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Neuntes Kapitel.
Das Bild im Glaspalast.

Der höchste Kampfeseinsatz sei dein Ich
Und hinter deinem Wort steh mit der Tat!

 

Der Winter war noch einmal zurückgekehrt. Ein kalter Märztag ging flimmernd zur Neige, über Giebeln und Erkern lag's wie Goldbrokat, und ein rosenroter Schein flog über die Dächer. Tief verschneit träumten die Vorgärten. Baum und Strauch trugen weiße Schleier. Wie feine Meißner Porzellangebilde standen sie regungslos in der Dämmerung. In den verschwiegenen Alleen webte des Rauhreifes feenhafte Spitzenkunst. Eine kristallene Blüte hing neben der anderen. Feierlich trugen die grauen Wipfel das leuchtende Geschmeide. Und kein Laut ringsum. Nur ab und an der Ruf einer Uhr oder der gedämpfte Jubel einer fernen Geige. Die stille abgeschiedene Straße wußte nicht, wie schön sie war ...

Da kam's durch den Schnee, leichtfüßig und schnell. Silbern klang eine Glocke durch die frostklare Luft, eine Haustür tat sich auf, und der rote Schein einer Laterne fiel auf die weißen Stufen. Rank und schlank hob sich die Knabengestalt von der Helle des Raumes. Dann klangen Stimmen. Jedes Wort war verständlich in der weißen Stille.

»Guten Abend, Traute!«

»Ach, du bist's, Walter!« Ein kaum erblühtes Mägdlein mit langen blonden Zöpfen reichte dem Schüler die Hand.

Er hielt sie einen Augenblick fest. »Ist dein Vater zu Hause?«

Das goldhaarige Köpfchen nickte. »Komm doch 'rein, mich friert.« Sie trat von einem Fuß auf den anderen.

Er lachte. »Zimperlieschen!«

»Bitte sehr,« klang's zurück, »es sind 15 Grad Kälte, und ich komme aus Vaters Arbeitsstube! Da ist's mollig! Mutter sagt, viel zu heiß. Vater hat eben etwas bekommen, das wird dich interessieren,« setzte sie mit geheimnisvoller Miene hinzu. »Er sagte gleich: das muß Walter sehen!«

Der Primaner wurde neugierig. »Wenn ich nicht störe!?«

»Unsinn! Aber ich laß dich nur rein, wenn du das ›Zimperlieschen‹ zurücknimmst!«

Er lachte hell auf. »Meinetwegen!« Er machte ihr eine feierliche Verbeugung. »Hiermit nehme ich unter dem Ausdruck des Bedauerns meine gegen Fräulein Gertrud Linde gerichtete Beleidigung zurück! – Genügt das?«

Ein kleines spitzbübisches Lächeln huschte um ihren Mund. Sie neigte herablassend den Kopf und schritt ihm voran. Die Tür fiel hallend ins Schloß. Mit der Wärme des traulichen Raumes mischte sich die Winterluft.

Da wurde eine Zimmertür geöffnet. Stimmen klangen durcheinander. Eine Frauengestalt stand auf der Schwelle.

Auf den ersten Blick sah man's: das war Trautes Mutter. So würde das feine junge Ding, das schon jetzt an das anmutige Brautbild der Bürgermeistertochter erinnerte, als reife Frau aussehen, als Mutter einer frohen Kinderschar.

Groß und schlank stand Ehrengard Linde in ihrem schlichten dunkelblauen Hauskleid im Türrahmen. Über der schönen Stirn scheitelte sich das reiche Haar, das sie in schweren blonden Flechten um den Kopf gesteckt trug. In den freundlichen blauen Augen lag etwas Träumerisches, und der Ernst um den feinen Mund erzählte von den Sorgen und Kämpfen einer Mutter. Aber die Haltung war aufrecht wie bei Menschen, die durch den Sturm gewandert sind. Die sich nicht irre machen lassen, wenn sie nicht vorwärts kommen. Die aufwärts blicken und warten. Für die Frau, die im ersten Kriegsmonat zwei hoffnungsvolle Söhne verlor, die den schwersten Kampf um deutsche Eigenart miterlebte und von einem Morgen zum anderen nicht wußte, ob sie ihren blühenden Garten wiederfinden würde, war diese Zuversicht ein Großes. Aber sie hatte sich ihr Gottvertrauen in dunklen Zeiten immer aufs neue erkämpft und ließ es sich nicht mehr entreißen. Wenn schwere Gedanken den Frieden ihrer Seele bedrohten, hielt sie sich Luthers Wort vor: ›Ich kann's nicht hindern, daß die Spatzen mir um den Kopf fliegen, aber es ist meine Schuld, wenn sie darin nisten!‹ Seit sie die schwere Nervenerschütterung überwunden hatte, besserte sich auch ihr körperliches Befinden. Sie schien ganz die alte, nur dem kundigen Auge ihres Mannes entging es nicht, daß noch nicht alles war, wie es sein sollte. Mutig ging die zarte Frau ihren Weg, ungeachtet der Wetterwolken, die über der Zukunft standen. Sie wollte nicht an Deutschlands völligen Untergang glauben. Wenn nur eine kleine Schar übrigblieb, die das Vaterland heilig hielt und mit starkem Herzen und treuen Händen an den Aufbau der Heimat ging – gab Gott Gnade, was braucht' es mehr? So sagte sie sich.

