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Kamtschatka
die Aleutischen Inseln und die Beerings-Straße.

Wir haben mit einem Blick das Becken des großen Oceans und seine Ufer überschaut, und die Inseln, welche sich darinnen zwischen den Wendekreisen erheben, von Ostindien aus betrachtet, als von dem Mutterlande, dem sie angehören, und von woher die organische Natur und der Mensch sich auf dieselben verbreitet haben.

Wir wenden uns nun von jenen Gärten der Wollust nach dem düstern Norden desselben Meerbeckens hin. Der Gesang verhallt. Ein trüber Himmel empfängt uns gleich an der Grenze des nördlichen Passats. Wir dringen durch die grauen Nebel, die ewig über diesem Meere ruhen hindurch, und Ufer, die sein Baum beschattet, starren uns mit Schnee bedeckten Zinnen unwirthbar entgegen.

Wir erschrecken, auch hier den Menschen angesiedelt zu finden! Homo sapiens habitat intra tropicos palmis lotophagus, hospitatur extra tropicos sub novercante Cerere carnivorus Lin. Syst. Nat.
Ipsos Germanos indigenas crediderim. – Quis – Asia aut Italia relicta, Germaniam peteret? Informem terris, aspersam coelotristem cultu aspectuque, nisi si patria sit. Tacitus Germ. 2.

Der Erd- und Meerstrich, den wir uns zu betrachten anschicken, begreift die Kette der Vorlande, die das Becken des großen Oceans gegen Norden begränzen, und die Meere, Inseln und Ufer, welche sich im Norden derselben befinden.

Diese Kette zieht sich von der Halbinsel Kamtschatka auf der Asiatischen Seite aus, über die Aleutischen Inseln nach der Halbinsel Alaska auf der Amerikanischen Seite hin, über welche Halbinsel das vulkanische Ufergebirge das Continent der neuen Welt erreicht. Wir begreifen unter den Aleutischen Inseln die gesammte Insel-Kette, ohne in deren Eintheilung einzugehen, und wir rechnen dazu die ausser der Reihe zunächst im Norden von Unalaschka gelegenen, gleichfalls vulkanischen kleinen Inseln St. Georg und St. Paul, welche man unbegreiflicher Weise auf Arrowsmiths Karten vermißt, obgleich sie selbst englischen Reisebeschreibern, z. B. Sauer, vollkommen bekannt sind. – Wir haben im Norden der Vorlande nur Urgebirg, Eis und Schlemmsand ( terres d'alluvions) angetroffen. Wir haben von der Flößformation, welche im höchsten Norden von Europa gänzlich vermißt wird, eben auch keine Spur an den nördlichen Küsten, die wir gesehen, bemerkt. Die Expedition des Capit. Roß hat aber das Vorkommen des Flöß-Kalkes in der Baffinsbay außer Zweifel gesetzt.

Die Küsten beider Continente laufen: die asiatische in eine Nordöstliche, die amerikanische in eine nördliche Richtung gegen einander, und bilden zwischen hohen Vorgebirgen, dem Asiatischen Ost-Cap ( Cap East – Vostotschn-oi oder auch Tschukotskoy noss) und dem Amerikanischen Cap prince of Wales die Meerenge, welche die Beeringsstraße genannt wird. Das Meerbecken, welches diese Küsten und die Aleutischen Inseln einbegreifen, heißt das Kamtschatkische Meer. Die Insel St. Matwey ( Chores Island) liegt in dessen Mitte.

Die Asiatische Küste ist hoch und von einem tiefen Meer bespühlt. Sie ist gegen Norden von dem weiten und tiefeindringenden Meerbusen von Anadir aus gerandet, welcher von der Nordseite von dem vorspringenden Tschukotskoy noss (Anadirskoy noss) begränzt wird. Sie ist zwischen diesem Noss und dem Ost-Cap noch von den Matschickma und St. Laurents-Buchten eingerissen. Zunächst vor dem Tschukotskoy noss und im Süden der Straße liegt die Insel St. Laurentii ( Clerkes Island) vor den Vorgebirgen, die des Thores Pfeiler sind, wie ein halber Mond vor zwei Basteien. Das Meer hat zwischen der Insel und dem Tschukotskoy noss mehr Tiefe als zwischen derselben und der Amerikanischen Küste, auf welcher Seite der Durchgang breiter und seichter ist. Der östliche Theil der Insel scheint eine Gruppe felsiger Inseln zu seyn, die angeschlemmte Niederungen zu einer einzigen vereinigt haben. Etliche unzugängliche Felseninseln erheben sich noch zwischen der Insel St. Laurentii und der Beeringsstraße und mitten in der Straße selbst aus dem Meere.

Die Amerikanische Küste ist zwischen der südlichen Bristol-Bay (zunächst im Norden der Halbinsel Alaska) und zwischen dem nördlichen Norton-Sound, der durch seine Lage dem Meerbusen von Anadir der entgegengesetzten Asiatischen Küste entspricht, unzugänglich. Das Meer ist ohne Tiefe, und die Welle brandet noch bevor man Ansicht des Landes hat. Ein beträchtlicher Strom soll aus dem Innern Amerikas sich in dieser Gegend entladen, und das Ufer versanden.

Wir dringen durch die Beeringsstraße noch Norden. Beide Küsten entfernen sich. Cook hat die Asiatische Küste bis zu dem Nord-Cap unter dem 68º 56' N. B., die Amerikanische bis zu dem Eis-Cap 70º 29' N. B. gesehen. Angeschlemmte Niederungen bilden vor den Hochlanden Amerikas das Ufer, und das Meer, welches es bespühlt, hat keine Tiefe. Die Asiatische Küste scheint nach Cook von gleicher Beschaffenheit zu seyn. Das Land scheint durch Versandungen über das Wasser zu gewinnen, und man möchte besorgen, daß sich dieses Meer allmählig ausfülle.

Das Sandufer Amerikas ist von mehreren Eingängen und Fiorden durchfurcht. Wir ließen die südlichere Schischmarew's-Bucht ununtersucht und drangen in den weiten Kotzebues-Sund ein, der südlich vom hohen Cap Mulgrave in südöstlicher Richtung bis in das Urland eindringt, und dessen Hintergrund sich dem des südlich von der Beeringsstraße eindringenden Norton-Sound nähert. Man vergleiche die von Kobelef 1779 unter den Tschucktschi gesammelten Nachrichten und die neueren Russischen Karten, welche Arrowsmith und andere Geographen befolgen. Ein Fiord der sich an der südlichen Seite von Kotzebues-Sund in angeschlemmtem Lande eröffnet, und in neun Tagen Fahrt auf Baidaren der Eingebornen in ein offenes Meer führt, die Bucht der guten Hoffnung, möchte wirklich beide vereinigen und den Cap Prince of Wales als eine Insel vom festen Lande trennen, denn es scheint diese Einfahrt zu nah der Schischmarews-Bucht zu liegen, um ihre von den Eingebornen beschriebene Ausfahrt in dieser letzten zu erkennen.

Im Norden der Beeringsstraße liegt vor uns das noch unerforschte Feld der letzten wichtigen Streitfragen der Erdkunde, und wir werden aufgefordert, unsere Meinung über dieselben auszusprechen, zu einer Zeit, wo verschiedene Expeditionen ausgerüstet sind, die Thatsachen selbst zu untersuchen, und unsere Stimme ungehört verhallt. Wir schreiten zögernd zu diesem Geschäfte.

Sind Asien und Amerika getrennt, und ist das Meer, in welches man durch die Beeringsstraße nach Norden dringt, das große nördliche Eismeer selbst, oder ist dieses Meerbecken eine Bucht des südlichen Oceans, welche die Küste beider im Norden zusammenhängenden Welttheile begränzt und umfaßt?

Kann aus den Gewässern der Hudson's- und Bassins-Bay längs der Nordküste von Amerika eine Nordwest-Durchfahrt nach der Beeringsstraße möglich seyn?

Kann es möglich seyn, aus dem Atlantischen Ocean nordwärts von Spitzbergen und über den Nordpol selbst nach der Beeringsstraße zu gelangen, und gibt es ein offenes fahrbares Polar-Meer, oder ein Polar-Glätscher festen anliegenden Eises?

Ein Mann, dessen Name uns die größte Ehrfurcht einflößt, den Gelehrsamkeit und Kritik in gleichem Maaße zieren, und der selbst ein Gefährte Cooks in seiner zweiten und dritten Reise, den südlichen Polar-Ocean und das Meer im Norden der Beeringsstraße wiederholt befahren hat, James Burney findet sich zu vermuthen veranlaßt, daß Asien und Amerika zusammenhängen, und Theile eines und desselben Continents sind. A memoir on the Geography of the north eastern part of Asia and on the Question whether Asia and America are contiguous, or are separated by the sea, by Capt. James Burney. Philosophical Transactions 1818. widerlegt in The Quaterly review. June 1818.
A chronological history of north eastern voyages of discovery by Capt. James Burney F. R. S. London 1819.

Wir gestehen, daß Capitain Burney uns für seine Meinung nicht gewonnen hat. Wir finden in seiner chronologischen Geschichte der nordöstlichen Reisen die auf vorliegende Frage sich beziehenden historischen Zeugnisse auf das Freimüthigste abgehandelt, und beziehen uns mit vollem Vertrauen darauf.

Daß Samoen Deschnew auf seiner berühmten Reise aus der Kolima oder Kovima nach dem Anadir 1648 das Nordost-Cap ( Schelatzkey oder Swoetoy noss, das große Cap der Tschuktschi) nicht wirklich umfahren, sondern, wie später Staras Staduchin, zu Land auf einen engen Isthmus durchkreuzt habe, dünkt uns eine willkührliche Annahme, zu welcher die Berichte nicht berechtigen, und die namentlich Deschnews Vorsatz, ein Schiff an der Mündung des Anadir zu bauen, um den erpreßten Tribut nach Jakutzk auf dem vorigen Wege zurück zu senden, hinlänglich widerlegt.

Sollten auch die Dokumente, die Müller, Coxe, Pallas in Händen gehabt, und aus denen sie uns Deschnews Reise berichtet, nicht mehr aufzuweisen seyn, scheinen uns diese Männer selbst hinlängliche Bürgen zu seyn, und wir nehmen auf ihre Autorität unbedenklich an: daß in diesem Einen Falle das Nordost-Cap oder Schelatykoy noss zu Schiff umfahren worden ist.

Andere Gerüchte und Sagen einer gleichen Fahrt scheinen uns selbst unverbürgt. Wir messen gern dem von Sauer mitgetheilten Zeugnisse von Dauerkin Glauben bei, daß Schalauroff 1664 im Eismeer, und nicht am Ausflusse des Anadir, umgekommen, und wir haben kein Zutrauen zu der Reise von Laptiew 1740, wie sie angeblich aus Gmelins mündlichen Bekenntnissen in den memoires et observations geographiques et critiques sur la situation des pays septentrionaux, Lausanne 1765 4. p. 42 erzählet wird.

Die von Hendrick Hamel auf der Küste von Korea 1653 und wiederholt von Henry Busch auf der Küste von Kamtschatka 1716 in Wallfischen gefundenen Europäischen Harpoonen scheinen uns von einigem Gewichte zu seyn. Burney nimmt, im Widerstreit gegen Müller, an, daß Busch den Hamel blos wiederholt haben könne, und es scheint uns diese Annahme sehr willkührlich. Er meint ferner, daß die Russen lange vor der Zeit von Busch den Gebrauch der Europäischen Harpoonen auf diesen Küsten eingeführt haben möchten, und dieses ist unseres Wissens nicht der Fall. Die Russen, schwach an Zahl in diesem Theile der Welt, eignen sich die Früchte der Industrie der Völker zu, die sie sich unterwerfen, ohne ihnen neue zu bringen, und noch wird heutigen Tages auf den Aleutischen Inseln dem Wallfische nur von den Eingebornen, und nach alter Art mit ihren eigenen Harpoonen nachgestellt. Jede andere Auslegung der Thatsache schiene uns zulässiger.

Wir finden außer dem Bereich von Burneys Werke eine andere Thatsache, die Barrow Chronological history of voyages into the arctic regions, Lond. 1818 unbeachtet gelassen, und die uns Aufmerksamkeit zu verdienen scheint.

