Paul de Kock
Chipolata
Paul de Kock

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Die Rotunde des Tempels oder die Kleiderhändler

An diesen Ort ziehen sich alle Größen, aller Kleiderstaat, aller Prunk und Flitter, alle Pracht, Verzierungen, Herrlichkeiten und Gegenstände jeder Art zurück, die in der Welt geglänzt, das Glück und den Stolz derer ausgemacht, welche sie getragen und den Neid ihrer ärmeren Nebenmenschen erregt haben, ohne zur Zeit ihres Ruhmes zu ahnen, daß sie einst so tief sinken würden.

Hierher kommt auch all der Flitterkram, der Putz, die Federn, Hüte, Mützen, Kleider und Shawls, die ihr, allerdings lange nicht mehr so frisch, wenn sie einmal den Weg über den Tempel-Markt gemacht haben, als wenn sie gerade aus den Händen der Fabrikanten hervorgehen, wieder an einer gewissen Klasse von Menschen sehet; sie verbreiten aber immer noch einigen Glanz um sich, der manche Leute, die es nicht verstehen, täuschen kann.

Die Rotunde des Tempels wurde im Jahre 1781 erbaut. Sie ist jetzt hauptsächlich zum Handelsplatz für alte Kleider bestimmt: in allen in den Galerien aufgeschlagenen Buden sind Gegenstände des Anzugs von beiden Geschlechtern ausgehängt, vorzugsweise aber Männerkleider.

Da es erlaubt ist, die Waaren auch in den Galerien aufzuhängen, so wandelt ihr durch lauter mit Kleidern jedes Alters, jedes Standes und fast jeder Klasse der Gesellschaft drapirte Gänge.

Die Jacke des Arbeiters hängt neben dem Frack des Stutzers; der Rock eines Handwerkers neben dem Paletot des Künstlers; ein Livréeanzug gegenüber von einem gestickten Gallafrack.

Die Nationalgardeuniform sieht man am häufigsten.

Selbst französische Fräcke, die auf dem Ball des Herrn Präfekten figurirt, und mit Flitter gestickte Anzüge des Herrn Marquis aus früherer Zeit, die ohne Zweifel manchen Feierlichkeiten beigewohnt, in manchen Hôtels geglänzt, auf manchen Bällen ihre Sprünge gemacht, und mancher Regierung aufgewartet haben, finden sich hier.

*

Um die Rotunde des Tempels herum ist die Börse, und wird der Cours der alten Kleider festgestellt: das ist der Tortoni des Trödelmarktes, dort versammeln sich alle wandernden Kleiderhändler, denen ihr bei jedem Schritte in den Straßen und auf den Boulevards begegnet, und welche unter eure Fenster hinstehen, in den Hof eures Hauses hineingehen und schreien: »Alte Kleider! Ein Kleiderhändler! Haben Sie alte Kleider oder alte Borten zu verkaufen?«

Der Kleiderhändler trägt seine Waare auf dem Arme oder auf der Schulter.

Man begegnet häufig Männern, die mit einer ungeheuren Masse Kleider beladen sind, und überdies noch mehrere Paare alte Stiefel unter dem Arme und einige alte Hüte in der Hand haben, denn Hüte und Fußbekleidungen sind auch mit in den Bereich des Kleiderhändlers eingeschlossen, welcher immer auf Erweiterung seines Handels hinstrebt und euch sogar einen Ofen oder ein Posthorn abkaufen würde, wenn ihr ihm eines abließet.

Der Kleiderhändler ist die Vorsehung der Studenten, Kammerjungfern, Künstler, der von ihrem Jahrhundert verkannten Schriftsteller, der Köchinnen, Jockey's und gewöhnlich aller Lebemänner, Verschwender und leichtsinnigen Leute, die Geld brauchen, um Theil an einer Lustpartie, einem Mittagessen oder einer Orgie zu nehmen, und die, weil sie keine Baaria in ihrer Börse mehr haben, Zuflucht zu ihrer Garderobe nehmen, und Gegenstände die sie theuer oder manchmal noch gar nicht bezahlt haben, um einen Schandpreis veräußern; aber sie sind immer vergnügt, wenn ihnen nur noch ein Rock zum Ausgehen bleibt und sie einiges Geld in der Tasche haben.

