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Sechstes Kapitel

Der Grislybär. – Die Pantherkatze und Arrita. – Die rothen Krieger. – Das Freundschaftsband.

George wußte nur zu gut, welche Gefahr drohte, wenn ihnen auf dem schmalen Bergpfad ein Bär begegnete, er wußte auch, daß in dieser Jahreszeit – Mitte Juli – die Bärin in Gesellschaft ihrer hoffnungsvollen Sprößlinge jage, und das diese kleine Gesellschaft, – obgleich kaum fünf Monate alt, doch einen starken Mann entsetzlich warm machen konnte, das heißt, er wußte mit einem Worte, daß wo einer dieser grauen Burschen umherstrolche, ein paar andere nicht allzuweit seien.

Er stieg also von dem Pfade, auf dem sie bis hierher geritten, nach dem Flußufer hinab. Im Anfang war dies nun allerdings entsetzlich mühselig, doch George's Gewandtheit überwandt alle Hindernisse und da er, unten angelangt, sah, daß ein bequemerer Pfad am Fluße hinführte, beschloß er diesen näher zu untersuchen; eilig schritt er zurück und forderte William auf, ihn zu begleiten.

Nur wenig Schritte hatten die beiden Freunde gethan, als ihren Weg zwei Bärenfährten kreuzten, die Thiere waren vom Fluß gekommen und hatten sich nach dem emporsteigenden Felsenpfad gewandt. Rasch entschlossen folgten die Beiden bis zu einem Punkte, wo die Spuren sich trennten, hier hielt George einem Augenblick an und sprach nach kurzem Besinnen:

»Willy, wir müssen dies Viehzeug bekämpfen, folge dieser Spur, ich jener.« Schweigend schüttelte er dem Freunde die Hand, rief seinen Hund und während William, gefolgt von Diana, dem Cub Der junge, noch nicht die Tanzzeit überstandene Bär! nachzog, schlich sein muthiger Freund der größeren Fährte, der Bärin nach.

Wohlgemuth zog William dahin, bald nahmen ihn hohe Bäume unter ihren Schatten auf, bald führte ihn die eifrig spürende Hündin wieder dem kahleren Flußufer zu und hier fesselte Williams Schritte bald ein Schauspiel, das zu erblicken er wahrlich nicht erwartet.

In flüchtigen, gazellenartigen Sätzen flog über den Raum eine augenscheinlich noch junge Indianerin, in ihren Armen sorgsam ein kleines Kind haltend; ihr Entsetzen verrathendes Gesicht hatte sie hinter sich gewandt, wo ihr mit grauenerregender Schnelligkeit ein Bär folgte. Nicht achtend des Weges, hatte das arme Weib nur Augen für näher kommende Bestie, da stolperte es über eine emporstrebende Wurzel, aber fest hielt es das Kind und nur darauf bedacht, dasselbe vor Schaden zu bewahren, schlug es mit dem Kopf auf einen spitzen Stein und mit gellendem Schrei sank es zusammen. William aber hatte kaum die Indianerin erblickt, als sein Ruf den Bluthund der Bestie entgegenjagte, er selbst folgte augenblicklich der wüthend den Bär anfallenden Diana, die ihren Gegner beim Ohr packend, selben übersprungen hatte und so niederhielt. Augenblicklich sprang William dem treuen Thier zu Hilfe und – die Büchse war hier nicht am Platze – das Doppelpistol aus der Brusttasche reißend, sandte er beide Schüsse dem Bär gleichzeitig in das Ohr, so daß derselbe zusammensank. Er beugte sich zu dem verendeten Thiere nieder, lächelnd, daß George dessen Größe und Stärke so sehr übertrieben. Da weckte ihn der Ruf der Indianerin, die sich unterdessen wieder erholt hatte, aus seinem Jägertraume. Aufblickend, gewahrte er selbe, das Kind im Arme, auf einem freiliegenden Felsblocke von etwa zwölf bis vierzehn Fuß Höhe, den sie erklommen; dort saß sie wie auf einem Postamente und erregte so Williams Heiterkeit, doch dieselbe schwand ihm auf den Lippen, das Pistol entfiel der bebenden Hand, – denn aus dem Dickicht, in einer Entfernung von kaum dreihundert Schritt brach die Alte des gemordeten Cub's hervor, augenscheinlich in der Absicht, den Tod desselben zu rächen; mit weit aufgerissenem Rachen und glühenden Augen stürmte die Frau Mama daher. Hei, wie konnte jetzt William laufen, wie eilig stürzte er instinktmäßig dem Blocke zu, auf den die Indianerin sich geflüchtet. Nur klein war derselbe, etwa zehn bis zwölf Fuß im Gevierte, doch willig reichte die Indianerin dem Weißen die Hand und selbe ergreifend, die andere krampfhaft um hervorspringende Spitzen klammernd, schwang sich William glücklich bis an den obern Rand. Da blieb er mit dem Büchsenriemen an einem Steine hängen und wäre wieder hinabgestürzt, wenn nicht blitzschnell das muthige Weib das Hemmniß mit ihrem kleinen Messer durchschnitten; wohl erreichte nun William vollends das kleine Asyl, doch die treue Waffe stürzte, sich im Falle entladend, hinab.

