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Bemerkungen zu den vorstehenden Beobachtungen über das specifische Gewicht des Meerwassers in verschiedenen Breiten, und über die Temperatur des Oceans in verschiedenen Tiefen,

von J. C. Horner.

Die Beobachtungen über das specifische Gewicht des Meerwassers, sind von dem verdienten Naturforscher der Expedition bereits (S. 221. u. f.) in eine belehrende Uebersicht zusammengezogen, und nach den Graden der Breite geordnet worden. Aus dieser Tabelle ergibt sich augenscheinlich die, auch durch die Versuche auf der Krusensternschen Reise erwiesene Thatsache, daß das Meer an der Oberfläche zwischen den Wendekreisen specifisch schwerer sey, also mehr Seesalz enthalte, als in den höhern Breiten. Faßt man die Angabe von 25 Grad südlicher bis 25 Grad nördlicher Breite, und ebenso die von 50 bis 65 Grad nördlicher Breite zusammen, so ist das Mittel der Erstern 1,0288, das der Letztern 1,0245, welches einen Unterschied von 0,0043 oder 1/230 gibt. Es folgt hieraus aber noch keineswegs eine absolute Ungleichheit des Salzgehaltes überhaupt. Um hierüber ein bestimmtes Urtheil zu fällen, müßte man Meerwasser aus bedeutenden Tiefen geholt und abgewogen haben. Wahrscheinlich rührt jene Verdichtung der Salzsoole nur von der schnellen Entziehung des süßen Wassers durch starke Verdünstung her. Bei der bekannten Langsamkeit der Wanderung chemischer Stoffe in ruhigen Mischungen wird dieser Abgang nur langsam ersetzt; und da die obersten Schichten zugleich die wärmsten sind, so können sie auch bei einer größern specifischen Dichtigkeit doch wegen ihrer Ausdehnung durch die Wärme über den untern kühlern Schichten schwimmend erhalten werden, wodurch ein Hauptagens der Vermengung, die Ungleichheit des Gewichts unkräftig gemacht wird. Diese Langsamkeit des Umtausches und die daraus folgende Verdichtung der Salzauflösung an der Oberfläche hat von teleologischer Seite betrachtet noch den Vortheil, daß die Beschleunigung der Ausdünstung sich selbst Gränzen setzt, indem mit zunehmender Verdichtung auch die Anziehung des Salzes auf die Wassertheile größer, mithin die Ausscheidung der Letztern geringer wird. Ohne diese Einrichtung wären vielleicht die tropischen Gewässer gleich den Eismeeren von unauflöslichen Nebeln bedeckt. Spätere Versuche werden die hier gegebene Erklärung dieser Ungleichheit berichtigen, zu denen wir jetzt mehr Hoffnung haben, seitdem bequeme und zuverlässige Apparate, um Wasser aus jeder beliebigen Tiefe unvermischt herauf zu holen, erfunden worden sind.


Die bedeutende Anzahl der Beobachtungen über die Temperatur des Meeres in der Tiefe (es sind ihrer 116), ihre Ausdehnung über entlegene Gewässer des Oceans, und wahrscheinlich auch ihre Genauigkeit geben ihnen gegründete Ansprüche auf die Aufmerksamkeit der Physiker, und die Beharrlichkeit, mit welcher sie unter verschiedenen Umständen fortgesetzt worden sind, gereicht eben so sehr dem Naturforscher der Expedition, als auch dem Befehlshaber zum Lobe, welcher denselben nicht nur bei Windstillen, sondern in einigen Perioden beinahe täglich den nöthigen Vorschub angedeihen ließ. Sie sind sämmtlich mit einem Thermometrographen nach der Angabe von Six angestellt, was für ihre Zuverläßigkeit eine günstige Meinung erweckt. Es ist allerdings auffallend, daß ein so einfaches, im Gebrauche so bequemes, in seinen Angaben so sicheres schon längst bekanntes Werkzeug nicht häufiger für diesen Endzweck benutzt wird, so daß selbst bei den neusten wissenschaftlichen Reisen weit unsicherere Wärmehalter, von denen man einzig den Deap sea Clamm des Capitain Roß ausnehmen dürfte, angewendet wurden.

Unsre Beobachtungen Das Instrument war nach englischer Art in fahrenheitische Grade getheilt; ich habe die Resultate nach der in Deutschland gebräuchlichen 80 theiligen Scala ausgedrückt. zerfallen hauptsächlich in zwei Klassen: in Messungen der Temperatur in verschiedenen Tiefen an der nemlichen Stelle des Oceans, und in Angaben der Wärme in der gewöhnlichen Lothungstiefe von 60 bis 80 Faden in verschiedenen Gegenden.