Der Kleiderhändler kennt seine Leute.

Er ist ein schlauer Fuchs; wenn er bis in das sechste Stockwerk oder vielleicht in das Mansardenstübchen eines jungen Mannes hinaufklettert, so ist er zum Voraus überzeugt, daß der Eigenthümer des Gegenstandes, den man ihm anbietet, höchst nöthig Geld braucht, und ihm denselben um jeden beliebigen Preis überlassen wird.

Wenn der wandernde Trödler dagegen von der Dienerschaft eines vornehmen Hauses gerufen wird, so muß er sich etwas billiger zeigen; denn die Köchin, welche nicht gerade auf den Ertrag des alten Kleides angewiesen ist, das ihr ihre Herrschaft geschenkt hat, gibt es nur um einen anständigen Preis her, und wenn sie zu diesem Zwecke zwanzig Handelsleute hinaufsteigen lassen müßte: sie will dafür was es werth ist.

Der Student der Rechte oder der Medizin, oder der Vaudevilleschreiber, der seine Geliebte in das Pantheon-Theater führen soll oder Luft hat, sie zu einer Eselspartie einzuladen, wartet mit Schmerzen, bis ein Kleiderhändler an seinem Hause vorbeigeht.

Er stellt sich an's Fenster, von dem er zwar nicht immer auf die Straße hinabsehen kann, aber er lauscht mit aufmerksamem Ohre und weiß sicher die Aufmerksamkeit des Kleidermäklers auf sich zu lenken.

Der ersehnte Ausruf läßt sich hören; der sich zu seinem Dachfenster herausbeugende junge Mann brüllt aus Leibeskräften: »Hier herauf! ... he! Kleiderhändler ... in das Bäckerhaus ... durch den schmutzigen Eingang ... die Treppe ist ganz hinten ... in das sechste Stockwerk ... schnell! schnell! Haltet Euch beim Heraufgehen an der Schnur! im Herabgehen,« brummt er vor sich hin »könnt Ihr meinethalben den Hals brechen!«

Der Kleiderhändler hat die Stimme, die vom Himmel herabzutönen scheint, vernommen, und der junge Mann hört in kurzer Zeit schwere, langsame Tritte die Treppe heraufkommen; er eilt an die Thüre, öffnet sie, um die Flur zu erhellen, und ruft dem Trödler von oben herab entgegen: »Hier herauf ... man kann nicht irren ... ich bin der Höchste im Hause ... über mir sind nur noch Katzen!«

Und wenige Minuten darauf empfängt der junge Mann den Käufer in seinem Zimmer.

*

Jetzt beginnt eine Scene, die manchmal Biards Pinsel würdig wäre.

Der Verkäufer breitet die Gegenstände, die er verhandeln will, so vortheilhaft als möglich auf einem Tische aus; allein das ist eine nutzlose Vorsicht. Der Käufer nimmt den Gegenstand zur Hand, berührt, betastet ihn und betrachtet ihn genau am Fenster.

Der junge Mann sucht seine Waare anzupreisen.

»Diesen Ueberrock,« sagt er, »habe ich im höchsten Fall zehnmal angehabt; ich verkaufe ihn bloß, weil er mir zu eng ist, ich bin seit einiger Zeit um Vieles dicker geworden!«

