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10. Unverhofftes Begegnen.

Am Morgen nach der Abschiedsfête ging der Geheimerath Kühneman mit Frau und Kindern nach der Eisenbahn; nur Karl als praktisches Genie fuhr Koffer und Reisetaschen in einer Droschke hin. Die Kinder hatten eine unendliche Reihe von Bestellungen zu machen an die Lieben jung und alt in Woltheim, und es war für Elisabeth eine ziemliche Geduldsprobe, alles anzuhören; aber sie war sehr liebenswürdig und hatte für jeden Auftrag eine freundliche Antwort, bis sie mit der Mutter im Wagen saß und nur noch mit freundlichen Blicken und Winken antworten konnte.

Bei der Fahrt waren Mutter und Tochter schweigsam. Die Mutter war auch wirklich vom Packen, vom Einrichten der Wirtschaft und dem ganzen unruhigen Morgen sehr angegriffen, aber sie hatte sehr angenehme Gedanken, sie dachte mit Freude an Elisabeths leichten Abschied vom winterlichen lebhaften Berlin und war überzeugt, daß ihr Töchterlein ganz unberührt davon geblieben war. Sie knüpfte daran die herrlichsten Pläne für ihr häusliches Leben für den künftigen Winter und für alle Zeiten.

Elisabeth hatte auch angenehme Gedanken. Das Leben bei den Großeltern malte sie sich wundervoll aus, aber ein Bild tauchte darin auf, das ihr jedesmal einen heißen Strahl durch ihr Herz sandte, ein Bild, das sie in der ganzen Adventszeit wirklich ernsthaft zu verbannen suchte, das aber immer wieder auftauchte, und seit dem Romeo-Abend ihr ganzes Herz erfüllte.

In derselben Zeit fuhr der alte Friedrich mit den alten Schimmeln und der alten Glaskutsche nach der Bahn. Beide, Pferde und Wagen, waren nahe an dreißig Jahre alt. Noch sehr gut im Stande, hatten sie keine Veranlassung zum Wechsel gegeben. Sie hatten in ihrem Erscheinen auch etwas ungemein ehrwürdiges und wurden in der ganzen Gegend respectirt. Wenn die Schimmel im bedächtigen Schritt oder Trabe daher kamen, da sagten die Leute in den kleinen Städten und in den Dörfern, die jungen und die alten: Ah, der gnädige Herr von Woltheim! und an der kleinen Eisenbahnstation wurde dieser Equipage weit mehr Aufmerksamkeit geschenkt als den eleganten und modernen Equipagen der umwohnenden Oekonomen.

Als Friedrich in sehr langsamem Schritte – natürlich, denn der Wagen war leer, – an Braunhausen vorbei fuhr, kam plötzlich ein Reiter, ein junger Offizier, herbei geflogen.

Fahren Sie nach der Bahn? fragte er.

Aufzuwarten, Herr Lieutenant! entgegnete Friedrich und faßte an seinen Hut. Die Schimmel standen von selbst still.

Wen holen Sie dort ab? fragte der Lieutenant weiter.

Die Frau Geheimeräthin und das Fräulein, war Friedrichs Antwort.

Der junge Herr sah nach seiner Uhr: In einer halben Stunde kommt der Zug, Sie werden zu spät kommen, sagte er.

Ja, ja, das ist wahr, entgegnete Friedrich einverstanden, und dahin flog der Reiter, und die Schimmel schritten bedächtig weiter.

Ein flinker Bursche! sagte Friedrich schmunzelnd, das Herz lacht einem im Leibe, wenn mans sieht. Nun, als wir jung waren, konnten wir auch reiten, der gnädige Herr immer Nummer Eins, und Friedrich Kaseman blieb nicht gern zurück. Ja der Soldatenstand ist ein schöner Stand, aber wenn man alt wird, geht es nicht mehr. Ich und meine Schimmel kommen auch nicht zur rechten Zeit nach der Bahn, aber es läßt sich nichts erzwingen in der Welt, und zuverlässig sind wir von Grunde aus.

