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13. Der Teufel

Bei der Mehrzahl der bisher besprochenen Sagen war es uns nicht möglich, über die Zeit ihrer Entstehung oder gar über das Alter der ihnen zugrunde liegenden Vorstellungen irgend etwas Bestimmtes zu sagen. Gerade die heute noch lebendigsten unter ihnen konnten ohne wesentliche Veränderung in die ältesten Zeiten, in die Anfänge aller Kultur zurückreichen. Nur der Vorstellungskreis von den büßenden Seelen und ihrer Erlösung scheint erst unter dem Einfluß christlicher Lehren in Deutschland heimisch geworden zu sein, und Glockensagen konnten nicht wohl erzählt werden, ehe die Glocke selber mit dem Christentum zusammen nach Deutschland gekommen war. – Sicher dem Christentum verdankt das deutsche Volk endlich noch eine Gestalt, die in dem langen Zug der seltsamen Wesen und Gebilde schon mehrmals vor unsern Augen auftauchte, und die ihn nun beschließen mag: den Teufel.

Schon der Name (aus dem griechischen Diabolos: Verleumder) verrät des Höllenfürsten fremdländische Herkunft. Die ganze Vorstellung eines An-sich-Bösen, das dem Guten in jeder Gestalt und zu jeder Zeit von Grund aus feind sei, hatte im germanischen Weltdenken ebensowenig einen Platz wie die eines An-sich-Guten. Erst das Christentum, das den einen allmächtigen Gott als den Gott der reinen Liebe predigte, brachte den Deutschen auch die Verkörperung des reinen Hasses; doch ergriffen sie die Vorstellung lebhaft und bildeten sie bald mit eigenen Mitteln weiter. Es war ja auch in der Tat eine grandiose Vereinfachung des Weltbildes: statt der vielen Mächte, die, unberechenbar, bald helfend, bald schädigend ins Menschenleben eingriffen und jederzeit zu fürchten waren, kam alles Böse in der Welt nur noch aus einer Quelle; und viele dringliche Fragen fanden damit eine schnelle und bequeme Antwort.

Die Spuren einer derartigen Entwicklung: daß alles Böse, das sonst von verschiedenen Mächten und Wesen erzählt wurde, in späterer Zeit bis heute gern dem Teufel zugeschrieben wird, können wir in unsern Sagen deutlich erkennen: der Teufel quält als Alp den Schläfer, von ihm haben die Hexen und der Freischütz ihre Künste, der Werwolf seinen Gürtel; der Teufel ist der wilde Jäger, er tritt in Sagen auf, die sonst von Zwergen und Kobolden oder vom Wassermann erzählt werden, er ist der feurige Drache und die Habergeiß, er läßt sich als Fisch fangen, um die Menschen zu äffen; der Teufel schleudert Steine und baut Kirchen und Brücken wie ein Riese, er hütet und wehrt die verborgenen Schätze und wirft die ungetauften Glocken in ihren Pfuhl. So könnte der Teufel noch einmal den ganzen bunten Sagenteppich vor unsern Augen entrollen; doch wollen wir ihn lieber nur in einigen für ihn besonders charakteristischen Situationen, nur in typischen Teufelssagen betrachten.

 

Daß der männliche Alp, der »Inkubus«, der die Mädchen und Frauen im Schlaf mit lüsternen Träumen quält, der Teufel sei, ist eine sehr alte, schon aus dem christlichen Rom bekannte Vorstellung. Auf ihr beruhen die Geschichten vom Buhlteufel, der sich dem einsamen Mädchen als Liebhaber nähert und durch geeignete Kräuter wieder vertrieben wird. Sein Aussehen ist dabei das eines stattlichen Burschen; doch sobald das Mädchen einmal fest nach ihm greift oder ihn betastet, merkt sie, daß ihr Liebster keinen Rücken oder überhaupt keinen Körper hat, und das ist bei seiner Alpnatur nicht zu verwundern.

