Johann Carl August Musäus
Moralische Kinderklapper
Johann Carl August Musäus

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Fragment.

Wer einen reichen Mann zum Vater hat, wie Frojems Lottchen, ist nicht übel dran, zumal wenn solch ein Mann kein Filz, kein Knicker und noch dabey ein guter Vater ist. Hat er dem Töchterchen nicht jüngst ein Fest gegeben, da sie den zwölften Jahrestag begieng, so glänzend, als wär sie ein Fürstenkind? Wohl ihm! er hats und kanns, was sollt ihm Gut und Haabe, das Gold in schweren Truhen, wenn er sich und den Seinen nicht süße Lebensfreuden damit erkaufen wollte? Bloß der Geitzhals dient, wie der Drache in der Fabel, seinem Schart zur Wache.

        Es hieß zwar nur ein Kinderball,
Doch glich er einem Herren Schmauße,
Erleuchtet war der große Saal
Im neuerbauten Gartenhause.
Behangen mit Festons und Blumenkränzen
War in den Zimmern jede Wand,
Zu Menuets und Kontretänzen
Ergoß sich die Musik aus Virtuosen Hand.

Die jugendliche Assemblee, die zu dem Fest geladen war, erschien in vollem Glanz, doch glich sie, wie mich dünkt, den Blumen auf den Altar der GrazienBluhmen auf den Altar der Grazien, von G Schaz, Leipzig 1787. , wo, unter Liljen, Rosen und Jasmin, der Pflanzenkenner mit der feinen Nase, des Eisenhütleins Gifthauch wittert.

Beym Eintritt in den Freudentempel, vermeynte man die Charitinnen durch ein Polyedrum zu sehen, denn die gedritte Zahl der schönsten Gruppe, war hier aufs reizendste vervielfacht. Aus jedem Auge lächelte Vergnügen, auf jeder Stirn, auf jeder Wange, die ihren Blüthenkelch eröfnete, schien sanfte Sympathie zu schweben.

        Das gute Herz, der Engelngleichenden Gestalten
Schien ohne Trug und ohne Falten:
Man sahe sich, von Dieser Nymphenschaar ergötzt,
In eine Unschuldswelt versetzt.

Wer hätte hier den Fischschwanz, den ein Dichter dem reizenden Geschlecht tribunirt, vermuthen sollen? Dennoch trug manch niedliches Syrenchen, so früh am Tage schon, ihr Schwänzchen hoch empor.

        Stolz, Eitelkeit, Neid, Mißgunst, Eifersucht,
Koketterie, Spott, Gleisnerey,
Hohn, Kostbarkeit, und Ziererey,
Und alle andern Qualitäten,
Die Prosaisten und Poeten
An den Syrenenfischschwanz reihen,
Entschlüpften schon dem Keim, und schienen zu gedeihen. – –

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