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Fronleichnam

O Jammer! O Elend! Nur die armen Leut' haben ihre Plag und das Gefrett! – Ja was nicht gar! Die Großen und Mächtigen kriegen auch ihr Teil ab davon und nicht selten grad auf die heiligsten Zeiten und höchsten Feiertag. Wissen die Herrschaften vielleicht schon, was dem Herrn Oberamtsrichter Gaugigl drei Tage vor Fronleichnam passiert ist? Im Vertrauen:

Die Köchin, die Mali, die das Verhältnis mit dem neuen Grenzaufseher hat – ich weiß nicht, diese Grenzwach' ... kein Zivil und kein Militär, aber sein Verhältnis hat doch ein jeder – die Mali also, wie es ihr die Frau Oberamtsrichter ein für allemal aufgetragen hat, nimmt drei Tag vor Fronleichnam, mitten in einer andern Arbeit, weil sie's sonst wahrscheinlich wieder vergessen hätt', die Uniformhose vom gnädigen Herrn mit den breiten Goldstreifen – die Herrschaften wissen schon – aus dem Kasten und schaut nach, ob die Hose nicht ausbügeln braucht.

O diese Dienstboten! Kein Gedächtnis, keine Einteilung, alles nur so hudri-hadri und dann doch kein Lohn hoch genug. Anstatt das Schaff mit dem siedheißen Fußbad für den gnädigen Herrn ruhig ins Zimmer hineinzutragen und dann – immer schön eins nach dem andern – im Herausgehen nach der Hose zu schauen, setzt das dumme Ding auf dem Korridor das Fußbad nieder, nimmt die Hose aus dem Kleiderschrank und betrachtet sie von unten nach oben und von oben nach unten, indem sie ausgerechnet über dem Wasserschaff, in jeder Hand einen Hosenfuß in die Höhe hält. Und während sie so schaut und schaut, wer kommt daher, ganz ungeniert, und sagt ganz laut: »Gut'n Morgen, Mali! I' möcht' bloß fragen wegen dein' Ausgang am Fronleichnamstag –«? Der neue Grenzaufseher. In einem wildfremden Haus, beim hellichten Tag, über zwei Stiegen – denn im ersten Stock sind die Kanzleien und parterre das Gefängnis – direkt vor dem Schlafzimmer der Herrschaft! Eine Keckheit! Die Mali, versteht sich, läßt im ersten Schrecken auch gleich die Hose fallen, und die fällt – und wo soll sie denn sonst hinfallen? – mitten ins Wasserschaff mit dem siedheißen Fußbad hinein, und das Unglück ist fertig. Es sehen und hinunter, wo er hergekommen, ist für den neuen Grenzaufseher eins und – aus der Bahn! – die Mali in ihrer Verzweiflung hinterdrein. Er rennt vorn zum Haus hinaus und sie hinten, er in die Grenzwachstation und sie in die Holzleg, wo sie sich versteckt, wie die Eva nach dem Sündenfall. Nur die Hose bleibt, wo sie ist, weil sie allein nicht herauskann.

Ewig schad für die Hose! Wer nicht den Herrn Oberamtsrichter drin gesehen hat am Prinzregenten-Tag oder bei der Fronleichnamsprozession, der wird es nie glauben, daß eine karierte Werkeltagshose, dunkelblau gefärbt und mit Goldborten benäht, eine so wunderschöne Galahose gibt. Und dabei diese Ersparnis! Und doch auch durchaus dauerhaft! Den Regen, hat der Färber Deiglmaier ausdrücklich erklärt, hält sie aus; dafür ist er da, der Deiglmaier, aber freilich – für ein heißes Fußbad hat er nicht garantiert. Das Wasser ist auch schon ganz blau und von den Goldborten schier nichts mehr zu sehen. Ewig schad!

»Geh schau,« sagt der Herr Oberamtsrichter zu seiner Frau, »wo denn die Mali mit'n Fußbad bleibt!« Und die Frau geht und ruft gleich darauf den Herrn, und deutlich klingt der furchtbare Schrecken aus ihrer Stimme. Und der Herr geht auch, und da stehen jetzt die beiden Gatten vor dem Wasserschaff, wie die trauernd Hinterbliebenen an einem offenen Grab.

