Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Zwölftes Kapitel

Faste hatte schon eine ganze Zeit schweigend und finster im Wohnzimmer gesessen.

»Mir ist zumute, als sollte mir ein Mühlstein um den Hals gebunden und ich damit auf den Grund des Meeres hinabgezogen werden!« rief er aus, indem er hastig aufsprang und anfing, im Zimmer auf und nieder zu gehen; von Zeit zu Zeit blieb er stehen und starrte zum Fenster hinaus.

»Großer Gott, wie du redest, Faste, – – was ist denn nun wieder los – etwas Neues?«

»Diese verdammte Mole, die verschlingt Geld in die Unendlichkeit–!« erwiderte er.

»Auch von der Seite Schwierigkeiten?« fragte Frau Forland bekümmert.

»Nur Schlamm und loser Sand überall, wo wir die Steine hinabsenken, – noch nirgends fester Grund! – Die Mole hat schon dreimal soviel verschlungen, wie berechnet war. Ich habe mich da natürlich auf den Hafenmeister und die Leute verlassen, die Ortskenntnis hatten und für die Ausbaggerung verantwortlich waren. – Ich konnte doch nicht selber als Taucher hinabsteigen und den Grund untersuchen –«

»Du mußt dich nicht darüber aufregen. Faste, du weißt ja, wenn es am allerschlimmsten aussieht, findest du immer irgend etwas,« tröstete Frau Forland.

»Finden, – finden! – Geld, Geld du,« – rief er aus, – »wo soll ich das finden?«

»Armer Junge, du hast eine schwere Last zu tragen,« seufzte die Mutter.

»Die einzige Rettung ist eine erweiterte Aktienzeichnung. – – Man muß sich über die Schwierigkeiten und Unannehmlichkeiten des Augenblicks hinwegsetzen. – John Berg ist mit seiner Zellulose zum Teufel gegangen, Herman Wiik ist fertig, und die Brauselimonade und die Konservenfabrik stehen still. – Natürlich alles Überspekulation. Kein Grund sich in einer Zeit, wo das Geld knapp ist, darüber aufzuregen. – – Und dann sitzen da Männer wie Wulff, – Klüver – Lüders – Breder – – die sollten doch genug Weitsichtigkeit haben, um die Mittel vorzuschießen, daß das Bad nicht allzu unfertig dasteht, wenn die Saison beginnt, und sie Geld einnehmen können, statt es auszugeben. – –

Man muß bei den Herren anklopfen, sie sind ja selber Aktionäre und können doch nicht ganz von Sinn und Verstand sein –

– – Kenne den Bettelgang aus früheren Zeiten – – Kann ja nur zu den Gewohnheiten meiner Jugend zurückgreifen – –«

Frau Forland sah ihn unglücklich an. Sie hatte zusammengesunken dagesessen und war seinen Gedanken gefolgt.

»Ja freilich, Mutter, hier ist mehr als ein Ausweg!« rief Faste plötzlich mit Überzeugung aus. – »Jetzt gehe ich in die Stadt hinab und rede mit den Matadoren, – wie Kossuth mit den Magyaren, – bis das Geld aus der Kasse springt! Sie sollen einen vorläufigen kleinen Garantieverein für die laufenden Ausgaben bilden – –«

Im nächsten Augenblick war er zur Haustür hinaus und wanderte bergab, ein Lächeln des Selbstgefühls um die Lippen und brennenden Trotz in den Augen.

Er ging geradeswegs zu Konsul Lüders hinab. –

Sonderbar, Mina zog schnell den Kopf zum Fenster hinein, als sie ihn herankommen sah.

»Selbstverständlich in Angelegenheit des Bades, Herr Konsul,« ging er frisch drauflos, als er ins Kontor trat.

»Ja, es sind entsetzliche Zeiten,« unterbrach ihn der Konsul.

»Ich meine nur, man muß über die momentane Verlegenheit hinwegkommen, bis die Saison eröffnet ist und wir Einnahmen haben, damit der Badeort sich nicht ganz splitternackend und unfertig präsentiert.«

»Ja, Sie haben sicher Recht. Da ist vieles, was man gern geschehen wünschte – und auch ungeschehen, Forland! Wenn in diesen schweren Zeiten die Sache durch ein enges Sieb gesiebt wird. – – Hier ist fast kein Geld aufzutreiben, –« schüttelte der Konsul den Kopf.