Der Trödler wirft einen Blick auf den jungen Mann, der so dürr ist wie ein Gerippe, und entgegnet: »Wenn Sie ihn auch nur zehnmal am Leibe gehabt haben, so ist er doch an den Ellbogen verteufelt abgetragen und die Aufschläge sind so mürb wie Zunder.« – Das ist eine Kleinigkeit, frische Aufschläge daran zu machen. – »Und der Kragen ist ganz schmutzig.« – Mit Pfeifenerde gehen die Flecken augenblicklich heraus! – »Aber auch vollends die paar Haare.« – Hier habe ich auch eine anliegende Hose mit Stegen ... nach dem neuesten Schnitte ... es sind zwar keine Knöpfe daran, aber das ist nur eine Nebensache. – »Man trägt jetzt keine anliegenden Hosen mehr.« – Sie kommen aber demnächst wieder in die Mode, weil sie den Frauenzimmern so gut gefallen; sie sind auch eleganter als die andern. – »Bloß an den Knieen zerrissen.« – Man stickt Stücke hinein, daß man es gar nicht sieht. – »Das Hintertheil ist auch blöde.« – Ach! der Kukuk! wenn die Hosen neu wären, würde ich sie nicht an Euch verkaufen! ... Hier ist auch noch eine apfelgrüne Weste, die manche Eroberung gemacht hat, und von der ich mich nicht trennen würde, wenn ich nicht dicker geworden wäre. – »Aber, ich glaube, sie wird sich von Ihnen trennen, denn sie geht in lauter Fetzen!« – Sie hat einen oder höchstens zwei Risse, die kann man wieder sticken. – »Man trägt keine apfelgrünen Westen mehr.« – Macht mir keine Wippchen vor! Man trägt was man will, und was die Westen anbetrifft, so hält man die auffallendsten für die schönsten. – »Eine Weste mit zwei eingesetzten Flecken wäre allerdings auffallend genug ... Haben Sie sonst nichts?«

Der junge Mann wirft einen Blick in seinem Zimmer herum, geht an seine Commode, macht die Schubladen auf, sieht eine alte Flanelljacke und bringt sie mit den Worten: »Seht, da ist noch ein warmer Gegenstand, das ist im Winter etwas Vortreffliches; ich gebe die Jacke nur her, weil es jetzt dem Frühling zugeht; nächsten Herbst kaufe ich mir wieder eine neue.«

Der Kleinhändler nimmt die Jacke, zuckt die Achseln, wirft sie zu den andern Sachen hin und fragt abermals: »Haben Sie sonst nichts? ... keine alten Stiefel ... keinen Hut?«

Der junge Mann macht einen Gang durch sein Zimmer, fährt mit der Hand über die Stirne, eilt rasch, als ob ihm plötzlich ein Einfall gekommen wäre, auf einen Schrank zu, und nimmt einen sorgfältig in Papier eingewickelten Gegenstand heraus.

Er gibt ihn dem Trödler und sagt: »Sehen Sie, das ist ein Luxusgegenstand, den mir eine meiner Tanten zum Geschenk gemacht hat. Die gute Tante! sie war so besorgt für meine Gesundheit! aber ich kann diese Maschine durchaus nicht anwenden.«

Der Kleiderhändler macht das Papier auseinander und erblickt einen großen Trichter aus Kautschu, von welchem ein hölzernes Röhrchen ausläuft. Er betrachtet den Gegenstand, dessen Anwendung ihm unbekannt ist, verächtlich und murmelt: »Was ist das? ein Clarinett-Etui?«

Der junge Mann bricht in ein schallendes Gelächter aus und antwortet endlich: »Nein, damit wird nicht Clarinette gespielt ... man heißt dieses Ding einen Klystiertrichter. Es ist eine neumodische, sowohl bequeme als philanthropische Erfindung, wodurch die Klystierspritze ersetzt wird, deren sich in kurzer Zeit nur noch die Portiers, Haushälterinnen und Krankenwärterinnen bedienen werden. Der Klystiertrichter ist bequemer und weniger gênant; man kann ihn prächtig in den Sack stecken, mit auf die Reise nehmen und sogar im Wagen in Anwendung bringen; wenn es sein müßte, könnte man sich seiner selbst im Theater bedienen ... kurz, die Klystierspritze wird von nun an abgeschafft!«

Der Kleiderhändler betrachtet das kleine Instrument näher und fragt wiederholt: »Sonst haben Sie nichts?« – Ei, der Teufel! mein Freund, ich denke, das sei genug, ich müßte denn meine Möbel an Euch verkaufen, was jedoch der Hausbesitzer nicht gestatten würde. – »Und wie viel verlangen Sie für die ganze Geschichte?«

Der junge Mann besinnt sich eine Weile, kratzt hinter dem Ohre und erwiedert: »Sehet, ich will keine langen Umschweife machen, gebet mir für Alles zusammen fünfzig Franken, dann ist der Handel im Reinen.«

