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14. Kapitel.

Der Kampf, der zuerst innerhalb der Verpalisadierung der Hazienda gewütet hatte, war dann außerhalb derselben im freien Feld fortgesetzt worden und hatte sich dort schließlich zum Einzelkampf gestaltet, der sich weit von der Wohnung fortgezogen und über eine Stunde in Anspruch genommen hatte.

Dann hatte Büffelstirn die Besatzung der Hazienda zusammengerufen. Die getöteten Indianer lagen in weitem Bogen um die Hazienda zerstreut umher, und es war bereits jetzt während der Dunkelheit anzunehmen, daß ihrer weit über hundert gefallen seien.

»Sie haben eine fürchterliche Lehre erhalten und werden nicht so leicht wiederkommen«, meinte Arbellez, der sich seines Sieges freute, und der alte Francesco, der auf die vor dem Portal hoch übereinanderliegenden Indianer deutete, sagte: »Seht diesen Haufen, Señor, das ist das Werk meiner Kanone. Dieses zerhackte Eisen und Blei und diese Glassplitter wirken schrecklich. Die Körper sind förmlich zerrissen.« – »Trotzdem sind wir noch nicht fertig«, meinte Büffelstirn. – »Was ist noch zu tun?« fragte der Haziendero. – »Wir müssen auch den Rest der Komantschen vertilgen.« – »Wo sind sie denn zu finden?« – »Habt Ihr nicht bemerkt, daß keine der Leichen jenseits des Baches liegt?« – »Ja, sie liegen alle diesseits.« – »Nun, daraus läßt sich schließen, daß sie bei der Flucht eine ganz bestimmte Richtung eingehalten haben. Es ist anzunehmen, daß die Komantschen den Befehl hatten, auf dem El Reparo, wo sie sich vor dem Überfall befunden haben, wieder zusammenzutreffen. Wir müssen sie also dort aufsuchen. Vertraut Ihr mir zwanzig von Euren Vaqueros an, Señor?« – »Gern.« – »Wo aber mag der Apache sein?« fragte Francesco. – »Er ist gefangen«, antwortete der Häuptling der Mixtekas. – »Nicht doch«, rief der Haziendero erschrocken. – »Gewiß«, versicherte der erstere. – »Warum glaubst du das?« – »Weil er nicht da ist.« – »Er wird noch auf der Verfolgung sein.« – »Nein. Er weiß, daß er die Komantschen am Tag sicherer hat als jetzt.« – »So ist er tot oder verwundet.« – »Nein. Wir hätten ihn dann sicher gefunden. Er eilte dem Schwarzen Hirsch nach. Die Komantschen, die ihren Häuptling in Gefahr sahen, werden sich auf den Apachen geworfen haben, und da ihrer zu viele waren, wurde er sicherlich überwältigt.« – »So müssen wir ihn befreien«, rief Francesco.– »Ja, wir werden ihn befreien«, sagte Büffelstirn zuversichtlich. »Ich nehme ihm seine Büchse mit, damit er sogleich Waffen erhält. Steigt zu Pferde.«

Im nächsten Augenblick saßen zwanzig Männer auf und ritten im Galopp davon. Sie machten, um von keinem der sich auf der Flucht befindlichen Komantschen bemerkt zu werden, einen Umweg, indem sie in einem Bogen den südlichen Abhang des Berges zu erreichen suchten, und kamen dort an, als der Morgen dämmerte.

»Absteigen!« kommandierte jetzt Büffelstirn. – »Warum?« fragte Francesco. – »Weil uns die Pferde hindern, die Feinde unbemerkt zu beschleichen. Sanchez mag bei ihnen hier zurückbleiben.«

So geschah es. Der genannte Vaquero blieb als Wache bei den Tieren zurück, während die anderen den Berg unter dem Schutz der Bäume bestiegen. Als sie das Plateau betraten, war es vollständig hell geworden. Sie rückten daher mit möglichster Vorsicht gegen die Ruinen vor, und eben glitten sie über eine kleine, freie Lichtung hinweg, als seitwärts von ihnen ein Ruf erscholl:

»Ugh!«

Sie blickten nach dieser Richtung hin und gewahrten einen unbewaffneten Indianer, der auf sie zugeeilt kam.