Nach Mackenzie's, am Ausflusse des nach ihm benannten Stromes, gesammelten Nachrichten, hat gegen das Jahr 1780 ein Schiff, ein sehr großes Fahrzeug, welches weiße Menschen trug, diese Küste besucht, und die Esquimaux haben von demselben Eisen gegen Thierhäute eingehandelt. Mackenzie river scheint sich zwischen zwei weit vorgestreckten Landzungen in das Meer zu entladen. Das Meer im Westen, worin sich dieses Schiff zeigte, hat davon den Namen Belhoullaï Tou, Weißen-Mannes-See erhalten. Es scheint uns natürlich, vorauszusetzen, daß dieses Schiff über die Beeringsstraße dahin gelangt.

Eine nördliche Strömung findet in der Beeringsstraße selbst, wenigstens während den Sommermonaten, unbezweifelt statt. Wir haben diese Strömung am 16ten August auf der Asiatischen Seite der Straße hinreichend stark gefunden. Ihre Wirkung brachte uns merklich zurück, als wir, aus der Straße zu kommen, das Ost-Cap umfahren wollten, und hierin ist unsere Erfahrung mit der von Cook und Clerke vollkommen übereinstimmend. Es ist aber die Jahreszeit gerade diejenige, worin die schmelzenden Schneen der Ufer eine südliche Strömung nothwendig bedingen müßten, falls dieses Meer ein geschlossenes Becken bildete. Wie die Ströme der Schweiz, die von den Alpenglätschern herabkommen, im Sommer anschwellen und reissender werden, müßte in derselben Jahreszeit und aus denselben Gründen das Wasser sich in diesem Becken vermehren und aus dessen verhältnißmäßig engem und seichtem Thore ausströmen.

Es beweisen aber auch andere Thatsachen die nördliche Strömung der Beeringsstraße. Beim Aufbrechen des Eises treiben in dem Meere von Kamtschatka die Eisberge und Felder nicht wie im Atlantischen Ocean nach Süden, sie treiben nicht nach den Aleutischen Inseln, sondern Straßeinwärts nach Norden. Das Eis war am 5ten Juli 1817 auf der südlichen Küste der Sant Laurents-Insel aufgegangen, und wir kamen am 10ten dahin, ohne schwimmendes Eis angetroffen zu haben. Wir begegneten erst diesem Eise in der Nacht zum 11ten, als wir um die Ostspitze der Insel nach Norden vorrückten. Auf dieser Seite der Insel ist das Meer minder tief und der Strom minder stark, als auf der Asiatischen.

Es ist zu bemerken, daß im Kamtschatkischen Meere die Südwinde während dem Sommer vorherrschen und die Nordwinde sich gegen September einstellen, im Spätjahr fortzudauern. Man kann nicht den Einfluß der Winde auf die Strömungen in Abrede stellen.

Die Menge des Treibholzes, die das Meer nach Norden bringt und auswirft, und worunter sich entschieden südliche Baumarten sowohl, als nordische Tannen befinden Wir haben auf Unalaschka ausgelegte Schreinerarbeiten gesehen, zu welchen nur an den Ufern dieser Inseln ausgeworfenes Treibholz gebraucht worden war, und die sich durch eine große Mannigfaltigkeit schöner Holzarten auszeichneten: Es bringt aber der hohe Norden nur Nadelholz und Birken hervor, und hier nur weit im Innern des festen Landes. Wir haben auf derselben Insel einen großen bearbeiteten Block Kampferholz gesehen, den ebenfalls das Meer ausgeworfen hatte. Die Spur der Menschenhand schwächt allerdings sein Zeugniß. Er konnte von jedem Schiffe herrühren.; die Sämereien bekannter südlicher Schotenpflanzen, die, wie auf Radack, so auch auf Unalaschka, obgleich minder häufig, ans Ufer gespült werden Sie wurden sonst von den Aleuten sehr begierig gesucht, da ein besonderer Aberglaube an diesen schwimmenden Steinen hing. – Sie sollen vorzüglich auf der östlichen Küste der Insel ausgeworfen werden., lassen uns nicht mit Bestimmtheit auf eine allgemeine Bewegung der Gewässer des großen Oceans nach dem Norden schließen. Es werden einerseits eben sowohl nördliche Bäume auf Radack ausgeworfen, als südliche auf Unalaschka, und anderer Seits, da die Beeringsstraße einer solchen Strömung einen entschieden zu geringen Ausfluß darbeut, so schiene uns, falls die Thatsache fest stünde, natürlicher anzunehmen, daß, nach der Theorie, eine doppelte Strömung im Meere wie in der Atmosphäre statt findet. Eine obere des erwärmten leichteren Wassers nach Norden, und eine untere des erkalteten schwereren Wassers nach dem Aequator.

Die Bewohner der Aleutischen Inseln, der Sanct Laurents-Insel und der Ufer der Beeringsstraße besitzen kein anderes Holz, als Treibholz. Es wird in verschiedenen Jahren in verschiedener Menge ausgeworfen. Es ist zu bemerken, daß es mehr an die Amerikanische Küste, als an die Asiatische gespült wird. Wir fanden es in Kotzebues-Sund in hinreichender Menge, und es mangelte hingegen in der St. Laurents-Bucht, wo die Tschuktschi nur Moos und winzige Weidenreisige brannten. Man möchte fragen, ob ihre Berichte von Wäldern auf der entgegengesetzten Küste nicht vielleicht eben sowohl auf Treibholz, woran sie reich ist, als auf die Wälder von Norton-Sound und dem Innern zu deuten waren? Die angeschlemmten Sandhügel der Amerikanischen Küste enthalten Baumstämme und Holz, wie dasjenige ist, welches an den Strand ausgeworfen wird.

Das Treibholz des Nordens scheint uns im Allgemeinen aus dem Innern der Continente durch Flüsse und Ströme herabgeführt zu werden, und in den Meeren, die uns beschäftigen, besonders aus Amerika herzurühren. Es möchte namentlich der Fluß, der zwischen der Bristolbay und Norton-Sound ins Meer fließt, eine der ergiebigsten Quellen desselben seyn.

Die Strömungen im Eismeer längs der Küste von Sibirien sind im Ganzen noch wenig bekannt, und wir stehen an, aus schwankenden Nachrichten Folgerungen zu ziehen. Liachoff und Schalauroff fanden im Norden der Yana und der Kolima den Strom West, Sauer mit Billing bei Westwind Ost, und bei Nordostwind West. In der Waigatzstraße und im Norden von Nowaja Semlja scheint der Strom auch West zu seyn.

Nachdem wir uns bemüht haben, darzuthun, daß ein Strom durch die Beeringsstraße nach Norden geht, müssen wir bekennen, daß solcher zu schwach ist, und nur zu wenig Wasser durch das enge Thor führen kann, um den Strömungen, die aus der Davisstraße und längs der Ostküste von Grönland nach Süden fließen, wie solche während der Jahreszeit, wo diese Meere der Schifffahrt offen sind, anerkannt statt finden, und wie mehrere Thatsachen schließen lassen, daß sie auch im Winter Beständigkeit haben Quarterly Review June 1818 p. 446. , entsprechen zu können.

Die Anzeigen von Land im Norden der Beeringsstraße, der Flug der Vögel aus dem Norden her nach Süden, und die nach Norden nicht zunehmende Tiefe des Meeres, woraus Burney auf den Zusammenhang beider Continente schließt, scheinen uns durch die Voraussetzung hinlänglich erklärt, daß Inseln, wie die Liachoffs-Inseln gegen den Ausfluß der Yana im Eismeere sind, in dieser Gegend liegen können. Das bewohnte Land von Andreef oder Andreanoff im Norden der Kolima 1762, und die Gerüchte und Sagen, es erstrecke sich solches von dem Continente Amerika's bis nach dem neuen Siberien von Sannikoff 1805 (die östlichste der Liachoffs-Inseln) scheinen uns gleich unverbürgt, und Burney selbst legt darauf kein Gewicht.

Wir sind also der Meinung, daß beide Continente getrennt sind, und halten das Nordost-Cap oder Schelatzkoy noss nicht für einen Isthmus, der beide Welttheile vereinigt, sondern, gleich dem Cap Taimura zwischen dem Jenisei und der Lena, welches nur von Chariton Laptiew 1738, und zwar nur zu Land umgangen und recognoscirt worden ist, für ein bloßes Vorgebirge Asiens, welches zu umfahren das Eis, und zu Land zu recognosciren das kriegerische ungebändigte Volk der Tschuktschi seit Deschnew verhindert haben, welche Aufgabe, zur See oder zu Land, nach seinen Instruktionen zu lösen, Billing alle Umstände günstig fand, und unverantwortlicher Weise vernachläßigte.

Wir wenden uns zu der Nordküste von Amerika.

Das Nord-Cap von Cook, Mackenzies river, Copper mine river von Hearn sind Punkte, die uns die Hauptrichtung angeben, in der sie ungefähr unter dem 70sten Grad nördlicher Breite läuft. Die Nachrichten und Karten der Indianer der Hudsonsbay, welche einmüthig die Küste von Copper mine river bis nördlich der Repulsebay fortsetzen; der Nordwest-Strom und die gleiche Richtung der Wellen ( Swell) in der Baffinsbay nach älteren Auctoritäten; die Strömungen und Fluthen in Roes Welkome; alle Umstände treffen überein, uns auf Zusammenhang der Meere und Trennung der Lande schließen zu lassen, und wir suchen den Canal nordwärts von der Repulsebay bis zu Sir James Lancaster Sound Es haben anderer Seits Wallfische, die bei Spitzbergen harpoonirt worden, und die man in derselben Jahreszeit in der Davis Strait wiedergefunden hat, so wie andere Umstände der Vermuthung Gewicht gegeben, daß Grönland eine Insel oder eine Gruppe von Inseln sey.. Der Capit. John Roß, dessen Reise Baffins frühere Entdeckungen bestätigt hat, behauptet den Zusammenhang der Lande um die Baffinsbay erwiesen zu haben, wogegen viele Theilnehmer derselben Expedition ihre Stimmen laut erheben (der Commandeur des anderen Schiffes, Lieut. W. E. Parry, der gelehrte Capt. E. Sabine, der Wundarzt G. Fischer u. a.) und die näher beleuchtete Frage schwebt noch unentschieden. John Ross Voyage of discovery etc. London 1819.
Dessen Recension in The Quarterly Review, 1819 p. 313. (Barrow.) Schwerer Tadel trifft Roß, den hoffnungverheißenden Lancaster-Sound eigentlich ununtersucht gelassen zu haben. There occur unfortunate moments in the history of a man's life, when he is himself unable to account for his actions, and the moment of putting about the Isabella would appear to be one of them, p. 351.
Modern voyages and Travels. London 1819. (Das Journal von M. Fischer.)
Blackwood Magazin, December 1818.
Capt. E. Sabine, Journal of Literature etc. April 1819.
Desselben Remarks on the late voyage of discovery. – die Explanation von Capt. Roß u. s. w.
. Es bleibt auf jeden Fall die Küste vom Eingang der Cumberlandstraße bis zu der Repulsebay zu untersuchen.

Ob aber, selbst in den günstigsten Jahren, die Durchfahrt frei von Eis und offen befunden werden kann, ob je die Nordküste Amerika's in ihrem ganzen Umfange und mit ihren etwanigen nördlichsten Vorgebirgen selbst, wie die Asiatische Küste streckweise und zu verschiedenen Malen, umfahren werden kann, ist eine andere Frage, die wir dahingestellt seyn lassen. Das Meer kann in diesen hohen Breiten nur wenige Tage offen seyn, und es verbinden sich alle Umstände, die Entdeckungen zu erschweren und deren Zuverlässigkeit zu vermindern. Ueber dem Meere ruht zur Sommerzeit ein dicker Nebel, welcher sich nur auflöst, wenn er von dem Winde über das erwärmtere Land getrieben wird, und man sieht zur See die Sonne nicht, die die Küste bescheint Wir haben dieses Phänomen besonders auf der Insel St. Laurentii, auf Unalaschka, in der Bucht von Avaschka und zu San Francisco beobachtet.
Das Phänomen der Parhelien, welches sich oft im Norden des Atlantischen Oceans zeigen soll, scheint im Kamtschatkischen Meere selten. Wir selbst haben es nicht beobachtet, und ein Russe, welcher auf den Aleutischen Inseln alt geworden, hatte es in seinem Leben nur einmal gesehen.
Wir haben das Phänomen des Kimmings ( mirage) am auffallendsten in der Beeringsstraße, und namentlich am Eingang der Schischmareffs-Bucht beobachtet, wo es uns auf dem Lande und auf der See, zu allen Stunden des Tages wie ein Zauber mit vielfältigen Täuschungen umrang. (Vergl. Capt. J. Ross voyage p. 147.) – Die Gegenstände, die am Horizonte liegen, scheinen sich von demselben zu trennen und über dasselbe zu erheben (in gewöhnlichen Fällen um 3 bis 6 Minuten, mit dem Sextant gemessen), sie spiegeln sich in dem Kreise ab, der durch ihren Abstand vom Horizonte entsteht, und scheinen durch ihr Spiegelbild verlängert. Die Bedingungen dieses Phänomens haben uns eher in Oertlichkeiten, als in dem Wechsel der Atmosphäre zu liegen geschienen, und wir haben es unter verschiedenen Zonen mit ziemlicher Beständigkeit an denselben Orten beobachtet, z. B. im Hafen von Hana-ruru (an der Aussicht nach Westen), in der Bucht von Manila u. s. w., nie aber in der Nähe der niedern Inseln.
.