Der Trödler langt nach seinem Kleiderpacke, den er auf einen Stuhl abgelegt hat, und macht Miene sich zu entfernen. Der junge Mann läuft ihm nach, hält ihn zurück und schreit: »Wie! Ihr bietet mir gar nichts auf diese Masse Effekten?« – Eine saubere Masse Effekten! ... Die Stiefel und der Hut sind keine sechs Sous werth, die apfelgrüne Weste und das Flanellleibchen auch nicht viel darüber ... es bleiben somit nur der Ueberrock und die Hosen übrig, die mit fünfzehn Franken gehörig bezahlt sein werden. – »Fünfzehn Franken! Welcher Barbar, welcher Araber seid Ihr ... bringt Ihr denn den Klystiertrichter gar nicht in Anschlag?« – O! meiner Treu', ich verstehe mich nicht auf diese Werkzeuge, es liegt mir nichts daran. – »Gebt mir dreißig Franken ... und macht ein Ende.« – Dazu kann ich mich nicht verstehen. – »So gebt wenigstens fünfundzwanzig.« – Ich will Ihnen für Alles zusammen zwanzig Sous mehr geben, als ich zuerst anbot, weil mir eben einfällt, daß ich den Klystiertrichter meiner Frau zum Geburtstag schenken kann; sie hat immer einen Husten, es thut ihr vielleicht gut, wenn sie etwas Warmes in den Leib kriegt. – »Macht zwanzig Franken und nehmt Alles mit.« – Nein, sechszehn Franken ist gut bezahlt. – »Nie.«

Der junge Mann stellt sich, als ob er nicht nachgeben wolle, denkt aber bei sich: »Wenn ich einen Andern rufe, so gibt er mir noch weniger als dieser, ein Dritter weniger als der Zweite und so fort; denn sie sind Alle mit einander im Einverständniß, es würde mir nichts helfen.«

Der Handelsmann hat noch keine zehn Stufen der Treppe hinter sich, so ruft man ihm wieder und willigt in die vorgeschlagene Summe.

Der Trödler geht nochmals in die Mansarde hinauf, zählt sechzehn Franken auf den Tisch, legt die eben gekauften Gegenstände, mit Ausnahme des Klystiertrichters, den er sorgfältig in die Tasche steckt, zu seinen andern Kleidern auf den Arm, und verläßt den jungen Mann mit den Worten: »Auf ein anderes Mal, mein Herr.«

Und der junge Mann überzählt, wenn der Alte fort ist, seine sechzehn Franken noch einmal, steckt sie, nachdem er sich vorher genau überzeugt hat, daß die Taschen nicht zerrissen sind, in seine Weste, kleidet sich hastig an und eilt fröhlichen Muthes zu seiner Geliebten.

»Es lebe die Freude, gutes Essen und Trinken, die Eselspartie und die Liebe!« ruft er, die Treppe hinabhüpfend, aus.

Was den Kleiderhändler anbetrifft, der nie schlechte Geschäfte macht, so setzt dieser seinen Weg und sein Gewerbe fort, und in einigen Tagen wird der so wohlfeil gekaufte Rock geputzt, ausgebessert und mit neuen Aufschlägen besetzt sein, die Beinkleider ein neues Hintertheil, die Stiefel neue Sohlen bekommen haben, und Alles sich auf der Rotunde des Tempels recht vorteilhaft ausnehmen und von einem Kauflustigen erhandelt werden, der genöthigt ist, sich um billiges Geld einen Anzug anzuschaffen. Es ist sogar schon manchmal vorgekommen, daß ein junger Mann einen Rock auf dem Tempelplatz kaufte, den er vorher an einen Trödler verschachert hatte, und nachher nicht mehr erkannte.

Der Tempelmarkt, den man früher die Halle des alten Weißzeugs hieß, wurde im Jahre 1809 erbaut; er liegt gegenüber von der Rotunde und bildet einen großen Raum, wo ehemals die Tempelmesse gehalten wurde. Der Marktplatz ist nicht schön, aber man kann seiner Größe wegen eine unermeßliche Menge Waaren darauf unterbringen.