Mit wüthendem Fluche blickte William ihr nach, folgte auch dem Laufe seines Hundes, der die Jagd auf eigne Faust fortsetzen zu wollen schien, denn er stürzte dem Orte zu, wo die Bärin ihr Junges beschnupperte, doch wandte er sich plötzlich links und war bald im Gebüsche verschwunden. –

Unter anderen Umständen würde William seiner Gefährtin mehr Interesse zugewandt haben, so aber glitt sein Auge nur flüchtig über die graciöse Gestalt der Indianerin, die nur mit kurzem, zierlich gesticktem Lederröckchen und den kleinen, sauber gearbeiteten Moccassins bekleidet war, während über den plastisch schönen Oberkörper, den vollen Busen nur leicht ein brennend rother Shawl geschlungen war, der den goldigbraunen Teint in das vortheilhafteste Licht stellte. Blitzende Spangen an den Armen, bunte Perlenschnüre um den Nacken und durch die vollen schwarzen Haare gewunden, bildeten den Schmuck der indianischen Schönheit.

Erst dann blickte William erstaunt empor, als die Indianerin im guten Englisch frug:

»Mein Bruder ist ohne Waffen?«

»Ja!« antwortete dieser rasch, »leider! mein Pistol liegt dort bei dem todten Thiere, meinen Tomahawk habe ich thörichter Weise im Lager gelassen, das verdammte Messer ist mir bei dem hastigen Laufe aus der Scheide gefallen und die Büchse liegt da unten – es ist zum Teufel holen!«

»Mein Bruder jagt allein oder glaubt er, daß Freunde ihn helfen werden?«

»Ob ich das glaube! So gewiß, als die Bärin sich endlich überzeugt hat, daß ihr Junges todt ist, dort kommt sie, um uns ihren Besuch abzustatten!«

»Rasch! mein Bruder nehme diesen kleinen Tomahawk, die Bärin wird sich aufrichten und versuchen, uns herabzureißen. Wenn sie eine Tatze auf den Rand legt, dann schlage zu, nicht nach dem Kopfe, der Schlag wäre vergeblich und leicht kämest Du in den Bereich ihrer Pranken!«

Mit freudigem Eifer ergriff der junge Mann die kleine, zierliche, ganz von Stahl gearbeitete Waffe.

»Ich danke Dir, mein Kind,« rief er fast jubelnd. »Wie wir aus dieser Klemme kommen werden, weiß ich noch nicht, aber ich werde für Dich und Deinen Kleinen kämpfen, so lange ich im Stande bin, die Waffe zu bewegen!«

Ein warmer Blick lohnte seinen muthigen Worten, doch jetzt kam der Bär schnaubend heran, sich vor dem Felsblocke so plötzlich in die Höhe richtend, daß William und die Indianerin entsetzt zurückfuhren, denn er war von so riesiger Größe, daß er mit seiner Pranke fast bis in die Mitte des kleinen Plateaus langte; ja, seine Krallen berührten sogar die Lederdecke, die das Kind umhüllte, als Williams Waffe niedersauste und dem Bär das Gelenk der linken Tatze durchschnitt.

Brüllend in unsinniger Wuth und von grimmigem Schmerze gepeinigt, stürzte sich das Unthier auf den Rücken, doch bald fuhr es wieder empor, und sich sorgsam hütend, der Waffe Williams wieder zu nahe zu kommen umhinkte es die kleine Festung.

