Martin Opitz
Gedichte
Martin Opitz

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Galathee

                      COridon der gieng betrübet
An der kalten Cimbersee /
Wegen seiner Galathee /
Die er vor so sehr geliebet /
Die jhm vor so sehr behagt
Eh' er ward von jhr verjagt.
    Seit daß ich hinweg bin kommen /
Seit daß wir geschieden seyn /
Sang er / hat deß Mondens schein
Viermal ab vnd zugenommen:
Galathee / so lange Zeit
Bin ich von dir allbereit.
    Nun du wirst dich noch besinnen
Daß ich bey dir gantz vnd gar
Fuß zu halten willens war /
Vnd auch kaum gesegnen können:
Rawe Heidelberg mich sehr /
Du viel tausend mal noch mehr.
    Galathee / ich were blieben /
Vngeschewt der Kriegesnoth;
Der verlacht Gefahr vnd Tod
Welcher trewlich pflegt zu lieben:
Aber es ist dir wol kundt
Daß es gar bey mir nicht stundt.
    Ich zoh hin von meinen Schaffen /
War auch schon biß an den Mayn;
Doch es wolte gantz nicht seyn /
Ich vermochte nicht zu schlaffen /
Biß ich wieder zu dir kam /
Vnd noch einmal Abschied nahm.
    Dann must' ich / was solt ich machen?
Wieder auff mein Franckfurt zu:
Tityrus der sprach: wie nu?
Wie stehts jetzund umb die Sachen?
Mich bedüncket gantz vnd gar /
Daß dir vor viel besser war.
    Tityrus ist recht gewesen;
Ich ward jmmer ärger kranck:
Thyrsis gab' mir einen Tranck /
Ob ich köndte so genesen;
Aber alle Kräuterkunst
War vergebens vnd vmbsunst.
    Keiner Müh' hab' ich geschonet /
Schifft' hin in das Niederlandt;
Leyden wird die Stadt genanndt /
Da der grosse Daphnis wohnet;
Daphnis der berümbte Mann /
Der so trefflich spielen kan.
    Ich kam zu jhm / wolte singen
Wie zu Heidelberg vorhin:
Nein / es schlieff mir Muth vnd Sinn;
Alle Worte must' ich zwingen.
Bloß mein Schatten gieng allhier /
Ich war nirgend als bey dir.
    Doch er ließ es jhm gefallen /
Sagte: wol mein Coridon /
Fahre fort; dein guter Thon
Kan noch weit vnd breit erschallen:
Es war aber nicht vor mich;
Ich gedachte nur an dich.
    Bin ich vnten oder oben /
Es gilt alles eben viel /
Vnd was hilfft es das mein Spiel
Alle die es hören loben /
Du hergegen / O mein Liecht /
Die ich lobe hörst es nicht?
    Nachmals kam ich zu den Friesen /
Sah' ihr schönes Vieh da stehn /
Vnd im feisten Grase gehn /
Vnd die Lämmer auff den Wiesen:
O wie wol ist doch daran /
Sprach ich / der so leben kan!
    Nun ich wil euch gar nicht neiden /
Ja ich wüntsche noch darzu
Daß jhr lange Zeit in Rhu /
Liebe Hirten / möget weiden.
Aber ich hier vnbekandt
Flieh' anjetzt mein Vatterlandt.
    Jhr köndt singen bey den Quellen /
Daß man höret weit vnd breit
Von der schönen Freundligkeit
Das gestade Wiederschellen:
Ich muß singen auff der See:
Wo ist meine Galathee?
    O wie bistu so verdrungen!
Wo ist jetzt die Herrligkeit /
Corydon / wie vor der Zeit?
Nun sing wie du vor gesungen:
Galathee / bey dir allein
Wil ich jetzt vnd jmmer seyn.
    Geh' jetzund hin zu dem Brunnen /
Da deß Wolffes strenge Macht
Mutter Jetten vmbgebracht /
Da sich offtes durch der Sonnen
Heisse Stralen angeregt
Galathee zu dir gelegt;
    Da sie dich mit vielen Küssen
In die weissen Armen schloß;
Da du in der zarten Schoß
Deine Lust recht kondtest büssen:
Aber jetzt / O Corydon /
Ach wie weit bistu darvon!
    Nun wir haben es erlebet /
Was du / Gott / verhangen hast /
Daß bey vns ein frembder Gast
Auff den schönen äckern gräbet:
Was wir haben außgestrewt /
Wird von andern abgemeyt.
    Wol dem der sein Feld kan bawen /
Lieben Schäffer / gleich wie jhr /
Darff sein Leben nicht mit mir
Nur dem blossen Winde trawen:
Jhr habt ewer Vattergut /
Ich muß auff die wüste Flut.
    Nach dem hin vnd wieder ziehen
Kam ich endlich doch hieher /
Galathee / weit vber Meer:
Weiter kan ich nun nicht fliehen;
Weiter fliehen kan ich nicht /
Weil mir Wind vnd See gebricht.
    Wo die Schiffe vor geflossen /
Da liegt scharffes Eiß vnd Schnee.
Dieses Vfer da ich geh
Hat der Winter gantz verschlossen;
Vor der grünen Felder Lust
Ist hier lauter Reiff vnd Frost.
    Nun ich wolte gerne leiden
Was ich immer leiden soll;
Ja / mir were gantz so wol /
Wann ich dich nicht dörffte meiden:
Alle Trawrigkeit vnd Pein
Fühl ich nur von wegen dein.
    Alle Nacht pflegt mir zu träumen
Wie ich bey dem Necker sey /
Wie ich aller Sorgen frey
Bey den rauchen Kestenbäumen
Mit dir / liebe Galathee /
Oepffel auff zu lesen geh.
    Dein Verstand vnd kluge Sinnen /
Die mir meine liessen nicht /
Deiner schönen Augen Liecht /
Die ich muste lieb gewinnen /
Deiner roten Lippen Ziehr
Sind ohn vnterlaß allhier.
    Gantz verstarret vnd erfroren
Durch den Schnee vnd strengen Nort
Jrr' ich offters vmb den Port /
Ruffe dir die ich verlohren.
O vergebens / Corydon /
Sie ist allzuweit hiervon.
    Täglich geht die Sonne nieder
Steht auch täglich wider auff /
Vnd helt jhren alten Lauff;
Aber wann seh' ich dich wieder?
Ach / wie weit ist doch der Tag /
Daß ich dich vmbfangen mag!
    Manches Land muß ich noch sehen /
Vnd mich lassen hin vnd her
Durch das weite wilde Meer
Manche rauhe Winde wehen /
Eh' ich / reicht mir Gott die Hand /
Schawen kan mein Vaterland.
    Vnterdessen meine Frewde /
Galathee gehab dich wol /
Biß ich / wo ich leben soll
Weit von Trawren vnd von Leide
Bey den meinen vnd bey dir
Bleiben werde für vnd für.
    Dieses Vfer wil ich haben;
Galathee in deiner Schoß
Kan ich werden frey vnd loß;
Hier wil ich mein Leyd vergraben:
Hier soll weit von Angst vnd Pein
Meiner Reise Ruhstadt seyn.
    Also sang er / daß die Wellen
Vnd das Vfer an der See
Galathee / O Galathee /
Sämptlich muste wiederschellen /
Biß die Abendröthe kam /
Vnd die Nacht den Tag weg nahm.

 


 


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