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Die Insel Romanzoff.

Die niedern Inseln, welche wir gegen den 15ten Grad südlicher Breite zwischen den 138sten und 149sten Grad Länge westlich von Greenwich im Jahr 1816 gesehen, namentlich in der Ordnung, in der sie von Ost in West, der Richtung unsers Courses, auf einander folgen: die zweifelhafte Insel ( Sumnitelny Ostroff), die Inseln Romanzoff und Spiridoff, die Rurick- und Dean-Ketten und die Insel Krusenstern, einerseits mit den Entdeckungen früherer Seefahrer, und besonders mit den von Le Maire und Shouten, deren Cours wir folgten, zu vergleichen, und anderer Seits ihre Namen auf der Karte von Vupaya, in deren Bereich sie sich befinden, aufzusuchen, überläßt der Verfasser dieser Aufsätze den gelehrten Hydrographen, die in Ansehung der gleichgestalteten Riffe und niedern Inseln dieses Meerstriches der wissenschaftlichsten Kritik bedürfen.

Krusenstern hat in seinen Beiträgen zur Hydrographie S. 173 u. f. die erste dieser Aufgaben abgehandelt. Wir können jedoch in der traurigen Spiridoff-Insel die wohl bevölkerte und mit Cocosbäumen reich bewachsene Sondergrondt nicht erkennen, was uns andre seiner Bestimmungen mit zu erschüttern scheint.

Die von uns gesehenen Inseln haben uns alle unwirthbar und wirklich unbewohnt geschienen, der Cocosbaum erhebt sich nur auf der kleinen Insel Romanzoff, der einzigen, auf der wir landeten. Die Bildung, zu der sie insgesammt gehören, ist bereits erläutert worden. Wir haben nur über die, welche wir betreten haben, einige Bemerkungen mitzutheilen. Ein Blick auf den Atlas wird, in Rücksicht der übrigen, belehrender seyn, als was wir zu sagen vermöchten.

Die Insel Romanzoff ist von geringem Umfange. Der aufgeworfene Damm von Madreporen-Geschieben, der ihren äußern Saum bildet, schließt eine Niederung ein, wo die Dammerde mehr Tiefe zu haben scheint, und aus welcher sich schlankstämmige Cocospalmen hie und da erheben, ohne sich zu einem ganzen Walde zu drängen. – Der erhöhte, schützende Rand ist auf der Seite unter dem Winde stellenweis durchbrochen, und es scheint, daß bei sehr hoher Fluth das Meer in das Innere der Insel eindringen müsse. Das an manchen Stellen angesammelte Regenwasser war vollkommen süß.

Die Flora ist von der äußersten Dürftigkeit. Wir zählten mir neunzehn Arten vollkommene Pflanzen (ein Farrenkraut, drei Monocotyledonen und fünfzehn Dicotyledonen), und wir glauben nicht, daß viele unserer Aufmerksamkeit entgangen sind. Die niedern Acotyledonen, womit in höheren Breiten die Vegetation anhebt, scheinen zu fehlen. Die Lichene erscheinen nur an älteren Baumstämmen als ein pulverähnlicher Ueberzug, und der schwarze Anflug des Gesteins scheint nicht vegetabilischer Natur zu seyn. Ein Moos und etliche Schwämme, die wir auf Radack gefunden, haben sich uns auf Romanzoff nicht gezeigt. – Die Pflanzen, die wir beobachteten, waren ein Polypodium, der Cocosbaum, der Pandanus, ein Gras, Scaevola Konigii, Tournefortia argentea, Lythrum Pemhis, Goettar da Speciosa, eine Cassyta, eine Euphorbia, eine Boerhavia, eine krautartige Nesselart. Pflanzen, welche alle auf Radack vorkommen, und an Pflanzen, die daselbst fehlen: zwei strauchartige Rubiaceen, ein anderer Strauch, Heliotropium prostratum, Portulacca oleracea, ein Lepidium(acre?) und eine Buchnera?

Gesträuche mit ganzrändigen, einfachen, meist fleischigen Blättern und farblosen Blüthen, bilden ein leicht durchdringliches Gebüsch, über welches der Cocosbaum sich erhebt, worin der Pandanus sich allein durch seine auffallende Form auszeichnet und nur die Cassytamit blätterlosen röthlichen Fäden rankt. Der Grund scheint überall durch das lose Pflanzenkleid hindurch.

Wir haben die Ratte, die freilich während der heißen Mittagsstunden (Tageszeit, die wir auf der Insel zubrachten) sich eingezogen hält, nicht wahrgenommen. Verschiedene Arten Waldvögel ( Numenius, Scolopax) waren auf der Insel häufig, sie schienen nicht den Menschen fürchten gelernt zu haben. Sie wichen nur vor unsern Tritten, wie zahmes Geflügel in einem Wirthschaftshof. Die Sterna stolida war unter den Wasservögeln am häufigsten. Der zutrauliche Vorwitz dieses Vogels hat ihm billig seinen Namen verdient. Es flogen uns in diesem Meerstrich mehrere buchstäblich in die Hände, und wir schenkten etlichen ihre Freiheit wieder, nachdem wir ihnen Zettel mit dem Namen des Schiffes und dem Datum um den Hals gebunden hatten.

Eine kleine Eidexe schien auf der Insel Romanzoff der einzige unbeflügelte Gast zu seyn. Ein kleiner Schmetterling war gemein, und das einzige Insekt, das uns in die Hände fiel.

Die Insel Romanzoff wird von andern Inseln her besucht, welche außer Sicht von derselben liegen. – Der Landungsplatz ist auf der Seite die dem Winde zugekehrt ist. Von da aus führen glänzend in die scharfen Korallentrümmer getretene Pfade in verschiedene Richtungen durch die Insel. Wir fanden im Innern ein der Verwesung überlassenes kleines Boot, das aus einem Cocosstamm ausgehöhlt und mit einem Ausleger versehen war. An zwei verschiedenen Stellen standen leichte, zirkelförmige Hütten, die aus wenigen Stäben, groben Matten und Cocosblättern zusammengesetzt waren. Wir fanden in einer derselben ein kammähnliches Geräth von Holz mit Schnüren von Cocosbast zusammengefügt. Gruben waren zum Ansammeln des Regenwassers gehölt. Feuer hatte an verschiedenen Orten über der Erde gebrannt, Backgruben bemerkten wir nicht. Unter dem Winde der Insel schien längs dem Strande ein Platz zum Aufziehen von Leinen eingerichtet zu seyn, und in der Nähe dieses Ortes war ein junger Baum mit abgeschnittenen Aesten, woran Cocosnüsse und Blätter und eine Schnur von Cocosbast hingen.

Feste Wohnungen oder Morais waren auf der Insel Romanzoff nicht, und wir fanden keine Merkmale eines neulichen Besuches der Menschen.


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