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Zehntes Kapitel

Faste saß daheim auf seinem Mansardenstübchen, halb in den Stuhl zurückgelehnt, die Faust tief im Haar begraben. Wenn er sich rührte, wurden die Ränder der beschriebenen Bogen auf dem Tisch unter seinen Ellenbogen zerknittert; aber die Feder lag trocken neben dem Tintenfaß. Wieder und wieder sah er nach der Uhr. – –

Wie so verdammt langsam und träge die Minuten an so einem leeren Vormittag kriechen können! Nur noch ein Glück, daß sie nicht rückwärts gehen! – –

Hier sitz' ich wie ein Gefangener – – Mutter muß glauben, daß ich ganz auf mein Schauspiel versessen bin, da ich alles da unten im Stich lassen und mich hierher setzen kann, um an dem »Geizhals« zu schreiben –

Er zog das Tintenfaß zu sich heran, blieb aber sitzen und starrte und grübelte, während er von Zeit zu Zeit die Uhr aufzog – –

Endlich! – nun wird es wohl spät genug sein, um seinen liebenswürdigen Geschäftsverbindungen aus dem Wege zu gehen. –

– Auf dem Wege hinab nickte er in flüchtiger Eile einigen Herren von den jüngeren Firmen der Stadt zu, die darauf versessen schienen in der Nähe des Posthauses umher zu wandern und zu schlendern, – wohl um die neuesten Nachrichten über die Zeiten zu ergattern – –

– – »Nun?« rief Faste nervös aus, als der Makler in sein Privatkontor trat, wo er auf ihn gewartet hatte.

»Verlangen Sie vielleicht von mir, daß ich Geld machen soll?« fragte der Makler bissig.

»Auch heute nichts!«

Es entstand eine unheimlich drückende Pause. Der Makler fühlte wie Fastes Augen ihn gleichsam durchforschten und spähten:

»Unmöglich, Aktien irgend welcher Art zu verkaufen, – wenigstens vorläufig –« versicherte er.

»Vorläufig, – vorläufig,« entgegnete Faste mit heiserer Stimme. »Die ganze Welt hat wohl aufgehört, sich zu drehen, – ist stehen geblieben wie eine Uhr! – –«

»Machen Sie doch kein Gesicht, als ob Sie Gespenster hinter mir sähen,« rief der Makler aus.

»Vorläufig! – – Ja, das kenne ich. Es sind jetzt vierzehn Tage, seit ich Ihnen in Angst und Qual die Tür eingelaufen und Tag und Nacht keinen andern Gedanken gehabt habe als Makler Roed und die elf Tausend. Sie haben in meinem Kopf herumgetanzt, – ich glaube, ich werde verrückt!«

»Ich gebe zu, daß ich damals ein unglücklicher Wetterprophet war. Kein Mensch hatte eine Ahnung von dieser plötzlichen Obstruktion des Geldmarktes, – eine Stockung auf der ganzen Linie, über die ganze Geschäftswelt! Und man kann nicht erwarten, daß so ein zufälliger augenblicklicher Geldmangel sich auf den Tag kommandieren läßt. Alle sind momentan in Verlegenheit. – – Wir müssen vernünftig sein, Forland und dürfen nicht verlangen, daß wir selber ganz allein eine Ausnahme bilden sollen. – –«

»Ganz schön, – alles ganz schön, – für alle andern,« brauste Faste auf. »Aber ich muß Geld haben! – wenn ich nicht als derjenige dastehen soll, der die Kasse des Badeunternehmens ihres Inhalts beraubt und das Geld zu andern Zwecken gebraucht hat, als wofür es bewilligt war. – Daß auch alle andern keine Aktien verkaufen können! – Nun ja, dann müssen sie es bleiben lassen, – das ist wenigstens eine ehrliche Sache. Aber ich! – – Bekomme ich die elf Tausend nicht, so –«

»Heute haben wir schon Freitag,« berechnete der Makler, »und am Montag oder Dienstag – –«

»Ja natürlich, Montag oder Dienstag,« wiederholte Faste tonlos.

»Sie nehmen es so ernsthaft, Forland. Wenn die Wolke vorübergezogen ist, scheint die Sonne wieder, und dann sind alle Gesichter wieder heiter,« meinte der Makler.

»Ihr Gesicht! – – Ich hätte wohl Lust –«

Faste schlug die Tür geräuschlos hinter sich zu.

