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XXXIX.
Nicht immer ist das Glück der guten Sache Freund!

Ob Sir Heinrich nicht auch noch iezt, wenn er Ernst gebrauchte, Miß Leonorens Weggehn verhindern konte, – darüber mag ich nicht entscheiden. Wahrscheinlich glaubte der planvolle Bösewicht – denn dafür hielt ich ihn damals schon; und dafür werden hoffentlich auch meine Leser ihn halten! – daß doch für diese Nacht nichts weiter zu bewürken sei; wahrscheinlich war seine Hofnung vorzüglich auf Leonorens eignes Herz gegründet; und eben daher verfolgte er sie nur zum Schein noch einige wenige Schritte; und eilte dann dem Pförtgen zu, wo er hergekommen war. Eigentlich wäre dies auch für mich der sicherste Weg gewesen; doch sei es, um noch zu wissen, was die arme unglückliche Leonore mit sich selbst anfangen werde; sei es aus Zerstreuung, oder gar aus einer geheimen, bewustlosen Ahndung; kurz, ich folgte nicht ihm, sondern ihr.

Derienige Theil des Garten, den sie zu durchwandern hatte, war ansehnlich lang, und schlos sich endlich mit einer kleinen Allee. Verschiedne Bänke standen hier zwischen den Bäumen halbversteckt. Auf einer derselben ruhte Leonore einige Minuten lang aus. Aeußerste Ermattung sprach aus ieder Gebärde, aus ieder Haltung ihrer Glieder. Kein Wunder auch, nach einer solchen Nacht! Gleichwohl wartete ihrer noch die furchtbarste Entdeckung von allen. – Jezt war sie dicht an der Gartenthür; ein flüchtiger Blick fiel auf die letzte Bank. Gerechter Himmel, auf ihr saß eine mänliche Gestalt – erhob sich – trat näher, und war – Sir William.

»Was seh' ich? rief er: bist Du es würklich? Du hier? ganz allein? zu einer solchen Zeit! – Eleonore, ist dieses ein Betragen, wie es sich für ein Mädchen von Stand' und Ehre schickt?«

Sie sank zusammen! Halb ohnmächtig umklammerte sie seine Knie! – »Vergebung, schrie sie, mein Bruder! Mein gütiger Bruder, Vergebung!«

»Steh auf! – sprach er, und suchte sie sanft empor zu heben! – Ich kann unmöglich glauben, daß eine so geliebte Schwester Dinge begangen haben könte, die sich nicht leicht vergeben lassen solten. Schon seit einigen Tagen hat man mir von Deinen nächtlichen Spaziergängen erzählt. Auf ihnen selbst wolt' ich Dich nicht sowohl überraschen, als Dir nur begegnen, und Dich erinnern, du habest Unrecht: irgend ein Geheimnis Deines Herzens vor mir zu verstecken. Komm, liebe Leonore, komm mit mir in ienes Lusthaus! Schleus Dein Herz vor mir ohne Mistrauen auf! Du kanst vielleicht einen zärtlichern Liebhaber, aber gewiß keinen wärmern Freund, als ich es bin, besizzen.«

Miß Leon. In ienes Lusthaus? O wenn Du wüstest, wer es so eben verließ! Wenn Du wüstest –

Sir Will. Ich werd' es hoffentlich von Dir erfahren! – Komm mit, und sei wieder das einfache, kunstlose Geschöpf, ohne Lug und Trug, wofür ich stets Dich hielt.

Er führte, oder vielmehr, er trug sie fast nach diesen Worten ins Lusthaus. Mühsam samlete sie hier wieder einige Kräfte, und erfüllte dann allerdings die Hofnung ihres Bruders; das heißt: sie gestand ihm ihre ganze bisherige Vertraulichkeit mit Sir Heinrich; sie erzählt' ihm: wie schlau er almälig ihr Zutrauen gewonnen; wie listig er einen geheimen Briefwechsel und selbst diese nächtlichen Zusammenkünfte eingeleitet; wie er mit tausend Eiden seine Neigung so innig, seine Flamme so heiß geschildert habe; und wie er iezt – Obwohl Schaam und Kummer sie hier manches überhüpfen ließen, was meine Schreibtafel umständlicher wieder erzählte, so war ihr Auszug doch wenigstens gnügend und treu.