»Die Hosen ist hin«, sagt nach einer Weile der Herr Oberamtsrichter mit umflorter Stimme und zieht eigenhändig den Hadern heraus. »Mali!« Die hockt aber in der Holzleg, hinter einer Schicht Reisigholz, und der Ruf Gottes dringt nicht bis zu ihr. »Mali!«

»Sie wird sich doch nichts antun!« sagt die Frau Oberamtsrichter, und es fällt ihr ein, wie oft schon Leute sich die Pulsadern geöffnet haben, wenn ihnen eine goldbortierte Hose ins Fußbad gefallen ist, und alle zwei machen sich auf die Suche. Gott sei Dank! Die Köchin wenigstens wird noch lebend angetroffen, aber die Hose, daran ändert sich nichts mehr, die ist hin.

»Es bleibt nichts andres übrig,« sagt der Herr Oberamtsrichter zu seiner Frau, »du fährst sofort nach München, kaufst bei Tietz anderthalb Meter weißen Galahosenzeug und zweieinviertel Meter Goldborten, bist morgen wieder zurück und der Schneider Wankl – ich werde ihn unterdessen präparieren – macht mir übermorgen die Hose; denn bei der Fronleichnamsprozession, da muß ich dabei sein.«

»Weißen Hosenstoff?« fragt die Frau Oberamtsrichter, »und Goldborten?«

»Weißen, ja. Erstens ist er vielleicht sogar etwas billiger, und zweitens hätt' ich schon lang einmal gern eine Galahose nach der Hoftracht. Selbstverständlich Goldborten.«

So reist denn die Frau ab, der Tietz hat alles, und der Schneider Wankl ist ein Mann von Wort. Nur die Kegelbahn darf ihm nicht dazwischenkommen. Da versagt der Schneider und gerät außer Rand und Band, das rabiate Luder. Aber beim Herrn Oberamtsrichter wird er sich doch um Gottes willen zusammennehmen: so ein Herr! und ein solches Vertrauen!

Nun also gut. Der Schneider Wankl schneidert drauflos, wie noch nie in seinem Leben, die Maschine surrt, der Kanarienvogel schreit, der Kleine in der Wiege plärrt, die Meisterin kreischt mit ihrem impertinenten Organ, und der Lehrbub, der Xaverl, müßte ein Tausendfüßler sein, sollte er es jedem recht machen; denn der Meister arbeitet ohne Gesellen, und die Meisterin ist ein faules Trumm. »Xaverl!« schreit der Meister, »Xaverl!« schreit die Meisterin, »Xaverl!« schreien die Kinder. »Xaverl! Xaverl!« – »Halt mir das Hosenend da, dalketer Bua! Dös ander, Depp!« – »Kartoffi hol aus 'n Keller 'rauf! Hörst nöt, Bazi!« – »Ums Deandl nimm di an! Hast denn koane Aug'n? Der Bua wird alle Tag no dümmer!« Und so fort in einer Tour. Nicht um einen Ministergehalt möcht' ich ein Schneiderlehrbub sein, und der Xaverl – umsonst muß er den Narren machen, nichts kriegt er, heißt das: die Kost hat er; aber ich dank' schön: so ein Saufressen. Gott sei Lob und Dank! über den Feiertag verreist die Meisterin mit ihren drei Pambsen zu einer Schwester. Aber bis sie drin sein wird im Stellwagen – armer Xaverl! Wie soll da ein Lehrbub was lernen?! »Xaverl! Jatzt tragst amal dös Packl zum Stellwagen umi!« Aha, da haben wir's schon. »Und nachher 's Kuferl und auf d' Letzt 's Deandl! Weiter! sag i. Mach! Bei dem Buam is nix zun derleb'n.« Und die Maschine surrt, der Kanarienvogel schreit, der Kleine in der Wiege plärrt, 's Deandl fallt mit'n Haferl um, die Meisterin kreischt, und jetzt kommt auch noch der Zielerer-Jackl und möcht an seine steirische Hose neue Streifen hin haben, breite, grüne, weil die alten schon schier nimmer zum anschauen sind und er für den erkrankten Posaunisten mitblasen soll bei der Fronleichnamsprozession und die drei Markl unmöglich hint lassen kann. Mit aufgehobenen Händen bittet der Jackl, und – in Gottes Namen! – der Meister sagt auch das noch zu. Er hat ein so gutes Herz, der Schneider Wankl, und kann keinen mitblasen sehen bei der Fronleichnamsprozession mit Streifen an der Hose, die schon schier nimmer zum anschauen sind. Wie es aber jetzt zugeht im Schneiderhäusl, davon kann sich niemand einen Begriff machen, und ich sag's noch einmal: nicht um einen Ministergehalt möcht' ich ein Schneiderlehrbub sein.