Freundlich trat sie auf den jungen Wächter zu. »Sie kommen gerade im rechten Augenblick, lieber Walter! Wir haben eben von Ihnen gesprochen!« Sie reichte ihm die Hand, die er ehrerbietig an die Lippen führte.

Frau Professor war der Gegenstand seiner unbegrenzten Bewunderung und Verehrung. Was er daheim entbehrte, fand er bei ihr. Es war die Innerlichkeit und echte Menschenfreundlichkeit ihres Wesens, die Mütterlichkeit, die ihr aus den Augen strahlte und jedem, der ihr begegnete, das Herz warm machte. Noch nie hatte er bei einer Frau in ihren Jahren so viel Liebreiz gesehen, und mit reinen Sinnen empfand er's, daß ihn nicht äußere Anmut fesselte, sondern die Schönheit einer Seele, die des Weibes heilige Bestimmung in ihrer ganzen Tiefe erfaßte. Das zog ihn zu ihr hin. Um so mehr vielleicht, weil er's an der eigenen Mutter vermißte. Bisweilen flog's ihm durch den Kopf, ob er sein heimliches Ahnen und Bangen zu dieser Frau tragen solle. Noch war die schwere Vermutung nicht über seine Lippen gekommen. Nicht einmal den Vormund, der ihm als treuster väterlicher Freund zur Seite stand, hatte er sich zu fragen getraut, wie es um die Mutter stehe. Er konnte irren. Und der bloße Gedanke, daß fremde Augen seine Zweifel schauen würden, schloß ihm den Mund. Die Ehre der Mutter war seine eigene Ehre. So schwieg und schwieg er. Aber Sorgen und Ungewißheit folgten ihm auf Schritt und Tritt und breiteten ihre Schatten über seine Jugend.

Auf Ehrengard Lindes Zügen lag ein Lächeln, als er sich über ihre Hand neigte. Sie kannte seine stille Verehrung und freute sich an dem großen Jungen.

Da schaute ein dunkler Kopf aus dem hellen Zimmer. »Das ist ja der Walter!« rief eine Knabenstimme.

Im nächsten Augenblick stand die ganze Familie auf der Diele. Ursula mit dem kleinen Andreas an der Hand, Joachim, die Zwillinge, zwei allerliebste Mädelchen, die ganz dem Vater glichen, zuletzt kam Linde selbst.

Es war ein Stimmengewirr, daß man sein eigen Wort nicht verstand.

»Ruhe im Saal! Was ist das wieder für 'n Radau!« rief der Professor. »Na, mein lieber Junge, weißt du noch, wo dir der Kopf steht?« Er klopfte sein Mündel auf die Schulter.

Walter lachte. »Mutter schickt mit vielem Dank die Bücher zurück,« sagte er, ein Päckchen hervorziehend.

Lindes Blick streifte ihn mit halber Frage. Er schien ihm etwas befangen.

Die Sachen hätten die Mutter sehr interessiert, setzte der Primaner hinzu.

Der Arzt schwieg. Er kannte Juliane Wächter und machte sich aus der Art ihrer Bestellung seinen Vers. Natürlich interessierte sich die Frau für die Alkoholfrage – auf ihre Weise. Jedenfalls schien sie es für das beste zu halten, sich nicht aufs Glatteis zu begeben. Das war ganz klar.

Er faßte Walter unter den Arm. »So, nun ist's aber genug des grausamen Spiels! Die Bande spannt dich ja auf die Folter! – Komm, Ehrengard!«

Frau Professor Linde hatte ihr Jüngstes auf den Arm genommen. Der frische stämmige Bub saß auf seinem Lieblingsplätzchen und schmiegte den flachshaarigen Lockenkopf an die Schulter der Mutter, während die Zwillinge mit dem Brüderchen Versteck spielten. Es war ein reizendes Bild.

»Geht nur voran,« sagte sie freundlich. »Ich bringe den Jungen zu Bett, dann komme ich wieder herunter!« Sie reichte ihrem Mann den Kleinen zum Gutenachtkuß. Dann trug sie das Kind die eichene Treppe hinan.

Linde sah ihr nach. Sie wandte noch einmal den Kopf. Ein stilles Leuchten stand in ihren Augen. Da war er zufrieden.

›Noch ganz wie ein Brautpaar!‹ dachte Walter, der den Blick aufgefangen hatte. Dann ward er im Triumph in das Zimmer des Hausherrn geführt.