Wir bemerken, daß der Theil der Amerikanischen Küste, den wir im Norden der Beeringsstraße untersucht haben, uns geschienen hat, die Hoffnung zu erregen, unter den Eingängen und Fiorden, die sie zerreissen, noch einen Kanal zu finden, der nach dem Eismeere gegen den Ausfluß des Mackenzies führe, ohne das Eis-Cap zu umfahren, welches dann einer Insel angehören würde Verschiedene Zeitschriften haben einen Brief des Verfassers dieser Aufsätze (St. Francisco, Neu-Kalifornien am 28sten Oct. 1616) mitgetheilt, worin diese Meinung ausgesprochen war. Ein Fehler des Copisten veränderte den Sinn dahin, als sey dieser Eingang wirklich von uns untersucht worden.. Die vorerwähnte Nachricht der Erscheinung eines Schiffes in diesem Meere leitet uns sogar auf die Vermuthung, es sey bereits ein solcher Kanal befahren worden.

Es bleibt uns die letzte Frage zu erörtern.

Felsenblöcke, welche häufig auf schwimmenden Eisbergen des Nordens beobachtet werden, und andere Merkmale beurkunden, daß sich diese Berge ursprünglich am Lande gebildet, und man hat durch wissenschaftliche und Erfahrungsgründe durchzuführen gesucht, daß Eis überhaupt nur am Lande anschießen könne, und daß ein offenes tiefes Meer ohne Land und Inseln nicht zu gefrieren vermöge, sondern zu jeder Zeit offen und fahrbar befunden werden müßte. Wir haben dieser Meinung nur Eine Thatsache entgegen zu setzen, welche man, unsers Erachtens, zu wenig beachtetet hat. Es ist diese die Beschaffenheit des Meeres um den Südpol. Man müßte sich denn, durch eine ganz willkührliche Voraussetzung, zu der nichts berechtiget, den südlichen Glätscher als einem unentdeckten, unzugänglichem Lande anliegend, vorstellen. Man hat aus seinem ganzen Umkreis nur in einem Punkte Land hervorragen sehen, das Sandwichland, und dieses ist unmaßgeblich, wie das neue Georgien, eine Insel von geringem Umfang, hingeworfen in die weite Oede des südlichen Oceans.

Wir können einem nördlichen freien Polar-Meer keinen Glauben beimessen.

Die Masse der von Barrington und Beaufoy The possibility of approaching the Northpole osserted by Barrington, a new edition with an Appendix by Beaufoy. Londen 1818. gesammelten Zeugnisse, ob man gleich jegliche vereinzelt anfechten könnte, scheint uns unwiderleglich darzuthun, daß in günstigen Jahren die See im Norden von Spitzbergen bis zu sehr hohen Breiten der Schifffahrt offen und völlig frei von Eis befunden werden kann, wie sie wirklich in den Jahren 1754, 1773 und andern befunden worden ist. Es ist aber gleich bewährt, daß in andern Jahren und öfters das Eis den Fortgang nach Norden schon unter dem 80sten Breitengrad verhindert hat und verhindern wird.

Wenn bisweilen im Norden von Scandinavien zwischen Spitzbergen und Nowaja Semlja das Meer bis unter sehr hohen Breiten, vielleicht bis unter dem Pole selbst offen befunden wird, während es hingegen auf andern Punkten, etwa im Norden der Beeringsstraße, selten unter dem 70sten Grade frei von Eis befunden werden dürfte; wenn im Norden von Europa der Polarglätscher, woran wir glauben, von einer tiefen, gegen den Pol eindringenden Bucht ausgerandet seyn möchte, scheint uns diese Anomalie örtlichen, die Temperatur bedingenden Ursachen zugeschrieben werden zu müssen, und zwar anscheinlich denselben, welche das viel wärmere Clima bewirken, dessen sich anerkannter Weise der Welttheil, den wir bewohnen, vor allen auf der nördlichen Halbkugel unter gleicher Breite gelegenen Landen zu erfreuen hat; welche Lappland mit Wäldern und Kornwuchs bis unter dem 70sten Grad begaben, und die Vegetation bis unter dem 80sten Grad auf Spitzbergen unterhalten, und dieses Land für zahlreiche Rennthierheerden wirthbar machen, welche schon die viel südlicher gelegene Nowaja Semlja in trauriger Naktheit nicht mehr ernähren kann.

Es sey uns erlaubt, zu einer Zeit, wo Männer, wie Humboldt, Buch, Wahlenberg u. a. die Masse der Erfahrungen zu vermehren sinnvoll geschäftig sind, und ein Humboldt die Bruchstücke örtlicher meteorologischer Beobachtungen, welche noch nur als dürftige Beiträge zu einer physischen Erdkunde vorhanden sind, zu überschauen, zu beleuchten und unter ein Gesetz zu bringen, isothermische Linien über den Globus zu ziehen versucht, eine Hypothesis zur Erklärung der Phänomene, der Prüfung der Naturkundigen zu unterwerfen.

Wir fragen uns: ob die Theorie, welche die Tag und Nacht abwechselnden See- und Landwinde der Küsten, die örtlichen Sommer- und Winter-Monsoons und endlich die allgemeinen Passatwinde beleuchtet, nicht zugleich in den mehrsten Fällen die örtliche Verschiedenheit des Klima's unter gleichen Breiten zu erklären hinreichen möchte?

Es scheint uns, wenn unser Blick auf dem Globus ruht, daß die doppelte Strömung der Atmosphäre von dem Aequator nach den Polen in ihrer obern, und von den Polen nach dem Aequator in ihrer untern Region, bedingt in ihrer Richtung durch die Achsendrehung der Erde, über Europa den Kreislauf einer über dem Sonnen-durchglühten Innern von Afrika verhältnißmäßig ungleich erwärmteren Luft unterhalten müsse, als über irgend einen anderen Theil der Welt. Wir glauben in dem südlich und südwestlich von Europa, zwischen der Linie und dem nördlichen Wendekreis gelegenen festen Land gleichsam einen Zugofen zu erkennen, der die Luft, welche es bestreicht, erwärmt und sein Clima bedingt; einen Ofen, desgleichen kein anderes Land der Erde sich zu erfreuen hat, und wir meinen, daß überhaupt zwischen dem Aequator und den Wendekreisen gelegene Continente den östlicheren Weltstrichen gegen die Pole zu, ein wärmeres Klima geben müssen, als dasjenige ist, welches andere Weltstriche unter dem Einflusse gleich gelegener Meere haben.

Es ist hier nicht der Ort, diese Idee weiter zu entwickeln und durchzuführen, oder eine neue Theorie der Berechnung zu unterwerfen und sie an dem Probirstein der noch mangelhaft bekannten Thatsachen zu prüfen. Wir haben nur den Gedanken andeuten wollen, der in uns, flüchtigen Reisenden, beim Anblick der winterlichen Aleutischen Inseln (unter der Breite von Hamburg) und der Küsten der Beeringsstraße (unter der Breite von Drontheim und Norwegen) im Norden des großen Oceans aufgestiegen ist. Wir versuchen nun, diese Lande selbst dem Blicke unseres Lesers näher zu rücken.

Die Punkte, auf welchen wir angelegt und die Natur zu erforschen uns bemüht haben, sind vom Süden gegen Norden folgende:

Der geschützte Hafen von St. Peter und Paul im Innern der Bucht von Awatscha auf der Ostküste von Kamtschatka ........ 53º 1' N.B.
Unalaschka, eine der Fuchs-Inseln, und in der Reihe der Aleutischen Inseln, östlich gegen Amerika gelegen ......... 54º
Die Insel St. George .......... 56º 42'
und die Insel St. Paul im Kamtschatkischen Meere, nordwärts von Unalaschka 57º 5'
Das Süd-Cap der Insel St. Laurentii im Jahr 1817 ..... 62º 47'
und ein anderer Theil derselben Insel i.J. 18l6 ...... 63º 13'
Die St. Laurentsbucht der Asiatischen Küste, bis deren Hintergrund wir landeinwärts gedrungen sind .......... 65º 35'
Der Eingang der Schischmareffsbucht auf der Amerikanischen Küste ... 66º 13'
Die Felsen-Insel im Innern des Kotzebue's-Sund ..... 66º 13'
und etliche wenige Minuten nördlicher gelegene Punkte der Ufer dieses Sundes.

Wir haben zu St. Peter und Paul vom 29sten Juni bis zum 13ten Juli 1816 dem ersten Erwachen des Frühlings zugeschaut. Das Jahr war verspätet, die frühen Anemonen und Corydalis waren erst erblüht, der Schnee schmolz von den wohlbewachsenen Hügeln, welche den Hafen rings umschließen, und sie begrünten sich nach und nach. Es erschlossen sich zur Zeit unserer Abfahrt die ersten Rosen, die ersten Blüten des Rhododendron, der Lilien u. a., und noch ruhte der Schnee auf den Bergen und bedeckte die Grundfesten der hohen vulkanischen Pyramiden, welche das Land überragen, und die der unermüdliche Horner trigonometrisch gemessen hat. Die Jahreszeit war uns ungünstig, und wir schmeicheln uns nicht, die mangelhafte Kenntniß, die man von der Natur dieses Landes hat, erweitern zu können. Wir verweisen auf Krascheninikoff, Pallas, Steller (Beschreibung von Kamtschatka. Frankfurt 1774), Lesseps und die anderen Reisenden. Krusenstern ist in anderer Hinsicht über Kamtschatka erschöpfend.

Die Bucht von Awatscha liegt zwischen der Breite von Berlin und Hamburg, und der Hafen von St. Peter und Paul im Innern derselben scheint eben so wenig als das Innere der Fjorden Nordlands dem Einfluß der Seewinde ausgesetzt. Es wächst daselbst nur noch die Birke Baumartig, aber verkrüppelt, und ungleich dem schlanken, anmuthigen Baume, den man im Norden von Europa und namentlich bei St. Petersburg in seiner Schönheit bewundert. Pinus Cembra, die sich auf unsern Alpen höher als Pinus Abies erhält und die Gränze der Bäume bezeichnet, sorbus aucuparia, Alnus incana und etliche Weiden bleiben strauchartig. Das Bauholz wird aus dem Innern der Halbinsel bezogen, welches sich eines mildern Klimas erfreut, als die Ost-Küste, und die Samenkörner von Pinus Cembra, welche man auf der Tafel der Russen sieht, kommen aus Sibirien über Ochotzk.

Gräser und Kräuter wachsen auf reichem Humus unter einem feuchten Himmel mit großer Ueppigkeit. Es kommen der Pflanzenarten wenige vor, und sie sind überall gleichmäßig vertheilt. An schattigen Orten wachsen Spiraea kamtschatica, Alllium ursinum, Mayanthemum canadense, Uvularia amplexifolia, ein Trillium obovatum, Pursch u. s. w. Auf den Triften ein Veratrum, Lilium kamtschaticum, Iris sibirica u. s. w. Auf den felsigen Hügeln Caprifolien, Spiraeen, Rosen, Atragene alpina und alpinische Pflanzen wie Rhododendron kamtschaticum, Empetrum nigrum, Trientalis europaea, Linnea boralis, Cornus suecica, Sarifragen u. s. w. Etliche Farrenkräuter machen durch Zahl der Exemplare einen bedeutenden Theil der Vegetation aus. Etliche Orchideen kommen vor. Urtica dioica ist anscheinlich eingeführt, einheimisch geworden.