Plötzlich blieb die Bärin stehen und mit behaglichem Brummen begab sie sich an die Ausführung des gefaßten Planes. Der Stein, auf den ihre Feinde sich geflüchtet, war weicher Kreidefelsen, das wußte das gescheidte Beest nur allzugut, denn mit der rechten unverwundeten Pranke fing es allsogleich an, den Felsen abzubröckeln und Williams neu erwachte Heiterkeit schwand gar bald, als es plötzlich ein fast fußgroßes Stück abbrach. Doch schien das Thier keineswegs geneigt, den ganzen Felsen zu demoliren, sondern war augenscheinlich bemüht, sich eine Art Treppe herzustellen, denn kaum flog das Stück ab, als es sofort versuchte, mit der Hintertatze in die entstandene Lücke zu treten; dieselbe war aber doch noch zu klein, dem Koloß hinreichenden Halt zu geben. Die Bärin rutschte aus, sank zurück und kam dabei wieder so nahe in Williams Bereich, daß dieser sich nicht enthalten konnte zuzuschlagen; er that es mit solcher Kraft, daß die kleine mächtig geschwungene Waffe sich tief in des Bären linker Augenhöhle vergrub und so den jungen Mann, der auf seinem Platze keinen großen Widerstand leisten konnte, entrissen ward.

Grauenhaft war die Wuth des verwundeten Thieres, das sich vergeblich bemühte, mit seiner gesunden Tatze den Tomahawk zu entfernen. Als es einsah, daß ihm dies nicht gelang, stürzte es in blinder Wuth wieder nach dem Steine und vielleicht wäre es seinen durch Schmerz und Ingrimm verdoppelten Kräften gelungen, den Platz zu erstürmen, und die Indianerin, die dies fürchtete, stieß einen entsetzlichen Schrei aus, wenn nicht in selbem Augenblicke Trust und Diana herbeigeeilt und der Bärin wüthend in die Seiten gefallen wären. Zwar fuhr sie grimmig nach ihren neuen Feinden, doch hinderte sie die verwundete Pranke und das erblindete Auge an schneller Bewegung. Dies Alles aber erhöhte nur ihren Zorn und in wilden, tollen Sätzen sprang sie, fortwährend attakirt von den Hunden, um den Felsen. Jetzt eilte auch George herbei, doch lange mußte er rufen, ehe die Hunde von der Bestie absprangen, die kaum Luft bekam, als sie sich mit schlagenden Weichen und lechzender Zunge auf das Hintertheil niederließ, zu George's Leidwesen den Kopf dabei brummend herüber und hinüberschwenkend. An ein Schießen nach den Augen war demnach nicht zu denken, George zielte also nach der Brust und gab Feuer. Wohl zerschmetterte die Kugel der Bärin den Brustknochen und warf sie nieder, doch sprang sie gleich wieder empor und ihre früheren Feinde, selbst die wiederum wie Kletten an ihr hängenden Hunde vergessend, stürzte sie sich ihrem neuen Gegner, welcher die Büchse weggeworfen und den erhobenen Tomahawk in der Faust, die Heranstürmende erwartete, entgegen. Behend sprang er jetzt zur Seite und die Waffe fiel dröhnend – doch ohne Erfolg auf den steinharten Schädel. Wieder erhob George die Streitaxt, doch jetzt hatte sich auch die Bärin emporgerichtet und hätte mit ihrer Pranke ihn sicher niedergeschlagen, wenn in diesem entscheidenden Augenblick nicht der Comantsche »die Pantherkatze« auf dem Kampfplatze erschienen wäre. Mit zwei mächtigen Sprüngen, die das Thier beschämt hätten, dessen Namen er trug, hatte er die Bärin erreicht, und sein funkelndes Messer derselben bis an das Heft in das Herz stoßend, machte er endlich dem zähen Leben derselben ein Ende.

George war allerdings erstaunt, einen Indianer so zur rechten Zeit als Hilfsgenossen erscheinen zu sehen, doch brachte er ihn bald mit dem Weibe, das sich jetzt rasch mit William näherte, in Zusammenhang, allein ihm war jetzt gleichgültig, woher sein Befreier gekommen. Eben wollte er seinem Retter Worte des Dankes sagen, als dieser sich bückte und der getödteten Bärin die kleine stählerne Waffe aus dem Auge riß.