Er ging wie jemand, der von Geschäften in Anspruch genommen war und sich ungern von irgend jemand, dem er begegnen könnte, zurückhalten ließ. – –

– – Geld muß ich haben. Jedenfalls die fünfhundertfünfundsiebenzig Kronen, die gestern von dem Rechnungsführer verlangt wurden, – zum Glück so spät, daß man sich damit entschuldigen konnte, daß die Bankzeit vorüber sei. – Geld haben muß ich – –

Seine Gedanken wanderten von einer Kontortreppe zur andern, während er sich selber unwillkürlich aus der Geschäftsgegend entfernte. –

– – Er war bei John Berg – hörte seine eigene Stimme mit großer Feierlichkeit fragen, ob er ihm nicht zufällig auf vier, fünf – nein, auf drei, vier – hm, nein, – auf drei Tage nur, mit zwei- bis dreitausend Kronen aushelfen könne – – Nein, – mit zwei, – zweitausend – – Oder nur fünfzehnhundert, – er sei gerade in diesen Tagen in einer ganz schweinemäßigen Geldverlegenheit. – Oder auch tausend, – er würde gern eine Aktie dafür deponieren – –

Nein, nein, es ging natürlich nicht an, Aktien zu deponieren. – Und weswegen sollte er in Verlegenheit sein? – Berg mußte ja wissen, wenn jemand Geld in der Kasse haben mußte, daß er es sei. Berg war selber in der Direktion, die das Geld bewilligt hatte. – –

Zu dem jungen Böckmann? – schweiften seine Gedanken weiter – – Sag einmal, Johan, kannst du mir bis morgen oder so mit zweitausend aushelfen, – prompte Rückzahlung, du! Ich wende mich an einen alten Kameraden aus früheren Zeiten. Du bist der einzige von der Sorte, – die andern sind ja etwas neueren Datums, weißt du. – –Ich will dir gerne eingestehen, daß ich über einige Auszahlungen ein wenig dumm disponiert habe, – augenblicklich in Verlegenheit bin – – helfe mir übrigens am Ende auch mit zwölf – fünfzehnhundert durch, du –

Zu dumm, daß ich gerade jetzt nicht imstande bin, – so eine lumpige kleine Summe! – Scharre nämlich alles bare Geld, was ich habe, zu einem Wechsel zusammen, der Montag fällig ist. – – Aber du brauchst ja nur auf deinen Onkel Joel zu ziehen, Faste. Ich weiß wohl, daß der Alte dich auslachen wird; aber – nicht alle sind so glücklich über einen reichen Onkel zu verfügen – –

Ja, allerdings, – wenn der jetzt hier gewesen wäre? – – Ich glaube, ich wäre ihm geradeswegs auf die Bude gerückt, – – hätte darauf hingewiesen, was wir aus der Stadt gemacht haben und ganz einfach verlangt, daß er mit dem Geld herausrücken, – mir die Aktien abkaufen müsse – –

Zu Johannis, ja, – das nützt mir aber nicht! –

– – Aber wunderbar muß ihm doch all das Neue vorkommen, – wie ein ganzes Märchen – –

Oder, – Faste blieb stehen, – sich ein Herz fassen und direkt nach Wold zu Waggesen hinausfahren! – wir sind in letzter Zeit so gute Freunde geworden, – die Dummheit offen eingestehen und ihn ehrlich und ohne Umschweif um elf Tausend auf die Aktien hin bitten! – Das wäre, weiß Gott eine Idee, die mir gefallen könnte. – Mir jedenfalls die Hälfte vorschießen, – die sechstausend – –

Und dann mit einem Schlage in der Hand dieses Mannes sein! Das hieße die ganze Festung übergeben.

Bei Doktors anklopfen, – pfui nein! – – Ihre kleine Sparbüchse leeren. – – Mag es auch so sicher sein wie Gold – so ist es schweinemäßig – abscheulich. Dieser verdammte Makler! – –

Er bog resolut in die Lindenallee ein, die nach dem Hospitalgarten führte, wo Doktor Falkenberg wohnte.

Die Schritte wurden nach und nach langsamer, und von Zeit zu Zeit blieb er stehen und ratschlagte mit seiner Uhr – –

Mitten in der Sprechstunde, – das paßte schlecht, – lieber ein klein wenig später – – er wollte sich so lange in der Allee aufhalten – –

Plötzlich griff er dann schnell wieder nach der Uhr, ohne sie jedoch anzusehen. – –

»Ich muß mich mit Davids rauhen Herzen aus seiner Räuberzeit wappnen,« murmelte er. »Wenn jemand keine Zeit hat, so bin ichs doch wohl!«

Auf der inneren Treppe vor der Entreetür des Doktors blieb er stehen. Es war ihm, als habe er Blei in den Füßen, – ein ekelhaftes Gefühl von Mattigkeit – –

Hier an derselben Stelle am Geländer stand er auch am Sonnabend, als Sölvi herauskam, und er plötzlich anfing über das Kind zu reden, und daß sie es in die neue Doktorwohnung schaffen wollten.