Die Teufelskräuter. 1. Vor Zeiten war das ganze Lesachtal in Kärnten nur eine Alpe und von wenigen Hirten bewohnt. Da kam zu einer Hirtentochter öfters ein fremder Mann im grünen Gewande und schwätzte ihr ein Langes und Breites vom Heiraten vor. Das Mädchen aber bemerkte auf einmal, daß der Mensch über den Rücken abaus ganz hohl war wie ein Trog, und ging am nächsten Tag nach St. Daniels im Gailtal zum dortigen Pfarrer und erzählte ihm die ganze Geschichte. Der Pfarrer erkannte nach ihrer Erzählung sofort das »Gangerl« und sagte ihr: »Der Teufel ist gar nicht hinterlistig, sondern arg dumm; wenn er wiederkommt, stell dich recht freundlich und frag ihn nur, was er am meisten fürchtet.« Die Hirtentochter ging heim, und als das Gangerl wiederkam, fragte sie ihn danach; da sagte er: »Hobrat, Widertot und Speik ist gut fürs Alpenreiten.« Mit dieser Auskunft lief das Mädchen wieder zum Pfarrer und der weihte die drei Kräuter und band sie ihr um den Hals. Wie nun der Teufel in der nächsten Nacht wiederkam, ließ er ein furchtbares Gepolter los und lief unter Feuer und Flammen davon. – Von dieser Zeit an lassen die Bauern alle Jahr einen Busch Alpenkräuter weihen, und in jedem muß von Rechts wegen Hobrat, Widertot und Speik dabei sein.

2. Eine Dirn von Falkenberg in der Oberpfalz wollte mit aller Gewalt einen Liebhaber, der sie ausführe, wenigstens zur Jakobikirchweih, und sollte es auch der Teufel sein. Einmal ging sie grasen, da nahte sich ihr ein Jäger und machte mit ihr Bekanntschaft; er kam von da an immer zum Grasen und bald begleitete er sie auch in ihre Kammer; aber er rührte sie nicht an und ließ sich auch von ihr nicht anrühren, versprach aber, sie auf Allerheiligen als Frau mit sich zu nehmen. Richtig führte er sie auch Jakobi zu Kirchweih; er tanzte aber nur mit ihr, aß nichts und trank nichts und verließ sie wie immer, als es Mitternacht schlug. Das fiel dem Mädchen auf und sie fragte den Pfarrer um Rat. Der riet ihr, wenn der Jäger wiederkomme, solle sie ihm das Kleid vorn an der Brust aufmachen und sehen, ob er sei, wie Menschen sind. Da riß sie ihrem Liebhaber am Abend die Weste auf und fühlte darunter keinen Körper. – Da gab ihr der Pfarrer Ehrenreutl und Myrrhenreutl, die am Sommerfrauentag in der Kirche geweiht waren, die solle sie nachts bei sich tragen. Das war kurz vor Allerheiligen. Wie nun der Jäger wieder zu dem Mädchen in die Dachkammer wollte, um sie abzuholen, konnte er nicht hinein. Da setzte er sich aufs Dach und heulte fürchterlich, bis Mitternacht kam. Da rief er:

Ehrenreutl und Myrrhenreutl
Bringen mich um mein Bräutl!

und verschwand und ist nicht wiedergekommen.

 

Wie die Trude und Hexe den unglücklichen Knecht mit ihrem Halfter in ein Pferd verwandelt, um dann die ganze Nacht auf ihm zu reiten, so reitet der Teufel auf dem sündigen Mädchen als seinem Roß und führt es zum Schmied, der seiner eigenen Tochter die Eisen unter die Füße schlagen muß:

Das Teufelsroß. Eines Morgens kam ein Reiter im Galopp vor die Werkstatt des Schmiedes Ruspeck geritten und verlangte, er solle ihm so schnell wie möglich sein Pferd beschlagen. Dann ging er fort ins Dorf und sagte, er werde gleich wieder da sein. Der Schmied machte sich mit seinem Sohn gleich an die Arbeit. Da hörte er plötzlich das Pferd des Fremden jammern: »Schlag nicht so hart, du schlägst dein Fleisch und Blut! Ich bin deine Tochter, die du verwünscht hast, und die nun der Teufel reitet. Doch mach geschwind fertig, und dann binde mich los. Denn heute ist der letzte Tag, an dem ich dem Teufel noch entlaufen kann. Ich werde nur frei, wenn ich über neunundneunzig Friedhöfe komme, ehe er mich einholt.« Da taten der Schmied und sein Sohn, erstarrt vor Schrecken, wie ihnen befohlen war; dann banden sie das Pferd los und fort war es. – Nicht lange darauf, so kam der fremde Reiter und wollte sein Pferd. Der Schmied aber antwortete ihm trotzig: »Du hast mir nur befohlen, es zu beschlagen, nicht, es zu hüten. Ich will meinen Lohn. Alles andere geht mich nichts an.« Durch diese grobe Antwort wurde der Fremde stutzig, zahlte sein Geld und rannte davon. Der Schmied und sein Sohn gingen heim, und die ganze Familie begann nun für die Erlösung des armen Mädchens mit Eifer zu beten. – Nach drei Tagen kehrte das Mädchen befreit ins väterliche Haus zurück. Sie erzählte, sie sei schon über achtundneunzig Friedhöfe gesprungen gewesen; beim letzten aber hatte der Satan sie eingeholt und am Schwanz gepackt. Da war sie mit letzter Anstrengung doch noch hinübergesetzt, der Schwanz blieb dem Satan in der Hand, sie aber lag entzaubert und gerettet auf dem Boden. Da hatte ihr der Satan voller Zorn die Hufeisen und die ausgerissene Haarflechte vor die Füße geworfen. Nun hängte sie diese Stücke zur Erinnerung in der Waldkapelle der Mutter Gottes auf, und dort sind sie noch heute zu sehen. Neben der Haarflechte und dem Hufeisen, das der glückliche Vater aus den vieren zusammenschmiedete, hängt noch ein Blumenkranz an der Wand, der will besagen: Ruspecks Tochter wäre dem Teufel nicht entgangen, wäre sie nicht eine Jungfrau gewesen. (Aus dem Wallis.)

 

Weil in jüngeren Wechselbalgsagen der Teufel es ist, der das unbeschützte Kind stiehlt oder vertauscht, so schrecken törichte Mütter ihre schreienden Kleinen: wart nur, der Teufel kommt und nimmt dich mit! und der Gerufene hörts und stellt sich ein. Er folgt auch sonst gehorsam jedem Ruf; das Schwören und Fluchen, das andern Spuk vertreibt, lockt den Teufel herbei; darum liebt er das Karten- und Kegelspiel, bei dem es ohne Fluchen nicht abgeht. Und wer beim Teufel einen Meineid schwur, der ist ihm ohne Rettung verfallen.

Das abgetauschte Kind. In Vöran in Tirol war einmal eine Bäurin mit ihrem Kind auf dem Feld. Das Kind saß ruhig auf dem Boden und die Mutter tat ihre Arbeit. Auf einmal fing das Kind an zu schreien und die Mutter wollte allsogleich hingehen und ihm etwas antun. Aber der Knecht war auch in der Nähe und sagte zur Bäurin: »Geh, wirf das Kind über die Knot (den Felsen) ab.« Die Mutter gab auf sein Reden nicht acht und wollte das Kind aufklauben gehn. Der Knecht, der sagte noch einmal: »Wirf es über die Knot ab.« Aber die Mutter tats nicht. Da ging er selbst hin und erwischte das Kind bei einem Fuß und warf es über den Felsen hinunter. Das tat er deswegen, weil er gesehen hatte, wie der Teufel gekommen war und hatte das Kind abgetauscht. Kaum war aber das untergeschobene Kind über die Schröfen hinabgeflogen, so kam der Teufel und brachte das rechte zurück.

Das böse Fluchen. Wenn man den Teufel ruft, kommt er. Das hat ein Weib in Obermiemingen bei Zierl erfahren, die führte den Teufel öfters im Munde als Gott. Wie eines Abends ihr Kind in einem fortschrie, sagte sie: »Wart, wenn du nicht still bist, soll dich der Schwarze holen!« und nahm das Kind und hielt es zum Fenster hinaus. Da ward es ihr entrissen. Lange hörte man es noch in immer weiterer Entfernung schreien. Da hatte der Teufel das Kind geholt. – Da sind dem Weib aber die Augen aufgegangen und es hat den Schwarzen nicht wieder gerufen.