»Uah!« rief er, sich wild emporrichtend: da erblickte sein blitzendes Auge die heranschreitende Indianerin und dahin war sein Zorn, dahin die Ruhe des rothen Kriegers. Tiefgefühlte, herzliche Liebe sprach aus jedem seiner Züge, als er das schöne Weib in seine Arme preßte, als er den jauchzenden, kaum zweijährigen Knaben an sein freudig klopfendes Herz emporhob. Doch bald erinnerte sich der Comantsche, daß spähende Augen auf ihm ruheten und halb verlegen wandte er sich an die Weißen und auf die Indianerin deutend, sprach er wie entschuldigend:

»Arrita ist die beste der Comantschenfrauen, sie und den Knaben liebt die Pantherkatze mehr als ihr Leben.«

»Der rothe Mann mag sein süßes Weib nach Herzenslust umarmen,« lächelte William, »sieh, mein weißer Bruder und ich machen es nicht anders.«

Der Erguß zwischen den Freunden war kaum weniger herzlich, als der zwischen den Indianern, die leise zusammenflüsterten. Jetzt trat der rothe Krieger zu den Freunden, mit offenem Blicke reichte er ihnen beide Hände und sprach mit tiefen Gutturallauten, die seine Bewegung deutlich verriethen:

»Meine weißen Brüder haben der Pantherkatze Alles gerettet, was ihr das Leben verschönt. Die Pantherkatze aber ist ein mächtiger Sachem Sachem – indianischer Häuptling. der Comantschen, seiner Stimme lauschen viele tapfere Krieger, er bittet seine weißen Brüder ihn zu seinem Stamm zu begleiten, daß die rothen Männer die Friedenspfeife mit ihnen rauchen, mit ihnen jagen können; der Sachem aber will Jedem sagen, daß sein Tomahawk den bedrohe, der seinen beiden Brüdern feindlich gesinnt sei.«

»Ah Häuptling,« entgegnete George entzückt, über die sich ihnen darbietenden Aussichten: »mit Freuden nehmen wir Deinen Vorschlag an, und begleiten Dich zu Deinem Stamm. Doch zu danken hast Du uns nichts, die Hülfe, die Du mir zur rechten Zeit brachtest, macht unsere Rechnung glatt.«

»Nein!« antwortete der Indianer, »nein, der schwarze Mann, der oben bei den Pferden wacht, rettete der Pantherkatze das Leben!«

»Bob?« riefen erstaunt Georg und William.

»Bob! ja, so nannte er sich. Zum Dank für seine Hilfe befreite die Pantzerkatze des schwarzen Mannes Gefährten, doch Ihr schütztet mir das Liebste was ich habe, der Häuptling bleibt Euer Schuldner!«

» Well,« rief George, »darüber wollen wir noch einig werden; doch komm, mein Bruder, begleite uns zu unserem Lager, Du und die Deinen sind uns willkommen!«

»Halt,« sagte jetzt William, »ich dächte, wir schnitten erst der Bärin, die mit so fabelhafter Ausdauer auf unsere nähere Bekanntschaft versessen schien, einige Rippen heraus.«

»Das Fleisch ist nicht angenehm,« entgegnete George, »doch das Cub, das Du geschossen, wollen wir mit zum Lager schleppen!«

»Nein George!« bestand William auf seinem Vorhaben, »das Beest war zu erpicht mein Fleisch zu kosten, nun will ich wenigstens wissen, wie das seine mundet.«

»Es schmeckt schlecht,« versicherte auch der Indianer, »doch die Tatzen sind stets gut, die soll mein Bruder haben,« damit beugte er sich zu der Bärin nieder und gewandt löste er die mächtigen Pranken, dann hieb er mit dem Tomahawk ein dünnes Bäumchen um, und die Vorder- und Hinterfüße des Cubs zusammenbindend, schob er den kleinen Stamm hindurch.