»Aber den Aktieninhabern kann doch auch nicht damit gedient sein, das Bad stehen zu lassen wie jemand, der zum Ball eingeladen hat, dem es aber im letzten Augenblick an Mitteln fehlt, um Lichte auf den Kronleuchter zu stecken! – Da habe ich mir denn gedacht, daß Sie und Wulff und Morland und eine Reihe anderer Aktieninhaber –«

»Die Aktien ja! – wenn jetzt nur nicht gerade so viele tot in den Konkursmassen herumlägen, – namentlich der ganze Waggesensche Posten. – Sie nannten ihn ja in Ihrer großen Rede den Balken, der die Badeanstalt trüge. Und dann stellt es sich heraus, daß dieser feste Fels im Distrikt, der als gediegenes Gold ausgeschrien wurde, sozusagen sein ganzes Leben am Rande der Unterbalance geschwebt hat! Seine plötzliche wilde Spekulation in Badeaktien war das letzte krampfhafte Haschen nach einem Auswege. Hier stehen nun nach seinem Tode genug kahle Balken an der Bucht entlang – –

Ja, ja, Herr Forland!« – Der Konsul erhob sich steif und zugeknöpft, um Faste an die Tür zu geleiten. »Unmöglich, – ganz unmöglich, Ihnen eine Antwort zu geben, ehe ich die Ansicht der andern Herren gehört habe.«

Das ganze Haus atmete gleichsam eine kühle Höflichkeit. Keine freundliche Tür öffnete sich da drinnen mit den gewohnten Erkundigungen nach der Mutter, und Mina hatte – –

Er ging da und drehte und wendete die Antwort, die er bekommen hatte. Es war weder ein Ja noch ein Nein, aber er sah sich gezwungen, gleich zu Wulff und Morland weiterzugehen.

Unten an der Zollbude, von wo aus er sich nach der Landzunge hinüberrudern lassen mußte, stürzte er hastig grüßend an der gewöhnlichen Klatschgesellschaft vorüber. Er hatte ein Gefühl, daß sie sich förmlich zusammenduckten und ihm am liebsten den Rücken zeigten; sie hatten offenbar ihn und das Bad vorgehabt. – –

Er stand bereits im Boot, das eben abstoßen wollte, als der dicke Agent Mo die Brücke hinabgestürzt kam und ihm mit einem Brief in der Hand zuwinkte. – –

»Schon eine Anfrage an die Direktion, Forland, aus Amsterdam, – wegen Platz und so weiter im Hotel! – – Sie fangen früh an, sich Logis zu sichern. Sehen Sie hier! –« er hielt der Versammlung, die neugierig näher kam, den Brief entgegen. – »Und mit derselben Post sind zwei oder drei Briefe mit europäischem Stempel und an die Badeverwaltung adressiert, für den Doktor gekommen, – wohl auch jemand, der sich erkundigen will – –«

Faste war kurz daran, in ein wildes Hurra auszubrechen; besann sich aber und setzte eine Miene auf, als sei dies nur etwas ganz alltägliches, bestimmt erwartetes – –

»Setzen Sie über, Bootsmann!« befahl er mit kurzem Kopfnicken. Während die Ruderschläge wechselten, und das Boot zwischen den Schatten der Schiffe dahinglitt, saß Faste bleich und benommen mit glänzenden Augen da. Er fühlte sich wie Kolumbus, als dieser endlich Land erblickte! – Er fing an, sich im Geiste eine Hausse auszumalen, – ein plötzliches Steigen der Aktien, und grübelte darüber nach, ob es eigentlich so notwendig sei, sich noch an die Herren zu wenden.

– – Und auch so direkt mit der Nachricht in die Klatschbörse hineinzuplatzen! – Er hatte die größte Lust, ihnen die Rockschöße anzuzünden, damit sie jeder nach seiner Richtung mit der Neuigkeit in die Stadt rannten. – –

Faste wurde in schneidender Weise in die Wirklichkeit zurückversetzt, als ihn der Bootsmann fragte:

»Das war wohl eine gute Nachricht für den Badeort, um den sie alle wegen der Seeleute hier draußen so besorgt sind?«

In der bekümmerten Miene des Mannes lag etwas, das plötzlich die ganze Ansicht von der Sache veränderte:

Ja, natürlich mußte er zu Wulff und Morland hinaus!