Wir glauben, daß Sommerkorn bei St. Peter und Paul wie in Lappland unter dem 70sten Grad und in den Thälern der Savoyer Alpen ( au Tour u. s. w.) gedeihen möchte. In dessen Ermangelung geräth aber die Kartoffel leidlich, ob sie gleich nur kleine Knollen ansetzt; und diese Wurzel, welche bereits in einem großen Theil von Europa die Cerealien ersetzt, müßte hier die größte Wichtigkeit erhalten. Man könnte Branntwein daraus brennen, und einem Hauptbedürfniß dieser Colonie abhelfen. Aber es fehlt noch mehr an Händen und an Industrie als an Producten oder an productiver Kraft der Erde, und selbst, was einmal mit Nutzen unternommen worden, wie das Salzkochen, unterbleibt. Krusenstern bemerkt ganz recht, daß die Erde zu spät bestellt wird. Der Hügel von Uebergangsschiefer, welcher den Hafen von der Bucht von Awatscha absondert, bietet Lager dar, welche die Stadt bequem mit Bausteinen versehen würden, und Kalk könnte aus Muscheln gebrannt werden, wenn nicht Kalkstein noch entdeckt werden sollte.

Unzählige wirksame Vulkane erheben sich längs dem Gebirge, welches sich bogenförmig zwischen beiden Continenten ziehend, die Kette der Aleutischen Inseln bildet, und ragen in Pyramidengestalt über die Wolken. Zerrissene, zackige Felsenzinnen bilden in unruhigen Linien den Rücken, welcher diese bedrohlichen Kolossen verbindet. Das Gebirge scheint sich von dem Amerikanischen Continent aus über die Halbinsel Alaska und die Kette der Inseln gegen Asien zu senken. Die Inseln werden gegen Westen geringeren Umfanges und seltener ausgestreut, und die letzte derselben, die Beeringsinsel, neigt sich in sanften Flächen gegen die Kamtschatkische Küste hin.

Die zwei Pics der Halbinsel Alaska sind von einer außerordentlichen Höhe. Der erste im Nordosten, welcher vor einigen Jahren bei einem Ausbruch in sich versank, scheint noch, mit abgestumpftem Gipfel, der höhere zu seyn. Der Folgende, ein scharfgespitzter Kegel, ist anscheinlich beträchtlich höher als der Pic auf Unimak, und dieser, welcher den Mackuschkin auf Unakaschka und die ähnlichen Gipfeln auf den nächsten Inseln zu übertreffen scheint, hat, nach der Messung vom Herrn von Kotzebue 1175 Toisen Höhe. Der Schnee bekleidet ganz den Kegel und seine Grundfesten nach ungefährer Schätzung in den zwei obern Dritteln dieser Höhe, und senket sich Stellenweis noch tiefer gegen den Strand herab.

Der Anblick dieses Gebirges hinterläßt einen außerordentlichen Eindruck. Das Auge, welches sich in unseren Alpen gewöhnt hat, die Schneelinie als ungefähren Maaßstab zu gebrauchen, kann sich nur schwer der Täuschung erwehren, die Höhen dieser Gipfel zu überschätzen Aus derselben Ursach entsprang auf Teneriffa die entgegengesetzte Wirkung. Der Pic, den kaum der Schnee berührte, als wir ihn sahen, machte nicht auf uns den Eindruck den seine wirklich Höhe erwarten ließ. die Schneelinie, welche Wahlenberg in den Schweizer-Alpen auf 1371 Toisen und in den Lappländischen Bergen auf 555 Toisen beobachtet, und Leopold von Buetz auf Mageroe 71º N. B. auf 333 Toisen geschätzt hat, möchte sich nach unserer unmaßgeblichen Schätzung, über diesen Inseln zu 400 oder 300 Toisen herabsenken, und abgesonderte Gipfel, welche diese Höhe nicht erreichen, hegen noch Schnee unter ihren Zinnen, und in den Furchen und Höhlen ihrer Abhänge. Im Spätjahr 1817 hatte sich der Schnee an vielen Orten erhalten, von wo er im Spätjahr 1816 verschwunden war. Die Quellen in den niedern Thälern von Unalaschka, welche wir gegen den Anfang Juli 1817 untersuchten, zeigten uns die Temperatur der Erde zwischen 38 und 39º Fahrenheit an. Wir bedauern, daß der Zustand unserer meteorologischen Instrumente, von denen wir früher mehrere eingebüßt, und deren letzte vor möglichen Unfall zu verwahren, Pflicht war uns die Beobachtungen zu wiederholen, und die Resultate zu einer befriedigenden Genauigkeit zu bringen verwehrte; so haben wir den Barometer als Höhemesser zu gebrauchen nicht vermocht.

Granit kommt auf Unalaschka vor. Die Berge des Innern, links von dem Thale, welches man auf dem Wege von der Hauptansiedelung nach Makuschkin verfolgt, sind Granit. Wir haben sonst an allen Ufern der großen Bucht, auf dem Wege nach Makuschkin und bei Makuschkin selbst nur Thonporphyr, einerseits und hauptsächlich in Mandelstein, andererseits in Grünstein übergehend, Conglomeratartigen Porphyr, und wahren Conglomerat angetroffen.

Diese Gebirgsarten liegen über einander in mächtigen, wenig geneigten anscheinig ohne Gesetz abwechselnden Lagern. Die Lagerung ist nur von Weitem an dem Profil der Berge wahrzunehmen. Diese Porphyre bieten im Großen scharfkantige, zackige, nadelförmige Formen dar, und nur, wo sie conglomeratartig werden, abgerundete Formen (Wollensäcke), wie es der Granit öfters thut. Die in diesen Blättern zerstreuten geognostischen Bemerkungen sind zumeist dem Professor Weiß zu verdanken, welcher mit dem Verfasser alle mitgebrachten Proben von Gebirgsarten freundschaftlich belehrend, durchgesehen hat.

Aus diesen Porphyrgebirgen brechen mehrerer Orten heiße Quellen hervor, deren Wasser geschmack- und geruchlos ist, und auf den Steinen einen Anflug von gelblich bräunlichen Kalksinter absetzt. Der Doctor Eschscholz fand die Temperatur einer dieser Quellen, die in einem gegen den Eingang des Hafens gelegenen Thale auf einer Wiese sprudelt, zwischen 93º und 94º Fahrenheit. Das stockende Wasser etlicher Bächen auf derselben Wiese, setzt ein hellgelbliches schwefelähnliches Sediment ab. Das Wasser der erwähnten Quelle und einer andern auf der Insel Akutan, in welcher Speisen in kurzer Zeit gar gekocht werden, schien dem Doctor sich durch größeren Kalkgehalt von dem Wasser gewöhnlicher Quellen zu unterscheiden. – Bei Makuschkin quillt am Fuße eines insularisch abgesonderten Hügels von geringer Höhe am Meeresstrand unter der Linie der hohen Fluth, eine andere heiße Quelle aus einem Lager wirklichen Conglomerats hervor. Die darauf liegenden Lager, aus welchen der Hügel besteht, bieten die gewöhnliche Abwechselung von Thonporphyren dar.

Die Makuschkaia sobka rauchet ruhig fort, und die Aleuten holen sich Schwefel daraus. Wir sind in die abgesondert liegende, enormen Gebirgsmasse, welche diesen Feuerschlund trägt, nicht gedrungen, und haben in den Theilen der Insel, welche wir durchwandert sind, keine eigentliche Lava angetroffen.

Schwefelkies hat auf Unalaschka, wie an so manchen Orten der Welt, die Habsucht der ersten Entdecker getäuscht, welche solchen für Gold angesehen haben.

Wir haben auf Unalaschka versteinertes Holz, Fragmente großer Dicotyledonen-Stämme erhalten, welche angeblich aus dem Bette eines Sees auf Umnack herrühren, der in Folge eines Erdbebens ausgetrocknet ist. Die Vulkane dieser Insel sind besonders wirksam, und von ihnen ausgeworfene Steine haben in neuerer Zeit einen Kanal ausgefüllt, welcher sonst schiffbar gewesen ist.

Die neue Insel, welche im Jahr 1795 in der Nähe von Umnak und Unalaschka aus den Wellen emporstieg, und über deren Entstehung Langsdorf uns benachrichtigt hat, fängt, dem Vernehmen nach, bereits an, sich mit Vegetation zu überziehen.

Auf der Halbinsel Alaska, und auf der zunächst gelegenen Insel Unimak, die davon nur durch eine enge Durchfahrt getrennt ist, und auf welche die Natur des Continents überzugehen scheint, kommen Bäume noch vor. Unalaschka und die übrigen Inseln dieser Kette sind durchaus davon entblößt. Man hat auf Unalaschka Tannen, eine Art Abies, die man aus Sitka hergebracht, anzupflanzen versucht; die Meisten sind ausgegangen, die übrigen scheinen kaum sich zu erhalten, jedoch ist die Pflanzung noch jung, und man weiß wie schwer Zapfenbäume das Umpflanzen überstehen.

Wir haben uns auf Unalaschka, wo wir uns zu drei verschiedenen Malen im Früh- und Spätjahr aufgehalten, die Flora besonders zu studiren beflissen, und diese Insel wird uns zu einem Vergleichungspunkt dienen für die übrigen nördlicher gelegenen Landpunkte, welche wir berührt haben.

Auf Unalaschka (unter der Breite von Lübeck) überragen die Weiden in den feuchten Gründen kaum den üppigen Gras- und Kräuterwuchs. Sobald man aus diesen Niederungen die nächsten Hügel hinansteigt, findet man eine durchaus alpinische Flora, und es erheben sich nur noch in der untersten Bergregion etliche Myrtillus ähnliche Vaccinien strauchartig über den Boden. Uebrigens unterhält ein feuchter Himmel den grünen Mantel der Erde bis zu den nackteren Felsenzinnen und dem Schnee im frischem Glanze und etliche gesellige Pflanzen schmücken diese traurige Welt mit bewunderungswürdiger Farbenpracht. ( Lupinus nootkaensis, Mimulus luteus, Pursch. guttatus Willd. En. Sup., Epilobium angustifolium und latifolium, Rhododendron kamtschaticum u. a.) Das frische Grün der Matten erinnert an das Urseren-Thal.

Die Flora scheint mit der von St. Peter und Paul keine andere Gemeinschaft zu haben, als die, welche sie der allgemeinen alpinischen oder arktischen Flora, und der Strand-Flora dieser nordischen Küsten verdankt. Wir haben, außer solchen Pflanzen, die sich im höheren Norden wiederfinden, nur das Lilium kamtschaticum (falls die Varietät auf Unalaschka nicht eine eigene Art sey) und die Uvularia amplexifolia an beiden Orten beobachtet, und hingegen auf der amerikanischen Küste im Norden der Beeringsstraße, mehrere kamtschatkische Pflanzen-Arten gefunden, die wir auf Unalaschka vermißt haben. Es ist die Flora der Nordwest-Küste von Amerika, die sich bis an den Fuß der Hügel dieser Insel hinzieht, wo sie sich mit der Arktischen vermählt.

Wir nennen als Beispiele Rubus spectabilis, Lupinus nootkaensis (welcher, jedoch verkrüppelt, auch zu den Höhen hinansteigt), Epilobium luteum und mimulus guttatus, Willd. Der Same dieser Pflanze, welche im botanischen Garten zu Berlin gezogen wird, soll von See Baikal (?) hergekommen seyn. Die Claytonia Unalaschcensis, Fisch. Siberica hort. (alcinoides, Pursch?) möchte vielleicht auch hier zu rechnen seyn. Sanguisorba canadensis, Lithospermum angustifolium u. a. gehören der gemeinsamen Flora von Amerika.