»Wenn einer der beiden Weißen der Pantherkatze helfen will, so können wir in kurzer Zeit beim Lager des schwarzen Mannes sein; er wird warten.«

»Den Teufel auch,« lachte William, »ob er warten wird! Doch bei Gott, auch ich verspüre Hunger, darum angefaßt, Häuptling, damit wir – ja aber zum Henker, rasch genug bin ich zwar den Abhang hinuntergepoltert, wie aber wieder hinaufkommen? Und noch dazu mit dieser Last?«

»Uah! dort läuft der Weg empor, mein Bruder kann ihn durch die Bäume sehen.«

»Nun, dann vorwärts! George, halte doch die Hunde zurück, das Viehzeug läßt ja die Indianer kaum von der Stelle!«

Lustig ging's nun dem Lager zu, das Alle auch wohlgemuth, doch tüchtig ermattet erreichten. Bob's Erstaunen über den langen Zug zu beschreiben, wäre jedoch ein ebenso vergebliches Bemühen, wie die schlechte Laune des schwarzen Gentleman zu schildern, daß er hier volle drei Stunden gesessen, und sicher angewachsen sei, wenn ihm nicht, wie er versicherte, der Angstschweiß, von mehreren Bären überfallen zu werden, stets wieder losgethaut hätte.

Doch bei der Aussicht auf Bärenrippen, kehrte auch seine frohe Laune wieder, zurück, und Alle betrachteten neugierig den Indianer, welcher jetzt mit außerordentlicher Geschicklichkeit den jungen Bär aufbrach und eine gehörige Anzahl feister Rippen seiner Squahw übergab, welche dieselbe am Feuer auf Stäbchen steckte, und eifrig drehte. Noch löste der Comantsche die Schinken – zum Räuchern, wie er sagte – mit der Haut ab und das ganze übrige gute Fleisch mit dem Tomahawk aus dem Felle schlagend, warf er es den Hunden zu, welche gierig darüber herfielen.

»Meine Brüder sind reich,« sagte der rothe Krieger, »drei muthige Herzen, drei schnelle Pferde, drei sichere Büchsen und diese Hunde, Uah, meine Brüder sind stark und reich.«

»Gewiß, Häuptling,« entgegnete herzlich George, »und auch glücklich: die Freundschaft des mächtigen Sachem's zu besitzen.«

»Wir sind Brüder,« war dessen einfache Antwort; der jetzt auch versicherte, daß das Essen fertig sei.

Eilig zogen nun Alle die Messer und mit demselben Eifer, mit dem der lebende Bär nach ihrem Fleisch getrachtet, fielen sie über dessen gebratenes her, nur die Squahw saß bescheiden seitab, der Sitte ihres Stammes gemäß geduldig wartend, bis die Männer ihr Mahl geendet; doch kaum gewahrte dies William, als er sich an den Häuptling mit der Frage wandte:

»Warum ißt Deine Frau nicht mit, Freund Pantherkatze?«

»Es ziemt Arrita nicht, das Mahl mit den Kriegern zu theilen!«

»Ach was,« war William's Antwort, »nimm es mir nicht übel, Häuptling! Das ist grasser Unsinn. Unter Deinem Volk magst Du die übliche Gewohnheit wahren, hier aber ißt meine Schwester mit mir; in der Stunde der Gefahr hat Arrita, wie Du sie nennst, treu neben mir gestanden, ihr Warnungsruf machte mich auf die drohende Gefahr aufmerksam, ihre Hand half mir den Felsblock ersteigen, den ich ohne sie nicht erreicht. Der Teufel soll mich holen, wenn ich ihr das je vergesse. So lange wir allein umherziehen, bin ich Dein Ritter Arrita! Komm, setze Dich hierher und iß mit uns, übrigens den Bär hab ich geschossen, Du bist also mein Gast!«

Zögernd, blickte das junge, schöne Weib ihren Gatten an und erst auf dessen Wink folgte sie William's Einladung.

»So recht,« jubelte dieser, »hier setze Dich zu mir meine Schwester, und damit Du ruhig essen kannst, gib mir den kleinen Bebo her; aha, Du willst auch etwas haben,« beschwichtigte er den kleinen Schreihals, der keineswegs von der Aenderung seines Platzes sehr beglückt schien, doch beruhigte er sich bald, als ihm Willy ein Stück Fleisch in die Hand drückte, an dem das Kind auch sofort zu nagen begann.

Als William aufblickte, sah er in des Häuptlings dunkle Augen, deren nicht zu verkennender Ausdruck ihm deutlich sagte, wie wohl seine Freundlichkeit ihm thue, dessen rauhe Sitten ihm selbst nicht gestatteten, die Zärtlichkeit für seine Familie an den Tag zu legen.