Gelassen hatte William ihr zugehört; einigemal durch Zureden sie gestärkt, wenn sie zu stocken begann. Zwar machte Sir Heinrichs Name, als sie zuerst ihn nannte, auf einen Augenblick ihn stuzzend; zwar schien eine flüchtige, unwillige Röthe auch bei einigen andern Stellen seine Wangen zu überziehn. Doch noch öfter sprach Mitleid in seiner Miene, und als Miß Leonore geendet hatte, nahm er sie freundlich, mit den Worten, bei der Hand:

»Daß ich früher schon Dein Vertrauen besessen hätte! Wie manchen Kummer würde ich Dir, wie manche Erniedrigung meinem Freund erspart haben. – Zwar, ich dachte mir diesen Leztern um ein gutes Theil edler, als ich iezt in Deiner Erzählung ihn finde. Manche seiner Reden sind offenbar bloße Ausflucht. Nie hab' ich an eine Verbindung zwischen Wendham und Dir mit Ernst gedacht. Nie hätt' ich Deine Neigung, auch durch das kleinste zuredende Wort, beschränkt. Nie glaub' ich auch, daß Heinrichs Vater – doch still von dem! Geschehene Dinge ungeschehn zu machen, vermag ia selbst die Gottheit nicht; ihre Folgen für die Zukunft zu verbessern, ist oft auch menschlicher Klugheit möglich! – Willst Du Dich forthin der Meinigen, so gering sie auch seyn mag, überlassen?«

Miß Leon. In allem, mein Bruder, in allem!

Sir Will. Noch sind meine Gedanken nicht geordnet; – wie wäre auch dies bei einer so vielfachen Ueberraschung möglich! – Doch sei im Voraus versichert: was ich thun kann, Dein Glück – versteht sich Dein wahres Glück! – zu gründen, das will ich gleich redlich als freudig thun. Nur eines – eines versprich mir iezt.

Mist Leon. Mit Freuden, was Du auch foderst!

Sir Will. Versprich mit, nicht eher ihn wieder zu sehn, wieder zu sprechen, bevor ich erst selbst – –

Miß Leon. (einfallend) Ihn wiedersehn, wiedersprechen? Sir Heinrichen meinst Du? O nach meinem Willen, nach meinem Wunsche nimmer-nimmermehr! Ich haß' ihn iezt feuriger, als ich iemals ihn liebte. Ich haß' ihn mehr, als Worte fassen; so sehr, so sehr –

Sir Will. (halblächelnd) Daß er wenigstens zwei Minuten lang reuevoll bitten müste, eh Du ihn wieder vergeben köntest! Zu rasch – zu rasch, liebste Schwester, ist diese Hizze. Sie mag sehr redlich seyn, aber sie täuscht doch nur – Dich selbst. Wie stark iede erste Liebe auf ein empfindsames Herz zu würken pflegt, wie unvertilgbar ihre Eindrücke sind, – ach, wer wüßte dies besser, als eben ich! Nein, Du solst ihn wieder sehn, wieder sprechen, wenn er es anders verdient! Noch mehr, Du solst ihn wieder schreiben; und das – morgen schon!

Miß Leon. (erstaunt) Ich ihm schreiben? Mein Bruder, das foderst Du?

Sir Will. Ich fodre dies von Dir! Und um Dein Staunen zu vergrößern, solst Du noch einmal zum freundschaftlichen Gespräch – solst für die nächste Mitternachtsstunde ihn laden: – Sei ruhig, Schwester! Ich weiß, was ich begehre. Weder Deine Schaam soll beleidigt, noch Deine Liebe gekränkt werden. Du bist in brüderlichen Händen, und sichrer in ihnen, als selbst in den Händen eines Bräutigams. Niemand von Deiner Verwandschaft außer mir, – selbst unsre Mutter nicht! – weiß noch ein Wort von Deinem Abendtheuer; niemand soll es erfahren. Nur vertraue mir ganz!