Überrascht blieb er mitten in dem behaglichen Raum stehen.

An der Längswand über dem Arbeitstisch hatte eine Gruppe alter Radierungen einem großen Gemälde Platz gemacht. Ein seltsames Bild! Auf den ersten Blick verrieten die Straffheit der Anlage und der geniale Schwung der Ausführung vollendetes Künstlertum. Aber das Fremde, Dämonische, das über der orientalischen Landschaft geisterte, gab dem Beschauer Rätsel auf. Im düsteren Vordergrund auf verwittertem rebenumkränztem Altan stand ein Mann und starrte in die Nacht hinaus. Im Schein eines verborgenen Lichtes sah man die dunkle Gestalt in Fieberschauern erbeben. Das Entsetzen versteinte die Züge, die Augen traten aus ihren Höhlen. Denn vom Herbststurm gepeitscht, jagte ein unabsehbarer Geisterzug in grauser Wirrsal heran. Schon hatten die Ersten den Alten erreicht. Die dürren Fäuste schüttelnd, stürzten sie sich auf den Wehrlosen – – –

Der Künstler hatte den Augenblick furchtbarster Erwartung gewählt und meisterhaft festgehalten.

Wie gebannt stand der junge Mensch vor dem Kunstwerk. Eine innere Stimme sagte ihm, daß dem düsteren Bilde ein tiefer Sinn zugrunde liegen müsse.

Er wandte sich an Linde. »Was stellt das Bild dar, Herr Professor?«

»Eine alte, wenig bekannte arabische Sage,« erwiderte der Arzt. »Wenn meine Frau wieder unten ist, sollst du sie hören!«

Er sah auf die Uhr. »Hilde und Ruth, es ist Zeit, daß ihr zu Bett geht!«

Ohne Widerrede gehorchten die kleinen Mädchen und sagten Gute Nacht.

Ursula ging mit ihnen hinauf. »Damit Mutter bald wieder unten ist,« sagte sie, ihrem Liebling Hilde über das lockige Haar streichend.

Joachim mußte noch Schularbeiten machen, und Traute hatte bei ihrem vielbeschäftigten Lehrer eine späte Violinstunde. Um nicht zu stören, wenn der Vater erzählte, schlossen sie sich den Schwestern an.

Fünf Minuten später trat die Hausfrau ein.

»Sollen wir auf Ursula warten?« fragte Linde.

»Das wird zu spät. Sie wollte Traute in die Violinstunde bringen,« erwiderte Ehrengard. »Bitte, behalten Sie Platz, lieber Walter,« wandte sie sich an den jungen Wächter und setzte sich neben ihren Mann.

Da begann Siegfried Linde zu erzählen.

»Es war im Sommer 1913, als meine Frau und ich mit einem Bekannten die Kunstausstellung im Münchener Glaspalast besuchten. Wir hatten alles Sehenswerte genossen, als Doktor Hollbach, der als Münchener Kind und feiner Kunstkenner ein vortrefflicher Führer war, uns auf ein an unauffälliger Stelle hängendes Bild aufmerksam machte. Das Werk des unbekannten Meisters fesselte uns auf den ersten Blick. Wir setzten uns in den abgelegenen Raum und ließen seine fremdartige Schönheit auf uns wirken. Aber je länger wir es beschauten, desto rätselhafter ward uns sein Sinn. Hollbach weidete sich förmlich an unsrer Neugier. Als er sah, daß wir das Geheimnis niemals ergründen würden, fühlte er ein menschliches Rühren und begann, uns das Gemälde zu erklären. Wir brannten geradezu, Näheres zu erfahren und waren daher wenig erbaut, als er in seinem kaum begonnenen Bericht unterbrochen wurde. Ein junger Herr trat ein, sichtlich enttäuscht, Gesellschaft vorzufinden. Dann erkannte er Hollbach und begrüßte ihn bescheiden aus der Entfernung. Der freute sich augenscheinlich der Begegnung, ging auf ihn zu und machte uns bekannt. Es war ein junger Maler, Hans Bühren.

Als er meinen Namen hörte, rötete sich das feine blasse Gesicht. Immer wieder sah ich die braunen Augen fragend auf mich gerichtet. Ich konnte mir dies Interesse nicht erklären. Gern wäre ich der Sache auf den Grund gegangen, denn die Persönlichkeit zog mich an. Aber der Augenblick war nicht geeignet. Naturgemäß richtete sich die allgemeine Aufmerksamkeit auf das Gemälde.