Bald waren die Rippen abgenagt, und George meinte trübselig, daß die Portion verwünscht klein gewesen, doch bedeutete ihn der Häuptling, daß es besser sei, diesen Platz zu verlassen und das Lager am Ufer des Eldorado, mehr in der Niederung aufzuschlagen. George stimmte diesem Vorschlag umsomehr bei, als ihm der Comantsche versicherte, dort unten seien viele Welsche und sie könnten da ein treffliches Mahl von Bärentatzen, Bärenschinken und Welschen halten.

Nach wenigen Augenblicken waren Alle zum Aufbruche bereit und eine kurze Wanderung brachte sie an das Ufer des Flusses, dessen Lauf man stromaufwärts folgte und bald einen Lagerplatz fand. All die Herrlichkeiten, welche der Indianer versprochen, schmorten in Kurzem am Feuer, nur einen Schinken behielt er zurück, hob selben aus der Haut und machte dann mit Bob's Hilfe ein Loch in das Erdreich, das er mit heiß gemachten Steinen erhitzte. Als der Boden desselben mit einer neuen Lage glühender Steinen bedeckt war, überzog, er selbe mit einer Schicht saftiger Blätter, welche Arrita gepflückt, legte darauf den Schinken und bedeckte Alles wieder mit glühenden Steinen und dann mit Erde.

»So,« sagte der Häuptling, – »das Fleisch mag erweichen, während wir essen; dann wollen wir es die Nacht hoch über den Rauch hängen, auf diese Art zubereitet, halt es sich lange, lange Tage.«

Die Jäger lagerten sich nun in Gesellschaft ihrer rothen Freunde, doch zögerte William, der die Bärentatzen oft als das Köstlichste hatte rühmen hören unwillkürlich, als ihm Arrita eine solche reichte. Das schwarze, verkohlte Ding, sogar noch mit den riesigen Krallen versehen und mit halbversengten Haaren bedeckt, sah aber auch gar zu unappetitlich aus; als er aber sah, wie die Uebrigen, außer Bob, der ebenfalls nicht wußte, was er mit der hochgepriesenen Delicatesse machen sollte, das Fleisch nur mit dem Messer herausholten, wie das Mark aus den Knochen, folgte auch er entschlossen dem gegebenen Beispiele und gestand kauend, daß es nichts Köstlicheres geben könne.

Zum größten Behagen der Indianer kochte Bob zum Schluß Kaffe, den sämmtliche Rothhäute ungemein lieben, wie auch das herumgereichte Salz, daß die Indianer wohl gern essen, aber sich selten zu verschaffen wissen, das Mahl bedeutend würzte.

Der indianischen Sitte gemäß, kann ein Freundschaftsbündniß nicht als dauernd betrachtet werden, wenn selbes nicht durch die Friedenspfeife besiegelt wird, darum wanderte diese bald in dem kleinen Kreis von einem zum andern. Endlich frug George:

»Ist es ein Geheimniß, was meinen rothen Freund hierhergeführt?«

»Wah! Wir sind Brüder und können kein Geheimniß vor einander haben,« antwortete dieser. »Siebzehn Mal sank die Sonne hinter die Berge, seit ein Weißer bei unserem Stamme erschien und um Geleit für sich und einige Begleiter durch das Comantschengebiet bis zum Rio grande del Norte bat. Zehn gute Flinten, ein Faß Pulver und einige wollene Decken versprach er uns, wenn wir seiner Bitte Gehör schenken würden; da er als Geißel in unserem Dorf bleiben wollte, nahmen wir das Anerbieten an. Die Pantherkatze erbot sich die Fremden in diesem Paß zu erwarten und – hier ist sie!«

»Wie kommt es aber, daß der Häuptling sein Weib und Kind auf diesem Zug bei sich führt?«

»Die Pantherkatze ist ein Sachem, er geht nicht allein, zehn der besten Krieger folgten ihm, und da es möglich, daß wir Wochen lang auf die Fremden zu warten haben, nahm er die mit, die er über Alles liebt.«

»Aber wo sind die Gefährten meines rothen Bruders?«

»Nicht weit von hier – vielleicht zwei Sonnen stand unser Lager, als am verflossenen Tage eine Hurricane, Hurricane, ein plötzlicher, kurzer aber verheerender Sturm. über uns hereinbrach und die rothen Krieger zerstreute. Arrita floh gleich ihren Brüdern, erst heut fand ich auf dem steinigen Boden ihre Spur; da brach der Bär, den der schwarze Mann erlegt hervor, und der übermäßig gespannte Bogen zerknickte in meiner Hand, die Pantherkatze floh, da sie ohne Waffen!«

»Führt denn der Häuptling der Comantsche keine Büchse?« frug George weiter.