Er schlug die Richtung zwischen den kleinen, zierlichen, rotangestrichenen Seemannshäusern auf der Landzunge ein, um zu Wulffs Stapelplatz hinüberzugelangen.

Einige von den Leuten guckten aus der Tür, blieben stehen und sahen ihm nach.

»Guten Tag, Madam Gjöset,« grüßte er vertraulich hinüber, indem er weiter wollte. »Ihr Mann auf der Fahrt?«

Sie stand keuchend still, um mit ihm zu sprechen.

»Sie sind auf Nähen ausgewesen, Madam? – Kommen mit der Nähmaschine zurück, wie ich sehe,« fuhr er mit freundlichem Kopfnicken fort.

»Ach ja, ach ja! Man arbeit ja im Schweiße seines Angesichts für das liebe Brot, wie uns befohlen ist. – – Und da sollte man ja zufrieden sein, wenn man das tägliche hat –«

»Ihr Mann verdient auf seiner Seite und Sie auf der Ihren?«

Ach ja, es gibt natürlich viele, denen es noch schlechter geht! – Ich höre nichts als Sorge und Angst, wo ich in den Häusern sitze und nähe. –

Aber ist denn wirklich was daran, Herr Forland, an all dem, was sie über das Bad reden?« wagte sie sich vorsichtig vor.

Er fing einen gespannten, angsterfüllten Blick auf und begriff, daß er jetzt einem Verhör der kleinen Leute hier draußen gegenüber stand. –

»Hören Sie einmal, Mütterchen,« sagte Faste – »ich glaube, diese Fabrikschornsteine, die nicht mehr rauchen, haben die Leute hier draußen bange gemacht? – – Und zu verwundern ist das ja auch nicht – –«

»Sie sind ja alle um ihre sauer verdienten Sparpfennige bange, Herr Forland: Sie hatten geglaubt, daß sie das Geld in einer ganz sicheren Bank anlegten, – und daß es sich vermehrte, wenn es da nur ganz ruhig liegen blieb.«

»Ich kann Ihnen mit der guten Nachricht antworten, Madam Gjöset, daß sich schon Gäste für den Badeort angemeldet haben. Und ein klein wenig schwere Zeiten müssen wir alle tragen, groß wie klein,« meinte Faste.

»Ja, Gott helfe uns, Herr Forland,« platzte sie jetzt heraus. »Mein Mann und ich haben auch unser ganzes Hab und Gut in einer Viertelaktie angelegt. Und ich hab' jetzt schon vierzehn Tage kein Auge deswegen geschlossen! – Das ist alles, was wir haben, müssen Sie wissen.« – Sie trocknete sich die Augen einmal über das andere. – – »Man hat sich so manch einen sauren Tag dafür abgemüht und sich bei jeder halben Krone gefreut, die man für die alten Tage zurücklegen konnte. – Und hier sitzen wir nun in Angst und Beben vor der Abbezahlung und der Miete für unsere Stube und vor der Doktorrechnung vom Winter und wissen nicht, ob wir noch einen Heller haben oder nicht. Man hat wirklich keine Ruhe mehr, an irgend etwas anderes zu denken.«

»Hören Sie mal, Mutter Gjöset,« sagte Faste mit plötzlichem Entschluß, – »wenn Sie die Viertelaktie zum Herbst nicht verkauft kriegen können, so kommen Sie zu mir, ich will sie Ihnen abnehmen.«

Madam Gjöset stand wie aus den Wolken gefallen da und sah ihn an:

»Sie meinen also, die Aktie hat noch ihren vollen Wert?« rief sie aus. – »Aber dann verlieren wir wohl die Zinsen?« fragte sie plötzlich mißtrauisch.

»Na ja, ich danke Ihnen vielmals für Ihr Versprechen, Herr Forland. Ich will mit meinem Mann sprechen, sobald er nach Hause kommt. – – –

Aber Gott bewahr uns vor diesen Gerüchten!« – fügte sie hinzu, indem sie die Nähmaschine von dem Treppenrande aufnahm, auf den sie sie gesetzt hatte.

Zweifel, Zweifel, nichts als Zweifel – klang es ihm in den Ohren. – – Alle diese kleinen Häuser und Nester voller Fragen. – –

Der finstere Mißmut, den die Angst instinktiv niedergehalten hatte, gewann einen Augenblick die Oberhand in ihm.