Die vollständigsten Beobachtungen über den Gang der Temperatur in zunehmenden Tiefen sind die in der Südsee vom 13 und 14 Sept. 1817. in 36º nördl. Breite, und 148º westl. Länge. Außer der Bestätigung des allgemeinen Gesetzes, daß die Erkältung mit der Tiefe zunimmt, geben sie noch folgendes zu erkennen:

1. Die obersten Schichten des Wassers zeigen eine vorzügliche Erwärmung, indem die Temperatur in den ersten 8 Faden nur um 0º, 4 Reaum. von da aber bis 25 Faden um volle 6 R. Grade sich vermindert. Von 25 Faden bis 100 F. Tiefe ist die Wärme-Abnahme bedeutend geringer, indem sie für die nächsten 25 Faden nur um 1º, 7 R. und für die folgenden 50 Faden nur um 1º, 5 R. sich ändert; eine Abnahme, die nur den 10ten Theil der obigen beträgt. Noch langsamer ist sie zwischen 100 bis 300 Faden.

2. Vergleicht man diese Beobachtungen mit den naheliegenden vom 6. Juni 1816. in 37º. N. und in 199º W. also im nemlichen Parallelkreise, so zeigt sich vor allem aus, der Einfluß der Jahreszeit; in der Temperatur der Oberfläche, die im Juni 13º R. im Sept. 18º R. hält. Er geht jedoch nicht viel tiefer als 25 bis 50 Faden, und bei 100 Faden ist er schon innerhalb der Gränzen der Genauigkeit solcher Beobachtungen; denn wir haben

für 100 F. 6 Juni. 9º, 4 R.
13 Sept. 9, 4 –
14 Sept. 8, 6 –

3. Eine gewisse Uebereinstimmung mit diesen Erfahrungen, nur in größerm Maaßstabe, zeigen die Versuche vom 15 Nov. 1817, in 9º nördl. Breite und: 205º westl. Länge, in welchen die Temperatur von der Oberfläche an bis auf etwa 60 bis 70 Faden Tiefe rasch und gleichförmig von 24º, 7 R. auf 8º, 8 abnimmt. Von 69 bis 101 F. ändert sich plötzlich diese Geschwindigkeit auf die geringe Größe von 0º, 9 R. Wenn man jedoch diese Beobachtungen mit den sie umgebenden vom 13, 14 und 17 Nov. vergleicht, so wird man Bedenken tragen, aus ihnen entscheidende Schlüsse zu ziehen.

4. Die Beobachtungen vom 13 April 1816. in 15º S. und 130º W. befolgen einen ganz andern Gang, als die vom Sept. 1817. in 36º N. Die Abnahme der Wärme von der Oberfläche bis auf 100 F. Tiefe ist weit geringer, indem sie hier nur 3º, 6, dort beinahe das dreifache, nemlich 9º, 4 Reaum. Grade betrug. Stärker wird sie zwischen 100 und 200 Faden, nemlich 8º, 8 R. Grade. So auffallend diese Ungleichförmigkeit ist, so scheint es dennoch unmöglich, sie einem Beobachtungsfehler, der etwa von zu baldigem Heraufziehen des Thermometers herrühren könnte, zuzuschreiben; denn einerseits läßt der regelmäßige Gang der Versuche vom 14 Sept. 1817. und ihre Uebereinstimmung mit denen vom 13ten in den Tiefen von 0, 25 und 100 Faden nichts dergleichen vermuthen; anderseits finden die Beobachtungen vom 13 April 1816. ihre Bestätigung in den benachbarten vom 7 April, in 18º S., welche von 0 bis 125 Faden 4º, 8 R. also von 0 bis 100 F. ebenfalls 3º, 8 R. Unterschied geben. Dieselben Beobachtungen geben dann für das zweite Hundert der Fadentiefe ebenfalls etwa 8 Reaumursche Grade.

Woher dieser Unterschied in dem Gange der Erkältung rühre, ist aus den Beobachtungen nicht auszumitteln. Dem Einfluß der Jahreszeit kann er nicht wohl zugeschrieben werden, da wenigstens in 35º N. Breite die Beobachtungen vom Juni und September einen übereinstimmenden Gang zeigen. Vielleicht möchte er seinen Grund darin haben, daß die senkrechten Stralen der Sonne zwischen den Wendekreisen das Wasser auf eine größere Tiefe durchdringen, als in Breiten, denen nie die Sonne im Zenith erscheint. Die Stelle der beständigen, von der Jahreszeit unabhängigen Temperatur muß wohl zwischen den Wendekreisen viel tiefer liegen, als außerhalb derselben.

5. Einen viel gleichförmigern Gang scheinen die Beobachtungen vom 22 Sept. 1817. in 28º nördl. Breite und 152º Westl. Länge darzubieten, besonders, wenn man die Angabe in 25 F. Tiefe, die weder mit den höhern noch tiefern Beobachtungen zu stimmen scheint, wegläßt. Man erhält aus denselben für die ersten 50 Faden 3º, 5 R. Wärme-Abnahme, für die zweiten 50 F. 3º, 0 R., sodann von 100 bis 200 Faden. 4º, 3 R.

Die sämmtlichen Beobachtungen über den Gang der Wärme-Abnahme sind in der Südsee angestellt worden. Aus dem Atlantischen Meere erhalten wir nur einige isolirte Angaben für Tiefen von 100 bis 200 Faden. Die Versuche in beiden Meeren sind in folgender Tabelle zusammengestellt.

Wärme des Meerwassers in verschiedenen Tiefen nach den geographischen Breiten geordnet, in Graden des 80 Th. Thermom.

