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Zweites Kapitel

»Frank, das mit dem Telegramm, … das lassen Sie man noch!« Er nickte dem Steuermann zu. »Wir können die Sache noch anders drechseln.«

»Gut, Käpt'n«, befriedigt nahm der Funker die Hand von der Taste. »Habe sowieso keine Verbindung bekommen; da funkt immer ein starker Sender mit gleicher Wellenlänge dazwischen. Ich weiß nicht«, – nachdenklich schüttelte er den Kopf, »es kommt mir so vor, als wenn der uns absichtlich stört.«

»Was?!« betroffen trat Kapitän Peters näher, »woraus schließen Sie das?«

»Ja, sehen Sie«, mit einigen Handgriffen setzte der Funker den Sender wieder in Betrieb, »sobald ich sende, kommt der Störer dazwischen, höre ich auf, so bleibt er nach wenigen Augenblicken ebenfalls weg.« Er schaltete den Morseschreiber ein.

Gespannt blickten der Kapitän und der Steuermann auf den schmalen, weißen Papierstreifen, der sich in langsamem Tempo aus dem Morseschreiber herausschlängelte. Der Funker drückte die Taste:  — · — · — — · ·  tickte der Morseschreiber. In sauberem, gleichmäßigem Abstand wechselten Punkte und Striche miteinander ab. Da … plötzlich begann der Schreiber unregelmäßig zu arbeiten. Eine lange, dunkle Linie bildete sich auf dem Papier ab. Der Funker hielt inne; der Morseschreiber aber tickte weiter … Sekunden nur, … dann hörte auch er auf zu hämmern.

Kapitän Peters machte ein langes Gesicht; ihm war etwas unbehaglich zumute: »Versuchen Sie es noch einmal, Frank!«

Wieder drückte der Funker die Taste, sandte kurze und lange Intervalle in den Äther hinaus … mit demselben Ergebnis. Sobald die ersten Zeichen heraus waren, zog der Schreiber eine lange, unregelmäßige, unterbrochene Linie.

»Hm, … welche Wellenlänge haben Sie eingestellt?«

»800 Meter!«

»So, dann gehen Sie mal runter auf 600 Meter.«

Jetzt schien der Störer ausgeschaltet zu sein. Zeichen auf Zeichen bildete sich klar und deutlich auf dem Papierstreifen ab. Schon wollte Kapitän Peters erleichtert aufatmen, da erschien sie wieder, die verhängnisvolle Linie.

»Da ist gar kein Zweifel, Käpt'n«, sagte Steuermann Smith, »wir werden planmäßig gestört.«

Kapitän Peters sah seinen Steuermann an: »Jetzt denken Sie an Ihren ›Fliegenden Holländer‹!«

»Sie auch!« sagte Smith trocken, »ist doch ganz klar, daß ich den zuerst im Verdacht habe. Warum treibt sich denn dieser geheimnisvolle Bursche immer in unserer Nähe herum? Irgend etwas stimmt da nicht!«

Sinnend strich Kapitän Peters über seinen stoppligen Bart. »Was der von uns will, das wird die Zukunft lehren. – Kommen Sie, Smith! Hier drinnen ist alles so eng und gedrückt; hier kann ich keine Entschlüsse fassen.« Er trat auf die Brücke hinaus und atmete mit Wohlbehagen die kräftige Seeluft ein. »So, Smith, jetzt ist mir wieder wohler. Glauben Sie wirklich, daß der Kerl irgend welche schmutzigen Absichten hat?«

Der Steuermann zuckte mit den Achseln: »Ich glaube schon! Könnte mir sonst sein eigenartiges Verhalten gar nicht anders erklären. Denken Sie an die ›Rose-Marie‹, die mit einer Ladung Waffen und Sprengstoffen nach New-Orleans unterwegs war. Sie wurde bei Nacht und Nebel gekapert und an die mexikanische Küste gebracht. Hier hat man sie einige Wochen später aufgefunden. Sie war auf Strand gesetzt und vollkommen ausgeplündert worden. Von der Besatzung hat man nie wieder etwas gehört.«