*

Erst als die Dämmerung des Frühlingsabends sich leise herabzusenken begann, kehrte Faste von der letzten seiner Expeditionen auf der Landstraße zurück.

Es war als ging und wate er in einem Moor herum. Dieselbe Antwort von ihnen allen! Man müsse erst wissen, was die anderen dazu meinten. –

Und dann der sehr schlaue Rat, sich doch an Onkel Joel zu wenden! – Jetzt in diesem teuren Monat alles liegen zu lassen. – – Und ihm dann »das Projekt« halb oder zum Drittel fertig zu zeigen! – –

Seinen einen schiefen Zahn sich voller Hohn tiefer und tiefer in die Lippe graben sehen. – –

Faste wußte selber nicht, daß er schon ein gutes Stück in die Stadt hineingekommen war, bis er John Berg und Herman Wiik in der Straße erblickte. Sie verschwanden in eine Seitengasse, als sie Spaziergänger herankommen sahen. – – Mochten sich natürlich am Tage nicht sehen lassen. – –

Merke recht gut, daß es Leute gibt, die der Meinung sind, Faste Forland könnte der Dritte im Bunde sein und sich auch nur am Abend hervorwagen, – puh – er hatte ein Gefühl, als umgebe ihn ein luftleerer Raum! – –

Er bog plötzlich in eine Querstraße ein und ging unwillkürlich die Allee hinauf, die zu Gyllings führte.

Es lag schon ein dünner Mondstreif über dem Hausdach, während die ganze Gartenseite in tiefen Schatten getaucht war, und zwei bis drei hohe Baumwipfel zu der Himmellichtung aufragten.

Faste ging an der Hecke auf und nieder, auf und nieder. – –

Er wollte schon zum zweitenmal bei der Gartenpforte umkehren, als er eine Gestalt auf dem Balkon entdeckte.

»Du, Faste?« klang Veras Stimme überrascht hinab.

Sie kam barhäuptig herunter und blieb auf der Gartentreppe stehen.

»Ich glaubte dich da oben zu sehen, Vera, – und wunderte mich, woran du wohl dächtest. – Ich dachte mir im Geiste einen melodisch wehmütigen Flötenton hinzu, – an diesem schönen Abend. – – Es muß angenehm sein, wenn man so harmonisch und so schön ist. – – Ich meine, keine weitere Verantwortung zu haben, – sich um niemand zu kümmern! –

»Bist du wirklich nur stehen geblieben, um mir diese schönen Dinge zu sagen, Faste?«

»Ja, deine Erscheinung verschwamm so ganz mit der Natur. – Sie genießt nur und ist frei von allen Lasten. – – Es gibt für dich nichts Nichtiges und nichts Verkehrtes!«

»Du hast sicher viel auf Händen und viel zu tragen, wie du dich ausdrückst, Faste! – – Aber ich kenne auch niemand, der so ausruhen und alles von sich abschütteln kann wie du. Du gehst in deine eigene Welt hinein und ziehst alles um dich her mit dahin.«

»Ja, ich weiß es. Ich weiß es, – ich bin eine Art Luftwesen, das außerhalb der Wirklichkeit steht und nur den einen Fehler hat, daß ich sowohl mir als auch meinen Mitmenschen Enttäuschungen bereite. Verhält es sich nicht so? – Ich könnte lange Wege zurücklegen, nur um deine ausdrucksvolle Stimme mir das sagen zu lassen, – wieder und wieder – – so gut und sanft und barmherzig, – nur daß es einen ganzen Berg von Verantwortung auf mich wälzt! – Ich bin so gewöhnt an diese feinen Stiche durchs Gewissen mit deinen langen Haarnadeln, daß ich mich ordentlich danach sehne wie nach einer Würze, wenn ich mich zu lange da unten mit den direkt Brutalen herumgeschlagen habe. – – Hast du es nicht gemerkt, Vera, daß ich ab und zu einen Anfall bekomme, in dem ich dich absolut sehen muß. Das hängt folgendermaßen zusammen. – – Großer Gott, wie du mich gequält hast, – immer immer!«

»Wirklich?« – sie machte eine selbstvergessende Bewegung die Treppe hinab, auf ihn zu, blieb dann aber stehen und lehnte sich gegen den Geländerpfosten.