»Sagen Sie's nur ganz offen, lieber Bühren,« rief Hollbach, nachdem wir uns auf die Polsterbänke niedergelassen, in seiner frischen Art, »als Sie uns vorfanden, wünschten Sie uns zum Teufel! – Mein junger Freund hat nämlich eine Vorliebe für dies Bild,« wandte er sich an meine Frau, »er kann stundenlang darunter sitzen und wie ein junges Mädchen den Gegenstand seiner Verehrung anschwärmen!«

Hans Bühren lachte. »Na, na, Herr Doktor, ganz so schlimm ist's wohl nicht, wenn ich auch nicht leugnen kann, daß das Gemälde eine große Anziehungskraft auf mich ausübt. Es ist übrigens nicht nur die künstlerische Meisterschaft, die mich fesselt, sondern auch das Gegenständliche!« Wieder streifte mich sein Blick.

»Dann wird es Sie hoffentlich nicht allzusehr langweilen, wenn ich den Herrschaften das Bild erkläre,« sagte Hollbach. »Sie haben leider nur wenig Zeit, da sie auf der Durchreise sind.«

»Im Gegenteil, Herr Doktor, ich höre die Sage immer wieder gern!«

Da begann mein Kollege.

»Ich brauche nur die nackten Tatsachen zu berichten. Das übrige sagt das Kunstwerk in so wundervoller Weise, daß es keines gesprochenen Wortes mehr bedarf.

Eine alte, wenig bekannte orientalische Sage hat dem Meister als Vorwurf gedient. Ein arabischer Alchimist, der an der Entdeckung des Steins der Weisen arbeitete, hatte sich, um ungestört seiner Aufgabe leben zu können, eine Zeitlang von den Seinen getrennt und in sein Laboratorium zurückgezogen. Seine Frau brachte ihm täglich einmal Speise und Trank in das einsame Landhaus; sonst durfte ihn keiner stören. Eilig genoß er davon, soviel zur Erhaltung des Lebens nötig war, die Reste schüttete er, um seine Gattin in dem Glauben zu erhalten, daß nichts übrigbliebe, in einen Schmelztiegel im Winkel des Gemachs. Nach einiger Zeit machte er die Wahrnehmung, daß dem Gerät ein seltsam belebender anregender Duft entströmte. Die Speisereste waren in Gärung übergegangen. Nachdem er den Grundstoff gefunden, gelang ihm nach langen Versuchen die Zusammensetzung eines Getränks. Anfangs glaubte er den Stein der Weisen entdeckt zu haben, denn seine Erfindung übte eine nie gekannte Wirkung aus. Körper und Geist wurden nach dem Genuß des geheimnisvollen Trunks neu belebt, Kummer und Sorgen schwanden dahin, Frische und Arbeitslust kehrten zurück. In dem beseligenden Gefühl, ein Wohltäter der Menschheit zu werden, übergab er das kostbare Erzeugnis der Öffentlichkeit. ›Alkohol, d. h. das Edle, Feine‹, hatte er den wundervollen Labetrunk genannt, von dem er den Beginn eines neuen glückverheißenden Zeitabschnittes erhoffte.

Aber seine Erwartungen erfüllten sich nicht. Mit Schrecken mußte er erkennen, daß die glänzenden Eigenschaften sich als Lug und Trug herausstellten, ja daß dem augenblicklichen Wohlsein Erschlaffung und vermehrte Niedergeschlagenheit folgten, die zu immer neuem übermäßigem Genuß führten. Mehr noch. Der Alkohol erwies sich als ein Gift, das den Keim zum Niedergang ganzer Geschlechter legte und blühende Völker hinmordete.

Das Gemälde zeigt uns den Augenblick, wo der unglückliche Entdecker vom Altan seines Landhauses verzweifelt in die Finsternis hinausstarrt. Seine Sinne spüren das nahende Verhängnis, jeden Nerv gespannt, lauscht er auf die Rufe der Mitternacht, auf den Gesang der Windsbraut. Da naht, vom Sturm geführt, ein unabsehbarer Zug. Männer und Frauen, die den Kelch des Todes getrunken, Jünglinge mit greisen Zügen, blühende Mägdlein und zarte Kinder, denen das trügerische Labsal das Leben vergiftet. Abgezehrte Gesichter blicken starr auf den Gelehrten, drohende Fäuste heben sich wider ihn auf, Flüche werden laut. Dazwischen die irren Hilferufe betrogener Frauen, das Schluchzen verlassener Bräute, das Wimmern sterbender Kinder.

Da packt den Unglücklichen die Verzweiflung. Wie ein Wahnsinniger stürzt er sich der Windsbraut entgegen, die ihn und seine Opfer in endlosem Wirbel mit sich reißt. Durch das Dunkel der Zeiten rast der Zug des Todes, bis die letzte Mitternachtsstunde naht und der große Gerichtstag – – –«

Doktor Hollbach hatte geendet. Eine Falte zwischen den Brauen, schaute er auf das Bild. Noch nie hatte ich den strengen herben Zug in dem gütigen Gesicht gesehen.