»Smith, nun erzählen Sie mir keine Schauermärchen! Das mit der ›Rose-Marie‹ ist doch alles nur Zeitungsgewäsch. Der Kasten wurde vom Sturm auf den Strand geworfen. Die Besatzung hat mit den Bewohnern des Landes gemeinsame Sache gemacht. Die Waffen wurden verschoben. Drüben ist doch ewig Krieg und Revolution. Daß sich von der Besatzung niemand mehr blicken läßt, ist nicht weiter verwunderlich. Die Behörden würden kurzen Prozeß mit ihnen machen. Das Flibustierstückchen ist von A-Z gedruckte Reporterphantasie. Seeräuber im 20. Jahrhundert?! … daß ich nicht lache! Sie scheinen …«

»Backen und Banken!« unterbrach ihn eine helle Mädchenstimme. Unbemerkt von beiden war Christels zierliche Gestalt hinter ihnen auf der Brücke aufgetaucht. Sie nahm eine stramme, militärische Haltung an, klappte die Hacken zusammen und meldete mit schnarrender Stimme:

»Melde Herrn Kapitän gehorsamst, das Essen ist angerichtet!«

»Danke, Smutje!« lachte der Kapitän. »Sie werden die Ehre haben, mit Ihrem Kapitän zu Mittag zu speisen … nicht wahr, Smith«, wandte er sich an den Steuermann, »in solcher Gesellschaft, da schmeckt das Essen nochmal so gut?«

Der Steuermann schien die Fräse überhört zu haben; er hatte sein Fernglas an die Augen genommen und untersuchte emsig den Horizont.

»Was haben Sie, Steuermann, etwa wieder …?« er vollendete den Satz nicht.

»Doch, Käpt'n! Sehen Sie Steuerbord voraus die beiden feinen Striche am Horizont? Das sind seine Masten. Der Kahn muß ein unheimliches Tempo haben. Jetzt tauchen auch schon die Aufbauten auf. Ich wette, wir bekommen Besuch!«

»Ich sehe aber nur einen Mast«, wandte jetzt Christel ein, die neugierig an die Brüstung getreten war, »wo ist denn der andere?«

»Ja, eben, deswegen sagte ich ja, wir bekommen Besuch«, erklärte der alte Smith. »Er hat nämlich seinen Kurs geändert und kommt direkt auf uns zu. Wir können jetzt nur noch den vorderen sehen, weil der hintere durch ihn verdeckt wird.«

»Döskopp!« meinte Christel ehrlich und klopfte sich an die Stirn, »das hätte ich mir auch allein denken können. Kennen Sie denn das Schiff, Smith?«

Der Kapitän warf dem Steuermann einen warnenden Blick zu. Der verstand. Wozu das Mädel unnötig beunruhigen? »Ich hab's nur mal flüchtig gesehen«, sagte er ausweichend, »und glaube, es wiederzuerkennen.«

»Geben Sie mal den großen Kieker her, Smith!« Aufmerksam betrachtete er den geheimnisvollen Fremdling«, der schon beträchtlich näher gekommen war … »Hm, ein Frachter ist das nicht und ein Passagierschiff auch nicht, dazu ist es zu klein, wird wohl eine Art Privatjacht sein.«

»Das Schiff gehört sicherlich einem Multimillionär oder einer Dollarprinzessin«, sagte Christel schwärmerisch. »Oh, einmal im Leben mit solch einem Schiff um den Erdball fahren, das muß himmlisch sein!« setzte sie seufzend hinzu.

»Na, ich danke!« brummte Kapitän Peters. »Bilde dir nur nicht ein, daß die ein richtig seemännisches Leben an Bord führen! Essen, sehr viel Trinken, Tanz, immer Radio, und vor allem – – Poker, Tag und Nacht. Das ist das ganze himmlische Glück an Bord. Kenn' doch den Rummel!«

»Schade!« Bedauernd sah Christel zu der Jacht hinüber, die schon beträchtlich näher gekommen war. Sie sah einen niedrig gebauten Schiffsleib, weiße Aufbauten, zwei auffallend hohe Masten und einen ganz kurzen, ovalen Schornstein, aus dem ein leichter, bläulicher Rauch vorquoll.

»Donnerwetter«, sagte der alte Smith, »hat der eine Fahrt! Sehen Sie nur die Bugwelle an, Käpt'n!«

»Mit dem möchte ich bestimmt kein Wettrennen machen«, brummte Kapitän Peters. »Der läuft wenigstens seine zwanzig Knoten … er hält tatsächlich auf uns zu«, setzte er kopfschüttelnd hinzu.