»Bärenherz!« rief einer der Vaqueros. – »Ja, er ist's! Es ist der Apache!« sagte Büffelstirn mit freudiger Miene. – »So war er also nicht gefangen!« – »Er war es«, behauptete Büffelstirn. »Seht ihr nicht, daß er keine Waffen trägt? Er war gefangen und ist wieder entkommen.«

Der Apache kam wie ein Pfeil über die Lichtung herübergeglitten und blieb vor ihnen halten.

»Uff!« begrüßte ihn der Mixteka. »Mein Bruder Bärenherz war gefangen?« – »Ja«, nickte der Gefragte. – »Es waren der Feinde zu viel, die ihn bewältigten?« – »Nein. Ich kämpfte mit dem Schwarzen Hirsch. Da kam das verräterische Bleichgesicht von hinten, ohne daß ich es merkte, und schlug mich mit dem Kolben seiner Flinte nieder.« – »Welches Bleichgesicht?« – »Der Graf.« – »Ah! Er lebt! Die Krokodile haben ihn nicht verzehrt?« fragte der Mixteka erstaunt. – »Er lebt. Die Hunde der Komantschen haben ihn gefunden und errettet.« – »Und er hat sie nach der Hazienda geführt?« – »Ja. Er hat an ihrer Seite gegen uns gekämpft.« – »Gegen seine eigene Besitzung! Gegen seine eigenen Leute! Wir werden seine Kopfhaut nehmen. Wo ist er?« – »Er ist in den Bergen. Er wird wieder zum Teich der Krokodile kommen, um die Komantschen dort zu treffen.« – »Ah, so habe ich recht gedacht! Sie versammeln sich beim Teich?« – »Sie waren bereits dort. Sie sind in die Ebene gegangen, um ihre zerstreuten Krieger zu suchen; aber sie werden wiederkommen.« – »Weiß mein Bruder dies genau?« – »Ich weiß es genau, denn ich habe es gehört, als ich am Baum hing.« – »An welchem Baum?« – »Am Baum der Krokodile.«

Büffelstirn machte eine Bewegung des Schrecks.

»Bärenherz hat über den Krokodilen gehangen?« fragte er. – »Ja.« – »Gerade so wie der Graf?« – »Gerade so. Der Graf sprach das Urteil, und ich wurde an die Lassos geknüpft.« – »Aber wie ist mein Bruder wieder freigekommen?«

Bärenherz antwortete im geringschätzigsten Ton:

»Der Häuptling der Apachen fürchtet sich nicht vor den Komantschen und nicht vor den Krokodilen. Er wartete, bis die Feinde fort waren und machte sich dann frei.« – »Bärenherz ist ein Liebling des großen Manitou – Gott –«, sagte Büffelstirn. »Er ist ein starker und kluger Krieger; ein anderer hätte sich nicht befreien können. Wann kommen die Komantschen an den Teich zurück?« – »Sie haben es nicht gesagt. Wir werden uns dort verstecken und sie erwarten.« – »So dürfen wir unsere Spuren nicht bemerken lassen. Hier ist das Gewehr meines Bruders; ich habe es ihm mitgebracht.« – »Die anderen Waffen hat der Schwarze Hirsch mitgenommen«, grollte der Apache. »Er wird sie mir wiedergeben und die seinigen dazu. Meine Brüder mögen mir Pulver und Kugeln geben, und dann werde ich sie führen.«

Er erhielt das Verlangte, und nun glitten die Männer lautlos durch den Wald, immer ihre Spuren sorgfältig hinter sich verbergend, bis sie den Saum des Forstes erreichten, der den Teich umkränzte. Sie sahen nun, daß keiner der Komantschen zurückgekehrt war, und versteckten sich so gut, daß sie den Platz beherrschten, ohne bemerkt zu werden.

Als ein jeder seine Instruktion erhalten hatte, wie er zu schießen habe, ohne daß zwei Kugeln auf einen Feind kamen, trafen beide Häuptlinge wieder zusammen.

»Aber was tun wir jetzt?« fragte Büffelstirn. »Die Komantschen werden sehen, daß der Häuptling der Apachen entronnen ist. Sie werden ahnen, daß der Hilfe herbeiholen wird.« – »Sie werden uns nicht sehen«, antwortete der Apache.

Mit diesen Worten verließ er das Gebüsch, trat hinaus zu der Zeder, an der er gehangen hatte und wo in der Nähe des Stammes noch die Lassos lagen. Nun nahm er einen scharfen Stein und schlitzte mit demselben die unteren Enden der Riemen so auf, daß es ganz den Anschein hatte, als ob sie zerrissen worden seien, kletterte dann empor und schlang die oberen Enden genau so wieder um den Ast wie vorher, so daß es ganz den Anschein hatte, als ob der daran Hängende von den Krokodilen herabgerissen worden sei.