Zuverlässig war er, aber zur rechten Zeit war er nicht an der Bahn. Elisabeth und die Mutter spähten schon von weitem nach den Schimmeln: Sie sind wirklich nicht da! war die gegenseitige Versicherung. – Der Zug hielt an, zu gleicher Zeit sprengte ein Reiter herbei; als der schrillende Ton der Locomotive durch die Luft zitterte, stieg das Pferd kerzengerade in die Luft. Es war eben so schnell gebändigt, der Reiter schwang sich aus dem Sattel, warf den Zügel einem Arbeitsmann zu und eilte nach dem Perron.

Unsere beiden Reisenden hatten alles mit angesehen, der Mutter fiel eine Last auf die Seele, es war ihr, als ob sie verblendet war, und jetzt alles klar vor sich sah. Herr von Kadden hier? Sollte das mit Elisabeths fröhlichem Abschied zusammen hängen? Und wie sonderbar! schien es nicht, als ob sie förmlich erwartet wären? Ein schrecklicher Verdacht stieg in ihrer Seele auf. Sie schaute nach Elisabeth, aber da war weder von einem bösen Gewissen noch von Verlegenheit etwas zu sehen, die freudigste Ueberraschung strahlte aus den großen hellen Augen. Es ist doch zu wunderbar, daß er hier ist! dachte sie.

Als der Schaffner die Thür öffnete, stand Herr von Kadden schon hier, er schaute so offenherzig und so glücklich aus den jugendlichen, winterfrischen Zügen, daß der Mutter Herz selbst warm wurde, und sie nicht anders konnte als seinen Gruß freundlich erwiedern.

Ich komme, Ihnen zu sagen, daß Ihr Wagen erst in einer halben Stunde hier sein kann, sagte er zuvorkommend.

Woher wissen Sie das? fragte die Geheimeräthin.

Ich bin ihm auf einem Spazierritt begegnet, war Herrn von Kaddens Antwort, ich kenne die Equipage recht gut, bei unseren Uebungen hält sie oft als Zuschauer in der Nähe.

Ja, der Kutscher ist Kürassier gewesen, entgegnete Elise, und hat immer noch seine Freude am Militär.

Sie stockte dann. Sie wußte nicht, ob sie Fußsäcke und Reisetasche, die Herr von Kadden indessen, als sich von selbst verstehend, hingenommen, ihm überlassen dürfe, sie war verlegener als die Tochter, die den Ritterdienst herablassend angenommen. Nach der ersten freudigen Ueberraschung, die ihm ja entgangen war, betrug sich Elisabeth als ein höchst verständiges Mädchen, und als sie seinen fragenden und zwischen Freud und Leid zagenden Blicken begegnete, wandte sie sich schnell nach seinem Pferde und fragte: ob ihn das wilde Thier damals in der Nacht glücklich nach Hause gebracht.

Er bejahte und fügte hinzu: Ich bin seitdem schon dreimal in Berlin gewesen, haben Sie des Freitags nicht mehr die englischen Stunden? Schon lange nicht mehr, entgegnete Elisabeth ohne aufzusehen, ich besuche die Engländerin nur noch zuweilen.

Sie waren dabei in das Restaurations-Häuschen getreten, die Geheimeräthin begrüßte sich mit der bekannten Wirthin und bestellte, wie gewöhnlich, etwas Kaffee. Mit ihnen zu gleicher Zeit waren einige Bauersleute in die einzige erwärmte Stube getreten, die Wirthin ordnete für ihre vornehmen Gäste aber die beste Ecke darin. Herr von Kadden folgte dem natürlichen Gefühl: wer die Tochter haben will, halte es mit der Mutter. Während Elisabeth in dem einen Fenster stand, lehnte er im andern, der sehr gescheiten und scharf um sich blickenden Frau Geheimeräthin gegenüber. Die bange Ahnung, die sie bei seinem ersten Erscheinen auf dem Balle erfaßt hatte, bedrückte ihr Herz, aber sie war vernünftig genug, sich jetzt in die Umstände zu fügen. Sie nahm sich sogar vor, ihn bei dieser Gelegenheit zu prüfen.