Miß Leon. Aber, mein Bruder, welchen Endzweck« – –

Sir Will. Dann ist Dein Vertrauen kein Verdienst, kein Beweis Deiner schwesterlichen Liebe, wenn Du blos meinen Gründen, nicht meinen Worten Dich ergiebst. Noch sind meine Pläne, das sagt' ich Dir vorhin schon, nicht ganz geordnet; doch glaube mir: wenn ia ein kleiner Betrug obwalten solte, so zweckt er zu Deinem Wohl und selbst zu Sir Heinrichs Vortheil ab! – Komm iezt! Die Morgenluft weht bereits. Wie leicht könte sie, nach einer solchen Nacht, schädlich für Deine Gesundheit und auch für die meinige werden! Wie bald dürften mehrere noch als wir, in diesem Hause erwachen. Komm! Sei heute um eilf Uhr für mich allein auf Deinem Zimmer! Oder halte dann wenigstens das Billet bereit, daß Sir Heinrichen bestellt.

Noch zwanzigerlei wolte sie ihn fragen; noch zwanzigerlei ihm einwenden. Seine Antwort war immer: »Um eilf Uhr, Schwester! Um eilf Uhr ein mehreres!« So führte er sie aus dem Garten; an der Treppe, wo der Weg in ihre Zimmer sich theilte, gab er ihr zärtlich noch einen Kuß; deutete mit dem Finger auf seine Lippe, und wandte sich rechts; indem sie leise, doch zitternd, linkwärts schlüpfte.

Daß weder Er, noch Sie zur Ruhe, – im eigentlichen Sinn des Wortes, – sich begeben mochten; das wird iedem sehr wahrscheinlich dünken, der nur einigermaßen in beider Karakter, und beider Lage sich versezzen kann. Doch auch ich, als ich endlich, nach mancher Mühe zum Hause hinaus und in mein Zimmer gelangte – auch ich warf mich noch, des nahen Morgens ungeachtet, wenigstens ein Stündchen durch in meinen schon oft erwähnten Lehnstuhl und dachte mit Verwunderung allem dem nach, was ich gehört und gesehen hatte. Ob ich mich mehr über Sir Heinrichs niedrige Denkungsart ärgern, – mehr Miß Lenorens verschwendete Zärtlichkeit bedauern, – oder mehr Williams brüderliche Sanftmuth bewundern sollte? warlich das wußt' ich nicht; und noch minder vermocht' ich mir zu enträthseln: Warum Lenore noch einmal ienem Unwürdigen schreiben, noch einmal ihn zu einer so unschicklichen Zeit auf ein Gespräch einladen solte, da es doch für sie gewiß am besten sei, ihn ganz zu vergessen? Daß eine kleine List hier zum Grunde liege, ließ sich zwar leicht vermuthen; und mein Freund selbst hatt' es auch gestanden. Nur welche? darüber war ich um so zweifelhafter, ie mehr mir Williams immer grader, immer edel handelnder Karakter ieder Hinterlist zu widersprechen schien. Daß sich manches aus der nächsten Unterredung mit Lenoren werde schließen lassen, kont' ich zwar vermuthen; doch eben dieser Unterredung beizuwohnen, war mir, so gern ich wolte, einiger dringenden Familiengeschäfte halber, nicht möglich; ich muste daher schon meine Neugier bis zur Mitternachtsstunde selbst bezähmen, wo ich Sir Heinrichen wieder aufzupassen und zu begleiten Willens war.

