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Helena

Gefesselt ward der gestürzte Titan
An des Weltmeers Schwelle,
Und dämmernd umrauschte der Ozean
Ihn Welle an Welle.

Und wie der gewaltige Traum einer Nacht
In grauenden Weiten,
Erschien ihm fern die erhabenste Macht
Entschwundener Zeiten.

Wann abends auf dem Geklippe er stand,
Vom Schaum überflogen,
Die grauen Augen reglos gewandt
Auf die brandenden Wogen.

Und mit des Wahnsinns nagender Wut
Glomm wilder und wilder
In seinem dunklen Grame die Glut
Zertrümmerter Bilder.

In dem blauen, gekräuselten Pulverdampf
Die silbernen Aare,
Und der letzte, verzweifelte Riesenkampf
Vom Rhein zur Loire.

Und der Feldherrnjugend leuchtender Glanz,
Italiens Gefilde,
Und des gletschertürmenden Alpenlands
Demantene Schilde.

Die Schar der Größten, die ihn umgab,
Desaix und Massena!
Und die Ebne von Eylau, Grab an Grab,
Und das Schlachtfeld von Jena!

Und der Führer Ruf und der rote Blitz
Aus tausend Geschützen,
Die Morgensonne von Austerlitz,
Und die Lorbeern von Lützen!

O Glorie, die flammte, Leiden und Blut
Dem Krieger versüßend –
Wann die schmale Hand du geführt an den Hut,
Die Tapferen grüßend.

Wann vom Flußlauf und vom Bergesgestuf
Aufbrausend und heiser
Die Reihen entlang geflutet der Ruf:
Es lebe der Kaiser!

Die Trompete von Gold und die Schwerter des Heers
Im Sonnengeblende,
Und gepreßt an den Kolben des wucht'gen Gewehrs
Die schwieligen Hände.

Und bezwungen der Lande unendlicher Raum
In sieghaften Märschen.
Das strahlende Ziel, der unsterbliche Traum,
Die Welt zu beherrschen!

Geh unter, o Sonne! Und birg wie mein Glück
Im Meer dein Gefunkel.
Und laß mein Verzweifeln erstarrend zurück
Im ewigen Dunkel!


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