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15. Kapitel.

Als Graf Alfonzo vorhin den Krokodilteich verlassen hatte, war er den Berg hinabgestiegen, um zur Höhle des Königsschatzes zu gelangen. Doch als er den Ort erreichte, fand er nur einen wüsten Trümmerhaufen, in dem er mehrere Stunden lang in fieberhafter Aufregung vergebens umhersuchte. Es war unmöglich, eine Spur der Schätze zu finden, und er nahm zuletzt an, daß sie sämtlich fortgeschafft worden seien.

Mit einem wilden Fluch auf den Lippen verließ er die Trümmer, um die Komantschen nicht auf sich warten zu lassen, und wollte soeben den nördlichen Abhang des Berges hinansteigen, als er den Hufschlag von Pferden hörte und dann acht Komantschen erblickte, die an dem Ort, wo er sich schnell versteckt hatte, vorüber wollten. Er trat hervor.

»Wohin wollt ihr?« fragte er. – »Uff! Das Bleichgesicht!« sagte einer. »Wir reiten nach dem Tal.« – »Warum? Die Eurigen sind doch oben!« – »Sie sind tot!« knirschte der Sprecher. – »Tot?« fragte Alfonzo erstaunt. »Wie ist das möglich?« – »Die Bleichgesichter haben uns überfallen.« – »Ah!« – »Es sind vier mal zehn getötet worden.« – »Alle Teufel!« – »Und den Häuptling haben die Krokodile gefressen, nachdem der Apache seinen Skalp genommen hat.« – »Der Apache? Welcher?« – »Bärenherz.« – »Donnerwetter! Der hing ja am Baum!« – »Er ist wieder los.« – »Hol ihn der Teufel! Wie ist er losgekommen?« – »Die Bleichgesichter, die sich Vaqueros nennen, werden ihn befreit haben. Wärest du bei ihm geblieben, so hätte es wohl nicht geschehen können.« – »Habt ihr das alles wirklich gesehen?« – »Wirklich! Wir mußten fliehen; da sie uns aber nicht verfolgten, so kehrten zwei von uns heimlich zurück, um sie zu beobachten.« – »Alle Teufel! Nun ist alles aus.« – »Alles! Nur die Rache nicht!« – »Ja, die Rache«, sagte Alfonzo nachdenklich. »Was werdet ihr jetzt tun?« – »Wir kehren in die Jagdgründe der Komantschen zurück.« – »Um neue Krieger zu holen?« – »Ja.« – »Ohne den Skalp eines Feindes mitzubringen?« – »Der große Geist hat uns gezürnt.« – »Und ohne ein Stück der Beute gefunden zu haben?« – »Wir werden später Skalpe und Beute genug bekommen.« – »Wie nun, wenn ich dafür sorge, daß ihr bereits jetzt viel nützliche und schöne Sachen erhaltet, um sie mitzunehmen?« – »Von wem?« – »Von mir.« – »Von dir? Du hast ja selbst nichts, nicht einmal ein Pferd!« – »Ein Pferd werde ich mir auf den Weideplätzen der Hazienda fangen; dann kehre ich nach Mexiko zurück, und ihr sollt mich begleiten.« – »Nach Mexiko? Warum?« – »Ihr sollt mich beschützen. Es ist für einen einzelnen nicht leicht, eine solche Reise zu machen. Begleitet ihr mich und bringt ihr mich glücklich hin, so sollt ihr große Geschenke erhalten.« – »Welche Geschenke meinst du?« – »Wählt sie euch selbst.« – »Was hast du?« – »Ich bin ein Graf, ein großer Häuptling, und mein Vater hat alles, was ihr begehrt.« – »Hat er Waffen, Pulver und Blei?« – »So viel ihr wollt, könnt ihr haben.« – »Perlen und Schmuck für unsere Squaws?« – »Auch das.«

Das schien die Indianer zu locken.

»So begleiten und beschützen wir dich«, sagte einer von ihnen. »Willst du jedem von uns ein Gewehr geben?« – »Ja.« – »Zwei Tomahawks und zwei Messer sowie so viel Kugeln und Blei, als in unsere Tasche geht?« – »Ihr sollt dies alles haben.« – »Und ebensoviel Schmuck?« – »Ihr sollt so viele Ketten, Ringe und Nadeln und Perlen erhalten, daß ihr zufrieden seid.« – »Howgh! Wir gehen mit dir. Aber zwei müssen sich von uns trennen.« – »Warum?« – »Sie müssen nach unseren Weidegründen gehen, um die Rächer der Komantschen zu holen.« – »Dazu ist später Zeit!« – »Nein. Die Rache darf nicht schlafen.« – »So wählt zwei aus. Sechs sind auch genug für mich.« – »Aber werden wir auch wirklich erhalten, was du uns versprochen hast?« – »Ich schwöre es!« – »Wir wollen es glauben. Bedenke, daß du sterben müßtest, wenn du uns belogen hättest.«

Jetzt wurden zwei ausgewählt, und zwar durch das Los, da sich keiner freiwillig erbot. Es war jedenfalls angenehmer, nach Mexiko zu reiten, um sich reiche Geschenke zu holen, als mit Schande beladen zu den Komantschen zurückzukehren. Die übrigen sechs wählten einen Anführer unter sich; dann trennten sie sich von ihren Gefährten, um zunächst ein Pferd für den Grafen einzufangen.