Punkt halb zwölf Uhr, um es ia nicht zu versäumen, stand ich bereits an dem bewußten Orte; und als es endlich zwölf Uhr selbst schlug, und Sir Heinrich immer noch nicht um iene Ecke herum sich schwenkte, besorgt' ich schon, noch alzu spät gekommen zu seyn. Daß der eitle iunge Mann, durch Miß Lenorens anscheinende Nachgiebigkeit verwöhnt, sofort auch minder pünktlich werden könne; diese sehr natürliche, diese wahrscheinlicher Weise richtige Ursache fiel mir nicht bei, sondern schon glaubt' ich: der ganze Anschlag sei verändert worden; oder Sir Heinrich befinde sich schon im Garten; oder er komme vielleicht gar nicht. Doch plözlich machte er selbst meiner Ungewisheit ein Ende. Er kam; schien aber sorgfältiger, als gestern sich umzusehen; auch bemerkt' ich, was entweder gestern nicht gewesen oder von mir überblickt worden war – daß er bewafnet sei. Sobald er iedoch die Thüre eröfnet hatte, ging er, so getrost wie das erstemal, weiter: gab das Zeichen; erhielt Antwort; flog nun dem Lusthaus wieder zu; riß die Thür auf; und erblickte – statt Miß Lenoren – ihren Bruder.

Nicht ganz unerwartet war mir dieser Anblick; Sir Heinrichen war er es um desto mehr. Ein Karakter, wie der seinige, verliert Gegenwart des Geistes selten oder nie; für einige Augenblicke verlohr er sie iezt doch! Ein Gespenst selbst würde er minder erschrocken angestarrt haben, als den Bruder seiner Geliebten, der überdies noch sein Freund war. »William hier! abscheulich, wenn mein Verdacht wahr wäre!« dies war alles, was er endlich herausstieß.

Um desto gesezter, desto gelassener, redete iener ihn an. In Sir Williams Ton war allerdings auch einiger Beisatz von Ernst; doch hatte Freundschaft und Güte der Seele offenbar noch das Uebergewicht. – »Ich begreife sprach er, daß Du mich hier weder erwartest, noch wünschest. Doch komm herein, komm näher, Heinrich, da doch iedes Zurücktreten nunmehr gleich nuzlos, als schimpflich wäre! Du suchst Lenoren hier; sie kann nicht erscheinen; denn eine Unpäslichkeit, durch heftige Gemüthsbewegung verursacht, hält sie auf ihrem Zimmer, ia, sogar auf ihrem Lager fest. Aber manches hab' ich mit Dir zu sprechen, was gleich nüzlich für euch beide werden kann.«

Sir Heinr. (der sich indes gefaßt hat) Eine Frage nur mir erst beantwortet, bevor wir weiter sprechen! Beantwortet als Mann von Ehre! – Weiß Miß Leonore, daß Du hier bist?

Sir Will. Ja!

Sir Heinr. Und wuste sie es schon heute früh, daß Du iezt ihre Stelle vertreten würdest? Handelt sie hier aus Zwang oder freiem Willen?

Sir Will. Schon hab' ich iene Frage Dir beantwortet; zum zweitenmal ein gleiches zu thun verpflichtet mich nichts. Doch lerne von mir, ohne Hehl und Falsch gegen seinen Freund sich zu betragen! – Von mir gestern auf ihrem Heimweg ertappt, von meinen Bitten, meinen ernsten Vorstellungen bewogen, hat Lenore mir gestanden: daß Du sie liebtest; daß ihr schon oft euch auf ähnliche Art bespracht. Warum solte sie mir es auch verschweigen? – Heinrich, der Freund Deiner Jugend und Deiner männlichen Jahre that noch nie etwas, womit er Dein Mistrauen, und noch minder eine Kränkung verdiente. Du weißt, wessen Tochter, wessen Schwester Lenore ist. Deine Liebe zu ihr kann daher nicht für eine flüchtige Neigung gelten; sie muß eine dauernde, anständige Liebe seyn, und deshalb –

Sir Heinr. (bitter auflachend) Vortreflich, vortreflich! Ja, nun sehe, nun hör ich, Miß Lenore hat vollständig gebeichtet; ist schwach und unbescheiden genug gewesen, meine ganzen Gespräche in Demuth wieder zu erzälen. – Wär' ich vielleicht nicht der Erste, nicht der Einzige, dem es gelang, Eindruck auf ihr Herz zu machen? Wär' es vielleicht –