»Der will was von uns!« beharrte der alte Smith.

»Jetzt glaub' ich's beinahe auch«, murmelte Peters. Aufmerksam betrachtete er das mysteriöse Schiff durch sein Glas: »Merkwürdig viel Leute an Deck … mindestens zwanzig Mann. Seltsam, auf dem verhältnismäßig kleinen Schiff … Himmel und Hölle!« Erschrocken ließ er das Glas sinken, »hier, Smith, schauen Sie mal rüber! Wenn mich nicht alles täuscht, sind die Kerls mit Gewehren bewaffnet!«

Aufgeregt gab der Alte das Glas zurück: »Stimmt, Käpt'n! Meine Ahnungen haben mich nicht betrogen. Eine schöne Fahrt! Erst Sturm und ewiger Maschinenschaden, nun auch noch die Gangster auf'n Hals.«

»Gangster?!«

»Natürlich! Was sollten die Kerls sonst sein? Nachdem die Prohibition aufgehoben ist, müssen sie sich doch nach einem andern Verdienst umsehen. Entführung und Erpressung sind schon an der Tagesordnung; warum sollen nicht auch die Seeräuber wieder aufleben? Die wissen anscheinend von unserer Ladung und wollen uns nun erleichtern. Was sollen wir auch dagegen tun? Weglaufen können wir nicht mit unserer asthmatischen Maschine, Waffen haben wir auch nicht, um uns zu verteidigen … wir müssen froh sein, wenn sie uns nicht über Bord werfen!«

Kapitän Peters biß sich auf die Lippen. »Nun, wir wollen sehen! So schnell werfe ich nicht die Flinte in's Korn. Eins steht fest: Die Ladung kriegen sie nicht; und unser Leben werden wir auch teuer genug verkaufen.« Er wandte sich an Christel, die mit großen, verständnislosen Augen zugehört hatte: »Geh in die Kajüte, mein Kind! Dort bleibst du so lange, bis ich dich hole, was auch passieren mag.«

»Ja, Vati!« gehorsam kam sie dem Befehle nach.

»Smith, jetzt gilt's, den Kopf klar zu halten. Auf einen offenen Kampf können wir uns nicht einlassen, denn wir haben keine Waffen. Unsere Funkentelegrafie ist lahmgelegt, denn der Bursche funkt uns immer dazwischen. Dennoch müssen wir unser Möglichstes tun, um Ladung und Leben zu retten. Zunächst ändern wir den Kurs, dann kann er nicht so genau beobachten und noch schlechter zielen. Fallen Sie 4 Strich nach Steuerbord ab! Dann treffen wir zwar noch eher mit ihm zusammen, aber wir haben eine günstigere Position.«

Der Steuermann legte das Ruder um; die »Arkansas« schwenkte langsam nach Nordwesten um. Gespannt beobachtete Kapitän Peters seinen Verfolger. Ein befriedigtes Lächeln glitt über sein Gesicht, als er bemerkte, daß die Jacht ebenfalls den Kurs änderte, um dem Frachter den Weg abzuschneiden. »Die Dummköpfe gehen richtig in die Falle«, lachte er grimmig. »Daß er feindliche Absichten hat, darüber dürfte wohl kein Zweifel mehr bestehen. Wieviel Seemeilen laufen wir, Smith?«

»Noch immer 8 Seemeilen, Käpt'n, das Höchste, was die Maschine hergibt.«

»Verdammt wenig! Die Jacht ist zu schnell; aber vielleicht …?« er beendete den Satz nicht. »Sagen Sie dem Funker, er soll S–O–S funken; Länge und Breite angeben und jede Minute die Wellenlänge ändern!«

»Vielleicht kommt der Funkspruch durch!« Einen scheelen Blick warf der Alte auf die Jacht, die in wenigen Minuten die »Arkansas« erreicht haben mußte, dann eilte er in die Funkbude. Als er wieder auf die Brücke trat, war auch die Jacht heran. In 50 Meter Entfernung hielt sie sich in gleicher Höhe mit dem Frachter. Drüben an der Reling standen die Banditen, die Gewehre im Anschlag.