Sie begann diese Prüfung mit einigen Fragen nach bekannten Familien in Braunhausen. Er war in seinem Urtheil nicht zurückhaltend, ganz harmlos und meistens sehr treffend sprach er sich aus. Er war noch nicht lange in Braunhausen, er wünschte in Familien eingeführt zu werden, einige waren ihm zu gewöhnlich, einige zu langweilig, – und der Landrath – er hielt einen Augenblick inne und erröthete. – Die Geheimeräthin lächelte: der Landrath war ein »Pietist.« – Er ist jedenfalls ein sehr tactloser Mann, vollendete Herr von Kadden ruhig seinen angefangenen Satz. Die Geheimeräthin konnte nicht widersprechen, weil er Recht hatte. Er erzählte schnell weiter, daß er aber neulich mit mehreren Freunden den Herrn von Budmar als einen früheren Kameraden aufgesucht. – Auch das! dachte Elise seufzend. – Es ist mir in dem alten patriarchalischen Hause ganz wohl geworden, sagte er warm, und es ist mir noch nie so aufgefallen, daß ich eigentlich ein heimathloser Mensch, ein rechtes Soldatenkind bin.

Elise fragte nach seinen Eltern, nach seiner Familie, und er erzählte, daß seine Eltern früh gestorben waren; sein Großvater, auch ein alter Militär, hatte ihn, ehe er nach dem Kadettenhause kam, einige Jahre bei sich gehabt, die einzige Schwester war in einem Institut erzogen und jetzt am Rhein an einen Offizier verheirathet. Ich könnte meinen Burschen beneiden, fügte er ganz ernsthaft hinzu, wenn er von seinem Dorfe und von seiner ganzen Verwandtschaft so stolz erzählt.

Ach ja, die Heimath und ein großer Familienkreis ist ein rechter Reichthum, sagte Elise freundlich. Sie fing an, den Sprecher mit Theilnahme zu betrachten.

Eines hat mich aber doch sehr gefreut, fuhr Herr von Kadden lebhaft fort: im vergangenen Jahr, als ich majorenn wurde, hat mir mein Vormund einen alten Nußbaumkoffer geschickt; der Großvater hatte ausdrücklich im Testament verordnet, daß er nicht verkauft werden durfte, trotz des Vormundes Vorstellungen, daß der Transport vom Rhein her, wo der Großvater zuletzt lebte, seinen Werth ziemlich übersteigen würde. Der Koffer ist ein Erbstück vom Urgroßvater, einige noch ungebrauchte und von meiner Urgroßmutter gesponnene Gedecke lagen darin und einige alte Bücher, auch eine alte große Bilderbibel mit einer kleinen Familienchronik und Briefe meiner Eltern, besonders meiner Mutter. – Elise hörte theilnehmend zu, und auch Elisabeth war neugierig näher getreten. – Der Koffer ist mein liebstes Möbel in meiner Stube, fuhr er fort, obgleich meine Kameraden mich darüber necken. Wenn es mir zuweilen so heimathlos zu Sinne ist, dann setze ich mich vor den Koffer und denke, wie meine Urgroßmutter und meine Großmutter davor gestanden, und was sie wohl alle erlebt haben, ob sie fröhlich oder traurig gewesen sind, und wenn mein Bursche groß thut mit seiner Verwandtschaft, dann zeige ich ihm Sachen aus dem alten Koffer. Das Leinen bewundert er als Sachverständiger, und wenn ich Besuch habe, legen wir auch immer Servietten davon auf.

So eine Familienchronik in einer Bibel ist sehr schön, sagte Elisabeth.

Ja, seit hundert Jahren ist jedes Familienglied eingetragen, fuhr der junge Mann fort, mein Name ist der letzte. Der Großvater hat einen Bibelspruch dabei geschrieben.

Und welchen? fragte Elisabeth schnell.

Ich weiß wirklich nicht genau, war die etwas verlegene Antwort.

In dem Augenblicke fuhren die Schimmel vor die Thür und Elisabeth verließ das Zimmer, sie zu begrüßen.

Da sind wir glücklich angekommen, sagte Friedrich und nahm seinen schwarzen Tressenhut ab. Elisabeth erkundigte sich nach Großpapa und Großmama, nach Onkel und Tanten, und erhielt auf alle Fragen die gewünschte Antwort.