Als er von dieser kurzen Arbeit zurückkehrte, sagte Büffelstirn:

»Mein Bruder hat sehr gut gehandelt. Nun werden die Komantschen nicht glauben, daß er den Tieren entkommen ist.«

Sie lagen darauf still in dem Versteck und warteten, bis sie nach einer geraumen Weile den Hufschlag zweier Pferde vernahmen. Es kamen zwei Komantschen.

»Ugh!« rief der eine, als er sah, daß der Apache nicht mehr am Baum hing. – »Er ist fort!« rief der andere. »Er ist entflohen!« – »Nein«, sagte der erstere. »Der Lasso ist zerrissen. Die Krokodile haben ihn.« – »Er wird nicht in die ewigen Jagdgründe kommen, denn er wurde von den Tieren gefressen«, stimmte der andere bei. »Seine Seele wird bei den unglücklichen Schatten wandeln, die sich vor Kummer und Unmut verzehren. Der Apache ist verflucht in diesem und im anderen Leben.« – »Wir sind die ersten. Steigen wir ab, um auf die Brüder zu warten.«

Die Komantschen sprangen darauf von ihren Pferden und machten Anstalt, dieselben anzupflocken.

»Wollen wir sie nehmen?« fragte der Apache leise. – »Ja. Aber mein Bruder hat kein Messer.« – »Pshaw!« antwortete der Apache. »Ich werde mir das Messer dieses Komantschen holen.«

Damit lehnte er sein Gewehr an den Baum und glitt vorwärts, Büffelstirn folgte ihm. Als sie den Rand des Gebüschs erreicht hatten, schnellten sie wie zwei Tiger mit wilden Sätzen auf die beiden Wilden zu, die einen Angriff gar nicht vermuteten. Dann ergriff Bärenherz den einen von hinten bei der Kehle, riß ihm das Messer aus dem Gürtel und stieß es ihm in das Herz. Zwei Minuten später hatte er ihm den Skalp genommen. Büffelstirn hatte ganz dasselbe mit dem anderen getan. Die beiden Komantschen waren gar nicht einmal dazu gekommen, den geringsten Laut auszustoßen.

»Was tun wir mit den Leichen?« fragte der Mixteka. – »Wir geben sie den Krokodilen.«

Die Tiere hatten das Nahen von Menschen bemerkt. Sie waren aus dem Grund emporgetaucht und lagen nun in der Nähe des Ufers, halb im Wasser und halb auf der Erde. Offenbar warteten sie, ob ihnen etwas zufallen werde, und als jetzt die beiden Häuptlinge die Waffen der Besiegten und ihre Skalpe zu sich nahmen und die Leichen den Alligatoren zuwarfen, hei, wie diese da mit offenem Rachen auf die Beute stürzten! In weniger als einer Minute waren die Erstochenen zerrissen und verschlungen. Nichts blieb von ihnen übrig, als das Stück einer Hand mit zwei Fingern, welches die von den Tieren gepeitschten Wellen an das Ufer geworfen hatten, wo es liegenblieb. Übrigens hatten die Häuptlinge dafür gesorgt, daß kein Blut auf dem Rasen vergossen wurde, und dann auch ihre eigenen Fußtapfen sorgfältig verwischt.

Jetzt kehrten sie wieder in ihr Versteck zurück.

Sie hatten da noch nicht lange gewartet, so hörten sie wieder den Hufschlag von Pferden. Es kam ein Trupp von wohl dreißig Komantschen. An ihrer Spitze der Schwarze Hirsch. Es ging genau wieder so wie vorhin. Als letzterer sah, daß der Apache verschwunden war, hegte er zunächst Mißtrauen und rief:

»Ugh! Der Apache ist fort!«

Dann ritt er bis hart an das Wasser heran und gewahrte die dort liegende Hälfte der Hand. Im Nu war er abgestiegen, nahm sie empor und betrachtete sie.

»Ugh! Sie haben ihn gefressen. Das ist ein Stück seiner linken Hand. Betrachtet die Lassos!«

Man gehorchte seinem Befehl und fand, daß der Apache von den Krokodilen herabgerissen worden sei.