»Nein, auch habe ich zu Gunsten tapferer Krieger, die dem Schlachtschrei des Sachems stets folgten, der versprochenen Büchsen entsagt!«

»Nun denn,« sprach da George aufspringend, »Du siehst – Freund Willy – nicht ganz nutzlos führte ich Jerry's alte Büchse außer der meinen mit herum!« Eilig trat er an den Baum, unter welchem sämmtliches Gepäck lag und die treue Waffe seines alten Freundes nebst Pulverhorn und Kugelsack ergreifend, reichte er sie dem rothen Krieger mit den Worten:

»Für den mächtigen Sachem der Comantschen paßt der Bogen nicht! Ihm geziemt die Feuerwaffe daß er Tod und Verderben unter seinen Feinden verbreite; hier, Pantherkatze, nimm diese Waffe und möge sie Dir stets so treulich dienen, wie ihrem früheren Herrn!«

»Hugh,« fuhr der erstaunte Häuptling empor, »mein Bruder bürdet Wohlthat um Wohlthat auf die Schulter der Pantherkatze. Der Indianer aber ist arm, er hat Nichts, was der Weißen Herz erfreut, er darf die kostbare Waffe nicht nehmen.«

»Nimm Häuptling! Nimm!« – drängte George, – »meine Seele wäre betrübt, wenn Du die Gabe der Freundschaft ausschlügest; mir ahnt, die Zeit ist nicht fern, wo wir Deiner Hilfe bedürfen werden, dann wird der Sachem der Comantschen sein Ohr öffnen der Bitte seiner Freunde.«

»Es wird offen sein,« war des Indianers würdevolle Antwort. »Meine Brüder können eher glauben, daß der Rio Roxo seine Fluthen zurück in die Berge drängt, daß der Feuerball der Sonne sich unter die Sterne der Nacht mische, als daß die Pantherkatze vergesse, daß sie mit ihnen das heilige Calumet Calumet – die aus geweihter Tonerde geschnittene Friedenspfeife. geraucht.«

»Lieber Freund,« mischte sich jetzt auch William in das Gespräch, »herzlich ist Dir die Waffe, die wir überzählig bei uns tragen, dargeboten. Du thust uns weh, wenn Du auf Deiner Weigerung beharrst.«

»Es ist gut!« sagte einfach der Sachem, die Waffe annehmend. »In meinem Ohr klingen süß die Worte, die meine Brüder zu mir gesprochen.« Dann sprang er auf, untersuchte Lage und Korn der von jedem Indianer so heißersehnten Waffe, lud sie rasch und nachdem er etwa achtzig Schritt sich entfernt hatte, bat er ihm ein Ziel zu geben.

Noch steckten am Feuer die Stäbe, an denen die Rippen gebraten, Bob legte auf einen derselben einen Knochen und kaum war er zurückgetreten, als der Schuß des Indianers durch die stille Abendluft donnerte, der Knochen aber zersplittert in das Feuer flog.

»Die Waffe ist gut!« rief strahlenden Auges der Herantretende. »Uah! wie werden die Apachenhunde fliehen, wenn der sichere Schuß der Pantherkatze ihre Krieger vom Pferde wirft!«

»Ist mein rother Bruder Feind der Apachen?«

»Der Comantsche?« hohnlachte der Häuptling, »wie der Wolf seine feigen Brüder, die Coyoten Coyoten, eine Art Klein-Schakals bekämpft, wo er sie nur wittert, so jagt der Krieger meines Stammes die Apachenhunde.