Wenn es die Herrschaften erlauben, so sollen meine Schimmel erst ein Stück Brot verzehren, sagte Friedrich, denn zurück müssen sie traben, daß hilft allewege nicht.

Und Du trinkst hier erst Kaffee! entgegnete Elisabeth.

Friedrich schmunzelte, und die Wirthin, die in der Thüre stand, erbot sich sogleich einige Tassen nachzutrichtern. Elisabeth holte aus der eigenen Tasche Weißbrot heraus, um die Schimmel zu füttern, da kam auch der Arbeitsmann mit Herrn von Kaddens schönem nußbraunen Renner näher.

Der ist eher angekommen wie ich, sagte Friedrich. Der Arbeitsmann lachte.

Ob er wohl Weißbrot frißt? fragte Elisabeth und hielt ihm ein Stückchen hin. Ja wirklich! rief sie vergnügt, er scheint es gern zu nehmen.

In dem Augenblick trat Herr von Kadden heraus, und an sein Pferd gelehnt sah er zu, wie Elisabeth mit großem Entzücken die drei Pferde fütterte. Am Fenster aber stand noch eine Zuschauerin, und mit immer schwererem Herzen, ihre bange Ahnung schien ihr nur gewisser zu werden. – Aber dieser junge ganz unselbständige Mensch der Führer und Herr ihrer Elisabeth, die ja selbst noch ein ganz unselbständiges Kind war! Sie schaute nachdenklich auf das sehr hübsche Paar, Elisabeth im feinen dunkelwollenen Kleide hatte ein großes blaues crêpe de chine Tuch umgeschlungen und hinten zugeknüpft, sie war vergnügt wie ein Kind, er dagegen sah heute im schlichten dunkeln Oberrock solider und männlicher aus als im Ballkostüm, und ernsthaft fast traurig schien er jetzt.

Ja als er so an sein Pferd gelehnt stand, überlegte er sich, daß er wohl zu kühn sich hier zu den Damen gesellt und gar kein Recht habe einzudringen in einen so fremden Familienkreis. Er, ein Fremder hier und ein Fremder überall. Elisabeth hatte ihn heute kaum angesehen. Welches von Deinen Pferden ist wohl das sanfteste? wandte sich Elisabeth zu Friedrich, der, als sie mit dem Weißbrot fertig war, jetzt mit seinem Schwarzbrot näher trat. Sanft sind sie alle beide, versicherte Friedrich und nach einem Augenblick der Ueberlegung fügte er hinzu: Der Ypsilanti hier wäre vielleicht noch ruhiger.

Als Damenpferd betrachtet? fuhr Elisabeth sachverständig fort. Als Damenpferd – nun ja – er hat einen leichteren Trab, war Friedrichs Antwort.

Galloppiren kann er wohl nicht mehr? fragte Elisabeth ziemlich zaghaft.

Ach nein, galloppiren thut er nicht mehr.

Man kann ihm also am besten einen Damensattel auflegen.

Damensattel! fragte Friedrich verwundert, – ach nein.

O doch, Friedrich, sagte Elisabeth sehr bestimmt, ich will zuweilen reiten.

Reiten? ei was! entgegnete Friedrich mit steigendem Erstaunen.

Du weißt doch, fuhr Elisabeth fort, die Großmama hat noch ein stahlgrünes Reitkleid.

Ja, ja, fiel Friedrich lebhaft ein, die gnädige Frau war eine wunderschöne Reiterin.

Und Dein Reitfrack ist auch noch da.

Wirklich? sagte Friedrich und ein herzliches Lachen folgte. Ja, da war ich ein schlanker Junge, nachher als Kürassier ging ich in die Breite.

Aber Friedrich, jetzt wird es Dir wieder passen, sagte Elisabeth ganz ernsthaft.

Nein, nein, entgegnete Friedrich und schüttelte sein altes Haupt.

Ich habe mich aber sehr darauf gefreut, versicherte Elisabeth.

Hm, hm, – sagte Friedrich, ja liebes Fräulein, das ist nur kein Plaisir mehr für mich und für die Schimmel, und es läßt sich nichts erzwingen in der Welt.