Der Teufel und die Kartenspieler. 1. In Odagsen bei Hildesheim wohnte ein Bauer, der dem Spiel leidenschaftlich ergeben war. Er pflegte nach Immersen zu gehen und dort oft die halbe Nacht hindurch beim Kartenspiel zu sitzen. Eines Tages war er wieder dort und spielte bis tief in die Nacht hinein; da sagten seine Verwandten zu ihm, er solle doch nun aufhören und nach Hause gehn. Aber er achtete nicht auf sie und sagte, er wolle weiterspielen und wenn ihn auch der Teufel hole. – Endlich ging er spät in der Nacht aus Immersen weg. Da kam auf einmal ein furchtbarer Sturmwind, der nahm den Bauern auf und führte ihn hoch in die Luft. Der Sturmwind war aber der Teufel selbst. – Am andern Morgen fand man von dem Bauern keine Spur, nur ein großer Stein lag am Wege, der früher nicht dagewesen war. Daneben steckte der Stock des Bauern und darauf sein Hut. Verschiedene Fußspuren auf dem Boden ließen deutlich erkennen, daß er vorher noch lange mit dem Teufel gerungen hatte. Der Stein ist noch jetzt zu sehen.

2. Wo jetzt das Gasthaus von Weitendorf steht (bei Sternberg in Mecklenburg-Schwerin), da stand früher schon einmal eins, das ist aber abgebrannt. Einmal saß da der Wirt mit zwei Gästen am Tisch und spielte Karten. Der eine Gast verlor viel Geld und geriet darüber arg ins Fluchen. Nach einiger Zeit kam ein Fremder herein und bat um die Erlaubnis mitzuspielen. An den verlor der eine auch viel Geld und hörte darum mit Fluchen gar nicht wieder auf. Um Mitternacht fiel dem Wirt eine Karte unter den Tisch, und als er sie aufhob, sah er, daß der Fremde einen Pferdefuß und einen Krähenfuß hatte. Da nahm er die Kreide und schrieb vor sich auf den Tisch: »Jesus Christus hat mich erlöst.« Der andere East, der nicht geflucht hatte, tat dasselbe; aber der Flucher tat es nicht. – Da sprang der Fremde auf und packte den Gast am Kragen und fuhr mit ihm durch die Wand, so daß eine große Stelle an der Wand ganz vom Blut bespritzt wurde. So oft man die Stelle auch weißte, das Blut kam immer wieder durch; und als nachher das ganze Haus abbrannte, blieb die Wand alleine stehen. Die seltsamen Füße des Teufels, von denen der Pferdefuß für uns heute untrennbar zu seinem Bild gehört, erinnern an die mißgestalteten Füße der Zwerge und gehn wie sie vielleicht auf alte Alpvorstellungen zurück.

Der Teufel unter den Keglern. Zu Unserer lieben Frau in Schnals kegelten an einem Feiertag mehrere Burschen. Als sie den Kegeln nun arg zusetzten, kam ein graues Männchen und wollte auch mitschieben. Die Buben hatten nichts dagegen, aber sie machten kuriose Augen, als der kleine Knirps öfters alle Neun warf. Wie er aber im Scherz fragte: »Wollen wir nicht die Seelen auskegeln?« kam ihnen die Sache noch verdächtiger vor. Und wie nun das Männchen wieder schiebt, da wirft ein Bursch eine andere Kugel so quer über den Laden, daß sie mit der ersten ein Kreuz bildet. Da brüllte das Männlein laut auf und flog in feuriger Gestalt auf und davon.

Die Meineidige. In einem Bergwäldchen bei Wölchingen in Baden versprachen einmal ein Bursch und ein Mädchen einander die Ehe und schwuren dabei: wer von ihnen sein Wort breche und ein anderes heirate, den solle der Teufel am Hochzeitstag hier zerreißen. Aber das Mädchen nahm nachher doch einen andern, und das Hochzeitsfest wurde in einer Scheuer gefeiert. Da fand sich auch ein stattlicher Jäger ein, den niemand kannte, und der machte wie alle Gäste mit der Braut drei Ehrentänze. Am Ende des dritten aber zog er sie aus der Scheuer und aus dem Dorf und den Berg hinauf, und als die übrigen Hochzeitsleute, die es anfangs für einen Scherz hielten, ihnen nachsetzten, waren die beiden schon nicht mehr zu sehen. Von Arbeitern auf dem Feld erfuhren sie dann, der Jäger sei mit dem Mädchen im Bergwäldchen verschwunden. Da liefen sie dorthin und fanden da die Kleider und den Kranz der Braut in Stücke zerrissen und teils auf den Boden zerstreut, teils an den Bäumen umherhängen. Von ihr selbst war nichts zu sehen; aber sicher hat sie der Teufel auch zerrissen.