Viele Gräserarten wuchern in den Niederungen, mit ihnen etliche Umbellaten, Angelica, Heracleum u. a. Eine Dutzend Carices machen kaum einen bedeutenderen Theil der Vegetation aus, als in Nord-Deutschland; etliche Scirpus und Eriophorum begleiten sie, die Junci gesellen sich ihnen ungefähr in dem Verhältniß von eins zu zwei. Die Orchideen behaupten, sowohl durch die Zahl der Arten als durch die der Exemplare in der Flora des Thales und der Höhen einen bedeutenden Rang. Wir zählten deren eilf Arten, worunter sich ein schönes Cyripedium auszeichnete. Wir haben höher im Norden keine einzige Pflanze dieser Familie beobachtet. Von den Farrenkräutern kommen gegen acht Arten vor; wir haben nördlicher nur eine filix, und diese nur einmal angetroffen. Etliche Lycopodien kommen auf Unalaschka, nördlicher eine einzige Art noch vor. Man findet in den Seen verschiedene Wasserpflanzen: Potamogeton, Sparganium, Ranunculus aquatilis u. a., wir haben in dem höheren Norden nur die zwei Hippuris-Arten, und die gemeine Callitriche beobachtet.

Zwei andere Ranunkeln, die Prunella vulgaris, ein Rhinanthus, eine Cineraria, eine Achillea, eine Plantago, ein Geum, einige Rubiaceen, eine Claytonia, die menyanthis trifoliata, eine Triglochin u. a. gehören mit den obenerwähnten Pflanzen der Thales-Flora von Unalaschka an. Eine Bartsia scheint sich von der nördlicher vorkommenden Bartsia pallida zu unterscheiden. Eine schöne Pflanze, die eine neue und ausgezeichnete Gattung begründet, die Romanzoffia unalaschkensis erhielt den Namen des Beförderers aller Wissenschaften in Rußland. Die Gattungen Rumex, Polygonum, Aconitum, Talictrum, etliche Alsinaceen, die Iris sibirica, das Geranium pratense, das Comarum palustre, die montia fontana sind über den ganzen Norden verbreitet.

Das Empetrum nigrum, welches mit Helleborus trifolius Lin. (eine Amerikanische Pflanze, die wir nördlicher nicht wiedergefunden) die Hügeln zumeist bekleidet, eröffnet das Reich der Alpinischen Flora. Man findet etliche Arten Vaccinium und den gemeinen Oxycoccos, Arbutus alpinus und Uva ursi, eine weißblüthige Menziesia, welche unter Erica caerulea mit einbegriffen worden. Rhododendron kamtschaticum, Azalea procumbens, Andromeda lycopodioides, welche höher im Norden durch die Andromeda tetragona ersetzt wird, Alpinische Salices, Sylene acaulis, Sibbaldia, procumbens, cornus suecica, Trientalis europaea, Linnea borealis, Ornithogalum striatum, Zwei Varietäten dieser Pflanze möchten wohl verschiedene Arten seyn. Anthericum calyculatum, L. variet. borealis, Königia islandica, eine von der nördlicher vorkommenden anscheinlich verschiedene Gymnandra, zehn Saxifragae, drei Pediculares, etliche Potentillae, zwei Gea, zwei Anemonae, drei Primulae, ein Papaver, eine Drosera, eine Pinguicula, zwei Pyrolae, eine Viola, eine Parnassia, einen Rubus, eine Armeria. Es kommen nur ein Alpinischer Ranunculus und drei Gentianae vor, von welchen Gattungen man nördlicher mehrere Arten antrifft. Aus der Klasse der Syngenesie kommen Aster, Hieracium, Gnaphalium, Leontodon, Arthemisia u. a. vor. Diese Klasse gewinnt eine größere Ausdehnung im höheren Norden, wo besonders die Gattung Arthemisia mehrere ausgezeichnete Arten aufzuweisen hat. Dagegen kommen auf Unalaschka etliche Alpinische Arten der Gattungen Campanula und Veronica vor, welche man im höheren Norden gänzlich vermißt. Aus der Klasse der Kreuzblumen sind etliche Arten theils im Thale, theils auf den Höhen vertheilt.

Wir haben auf Unalaschka Alnus incana, Betula nana, Ledum palustre, Dryas octopetala, Diapensia lapponica, Rhodiola rosea, die Gattungen Spiraea, Astragalus, Allium myosotis, Corydalis, Valeriana, Aretia, Androsace, Dodecatheon, Delphinium und Orobanche, vermißt, welche wir im höheren Norden angetroffen haben.

Die Strand-Flora, welche nördlicher unverändert dieselbe bleibt, bilden vorzüglich Elymus mollis, Herb. Görenk. Trinius in Sprengels Ent. 2. p. 72. Arenaria peploides, Pisum maritimum, verschiedene Formen der Pulmonaria maritima, Willd, die vielleicht eigene Arten sind, parviflora Pursch, Cochlearia officinalis, und Arnica maritima, welche, üppig und ästig auf dieser Insel, im höheren Norden einblüthig wird. – Wir möchten dieser Flora die Potentilla anserina zuzählen.

Das Meer ist längs der Küsten und in den Buchten an Algen reich, und der Tucus esculentus, der See-Kohl der angesiedelten Russen, zeichnet sich unter vielen gigantischen Fucus-Arten aus.

Die Moose und Lichene beginnen bereits zu Unalaschka in der Flora den großen Raum einzunehmen, welchen sie im höheren Norden behaupten.

Die Insel St. George mit abgeflachten Rücken von Felsen-Trümmern und steilen Ufern, bildet eine Tafel von mäßiger Höhe und geringem Umkreis, an welcher sich an der Ostseite eine Niederung anschließt. Man nimmt an den Profilen der Ufer die Lagerung wahr; die Gebirgsart scheint, wie zu Unalaschka Thonporphyr zu seyn, und große Blöcke einer porösen Lava, bilden zum Theil den Strand.

Die Insel St. Paul ist von größerem Umfang und niedriger als St. George. Es erheben sich nur im Innern niedrige Hügel, deren einer einen sehr stumpfen Kegel bildet. Die Ufer senken sich sanft zum Meer und bilden etliche Vorgebirge und Halbinseln. Etliche Riffe erstrecken sich von der Insel und einem nahgelegenen Felsen (der Boberinsel) aus, in die See, und sind für Schiffe nicht ohne Gefahr. Die Halbinsel, auf welcher die Ansiedelung liegt, ist theils aus gehäuften vulkanischen Schlacken, theils aus einer porösen Eisen-Schlacken ähnlichen Lava gebildet, deren runzliche Oberfläche, an einigen Stellen noch unbewachsen, außer Zweifel setzt, daß sie wirklich geflossen habe. Hat sich dieser Fluß aus Meeresgrund erhoben, oder hat ihn ein Berg ausgeworfen, welcher in sich versunken ist? – Er kann sich schwerlich in dem jetzigen Zustande der Insel von den fernen und niedern Hügeln des Innern auf fast wagerechter Fläche bis zu den Ufern fortgewälzt haben. Ein Profil bei dem Landungsplatz, zeigt deutliche, wagerechte Lagerung.

Man hat zu verschiedenen Malen von St. George und St. Paul Feuer zur See brennen sehen, und in hellen Tagen Land im Südwesten von St. Paul zu unterscheiden geglaubt. Unsere Untersuchung hat erwiesen, daß die letzte dieser Erscheinungen Trugschein war; die erste möchte vulkanisch gewesen seyn.

Wir haben diese Inseln, die ungefähr unter der Breite von Riga liegen, nur mit flüchtigem Blick angeschaut: es ist auffallend, um wieviel winterlicher die Natur auf ihnen erscheint, als auf Unalaschka. Es hegen nicht, wie dort, geschützte Thäler und Gründe eine üppigere Vegetation und südlichere Pflanzen. Eine durchaus alpinische Flora schließet sich, wie im höheren Norden, unmittelbar an die Flora des Strandes an. Die erhöhten Rücken von Felsentrümmern sind von schwarzen und fahlen Lichenen, die vom schmelzenden Schnee bewässerten Stellen, von Sphagnum Moosen und wenigen Carices bewachsen. Die Erde hat keine Quellen mehr. Die verschiedenen arktischen Pflanzen wählen sich, nach ihrer Natur, Felsen- oder Moorgrund, und keine erhebt sich über den Boden, dem sie angedrückt sich schmiegen. Der Lupinus auf St. George, die Achillea auf St. Paul erinnern noch an Unalaschka, mehrere Pflanzen aber, die auf Unalaschka nicht vorkommen, an den höheren Norden. Ranunculus, Pallasii und Gmelini, eine Androsace, eine Claytonia u. a. Wir haben eine einzige Pflanze (eine Cochlearia?) ausschließlich auf diesen Inseln gefunden, wo sie häufig und charakteristisch ist.

Beide Inseln waren, bevor sie die Russen entdeckten, den nachbarlichen Völkern unbekannt, ein befriedeter Aufenthalt der Wasservögel und Robben ( Phoca leonina und ursina). Auf beiden sind nun Aleuten unter russischer Aufsicht angesiedelt, und die Thiere sind wie die Völker hörig worden. Die Insel St. Matwey ist noch unbewohnt, man weiß das Schicksal der dort beabsichtigten Ansiedelung. Die Menschen fanden sich während des Winters von den Thieren, auf die sie für ihre Nahrung angewiesen waren, verlassen, alle verhungerten bis auf drei, welche ihr Leben mit einem magern Thon, den sie entdeckten, fristeten. Wir haben auf Unalaschka Proben von diesem Mineral erhalten, welches bereits von früheren Reisenden gebracht, in den Europäischen Sammlungen vorhanden ist.

Solche Inseln, und in solcher Nähe bewohnter Küsten, würden im großen Ocean nicht unbevölkert geblieben seyn.

Wir werden die Insel St. Laurentii und die beiden Ufer der Beeringsstraße unter einem Gesichtspunkt vereinigen. Sie sind von demselben Urgebirge gebildet, und dieselbe Flora ist über sie verbreitet. Es liegen diese Lande ungefähr zwischen den Breiten von Christian-Sund bis Dönna de an der Norwegischen Küste, oder von Herno-Sand bis Tornea auf der Schwedischen am Botnischen Meerbusen.

Die St. Laurents-Bucht ist ein Fiord der Asiatischen Küste, der in das Gebirge eindringt, und dessen Hintergrund Höhen mit nackten Felsen-Abhängen begränzen. Die Gebirgsart ist Urkalk.

Die alpinische oder arktische Flora, die hier den Fuß der Berge schmückt, scheint nicht ihre Stirne, wenn sie sich gleich von Schnee entblößt, zu bekränzen, und wenn die Abflüsse des schmelzenden Schnees im reichsten Flore prangen, sind die dürren Rücken und Abhänge von gehäuften Felsentrümmern kaum von grauen und schwärzlichen Lichenen angepflogen.

Die Berge unter diesem winterlichen Himmel, von Vegetation unbekleidet und ungeschützt, veralten, und verfallen. Der Frost sprengt den Felsen, jeglichen Sommers milde Wärme bringt neue Trümmern herab, und die Zerstörung schreitet fort, bis sie vollendet. Der Boden ist überall Felsentrümmer, wo nicht das Sphagnum einen Torf- und Moorgrund an tiefen bewässerten Orten gebildet hat.

Unter einem glücklicheren Himmel weiset uns der Dichter an den waldbewachsenen Scheitel seiner Berge das Bild der Unvergänglichkeit, und das düstere Lied der nordischen Barden zeiget uns, an seinen Felsen, des Alters zerstörende Macht.

Die Tschuktschi, welche die St. Laurents-Bucht bewohnen, besitzen einen ziemlichen Vorrath von einem schönen Graphit, womit sie sich zum Schmuck das Gesicht mit Kreuzen und anderen Figuren bemalen. Wir haben von den verschiedenen Völkerschaften, mit welchen wir an beiden Küsten verkehrt haben, verschiedentlich bearbeiteten Nephrit erhandelt, dem sie bei ihrem jetzigen Reichthum an Eisen, keinen besonderen Werth beizulegen schienen. Es ist uns unbekannt geblieben, wo beide Minerale vorkommen.

Die Insel St. Laurentii ist von mäßiger Höhe, und ihre Rücken sind abgeflacht. Wir haben am Orte, wo wir im Jahre 1816 landeten, eine Grünsteinartig gemengte Gebirgsart anliegend, und im Jahre 1817 östlich und in der Nähe des Süd-Caps, gleichsam an dessen Fuß Granit in großen Trümmern angetroffen. Die Formen, die von der See aus betrachtet, das Profil dieses Vorgebirges uns gezeigt, hatten unsere Neugierde erregt, wir hatten geglaubt, Basaltähnliche Säulen, die fast senkrecht in gleicher Richtung gegen Süden neigten, daran zu erkennen.