Nein, nein, man mußte drauflos gehen. Es nützte nicht, noch länger umherzulaufen, – ohne Geld –

Er schellte männlich entschlossen, – und noch einmal – Sölvi öffnete die Entreetür mit einem gewissen Schrecken –

»Habe Eile, du! Muß mit deinem Mann sprechen, – und mit dir auch,« – sagte er mit unbefangener Stimme, während Sölvi vor ihm her in das Sprechzimmer des Doktors ging.

»Bist du in der Lage, Schwager Doktor, daß du mir fünf-, sechshundert Kronen auf einige Tage leihen kannst, – prompte Rückzahlung!« sagte er sehr laut und hastig. – – »Muß das Geld gleich heute haben, weißt du. Hätte ich Zeit, so wäre es eine Kleinigkeit! – Eine Maurerrechnung, die zu früh zur Ausbezahlung angewiesen ist. – Und du verstehst wohl, daß in meiner Stellung eins nicht angeht, nämlich Hinz und Kunz die Türen einzulaufen und Geld zu leihen. Ich muß immer alle Hände voll davon haben – auf dem Fleck auszahlen können!«

Der Doktor schob die Brille auf die Stirn und wieder herunter.

Jetzt fing er an, sie zu putzen, während sein kluges, ruhiges Gesicht gleichsam unter der Unentschlossenheit litt.

»Du weißt ja, daß alles, was ich mir als Junggeselle zurückgelegt hatte, mit draufgegangen ist. Es war ja eigentlich meine Absicht, uns ein Ameublement und eine übrige Aussteuer anzuschaffen, die passender war als meine alte. Aber das Bedenken, daß es wohl praktisch sein möge, bei der Badeanstalt ein Wort mitreden zu können, war überwiegend, und so ging denn alles, was ich hatte, bei dem Kauf der beiden Aktien mit drauf, von denen im Grunde die eine zu viel war. Und seither haben wir, Sölvi und ich, uns denn aufs Sparen gelegt, damit wir doch einigermaßen anständig ausgestattet in die neue Doktorwohnung ziehen könnten.«

»Prompte – ganz prompte Rückzahlung, Schwager!« erklärte Faste.

»Und du mußt das Geld haben?« Der Doktor wechselte einen Blick mit seiner Frau.

»Absolut notwendig, – auf einige Tage.«

»Der schwierige Punkt,« sagte der Doktor ein wenig kleinmütig, – »es ist nur, daß die Möbel gleich, wenn sie kommen, bezahlt werden sollen. Deswegen müßte ich das Geld vor Ablauf von vierzehn Tagen ganz bestimmt wieder haben.«

»Ach nein, nein – rede doch nicht, als wenn ich euch um ein wirkliches Darlehen bäte,« – rief Faste aus. »Ihr habt das Geld schon in der nächsten Woche wieder.« Er empfand ihre beiderseitige Niedergeschlagenheit hinter dem guten Willen.

»Ich wollte dir nur unsere Verhältnisse erklären, – wie es um uns steht,« erklärte der Doktor, – »Dann brauchst du dich ja auch nicht unnötig zu beeilen. Im übrigen gibt es für Sölvi und mich kein größeres Vergnügen als dir in einer augenblicklichen Verlegenheit mit unserm Scherflein aushelfen zu können –«

Er zog die Pultschublade heraus und fing an, Geld aus einem Taschenbuch aufzuzählen, das Sölvi nach und nach ordnete und in Haufen zu je hundert Kronen zusammenlegte. –

»Entschuldige all dies kleine Geld, – es ist, wie du siehst, für Rezepte und dergleichen, was konstant bezahlt wird, zusammengeschrabt. – – Fünfhundert hatten wir ja, Sölvi, – und da ist das sechste, – ja, soweit – – fünfzehn Kronen bleiben dann noch übrig.«

»Ihr müßt es euch nicht zu sehr zu Herzen nehmen, daß euer Reichtum auf einige Tage in andere Hände übergeht,« scherzte Faste.