»Er ist in das Reich der Finsternis gegangen! Es wird ihn keiner seiner erschlagenen Feinde bedienen«, sagte der Häuptling und warf die Hand ins Wasser, wo sie von einem der Alligatoren sofort verschlungen wurde.

Nun stiegen auf seinen Wink auch die anderen vom Pferd und lagerten am Wasser.

Es kamen noch mehrere Nachzügler, so daß der Trupp fast auf fünfzig Mann anwuchs. Man gab sich gar nicht die Mühe, den benachbarten Teil des Waldes zu durchsuchen, und das war ein sicheres Zeichen, daß Der Schwarze Hirsch nicht die Absicht hatte, hier lange zu verweilen. Er hatte während dieser Zeit in würdevollem Schweigen dagesessen, jetzt aber hörte man seine Stimme:

»Wer hat das Bleichgesicht gesehen?« – »Das Bleichgesicht, welches ein Graf ist?« fragte einer. – »Ja.«

Es stellte sich heraus, daß keiner der Indianer ihn bemerkt hatte.

»Man suche seine Spur!«

Sie erhoben sich alle, um zu suchen.

»Das wird gefährlich!« flüsterte der Apache.

Büffelstirn nickte zustimmend und entgegnete:

»Hier haben wir unsere Fährte verwischt, aber wenn sie weiter fortgehen, so werden sie dieselbe finden. Wir müssen beginnen. Ich gebe das Zeichen.«

Dann hustete er laut. Dies war nicht etwa eine Unvorsichtigkeit, sondern es hatte zwei gute Gründe. Erstens sollten die Vaqueros bemerken, daß es jetzt losgehe, und zweitens sollten die Feinde dadurch in eine Stellung gebracht werden, in der sie ein gutes, sicheres Ziel darboten.

Es gelang, denn kaum war der scharfe Laut erklungen, so streckten sich die Läufe der zwanzig Büchsen der Vaqueros durch die Büsche, und sämtliche Komantschen richteten sich in eine horchende Stellung empor, wobei sie sich nach den Büschen umdrehten.

»Feuer!«

Auf dieses Wort des Mixtekas krachten zweiundzwanzig Schüsse, dann noch zwei aus den Doppelbüchsen der Häuptlinge, und ebenso viele Komantschen, alle zum Tode getroffen, stürzten. Die übrigen sprangen von ihren Sitzen empor und eilten zu ihren Pferden. Es entstand ein Augenblick der größten Verwirrung, währenddessen die Vaqueros rasch wieder luden.

Als die Komantschen über zwanzig der Ihrigen fallen sahen, mußten sie annehmen, daß eine noch größere Anzahl Weißer in den Büschen stecke, darum versuchten sie gar keinen Angriff, sondern warfen sich auf ihre Pferde und jagten davon. Viele von ihnen hatten in der Eile das erste, beste Pferd besteigen wollen, und dadurch entstand, da der eigentliche Besitzer es ihnen streitig machte, ein Aufenthalt, der ihnen verderblich wurde. Gleich darauf ertönte eine zweite Salve der Vaqueros aus den Büschen, die beinahe den gleichen Erfolg hatte wie die erste.

Bärenherz hatte sich den Häuptling, den Schwarzen Hirsch, vorbehalten, darum war von den anderen nicht auf ihn gezielt worden. Jetzt sprengte derselbe mit den Übriggebliebenen davon. Da aber trat der Apache aus den Büschen heraus, erhob seine Büchse und zielte, da er den Komantschen lebendig haben wollte, nur auf das Pferd desselben. Der Schuß knallte, und das Tier ward zu Tode getroffen. Es überschlug sich und warf seinen Reiter ab. Sofort schnellte der Apache in weiten Sätzen hinzu und stand bei dem Gestürzten, ehe dieser sich emporgerafft hatte.

Keiner der Komantschen hatte einen Schuß getan, darum war auch das Gewehr ihres Häuptlings noch geladen. Dieser sprang jetzt vollends auf, riß sein Gewehr von der Schulter und legte auf den Apachen an.

»Hund!« rief er. »Du lebst? Stirb!«

Doch Bärenherz schlug ihm den Lauf des Gewehrs zur Seite, so daß der Schuß fehlging.

»Der Häuptling der Apachen stirbt nicht von der Hand eines feigen Komantschen«, antwortete er, »ich aber werde deine Seele von dir nehmen, daß sie in den ewigen Jagdgründen mich bedienen soll!«

Mit diesen Worten versetzte er dem Komantschen einen Kolbenschlag, der diesen betäubte, dann faßte er ihn, um ihn zurückzutragen nach dem Ort, wo die Indianer vorher gesessen hatten. Dort wartete er ruhig, bis jenem die Besinnung wiederkehren werde.