Die zwei wollten es recht klug machen. Anstatt direkt nach dem Norden zu reiten, wo sie dem unglücklichen Kampfplatz nahe gekommen wären, beschlossen sie, zu ihrer Sicherheit einen Umweg zu machen. Sie bogen also nach dem südlichen Abhang des Berges El Reparo ein, um denselben zu umreiten und dadurch jene feindliche Begegnung zu vermeiden. Sie erreichten dadurch jedoch gerade das, was sie vermeiden wollten.

Nachdem die Vaqueros die Leichen der getöteten Komantschen ihrer Waffen beraubt und sie in den Krokodilteich geworfen hatten, so daß die Alligatoren eine so reichliche Beute erhielten, wie schon seit hundert Jahren nicht, hatten die Weißen unter Anführung der beiden Häuptlinge ihre Pferde aufgesucht und machten sich nun auf den Weg nach der Hazienda.

Eben als sie den Wald verließen und in die Ebene einbiegen wollten, hielt der Apache sein Pferd an.

»Ugh!« sagte er, nach vorwärts deutend.

Sie sahen nämlich zwei Indianer auf sich zukommen und kehrten also schnell unter die Bäume wieder zurück.

»Es sind Komantschen«, sagte Büffelstirn. – »Sie werden unser!« fügte der Apache hinzu. – »Und zwar lebendig. Nehmt eure Lassos zur Hand!«

Als die Komantschen nahe herangekommen waren, brachen die Vaqueros aus dem Wald hervor. Die Wilden stutzten einen Augenblick, warfen dann aber schnell ihre Pferde herum, um zu fliehen. Es halb ihnen aber nichts. Die Verfolger bildeten einen Halbkreis um sich, der nach und nach zu einem ganzen Kreis wurde, so daß sie vollständig eingeschlossen wurden. Nun griffen sie zu ihren Waffen, um ihr Leben so teuer wie möglich zu verkaufen. Sie verwundeten auch einen der Vaqueros, dann aber schlangen sich die Lassos um ihre Leiber, und sie wurden von den Pferden gerissen. Der Apache trat jetzt vor sie hin und sagte:

»Die Zahl der Komantschen ist sehr klein geworden. Sie werden von den Krokodilen gefressen. Auch euch werden sie lebendig verschlingen, nachdem wir euch die Skalpe genommen haben, wenn ihr nicht unsere Fragen beantwortet.«

Sie schauderten vor dem Tod, den ihr Häuptling erlitten hatte, und der eine fragte:

»Was willst du wissen?« – »Wie viele sind von euch übriggeblieben?« – »Acht.« – »Wo sind die anderen sechs?« – »Bei dem Grafen.« – »Wo befindet sich dieser?« – »Wir wissen es nicht.«

Da zog der Apache sein Skalpmesser hervor und drohte:

»Wenn ihr nicht die Wahrheit redet, so nehme ich euch den Skalp bei lebendigem Leibe.« – »Und wenn wir bekennen?« – »So sollt ihr eines schnellen Todes sterben.« – »Wirst du uns den Skalp lassen und uns mit unseren Waffen begraben?« – »Ich werde es tun, obgleich die Hunde der Komantschen es nicht verdienen.« – »So frage weiter!«

Die Wilden haben den Glauben, daß wer ohne Skalp, ohne Waffen und richtiges Begräbnis aus diesem Leben geht, dort nicht in die ewigen Weidegründe gelangen kann.

»Also wo ist der Graf?« – »Er ist nach den Weiden der Bleichgesichter, um dort ein Pferd zu stehlen.« – »Und dann?« – »Dann will er nach Mexiko, wohin ihn die sechs Komantschen begleiten sollen, um ihn zu beschützen.« – »Was hat er ihnen dafür geboten?« – »Flinten, Messer, Blei, Pulver und Schmuck für die Squaws.«

Da schüttelte der Mixteka den Kopf.

»Er braucht keinen solchen Schutz«, sagte er. »Er könnte Weiße finden, die ihn begleiten. Entweder ist er feiger, als ich dachte, oder er führt noch heimlich etwas im Schilde. Sagt ihr die Wahrheit?« – »Wir lügen nicht.« – »Welche Richtung hat er nach den Weiden eingeschlagen?« – »Gerade nach Osten.« – »Wo habt ihr euch von ihm getrennt?« – »Da, wo im Norden der Berg das Tal berührt.« – »Ihr traft ihn, als ihr vor uns die Flucht ergriff und er vom Tal kam?« – »Ja.« – »So weiß ich, wo er gewesen ist. Ich werde seine Spur finden. Ihr habt uns geantwortet und sollt einen raschen Tod haben.«

Mit diesen Worten erhob der Cibolero seine Doppelbüchse und schoß die beiden Indianer durch den Kopf; sie hatten nicht mit den Wimpern gezuckt, als sie die todbringenden Mündungen auf sich gerichtet sahen; sie waren aber doch als Verräter gestorben.

»Sanchez und Juanito bleiben hier, um diese Komantschen mit Steinen zu bedecken, denn wir werden das Wort halten, das wir ihnen gegeben haben«, sagte er. »Wir anderen aber folgen der Spur des Grafen, um ihn vielleicht doch noch zu erwischen.«

Sie setzten sich unter Zurücklassung der beiden Genannten in Bewegung.


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