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Nun hat des Dunkels blaue Tiefe ...

Nun hat des Dunkels blaue Tiefe
Dem späten Abend sich vermählt,
Als ob ein trauernd Herz entschliefe,
Das müde Zärtlichkeit beseelt.
Kaum merklich haucht des Tages Scheiden
Die Sehnsucht wach, die sich entschwang.
Ach, alle Dauer ist ein Leiden
Und alles Glück ein Übergang.

Der Spiegel der Empfindung
Wird trüb und blaß.
In mählicher Erblindung
Ruhn Lieb und Haß.
Und sacht zergeht die Schwüle
Der irrenden Gefühle –
Ganz leise in der Kühle
Schwankt Blatt und Gras.

Nun stirbt das Hoffen auf Gewährung,
Die stillen Trübsinns mitgenießt,
O schweigsam blühende Verklärung,
Die aus geahnten Weiten fließt.
Noch lebt die Süßigkeit des Kummers,
Der unsre bleiche Stirne kränzt ...
Wenn gleich das ferne Nahn des Schlummers
Schon der Gedanken Quell beglänzt.

Und alles, was das Feuer
Des Tags verschont,
Wird heimlicher und neuer
Und doch gewohnt.
Wie duftet zart und eigen
Der Felder reifes Schweigen.
Hell leuchtet in den Zweigen
Der volle Mond.

Nun schwillt ein tiefes, dunkles Wehen,
Das näher streift unhörbar kalt;
Daß die Gestirne stille stehen,
Gebannt von finsterer Gewalt.
Doch durch der Seele banges Frieren
Glänzt deiner Liebe warme Macht,
Eh meine Sinne sich verlieren
Am schwarzen Strand der Mitternacht.

Mein Herz gedenkt dein, Süßte,
Mit letzter Glut,
Eh es in öder Wüste
Erstarrend ruht.
Ström wie ein Blütenregen
Die Ruhe dir entgegen.
Nimm allen meinen Segen
Und schlummre gut.


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