»Kein Sommer vergeht, ohne daß an dem Feuer der Comantschen die Scalpe ihrer Feinde trocknen. Wenn das durch die Sonne verbrannte Gras die Apachen zwingt, bessere Weide für ihre Heerden zu suchen, dann folgen ihnen die Pferde mit den geschlitzten Ohren Die Comantschen schlitzen ihren Streitrossen die Ohren auf. und das dürre Land färbt rings das Blut der Besiegten!«

»Wenn unsere Freunde wieder einen Zug in die Apacharia unternehmen, werden wir sie begleiten,« fiel George dem Indianer in's Wort.

»Uah! meine Brüder sind willkommen! Doch es ist spät, wir wollen schlafen. Die aufsteigende Sonne muß den Häuptling bereit finden, seine rothen Krieger zu suchen!«

Mit diesen Worten legte sich der Indianer zurück und bald bewiesen seine tiefen Athemzüge, daß er entschlummert sei. Alle Anderen folgten seinem Beispiele.

Nach kurzer Ruhe brach die kleine Caravane auf und dem weiten Thal, das sich jetzt dicht an dem Colorado hinzog folgend, trafen sie des Mittags mit der Schaar der Pantherkatze, welche der Spur ihres Häuptlings gefolgt war, zusammen.

Es waren zehn auserlesene Krieger von kräftiger Gestalt, an dem Knieband, das die Leggins zusammenhielt, hingen bei Jedem einige Wolfsschwänze, eine Auszeichnung, die nur Tapferen zukömmt. Sämmtlich zu Pferde – und die Reitthiere des Sachems und seiner Squahw am Lasso mit sich führend, schienen die Reiter mit ihren tanzenden Rossen wie aus einem Gusse zu sein. Mit langen Lanzen, Bogen und Pfeilen, Messer und Tomahawk waren die wilden Krieger bewaffnet, nur ein alter, mit Narben bedeckter Geselle, trug eine Flinte an seiner Seite.

Die Begrüßung, welche die rothen Söhne ihrem Sachem boten, verrieth unsern Freunden nur zu deutlich, wie beliebt derselbe bei seinen Genossen sei. Rasch bestieg dieser seinen schneeweißen, halbwilden Mustang, auch Arrita, den Knaben im Arme, schwang sich auf eine zierliche Falbe und in indianischer Reihe, geführt von dem alten Krieger, dessen scharfes Auge ihm den Namen »der Falke« und gleichzeitig den ehrenvollen Posten des ersten Spähers seines Stammes verschafft, zog die Schaar in scharfem Paßgang ihrer Pferde nach dem Punkte, wo der Colorado die Prairien verlassend, in die Sierra de Texas eindringt. Hier vereinigen sich alle aus derselben nach dem freien Comantschengebiete führende Wege, und hier wollte die Schaar die Fremden, welche sie um ihren Schutz gebeten, erwarten.

Am ersten Lagerfeuer, das die Krieger der Pantherkatze mit den neuen Freunden theilten, erzählte der Häuptling, wie die Weißen und der schwarze Mann mit den grauen Bären gekämpft, wie sie ihm und seiner Squahw geholfen.

Ein beifälliges Murmeln der Comantschen folgte der Rede ihres Sachems und ein Jeder derselbe stand auf, versicherte den Weißen seine Freundschaft und bat die Friedenspfeife mit ihm zu rauchen.

Mit welcher Freude dieser Wunsch erfüllt wurde, braucht kaum geschildert zu werden und als die rothen Krieger schon lange, beschützt von zwei Wachen, in tiefem Schlummer lagen, saßen George und William noch in leisem Gespräche am Lagerfeuer und priesen das Geschick, das sie nicht allein aus dem gefahrvollen Kampfe mit den Grislybären hatte unversehrt hervorgehen lassen, sondern ihnen gleich am Anfang ihrer Wanderung den Häuptling der Comantschen als Freund zugeführt habe.

Bob aber saß neben ihnen und fertigte aus den Krallen der erlegten Bären unter George's Anleitung zwei Halsbänder, mit welchem Schmucke »die Pantherkatze« und »der Falke« am anderen Morgen überrascht werden sollten. Der schwarze Künstler hatte einen Streifen seines brennend rothen Halstuches geopfert, um vor Allem das für den Häuptling bestimmte Geschenk, so schön als nur möglich herzustellen, der, wie er ernsthaft versicherte, trotz seiner rothen Haut nach innen und außen ein Gentleman sei.


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