Die Amerikanische Küste im Norden der Straße, wird zwischen dem Cap Prince of Wales und dem Cap Krusenstern ( cap mulgrave Cook?) welche zwei Felsen-Säulen sind, von angeschlemmten Niederungen und Dünen gebildet. Der Kotzebues-Sund führte uns durch diese hindurch bis zu dem Urland, dem sie anliegen. Das Land hat sich nur wenig erhöht, und die ruhigen Linien der Hügel lassen nicht erkennen, wo der Felsengrund beginnt.

Die Felsen-Insel, die den Ankerplatz im Hintergrund des Sundes schützt, ist von gemengter Gebirgsart (Quarz-Schiefer). Sie wirkt kräftig auf die Magnetnadel und verändert ihre Richtung. Der Felsen blickt wieder an den Profilen des gegenüberstehenden Ufers, welches den Grund des Sundes bildet, durch. Die Eschscholz-Bucht, in die sich der Sund nordöstlich verlängert, dringt wiederum in angeschlemmtes Land ein. Wir landeten auf der Ostseite dieser Bucht auf einer Sandspitze, wo die Magnet-Nadel gleichfalls außerordentlich abweichend befunden ward. Soll diese Anomalie auf die Nähe des Urgebirges, welches man unmittelbar nicht siehet, schließen lassen?

Der Doctor Eschscholz wollte längs dem Strande dieses Sandufers, nach dem Felsen-Ufer, dessen Fortsetzung es ist, zurücke gehen. Er fand zwischen dem Sande und dem Urgebirg, welches er suchte, in unmerklicher Fortsetzung von beiden, ohne daß die Lagerungsverhältnisse deutlich zu erkennen seyen, eine Gebirgsart, die unseres Wissens, nur Link unter den Gebirgsarten gerechnet hat, nämlich: Eis, klares, festes Eis.

Das Profil, wo es vom Meere angenagt, zum Vorschein kömmt, hat eine Höhe von höchstens achtzig Fuß, und der höchste Rücken der Hügel kaum das Doppelte. Auf dem Eise liegt ein dünnes Lager von bläulichem Lehm, zwei bis drei Zoll stark, und unmittelbar darauf die torfartige Dammerde kaum ein Schuh hoch. Die Vegetation ist da vollkommen dieselbe, als auf dem angeschlemmten Sand- und Lehm-Boden. Die Erde thaut überall nur wenige Zoll auf, und man kann durch Graben nicht erkennen, auf was für einem Grunde man sich befindet. Die Dammerde, die von den angenagten Eis-Hügeln herabfällt, schützt wieder deren Fuß, und der ferneren Zerstörung geschieht Einhalt, wann sich unter dieser fallenden Erde ein Abhang gebildet hat, der von dem Fuße bis zu der Höhe reicht. Die Länge des Profils, worin das Eis an den Tag kömmt, mag ungefähr einen Büchsenschuß betragen. Es ist aber an den Formen der bewachsenen Abhänge des Ufers sichtbar, daß dieselbe Gebirgsart (Eis) eine viel größere Strecke einnimmt.

Wir kennen bereits aus verschiedenen Reisenden ähnlichen Eisgrund im Norden von Asien und Amerika, und es gehört namentlich hieher der bewachsenen Eisfelsen am Ausfluß der Lena, aus welchem der Mamuth, dessen Skelett sich in St. Petersburg befindet, herausschmolz und auf welchem Adams, dem man die Erhaltung dieses Skeletts und die Nachrichten darüber verdankt, ein Kreuz errichten ließ.

Fossiles Elfenbein kommt hier, wie in Nordasien, vor, und die Eingebornen verfertigen Werkzeuge daraus, wie aus Wallroß- und Physeter-Zähnen. Wir fanden in der Nähe des Eisbodens auf der Sandspitze, wo wir bivouakirten, und wo die Eingebornen vor uns sich aufgehalten, etliche Molar-Zähne, die denen des Mamuths völlig glichen, aber auch einem Hauzahn, der durch seine größere Dicke an der Wurzel, und seine einfache Krümmung sich merklich von den bekannten Mamuthshörnern unterschied, und vielmehr mit den Zähnen der lebenden Elephantenarten übereinzukommen schien. – Während der Nacht ward unser Wachtfeuer zum Theil mit solchem Elfenbein geschürt.

Wir haben den größeren Reichthum der arktischen Flora unter vielfältiger Abwechselung des Bodens an den felsigen Ufern der St. Laurents-Bucht, die größere Dürftigkeit hingegen auf der flachen sandigen Küste Amerika's, deren Hügel einförmig von Sphagnum bekleidet sind, und wo uns nur die Felseninsel im Innern des Sundes etliche der alpinischen Pflanzen-Arten darbot, welche nur auf Felsengrund gedeihen. Wir haben in der St. Laurents-Bucht, viele Pflanzenarten gesammelt, denen wir nur da begegnet sind. Die gleich felsige Insel St. Laurentii, die wir nur auf flüchtige Augenblicke auf zwei verschiedenen Punkten betraten, hat uns mehrere Arten gezeigt, welche sie mit der Bucht gleiches Namens gemein hatte, und die auf der amerikanischen Küste fehlten. Diese Küste endlich hat uns wenige andere Arten dargeboten, welche wir in der St. Laurents-Bucht nicht gefunden haben. Wir können zwischen der Flora beider Küsten keinen wesentlicheren Unterschied ausstellen, als den, welchen die Verschiedenheit des Bodens und des Climas bedingt.

Der Anblick der Natur ist in der St. Laurents-Bucht am winterlichsten. Die dem Boden angedrückte Vegetation, erhebt sich kaum merklich in dessen Hintergrunde, woselbst die strauchartigen Weiden den Menschen kaum bis an die Knie reichen. Die Andromeda polifolia, die wir nur da gefunden, war nur zwei bis drei Zoll hoch und einblüthig. Die Flora dieser Bucht schmücken ein Delphinium, ein Dodecatheon, eine Arethia und mehrere von uns nur da beobachteten Arten von jeder ächt arktisch alpininischen Gattung. Gentiana, Saxifraga, Astragalus, Arthemisia, Draba, Ranunculus, Claytonia u. s. w. Mehrere derselben waren noch unbeschrieben.

Die St. Laurents-Insel, zwei Grad südlicher gelegen, unterscheidet sich nicht von der St. Laurents-Bucht in Rücksicht der Vegetation. Die Andromeda tetragona, die Dryas octopetala, die Diapensia lapponica, Alpinische Myosotisarten, eine Gymnandra u. a. m. bezeichnen, wie in der St. Laurents-Bucht, den Charakter der Flora. Wir bemerken, daß wir zuerst auf dieser Insel, in diese arktische Pflanzenwelt versetzt, in wenigen Minuten mehr blühende Pflanzen sammelten, als wir während mehreren Wochen auf der zwischen den Wendekreisen gelegenen Insel-Kette Radack beobachtet hatten. Weiter nach Norden, auf der Felseninsel im Innern des Kotzebues-Sund, wächst die Azalea procumbens, wie aus Unalaschka, in der Bucht und auf der Insel St. Laurents; mit ihr alpinische Weiden, cornus suecica, Linnea borealis, arktische Rubusarten u. s. w. Empetrum nigrum und Ledum palustre kommen auf dem Moorgrund und unter dem Sphagnum überall fort, aber das Ledum bildet nicht da den hohen Strauch, der die Torfmoore von Nord-Deutschland ziert.

Die Vegetation hat sich im Innern des Kotzebues-Sund beträchtlich mehr erhoben, als im Innern der St. Laurents-Bucht. Die Weiden sind höher, der Graswuchs üppiger, alle Gewächse saftiger und stärker. Die mehrsten Pflanzenarten, die wir auf der Amerikanischen Küste gefunden, und die in der St. Laurents-Bucht gefehlt, deuten auf eine minder winterliche Natur. Wir fanden auf der erwähnten Insel Alnus incana als winzigen Strauch und Spiroea chamaedrifolia, Pflanzen welche wir in Kamtschatka und nicht auf der Amerikanischen Insel Unalaschka beobachtet, und die ein roheres Klima aus der St. Laurents-Bucht verdrängt zu haben scheint. Die Flora dieser Insel zierten eine Orobanche und eine Pinguicula. – Die Cineria palustris wächst besonders üppig auf den wohlbewässerten Abhängen, die sich am Fuße der Eiswände bilden. Betula nana kommt schon an der äussern Küste vor. Das ebne Land dieser Küste bleibt den Sommer über von Schnee entblößt.

Unfern des Grundes von Kotzebue-Sund, ungefähr anderthalb Grad südlicher, hat Cook die Ufer von Norton-Sound bewaldet gefunden, und die Bäume erhoben sich mehr und mehr nach dem Innern des Landes zu (nordwärts). –

Mackenzie hat östlicher im Innern von Amerika die Ufer des Flusses, dem er seinen Namen gegeben, noch unter dem 68sten Grad nördlicher Breite mit hohen Bäumen bewachsen gefunden, und diese Ufer schienen ihm von Eis zu seyn.

Es scheint uns, wenn wir alle Umstände erwägen, die Amerikanische Küste der Beeringsstraße sich eines milderen Klimas als die Asiatische zu erfreuen.

Es sey uns erlaubt, dem traurigen Gemälde dieser Küsten ein Bild der Europäischen Natur unter dem 70sten Grad nördlicher Breite (drei und ein halb Grad nördlicher als den nördlichsten von uns berührten Punkten) an die Seite zu setzen. »Da erschien uns reizend die kreisrunde Bucht und das Amphitheater von Talvig, als sie sich uns plötzlich und auf einmal durch den engen Kanal eröffnete, durch den wir hinein fuhren. Die Kirche auf dem lebhaft grünen Abhange in der Mitte, der große Prediger-Hof darüber, an den Seiten zwei ansehnliche Gaarde, und rundumher am Ufer fort Quäner und Bauern, und darüber malerische Felsen und ein herrlich schäumender Fall. Dazu die Lebendigkeit des Sommers; Schiffe im Hafen, eine Koppenhagner und eine Flensburger Brigg neben einem Russen von Archangels Küsten her, und Finnen und Normänner in fortwährender Bewegung in der Bucht herein und wieder fort, mit frischen Fischen zum Russen, mit getrockneten nach dem Kaufmann, und mit Mehl und Kornwaaren zurück. Wer mag sich doch Finnmarken traurig und elend vorstellen, wenn ihm Talvigs-Bucht in solcher Lage erscheint.

Gegen Mittag fuhren wir die zwei kleinen Meilen herüber von Talvig nach Altengaard, dem Amtmanns-Sitz im innersten Theile des Fiord. Auch dieser Gaard überrascht. Er liegt mitten im Wald von hohen Fichten, auf einer grünen Wiese, mit herrlichen Blicken durch die Bäume auf den Fiord, auf die hintereinander in das Wasser hervorstehenden Spitzen, und endlich auf Seylands und Langfiord's Fielde. Die Bäume umher sind so schön, so abwechselnd. Zwischen den Zweigen schäumt jenseit des Wassers im ewigen Treiben der Bach der Sägemühle von den Felsen herunter, und im Fiord und in Refsbotu leuchten fast in jeder Stunde, welche die Sonne fortschreitet, neue Gaarde herüber. Eine Villa ist diese Wohnung; ein Landsitz nicht für Aktenstaub gebaut, oder um dort Prozesse zu führen. Ist es doch, wenn man durch den Wald vom Strand herankömmt, als wäre man bei Berlin im Thiergarten versetzt; und dann wieder, wenn sich die Perspectiven den Fiord herunter eröffnen, als sähe man italiänische Fernen, oder einen See in der Schweiz.« ( Leopold von Buch's Reise durch Norwegen und Lappland etc. p. 485.)

Magerde, unter dem 70sten Grad, scheint mit zertrümmerten nackten Felsen, unter welchen am Ende des Julius überall große und ausgedehnte Schneemassen liegen, den Anblick der Ufer der St. Laurents-Bucht zu vergegenwärtigen. Die Birke wächst jedoch da, obgleich verkrüppelt, auf den Abhängen der Berge bis zu einer Höhe von 400 Fuß. Leopold von Buch schätzt die mittlere Temperatur der Luft auf dieser Insel 1½º R. und die Höhe des ewigen Schnees 2000 Fuß. Aber es friert da in gut geschlossenen Kellern niemals, und das Gras hört nie auf, noch unter dem Schnee zu wachsen. – Ein Bach fließt bei Hammerfest auf Qualöe den ganzen Winter hindurch.