»Und das hängt man bei uns in München in ein abgelegenes Käfterchen,« stieß er bitter hervor, »kein Wunder! Gott sei Dank, daß sich die Wissenschaft im großen Ganzen anders zu der Sage stellt als die Stadt der Brenner und Brauer!«

Ich saß versunken in den Anblick des Gemäldes. Seit ich die arabische Sage gehört, ergriff mich seine düstere Schönheit noch mehr als auf den ersten Blick. Die Farben des Orients verblaßten. Die deutsche Not schaute mich todestraurig an.

Meine Frau mahnte zum Aufbruch, wir wollten noch eine Fahrt ins Isartal machen, ehe wir am anderen Morgen weiter reisten.

Aber ich konnte mich nicht von dem Bilde trennen. Schließlich riß ich mich los, nachdem Doktor Hollbach mir versprochen hatte, wenn irgend möglich, eine Photographie für mich aufzutreiben.

Bald waren wir mitten im Münchener Straßenleben mit seinen abwechslungsreichen Bildern. Aber meine Gedanken waren im Glaspalast geblieben.

Hollbach wollte mit uns ins Isartal fahren, und Hans Bührens Augen lachten mich an, als ich ihn aufforderte, uns zu begleiten. Vorher wollten wir noch in unsrem Gasthof fragen, ob Briefe eingetroffen seien. Da kam uns der Hausdiener mit einer Drahtnachricht entgegen. Ursula war an Lungenentzündung schwer erkrankt. Wir fuhren mit dem nächsten Zuge. Die beiden Herren begleiteten uns an die Bahn. Hans Bühren ging mit meiner Frau voran, Hollbach und ich folgten. Als wir München hinter uns hatten, erzählte sie mir, er habe sie im letzten Augenblick gebeten, mir zu sagen, ich hätte ihm einen Dienst erwiesen, für den er mir lebenslang danken werde. In zwei Worten sei's nicht gesagt und heute nicht der rechte Augenblick. Er wolle nicht unbescheiden sein. Darum werde er sich erlauben, mir zu schreiben. Dann waren wir in unser Abteil gestiegen.

Ich habe lange auf den Brief gewartet. Als der Krieg ausbrach und Hans Bühren immer noch nicht geschrieben hatte, gab ich die Hoffnung auf. Hollbach war seit 1914 im Westen und fiel ein Jahr darauf. So hörte die Verbindung mit München auf.

Heute, nach bald sechs Jahren, kommt diese Kopie des Gemäldes mit einem Brief von Hans Bühren!«

Linde trat an den Schreibtisch. »Du sollst ihn hören, Walter! Damit du siehst, was der Alkohol im Kunstleben bedeutet, und was für klare gefestigte Persönlichkeiten wir noch unter unsren Künstlern haben.«

Er faltete das Schreiben auseinander und las:

 

München, den 7. Februar 1919.

Hochverehrter Herr Professor!

Sie werden sich über mein Schweigen gewundert haben, und ehe Sie die Gründe nicht kennen, darf ich nicht erwarten, daß Sie es entschuldigen. Darum muß ich Sie bitten, mit mir zurückzukehren zu jenem Sommertag, wo wir uns im Glaspalast unter dem Bilde der Alkoholsage trafen. Es ist schuld daran, daß ich erst heute zu Ihnen komme. Nie habe ich mehr bedauert, daß eine flüchtige Begegnung nicht zu dauernden Beziehungen führte, als in der Stunde, wo ich dem Manne gegenüberstand, der mir im höchsten Sinne zum Lebensretter geworden war!

Sie kennen das Kunstleben mit seinen Leiden und Freuden, seinen ungezählten Versuchungen, Herr Professor! Ein Frauenarzt sagte mir einmal: ›Wir erfahren mehr, als mancher Geistliche.‹ Ich glaub's. Schuld und Not kann man nicht jedem offenbaren. Auf die Persönlichkeit kommt's an.

Als blutjunger Mensch betrat ich die Künstlerlaufbahn. Die Kreise, die sich mir öffneten, waren mir völlig wesensfremd. Aus einem christlichen Gelehrtenhause stammend, empfand ich die Kluft zwischen mir und den frohen leichtlebigen und leichtsinnigen Menschen um so mehr, als ich verwaist und ohne jeden Anhalt war. Aber Einsamkeit und Mittellosigkeit zwangen mich zum Anschluß an andere, und es währte nicht lange, so waren die Lebensgewohnheiten der Münchener Maler die meinen. Ich begegnete manch feinsinnigem Künstler und fand mehr als einen guten Kameraden, der das wenige, was er hatte, mit dem Stubennachbar teilte. Je länger ich in München lebte, je mehr umstrickte mich die Umwelt des Kunstlebens mit ihrer fröhlichen Ungebundenheit. Der Geist des Genießens und die Freude am Schönen nahmen meine Sinne völlig gefangen. Selbstredend huldigten wir dem Alkohol – im großen Ganzen in mäßiger Weise. So nur war es erklärlich, daß die Verletzung der Sittlichkeit im allgemeinen eine Seltenheit im Bunde der Kunstfreunde war. Kam aber eine Entgleisung vor, so bedeckten wir sie mit dem Mantel der Liebe. Kurz und gut, wir hielten's mit dem Wort: ›Leben und leben lassen.‹ Daß solch harmloses frohes Völklein, das unbehütet in die Welt hinauswandert, nach den Folgen seines Tuns fragt, erwartet ja auch kein vernünftiger Mensch! Mir waren Vater und Mutter zu früh gestorben, die anderen hatte man ungewarnt hinausgeschickt oder tauben Ohren gepredigt. Über eins waren wir jedenfalls alle miteinander im unklaren. Es war die Gefahr des Hefegifts.