Aber Respekt! Bis die Meisterin dahin und der Xaverl vom Stellwagen wieder da ist, ist wirklich die weiße Galahose fertig bis auf die Kleinigkeit der Goldborten, und auch vom Jackl seiner Steirischen sind bereits die gelb-grünen Streifen abgetrennt. Ah! das war dir einmal eine Schufterei! Jetzt nur gleich fort in dem Zug! Her mit den Goldborten! – Aber horch! Da scheiben s' ja Kegel! Natürlich, Kegel scheiben s'! beim Neunerwirt! »Xaverl!« Der putzt und wäscht und räumt auf; denn was die Meisterin für einen Dreck und für eine Unordnung hinterlassen hat, das ist nicht zum beschreiben. »Xaverl!« Und wie s' scheiben! »Für den Fleisinger Bäck«, denkt der Schneider und schaut auf die Uhr, »und den Brenn-Schuster und den Wammerl Hans is 's mir schier z' bald. Halbe drei. Aber no', groß genug wären ja d' Lumpen. Xaverl! – Wo steckst denn wieder, Tagdieb, elendiger?« Und unter Räsonieren und Schelten erhält der Lehrbub den Auftrag, nachzuspekulieren beim Neunerwirt, wer denn gar Kegel scheibt um halbe drei. »Du liaba Himmi,« denkt sich der Bub, indem er geht, »Hosna, iatz pfüat enk Gott!« Nach einer Weile kommt er wieder und sagt: »Fremde Herrn, Meister. I' kenn s' nöt«, und so weich sagt er die paar Wort, und so gut schaut er drein dabei, bittend fast, – wirklich ein braver Bub, der Xaverl. Was hilft's? Wer den Teufel im Leib hat, den kann kein Lehrbub aufhalten. »Fremde Herrn,« denkt der Meister, »ei, da schau! Fremde Herrn – neues Geld!« Und er legt seinen Gehrock an, damit die Fremden wissen, daß sie es mit keinem Lauser zu tun haben, und geht. Hosna, iatz pfüat enk Gott!

Bald darauf kommt der Zielerer-Jackl und fragt seiner Hosen nach, wie es mit ihr steht, und ob er sie ganz gewiß bekommt, weil er mitblasen muß bei der Fronleichnamsprozession und ohne Hosen das unmöglich ist. Der Meister ist jetzt grad nicht da, sagt der Bub; er ist auf Anprob fort, aber die Hose wird heut noch fertig. Der Zielerer-Jackl geht, und die Oberamtsrichter-Mali kommt. Was es mit der Galahosen ist? Der Meister ist jetzt grad nicht da, sagt der Bub; er ist auf Anprob fort, aber die Hose wird heut noch fertig und ins Haus gebracht. Die Mali geht, und nicht zehn Schritt weg vom Schneider-Wankl-Haus, – wer gesellt sich zu ihr und nimmt sie gleich um den Leib, beim hellichten Tag, mitten auf der Straß? Der neue Grenzaufseher. Ich weiß nicht, diese Grenzwach ...