Wir sehen hingegen auf den Küsten, auf welchen unsere Blicke haften, eine üppigere Vegetation, Sträuche, hohe Bäume ( Mackenzie) auf einem ewig gefrorenen Boden, auf einem Boden von gediegenem Eis, gedeihen.

Wahlemberg ( de vegetatione et climate in Helvetia septentrionali p. LXXXIV.) hat für Europa dieses Gesetz aufgestellt: Die mittlere Temperatur der Luft ist gegen den 46sten Grad nördlicher Breite der Temperatur der Erde im ebnen, wenig über die Meeresfläche erhabenen Lande gleich. Von diesem Mittelpunkt aus nimmt die Temperatur der Luft sowohl gegen Norden als gegen den Gipfel der Berge schneller ab, als die Temperatur der Erde und gegen Süden schneller zu, so daß im Norden und auf den Bergen die Temperatur der Erde wärmer, im Süden aber weniger warm ist, als die mittlere Temperatur der Luft.

Auf den Küsten, welche wir besucht haben, können nur die direkte Sonnenhitze und die Temperatur der Luft während des Sommers die Vegetation auf einer ewig gefrornen Erde unterhalten. Sollte da die Winterskälte so strenge seyn, daß die mittlere Temperatur der Luft noch unter die Temperatur der Erde fallen könnte? Der Anblick der Natur auf diesen Küsten widerstreitet in Ermangelung aller meteorologischen Beobachtungen dem erwähnten Gesetze, wie dasselbe, bewährt für Europa, ungünstig der von uns gewagten Hypothese scheint, nach welcher dieser Welttheil der erwärmteren Luft, die ihn bestreicht, sein milderes Klima zu verdanken hätte.

Steller zuerst, den Pallas den Unsterblichen nennt, hat unter Beering die Naturgeschichte dieses Land- und Meerstriches enthüllt, und Merk ist unter Villing seiner Spur rühmlich ergänzend gefolgt. Andere Gelehrte und Sammler haben gemächlicher in Kamtschatka geforscht, und Unalaschka ist besucht worden. Die Namen Steller und Merk sind unverdunkelt geblieben. Von dem, was für die Botanik gewonnen ward, liegt vieles noch vorzüglich in den Lambertischen, Willdenowschen und Görenkischen Herbarien unedirt. Pallas hat in der Zoographia rossica, so weit selbige gediehen ist (bis zur Mitte der Fische), alles Zoologische zusammengestellt. Wir werden mit gebührender Ehrfurcht zu unseren Vorgängern nur wenige Bemerkungen über die Fauna dieser Meere und Küsten uns erlauben.

Die größeren Säugethiere sind vom Amerikanischen Continente bis auf Unimak übergegangen. Man findet da das Rennthier, einen Wolf und einen Bären, welcher der Europäische braune Bär zu seyn scheint. Der schwarze Bär ( ursus americanus, gala genisque ferrugineis), dessen kostbare Haut zu Pelzwerken gesucht wird, kommt mit dem braunen Bären zusammen erst an der entfernteren Nordwestküste vor. Man findet noch nur auf Unalaschka den schwarzen Fuchs und verschiedene kleine Nagethiere, worunter sich der mus oeconomus auszeichnet, welcher die Wurzeln des Polygonum viviparum, der Surana (Silium kamtschaticum) und anderer Pflanzen als Wintervorrath unter dem Schnee aufspeichert. Die übrigen Säugethiere gehören der Fauna des Meeres an.

Wie gegen Norden hin auf dem Lande die Wälder sich senken, die Vegetation allmählig abnimmt, der Thiere immer weniger werden, zuletzt (wie auf Novaja Semlja) das Rennthier und die Nager mit den letzten Pflanzen verschwinden, und nur Raubthiere, denen ihre Nahrung auf das Meer angewiesen ist, den beeisten Strand umschleichen, füllt sich dagegen das Wasser mehr und mehr mit Leben an. Die Algen, gigantische Tangarten, bilden um die felsigen Küsten überflossene Wälder, dergleichen in der heißen Zone nicht vorkommen Die See-Tange, welche an der Californischen Küste den Galeonen von Manila zum Wahrzeichen des nahenden Landes dienen, möchten das äußerste Vorschreiten dieser Bildung gegen die Grenze der Passatwinde bezeichnen. – Am Vorgebirge der guten Hoffnung kommt der hieher zu rechnende Fucus buccinalis vor.. Aber das Leben neigt sich im Wasser, sich auf die animalische Stufenreihe auszubilden, obgleich alle Wasserthiere auf einer niedrigeren Stufe zu beharren scheinen, als ihre Verwandten aus denselben Klassen, welche dem Lande angehören. Die Medusen und freien Zoophyten, die Molusken-Würmer und Crustaceen, unzählige Arten von Fischen in unglaublich gedrängten unendlichen Schaaren, die riesigen schwimmenden Säugethiere, Wallfische, Physeter, Delphinen, die Wallrosse und Robben erfüllen das Meer und dessen Strand, und es wiegen sich darüber wundersame, zahllose Flüge von Wasservögeln, welche in der Dämmerung gleich schwebenden Inseln anzusehen sind.

Die Seeotter scheint nicht nach Norden über die Kette der Aleutischen Inseln auszuschweifen, und beginnt auf denselben selten zu werden, nachdem sie den Untergang der eingebornen Völker veranlaßt hat. Der Seelöwe und der Seebär scheinen sich ungefähr in denselben Grenzen zu halten, andere, der Phoca vitulina ähnlichere Robben kommen nördlicher häufiger vor. Man trifft in der Beeringsstraße unendliche Heerden von Wallrossen an, und die Zähne dieser Thiere scheinen einen beträchtlichen Handelszweig der Bewohner der St. Laurents-Insel auszumachen. Wir haben zu Unalaschka nur entstellte Sagen vernommen, die auf den Manatus borealis zu deuten schienen. Ein Physeter, ein Anarnak, sechs verschiedene Wallfischarten, der Delphinus orca, und zwei andere Delphine kommen um die Aleutischen Inseln und außerdem im Norden der Beeringsstraße, wie wir aus etlichen Anzeigen schließen, noch der Delphinus leucas vor. Wir werden die Nachrichten, die wir über die Wallfische dieser Meere zu Unalaschka von den Aleuten eingezogen haben, ausführlicher in den Verhandlungen der Leopoldinischen Akademie mittheilen. Wir bemerken hier bloß uns maßgeblich zu Pallas Zoographia p. 283, daß Aggadachgik Physeter marocephalus, Tschiedugk ein Arnak und vielleicht Tschumtschugagak, von dem unsere Nachrichten schweigen, dieses letztere Thier im jüngern Alter sind. Zur Seite 288, wo sechs Wallfischarten aufgezählt werden, daß No. 2 Culammak, Balaena mysticetus auct. B Phyallus Pall. zu seyn scheint, und daß No. 6 anstatt Kamschalang, welches alt bedeutet, und ein Beiname der erwachsenen Thiere jeglicher Art seyn kann, Mangidach einzuschalten ist, welcher Name p. 294 unter B. musculus angeführt wird. Fünf Arten mit mehr oder minder gefurchter Brust sind aus flüchtigen Beschreibungen und rohen Abbildungen kaum von einander zu unterscheiden. Der wohl erhaltene Schädel, welcher nach St Petersburg mitgebracht wurde, gehört zu der Art No. 3, Allamak.

Man findet an den Küsten der Beeringsstraße verschiedene Viverra- und Canis-Arten, unter welchen hauptsächlich der schwarze Fuchs unsere Habsucht zu reizen vermöchte. Der sehr gemeine Arctomys cytillus, dessen Fell ein elegantes Rauchwerk abgibt, zeichnet sich unter den Nagern aus. Das Rennthier, welches beiden Küsten angehört, scheint auf der St. Laurents-Insel zu fehlen. Der Hund, überall im Norden der nächste Gefährte des Menschen und sein nützlichstes Zugthier, fehlt nur auf den Aleutischen Inseln, wo er, sonst eingeführt, sich vermehrt hatte, aber von den Herren des Landes ausgerottet worden, weil er die Füchse befährdete, deren Häute ihr sicherster Reichthum sind.

Viele Landvögel haben sich von der nächsten Küste aus auf Unalaschka verbreitet, über welche der weißköpfige Amerikanische Adler herrscht. Wir haben in Hinsicht auf den Albatros, Diomedea exulans, einen gemeinen Irrthum zu berichtigen, der unter Pallas Autorität Glauben gefunden hat Unica Septentrionem visitans avis Diomedea albatrus, hiemem antarcticam fugiens, per immensum Oceanum ad nostra littora, aestiva abundantia piscium anadromorum allicitur, nec tamen apud nos generat, sed ad aestatem antarcticam prolificandi gratia illuc denuo abit. Zoogr. Ross. V. 1. p. 297 und V. 2. p. 308.. Der Albatros besucht nicht, ein flüchtiger Gast aus der südlichen Halbkugel den Norden, blos auf kurze Zeit um seinen Hunger zu stillen, und sofort zur Brutzeit nach der südlichen Heimath zurückzukehren. Der Albatros baut sein Nest aus Federn auf den höchsten Gipfel der Aleutischen Inseln, namentlich auf Umnack und Tschatirech sobpotschnie ostroff. (Die Insel der vier Piks.) Er legt zwei sehr große Eier, bläulicher Farbe, und brütet sie zur Sommerszeit aus. Die schwarze Varietät, derer die Auctoren erwähnen, ist das jüngere Thier. Die Aleuten besteigen gegen August diese Gipfel und holen die Eier aus den Nestern; den brütenden Vögeln selbst stellen sie mit eigends dazu gemachten Wurfspießen nach, und sind besonders begierig des Fettes, womit selbige zu dieser Zeit beladen sind.

Kein einziges Thier aus der Klasse der Amphibien kommt auf Unalaschka und den Aleutischen Inseln vor.

Vorherrschend sind unter den Insekten die Käfer, und unter diesen die Gattung Carabus, aus welcher der Dr. Eschscholz 56 Arten zählte, unter welchen mehrere noch unbeschrieben waren. Etliche Wasserkäfer beleben noch die Landseen und Lachen. Man möchte sie nördlicher vergeblich suchen.

Die gemeine nordische große Maja (Lithodes arctica Lat.) zeichnet sich unter den Krebsen aus, und ist eine vorzügliche Speise.

Wir verweisen auf Pallas und andere Schriftsteller in Hinsicht auf die Fische, auf deren beständigen unzähligen Zügen die Nahrung des Menschen und seiner Hausthiere Wir bemerken, zu Vergleichungen geneigt, daß Marco Polo im 46sten Capitel des dritten Buches von der Landschaft Aden (unter der heißen Zone) berichtet, daß daselbst »Pferd, Rinder und Kameel, das ißet alles Fisch, denn es mag kein Kraut aus der Erde wachsen vor großer Hitze wegen. Das Vihe ißet lieber dürr, denn griene Fische.« (das Rennthier ausgenommen) im Norden beruht, wie unter einem mildern Himmel auf den Aerndten der Cerealien, und die getrocknet das Brod und Futter der Nordländer sind. Die einfacher organisirten Thiere des Meeres werden uns zu etlichen allgemeinen Bemerkungen veranlassen.