Er ist in vier Theile eingetheilt, die abermals in kleine Gänge getheilt sind, welche nur so viel Raum leer lassen, daß eine einzelne Person durchgehen kann.

Die Plätze, denn so heißt man die Buden der Handelsleute auf dem Tempelmarkt, sind sehr theuer, woraus sich schließen läßt, daß der Verkauf gut sein muß. Ein Theil ist zu dem Handel mit alten Kleidern bestimmt, der andere zu altem Weißzeug, der dritte zu altem Eisen, der vierte zu Fußbekleidungen, der fünfte zu Hauben, der sechste zu Modewaaren oder Theaterkostümen u. s. f.

Die schmalen Gänge dieses Marktes bieten durchaus keine Annehmlichkeit zum Spazierengehen dar; man geht gewöhnlich auch bloß hin, um Etwas zu kaufen. Ihr könnet daher keine vier Schritte machen, ohne daß man euch zuruft: »Was suchen Sie, Madame?«

»Was wünschen Sie, mein Herr?«

»Brauchen Sie einen Mantel, einen Schlafrock, ein Paar Stiefelchen?«

»Wünschen Sie ein Kindszeug, liebes Frauchen? Ich habe, was Sie suchen.«

Der Tempelmarkt kommt den Schauspielern und Schauspielerinnen, welche hier oft noch ziemlich frische Kostüme finden, die sich länger halten als das Stück, zu dem sie gekauft werden, sehr zu Statten. In dem Theater, wo überhaupt Alles Täuschung ist, können solche Sachen immer noch schön erscheinen.

Aber mehr zum Verwundern ist, daß es in Paris selbst unter anständiger Gesellschaft, unter bürgerlichen und wohlhabenden Frauen viele gibt, welche ihre Toilettenbedürfnisse auf dem Tempelmarkt und somit Gegenstände kaufen, die schon von Andern getragen worden sind.

Eine Dame holt, ehe sie auf den Ball geht, die Garnirung zu ihrem Kleide, die Blumen in's Haar oder die Atlaßschuhe auf dem Tempelmarkt.

Eine andere kauft sich einen Hut oder eine Haube, und die Verkäuferin sagt jedesmal: »Es ist ganz neu, man hat es nur einmal getragen.«

Wie sehr sich aber auch solche Damen bemühen mögen, ihrem Anzüge einen Anstrich von Eleganz und Neuheit zu geben, ein geübtes Auge täuscht sich nie; es liegt überdies in dem Wesen der Personen, die ihre Toilette auf dem Tempelmarkt holen, etwas, das immer den Ursprung des Putzes verräth, mit dem sie sich herauszustaffiren suchen.

Bisweilen gibt der Markt, wo man getragene Kleider kauft, auch Veranlassung zu sehr pikanten Abenteuern.

Ein Herr bemerkt, während er ein hübsches Frauenzimmer im Theater belorgnettirt, daß dasselbe ein Kleid anhat, welches einige Tage zuvor seine Frau trug.

Eine Dame bemerkt in einem Concert ihren Shawl an einer Nachbarin.

Ein junger Mann fühlt sich sehr unbehaglich in einem Rock, den er Tags zuvor fertig gekauft hat, und der für einen nicht ferne von ihm sitzenden Stutzer bestimmt war, der sich Kleider auf Credit machen läßt und sie dann wieder verkauft, um Geld zu bekommen.

Und wie viel geputzten, parfümirten, mit Blumen geschmückten Damen begegnet man auf den Promenaden, welche diesen Anzug, womit sie euch verführen wollen, nur auf einen Tag gemiethet haben! Beeilt euch also, ihr, die ihr von den Reizen und der Eleganz derselben hingerissen werdet; morgen würdet ihr diese Damen nicht mehr erkennen, wenn ihr ihnen wieder begegnetet.

Denn auf dem Tempelmarkte vermiethet man die Kleider auch tagweise und sogar auf halbe Tage; es gibt in Paris so viele Leute, die reich scheinen und glänzen wollen, wäre es selbst nur auf wenige Augenblicke.


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