Hermann Kurz
Denk- und Glaubwürdigkeiten – Jugenderinnerungen – Abenteuer in der Heimat
Hermann Kurz

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Einleitung des Herausgebers

Dieser Band enthält diejenigen Erzählungen, in welchen Kurz von seinen eigenen Jugenderlebnissen berichtet.

Vorangestellt sind die »Denk- und Glaubwürdigkeiten«. Sie sind als zweiter Band der »Erzählungen« 1859 erschienen unter dem Titel »Neun Bücher Denk- und Glaubwürdigkeiten. Erster Teil.« Bei der Zahl neun hat Kurz die neun Bücher des Herodot als Vorbild im Auge gehabt, mit dem er sich gerade um jene Zeit auch sonst beschäftigt hat. Es sind aber im zweiten Bande der Erzählungen nur sechs Bücher enthalten; außerdem als Intermezzo »zwischen dem sechsten und siebenten Buch« die Geschichte von den beiden Tubus, die unsere Ausgabe im zwölften Bande bringen wird, weil sie mit dem Vorhergehenden keinen inneren Zusammenhang hat. Aus den Büchern 7 - 9 ist offenbar nur der eine Abschnitt »Jugenderinnerungen« zustande gekommen, der am Schluß des dritten Bandes der »Erzählungen« 1860 veröffentlicht wurde und in unserer Ausgabe dem sechsten Buch der Denkwürdigkeiten folgt.Heyse hat in Band 8 seiner Ausgabe die vier ersten Bücher abgedruckt, den Anfang der »Jugenderinnerungen« als fünftes Buch angereiht, die zweite Hälfte des fünften Buchs aber, welche die Satire auf Auerbach enthält, unter dem Titel »Auch eine Dorfgeschichte« im neunten Bande gegeben. Unsere Ausgabe kehrt zu der ursprünglichen Anordnung des Verfassers zurück.

Im Unterschied von denjenigen Erzählungen des Dichters, welche sich mit fremden Personen beschäftigen, herrscht in diesen Denkwürdigkeiten eine mehr sprunghafte, humoristisch-satirische Darstellung, wie sie sich mit der Betrachtung der eigenen unvollkommenen Anfänge gern verbindet. Bei Kurz kommt hinzu, daß diese Erinnerungen in der schwersten Zeit seines Lebens geschrieben sind, so daß ihr Humor recht ein Galgenhumor genannt werden kann. Mit der Beschauung der eigenen Vergangenheit verbindet sich zugleich ein zumeist satirischer Rückblick auf die Literatur, mit der der Knabe sich genährt hatte, wobei nach Art solcher Humoresken auch die spätere Literatur nicht zu kurz wegkommt. Wenn Kurz in Buch 4, Kap. 4 erzählt, daß Hauffs Lichtenstein anregend und bestimmend auf seine eigene Poesie eingewirkt habe, was in der Biographie des Dichters und in den Vorbemerkungen zu »Schillers Heimatjahren« näher ausgeführt ist, so kann man auch bei diesen literarischen Satiren an Hauff erinnern, der in seinen »Skizzen«, sowie in dem in die Memoiren des Satans eingeschobenen »Festtag im Fegefeuer« ähnliche Satiren verübt hatte; nur tritt bei Hauff das erzählende Element mehr in den Vordergrund, bei Kurz ist die literarische Satire schärfer und überlegener. Auch die poetische Empfindung, die bei Kurz durchbricht, ist reifer und bedeutender.

In diesem Feuerwerk von Witz sind nicht alle Einzelheiten für uns mehr ganz verständlich. Im folgenden einige Erläuterungen.

Buch 1: Die buckligste aller Universitätsstädte ist Tübingen, wo der Vater von Kurz' Mutter, der akademische »Buchdruckerherr« Schramm wohnte. Das Dorf Ofterdingen liegt etwa drei Stunden von Tübingen entfernt; eine Viertel- bis halbe Stunde von Tübingen, nicht weit über die Lindenallee hinaus, liegt Derendingen.

Buch 3, Kap. 1: Der Großvater war der Reutlinger Glockengießer und Senator Joh. Kurtz, 1737–1824; vgl. »Wie der Großvater usw.« in Band 9. – Kap. 3: »List« ist der Nationalökonom Friedrich List, 1789–1846.

Buch 4, Kap. 2: Zu den Bemerkungen über die Spiesschen Romane vgl. Hauff, Ein Festtag im Fegefeuer.

Buch 5, Kap. 3: »Friedrich d. Gr. von Schwaben«, ein Name, den Auerbach für Schiller gebraucht hatte. – Kap. 5: Satire auf Auerbach, seine Volkskalender, sein beständiges Schulmeistern und Philosophieren.

Während sich nicht mehr ausmachen läßt, wie sich in der Darstellung der literarischen Pläne des Knaben Dichtung und Wahrheit zueinander verhalten, so sind die in den »Jugenderinnerungen« erwähnten Werke, die Auswahl aus englischen Poesien (1832) und der Neudruck des alten Faustbuches (1834) wirklich erschienen; s. die Biographie.


Diesen späteren Aufzeichnungen über die Jugendjahre reihen wir eine weit früher entstandene Skizze eines kleinen Erlebnisses an: die im Juni 1836 geschriebene harmlos lustige Erzählung »Abenteuer in der Heimat«. Sie ist in den »Genzianen« 1837 erschienen und von Interesse nicht nur wegen ihrer Schilderungen aus der Landschaft und der anekdotarischen Geschichte des Landes, sondern auch, weil sie in ihrem Beginne zeigt, wie ganz erfüllt der junge Dichter von den Eindrücken der Romane Walter Scotts gewesen sein muß.


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