Elisabeth sah jetzt zum ersten mal in ihrem Eifer zu Herrn von Kadden auf, und der hatte über dieser Unterredung seinen Kummer vergessen, und biß die Lippen auf einander, um sein Lachen zu verbergen. Sie merkte es aber wohl und sagte noch eifriger: Ich sehe gar nicht ein, warum das nicht gehen soll.

Wie schade, daß mein Pferd nicht als Damenpferd zugeritten ist! sagte Herr von Kadden zuvorkommend.

Mit einem solchen Hitzkopf möchte ich auch reiten! entgegnete Elisabeth ärgerlich und wandte sich zur Hausthür, wo eben die Mutter erschienen war.

Es entspann sich eine kurze Unterredung zwischen Friedrich und der Frau Geheimeräthin: noch zehn Minuten – dann sollten die Schimmel fertig sein, und für ihren alten Freund winkte die Wirthin schon mit dem Kaffee. So wollen wir bei dem schönen Wetter langsam vorangehen, schlug die Mutter Elisabeth vor. Elisabeth war sehr einverstanden und schickte sich zum Gehen an. Doch nicht ohne Hut und Mantel? lächelte die Mutter. Im Augenblick sprang Herr von Kadden hinein und kam mit beidem zurück. Er war Elisabeth beim Anlegen behilflich, er hoffte doch auf einen dankbaren Blick, aber sie dankte ohne ihn anzusehen. Jetzt wurde er ungeduldig: Du bist ein Narr! dachte er, es ist sehr vernünftig, wenn du so schnell als möglich fortreitest und die Sache aufgiebst; der alte Erbkoffer hat für dich mehr Theilnahme als das Mädchen!

Elisabeth fühlte deutlich seine Stimmung; wie er ganz unwillkürlich mit der zuckenden Hand nach dem Zügel seines Pferdes griff, da sah sie auf, sie sah in die großen dunkelblauen Augen, wie sie düster auf ihr ruhten, und sie sagte mit einem zaghaften Lächeln: Ob es wirklich mit den Schimmeln nicht geht?

Ich glaube nicht, sagte er, und sah nicht mehr böse aber doch traurig aus. Warum haben Sie denn meinen Vorschlag so unfreundlich zurückgewiesen? fügte er hinzu.

Die Mutter hatte jetzt ihr Gespräch mit der Wirthin vollendet und wandte sich zu Herrn von Kadden; sie wünschte, er möchte sich empfehlen, und wollte es sonst an seiner statt thun. Er aber athmete tief auf, ließ die Hand vom Zügel los und bat um die Erlaubniß, sie etwas begleiten zu dürfen. Sie mußte ihm wohl gegeben werden, und alle drei gingen einen sehr hübschen Weg durch einen jungen Tannenwald voran.

Es ist zauberhaft schön hier im Walde! sagte die Mutter: diese Ruhe und dieser Glanz, es ist doch hier anders als im Thiergarten.

Mir ist es als ob ich träume, fügte Elisabeth hinzu, plötzlich aus dem lauten Berlin heraus bin ich hier im einsamen Walde, und hier unter der Tanne wächst wunderschönes Moos! rief sie fröhlich und bückte sich zum pflücken.

Herr von Kadden bückte sich auch, ihr beim Sammeln behilflich zu sein. Sie hatten schnell beide ein Sträußchen in der Hand, er reichte ihr seines, griff aber zugleich fragend nach dem ihrigen. Sie zögerte, aber gab es ihm, pflückte erröthend noch einige Tannenspitzen dazu, und eilte zur Mutter, die nur wenige Schritte voraus stehen geblieben war. Herr von Kadden pflückte sich auch einige Tannenspitzen hinzu und steckte das Sträußchen sorgsam in die Brusttasche seiner Uniform. Elisabeths Mutter sah bloß das letztere, und fand nichts auffallendes dabei, sie wunderte sich aber, als er plötzlich so sehr fröhlich war und Elisabeth wieder auf den Ypsilanti brachte und diese herrliche Idee humoristisch weiter ausführte. Elisabeth wehrte sich, wollte auch böse sein, er aber hatte sein Sträußchen in der Tasche und hatte keine Furcht. Die Schimmel kamen endlich, die Damen stiegen ein, und er eilte zurück, um nur noch einmal grüßend an ihnen vorüberzufliegen.


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