Die Vaqueros, welche die wenigen Komantschen nicht verfolgt hatten, weil sie dieselben nun für unschädlich hielten, machten sich jetzt über die Gefallenen her, um ihnen ihre Waffen und Munition abzunehmen. Die beiden Häuptlinge aber saßen neben dem Schwarzen Hirsch und bekümmerten sich nicht um die Beute.

Als der Komantsche gefesselt wurde, kehrte ihm die Besinnung wieder.

»Will Der Schwarze Hirsch seinen Todesgesang anstimmen?« fragte Bärenherz. »Er soll diese Gnade haben, ehe er stirbt.« Der Gefragte antwortete nicht.

»Die Komantschen singen wie die Krähen und Frösche, darum lassen sie sich nicht gern hören«, spottete Büffelstirn.

Auch jetzt antwortete der Gefragte nicht.

»So wird der Häuptling der Komantschen ohne Todesgesang sterben«, erklärte der Apache.

Jetzt erst sprach der Gefangene:

»Ihr wollt mich an den Baum hängen?« – »Nein«, antwortete Bärenherz. »Ich will dich nicht martern, aber die Krokodile sollen dich dennoch fressen, weil du mich ihnen zum Fraß vorgehangen hast. Zuvor aber werde ich dir den Skalp nehmen, um den tapferen Söhnen der Apachen bei meiner Rückkehr zu zeigen, welch ein Feigling Der Schwarze Hirsch gewesen ist. Gib mir das Messer und den Tomahawk, den du mir genommen hast!«

Er nahm die beiden Gegenstände aus dem Gürtel des Gefangenen.

»Du willst mich wirklich skalpieren?« fragte dieser voller Angst. – »Ja. Deine Haut gehört mir.« – »Bei lebendigem Leib?« – »Wie anders! Soll ich mir den Skalp aus dem Magen eines Krokodils holen, nachdem es dich verschlungen hat?« – »Töte mich erst«, bat der Gefangene. – »Ah, der Komantsche hat Furcht! Nun soll er keine Gnade finden!«

Bärenherz ergriff sein Messer, faßte mit der Linken den Haarschopf des Gefangenen, tat mit der Rechten die drei kunstgerechten Skalpschnitte und zog dann den Schopf mit einem kräftigen Ruck vom Kopf. Er hatte den Skalp in der Hand.

Der Schwarze Hirsch stieß ein Gebrüll des Schmerzes aus.

»Uff! Der Komantsche ist ein Feigling! Er schreit!« sagte Bärenherz. – »Wirf ihn ins Wasser«, meinte Büffelstirn. »Aber nimm den Fuß dazu, denn er ist es nicht wert, daß deine Hand ihn berührt!« – »Mein Bruder hat recht! Ich werde ihn den Krokodilen hinwälzen wie ein verfaultes Aas, das man nicht mit der Hand angreift. Der tapfere Häuptling der Komantschen hat geheult wie ein altes Weib. Er soll kein Grabmal haben, weder auf der Spitze eines Berges noch in der Tiefe eines Tales. Die Seinen sollen nicht zu ihm pilgern können, um seine Taten zu rühmen, sondern er soll begraben sein in dem Magen der Alligatoren, und ich will einen Steinhaufen errichten, auf dem geschrieben stehet: Hier wurde Tokvitey, der Feigling der Komantschen, von den Krokodilen gefressen, gefangen von der Hand Bärenherzens, des Häuptlings der Apachen.«

Es ist die größte Ehrensache eines Indianers und zumal eines Häuptlings, weder Furcht und Angst zu zeigen, noch selbst beim größten Schmerz einen Laut auszustoßen. Der Komantsche hatte also im höchsten Grad verächtlich gehandelt. Bärenherz stieß ihn jetzt mit dem Fuß in das Wasser, wo die Alligatoren sofort über ihn herfielen.

Dann mußten die Vaqueros dem Apachen helfen, den Steinhaufen zu errichten, und nachdem Bärenherz in den größten der Steine die Inschrift eingegraben hatte, von der er gesprochen, kehrten sie zu den Pferden zurück, die sie nach der Hazienda tragen sollten. Der Apache hatte sich mit einem der Pferde der Komantschen beritten gemacht.


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