Im Schneiderhäusl aber ist es so still wie noch nie, seit es dem Wankl gehört. Man hört schier die Hypotheken diskurrieren miteinand. In dieser unheimlichen Stille schlägt dem braven Lehrbuben das Herz, sooft er die verlassene Arbeit sieht und an sein Versprechen und an den Meister denkt. Allerdings, nur die Streifen brauchten noch aufnähen, dann wären die zwei Hosen fix und fertig, und das Aufnähen selber wäre so schwierig nicht; aber wie? Er weiß ja schon gar nicht, und da sieht man, was ein Lehrbub versäumt, der immer nur der Hanswurstl ist, er weiß ja schon nicht, welche dem Oberamtsrichter und welche dem Zielerer-Jackl gehört. Er studiert und probiert, legt die grünen Streifen auf die weiße Hose und die Goldborten auf dem Jackl seine graue, dann wieder umgekehrt auf die graue den grünen Schmuck und die Goldtressen auf die weiße, tritt ein paar Schritte zurück und läßt die Zusammenstellung von Weiß und Gold auf sich wirken. »Na,« sagt er, »so a saudumme Hosen wird ja do' in Gottesnam neamd anziahgn! So g'hört's!« Und er tut wieder die graue und die Goldborten zusammen. »Weiß und Grün für'n Zielerer, Grau und Gold für den Herrn Oberamtsrichter!« Und er sitzt schon an der Maschine und tritt und tritt, und – srrrrrrr – sausen die Räder. In einer Stunde hat der Oberamtsrichter seine Graue mit Gold und der Zielerer-Jackl seine Weiße mit Grün.

So und jetzt noch bügeln! Dschschschsch – Herrgott, wie dem Herrn Oberamtsrichter seine Steirische dampft, besonders hinten! Aber dem Jackl seine weiße Hoftracht – das Eisen vielleicht etwas zu heiß – färbt sich im Gesäß ein klein wenig braun, wie man's bei Hof gar nicht gern sieht. Doch der Jackl ist ja nicht heikel; die Hauptsache ist, daß er s' hat. Braver Bursch, der Xaverl. Er spricht still ein Dankgebet, weil alles so weit ist, nimmt die eine Hose übern Arm und rennt damit ins Amtsgericht und hinauf über zwei Stiegen. »D' Hos'n für'n Herrn Oberamtsrichter hätt' i' da –.« – »Was hast da?« schreit der Oberamtsrichter Gaugigl, der in seiner Ungeduld selber die Tür aufmacht, und die Augen treten ihm heraus, wie er den grauen Schlauch mit den Goldborten und dem Glockenschnitt betrachtet. »An Herrn Oberamtsrichter sei' Hosen für'n Fronleichnamstag«, sagt noch einmal, aber schon lang nimmer so freudig der Lehrbub. Da kann sich sogar dieser abgeklärte Richter nicht mehr halten. »I' gib dir gleich«, schreit er, »den Fronleichnamstag und die kitzgraue Hosen mit Goldborten«, zieht aus und haut dem Xaverl eine hin, daß der arme Teufel nicht mehr weiß, ob es auf Weihnachten oder Fronleichnam zu geht, und nur noch das eine hört: »Der größte Schafskopf auf der ganzen Welt, das ist dein Meister.« Damit kracht die Tür zu.

»Aha,« denkt der Bub, wie er auf dem Heimweg nach und nach wieder zu sich selber kommt, »an den Goldborten liegt's!« und macht sich zu Haus sogleich darüber, von der weißen Hose die grünen und von der grauen die goldenen Streifen wieder abzutrennen. Weiter aber riskiert er nichts mehr, sondern überläßt alles dem Meister. Der kommt nicht und kommt nicht, und es geht schon auf sechs Uhr, und er kommt nicht. Dafür tritt wieder der Zielerer-Jackl ein und fragt nach, ob er sie ganz gewiß bekommt. Wegen der drei Markl, sagt er, ist's. Weil er mitblasen muß bei der Fronleichnamsprozession und ohne Hosen das unmöglich kann. Mit allerhand Vertröstungen und Versprechungen bringt der Bub den Jackl wieder an. Wie er aber jetzt auch noch die Oberamtsrichter-Mali daherkommen sieht, da sperrt er vorn das Häusl zu und drückt sich hinten hinaus und sucht, so hart es ihn ankommt, den Meister auf beim Neunerwirt.