Kapitän Peters nahm das Megafon an den Mund: »Hallo! Was wollt ihr von uns? Warum stört ihr unsere Funkentelegrafie?«

»Hallo, ›Arkansas‹!« tönte es von drüben zurück, »stoppt sofort eure Maschinen! Gebraucht keine Funkentelegrafie! … Ergebt euch, jeder Widerstand ist zwecklos!«

»Ich protestiere gegen Ihr Vorgehen!« brüllte Kapitän Peters zurück. »Sie werden sich vor dem Seegericht zu verantworten haben!«

Ein schallendes Gelächter antwortete ihm. Mit einem plötzlichen Entschluß beugte sich der Kapitän über das Sprachrohr zum Maschinenraum: »Maschine äußerste Kraft voraus! … Ruder hart Steuerbord! Wir rammen das Schwein!«

Der Bug der »Arkansas« flog herum. Mit äußerster Kraft jagte der Frachter auf die Jacht zu. Drüben erhob sich großes Geschrei; Kommandorufe ertönten, einige Schüsse peitschten über das Wasser. Die beiden auf der Brücke zogen die Köpfe ein, klammerten sich am Geländer fest. Sekunden noch, dann mußte der Zusammenstoß erfolgen … wenn nicht … aber leider! Die Jacht war schneller. Haarscharf glitt der Steven der »Arkansas« am Heck der Jacht vorbei. Der Stoß ging ins Leere.

»Schade!« knurrte der Steuermann, »ich hätt' ihn so gern auf die Hörner genommen.«

»Verdammter Mist!« fluchte der Kapitän, »jetzt haben wir auch noch die Sonne gegen uns; nun kann uns der Schuft gemütlich abtun. Sehen Sie das Schnellfeuergeschütz auf dem Vorschiff? Gleich wird's …«

Drüben hatte es aufgeblitzt. Ein harter, schmetternder Knall schlug an ihr Ohr. Dicht vor dem Bug der »Arkansas« wuchs eine hohe Wassersäule empor, im Zusammenfallen das ganze Vorschiff überflutend.

»Gute Nacht!« sagte Steuermann Smith, »wie lange wollen Sie noch den aussichtslosen Kampf fortsetzen?«

»Bis ich den Befehl gebe, das Schiff zu verlassen«, sagte Kapitän Peters kurz.

Der Steuermann schwieg. Er kannte seinen Kapitän zu gut; der niemals zwecklos handelte … also hatte er noch etwas auf Lager.

Lautes Getrampel wurde hörbar. Die Leute kamen aus dem Maschinenraum heraufgestürzt, drängten erregt zur Brücke empor.

»Los, runter in den Heizraum!« schrie sie der Kapitän an. »Heizt, was ihr könnt! … Belastet die Sicherheitsventile! … Wir müssen versuchen zu entkommen!« Polternd kletterte wieder alles nach unten.

Rums! … zum zweiten Male blitzte es drüben auf dem Vorschiff der Jacht auf. Blitzschnell warfen sich die beiden zu Boden. Ein erschütternder, ohrenbetäubender Krach ertönte! Surrend sausten die Splitter über ihren Köpfen dahin. Die Granate war genau mitten in die Funkbude eingeschlagen.

Mit einem Satz war der Kapitän auf den Beinen und riß die halbzerschmetterte Tür auf. Ein unbeschreibliches Chaos bot sich seinen Blicken: Mitten im Boden klaffte ein großes Loch. Verbogene Eisenteile, zerrissene Drähte, Holzsplitter, Glassplitter … ein wirres Durcheinander. In einer Ecke am Boden saß der Funker und wischte sich das Blut von der Stirn.

»Frank! Sind Sie schwer verletzt?«

Der Funker rappelte sich langsam hoch und sagte:

»Ich glaube nicht, Herr Kapitän. Der Luftdruck der platzenden Granate hat mich in die Ecke gefegt; s'ist wohl nur eine kleine Schramme.«

»Mann, haben Sie Schwein! Kommen Sie raus auf die Brücke, da ist es gemütlicher.«

Der Steuermann atmete erleichtert auf, als er den Funker hinter den breiten Schultern des Kapitäns auftauchen sah. »Das ging nochmal gut ab; wollen warten, wie uns die dritte Sendung bekommt … da kommt sie schon … Achtung!«

Mit dumpfem Krach schlug die Granate in den Maschinenraum ein. Ein lautes Zischen ertönte; aus den Ventilatoren quoll weißer Dampf. Die Tourenzahl der Maschine ließ sofort merklich nach.