»Ach, sprich dich nur aus,« – sagte er erbittert. – –

»Beweise mir, daß es nur etwas ist, was ich mir einbilde, – natürlich, – da ja der ganze Bursche nichts als Einbildung ist! – Und daß es aus einer gewissen grausamen Lust deinerseits geschehen sollte? – Leere Worte!«

Sie schüttelte den Kopf. »Ich denke nur daran, wie schwer das alles auf dir lastet – –«

»Du meinst das Badeunternehmen?«

»Nein, ich meine alles mögliche, – alles. Faste! – Und wie leicht du glücklich sein könntest! – Aber du mußt wohl zu dir selber kommen; das kann dich niemand lehren.«

»Ob ich jetzt wohl nicht genug habe, Vera? – Wir fingen mit der Natur an und dann gleich, – ein Stich nach dem andern!«

»Lieber Faste, bin ich nicht wenigstens gutmütig, daß ich dich auf Konto unserer alten Freundschaft hier stehen und deine ganze schlechte Laune über mich ergehen lasse?«

»Gutmütig! Gutmütig! – Du hast mich enttäuscht! Ich glaubte wirklich einmal, daß du etwas seiest, – eine tiefe Persönlichkeit.«

Sie steckte plötzlich den Kopf über das Geländer vor und sah ihm kalt in das Gesicht. – – »Wenn du so viele hast, die dich besser verstehen, Faste, weshalb willst du dich da zu mir herablassen, wo du nichts als Widerspruch findest und schlechter Laune wirst. Warum gehst du nicht zum Beispiel zu einer begabten Dame, wie Laura Groth. Ich bin überzeugt, die würde dich sofort verstehen! Siehst du, das ist mein Rat. Schließe dich an jemand an, der dich in dieser schlimmen Zeit bei Humor erhalten kann – –«

Ein Streif des Mondscheins bestrahlte sie und es fiel Faste auf, wie tief ausdrucksvoll ihr Gesicht war.

»Es ist so kalt hier,« brach sie ab, – ich muß jetzt hinaufgehen!

Adieu, Faste!« tönte es zu ihm herab. Es war ihm, als breche die Stimme, wahrend sie hinein eilte.

Er trat den Heimweg an. – – –

Ja, damit schlüpfte sie in ihre jungfräuliche Kemenate zurück, – denkt an dies und jenes, – vielleicht, ob sie sich nicht etwa um dieses unmöglichen Fastes willen erkältet hat!

Es war etwas anderes, wenn er nach Hause in seinen Bau kriechen wollte! Er konnte von der ganzen Stadt schließlich nur noch die Häuser sehen, wo er wußte, daß die Bewohner Badeaktien hatten. – –

Aber welch ein Abend! – Wie es überall nach Wachstum und Erde riecht. – – Man hätte weinen können. – – Herrlich, herrlich war es dennoch zu leben. – –

Da unten lag die Stadt mit Halbschatten in den Straßen und über den Mastgipfeln im Hafen und über der Landzunge stand das Mondhorn –

Ja, da unten reden und grübeln sie nun beim Schlafengehen über die Aktien und das alles, – ein Wehe- und Jammergeklage –

Er blieb plötzlich stehen und stieß den Stock hart in den Hügel.

Aber zum Teufel auch, was ist mir denn! – – Worüber fühle ich mich eigentlich so überirdisch leicht und glücklich?

Eigentlich habe ich keinen Grund dazu, – mitten in all diesen Quängeleien und Schwierigkeiten!

– – Warum gehst du nicht zu der begabten Dame, Fräulein La–u–ra Groth, – ja – – –

Er sprach das so aus, als wolle er jedes Wort betrachten.

Diese Frage hatte ihm die ganze Zeit in den Ohren geklungen, bis er sie plötzlich wiederholte, begierig prüfend, als stünde er einer ganz überwältigenden Aufgabe gegenüber.

– – Und daß sie, – Laura, mich sofort verstehen würde! –

Du irrst. Faste, – du irrst! – –

Laß mich einmal ordentlich nachdenken – –

Und wie kalt ihr Blick war und ihr Antlitz so bleich. Darunter konnte sich ein ganzer Brand von Leidenschaft verbergen – –

Laß mich nicht wahnsinnig werden, – nicht verrückt, – deine Einbildungskraft, weißt du – – –


 << zurück weiter >>