Ich persönlich war, wie gesagt, ziemlich mäßig, hauptsächlich, weil ich einen Rausch für unanständig hielt und den nachfolgenden Katzenjammer fürchtete. Der Wein war mir in erster Linie ein treuer Geselle bei der Arbeit. Wenn die Lebensgeister versagten, regte ein guter Tropfen aufs neue die Schaffenslust an.

Erst an den Rechnungen merkte ich, daß mein Weinverbrauch sich langsam, aber stetig in aufsteigender Linie bewegte. Ich erschrak – natürlich über die Rechnungen. Daß der Teufel mich ritt, ahnte ich nicht. Im Gegenteil. Ich hielt mich für äußerst mäßig. Meine Kunst bedurfte eben der kleinen Anregung. Da ich bereits mehrere Bilder recht gut verkauft hatte, war die Sache rasch erledigt.

In jener Zeit war's, daß mich in einem Buchladen der Titel einer Neuerscheinung fesselte. Es war Ihr Werk ›Gift‹. Ein Blick in die Seiten genügte, um meine Neugier derart zu entfachen, daß ich das Buch kaufte und mich in seinen Inhalt vertiefte. Essen und Trinken, Schlaf und Arbeit waren vergessen. Aber als ich das Buch schloß, war ich – empört. Gewiß, ich gab die Gefahr des unmäßigen Alkoholgenusses für den einzelnen wie für die Rasse zu. Aber hier war der tägliche mäßige Genuß als ein Übel, ja mehr als das, als ein Unrecht an der Gesamtheit hingestellt, als eine Schuld. Damit wurde also auch dem Künstler die so notwendige Anregung zum Vorwurf gemacht. Es war unerhört! Und zu alledem war der Verfasser noch ein bekannter Frauenarzt! Was sollte aus seinen Anhängerinnen werden, wenn sie seiner Weisung folgten? Allein die Bühnenkünstlerinnen und Schriftstellerinnen! Was sollten sie ohne Alkohol anfangen? Erledigt waren sie! Ob der Verfasser selber sein glänzendes Werk wohl in völliger Abstinenz geschrieben hatte? Herr Professor, heute muß ich's Ihnen bekennen: wie hab' ich mich um dieses Gedankens willen verachtet! Nur Torheit und Selbstsucht waren solchen Unrechts fähig.

Ihr ›Gift‹ machte mich halb verrückt. Es war das erste, was ich aus berufener Feder über die Alkoholfrage las. Darum die tiefe seelische Erschütterung nach beendeter Lektüre und der ohnmächtige Zorn über den Friedenstörer. Denn all mein Zweifeln und Aufbegehren nützte mir nichts; so oft ich mich in das Buch vertiefte – es ließ mich Tag und Nacht nicht los – sagte mir eine innere Stimme: ›Es redet die Wahrheit!‹ Das war das Gewissen! Keinen strengeren Gerichtshof gibt's. Aber kurzsichtig und befangen, wie ich war, verwarf ich das Urteil.

Da brachte mich das Leben zur Besinnung. Ganz plötzlich und unerwartet starb der allgemein verehrte Vorsitzende unsres Vereins im blühenden Mannesalter. Drei Tage war er krank gewesen, wie es hieß, an Lungenentzündung. Kurz darauf erzählte mir ein bekannter Arzt, daß dem durch nervöse Veranlagung und Alkoholgenuß der Voreltern erblich belasteten Körper jede Widerstandskraft gefehlt habe. Der Kranke habe den leichten Anfall sonst überwinden müssen, zumal er selber durchaus mäßig gelebt habe. Auf meine Frage, ob denn Trunksucht in der Familie geherrscht habe, erklärte er: ›Das wohl nicht gerade, aber täglicher gewohnheitsmäßiger Alkoholgenuß. Der Vater konnte Unmengen vertragen.‹

Ich starrte ihn entgeistert an.