»Ja, es ist nun freilich nicht dasselbe, ob wir unser kleines Kapital gemütlich in dem Pultschubfach liegen haben oder ob es in anderer Leute Taschen herumrollt,« bemerkte Sölvi. »Aber gegönnt ist es dir. Faste.«

Faste hatte auf der Zunge zu antworten: Ich griff ebenso gern in glühende Kohlen hinein, aber er besann sich und sammelte das Geld zusammen.

»Geht es dem Jungen gut? Aber jetzt muß ich schnell wieder ins Geschäft. – – –

Aber vielen Dank euch beiden,« rief er ihnen noch in der Tür zu. – –

Faste hatte eine Empfindung, als werde er auf der einen Seite gebraten, während er sich doch auf der andern erleichtert fühlte. Es war doch wenigstens für den Augenblick ein kleiner Waffenstillstand. Und wie er so die Allee hinabging und sich aufrichtete und zu den Baumkronen hinaufsah und tief aufatmete, konnte er nicht leugnen, daß die Lage der Dinge ihm in der letzten Zeit ein wenig über den Kopf gewachsen war. Er war nun seit vierzehn Tagen wie ein ruheloses Rad umhergerast! –

Er grüßte Konsul Morland, der seinen Morgenritt auf seinem englischen Pferd machte, und sah Mörchs Küchenwagen den Querweg heraufkommen.

Er hielt an und setzte eine Dame ab, die sich als Fräulein Laura Groth entpuppte.

»Ich sah Sie droben, Herr Forland, und mußte absteigen, um Sie zu begrüßen. – – Ich gäbe übrigens etwas darum, wenn ich wüßte, worüber Sie brüten, während Sie die Allee einsam hinabwandern. Sie machten auf mich den wunderlichen Eindruck des Einsamen, der niemand seine Pläne anvertraut!«

Es klang ein wenig hochtrabend, und Faste lächelte.

Ja, sie sollte nur wissen, daß er über nüchternen fünfhundertundsiebenzig Kronen gebrütet hatte! – –

»Ich habe Sie ja seit jenem festlichen Tage im Badehotel nicht wiedergesehen und Ihnen auch noch gar nicht für die Rede gedankt,« – fuhr Laura überströmend fort, – »es liegt davon noch gleichsam ein festlicher Schimmer über der Stadt. Ich habe während der ganzen Zeit den stolz erhobenen eigenartigen Kopf mit den brennenden Augen und dem gewaltigen Ausdruck gesehen. Sie erschienen mir wie der starke Führer, dessen Fackel zündet und leuchtet. Ich vergesse nicht die Gesichter an der langen, blumengeschmückten Tafel. Sie strahlten, als schauten sie in einem Rausch in die künftige Großstadt hinein, an deren Bau, wie Sie mit so ergreifender Wahrheit sagten, jeder einzelne beteiligt gewesen war. – – Ich sah mehr als einen, der vor Tränen die Hurrahrufe nicht herauszubringen vermochte! – –«

Faste dachte daran, wie er Bera angestarrt hatte, die bleich mit niedergeschlagenen Augen dagesessen hatte, sich aber, das Glas in der Hand, mit den andern erhob.

»Und alle die schönen Worte, die dann noch gesagt wurden! – Es war, als wenn die Steine an jenem Tage Zungen erhalten hätten. – – Und als Sie dann das Glas erhoben und auf das Wohl des alten, dicken Waggesen tranken, – der nur einmal in seinem Leben eine Rede gehalten und dann nur die für den ganzen Badeorte so bedeutungsvollen Worte: »Ich bin mit dabei!« gesagt habe, – da kam die Fröhlichkeit erst zum Ausbruch und Waggesen stand da und schlug die Fäuste zusammen wie ein aufrechtstehender Seehund, während alle ihn umringten und mit ihm anstießen – – –

Den Gipfelpunkt aber bildete doch Konsul Klüvers herrliche Rede auf den genialen Architekten der Stadt, dessen schöpferischer Geist alle Zimmerleute vereint und dem ganzen Werk Leben eingeblasen habe! – Und als dann der Gesangverein einfiel, so daß es durch den Saal brauste und man Sie darauf porte chaise durch den Saal trug, da ward mir ganz schwindelig.