Wir haben im Aequatorial-Ocean eine Werkstatt der Natur erkannt, wo sie von Molusken, Würmern, und vorzüglich von Polypen die Kalkerde erzeugen oder absondern läßt. Thiere aus denselben Klassen sind im Meere, welches die Aleutischen Inseln bespült; wenigstens was die Zahl der Individuen anbetrifft, nicht minder zahlreich, und manche der Arten sind nicht minder riesig, als die jener Zone, aber die Kalkerzeugung tritt zurück. Unter den Molusken zeichnet sich ein Tintenfisch aus ( Sepia octopus?), welcher zu einer Größe heranwächst, die ihn den kleinen Baidaren der Eingebornen, welche er umzuwerfen vermag, wirklich gefährlich macht, und die Fabel des Polypen, welcher mit seinen Armen Schiffe umstrickt und in den Grund zieht, in etwas rechtfertigt. Es herrscht unter den Testaceen keine große Mannigfaltigkeit, aber die Zahl der Arten wird durch die der Individuen von wenigen allgemein verbreiteten ersetzt. Etliche Balanus und die gemeine Muschel ( Mytilus edulis) überziehen meist den Strand. Die Muschel, welche bei uns allgemein gegessen wird, ist hier eine höchst gefährliche Speise, zu welcher man sich nur in der Noth entschließt. Sie soll zu Zeiten als ein entschiedenes Gift wirken, und es sind, wie man uns berichtet, öfters Menschen an deren Genuß gestorben. Keine Molusca dieser Meere kann an Kalkerzeugung mit der Chama gigas und anderen Arten des Südens verglichen werden.

Unter den Zoophyten Cuv. zeichnen sich die Seesterne ( Asterias L.), Seeigel ( Echinus L.) und Quallen ( Medusa L.) aus. Der gemeinste Seestern ( Asterias rubens?) erreicht die Größe von beiläufig einem Fuß im Durchmesser. Eine Eurgale (caput medusae) ist entschieden eine andere Art, als die, welche am Vorgebirge der guten Hoffnung vorkömmt. Der gemeinste Seeigel ( Echinus esculentus?) wird gegessen. Die Quallen und andere unscheinbare Thiere gereichen den Wallfischen zur hinreichenden Nahrung Wir haben die Clio borealis in diesem Meere nicht angetroffen.. Die Stelle der südlichen Lithophyten nehmen die Ceratophyten ein, und namentlich die Nordküste der Insel Umnack bringt deren mehrere ausgezeichnete Arten hervor. Die Fischer angeln häufig aus des Meeres Grunde sechs Fuß lange Gerten heraus, die sie nach deren nächsten Aehnlichkeit für Bärte eines riesigen Thieres halten, und die uns das Skelet einer Seefeder ( Pennatula) zu seyn geschienen.

Es bleibt uns übrig die Völker zu betrachten, welche die Küsten und Inseln, die wir überschaut haben, bewohnen Wir bemerken, daß wir meist diese Völker und Völkerschaften mit Namen benennen, die sie sich nicht selber, sondern die ihnen Fremde auferlegt. Und es geschieht also in Rücksicht der mehrsten Völker der Erde. So scheint das Wort Aleut von der fragenden Partikel Allix sich herzuleiten, die in der Sprache dieses Volkes den Fremden auffiel..

Es ist bekannt, daß die ansäßigen Tschuktschi auf der Nordost-Spitze von Asien, die Bewohner der St. Laurents-Insel, der gegenüberliegenden Küste, und überhaupt alle nördlichen Küstenbewohner Amerikas, von der Beeringsstraße an, einerseits südwärts bis zu den Konägen auf Kadjak und den Tschugatzen im Hintergrund von Cooksinlet, und andererseits Nord- und Ostwärts längs dem Eismeere, am Ausfluß des Mackenzie und Copper mine river, bis zu den Esquimaux im Norden der Hudsonsbay und auf Labrador, und bis zu den Grönländern und der im höchsten Norden der Baffinsbay von Roß aufgefundenen Völkerschaft, zu einem und demselben Stamme gehören; einem Menschenstamme von ausgezeichnet Mongolischer Gesichtsbildung, dem Stamme der Esquimaur, dessen Asiatischer Ursprung augenscheinlich ist, und dessen Wanderungen man leicht über das Ost-Cap Asiens und längs den Küsten Amerikas verfolgen kann.

Die Sprache von ausgezeichnet künstlichem Bau. Die Lebensart, die Sitten, die Künste, die ganz eigenthümliche Schifffahrt in ledernen Booten (Kajak-Baidaren) Merkwürdig, daß diese den nordischen Hochländern von Roß fehlen., die Waffen, die Kleidertracht sind im Wesentlichen überall dieselben, und man unterscheidet kaum in dem Atlas der Reisenden den Grönländer von dem Tschuktschen oder Konägen.

Vater im Mithridates 3. 3. p. 425, nimmt Anstand, die Bewohner der Fuchs-inseln, die Muten, mit G. Förster zu den Esquimaur zu rechnen. Sie gehören aber offenbar zu denselben. Der Dr. Eschscholz hat sich von der wesentlichen Uebereinkunft ihrer abweichenden Mundart mit der Stammsprache überzeugt, und sie sind sonst in Allem ihren Stammverwandten gleich. Diese Völkerschaft ist augenscheinlich vom Amerikanischen Continent westwärts auf die Inseln gewandert, die westlichsten der Kette, sind wie die im Innern des Kamtschatkischen Meerbeckens gelegenen unbevölkert geblieben.

Die Sprache dieses Menschenstammes ist uns hauptsächlich aus den Lehrbüchern der Grönländischen Mundart, die wir den Dänischen Missionarien verdanken, und aus den Grönländischen und Labradorischen Bibelübersetzungen hinreichend bekannt Mithridates 3, 3, p. 482 und Linguarum index p. 85.. Der Dr. Eschscholz hatte mit Hülfe eines der uns begleitenden Aleuten unternommen, den Aleutischen Dialekt und dessen sehr verwickelte Grammatik besonders zu beleuchten. Er war das Begonnene, eben so schwierige als verdienstliche, Werk zu vollenden entschlossen, und es ist zu hoffen, daß ihm die zu diesem Behufe nothwendige Hülfe seines Pfleglings nicht entzogen werde.

Im Aleutischen wie im Grönländischen findet zwischen der Rede der Männer und der der Frauen ein ausgezeichneter Unterschied statt.

Die Kamtschadalen gehören nicht zu diesem Volksstamme. Sie sind gleichfalls Mongolischer Race und reden verschiedene Dialekte einer anscheinlich eigenthümlichen Sprache. Dieses Volk ist bereits fast gänzlich unter der neuen fremden Herrschaft erloschen. (Siehe Krusenstern V. 2. cap. 3.)

Ueber die Aleuten und die Russisch-Amerikanische Compagnie zu reden, ist der Verfasser nicht befugt. Er würde nur sein gekränktes Gefühl und sein Erbarmen auszudrücken vermögen. Wer auch nach hergebrachtem Brauch das Recht ungeschützter Völker zu ihrer angeborenen Freiheit mißachtet, muß bekennen, daß unter diesem strengen Himmel Armuth Elend ist, und arm und elend sind die Aleuten im Gegensatz zu den wohlhabenden, starken, unabhängigen Völkerschaften gleiches Stammes unerhört. Sie sind harmlose, armselige Sklaven, die noch jetzt ohne gehörige Sparsamkeit, obgleich nicht mehr mit dem sonstigen Uebermuth ausgegeben werden, und deren Stamm sehr bald versiechen wird Sauer theilt in den Anhängen zu seiner Reise den Auszug des Journals eines Russischen Officiers mit, worin von den ersten Russischen Feldjägern auf diesen Inseln gesagt wird: Thei used not unfrequently to place the men close together and try through, how many the ball of their rifle barelled musquet would pass. Gegori Schelikoff has been charged with this act of cruelty and I have reason to believe it. Sie pflegten nicht selten die Menschen dicht zusammen zu stellen, und zu versuchen, durch wie viele die Kugel ihrer gezogenen Büchse hindurchgehen könne. Man hat Gegori Schelikoff dieser Grausamkeit beschuldigt, und ich habe Gründe, daran zu glauben.
Zu Billings Zeit zeichneten sich noch die Unalaschker durch größere Bildung, Feinheit, Kunstfertigkeit aus, Jetzt nicht mehr.
Auf den Westindischen Inseln flüchten nicht selten Negersklaven zu den unwegsamen Bergen des Innern ( Neigres marrons, Cimarrones). Hier, wo nur das Meer ernährt, sollen auch auf etlichen Inseln die Aleuten sich in die Berge geflüchtet haben.
Man hat uns als aktenmäßig mitgetheilt, daß die Zahl der Aleuten auf den Fuchsinseln im Jahr 1806 1334 Männer und 570 Frauen, im Jahr 1817 462 Männer und 584 Frauen gewesen ist. (?)
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Sauer, Davidoff, Langsdorf, Krusenstern und Andere haben darüber ihre Stimme erhoben.

Wir werden uns auch nur über die nördlicheren Völkerschaften, die Tschuktschi, die Bewohner der St. Laurents-Insel, und die der Ufer des Kotzebue-Sunds wenige Bemerkungen erlauben, und uns im Ganzen auf die Russischen Berichte, Cook, die Geschichtschreiber der Billingschen Expedition, Saretschew und Sauer, und auf die Beschreibung unserer Reise beziehen. Befugtere haben über diese Völker zu reden übernommen.

Wir haben die Tschuktschi an demselben Orte kennen gelernt, wo Cook und Billing vor uns gewesen waren. Wir haben ihre Berichte über die Sitten und Bräuche dieses Volkes, in sofern wir selbige kennen gelernt, sehr treu befunden, und müssen ihnen nur in einem Punkte widersprechen: nämlich in Ansehung des Vorzugs, der ihnen vor anderen Völkerschaften eingeräumt wird; der Bildung, der Kraft, der Leibesgröße, der besonderen mehr Europäischen Gesichtszüge, die ihnen zugeschrieben werden. Wir haben in ihnen nur die Esquimaux der gegenüberliegenden Küste wieder erkannt, denen sie uns sogar, wenigstens an Kunstfertigkeit, unterlegen geschienen haben. Nur möchten sich etliche ihrer durch eine höhere Statur unterscheiden.

Die Tschuktschi erkennen zwar die Russische Oberherrschaft an, aber der Tribut, den sie in die Russischen Handelsplätze freiwillig bringen, ist gleichsam nur ein Zoll, wodurch sie sich selbige eröffnen, und sie genießen der Vortheile des Handels, indem ihre Selbstständigkeit und Unabhängigkeit unbefährdet bleibt.

Wie die St. Laurents-Insel zwischen beiden Continenten liegt, so scheinen ihre Bewohner zwischen den Tschuktschi und Amerikanern die Mitte zu halten; den letzteren jedoch näher verwandt zu seyn. Sie scheinen nicht ihre Todten, wie die Tschuktschi, zu verbrennen. Wir haben Schädel auf dem Plateau der Insel und in den Felsentrümmern am Fuße der Höhen angetroffen, aber nicht die aus Treibholz aufgeführten Monumente bemerkt, die auf der Amerikanischen Küste die Ruhestätte der Todten über den gefrornen Boden der Hügel bezeichnen, und vor den wilden Thieren schützen. Sie tragen bekanntlich schon die Zierrathe in den Ecken des Mundes, welche die Esquimaux vom Kotzebue's-Sund bis an den Ausfluß von Mackenzies river bezeichnen, aber sie sind bei ihnen weniger allgemein und von geringerer Größe. Sie scheinen mit den Tschuktschi in Handelsverkehr zu stehen und von ihnen namentlich die Pelzkleider (Parken) von Rennthierfellen zu beziehen, welche sie brauchen; das Thier selbst besitzen sie nicht. Sie sind an Wallroßzähnen und anderen den Seethieren abgewonnenen Produkten reich, und zu Handeln erbötig.

Die Tschuktschi hassen die Bewohner der Amerikanischen Küste, mit denen sie in Feindschaft und Krieg leben, wie nur Brüder sich zu hassen vermögen, und schilderten sie uns unter den schwärzesten Farben. Wir haben an diesen im Verkehr mit ihnen nur die Vorsicht, die dem waffenfähigen Manne gegen Unbekannte geziemt, und die wir selbst gegen sie gebrauchten, bemerkt, nichts aber, was uns zu dem Verdacht berechtigt hätte: sie sönnen auf Verrath. – Ihr Reichthum an Russischen Gütern, an Eisen, blauen Glasperlen u. s. w. war uns auffallend; sie sollen diese Waaren, wenn wir anders die Tschuktschi wohl verstanden haben und ihnen Glauben beimessen wollen, wie diese selbst aus Kolima holen. Sollte sich wirklich der Handel dieser Amerikaner einen Weg nach diesem Markt zur See um den Schelatzkoy noss, oder vielmehr bei Nacht und Winterzeit zu Schlitten, und über den mehr erwähnten Isthmus dieser Vorgebirge eröffnet haben?


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