Da sagte er mit tiefem Ernst: »Die Alkoholfrage ist das dunkelste Kapitel in unsrem Volksleben, und wir alle laden eine Schuld auf uns, wenn wir nicht die richtige Stellung dazu einnehmen.«

Wie ein Vorwurf klang's. Fast wörtlich stand der Ausspruch in Ihrem Buch. Der sich dazu bekannte, aber war ein Münchener Kind.

Wieder begann ich die Abhandlung zu lesen. Aber anders als das erstemal. Mit geschärften Sinnen und bereiteter Seele. Ich wußte nicht nur, daß ich umlernen müsse, ich wollte umlernen. Der Anfang dazu war die Scham. Vor dem Manne, der, ohne mit der Wimper zu zucken, den Besten seines Volkes die furchtbarste Wahrheit ins Angesicht sagte, hatte mein knabenhafter Sinn sich nicht beugen wollen. Der Anblick einer Totenbahre mußte mich zur Besinnung bringen. Und es war mir, als hörte ich die Stimme eines Großen aus der Ewigkeit herüberklingen: ›Du gleichst dem Geist, den du begreifst, nicht mir!‹ Jetzt erkannte ich, daß dies Wort in bezug auf die Enge und Kleingeisterei unsres Wesens Bände spricht. Was wir aus irgendeinem selbstischen Grunde nicht einsehen wollen, das begreifen wir eben nicht. Lieber lassen wir unsrer Willenskraft das demütigende Zeugnis ausstellen, daß sie an den harten Aufgaben der Zeit zerschellte.

In der Stille der Mitternacht saß ich und las. Die Nebel zerrissen, wie Schuppen fiel's mir von den Augen. Rücksichtslose Ehrlichkeit gegen das eigene Ich habe ich von Ihnen gelernt, Herr Professor, und danke es Ihnen aus tiefster Seele! Denn ehe wir nicht lernen, die Schuldfrage unsres Volkes zu bejahen und zu unsrer eigenen zu machen, werden wir nicht frei. Was mir Ihr Werk so unendlich wertvoll machte, ist nicht nur die kristallene Klarheit der Wissenschaft, die mit wunderbarer Schlichtheit irrende Völker lehrt, es ist vor allem die Erkenntnis der Gesamtschuld und der Hinweis auf den ewigen Heilquell. Es gibt wohl kaum ein ergreifenderes Zeugnis, als wenn ein Arzt seinen Vortrag über die tiefsten sittlichen und sozialen Fragen mit dem Namen Jesu schließt. Das haben Sie getan, Herr Professor, und ich bin überzeugt, daß ich nicht der einzige bin, dem Sie mit diesem Bekenntnis das Herz gestärkt haben! –

Natürlich trinke ich keinen Tropfen Alkohol mehr. Das ist nicht mehr möglich, seit mir folgende Stelle aus Ihrem Buch in Fleisch und Blut übergegangen ist: ›Die Frage, ob ich persönlich ein Verehrer des Alkohols bin oder nicht, zerfällt in dem Augenblick, wo die Stimme des Gewissens das Wohl der Gesamtheit fordert. Angesichts der großen Schar der Schwachen, die dem Starken nachleben, ohne die Kraft des Maßhaltens zu besitzen, ist das Beispiel der Abstinenz einfach eine volkserhaltende und sittliche Pflicht, dahinter die eigenen Wünsche zurückzutreten haben.‹

Daß Sie aus einem Schwächling einen Gesunden gemacht, ist ein Geschenk, wie ich es bisher aus keines Menschen Hand empfangen habe. Durch Sie lernte ich das erlauchte Wort verstehen: ›Es ist der Geist, der sich den Körper baut!‹ Größer noch ist die Gabe, die mir das Auge öffnete für die Not des Vaterlandes und die ewigen Werte der Heimat. Worte sprechen nicht aus, was ich Ihnen zu sagen habe. Darum bitte ich Sie, beifolgende Kopie des von Ihnen so bewunderten Gemäldes als Zeichen meines heißen Dankes anzunehmen. Daß das Bild erst jetzt in Ihre Hände gelangt, hat der Krieg verschuldet.

Eins noch. Am Jahrestage unsrer Begegnung in München erlebte ich kurz vor Ausbruch des Krieges gelegentlich einer Studienreise zum erstenmal eine große Tagung abstinenter Vereine. Was soll's, daß ich Ihnen, der seit Jahren mitten in der Arbeit des gewaltigen Werkes steht, die Feierstunden schildere, die ich im sommerlichen Glanz der nordischen Küste erlebte! Sie kennen die Festzüge der Männer und Frauen, auf deren Fahnen die weltbewegende Losung leuchtet, jene Streiter und Streiterinnen in dem festgeschlossenen Heer, das von Sonnenaufgang bis Mitternacht den unerbittlichen Kampf gegen den Landesfeind führt – kennen die mächtigen Volksversammlungen, die ernsten schweigenden Massen, die mit brennenden Augen auf die erläuternden Tafeln der Statistik schauen, die bildlich darstellen, was das gesprochene Wort lehrt: das Wachstum des Gifts und das tägliche Riesenopfer, das es fordert. Das alles kennen Sie, und ich will nicht davon reden, Herr Professor, obwohl ich zu meiner Entschuldigung sagen könnte: ›Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über!‹ Aber seien Sie unbesorgt. Sie wissen: ich habe Enthaltsamkeit gelernt, völlige Enthaltsamkeit. Nur an einem kann ich nicht vorüber. Es ist die blühende Gesundheit, der Überschuß an strotzender Kraft, an sehnigen Muskeln und Nerven, des Auges blitzendes Licht, des Mundes jauchzender Widerspruch! Das haben wir noch – trotz erbärmlichster langjähriger Vergeudung edelster Werte, trotz furchtbarster internationaler Blutvergiftung – wir haben's noch, und es wird wachsen und gedeihen und Frucht tragen!