 

Besonders häufig tritt der Teufel heute in Sagen auf, die denen von den Riesen ähnlich sind. Den Riesen, die schon bei der Einrichtung der Welt mittaten, und denen man von jeher mehr Böses als Gutes nachgesagt hatte, konnte der Teufel noch am ehesten wesensverwandt erscheinen. So wurden zum Teil richtige Riesensagen einfach auf den Teufel übertragen. Nachdem das aber ein paarmal geschehen war, erwuchsen aus dieser Wurzel neue eigene Teufelssagen, die ihren alten Mustern nur noch in der allgemeinsten Anlage glichen. Die vielen schwankähnlichen Sagen vom Teufel als Baumeister, der stets am Ende auf listige Weise um seinen Lohn betrogen wird, und die damit verwandten vom dummen und geprellten Teufel haben wohl eine gewisse Ähnlichkeit mit Sagen vom Riesenbaumeister und vom dummen Riesen; doch müssen wir uns hüten, in all ihren Einzelheiten altes Erzählgut von den Riesen entdecken zu wollen.

Der Teufelstritt. Nahe an dem Steg bei der Bellalpe ob Naters im Wallis ist ein etwas flacher Stein mit einem seltsamen Fußtritt; das ist der Teufelstritt. Da hat nämlich der Teufel einmal eine Alpenreise gemacht. Den ersten Schritt machte er vom Riesigenhorn bis zu diesem Stein, den zweiten aufs Hochgebirg und von da aus den dritten aufs Gliserhorn. Dieser dritte Schritt über den ganzen Brigerzehnen weg war so breit, daß vom starken Auftreten die Spitze des Gliserhorns zersprengt wurde. Jetzt steht da oben über dem Spalt ein Kreuz.

Der Kiesel. Bei der Kaltenbach im Schwarzwald fischte einmal der Teufel in der Murg. Da fühlte er, daß ihn etwas im Schuh drückte. Er zog den Schuh aus und schüttete den großen Felsblock heraus, her da noch jetzt am Ufer liegt und im ganzen Tal »der Kiesel« genannt wird.

Das Zwischenahner Meer. Der Teufel ist einmal den Oldenburgern gram gewesen und hat deshalb einen ungeheuren Busch ausgerissen und hat die Stadt damit zudecken wollen. Er ist aber noch nicht am Ziel gewesen, da hört er schon den Hahn zum erstenmal krähen; da hat er einen Teil des Busches fallen lassen und hat sich geeilt weiter zu kommen. Aber bald hat er auch den zweiten und dritten Hahnenschrei gehört, und da muß er seine ganze Last ins Moor fallen lassen, und da liegen die beiden Büsche noch heute. Das ist nämlich der große und der kleine Wildeloh bei Oldenburg. Da wo der Teufel den Busch ausgerissen hat, ist ein großer See entstanden, und das ist das Zwischenahner Meer.

Das Dorf Langenschade. Bei Saalfeld in Thüringen liegt das Dorf Langenschade, das hat nur vierundfünfzig Häuser und ist doch eine ganze Stunde lang, denn sie liegen alle einzeln in einer Reihe. Da ist nämlich einmal der Teufel durch die Luft geflogen und hat Häuser in der Schürze gehabt. Aber die Schürze hatte ein Loch und da ist ein Haus nach dem andern herausgefallen. Und wie der Teufel sich einmal umsah und den Schaden merkte, rief er: »das ist schade!«

Der Teufel als Kirchenfeind. 1. Kaum war das Wendelinskirchlein bei Meisenbühl und Nußbach in Baden fertig, da wollte der böse Feind es zusammenwerfen. Dazu biß er einen Felsen vom Berg ab und ging damit auf das Kirchlein los. Im Erbsengarten begegnete ihm ein altes Männlein – das war unser Heiland – und fragte ihn, was er vorhabe. »Den Schweinestall da unten will ich mit dem Stein zusammenwerfen.« Da redete das Männlein ihm zu, er solle doch vorerst seine Last einmal ablegen und ausruhn. Das tat der Teufel auch. Nach einiger Zeit wollte er den Felsen wieder aufheben; aber da war der so weich geworden, daß sich seine Krallen darein drückten; und nun konnte er mit ihm dem Kirchlein nichts mehr tun. Der Stein liegt noch heute da.