»Moaster,« sagt er voll Bedeutung, »Moaster!« und winkt den Schneider zu sich her. Der kommt auch, o ja, sofort, aber er packt den Xaverl bei den Ohren, zerrt ihn so in die Kugelstatt hinein und schreit: »Jatz schau dir amal z'allererst dö fremden Herrn an, du Lugenschübi, du odrahter, damit du sie 's nächste Mal kennst! So und iatz sag, was d' willst!« Der Bub berichtet, soweit es ihm ratsam scheint, der Meister schreit: »Auf'n Oberamtsrichter is 'pfiffen, und der Zielerer-Jackl kann von mir aus im Hemad mitblasen. Druck di!« Und er hilft seiner Aufforderung mit beiden Händen nach, und wie ein Spatz fliegt der Xaverl aus der Kegelbahn. Der Meister aber scheibt und scheibt, der Kegelbub schreit ein übers andre Mal Juhu, der Wammerl-Hans flucht, der Brenn-Schuster wirft vor lauter Ärger ein Halbeglas an die Wand, und der Fleisinger-Bäck sagt, der Schneider hat's mit dem Teufel. So wird es Abend. Das Gebetläuten ist vorbei, neun Uhr schlägt's, zehn Uhr schlägt's, und auf der Kegelbahn ist noch keine Ruh. Wann er heim ist, der Schneider Wankl, ich weiß es nicht, und es ist auch ganz gleich.

Am Fronleichnamstag in der Früh ist aber, wie es scheint, doch das Gewissen erwacht und hat den Schneider aufgetrieben und der Schneider den Lehrbuben, und alle zwei schauen da die Arbeit an und die Arbeit sie zwei. »Jetzt frisch darauf los!« sagt der Meister, und der Lehrbub: »Die Goldborten san nix. Er will koane Goldborten.«

»Wer will koane Goldborten? Wer sagt dös?«

»Der Herr Oberamtsrichter. Wie er nach der Hosen g'fragt hat.«

»Was? Koane Goldborten? Warum? Was hat er g'sagt?«

»Der größte Schafskopf auf der ganzen Welt, hat er g'sagt, das ist dein Meister.«

Da wird der Schneider wahnsinnig. Er wirft den Lehrbuben zur Tür hinaus und die zwei Hosen samt den Goldborten zum Fenster. Gleich darauf aber holt er den Plunder wieder und macht sich drüber her. Srrrr – surrt die Maschine wieder, und wie tags zuvor der Lehrbub nach reiflicher Überlegung, so näht jetzt der Meister in Gift und Gall und zum Fleiß und Trotz der weißen Hose die grünen und der grauen die goldenen Streifen auf, schreit dazu: »I' gib dir gleich an Schafskopf. I' kriag di scho'. Das wird sich ausweisen, wer der größere Schafskopf ist«, und schickt die weiße Gala mit dem grünen Aufputz ins Amtsgericht.

Eine halbe Stunde später stellt sich bereits die Prozession auf. Die Schulkinder voran, dann die Bruderschaften, die Vereine, die Jungfrauenkongregation, die Kapuziner und das gewöhnliche Volk. Zwischenhinein immer wieder Fahnenträger und Heiligenstatuen. »Jetzt können wir nimmer länger warten«, sagt in der Kirch drin der Herr Pfarrer zum ersten Kooperator. »Er ist zwar noch jedes Jahr mitgangen, aber wir können nimmer länger warten.« Und der erste Kooperator sagt: »I' hätt' überhaupt nöt g'wart't, weil's unserm Herrgott wurscht is, ob der Oberamtsrichter mit sein' Degen dabei is oder nöt.« Und die Geistlichkeit reiht sich mit den kerzentragenden Magistratsräten und Gemeindebevollmächtigten in die Prozession ein, und die Glocken fangen zu läuten und die Kinder – »heilig, heilig, heilig! Heilig ist der Herr, Gott Zebaoth ...« zu beten an, die Jungfrauen fallen ein und dann die Männer und die Frauen, die Böller krachen, und die Prozession setzt sich in Bewegung. Es fällt allgemein auf, daß heuer der Herr Oberamtsrichter nicht mitgeht, und der Zielerer-Jackl, der die Ursache kennt, sagt beim dritten Evangelium zu der Altistin: »Es hätt' 'n nöt umbracht, wann er in Gottsnam halt mit dö grean' Stroaf'n mitganga waar. I blos' ja a mit dö golderen mit.«

Ich aber sage: an dem ganzen Wirrwarr und dem ganzen Ärgernis ist niemand andrer als der neue Grenzaufseher schuld, und ich behaupte: bei unsrer Grenzwache ist nicht alles so, wie es sein könnte und sollte.


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