Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Nordland

Ordnungswesen

In Schleswig erzählt man sich noch heute augenzwinkernd eine Geschichte, die zwar ein rundes Jahrhundert alt ist, aber darum nichts an Reiz verloren hat. Danach hat einmal ein dänischer Minister auf einer »Inspektionsreise« ein schleswigsches Städtchen besucht und ist mit dem (dänischen) Bürgermeister durch die Straßen gefahren. Der Herr Minister Mösting fand mitnichten alles schön und gut; besonders der Lärm der Kinder ging ihm an die Nerven.

»Was ist denn das für ein Zustand?« schnob er den Bürgermeister an. »Wer hat hier die Polizei?«

»Wer die Polizei hat, weiß ich nicht«, sagte der Stadthäuptling. »Die fünfzig Mark, die dafür ausgesetzt sind, habe ich.«

 

Merkwürdige Entdeckung

Als Friedrich Gottlieb Klopstock in Kopenhagen war und eines Tages im Vorzimmer seines Gönners, des Staatsministers Grafen Bernstorff, auf Audienz wartete, traf er mit einem älteren Offizier zusammen und kam mit ihm in ein lebhaftes und angenehmes Gespräch. Schließlich nannten die Herren einander ihre Namen.

»Klopstock –?« sagte der Offizier mit starker Überraschung. »Dann sind Sie wohl der Mann, der den ›Messias‹ geschrieben hat?«

Jawohl, der sei er, versetzte der Dichter.

»Sonderbar!« sagte der Offizier kopfschüttelnd. »Sie reden doch ganz vernünftig –?«

 

Schwedische Betrachtung

Ernst Moritz Arndt erzählte, er sei auf seiner Reise durch Schweden einer gewaltigen Kirchenglocke begegnet, die von zwölf Pferden gezogen wurde. Der Kutscher, der Arndts Postkutsche lenkte (»Skjutsbonde« nennt man solche Leute dazulande), sah hinüber und sagte:

»Die armen Pferde! Jetzt müssen sie die Glocke ziehen, und nie wird die Glocke für sie gezogen werden.«

Ist das nicht, sagte Arndt, ein Stoff zu hundert Elegien und hundert gefühlvollen Träumereien?

 

Der verbannte Dichter

Der schwedische Dichter Karl Michael Bellman (1740-1795), der wegen seiner Geschäftsgewandtheit vom König Gustav III. sehr geschätzt und als Hofsekretär mit allerlei heiklen Aufgaben betraut wurde, geriet einst wegen einer respektlosen Antwort in Ungnade und wurde vom Hofe verwiesen; doch schickte ihm der König auch weiterhin Arbeiten zur Erledigung in die Wohnung.

Als nun Bellman eines Tages erfahren hatte, daß der König zu bestimmter Stunde an seinem Hause vorüberreiten würde, bereitete er dem Monarchen ein seltsames Schauspiel:

Aus einem offenen Fenster im ersten Stock lehnte, kunstgerecht eingeseift, der verbannte Dichter; draußen aber, auf einer an die Hauswand gestellten Leiter, stand ein Barbier und schabte ihm den Bart.

Der König hielt sein Pferd an und fragte:

»Was zum Teufel bedeutet das?«

»Mein Barbier, Majestät«, versetzte Bellman gelassen, »ist bei mir in Ungnade gefallen, und ich habe ihm das Haus verboten; aber ich kann den Kerl nicht entbehren.«

Ein gewaltiges Gelächter, das den König fast vom Pferde warf, endete des Dichters sonderbare Verbannungszeit.

 


 << zurück weiter >>