Tabelle

Die Temperaturen in der gewöhnlichen Lothungstiefe von 70 bis 80 Faden scheinen ihrer bedeutenden Menge wegen, aus welcher sich Mittelzahlen ableiten lassen, zu Erstern Bestimmungsgrößen zu führen. Gleichwohl ergeben sich aus denselben einige sonderbare Resultate. Dahin gehört in der Südsee die Angabe, daß in 18º nördl. Breite und 76 F. Tiefe im December das Wasser um 2½ º R. wärmer gewesen sey, als in 11º nördl. Breite und 70 F. Tiefe im November. Vielleicht hat die örtliche Lage der Beobachtungsstellen hier einigen Einfluß. Die Beobachtung in 11º Breite liegt im Westen der Marianen Inseln, und im Norden der Philippinen, ist also gegen die wärmern Strömungen aus Süden durch eine Art Wall geschützt und nur nach Norden offen, dahingegen die Stelle in 18º Breite mehr im freien Ocean liegt. Auffallend kalt ist die in 90 F. Tiefe gefundene Temperatur des chinesischen Meeres im Westen von Luçon; vielleicht in Folge der im December herrschenden nordöstlichen Strömungen.

Im Atlantischen Meere wurden vom 20sten April bis 13ten Juni 1818. fast täglich Temperaturbeobachtungen angestellt, meist in einer Tiefe von 70 Faden. Um die möglichen Fehler der Beobachtung, die etwa von der verschiedenen Dauer der Einsenkung des Thermometers herrühren mögen, auszugleichen, habe ich dieselben in einzelne Gruppen zusammengezogen, und deren Mittelzahl angesetzt. Sie befinden sich in der folgenden Tabelle; die eingeklammerten Zahlen zeigen die Menge der Beobachtungen an, deren Mittelzahl angeführt wird.

Tabelle

Diese Tabelle entdeckt uns eine ähnliche Anomalie, wie wir in der Südsee wahrgenommen haben. Diese ist die verhältnißmäßig niedrige Temperatur um den Aequator von 5º S. bis 10º N. Vielleicht mochte die größere Wärme zwischen 20 und 30 Grad südl. Breite noch ein Rest des südlichen Sommers seyn. Noch auffallender aber ist die bedeutende Erhöhung der Temperatur in der Zone von 15 bis 30 Grad nördlicher Breite. Denn wenn gleich gegen Ende Mai's die Sonne dem Zenith jener Gegenden nahe war, so hätte diese Wirkung, die hier erst im Beginnen seyn konnte, sich bei den Gewässern des Aequators, welche zur Zeit jener Beobachtungen (im April) die Sonne so eben durchstrichen hatte, auch zeigen müssen, was keineswegs der Fall war. Wohl geben die Temperaturen an der Oberfläche diese Wirkung der Sonne zu erkennen, da sie um den Aequator am höchsten (22½ º R.) sind, während dem die südliche Hälfte der tropischen Gewässer bereits eine herbstliche Temperatur angenommen hatte, indem wir in 17º S. die nemliche Wärme (18º½ R.) wie in 30º N. bemerken.

Die Ungleichheit der Jahreszeiten, der Stellen, der Tiefen, in welcher diese Beobachtungen angestellt wurden, gestattet weder eine genaue Vergleichung derselben unter sich, noch eine Zusammenstellung mit der geringen Zahl der von andern Beobachtern gesammelten Angaben zur Ableitung allgemeiner und definitiver Bestimmungen. So wünschenswerth es wäre, daß diese Untersuchungen der Temperatur in bestimmten Parallelkreisen z. B. von 10 zu 10 Graden gemacht würden, so kann man darüber nicht immer gebieten, obgleich die schöne Reihe täglicher Beobachtungen, welche das vorliegende Verzeichniß enthält, den Beweis liefert, was sich, auch ohne daß man auf Windstillen wartet, hierin thun lasse. Aber darüber wenigstens könnten die Beobachter sich vereinigen, daß sie durchgehends in den nemlichen Tiefen, z. B. in 25, 50, 100, 200 Faden ihre Versuche anstellten, wobei dann freilich für die wohl öfter stattfindende Abweichung der Lothleine von der senkrechten Richtung Rechnung getragen werden müßte. Oeftere Wiederholung der Beobachtungen bei jeder Gelegenheit ist um so mehr anzurathen, weil sie bei unerwarteten, abweichenden Resultaten das einzige Mittel ist, die Richtigkeit derselben zu verbürgen, und besonders ist auch die Aufmerksamkeit auf eine hinreichende Dauer des Versuchs, auf die öftere Vergleichung des Thermometrographen mit einem zuverläßigen Wärmemesser in verschiedenen Temperaturen sehr zu empfehlen. Endlich sind auch die umständlichem Versuche über den Gang der Wärme-Abnahme in geringen Intervallen, wenn sie in entlegenen Breiten, verschiedenen Temperaturen und Jahreszeiten angestellt werden, ein wichtiger Gewinn für die Wärmelehre überhaupt, so wie insbesondere für die Physik unsers Erdballs.


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