– – Ich bin nicht an so große Momente gewöhnt außer in der Komödie. – Für mich bleibt das eine Erinnerung fürs Leben,« – rief sie plötzlich mit tränenerstickter Stimme aus. – – »Ich kann nichts dafür, daß ich mein Herz habe ausschütten müssen, – ich habe ein Gefühl, als hätte ich gewissermaßen meinen Anteil an Ihnen.«

»Auf die Weise, Laura Groth! – hilft man eine Sache fördern. Es gehört Humor und Glaube und auch ein wenig Größe dazu – wenn man nicht in jeden Graben des Zweifels hineinplumpsen soll – –

Aber auf Wiedersehen, auf Wiedersehen!« – brach er ab. –

Ein wenig Attitüde, – aber echtes Erz im Gefühl, – sagte er zu sich – – Nicht Beras glassichere Unmöglichkeit – – –

Wenn sie mich diese vierzehn Tage unablässig hätte herumlaufen sehen wie ein Eichhörnchen in einem Treppenbauer! – –

Er nahm den Weg über die Brücken. Es war eine eigene Sache, zu früh aufs Kontor zu kommen und vielleicht neue Forderungen vorzufinden.

Am Brückenpfahl lag ein Lustboot, mit halb gehißten Segeln, das aber noch vertäut war. Konsul Risting wollte seine gewohnte Frühlingsfahrt antreten und Alken schießen; er saß da und packte und verstaute allerlei Sachen in die Bootsräume.

Es durchzuckte Faste, daß sich ihm hier eine Möglichkeit bieten könne – – Risting war reich genug – –

»Wollen Sie Alken schießen, Herr Konsul!« begrüßte er ihn.

»Ja, ehe man zu alt wird; man weiß ja nicht, wie viele Frühlinge man noch –«

»Hätte verdammte Lust, es Ihnen nachzumachen, – und mich auf den Lootschenschären umzusehen, ob sich die zu Ausflügen für die Badegäste eignen könnten –«

»Ja, kommen Sie doch mit, Forland! – Hier ist Schinken und Konserven und Bier und Kaffee und Portwein im Überfluß – – Mamsel Haaböl hat mich proviantiert, als sollte die Reise nach Holland gehen.«

»Wer nur Zeit hätte, Herr Konsul! – – Muß leider heute Nachmittag zum Makler und sehen, daß ich zehn oder elf von den Badeaktien los werde.«

»Schade! Mir fehlt gerade ein Gefährte, da Torgersen sich weigert und sich mit Gicht entschuldigt. – Ja, ja, – so geht es. –« Der Konsul fing wieder an, kleine Päckchen unter der Ruderbank unterzubringen.

»Ich hätte auch gern einmal mit Ihnen gesprochen, Herr Konsul, und Ihre Ansicht gehört, – es handelt sich um etwas, wozu ich die Direktion überreden möchte. Was sagen Sie zu der Idee, daß die Direktion eine von den alten hölzernen Schuten kaufte, die wir hier im Hafen liegen haben, und sie als Badeschiff einrichtete? – sie frisch angestrichen und aufgeputzt in der Bucht verankerte mit Badezellen und Räumen unter Deck und Treppen in die See hinab, mit Zelten an Deck und im übrigen elegant mit Flaggen und Wimpeln geschmückt – das würde ganz originell sein – –«

»Sie meinen, man sollte ein Schiff kaufen, – wie zum Beispiel meinen alten Schwan?« biß Risting plötzlich an. »Hm ja, – zum Beispiel den alten Schwan; – man hat ja die Wahl. – – Ich habe schon lange daran gedacht – –«

Faste stand da und wunderte sich selbst darüber, was er jetzt für seine Zwecke erfand und ausmalte –

»Und Aquavit, der die Linie passiert hat, und kaltes Roastbeef, – was sagen Sie dazu, Forland? Das herrlichste Wetter von der Welt, – – in den Schären schießen, heute Abend in Holmoigen bei Madame Tönder in den Hafen laufen und Punsch brauen.«

»Ja, – wer nur Zeit hätte, – aber ich muß die Sache mit den elf Aktien ordnen.«

»Hm, hören Sie einmal! – Die elf Aktien, die nehme ich zum Tageskurs. Darauf sollen Sie gleich hier meine Unterschrift haben, – freilich nur mit Bleistift,« – entgegnete er mit Selbstgefühl. »Sehen Sie, – ich schreibe hier auf der Bank. Wollen Sie mir Ihr: ›Stehe für weitere Sicherheit ein. Faste Forland!‹ darunter setzen.«

»Ich will schnell aufs Kontor laufen und mir meinen Überrock holen, ich bin im Moment zurück, Herr Konsul – –«

»Brillantes Frühlingswetter!« rief er, indem er die Straße hinauf eilte. – – »Dachte weit eher daran, aus Kassenmangel auf die See zu flüchten – als heute zwischen den Schären zu liegen und auf Alken zu schießen. – – Der Zufall kann ganz wunderbar spielen!«


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