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Es hatte eine junge törichte Menschenmaid Besitz genommen von dem großen Herzen des Berggeistes. Weil sie ihn schwach wußte in seiner Liebe, quälte sie ihn mit tausend Wünschen. Und eines Tages sprach sie zu ihm: »Schaffe mir hoch in den Bergen zwei Seen, daß ich Kahn fahren kann mit meinen Gespielinnen.«
»Ich will dir die Seen schaffen aus dem schönsten Wasser der Welt,« so sprach der Berggeist. Und er fuhr mit dem Südwind hinab nach Italiens blauen leuchtenden Meeren, er schöpfte die glitzernden Wellen mit all ihrem lichten Glanz, all ihrem lieblichen Spiel, sammelte sie zu einer großen Wolke und fuhr mit dem Föhn heim ins nordische Gebirge. Dort ließ er im prangenden Morgenlicht eines Maitags das blaue Wasser Italiens niedertauen in die tiefsten Schluchten der Riesenberge.
Und als sich der Ostwind erhob, fuhr der Berggeist mit ihm hin nach West, weit auf den Ozean hinaus. Er wühlte sich mit dem Sturm hinein ins Meer, dort, wo es am tiefsten ist, dort, wo die Heimat der Perlen und der heimlichsten Wunder ist; er schöpfte von diesen ewig stillen Gewässern, die noch nie die Sonne sahen, trug sie zum Himmel, fuhr sie als schwere Last heim, um seine beiden Bergseen zu füllen.
Der Berggeist rastete nicht. Als der Mittagwind durchs Knieholz strich, ging er ohne Abschied mit ihm auf die Reise, hinauf nach dem hohen Nord. Dort verjagte er die Wikingerschiffe vom stillsten Winkel des stillsten Fjords, er nahm das herbe Wasser, das klarer war als Kristall im Sonnenlicht und kälter als Eis in der Weihnacht, und trug es in mitternächtiger Fahrt heim in seine Berge.
Als die Sonne aufging, strahlte sie in die beiden herrlichsten Seen, die sie je auf dem Erdenrund erblickte. Sie sind tief und aller Geheimnisse voll wie das Meer, blau und spielerisch wie die Gewässer, darin sich die Palmen spiegeln, und klar wie die keuschen Bronnen der Nordlande. Es starrten an ihrem Uferrande die Felsen der Fjorde, es blühten an ihnen Blumen von südlichem Glanz und Duft, es mußte der Strahl der Sonne sterben in ihrer unergründlichen Tiefe. Die Melodien der Eisstürme und das Säuseln des Zephirs wechselten an ihnen ab. Süd und Nord wohnten beieinander; neben dem Winter war der Lenz; vor dem ragenden Bergwald läutete die Glockenblume zum Reigen von Habmichlieb und Männertreue.
Der Berggeist setzte zwei goldene Gondeln auf die blauen Seen, dann rief er leuchtenden Auges die Geliebte.
Sie kam, sie sah mit ihren törichten schönen Augen auf die Seen, sie verzog schmollend ihr rotes Mäulchen und sprach: »Sie sind mir zu klein, es sind nur Teiche!«
Da sah sie der Berggeist voll schmerzlichen Zornes an und sprach: »Geh!« – Dann bestieg er allein die Gondel. Ein einziges Mal ist er über die zwei Seen gefahren, allein und gesenkten Hauptes, und hat in jeden See zwei Tränen geweint.
Diese Tränen hatten Wunderkraft; sie haben den Bergseen ihre Schönheit erhalten bis auf den heutigen Tag. Zuweilen kommt törichtes Volk an ihnen vorbei und sagt: »O, wie sind sie klein!« Aber manchmal tritt einer an ihre stillen Ufer, der in ihre Wunderfluten stumm hineinschaut und in tiefster Seele erschauert.