2. Als die erste christliche Kirche im Taubertal bei Dettwang mitten unter den Heiden erbaut wurde, ergrimmte der Teufel und brachte während einer Nacht im Flug einen großen Felsen heran, um sie damit zu zerschmettern. Aber wie er an den Waldrand bei Rödersdorf kam, da begegnete ihm ein altes Mütterchen, das handelte mit alten Schuhen und hatte sich früh aufgemacht. Als nun der Teufel sie fragte, wie weit es noch bis nach der neuen Kirche sei? sagte sie: es sei noch so weit, daß sie auf dem Wege von da alle die Schuhe abgegangen habe, die sie im Korbe trüge. Da warf der Teufel wütend den Stein dort an die Waldhöhe hin, und da liegt er noch. Wo das Loch hindurch geht, da hat er ihn am Finger getragen.

Teufelsbauten. 1. Im Wallis gibt es mehrere Brücken, die vom Satan gebaut sind und zwar so schnell als ein Reiter darüber galoppieren konnte, z. B. die Brücke auf dem Weg von Lenk nach Ersmatt, bei Rotafen. Da hat der Teufel als Lohn die ersten drei Köpfe verlangt, die über die Brücke gehen würden; man rollte aber zuerst einen Kabiskopf (Kohlkopf) hinüber, und dem sprang eine Geiß gierig nach. Zuletzt wurde noch ein Hund nachgehetzt, da hatte der Satan seinen Lohn.

2. In der Pfarre Haslach, an der kleinen Michel in Oberösterreich, ist die sogenannte Teufelsbruckmühle. Als da noch keine Brücke über die Michel führte, versprach der Teufel dem Müller, wenn er ihm seine Seele verschreibe, wolle er ihm binnen einer Nacht noch vor dem ersten Hahnenschrei eine Brücke aus Stein über die Michel schlagen. Der Müller ging den Handel ein. Als aber die Nacht zu Ende ging, machte er sich an die Hühnersteige und störte die drei Hähne, die darin waren, mit einem Stecken auf, um sie zum Krähen zu bringen. Zuerst brachte er den weißen Hahn dazu. Da sagte der Teufel:

Weißer Hahn, weißer Hahn,
Geht mich nix an.

Darauf krähte der rote Hahn; da sagte der Teufel:

Roter Hahn,
Toter Hahn!

Als aber der schwarze Hahn zu krähen anhub, da hieß es:

Schwarzer Hahn, schwarzer Hahn,
Jetzt muß ich davon!

Und damit schleuderte der Teufel den Stein, den er eben in den Krallen hielt, zornig auf die fast schon fertige Brücke, so daß sie völlig zertrümmert wurde. Der Stein und die Brückentrümmer liegen noch in der Michel.

3. Einst brannte einem Bauern in Eiderstede in Schleswig sein Haus nieder. Traurig ging er auf dem Feld umher; da kam ihm ein kleiner Mann in einem grauen Rock und mit einem Pferdefuß entgegen und fragte ihn, was ihm fehle. Der Mann erzählte ihm sein Unglück und wie er kein Geld habe, sein Haus wieder aufzubauen. Da versprach der Kleine ihm ein Haus mit hundert Fenstern zu bauen und es in einer Nacht bis zum ersten Hahnkrat fertig zu liefern, wenn er ihm dafür seine Seele verspräche. Der Bauer ging darauf ein und der Teufel fing an zu bauen, und das Haus war auch bald fertig. Der Teufel fing schon an, die Fenster einzusetzen. Und wie er nun zu dem letzten kam, da fing der Bauer an zu krähen und klatschte in die Hände; aber der Teufel lachte nur. Aber der Hahn im Stall hatte es gehört und antwortete, eben als der Teufel die letzte Scheibe einsetzen wollte. Da mußte er weichen und drehte dem Hahn den Hals um und ging davon. Aber das Fenster hat niemand einsetzen können und es bleibt auch kein Gerät in dem Zimmer, wo die Scheibe fehlt; alles fliegt heraus. Es braucht keiner da rein zu machen, denn es ist da immer ganz besenrein.