»Jetzt ist es zu Ende mit der ›Arkansas‹«, sagte Kapitän Peters, »die Hauptdampfleitung ist zerschossen … Hallo!« rief er durch das Sprachrohr hinunter, »ist jemand verletzt?«

»Nein, Käpt'n«, tönte es herauf, »aber die Dampfleitung ist futsch!«

»Setzt die Maschinen außer Betrieb und sperrt die Hauptleitung ab; die Kessel werden weiter geheizt!«

»Jawohl, Käpt'n!«

Behende kletterte der Alte auf Deck herab und beugte sich über die Reling. In dem eisernen Leib des Frachters, in der Höhe der Wasserlinie, klaffte ein großes Loch, dort, wo die Granate eingeschlagen war. Bei jeder Schlingerbewegung des Schiffes ergoß sich das Wasser in das Innere. Einige Heizer waren gerade dabei, das Leck mit Brettern und Hängematten abzudichten.

Der Alte nickte zufrieden mit dem Kopf: Wenn das Leck nicht verstopft wurde, mußte das Schiff in einigen Stunden untergehen. Das war eine Chance, Leben und Freiheit der Besatzung zu retten. Die Banditen mußten sich in erster Linie um das Schiff kümmern und konnten an eine Verfolgung der flüchtenden Besatzung kaum denken … Er befahl den Heizern, das Leck nicht abzudichten, und stieg wieder zur Brücke empor.

»Sie schießen nicht mehr, Käpt'n,« sagte der Steuermann, »sie haben unsere hoffnungslose Lage erkannt. Wir können ihnen nicht mehr entwischen. Jetzt lassen sie ein Boot zu Wasser.«

Die Jacht hatte ebenfalls gestoppt. Die Entfernung zwischen den beiden Schiffen betrug nur etwa 300 Meter. Eine Motorbarkasse stieß von der Jacht ab und strebte in schneller Fahrt auf den Frachter zu. Vorn am Bug wehte eine weiße Flagge.

»Sie schicken einen Parlamentär«, sagte der Kapitän. »Wieviel Mann sind im Boot, Smith?«

Der Steuermann richtete sein Fernglas auf das ankommende Boot: »Ich sehe nur zwei Mann, Käpt'n.«

»Schön, lassen wir sie rankommen.«

Bis auf wenige Meter näherte sich das Boot dem Frachter und stoppte. Die beiden Insassen waren unbewaffnet.

»Hallo!« rief der eine zur Brücke hinauf, »ich möchte den Kapitän sprechen.«

»Hier bin ich … was wollen Sie?«

»Der Boß läßt Ihnen sagen, daß Sie sich bedingungslos zu ergeben haben, sonst wird die Beschießung fortgesetzt. Verlassen Sie mit der gesamten Mannschaft das Schiff und warten Sie, bis Sie an Bord unseres Schiffes aufgenommen werden!«

Der Kapitän schien zu überlegen. Die Banditen wollten sie also gefangennehmen, das war klar. Er zögerte.

»Ich weiche der Gewalt«, sagte er endlich, »verlange aber für meine Mannschaft völlig freien Abzug.«

»Sie haben keine Bedingungen zu stellen!« erwiderte der Unterhändler kurz. »Wenn Sie sich nicht vollständig bedingungslos ergeben wollen, soll es uns auch recht sein. Wir haben noch genug Granaten!«

Kapitän Peters preßte die Lippen zusammen; in seinem Gehirn arbeitete es fieberhaft. »Gut«, sagte er entschlossen, »ich ergebe mich. Können wir unsere Sachen mitnehmen?«

»Eure Lumpen könnt ihr mitbringen«, lachte der Kerl höhnisch, »wir geben euch eine Viertelstunde Zeit. Wenn ihr dann nicht längsseits gekommen seid, ballern wir drauflos … ab dafür, Joe!«

Das Boot setzte sich in Fahrt und entfernte sich schnell von der »Arkansas«. Der Funker ballte die Hände: »Wenn ich dem Kerl doch an die Kehle könnte!« knirschte er.

Kapitän Peters lachte still in sich hinein. »Die werden schon noch Augen machen«, sagte er schmunzelnd.

Der Funker öffnete den Mund, als wolle er etwas fragen, aber der Steuermann brachte ihn durch einen Wink zum Schweigen. Er wußte, aus Hein Peters war jetzt doch nichts herauszuholen; also abwarten!


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