Ich schließe mit dem Wunsche, Ihnen, hochverehrter Herr Professor, noch einmal im Leben zu begegnen! Bis dahin behalten Sie mich in freundlicher Erinnerung! Ihrer Frau Gemahlin bitte ich, mich angelegentlich zu empfehlen und verbleibe in größter Verehrung

Ihr dankbarer
Hans Bühren.«

 

Linde ließ das Blatt sinken.

Frau Ehrengard hatte die Hände über den Knien gefaltet und blickte gedankenverloren auf das Gemälde. Walter sah still vor sich nieder.

»Der Brief bereitet mir fast noch mehr Freude als das Bild,« sagte der Professor. »Wenn der ganze deutsche Nachwuchs aus solchem Holz geschnitzt wäre, könnten wir trotz aller Not der Zukunft getrost entgegengehen.«

Er erhob sich. »Ich muß noch zu der jungen Frau Freiland. Morgen ist mein Tag zu besetzt.« Ein Schatten lagerte auf der eben noch so hellen Stirn. Ehrengard ahnte, was er bedeutete. Asta Freiland war seit der Hochzeitsreise leidend.

Walter stand auf, um sich zu verabschieden. Er war auffallend blaß. Ein scharfer Zug lag um den ernsten Mund.

»Wollen Sie nicht zum Abendbrot bleiben?« sagte die Hausfrau.

»Herzlichen Dank, gnädige Frau! Leider muß ich nach Hause, da ich noch zu arbeiten habe.«

Sein schlechtes Aussehen fiel ihr auf.

»Fehlt Ihnen etwas?« fragte sie teilnehmend.

Er schüttelte lächelnd den Kopf.

Lindes prüfender Blick flog zu ihm hinüber. Er kannte Walter. Schon während er den Brief vorlas, hatte er gemerkt, daß er sich mit etwas quälte. Nicht zum erstenmal begegnete er diesem Gesichtsausdruck. Er ahnte den Grund seines Kummers und bedauerte, daß er sich nicht aussprach. Andererseits ehrte er das Schweigen des jungen Menschen, dem das vierte Gebot die Lippen schloß. Wenn er nicht mehr aus und ein wußte, würde er ihm seine Not schon bringen. Darum hielt er ihn nicht.

»Der arme Junge hat auch sein Päckchen zu tragen,« sagte er zu seiner Frau, als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte. »Leicht hat er's nicht mit seiner Mutter! Die Art, wie er seine Sohnespflicht erfüllt, spricht jedenfalls sehr für ihn.« Er küßte sie auf die Stirn. »Wartet nicht mit dem Abendbrot auf mich, ich weiß nicht, ob ich rechtzeitig zurück sein kann.«

Sie war noch mit ihren Gedanken bei dem jungen Wächter. Wie gern hätte sie ihm ein ermunterndes Wort gesagt. Zerstreut nickte sie ihrem Manne zu. Dann erhob sie sich, um nach ihrem schlafenden Jüngsten zu sehen.

Er aber schaute der schlanken Frau mit heißem Dankesgefühl nach. Leicht hatte sie's nicht. Juliane Wächter wäre an ihrer Stelle längst beim Sprit angelangt. Er trat an den Schreibtisch und ordnete die verstreut daliegenden Papiere. Bevor er sie einschloß, warf er noch einen Blick in Hans Bührens Brief. Was war das für eine erfrischende Luft, die einem daraus entgegenwehte!

Über das ernste Antlitz ging ein Leuchten. Er schaffte nicht umsonst. Auch jetzt nicht in den Tagen tiefster vaterländischer Not. Aber er sah Arbeit und Erfolg mit anderen Augen an.

Die harte arme Zeit, die kein geschichtliches Festgewand besaß, hatte eine große gottgewollte Aufgabe: sie lehrte das deutsche Volk die Umwertung aller Werte im Lichte der Bibel.

Siegfried Linde strich über die hohe Stirn.

»Weltgeschichte im höchsten Sinne,« sagte er leise.


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