist und er beschloß, selber nach jener Stadt aufzubrechen und Frieden zu stiften.

So brach er denn eines Tages ohne Begleitung auf und ritt gen Köln. Vielgestaltig durchzogen die Gedanken sein Hirn und mit mancherlei Plänen maß der Kaiser des Weges Länge ab. Ohne es zu wissen hatte er bereits den Königsdorfer Wald erreicht, gar nicht weit mehr war's bis zu den Thoren der alten Bischofsstadt, da weckte eines Glöckleins heller Klang den sinnenden Kaiser aus seinen Betrachtungen. Er sah auf und bemerkte eine Kapelle abseits vom Wege. Vereinzelte Beter schritten auf sie zu.

Da band der Kaiser sein Roß an einen Baum und trat mit den Andächtigen in das Kirchlein. Eben schritt der Priester zum Altare. Unerkannt wohnte Karl der Messe bei. Nach beendetem Opfer trat er auf den Priester zu und bat ihn, als Opferspende einen Goldgulden anzunehmen. Jener aber weigerte sich, das Geldstück zu nehmen.

»Dank euch,« sprach der fromme Mann bescheiden, »nicht gebräuchlich sind dahier dergleichen Spenden. Da Ihr jedoch ein Waidmann zu sein scheint, so bitte ich Euch, wofern Ihr unser Kirchlein beschenken wollet, um die Haut des ersten Hirschleins oder Rehes, das Ihr erleget. Einen Einband möchte ich daraus machen für mein Meßbuch hier.«

Den Kaiser ergriff des frommen Priesters uneigennütziger Sinn, und er gelobte im Innern, des würdigen Gottesmannes eingedenk zu sein. Freundlich versprach er ihm Erfüllung seines Wunsches und ritt weiter gen Köln. Ehrfurchtsvoll begrüßten Ratsherren und Prälaten den Kaiser, der aber erklärte ihnen, daß er gewillt sei, die Wahl persönlich zu leiten und selbst zu entscheiden, falls die Vertreter der Klerisei und des hohen Rates sich nicht einigen sollten.

Alsbald begannen die verschiedenen Parteien, den Kaiser günstig für ihren Bewerber zu stimmen. Ruhig hörte sie Karl an und verwehrte keinem der beiden Teile das freie Wort. Dann erst erhob er sich zur eigenen Rede und Alles harrte begierig der Entscheidung.

»Heftiger würde der Zwiespalt unter Euch, wollte ich einem von Euch zu Ungunsten des andern Teiles den Bischofsstuhl im heiligen Köln zusprechen. Fern sei von mir jeglicher Mißbrauch meiner entscheidenden Macht. Ob dieser von Euch würdiger sei als jener: ich mag es nicht bestimmen; doch Einen habe ich erkürt, dessen Würdigkeit mein kaiserlich Wort verbrieft: holet zu Königsdorf draußen den Priester, der diesen Morgen mein Gold verschmähte und in bescheidener Einfalt nur einen neuen Einband für sein abgenutztes Meßbuch von mir erbat. Jener würdige Mann Gottes sei fortan Bischof von Köln!«

Also geschah es. Der schlichte Pfarrer vom Wald ward Bischof von Köln. Gottes Gnade ward mit ihm. Hildebold war sein Name und noch heute nennt man ihn. Denn er war es, den als ersten Erzbischhof der Geschichte Annalen glorreich verzeichnen und der zuerst dem Herrn ein Haus baute, auf der Stelle, wo heute der stolzeste Tempel Deutschlands steht, der gewaltige Kölner Dom.


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