Sir Will. (ernst) Heinrich, ich warne Dich, überdenk, was Du iezt sagen wilst! – Ich kam nicht hieher, um mit Dir zu hadern! Nicht Vorwürfe, freundschaftliche Bedingungen nur solten über meine Lippen gehen! Grausam, unwürdig schier hast Du mit dem Herzen eines Mädchens gespielt, das in so mancher Rücksicht Dir für ehrfurchtswerth hätte gelten sollen. Ihre Ruhe, ihr Glück, ihren guten Namen sogar seztest Du leichtsinnig aufs Spiel. Unedel wär es iezt – –

Sir Heinr. (aufstehend) Warlich, das ist die Stunde, der Ort und der Lehrer nicht, den ich zur Anhörung der Moral mir wählte! Ja, ich habe Miß Lenoren geliebt; doch diese klägliche Schwatzhaftigkeit, dieses unbesonnene Bekentnis ihrer eigenen Schmach verwandelt meine Liebe in Verachtung. Ist Sir William vielleicht der Bravo geworden, der seiner Schwester einen Mann ertrozzen soll? Wenigstens werde ich nie den gutherzigen Thoren machen, der in ein solche Joch hinein sich schrecken läßt.

Sir Will. (aufspringend) Elender, schändlicher Mensch, wagst Du es so mit mir zu sprechen? Zieh! – Ich fodere Genugthuung und zwar sogleich von Dir.

Sir Heinr. (mit bitterstem Hohnlachen) Von ganzer Seele gern! Eher wolt' ich mich, wie Held Tasso, mit vier Brüdern zugleich schlagenTorquato Tasso, der berühmte Dichter, hatte seine Liebe zu Eleonoren von Este einem seiner Freunde entdeckt, der sie ausschwatzte. Tasso foderte den Schwätzer heraus; und dieser, zwiefach unedel, erschien mit noch drei Brüdern zugleich. Der Dichter verwundete zwei davon, und hielt sich gegen die andern beide so tapfer, daß sie ihm nichts anzuhaben vermochten. Dennoch schlug dieser Kampf bekantermaaßen sehr zu seinem Unglück aus., als einer einzigen gutwilligen Schwester die Hand am Traualtar bieten. (er zieht gleichfalls)

Sir Will. Sei der Himmel mein Zeuge, daß ich nur die Unschuld rächen, nur den Nichtswürdigsten aller heuchlerischen Bösewichter strafen will.

Sie schlugen sich; und – unbegreiflich sind die Wege des Schicksals! schon beim dritten oder vierten Gange durchstach Sir Heinrich (freilich wohl der kältere und wahrscheinlich auch der geübtere Fechter von beiden) die Brust seines ehemaligen Freundes. Sir William sank. »Gott vergebe Dir – rief er im Gefühl von der Tödlichkeit seiner Wunde: – und vergeb' auch mir, der ich wahrscheinlich alzu rasch in sein Rächeramt eingriff. Heinrich – Heinrich, ich beschwöre Dich, vergüte Lenoren, was Du in mir« – Die Zuckungen des Todes ergriffen ihn. Er athmete noch zwei oder dreimal aus tiefster Brust, – und verschied.

Sir Heinrich, als er seinen Gegner zusammenstürzen sah, war allerdings Mensch genug, um im ersten Augenblick ihm beispringen zu wollen. Er versuchte, ihn aufzuheben; bemühte sich ihn auf das nahe Sofa hinzuleiten; und ließ ein paar Worte fallen, die Reu und Mitleid zu verrathen schienen. Doch da William so schnell in seinen Armen erblaßte; da kein Lebenszeichen mehr sich spüren ließ; da selbst der Ort der Wunde und der Strom vom vergossnen Blute die Tödlichkeit der Verletzung zeigten; da war der Mörder bald auf nichts weiter als seine Selbsterhaltung bedacht. Indem plötzlich Furcht oder Schrecken sein Haar sträubte, indem er rund umher zwei oder drei besorgte Blicke warf, ließ er den Leichnam sinken; griff nach seinem weggeworfenen Degen, und entfloh.


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