Der dumme Teufel. Ein Bauer und der Teufel mieteten einmal zusammen einen Krug Land. Damit es aber später keinen Streit um die Ernte gebe, sagte der Teufel zum Bauern: »Laß uns würfeln. Wer gewinnt, bekommt nachher das, was über der Erde ist, und wer verliert, das was unten ist.« Der Bauer wars zufrieden. Aber der Teufel verstand den Kniff und warf und hatte die meisten Augen; also sollte er das haben, was oben wüchse. Der Bauer aber hatte das Feld zu bestellen und säte lauter Rüben, da bekam der Teufel nachher im Herbst nur das Kraut. Das ärgerte ihn, aber er konnte nichts dagegen sagen. – Weil sie aber das Feld auf zwei Jahre gemietet hatten, würfelten sie zum zweitenmal; da warf der Teufel mit Absicht die wenigsten Augen. Aber nun säte der Bauer Weizen und im Herbst bekam der Teufel nur die Wurzeln. Da schimpfte er aber dem Bauern die Haut voll, und dann sagte er: »Übermorgen komme ich, da sollst du dich mit mir kratzen!« – Hatte der Bauer erst gelacht, so ward ihm nun doch bange. Seine Frau merkte gleich, daß ihm was fehlte, und fragte ihn danach. Da sagte ihr der Mann denn, so und so, und morgen solle er sich mit dem Teufel kratzen. Da sagte die Frau: »Sei nur ganz ruhig; ich will schon mit ihm fertig werden. Geh du nur aus.« Der Mann ging also an dem bestimmten Tage aus, und als der Teufel dann kam, tat die Frau, als wenn sie ganz böse und ärgerlich wäre. »Was fehlt ihr denn, kleine Frau?« sagt der Teufel. – »Ach, seh er nur mal her; da hat mir mein Mann eben mit dem Nagel von seinem kleinen Finger den großen Ritz quer in meinen schönen eichenen Tisch gemacht!« – »Wo ist er denn jetzt?« – »Wo soll er anders sein als beim Schmied! Er ist schon wieder hin und läßt sich die Nägel schärfen. Ist das nicht zum ärgerlich werden?« – »Da hat sie ganz recht, gute Frau, das muß ärgerlich sein, so einen im Haus zu haben,« sagte der Teufel und ging ganz sachte aus der Tür und machte, daß er fortkam.

 

Den Sagen vom lebendig begrabenen Riesen entsprechen die vom Teufel, der von Christus oder Gott dem Herren selber tief im Erdinnern an dreifacher Kette angeschmiedet wurde und dort bis an das Ende der Tage liegen wird; dann aber soll er nach uralter Weissagung von seinen Banden loskommen und die Welt mit Tod und Untergang bedrohen. – Im freundlichen Schwabenlande heißt es dagegen, der Teufel werde am Ende der Tage erlöst und selig werden.

Die drei kalten Schläge. Vor dem Untergang der Welt wird Luzifer von seinen Ketten loskommen und alles wütend mit sich fortreißen. Um zu verhüten, daß das schon jetzt geschehe, war es vor kurzem noch in manchen abgelegenen Tälern Tirols bei den Schmieden üblich, Samstags oder an andern Feierabenden nach der Arbeit drei Streiche auf den bloßen Ambos zu tun. Dadurch sollten die Kettenglieder des höllischen Ungeheuers wieder fest werden.

Aussicht auf Erlösung. 1. Vor Zeiten kam einmal der Heiland auf den Rosenstein bei Heubach in Württemberg und kämpfte hier mit dem Satan und besiegte ihn und bannte ihn in die schauerliche »Teufelsklinge« auf so lange, bis daß seine Zeit um sein würde und er erlöst werden könne. Und die Teufelsklinge soll, solange die Welt steht, in ihrer alten Gestalt verbleiben und nicht eben werden.

2. Der Teufel war ursprünglich ein guter Engel. Aber er wollte sich über Gott erheben und wurde deshalb aus dem Himmel verstoßen und für eine bestimmte Zeit in das Innere der Erde gebannt. Wenn seine Zeit um ist, so wird auch der Teufel noch selig werden, wie alle Sünder, sobald sie ihre Strafe abgebüßt haben.

 

Wenn dieser freundliche Glaube auch deutlich aus der mißverstandenen alten Schreckensweissagung erwuchs, so erscheint er doch als eine schöne Blüte des christlich-deutschen Wesens, das seine Liebe zu der von Gott geschaffenen Welt selbst auf den Bösesten der Bösen ausdehnt und den Gedanken, der Teufel könne in alle Ewigkeit verdammt und ohne Hoffnung bleiben, nicht auszudenken vermag.


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